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Agrarpolitik2

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* Es bedarf einer umweltfreundlichen und ethisch ausgerichteten Agrarpolitik und Neuausrichtung der Politik für den ländlichen Raum (vgl. IT-Hinweise?).
* Es bedarf einer umweltfreundlichen und ethisch ausgerichteten Agrarpolitik und Neuausrichtung der Politik für den ländlichen Raum.


Grundwissen Agrarpolitik 2    

Aspekte europäischen Agrarmanagements im Kontext Politischer Bildung/ Erwachsenenpädagogik    

Günther Dichatschek

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Grundwissen Agrarpolitik 2   
Aspekte europäischen Agrarmanagements im Kontext Politischer Bildung/ Erwachsenenpädagogik   
Vorbemerkung   
1 EU - Agrarpolitik   
1 Agrarpolitik in Österreich   
1.1 Sozioökonomische Rahmenbedingungen   
1.2 Phasen der Agrarpolitik   
1.3 Akteure und Veränderungen der Politikinhalte   
1.4 Reflexion   
2 Agrarindustrielle Bewirtschaftung und ihre Folgen   
2.1 Monokulturen   
2.2 Alpiner Raum   
3 Ernährungssicherung   
3.1 Herausforderung Hunger   
3.2 Ländliche Entwicklung   
Literaturverzeichnis Agrarpolitik   
Literaturverzeichnis Fachbereiche/ Auswahl   
II Ländlicher Raum   
Vorbemerkung   
4 Ländliche Räume   
4.1 Politische Diskussion   
4.2 Österreich   
5 Dörfer und Kleinstädte im Wandel   
5.1 Gemeindezusammenlegungen   
5.2 Tourismus   
6 Ländliche Entwicklung in der EU-Agrarpolitik?   
6.1 Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft   
6.2 EU - Rechtsrahmen   
Literaturverzeichnis Ländliche Räume   
III Globales Lernen   
7 Einleitung   
8 Entwicklung des Lernbereiches   
8.1. Globalisierung aus ökonomischer Sicht   
8.2 Aspekte der Bildung   
8.3 Effekte einer Globalisierung   
9 Globalisierung und Europäische Integration   
10 Internationalisierung bzw. Globalisierung von Bildung   
11 Diskurse zu Globaler Bildung   
13 Bioökonomie   
14 Aspekte einer globalen Wirtschaftsform   
14.1 Begriff   
14.2 Herausforderungen der Bioökonomie   
14.3 Chancen einer Bioökonomie - Reflexion   
IV Umweltmanagement - Ökologie   
Vorbemerkung   
Klimawandel und Klimaschutz   
Einleitung   
15 Vorhersehbarkeit des Klimawandels   
16 Folgen des Klimawandels   
17 Handlungsfelder des Klimawandels   
18 Klimapolitik   
18.1 Klimaproblem-Klimawandel?   
18.2 Bestandsaufnahme   
18.2.1 Entwicklung der Emissionen   
18.2.2 Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum   
18.2.3 Angebot fossiler Energieträger   
18.2.4 Entwaldung - Landnutzung   
18.2.5 Erneuerbare Energien   
18.3 Ziele und Wege   
18.4 Internationale Abkommen   
18.5 Klimapolitik der EU   
18.6 Stadtentwicklung und Klimaschutz   
18.7 Wissenschaft und Klimapolitik   
19 Online-Kurs? Klima MOOC - 2017   
Kapitel 1: Organisatorisches   
Kapitel 2: Klimasystem und Klimawandel   
Kapitel 3: Modelle und Szenarien   
Kapitel 4: Klima der Vergangenheit   
Kapitel 5: Folgen des Klimawandels   
Kapitel 6: Klimawandel und Gesellschaft   
Reflexion   
Literaturverzeichnis Klimawandel   
V Alpen   
Einleitung   
1 Alpine Erdgeschichte   
2 Besiedelung und Nutzung des alpinen Raumes   
2.1 Bäuerliche Kulturlandschaft   
2.2 Almwirtschaft   
2.3 Alpenraum als Rohstoffquellen   
2.4 Industrielle Revolution   
3 Massentourismus vs. Sanfter Tourismus   
3.1 Erschließung des alpinen Raumes   
3.2 Freizeitverhalten   
3.3 Alpine Vereine   
4 Alpenkonvention 1989   
4.1 Präambel   
4.2 14 Artikel   
5 Reflexion   
5.1 Zukunft des alpinen Raumes   
5.2 Zielsetzungen   
5.3 Aufgabenfelder einer Politische Bildung   
5.4 IT-Hinweise?   
Literaturverzeichnis Alpen   
6 Alpinethik   
6.1 Einführung   
6.2 Jugend - Familien - Senioren   
6.3 Klassische Formen alpiner Aktivitäten   
6.4 Neue Sportarten - Trends - Entwicklungen   
6.5 Ausbildung für den alpinen Raum   
6.6 Natur und Umwelt   
6.7 Alpine Infrastrukturen   
6.8 Sicherheit   
6.9 Kultur-Kunst-Tradition-Brauchtum?   
6.10 Informations- und Öffentlichkeitsarbeit   
VI Nachhaltigkeit   
1 Einführung   
1.1 Nachhaltige Entwicklung   
1.2 Transformation zur nachhaltigen Gesellschaft   
2 "Drei Säulen-Modell?" Ökonomie, Ökologie und Soziales   
2.1 Ökonomische Nachhaltigkeit   
2.2 Ökologische Nachhaltigkeit   
2.3 Soziale Nachhaltigkeit   
2.4 Kritik   
3 Gesundheit, Sport und Freizeit   
3.1 Gesundheitsversorgung   
3.2 Grundprinzipien   
4 Wissenschaft   
4.1 Anspruch   
4.2 Grenzen   
5 Nicht-Nachhaltigkeit? - Risikopolitik   
5.1 Nicht-Nachhaltigkeit?   
5.2 Risikopolitik   
5.2.1 Strukturmerkmale   
5.2.2 Faktoren   
6 Kultur   
6.1 Kulturbereich   
6.2 Werte und Einstellungen   
7 Lern- und Handlungsfeld   
7.1 "Weltdekade für Nachhaltige Entwicklung"   
7.2 Themenbereiche   
Nachhaltige Mobilität - Zukunftsfähigkeit   
9 Themenbereiche   
9.1 Personen- und Güterverkehr   
9.2 Nachhaltiger Mobilitätsverkehr   
10 Politischer Diskurs   
10.1 Felder Politischer Bildung   
10.2 Nachhaltiger Verkehr   
11 Umweltfreundlicher Alltagsverkehr   
12 Nachhaltiger Tourismus   
12.1 Reiseverkehr   
12.2 Alpenraum   
12.3 Plan T - Masterplan für österreichischen Tourismus   
12.4 Ökotourismus   
13 Verkehrspolitik einer zukunftsfähigen Mobilität   
13.1 Grundsätzliches   
13.2 Moderne Verkehrspolitik   
Lernkulturen der Weiterbildung   
14 Lernfähigkeit - Lerntechniken   
14.1 Lernforschung   
14.2 Weiterbildung   
14.3 Sozialisation   
15 Lernformen   
15.1 Selbständiges Lernen   
15.2 Verborgenes Lernen   
15.3 Lernen "just in time"   
16 Störfaktoren   
Wirtschaftsethik - Umweltethik   
Wirtschaftsethik   
17 Integrative Wirtschaftsethik   
18 Ökonomismuskritik   
Umweltethik   
19 Umwelt   
20 Prinzipien des Umweltschutzes   
Literaturverzeichnis Nachhaltigkeit   
VII Agrarpolitik und Bildungsprozesse   
Personalentwicklung - Theorie, Handlungsorientierung und Möglichkeitsräume   
Vorbemerkung   
Teil I Allgemeine Personalentwicklung - Mobilitätsförderung   
1 Einführung   
1.1 Gründe für PE   
1.2 Verständnis von PE   
1.3 Träger der PE   
2 Bereiche der PE   
2.1 Personaleinführung   
2.1.1 Argumente für eine Personaleinführung   
2.1.2 Einführungsmaßnahmen   
2.2 Betriebliche/ Berufliche Weiterbildung   
2.2.1 Ziele   
2.2.2 Zielgruppe   
2.2.3 Inhalte   
2.2.4 Maßnahmen   
2.3 Laufbahn- und Karrieregestaltung   
2.3.1 Karrieremanagement   
2.3.2 Karriere - Laufbahn   
2.3.3 Laufbahn- und Karrieremodelle   
2.3.3.1 Prozess der individuellen Karriereplanung   
2.3.3.2 Motivstrukturen eines Berufslaufbahn   
2.3.3.3 Modellanforderungen   
3 Ausblick   
3.1 Grundsätzliche Überlegungen   
3.2 Qualifiziertes Personal   
3.3 Orientierung einer PE   
3.4 Lernbegleitung   
Literaturverzeichnis Personalentwicklung   
Teil II Führungskräfteentwicklung   
Vorbemerkung   
Einleitung   
1 Schule und Gesellschaft   
2 Erwachsenen- bzw. Weiterbildungsinstitutionen und Gesellschaft - Bildungsmanagement   
2.1 Erwachsenen- bzw. Weiterbildung   
2.2 Bildungsmanagement   
3 Führung von Bildungsinstitutionen   
3.1 Aufgabenerweiterung von Leitungen von Bildungsinstitutionen - Leadership   
3.2 Handlungsfeld Bildungsmanagement   
3.3 Kooperative Führung von Bildungsinstitutionen   
3.4 Leadership   
3.4.1 Bildungsvernetzungen   
3.4.2 Bildungsregionen   
3.4.3 System Leadership   
3.5 Konfluente Leitung   
3.5.1 Führung   
3.5.2 Management   
3.5.3 Steuerung   
3.5.4 Zusammenfassung - Reflexive Phase   
3.6 Führungskräfteentwicklung bei Frauen   
3.6.1 Geschlecht-Gesellschaft?   
3.6.2 Pädagogische Diskussion von Geschlechterverhältnissen   
3.6.3 Geschlechtergerechte Bildung   
3.6.4 Geschlechterdemokratie   
3.6.5 Trends und Tendenzen im Bildungssystem   
3.6.6 Beruf und Familie   
3.6.7 Führungsstrukturen   
3.7 System Schule   
3.8 Organisationspädagogik   
3.8.1 Organisation - Bildung   
3.8.2 Führungsprinzipien   
3.9 Bildungsinstitutionen als Expertenorganisation   
4 Führungskräfteentwicklung   
4.1 Entwicklungstendenzen   
4.2 Führungskompetenz am Arbeitsplatz   
4.3 Rekrutierung von Fort- und Weiterbildnern   
4.4 Train-the-Trainer-Programm?   
4.5 Marketing und Öffentlichkeitsarbeit   
4.6 Gewinnung und Förderung von Nachwuchskräften   
4.7 Professionalisierung des Ausbildungsangebots   
4.8 Wirksamkeit der Führungskräfteentwicklung   
4.9 Transferproblematik   
4.9.1 Problembereiche der Fortbildung Lehrender   
4.9.2 Forschungslage zum Theorie-Praxis-Transfer?   
4.9.3 Handlungstheorien   
4.9.3.1 Psychologische Handlungstheorie   
4.9.3.2 Qualifizierungskurse   
4.10 Gestaltung der Führungsqualifizierung   
4.10.1 Voraussetzungen   
4.10.2 Fortbildungsdidaktik   
4.10.3 Transferwirksamkeit   
4.10.4 Gelingensbedingungen   
5 Inhalte von Qualifizierungsmaßnahmen   
5.1 Recht und Verwaltung   
5.2 Neue Steuerung   
5.3 Kommunikation und Kooperation   
5.4 Rollenverständnis   
5.5 Wissensinhalte   
5.6 Paradigmenwechsel   
5.7 Projektmanagement   
5.8 Delegation   
5.9 Kommunikation   
5.10 Hospitation   
5.11 Beratung   
5.12 Konfliktmanagement   
5.13 Kompetenz-Portfolio? von Bildungsinstitutionen   
5.14 Organisationspädagogik   
5.14.1 Arbeitsorganisation   
5.14.2 Organisationsentwicklung   
5.15 Schulentwicklung   
5.15.1 Unterrichtsentwicklung   
5.15.2 Wissensmanagement   
5.15.3 Qualitätsmanagement   
5.15.4 Corporate Identity   
5.15.5 Personalmanagement   
5.15.6 Personalentwicklung   
5.15.7 Fort- und Weiterbildung   
5.15.8 Personalbeurteilung   
5.15.9 Selbstmanagement   
6 Methoden - Modelle   
6.1 Lernen Erwachsener   
6.2 Selbstbildung   
6.3 Gruppenarrangements   
6.4 Heterogenität in Qualifizierungsmaßnahmen   
6.5 Netzbasiertes Lernen - Blended Learning   
6.6 "Happy Learning" - Rolle der Dissonanz   
6.6.1 Happy Learning   
6.6.2 Rolle der Dissonanz   
6.7 Lernprozesse in der Fort-und Weiterbildung   
6.8 Lernort Workshop - Lernort Seminar/ Lehrgang   
6.8.1 Praktika-Projekte-Hospitationen?   
6.8.2 Mentoring - Betreuung   
6.9 Coaching   
6.10 Hospitationspraktikum   
6.11 Lernen im Vergleich   
6.12 Partners in Leadership   
6.13 Kollegiale Lernformen   
6.13.1 Professionelle Lerngemeinschaft   
6.13.2 Kollegiale Beratung   
6.13.3 Feedback-Kultur?   
7 Weiterbildungsmodelle - Deutschland-Schweiz-Österreich?   
7.1 Fernstudium Schulmanagement - Deutschland   
7.2 Schul- bzw. Bildungsmanagement - Schweiz   
7.3 Erwachsenen- bzw. Weiterbildung - "Bildungsmanagement/wba" - Österreich   
7.4 Universitätslehrgang "Erwachsenenbildung/ Weiterbildung (adult education/continuing education)" - Österreich   
7.5 Leadership Academy - Österreich   
Literaturverzeichnis Führungskräfteentwicklung - Bildungsmanagement   
VIII Zukunftsfelder   
Zukunftsfähigkeit - Aspekte einer Gestaltung des Lebensraumes   
Vorbemerkung   
1 Zukunftsgestaltung   
1.1 Lebensgestaltung   
1.2 Krisensituationen   
1.3 Konsumgesellschaft   
1.4 Politik einer Zukunftsfähigkeit   
1.5 Kultur der Zukunftsfähigkeit   
1.6 Politik der Zivilgesellschaft   
1.7 Lernende Gesellschaft   
2 Problembereiche   
2.1 Klimawandel   
2.2 Energie und Ressourcen   
2.3 Konsum und Lebensstil   
2.4 Landwirtschaft - Ernährung - Ökologie   
2.5 Bauen und Stadtplanung   
2.6 Politisierung - Umbruchsituationen   
2.7 Arbeit - Beruf   
2.8 Demokratie - Partizipation   
2.8.1 Prinzipien einer Demokratie   
2.8.2 Migrationsbedingte Heterogenität   
2.9 Lernen   
2.10 Wissen   
2.11 Kultur - Religion   
2.11.1 Kulturell-religiöse Identität   
2.11.2 Politische und religiöse Bildung   
2.12 Nachhaltigkeit   
2.13 Digitalisierung   
3 Bedeutungsvolle zukunftsfähige Bildungsbereiche   
3.1 Interkulturelle Bildung und Politische Bildung   
3.1.1 Gemeinsame thematische Bereiche   
3.1.2 Multikulturelle Gesellschaft   
3.2 Innovative Strukturen einer Hochschuldidaktik   
3.3 Nachhaltigkeit und Bildung   
3.3.1 Umbruchsituation   
3.3.2 Konzept Nachhaltige Entwicklung   
3.3.3 Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE)   
3.4 Regionale Bildung   
3.4.1 Regionale Gegebenheiten   
3.4.2 Bildungsträger   
3.4.3 Modell Regionales Lernen   
3.4.4 Umsetzung in der Praxis   
3.4.5 Reflexive Phase   
3.5 Globalisierung   
3.5.1 Bedeutung   
3.5.2 Politische Räume   
3.5.3 Weltwirtschaft   
3.5.4 Jahrhundertwende   
3.6 Aspekte einer Herausforderung an Bildung   
3.7 Buchbesprechung "Schule mit Migrationshintergrund"   
3.8 Pressespiegel   
Literaturverzeichnis Zukunftsfelder   
Zum Autor   

Vorbemerkung    

Die Studie findet die Fortsetzung in der Thematik der Agrarpolitik mit der Schwerpunktsetzung von Aspekten eines europäischen Agrarmanagements.

Durch ein schulisches Grundwissen der Landwirtschaft werden ausgewählte Themenbereiche im Kontext Politischer Bildung und Erwachsenenpädagogik behandelt.

Beispielhaft wird auf Grundsätze der EU-Agrarpolitik?, Strukturen und Akteure, das Umweltmanagement, die Personalentwicklung, Nachhaltigkeit und Zielkonflikte eingegangen.

Ein persönliches Interesse zur Zukunft der Landwirtschaft in Verbindung mit der Fachliteratur/ UTB besteht beim Autor.

1 EU - Agrarpolitik    

1 Agrarpolitik in Österreich    

Im Folgenden wird auf die sozioökonomischen Rahmenbedingungen, die Phasen der Agrarpolitik und die damit verbundenen Veränderungen der Politikinhalte sowie eine Reflexion zur Agrarpolitik eingegangen.

1.1 Sozioökonomische Rahmenbedingungen    

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einem massiven Technisierungs- und Mechanisierungsschub. Es folgten deutliche Veränderungen der sozioökonomischen Rahmenbedingungen (vgl. HOVORKA-HOPPICHLER? 2006, 701).

Der Anstieg der Arbeitsproduktivität und die Unterstützung der Agrarpolitik durch einen Professionalisierungs- und Intensivierungsprozess führte von einer Unterversorgung zu einer Überschusssituation bei Nahrungsmitteln.

Gleichzeitig kam es zu einer Abwanderung bzw. Freisetzung von Arbeitskräften in der Landwirtschaft, zum Übergang von Haupterwerbs- zu Nebenerwerbsbetrieben.

In der Folge stiegen die Budgetkosten für die Förderung der Land- und Forstwirtschaft, der Verwertung der Überschüsse und der Agrarverwaltung.

Mit der Internationalisierung der Handelsvereinbarungen von GATT/ WTO in den neunziger Jahren und dem EU-Beitritt? Österreichs 1995 veränderten sich die agrarpolitischen Rahmenbedingungen, es kam zu verstärkter Konkurrenz und einer Liberalisierung des Agrarmarktes.

Die Verarbeitungsindustrie befindet sich in einem Konzentrations- und Zentralisationsprozess. Der Lebensmittelhandel wird immer mehr konzentriert (vgl. Rewe Austria und Spar AG haben 2004 bereits einen Marktanteil von 71 Prozent).

Eine besondere Bedeutung hat die Berglandwirtschaft, in der 70 Prozent der kleinbetrieblichen Struktur als Bergland eingestuft sind. Ihr kommt die Sicherung des sensiblen Ökosystems und die Erhaltung und Gestaltung der Kulturlandschaft im alpinen Bereich zu.

1.2 Phasen der Agrarpolitik    

In den fünfziger Jahren begann die Veränderung der Landwirtschaft mit dem Rückgang der Selbstversorgerwirtschaft und einer Umformung zu einem produktiven Zulieferer für die Agrarindustrie (vgl. HOVORKA-HOPPICHLER? 2006, 702-704).

Im Zeichen des Wiederaufbaus und einer wirtschaftlichen Stabilisierung verließen mehr als ein Drittel der unselbständigen Beschäftigten den Agrarsektor.

Die erste Mechanisierungswelle und ein verbessertes Saatgut und gezielte Mineraldüngung bewirkten eine Verdoppelung der Arbeitsproduktivität. Unterstützt wurden diese Tendenzen durch einen Ausbau des Förderungsapparates.

Überschüsse erzeugten einen Angebotsdruck mit geringen Preiserhöhungen. Mittels einer Agrarstrukturpolitik förderte man die Schaffung entwicklungsfähiger Betriebe (vgl. die Politik des "Wachsens und Weichens"). Mit der Neuausrichtung der Leitideen der Agrarpolitik kamen technokratische Ideen auf, die Agrarökonomen vertraten.

Nach einer beschleunigten Strukturpolitik der ÖVP-Alleinregierung? kam es unter Bruno Kreisky zu einer Neuorientierung der Agrar- und Förderpolitik in Form einer Differenzierung der Agrarförderung.

Eingeführt wurde ein Bergbauernsonderprogramm mit einer Direktförderung der Bergbauernbetriebe, womit dem Strukturwandel gegengesteuert wurde. Nunmehr kamen Förderungen nicht nur den Großbetrieben vorrangig zugute. Ergänzt wurde die Maßnahme durch Neuerungen in der Sozial- und Familienpolitik (vgl. etwa die Einführung des Mutter-Kind-Passes?, der Schulfreifahrt und die Gratisschulbuch-Aktion?).

1.3 Akteure und Veränderungen der Politikinhalte    

Mit der industriellen Umsetzung des Agrarsektors in Form der zunehmenden Bedeutung der Agrar- und Lebensmittelindustrie, dem Bankensektor zur Finanzierung und den Managementzentralen der Raiffeisen-Genossenschaften? und Landwirtschaftskammern bildete sich in der Folge ein Dreiecksverhältnis des Genossenschaftswesens (Finanzierung-Kreditwesen?), der Kammern (Sozialpartnerschaft) und des Bauernbundes (politische Vertretung).

In der Agrarpolitik spielen auch die Sozialpartner eine Rolle. ÖGB und Arbeiterkammer bestimmen im Konsumentenschutz, der Umwelt-, Sozial- und Regionalpolitik mit. Vereinzelt haben Umweltverbände einen Einfluss.

In den achtziger Jahren ist mit den "Grünen" ein neuer Akteur in der Agrarpolitik aufgetreten. Damit wurde zunehmend die ökosoziale Agrarpolitik in den politischen Diskurs aufgenommen.

Die EU-Agrarreform? 2003 mit ihrer Umsetzung 2005 ergab ein Betriebsprämiensystem, deren Basis der Durchschnitt der Direktzahlungen aus der Marktordnung der Jahre 2000 bis 2002 ist. Die Förderung wird von der tatsächlichen Produktion des Betriebes entkoppelt. Dadurch wird ein marktkonformes Verhalten erwartet.

Knapp 30 Prozent der Betriebe werden von Frauen geleitet. Frauen stellen ungefähr 53 Prozent aller Familienarbeitskräfte, aber nur rund 14 Prozent der Kammerräte_innen. Es zeigt sich, dass die Bedeutung von Frauen in den landwirtschaftlichen Interessensvertretungen gering vertreten und geschlechterbezogene Ungleichheiten vorhanden sind.

Mit dem EU-Beitritt? 1995 wurden bereits im Vorfeld die Agrarpolitik und das Fördersystem an die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU angepasst. Vom WIFO wurde der Beitritt als schwierig eingestuft, wobei mit Preis- und Einkommenseinbußen zu rechnen ist, die Wettbewerbsfähigkeit erforderlich und Begleitmaßnahmen (Förderungen) benötigt werden.

Mit dem Vollzug des EU-Beitritts? kam es zu einer Neuverteilung der Kompetenzen und Kosten des Fördersystems zwischen EU, Bund und Ländern.

Die Agrarpolitik beruht im Marktbereich auf den EU-Marktordnungen?, nationalen Quoten und Ausgleichszahlungen. Die Eckdaten wurden in den Beitrittsverhandlungen festgelegt, die Finanzierung kommt es aus dem EU-Budget?.

In der Agrarstrukturpolitik gibt es einen größeren nationalen Spielraum. Zum Tragen kommt das agrarische Umweltprogramm ÖPUL und die Ausgleichszulagen für benachteiligte Gebiete.

Die Abfederung der negativen Folgen durch Fördermaßnahmen gelang. Die Abhängigkeit der Einkommen hat von agrarpolitischen Maßnahmen zugenommen.

Festzustellen ist eine Intensivierung des Wettbewerbs und die Bedeutung der Globalisierung.

Entscheidend wird künftig die Frage sein, ob die Agrarpolitik in eine allgemeine Politik zu integrieren sein wird. Dies betrifft besonders den ländlichen Raum. Es bedarf eines Ausgleichs mit anderen gesellschaftlichen Gruppen.

1.4 Reflexion    

Die Bedeutung der Landwirtschaft ist in den europäischen Industrieländern gering.

  • Dennoch erfährt der primäre Wirtschaftssektor eine intensive Unterstützung in Österreich und der EU in Form von Subventionen und wird von der Konkurrenz der Weltmärkte abgeschottet (vgl. WIRTSCHAFT HEUTE 2006, 174).
  • Es bedarf einer umweltfreundlichen und ethisch ausgerichteten Agrarpolitik und Neuausrichtung der Politik für den ländlichen Raum.
Die Agrarpolitik wird wesentlich von der "Gemeinsamen Agrarpolitik/ GAP" der EU bestimmt. Diese greift massiv in Marktprozesse ein und ist mit einem teilweise planwirtschaftlich ausgestatteten Verwaltungsaufwand verbunden. Die GAP beruht auf zwei Grundelementen. Marktordnungen garantieren den Erzeugern Abnahmepreise. Einfuhrabgaben (Abschöpfungen) schützen Landwirte vor der Konkurrenz der Weltmärkte.

Die verursachte Überproduktion wird auf EU-Kosten? eingelagert oder auf dem Niveau der Weltmarktpreise entsprechend subventioniert und in der Folge exportiert. Die entstandenen Kosten werden aus dem "Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft/ EAGFL/ Abtl. Garantie" getragen, der vom EU-Budget? finanziert wird.

Die "Gemeinsame Agrarpolitik/ GAP" ist der größte Ausgabenposten im EU-Budget? (vgl. 2004 rund 45 Prozent des Gemeinschaftshaushaltes). Im Rahmen der "Agenda 2000" für 2000-2006 beschlossenen Ausgaben entsprechen etwa dem jährlichen Sozialprodukt der Niederlande.

Volkswirtschaftlich bedeutet dies, dass die EU-Staaten? die Landwirtschaft zusätzlich aus den nationalen Budgets subventionieren und außerdem tragen die Konsumenten erhebliche Lasten in Form von künstlich überhöhten Lebensmittelpreisen.

Außenwirtschaftlich bedeuten die Abschottung des europäischen Agrarmarktes und die subventionierten Exporte einen Widerspruch zu den von der Welthandelsorganisation (WTO) aufgestelltem Grundsatz des Freihandels. In den Entwicklungsländern entstehen von den EU-Exporten? damit wirtschaftliche Schäden.

Argumente für die GAP sind

  • das Ziel der Selbstversorgung mit Lebensmitteln; allerdings ist auf die Überschüsse und die Abhängigkeit eines globalen Warenaustausches hinzuweisen, das Anrecht auf ein sicheres und angemessene Einkommen der Landwirte.
  • Allerdings ist dies nicht für jeden einsichtig, weil in anderen Wirtschaftszweigen der Strukturwandel Einkommens- und Beschäftigungsverschiebungen mit sich bringt, die offizielle Zielvorgabe der GAP die Begrenzung von Preisschwankungen der Lebensmittel. Allerdings ist dies durch das überhöhte Preisniveau fragwürdig, die regionalpolitische Bedeutung der Landwirtschaft und ihre ökologische Funktion in der Erhaltung der Landschaft.
  • Es bleibt die Frage offen, ob sich die beiden Ziele nicht mit weniger Eingriffen in die Marktwirtschaft erreichen lassen.
Ein Reformdruck ergibt sich aus der Agenda 2000 und dem Reformplan 2003 mit einer Umschichtung der Subventionierung von Preisstützungen zu einer direkten Einkommensbeihilfe. Eine Verringerung der Subventionierungshöhe ist damit nicht verbunden. Festzustellen ist, dass die GAP ein Hindernis für die Integration der neuen EU-Mitglieder? darstellt.

IT-Hinweise?

Förderungen der Europäischen Union:

https://info.bml.gv.at/themen/landwirtschaft/gemeinsame-agrarpolitik-foerderungen.html (20.1.2024)

Moderne Agrarpolitik:

https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2019/heft/10/beitrag/eine-moderne-umweltfreundliche-und-ethische-agrarpolitik-ziele-und-instrumente.html (20.1.2024)

Rahmenbedingungen für ländliche Entwicklung:

https://www.bmz.de/de/themen/laendliche-entwicklung/laendliche-entwicklung-rahmenbedingungen/agrarpolitik-21690 (20.1.2024)

2 Agrarindustrielle Bewirtschaftung und ihre Folgen    

Susanne DOHRN (2018, 8-15) beklagt zurecht den Verlust der Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt, der von Menschenhand/ Bauern geschaffen wurde, die das Land urbar machten und bearbeiteten. Als nach dem Zweiten Weltkrieg aus Bauern produzierende Landwirte wurden, änderte sich dies rasant.

2.1 Monokulturen    

Aus Wiesen und Weiden wurden Intensivgrünland, aus Ackerland industriell bewirtschaftete Monokulturen. Hecken und Feldraine wurden beseitigt, man legte jede Senke und und Mulde trocken. Monokulturen sind nun krankheitsanfälliger, daher setzte man Insektizide, Herbizide und Fungizide ein. Aus Pflanzenschutzmitteln entstanden hoch industriell erzeugte Chemieprodukte, verbunden mit Nebeneffekten wie der Vernichtung der Nahrungsgrundlage der körner- und insektenfressenden Tiere (vgl. zum Rückgang der Vogelpopulation http://orf.at/stories/2431089/2431088/ [23.3.2018]). Dazu kam noch die stinkende, medikamentenverseuchte Gülle, die die Landschaft in eine gigantische Latrine verwandelte.

"Statt dem Treiben Einhalt zu gebieten, fördert die Politik den ganzen Wahnsinn mit Subventionen für Biogas noch zusätzlich. So wird die Landwirtschaft zur Totengräberin der biologischen Vielfalt, eine Entwicklung, die inzwischen sogar die Bodenlebewesen erfasst" (DOHRN 2018, 11). Nitrat aus der Gülle verseucht das Grundwasser, in den Urinproben der Menschen finden sich Rückstände von Glyphosat, das sich zum Streitobjekt von Politik und Wissenschaft herausbildet.

Es gehört zum Widerspruch einer solchen Entwicklung, dass etwa Randstreifen von Autobahnen ein Hort der Biodiversität sind. Dort wo nicht gedüngt und gespritzt wird, vermehren sich Pflanzen und Tiere, die man auf Wiesen und Feldern vergebens sucht.

2.2 Alpiner Raum    

Eine Diskussion im alpinen Raum läuft, wie man diese Landschaft sinnvoll ökonomisch und ökologisch verwerten kann. Es geht um die Bewirtschaftung der Almen (Landwirtschaft/Almwirtschaft), die Verwertung der produzierten Produkte (Tourismus)und eine Re-Naturierung? durch Tiere, die vom Menschen vertrieben wurden (Ökologie/man denke etwa an den Wolf, Luchs und die Wildkatze). Dass die Interessenslage komplex und verschieden ist, versteht sich von selbst.

Die Frage nach den Veränderungen wird aktualisiert, wenn es um Berichte um Millionenausgaben für schutzwürdige Vögel (etwa die Großtrappe), Fische (etwa den Fischotter), die Wildkatze, Biber, Fisch- und Seeadler geht.

Es geht also um die intensive Landwirtschaft, um eine agrarindustrielle Bewirtschaftung, wie es im vorgehenden Kapitel dargestellt wird. Es geht aber auch um ökologische Aspekte und Landschaftserhaltung, um die Umwelt und ihre lebenserhaltenden Funktionen.

Im Folgenden soll auf den letzten Aspekt der Ernährungssicherung als Grundlage der Nahrungsmittelversorgung eingegangen werden.

3 Ernährungssicherung    

Die Agrarpreise erreichten 2011 neue Höchststände, die Zahl der Hungernden nahm ebenso zu. Das ökonomische Interesse an der Landwirtschaft steigt.

Anders ist die Entwicklung bei der Herausforderung von Hunger zu sehen.

3.1 Herausforderung Hunger    

Verantwortlich sind die globalen Produktionsengpässe zu machen.

In Jahrzehnten globaler Überschussproduktion gelang keine Reduzierung des Hungers in der Welt.

Entscheidend ist die schwierige Einkommenssituation von benachteiligten Gruppen, überwiegend in ländlichen Regionen.

Diskriminierungen und Governance-Probleme? auf nationaler Ebene sowie politische und menschenrechtliche Probleme erklären den Fortbestand des Hungerproblems. "Gleichzeitig gibt es eine Reihe von Indikatoren, die andeuten, dass die Zeiten globaler Überschussproduktion vorbei sein könnten"(vgl. STIFTUNG ENTWICKLUNG UND FRIEDEN-INSTITUT? FÜR ENTWICKLUNG UND FRIEDEN 2013, 285).

3.2 Ländliche Entwicklung    

Zu beachten ist ein zunehmendes Interesse an ländlicher Entwicklung.

Zu erkennen ist dies u.a. auch an der Welternährungskrise 2007/2008. Die Hungeraufstände 2008 erzeugten ein Problembewusstsein im politischen Denken.

Die hohen Agrarsubventionen der EU und der USA führten zu Auswirkungen auf die Agrarpreise in den Ländern des Südens und beeinflussten die Einkommenssituation vieler Bauernfamilien. Kritik an diesen Effekten führte dazu, dass die Subventionen letztlich zurückgegangen waren.

Die Finanzkrise 2008 brachte es mit sich, dass viel frei verfügbares Kapital den Agrarsektor beeinflusste. Dazu kam ein Investitionsschub bei der Nachfrage nach Land mit großflächigen Landkäufen (vgl. den Landnutzungswandel).

Das Hungerproblem wurde zudem auf dem G8-Gipfel? in Italien 2008 mit neuen Finanzzusagen aktualisiert.

2009 beriet die FAO in Rom Schritte im Umgang mit der Welternährungskrise. Ein neues Koordinierungsgremium wurde geschaffen.

- - -

Bei der Nahrungsmittel-Sicherheit? ergeben sich sechs Trends, die es darzustellen gilt.

1 Steigende Tendenz der Zahl der Hungernden seit Jahrzehnten,

2 langjährige Vernachlässigung ländlicher Räume,

3 vom Überschuss zur Knappheit,

4 Investitionen in Landwirtschaft und agrarische Rohstoffe bei steigenden Preisen,

5 Governance-Defizite? auf nationaler Ebene und

6 Institutionenschwäche der globalen Governance.

- - -

Nationale und globale Aspekte gilt es vermehrt zu beachten und zu korrigieren, damit die Nahrungsmittelkette gewahrt bleibt.

Dazu gehört ohne Zweifel der Wassermangel auf der Welt. Immerhin ist die Hälfte der Weltbevölkerung davon betroffen.

Der UN-Weltwasserbericht? 2018 verlangt ein nachhaltiges Wassermanagement > http://science.orf.at/stories/2901996 (19.3.2018)

Literaturverzeichnis Agrarpolitik    

Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und /oder direkt zitiert werden.

Cerman M-.-Eder F.X.-Eigner P.-Komlosy A.-Landsteiner E. (Hrsg.) (2011): Wirtschaft und Gesellschaft - Europa 1000-2000, VGS Studientexte Bd. 2, Innsbruck-Wien-Bozen?,

Bosshard A.-Schläpfer F.-Jenny M.-Vision Landwirtschaft (Hrsg.) (2011): Weißbuch Landwirtschaft Schweiz, Bern-Stuttgart-Wien?

Dichatschek G. (2017): Didaktik der Politischen Bildung. Theorie, Praxis und Handlungsfelder der Fachdidaktik der Politischen Bildung, Saarbrücken

Dohrn S. (2018): Das Ende der Natur. Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10193, Bonn

Heinrich-Böll-Stiftung?/ Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland/Le Monde Diplomatique (2019): Agrar-Atlas? 2019. Daten und Fakten zur EU-Landwirtschaft?, Berlin

Hovorka G.-Hoppichler J. (2006): Agrarpolitik, in: Dachs H.-Gerlich P.-Gottweis H.-Kramer H.-Lauber V.-Müller W.C.-Talos E. (Hrsg.): Politik in Österreich, Wien, 701-710

Landsteiner E. (2011): Landwirtschaft und Agrargesellschaft, in: Cerman M.-Eder F.X.- Eigner P.-Komlosy A.-Landsteiner E. (Hrsg.): Wirtschaft und Gesellschaft - Europa 1000-2000, VGS Studientexte Bd. 2, Innsbruck-Wien-Bozen?, 178-210

Stengel O. (2021): Vom Ende der Landwirtschaft. Wie wir die Menschheit ernähren und die Wildnis zurückkehren lassen München

Stiftung Entwicklung und Frieden-Institut? für Entwicklung und Frieden (2013): Globale Trends. Frieden-Entwicklung-Umwelt?, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1366, Bonn: Ernährungssicherung-Landnutzungswandel-Konflikte?, 285-312

Wirtschaft heute (2006): Agrarpolitik - Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 499, Bonn, 174-175

Literaturverzeichnis Fachbereiche/ Auswahl    

Dabbert St.- Braun J. (2006): UTB 2792 Landwirtschaftliche Betriebslehre, Wien-Köln-Weimar?

Doluschitz R.- Morath Cl.- Pape J. (2011): UTB 3587 Agrarmanagement, Wien-Köln-Weimar?

Kaul H.P. -Kautz T. - Leon J. (2022): UTB 2629 Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, Wien-Köln-Weimar?

Lochner H.- Breker J.- Eff K. (2023): Agrarwirtschaft Grundstufe Landwirt, Stuttgart

Schubert S. (2018): UTB 2802 Pflanzenernährung, Wien-Köln-Weimar?

Stahr K.- Kandeler E.- Herrmann Th. - Streck H. (2020): UTB 2967 Bodenkunde und Standortlehre, Wien-Köln-Weimar?

Wachendorf M.- Bürkert A.- Grass R. (Hrsg.) (2022): UTB 4863 Ökologische Landwirtschaft, Stuttgart

William A.- Simianer H. (2017): UTB 3526 Tierzucht, Wien-Köln-Weimar?

II Ländlicher Raum    

Vorbemerkung    

Für die Politischen Bildung als Vergleich zur Großstadt bzw. urbanen Zentren stellt sich der Themenbereich mehrfach.

Vorrangig betrifft es

  • die Beziehung von Land und städtischem Großraum,
  • die Siedlungsstruktur,
  • unterschiedliche Infrastruktur in den Bereichen
    • Verkehr,
    • Daseinsversorgung,
    • Medizin,
    • Kultur und Bildung,
    • Landnutzungswandel,
    • Arbeitsmarkt und
    • letztlich der EU-Agrarpolitik?.
4 Ländliche Räume    

Ländliche Räume in ihrer Vielfalt werden oftmals nur als Natur- und Erholungsraum oder mit Defiziten wie Abwanderung junger Menschen, mangelhafter Infrastruktur und industrialisierter Landwirtschaft gesehen.

4.1 Politische Diskussion    

Das Gefälle von Stadt und Land setzte vor Jahrzehnten mit einer politischen Diskussion in Richtung gleichwertiger Lebensverhältnisse und damit Lebenschancen ein.

Übersehen wird, dass es den Gegensatz so gar nicht mehr gibt. Den ländlichen Raum gibt es auch nicht pauschal, vielmehr eine Vielzahl von ländlichen Räumen mit Unterschieden in gesellschaftlichen, sozialen und und wirtschaftlichen Merkmalen (vgl. KÜPPER 2016).

Durch den demographischen Wandel leben mehr Menschen in ländlichen Räumen als in den wenigen Großstädten in Österreich. Beträchtlich ist die ökonomische Wertschöpfung durch die Kleinindustrie, Landwirtschaft, das Gewerbe und den Tourismus geworden.

Probleme und Herausforderungen bilden regionale Tendenzen der Abwanderung junger Leute, eine starke Alterung in den Orten und das Verschwinden von Einrichtungen der Daseinsversorgung.

Der Gestaltungsraum für kreative Ideen, Rückkehrangebote angesichts sinkender Lebensqualität und steigender Wohnkosten in manchen urbanen Zentren bewirken eine neue Attraktivität besonders für junge Familien.

4.2 Österreich    

In Österreich erfordern

  • die alpinen Regionen neue Entwicklungsprogramme,
  • ebenso sind Regionalprogramme in Großräumen um urbane Zentren wie Wien, Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck vermehrt notwendig.
Hier ergibt sich in den sog. "Speckgürteln" - Räume bis ca. 30-60 Autominuten Entfernung von urbanen Zentren - eine Sondersituation, eine soziale Trennung zwischen den wirklich Ortsansässigen, den Pendlern bzw. Zuzüglern und unterschiedliche Lebensprobleme beider Gruppen.

Die Problematik in Tourismuszentren stellt sich in der zunehmenden Zweitwohnungsnutzung und Zuwanderung aus dem EU-Raum?.

IT-Hinweis?

Probewohnen gegen Landflucht > https://steiermark.orf.at/stories/3059371/ ( 27.7.20)

5 Dörfer und Kleinstädte im Wandel    

In ländlichen Räumen sind Dörfer und Kleinstädte die wichtigsten Siedlungstypen (vgl. BORN 1977).

In Mitteleuropa ist für ein Dorf von einer Bevölkerungszahl von rund 1000 bis 1500 Personen auszugehen.

5.1 Gemeindezusammenlegungen    

Gemeindezusammenlegungen mit Dörfern ergeben größere Verwaltungseinheiten.

Agrarisch geprägte Strukturen kennzeichnen den dörflichen Charakter.

Durch die veränderte Arbeitsmarktsituation ist Mobilität der Arbeitskräfte mit Pendlertum von den Dörfern zu den wachsenden Städten vorhanden.

5.2 Tourismus    

Landschaftlich attraktive Gegenden werden durch den Tourismus zunehmend beeinflusst.

Traditionelle Lebensverhältnisse verändern sich durch Zuzug in Verbindung mit Modernisierungsprozessen und einem Strukturwandel in der Landwirtshaft.

Kleinstädte bzw. Marktgemeinden bilden regionale Zentren für die Bevölkerung als Versorgungszentren, Verwaltungseinheiten, Orte des kulturellen Austauschs und der Bildung.

Typisch und bedeutsam ist der lokale Charakter.

Historisch sind bauliche Bestände kennzeichnend.

Erweiterte Funktionen für das Umland werden zumeist wahrgenommen.

Auszugehen ist künftig in Kleinstädten von einer Weiterentwicklung in Funktionen, Siedlungsformen und Konkurrenz durch die neuen Techniken.

6 Ländliche Entwicklung in der EU-Agrarpolitik?    

Eine Politik zur Entwicklung ländlicher Räume der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union/ GAP verfolgt Agrarstruktur, umweltpolitische und regionalpolitische Ziele (vgl. WEINGARTEN 2020, 46-47).

6.1 Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft    

Ländliche Räume in modernen Gesellschaften und Volkswirtschaften besitzen eine Vielzahl von Funktionen. Das folgende Beispiel von sieben Bedeutungen zeigt die Wichtigkeit der Funktionen.

Produktion von Nahrungsmitteln > Bodennutzung

Siedlungs- und Wohnungsfunktion > Flächennutzung

Standorte für Verkehrsprojekte > Verkehrsflächen

Wirtschaftsunternehmen > Flächennutzung

Tourismus und Erholungsfunktion > Landschaftsbild

Waldflächen > Speicher- und Regulationsfunktion

Entsorgungsfunktion > Weiterverwertung

6.2 EU - Rechtsrahmen    

Bereits 1957 in den Römischen Verträgen/ EWG einigte man sich auf eine "Gemeinsame Agrarpolitik" (GAP), die 1962 in Kraft trat.

Die erste Säule war die Markt- und Einkommenspolitik im Agrarsektor.

Die zweite Säule umfasst ist die "Politik zur Entwicklung ländlicher Räume", die über Jahrzehnte durch unterschiedliche politischen Ebenen in Verflechtungen sich entwickelte.

  • Rechtlicher Rahmen für die zweite Säule bildet die EU-Verordnung? Nr. 1305/2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den "Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes/ ELER".
  • Ziele im Artikel 4 der ELER-Verordnung? sind
a) die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft,

b) Gewährleistung nachhaltiger Bewirtschaftung und Klimaschutz sowie

c) die Erreichung einer ausgewogenen räumlichen Entwicklung der ländlichen Wirtschaft und der ländlichen Gemeinschaften.

Für die Funktionsperiode 2014-2020 stellt die EU 96 Mrd. Euro aus dem EU-Agrarhaushalt? zur Verfügung.

Literaturverzeichnis Ländliche Räume    

Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/oder direkt zitiert werden.

Born M. (1977): Geographie der ländlichen Siedlungen, Bd.1, Genese der Siedlungsformen in Mitteleuropa, Stuttgart

Bundeszentrale für politische Bildung: Informationen zur politischen Bildung /izpb 343 2/ 2020, Ländliche Räume, Bonn

Bundeszentrale für politische Bildung: Aus Politik und Zeitgeschichte, Land und Ländlichkeit, Nr. 46-47/2006, Bonn

Dichatschek G. (2017a): Didaktik der Politischen Bildung. Theorie, Praxis und Handlungsfelder der Fachdidaktik der Politischen Bildung, Saarbrücken

Dichatschek G. (2027b): Erwachsenen- Weiterbildung. Beitrag zu Theorie und Praxis von Fort- bzw. Weiterbildung, Saarbrücken

Küpper P. (2016): Abgrenzung und Typisierung ländlicher Räume (Thünen Working Paper 68), Braunschweig

Steinführer A. (2020): Dörfer und Kleinstädte im Wandel, in: Informationen zur politischen Bildung/ izpb 343/2020, Ländliche Räume, Bonn, 8-15

Weingarten P. (2020): Ländliche Entwicklung: die zweite Säule der EU-Agrarpolitik?, in: Informationen zur politischen Bildung/ izpb 343/2020, Ländliche Räume, Bonn, 46-49

III Globales Lernen    

7 Einleitung    

Unter Globaler Bildung/ "Global Education" wird ein pädagogisch-didaktisches Konzept der Vergleichenden Erziehungswissenschaft, Entwicklungspädagogik, Politischen Bildung und Interkulturellen Bildung verstanden,

  • das sich auf fortschreitende Globalisierungsprozesse bezieht und unter sachlichen Aspekten auf bestimmte Themenbereiche in globalen Zusammenhängen bezieht wie etwa Bildung, wirtschaftliche Entwicklung, Finanzen, Umwelt, Freiheit, Migration, Diversity, Frieden und Menschenrechte,
  • unter räumlichen Aspekten auf lokale, regionale und globale Zusammenhänge unter sozialen Kontexten mit dem Ziel des Erwerbs von Kompetenzen für ein Leben in einer Weltgesellschaft, wobei Interkulturelle Kompetenz und Politische Bildung zunehmend an Bedeutung und Notwendigkeit gewinnen (vgl. SCHEUNPFLUG-SCHRÖCK? 2002, 15-17; ALLEMANN-GHIONDA? 2004; ASBRAND-SCHEUNPFLUG? 2007, 469; LÖSCH 2008, 338-340; NOHL 2010; RISS-OVERWIEN? 2010, 205-215; OSTERHAMMER-PETERSSON? 2020).
Globale Bildung als pädagogisches Konzept nimmt sich der weltweiten Herausforderungen an - im derzeitigen schulischen Fächerkanon beispielhaft in "Geschichte-Sozialkunde-Politische? Bildung" siehe Punkt 12 - mit den weltweiten sozialen Disparitäten, dem Zusammenleben einer interkulturell - pluralen Gesellschaft und notwendigen Transformationsprozessen unter ökonomischen und kulturell-religiösen Aspekten (vgl. SCHEUNPFLUG-SCHRÖCK? 2002, 6).

Im Sinne des Nachhaltigkeitsdiskurses geht es um die weltweiten politischen, wirtschaftlichen sozialen, ökologischen und soziokulturellen Zusammenhänge zwischen den Schwellen- und Industrieländern sowie dem Zusammenleben unterschiedlicher Menschen aus verschiedenen Kulturen in einer globalisierten Welt (vgl. SEITZ 2002, 453; ASBRAND-SCHEUNPFLUG? 2007, 469; RISS-OVERWIEN? 2010, 211).

Die vorliegenden Ansätze können nach vier Perspektiven globalen Lernens unterschieden werden (vgl. HOLZBRECHER 2007, 404).

  • Problemorientierung - Sachthema mit kultur- und länderübergreifender Erarbeitung und strukturellen Erkenntnissen,
  • Personen- bzw. Subjektorientierung - biographische Erzählung, Spielfilme und/oder Kinder- und Jugendbücher erzeugen Identifikationsprozesse für spezifische Situationen,
  • Produktionsorientierung - Produktionsbedingungen, Vertriebsstrukturen und historische Kontexte erzeugen kritisches Konsumentenverhakten und
  • Länderorientierung - Orientierung an spezifischen Problemen bestimmter Länder,
die mit den vorhergehenden Perspektiven kombinierbar sind.

8 Entwicklung des Lernbereiches    

Der Begriff "Globales Lernen" hat sich aus verschiedenen pädagogischen Theorien entwickelt, der für die Agrarpolitik mit Schwerpunkt Europa anwendbar ist. (vgl. SCHEUNPFLUG-SEITZ? 1995).

Als ältester Ansatz gelten die "entwicklungspolitische Bildung" und die "Dritte-Welt-Pädagogik?". Dieser Ansatz bezieht sich auf das paternalistische Konzept der Kolonialzeit. Aus der Erfahrung entwicklungspolitischer Projekte entstanden in der Folge Konzepte einer "Dritte-Welt-Pädagogik?".

Eine Politisierung und damit das Interesse für Politische Bildung entstand aus den Erfahrungen der Biafra-Krise?, den Cabora-Bassa-Staudamm? und letztlich den Vietnam-Krieg?. "Erstmals rücken die Abhängigkeitsstrukturen internationaler Wirtschaftsverflechtungen in den Blick sowie der Zusammenhang zwischen der Entwicklung in der sogenannten Ersten Welt und der Dritten Welt" (ASBRAND-SCHEUNPLUG? 2007, 470).

Damit entstand eine "Entwicklungspädagogik" als Versuch, auf globale Probleme in lokalen Bereichen auf Unter- bzw. Überentwicklungen eine pädagogische Antwort zu finden (vgl. TREML 1980, 13).

"Ökumenisches Lernen" - entstanden aus der Pluralität der Kirchen und dem Anti-Rassismus-Programm? des Weltkirchenrates im Widerstand gegen die südafrikanische Apartheid - spielt eine Rolle in der entwicklungspolitischen Bildung. In der "Dekade zur Überwindung der Gewalt" (2001-2010), an der der Autor mit Beiträgen teilnahm, zeigte sich das pädagogische Bemühen einer Vision einer gerechten Welt (vgl. NÜSSEL-SATTLER? 2008, 69). Entwicklungspolitisches Lernen und Gerechtigkeit kommt in der katholischen Befreiungstheologie zur Geltung. Österreich als multikonfessionelles Land mit Gruppierungen mit Migrationsgeschichte kann als Beispiel global-ökumenischen Denkens und Handelns angesehen werden (vgl. RIESKE 2010, 167-201; VOLCELKA 2013).

In den siebziger Jahren entstand im angloamerikanischen Sprachraum der Begriff "Global Education" mit dem Anspruch einer Gestaltung der Globalisierung im Kontext von ethischen Zielen wie Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Im deutschsprachigen Raum wurde das Konzept durch das Schweizer Forum "Schule für Eine Welt" (1995) eingeführt und verbreitet. In der Folge wurde das Konzept vielfältig rezipiert und wird als Querschnittsaufgabe aller Bildungsprozesse angesehen.

Politische Bildung als Bildungs- und Erziehungsaufgabe wird eine entscheidende Bedeutung bei der Entwicklung einer nachhaltigen Gesellschaft und Politik beigemessen (vgl. RISS-OVERWIEN? 2010).

Auf dem UN-Gipfel? für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro/"Agenda 21" wird die Notwendigkeit, den Lebensstil im Sinne eines Konzepts einer Nachhaltigkeit zu verändern, formuliert. Bildung und Erziehung sollen ihren Beitrag dazu leisten (vgl. ASBRAND-SCHEUNPFLUG? 2007, 472; RISS-OVERWIEN? 2010, 208-209, 211-214).

In dieser Form einer Persönlichkeitsbildung sollen die angesprochenen Konzepte eine globale Perspektive mit dem persönlichen Nahbereich der Lernenden verbinden, demnach eine Veränderung der Einstellungen ergeben.

Für die Entwicklung dieser Gestaltungskompetenz bedarf es nach HAAN (2004) einer Antizipation, Interdisziplinarität, weltoffenen Wahrnehmung, transkultureller Verständigung, Partizipationsfähigkeit (Beteiligung an Entwicklungs- und Gestaltungsprozessen), Planungs- und Umsetzungskompetenz, Fähigkeit zu Empathie-Mitleid-Solidarität?, Motivationsfähigkeit und distanzierter Reflexion (vgl. auch RISS-OVERWIEN? 2010, 213).

Globales Lernen vereint Vergleichende Erziehungswissenschaft, Umwelt-, Entwicklungs-, Friedens-, Menschenrechts- und Interkulturelle Pädagogik. Damit ist der Kontext zur Politischen Bildung gegeben (vgl. ALLEMANN-GHIONDA? 2004, 32-34, 41-49, 189-199; SANDER 2007, 326-334, 335-346, 392-406, 442-455, 469-486; NOHL 2010, 63-74).

Politische Bildung ist dem Kontroversitätsgebot des Beutelsbacher Konsens (1976) und der Kritik der veränderten Bedingungen von Politik und Demokratie in Zeiten eines globalisierten Kapitalismus und neoliberaler Politik besonders verpflichtet (vgl. LÖSCH 2008, 338-340; RISS-OVERWIEN? 2010, 205-206; HELLMUTH-KLEPP? 2010, 65).

Globales Lernen erfordert Perspektivenübernahme bzw. Wechsel, Respekt, Identitätsbildung, Urteilsfähigkeit, Wissen, Empathie, Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit. Diese Elemente bilden Erziehungsziele.

Wesentlich ist auch die Kenntnis des eigenen sozioökonomischen und soziokulturellen Denkens und eigenen Handelns. Nur wer seine eigene Identität kennt und mit ihr umgehen kann, versteht und wendet interkulturelle Bildung bzw. Lernen verantwortungsvoll an (vgl. TARNAS 2001).

IT-Hinweis?:

"Politische Bildung - Mängel in der Ausbildung der Lehrkräfte müssen behoben werden" > http://www.ots.at/pressemappe/11029/aom

Ausgehend von Aspekten einer Vergleichenden Erziehungswissenschaft als Bezugswissenschaft, werden die konkreten Veränderungen durch die Globalisierung für die Wirtschaft und in der Folge für die Bildung unter Bezugnahme von HOTZ-HART? und KÜCHLER (1999) referiert und kritisch beleuchtet (vgl. ALLEMANN-GHIONDA? 2004, 32-34, 39-46).

8.1. Globalisierung aus ökonomischer Sicht    

Globalisierung und technischer Fortschritt beschleunigen sich aus dem Wissen und seiner Anwendung gegenseitig. Für die Industrieländer wird dies zum Innovationswettbewerb, womit die Innovationsfähigkeit notwendig wird. Selbstverständlich ergibt sich für die anderen Länder eine Einbindung in die Globalität.

Wissen als allgemeines und berufliches Wissen wird so zur Befähigung, sich in einer wandelnden Wirtschaft (und Gesellschaft) zu bestehen.

HOTZ-HART? und KÜCHLER (1999, 9) schlagen folgende Definition vor: "Globalisierung bedeutet Entgrenzung: Nationalstaatliche und natürliche Grenzen verlieren rapide an Bedeutung: Leistungsherstellung, Konkurrenz und Vermarktung werden immer weniger durch diese Grenzen geprägt. Das Wirtschaftsleben nimmt rasch Merkmale des 'globalen Dorfes' an: Beschaffung, Produktion, Handel und Vermarktung vollziehen sich weltweit. Geographische Distanz und politische Grenzen stellen für die Wirtschaft kaum noch Hemmnisse dar - sie gewähren damit aber auch immer weniger Schutz. Diese Entwicklung wird durch den technischen Fortschritt, insbesondere durch die Informations- und Kommunikationstechnologien vorangetrieben: Kommunikations- und Transportkosten haben an Bedeutung verloren. Die räumliche Distanz ist durch die Telematik-Infrastruktur? praktisch aufgehoben. Die Globalisierung fördert ihrerseits den technischen Fortschritt, indem neue Märkte und damit Gewinnmöglichkeiten erschlossen werden. Diese wechselseitige Verstärkung beschleunigt den Prozess der Globalisierung und macht ihn unumkehrbar" (vgl. ALLEMANN-GHIONDA? 2004, 33).

Die Definition zeigt an, dass Schnelligkeit und Information gewinnbringende Geschäfte schaffen. "Die Weltmärkte werden zu einem Weltbinnenmarkt" (ALLEMANN-GHIONDA? 2004, 34). Es entstehen transnationale Unternehmen, Beispiele dafür gibt es etwa in den Bereichen Pharmazie, Textil und Telematik sowie im Bankenwesen (vgl. STROMQUIST-MONKMAN? 2000, 3-25). Neben lokalen Besonderheiten können globale Vorteile genutzt werden.

IT-Hinweis?:

Diversity in Unternehmen > http://derstandard.at/1363711450561/Sprachtraining-Stereotype-und-Stolpersteine (17. 5. 2013)

8.2 Aspekte der Bildung    

Innovationen sind zwingend mit der Nutzung von Wissen verbunden. Ein Produktionsfaktor neben Arbeit und Kapital ist zunehmend Wissen - in Form zunehmender Wissensbasierung der Unternehmen, Institutionen und Betriebe sowie Volkswirtschaften.

Als Gesamtheit der Kenntnisse, Fähigkeiten und Lösungsmöglichkeiten können Individuen und Kollektive zur Lösung von Problemen eingesetzt werden (vgl. PROBST-RAUB-ROMHARDT? 1997, 51). "Wissen muss entwickelt, erworben, identifiziert, bewahrt, verteilt und genutzt werden" (ALLEMANN-GHIONDA? 2004, 39; vgl. PROBST-RAUB-ROMHARDT? 1997, 44).

International hat die Europäische Kommission 1996 im Weißbuch "Lehren und lernen: Auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft. Weißbuch zur allgemeinen und beruflichen Bildung" gesamteuropäische Perspektiven dargelegt. Ebenfalls 1996 hat die OECD mit dem Begriff "knowledge-based economy" Wissen und Können zur Grundlage künftiger Entwicklungen bezeichnet. Über das technisch-wissenschaftliche Wissen hinaus geht es auch um Erfahrungswissen und Kommunikation bis zu vernetztem Handeln.

Als Ergänzung erhält der Begriff Kompetenz Bedeutung. Hier ist Wissen mal Erfahrung mal Urteilskraft zu beachten (vgl. ALLEMANN-GHIONDA? 2004, 40).

Die nicht unumstrittene Theorie des Humankapitals stellt Wissen als Ressource dar (vgl. BECKER 1964). Entsprechend sind Bildungssysteme nicht zu vernachlässigen.

Diese sind in internationale Systeme und transnationale Diskurse eingebunden. Seit der Besiedelung Nordamerikas durch die Pilgerväter 1620 und den Aufbau öffentlicher Bildungssysteme, etwa in Preußen mit Vorbildfunktion ab Mitte des 18. Jahrhunderts, sind solche Beziehungen nachweisbar (vgl. RAMIREZ-BOLI? 1994; ALLEMANN-GHIONDA? 2004, 41).

Mit Beginn des 19. Jahrhunderts lernen Bildungssysteme in Organisationsformen voneinander.

Im 20. Jahrhundert werden internationale bzw. globale Vergleiche und Abhängigkeiten sichtbarer und bedeutungsvoller.

Mit dem wirtschaftlichen Aufbau nach dem Zweiten Weltkrieg kommt es zu internationalen Kooperationen, die eingeforderte Mobilität und zunehmender Migrationsströme lassen das Thema der Harmonisierung der Bildungssysteme im Zuge von Anerkennungsverfahren schulischer, beruflicher und universitärer/hochschulmäßiger Bildungsabschlüsse notwendig werden.

8.3 Effekte einer Globalisierung    

WATSON (1998, 5-31) teilt die Auswirkungen einer Globalisierung auf die Bildungspolitik und Verwaltung in politische, wirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Bereiche.

Politische Effekte - Entstehung transnationaler Konzerne, supranationaler Organisationen und internationaler NGOs; internationale Vereinbarungen wie Weltbank, Internationaler Währungsfonds, GATT und EU; Erzwingen von politischen Entscheidungen wie Dezentralisierung von Verwaltungen, Verstärkung eines privaten Schulwesens und Reformbestrebungen; Folgerungen wie die Vergrößerung der Kluft von Arm und Reich.

Wirtschaftliche Effekte - Weitergabe von Werten; Globalisierung von Medien; Entwicklung transnationaler Konzerne; Verstärkung der Wirtschaft auf berufliche Curricula; Zunahme der Informatik; Herausforderungen auf wirtschaftlich bedingte internationale Migration; Orientierung auf wirtschaftliche Gegebenheiten wie Markt und Effizienz.

Gesamtgesellschaftliche Effekte - soziale und kulturelle Folgerungen von Wanderungsbewegungen; Hybridisierung von kultureller Identität; Verarmung des sozialen Lebens; Bedeutung der Neuen Medien wie Fernstudien und "virtuelles Lernen" sowie Gefährdung der Demokratie wie Schwund der Wahlbeteiligungen.

Von Interesse sind daher aus Sicht einer europäischen Bildungslandschaft die Konsequenzen dieser Effekte, bildungspolitisch begonnen in den vier Bildungsbereichen.

Ein solcher Bildungsprozess ist abhängig von

  • Zielen und Prioritäten des Systems zur Lenkung und Aktivierung,
  • den Lehrenden und Lernenden,
  • einem Bildungsmanagement zur Koordinierung, Steuerung und Bewertung des Systems,
  • Inhalten,
  • Lehr- und Lernmitteln
  • Räumlichkeiten bzw. Bauten zur Ermöglichung von Lernprozessen,
  • Technologien,
  • Qualitätskontrollen und Forschung sowie
  • Kosten.
Jenseits der Trias Wirtschaft - Politik - Gesellschaft erweitern sich die Einflüsse um Kultur und Religion. Damit ist der Fachbereich "Interkulturalität" angesprochen.

Bildung geht über die traditionellen Bildungssysteme hinaus, umfasst sie doch formelle und informelle sowie non-formelle Bildung (ohne offiziellen Abschluss).

9 Globalisierung und Europäische Integration    

Die englischsprachige Literatur vernachlässigt eher die soziokulturelle und sprachliche Vielfalt sowie die europäische Dimension von Bildung, weil englischsprachige Länder offiziell einsprachig sind, obwohl internationale Migration und autochthone ethnische Gruppen seit Jahrhunderten sprachliche Vielfalt praktizieren.

Ohne Zweifel ist die europäische Dimension seit dem Vertrag von Maastricht 1993 mit dem Ausbau der Mobilität von Studierenden und Lehrkräften ein Teilaspekt der Globalisierung geworden.

Bildungsmigration und die vielfältigen Wanderströme tragen zudem dazu bei, dass in Europa bei der Vielfalt von Sozio-Kulturen? und Religionen die Notwendigkeit zusätzlicher Kompetenzen, jedenfalls einer "Interkulturellen Kompetenz", notwendig sind (vgl. ALLEMANN-GHIONDA? 2004, 190; MECHERIL 2004, 106-132; FISCHER-SPRINGER-ZACHARAKI? 2013).

Als zusätzliche Kompetenzen gelten

  • die Selbstreflexivitätskompetenz mit der Fähigkeit zur differenzierten Rollengestaltung und Rollendistanz (Berufsrolle, Unterrichtsabläufe) und einem transparenten Umgang mit Macht,
  • die Heterogenitätskompetenz mit der Fähigkeit zu einer Offenheit gegenüber Vielfalt und zur Thematisierung von Diversität und
  • die Konfliktfähigkeitskompetenz mit der Fähigkeit zu einem Umgang mit Konfliktsituationen mit der Beinhaltung eines eigenen begründbaren Standpunktes.
IT-Hinweis?:

Zentrum für Europa an der Donau-Universität? Krems > http://noe.orf.at/news/stories/2586867/ (19.9. 21)

10 Internationalisierung bzw. Globalisierung von Bildung    

Am Beginn es 21. Jahrhunderts stehen in einer Internationalisierung und Globalisierung von Bildung vier Aspekte zur Diskussion (vgl. ALLEMANN-GHIONDA? 2004, 195-196).

Internationale Institutionen - etwa die Europäische Kommission, OECD und Weltbank - gewinnen an Einfluss bei der Gestaltung von Bildungspolitik. Daraus ergibt sich in der Folge, dass nationale Entwicklungen in Übereinstimmung mit Aussagen supranationaler Instanzen zu beurteilen sind und sich zunehmend entwickeln.

Universitäre bzw. hochschulmäßige Lehre und Forschung sowie akademische Laufbahnen haben nach internationalen Aspekten gestaltet zu sein, um international legitimiert und anerkannt zu werden.

Globalisierte Information mit Hilfe der Neuen Medien unterstützen einen internationalen Bildungsmarkt. "Virtuelles Lernen bzw. Lehre" sind bereits gängige Begriffe, ergeben einen neuen Markt für Lehrende und Lernende und eine Internationalisierung von Lehrinhalten. Netzwerke unterstützen diese Entwicklung eines elektronischen Handelns.

In der Folge ergibt sich eine internationale Konkurrenzfähigkeit, um solchen Anforderungen zu entsprechen. Zur Disposition steht auch eine vermehrte Umorganisation von Bildung nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen mit weitreichenden Folgerungen für Lernende (etwa internationale Bildungs- und Austauschprogramme, Stipendienwesen, Nostrifikationen bzw. Harmonisierung von Bildungsabschlüssen).

Man kann davon ausgehen, dass die Bildungsdiskussion bzw. die Bildungslandschaften verstärkt internationalisiert werden.

Die Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft öffnet sich verstärkt internationalen und interkulturellen Bereichen.

Globales Lernen, interkulturelles Lernen, Politische Bildung, Vergleichende Erziehungswissenschaft und lebensbegleitendes Lernen - um pädagogische Dimensionen zu nennen - sind zunehmend wichtig geworden.

Traditionelle Muster - national und monokulturell - erfüllen keinesfalls die notwendigen Bedingungen. Der Paradigmenwechsel hat sich international vollzogen.

11 Diskurse zu Globaler Bildung    

Zwei Richtungen lassen sich der aktuellen Diskussion zuordnen (vgl. ASBRAND-SCHEUNPFLUG? 2007, 473-476).

Handlungsorientierte Entwürfe mit einem ganzheitlichen Menschenbild ("Holismus") und normativen Bildungszielen - etwa Solidarität, Toleranz, Empathie und ganzheitliche Weltsicht - bestimmen einerseits den Diskussion. Das Menschenbild ist bestimmt durch zukunftsfähige bzw. nachhaltige Entwicklung - Emanzipation, Partizipationsfähigkeit, Selbstkompetenz und soziale Gerechtigkeit im Kontext mit Parteilichkeit für Leidtragende.

Der Gegenstand Globales Lernens umfasst die Entwicklung in lokaler und globaler Perspektive. Es geht um weltweite Zusammenhänge, Erkennen von Verflechtungen des eigenen (lokalen) Handelns im globalen Kontext unter Berücksichtigung der partikularen kulturellen Identität und eines Perspektivenwechsels (vgl. die identischen Elemente einer Interkulturellen Kompetenz). Erkundungen und Medienarbeit eröffnen Zugänge und Erfahrungen (vgl. MOSER 2000). Selbstgesteuertes Lernen und die Mitgestaltung einer Weltgesellschaft sind Lernziele

Der evolutionäre Ansatz basiert auf einer systemtheoretischen Analyse der Globalisierung, der die Entwicklung zu einer "Weltgesellschaft'" beschreibt. Grundlage sind anthropologische und lerntheoretische Überlegungen, etwa die Komplexität der Weltgesellschaft (Entgrenzung des Raumes, globale Risiken, Halbwertzeit des Wissens, sozialer Wandel), Orientierung im Nahbereich (selektive Wahrnehmung, ethisches Handeln, abstraktes Denken und Sozialität) und lerntheoretische Aspekte wie selbstorganisiertes Lernen mit Lernangeboten der Umwelt, normative Lernangebote als Elemente einer Einstellungs- und Verhaltensänderungen.

Ein konzeptioneller Diskurs ergibt sich in der Auseinandersetzung zwischen Bildungskonzepten für eine Nachhaltigkeit und Globalem Lernen. Nach HAAN (2002, 76) geht es um den Vorwurf, dass Globales Lernen ein traditionalistisches Konzept sei, dem Stand der aktuellen Entwicklung nicht mehr gerecht würde, Themen nicht integrativ gesehen würden, die Betonung des regionalen Bezugs und der Gerechtigkeit den Anforderungen von Schlüsselkompetenzen nicht gerecht würden. Vertreter des Globalen Lernens wiederum befürchten, dass ökologische Probleme in den Vordergrund treten und Fragen der Gerechtigkeit vernachlässigt werden (vgl. ASBRAND-SCHEUNPFLUG? 2007, 476).

13 Bioökonomie    

Wenn wir die Natur unverändert lassen, können wir nicht existieren. Zerstört man die Natur, können wir auch nicht leben.

Die Gratwanderung zwischen Veränderung und Zerstörung gelingt einer Gesellschaft nur dann, wenn die Wirtschaft in den Naturhaushalt eingefügt und ethisches Handeln als Teil der Natur einbezogen werden kann (vgl. GREFFE 2016, 10).

Im Folgenden geht es um eine Klärung der Begrifflichkeit, historisch-politische Aspekte im Kontext der Politischen Bildung und Chancen der Boökonomie.

Bioökonomie ab den achtziger Jahren wird von Ökonomen der USA als Wirtschaftsweise beschrieben, die sich auf der Grundlage der Sonnenenergie in ökologische Grenzen fügt und vom Wirtschaftszwang befreien sollte. Dies bedeutet eine ökonomische Entscheidung für eine Bindung an Naturgesetze und der sozialen Möglichkeit einer Selbstbegrenzung (vgl. den zunächst geringen Erfolg nur bei Photovoltaik- und Windkraftanlagen).

Politische Bildung sieht eine dreifache Herausforderung in der Bekämpfung des Klimawandels, der schwindenden Ressourcen mit der Notwendigkeit, zukünftig neun Milliarden Menschen zu versorgen und der Problematik des Neoliberalismus.

Mit der politischen Karriere der Bioökonomie wird eine Wirtschaftsform als nächste Stufe der industriellen Revolution benannt. Technologische Innovationen und gesellschaftliche Umbrüche begleiten eine solche Entwicklung.

In der Folge wird Bioökonomie als "wirtschaftliche Nutzung biologischer Erkenntnisse" mit dem Ziel, fossile Ressourcen zu ersetzen, bezeichnet. Mit der umstrittenen Gentechnik und der Landwirtschaft neue Absatzquellen zu erschließen, kommt es zu einer PR-Floskel?.

Aktuell gilt Bioökonomie nunmehr als Teil der "Green Economy", der biogene Ressourcen nutzt. Miteingeschlossen ist in die Begrifflichkeit die Ernährungspolitik und Ernährungswirtschaft sowie der Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen.

Sämtliche Wirtschaftsbranchen und Sektoren werden bezeichnet, die aus Tieren, Wald- und Ackerprodukten, Fischfang, Mikroorganismen und Algen bestehen (vgl. die knappe Bezeichnung im Englischen mit den sechs F: "Food, Feed, Fuel, Fiber, Flowers and Fun").

Angesprochen ist die Nutzung biologischer Ressourcen in der Natur (Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Fischfang/ Meereswirtschaft), Industrie (Nahrungsmittel, Energie, Textilien, Baumaterialien, chemische Grundstoffe/ Pharmazie) und die Ballungszentren bzw. Naturschutzgebiete.

Politische Bildung interessiert sich für die Entscheidungsszenarien (vgl. Wissenschaftsministerien, Forschungsabteilungen internationaler Konzerne, Naturschutzorganisationen - Standesvertretungen von Großfarmern-Kleinbauern-Biobauern?).

14 Aspekte einer globalen Wirtschaftsform    

14.1 Begriff    

Bioökonomie ab den achtziger Jahren wird von Ökonomen der USA als Wirtschaftsweise beschrieben, die sich auf der Grundlage der Sonnenenergie in ökologische Grenzen fügt und vom Wirtschaftszwang befreien sollte. Dies bedeutet eine ökonomische Entscheidung für eine Bindung an Naturgesetze und der sozialen Möglichkeit einer Selbstbegrenzung (vgl. den zunächst geringen Erfolg nur bei Photovoltaik- und Windkraftanlagen).

Politische Bildung sieht eine dreifache Herausforderung in der Bekämpfung des Klimawandels, der schwindenden Ressourcen mit der Notwendigkeit, zukünftig neun Milliarden Menschen zu versorgen und der Problematik des Neoliberalismus.

Mit der politischen Karriere der Bioökonomie wird eine Wirtschaftsform als nächste Stufe der industriellen Revolution benannt. Technologische Innovationen und gesellschaftliche Umbrüche begleiten eine solche Entwicklung.

In der Folge wird Bioökonomie als "wirtschaftliche Nutzung biologischer Erkenntnisse" mit dem Ziel, fossile Ressourcen zu ersetzen, bezeichnet. Mit der umstrittenen Gentechnik und der Landwirtschaft neue Absatzquellen zu erschließen, kommt es zu einer PR-Floskel?.

Aktuell gilt Bioökonomie nunmehr als Teil der "Green Economy", der biogene Ressourcen nutzt. Miteingeschlossen ist in die Begrifflichkeit die Ernährungspolitik und Ernährungswirtschaft sowie der Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen.

Sämtliche Wirtschaftsbranchen und Sektoren werden bezeichnet, die aus Tieren, Wald- und Ackerprodukten, Fischfang, Mikroorganismen und Algen bestehen (vgl. die knappe Bezeichnung im Englischen mit den sechs F: "Food, Feed, Fuel, Fiber, Flowers and Fun").

Angesprochen ist die Nutzung biologischer Ressourcen in der Natur (Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Fischfang/Meereswirtschaft), Industrie (Nahrungsmittel, Energie, Textilien, Baumaterialien, chemische Grundstoffe/Pharmazie) und die Ballungszentren bzw. Naturschutzgebiete.

Politische Bildung interessiert sich für die Entscheidungsszenarien (vgl. Wissenschaftsministerien, Forschungsabteilungen internationaler Konzerne, Naturschutzorganisationen, Standesvertretungen von Großfarmern-Kleinbauern-Biobauern-Köhlern? in afrikanischen Wäldern).

14.2 Herausforderungen der Bioökonomie    

Nicht zu übersehen ist das Bemühen eines Abschieds von fossilen Energieträgern 2015 beim G7-Gipfel?, den neuen Nachhaltigkeitszielen der UNO und das UN-Klimaschutzabkommen? mit der Ratifizierung 2016 durch die USA und die VP China. Die großen Umweltkrisen standen in den Großkonferenzen ganz oben auf der politischen Agenda.

Besonders herausfordernd ist die Sicherung der Ernährung durch die Landwirtschaft (vgl. GREFE 2016, 24-25).

Wie sehr sie im Zentrum aller Krisen steht, bekam die Weltgemeinschaft 2007 zu spüren. Durch hohe Ölpreise, teure Kunstdünger, niedrige Lagerbestände und Dürreperioden in einigen Weltregionen und energieintensive Landmaschinen stiegen die Preise der Nahrungsmittel.

Hungerrevolten von Mexiko über Ägypten bis nach Indien zeigten die Bedeutung besonders der Feldarbeit auf. Weltweit leiden Bauern unter dem Klimawandel.

Allerdings ist die Agrarproduktion zugleich einer der wichtigsten Treiber. Mehr als ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen? gehen auf die Landwirtschaft und die Entwaldung zurück (vgl. FAO > http://www.fao.org/news/story/en/item/216137/icode [15.9.2016]).

Es zeigen sich die Fehler wie die Entwaldung, der Mais- und Sojarausch als Fütterungsgrundlage einer hochzentrierten Tierzucht, die Trockenlegung von Mooren und die Übernutzung der Böden.

2014 gingen 18 Millionen Hektar an Wäldern verloren, damit die Fähigkeit zu kühlen und Wasser zu speichern (vgl. GREFE 2016, 25).

2014 wurde die Bioökonomie zu einer der sechs "Großen Herausforderungen" für die Europäische Union gezählt und damit zu einem wichtigen Fördergebiet.

Als Schlüsselstrategie soll sie die Ziele der Leitinitiativen "Innovationsunion" und "Ressourcenschonendes Europa" verwirklichen (vgl. GREFE 2016, 29).

Zur Finanzierung gehören die Budgets für Biotechnologie, Ernährungsforschung, Materialforschung, Agrarforschung und teilweise Subventionen aus der gemeinsamen Agrarpolitik und dem EU-Strukturfonds?.

In der Europäischen Union stehen Nachhaltigkeit, Förderung der Regionen und Kreislaufwirtschaft im Mittelpunkt einer Förderung der Bioökonomie.

Förderinstrument ist die 2014 gegründete öffentlich-private Partnerschaft zwischen Union und Industrie "Bio-Based? Industries Joint Undertaking/ BBI" (vgl. http://www.bbi-europe.eu [15.9.2016]).

1 Milliarde Euro fließen aus dem EU-Haushalt? in das Unternehmen biobasierter Industriezweige mit 48 europäischen Firmen aus unterschiedlichen Sektoren mit ihrerseits 2,7 Milliarden Eigenkapital für Bioökonomie-Innovationen? innerhalb der nächsten zehn Jahre. Assoziierte Mitglieder sind Universitäten, Verbände von Pflanzenschützern und Biotechnologie-Firmen?, deren Produkte im BBI gefördert werden können (vgl. GREFE 2016, 33).

14.3 Chancen einer Bioökonomie - Reflexion    

Die Dringlichkeit der Entwicklungen geht langsam in den Mainstream über. Zunächst strebte man einen Gleichgewichtszustand zwischen begrenzten Ressourcen und Bedürfnissen an.

Gefordert wird in der Folge ein ökologisches Denken, das die Komplexität des Organischen wertschätzt und nutzt.

Ein Wandel der Bedürfnisse des Menschen soll auch an alle organische Partner und jedem Teil des Lebensraumes angepasst werden.

Hier stehen Bemühungen im Mittelpunkt, Erträge der Landwirtschaft zu steigern und die Vielfalt der Agrikulturen zu erhalten (vgl. die Bedeutung einer "Agrarwende"), Ressourcen wie Wald, Boden und Wasser aufzubauen sowie den sozialen Zusammenhalt ländlicher Gemeinschaften zu erhalten.

Ökologen suchen nach einer regionalen Stoff-Stromwirtschaft? mit der Produktion von Energie, Wärme und Materialien in einer Vielfalt neuer Aufbausysteme.

Ebenso geht es um die Vielzahl von Pflanzen in der Natur, die gefördert gehören.

Letztlich geht es in einem Machtkampf und forschungspolitischen Auseinandersetzung um Einflüsse von Industrie, Technik, politische Dominanz, gesellschaftliche Erneuerung, Dezentralität und globale Einheitslösungen.

In der Forschungs- und Technologiepolitik sind die Möglichkeiten ungleich verteilt.

Die Herausforderungen bestehen im Füllen der Leerstellen und in mehr Innovationsdemokratie.

Nicht nur Erdöl bzw. Erdgas, Biokraftstoffe, Erhalt der Ökosysteme, Sonne, Wind und Wasser, Flächenfraß, Handel, Selbstversorgung, Emissionen und Anbauverwendungen spielen eine wesentliche Rolle.

Forschungs- und Innovationspolitik und Demokratie in Form von Transparenz und Mitbestimmung bzw. Mitverantwortung sind ebenso notwendig (vgl. GREFE 2016, 40, 294-298).

IV Umweltmanagement - Ökologie    

Vorbemerkung    

Ein Grundwissen der Ökologie zu bearbeiten erfordert einen interdisziplinären Zugang in der Politischen Bildung, weil sich die Thematik aus den verschiedensten Fachbereichen ergibt. Für den Autor ergaben sich im Laufe der Zeit die breiten Möglichkeiten der Weiterbildung im tertiären und quartären Bildungsbereich.

Es werden daher persönliche Bezugspunkte in den folgenden Kapiteln der Studie bearbeitet.

Ökologie versteht sich als Wissen von den Beziehungen der Individuen bzw. Institutionen zur umgebenden Umwelt wie im Folgenden.

  • Klimawandel und Klimaschutz,
  • Alpen und Alpinethik,
  • Nachhaltigkeit,
  • Mobilität und Zukunftsfähigkeit,
  • Lernkulturen der Weiterbildung und
  • beispielhafte Wirtschaft- und Umweltethik.
Ebenso sind Impulse aus dem Kollegenkreis berücksichtigt, für die der Autor dankbar ist.

Die Fachliteratur zu beachten ist wesentlicher Bestandteil eines Grundwissens.

Grundwissen versteht sich als Basis für zukünftige Wissensbereiche, die sich aus der Thematik ergeben.

Klimawandel und Klimaschutz    

Einleitung    

Das zunehmende Interesse einer Veränderung des Klimas (Klimawandel) und der daraus entstehenden Folgen ist für eine zeitgemäße Politische Bildung von Bedeutung, weil es Konsequenzen für

  • die Natur und Gesellschaft,
  • Handlungsmöglichkeiten,
  • die wissenschaftliche Klimaforschung und
  • daraus entstehende Folgen für politisches Handeln besitzt (vgl. DICHATSCHEK 2017a).
Der Klimawandel ist da, Veränderungen in Form von extremen Wetterbedingungen rund um den Globus sind wahrnehmbar. Den Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsanstieg bekommt der Mensch, die Tier- und Pflanzenwelt zu spüren.

  • Diese und andere Phänomene werden sich verstärken und die Lebensbedingungen verändern.
  • Sie beeinflussen die Zukunft und werfen grundlegende Fragen auf, die eine Politische Bildung aufzugreifen hat. Zu beachten ist die schulische Fachbezogenheit bzw. der Fächerverbund mit Geographie und Wirtschaftskunde, Biologie und Umweltkunde, Geschichte-Sozialkunde-Politischen? Bildung, Religion, Ethik und Gesundheitsbildung sowie die Aktualität in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung (vgl. DICHATSCHEK, 2017c) .
    • Kann man sich auf die Veränderungen einstellen?
    • Wie kann man die Beobachtungen einordnen?
    • Welche Ursachen kann man den Veränderungen zuschreiben?
    • Sind Prognosen möglich?
    • Gibt es Möglichkeiten eines persönlichen Handelns?
Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen sind

  • die schulischen Lehrpläne der angesprochenen Fächer,
  • der Studienplan in der Lehramtsausbildung für Geschichte-Sozialkunde-Politische? Bildung und
  • die Notwendigkeit einer Gestaltung einer zeitgemäßen Erwachsenenbildung.
Für den Autor ergibt sich die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit der Thematik aus der

  • Absolvierung des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg-Klagenfurt?,
  • Absolvierung des 7. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg,
  • Lehrtätigkeit in Didaktik der Politischen Bildung/ Lehramt Geschichte-Sozialkunde-Politische? Bildung/ Universität Salzburg,
  • Lehrtätigkeit in der Erwachsenenbildung,
  • Absolvierung des Online-Kurses? "Klima MOOC"/Oktober-November 2017 > http://mooin.oncampus.de > Klima MOOC und
  • Auseinandersetzung mit der Fachliteratur.
15 Vorhersehbarkeit des Klimawandels    

Das Klima als komplexes Gebilde kann nicht einfach prognostiziert werden. Die Wissenschaft benötigt besonders als Werkzeug etwa Computermodelle zur Annahme von Klimaentwicklungen und Prognosen. Die Annahmen werden als Szenarien zusammengefasst. Sie enthalten mögliche Entwicklungen der kommenden Jahrzehnte (vgl. Bevölkerungszahl, technologischen Fortschritt, Begrenzung des Treibhausgases) (vgl. MADRY-FISCHER? 2014, 1-2/4; PLÖGER-BÖTTCHER? 2016).

  • Ein menschengemachter Klimawandel wird durch Messungen seit den fünfziger Jahren nachgewiesen. Wesentlich ist die Annahme von drei Szenarien mit physikalischen, naturwissenschaftlichen und menschlichen Daten.
  • Die Treibhausgase spielen dabei eine zentrale Rolle. Die Gase beinhalten Stoffe in der Atmosphäre, die den Treibhauseffekt auf der Erde bewirken.
    • Kurzwellige Strahlung der Sonne wird an der Erdoberfläche in langwellige Strahlung umgewandelt und in das Weltall zurückgestrahlt.
    • Treibhausgase wirken wie eine Barriere in der Erdatmosphäre, die die Strahlung zurück reflektiert und daher zu einer Speicherung der Energie und Wärme auf der Erde beiträgt.
    • Der Treibhauseffekt ist an sich für das Leben auf der Erde wesentlich. Ohne diesen Einfluss läge die mittlere Lufttemperatur bei -18 Grad. Der natürliche Treibhauseffekt führt zur Erwärmung auf rund 15 Grad Celsius.
    • Inzwischen ist der Effekt so ausgeprägt, dass von einer menschengemachten Überwärmung durch die vermehrte Konzentration von Treibhausgasen zu sprechen ist. Das Besondere ist die Geschwindigkeit, mit der die Erwärmung seit der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts stattfindet.
16 Folgen des Klimawandels    

(Auch) Österreich ist vom Klimawandel betroffen (vgl. MADRY-FISCHER? 2014, 2/4; GREENPEACE 2019).

  • Zu beachten sind die alpinen Regionen (Unwettergefahr-Hangrutschungen?, Überflutungen durch Gebirgsbäche; Schmelzen des Eises) und die Wasserknappheit in der ariden Klimazone.
  • In den letzten 100 Jahren ist die Jahresdurchschnittstemperatur um rund 1 Grad Celsius gestiegen, erwartet wird in den nächsten 100 Jahren eine Zunahme von 3 Grad Celsius.
  • Die Niederschläge im Frühjahr und Winter haben zugenommen, im Sommer und Herbst fällt weniger Regen. Die Auswirkungen auf Umwelt, Tiere, Pflanzen und den Menschen sind erheblich.
  • Zu unterscheiden sind mikroklimatische, regionale, allgemein wetterkundliche und makroklimatische Phänomene.
Der Temperaturanstieg in südlichen Weltregionen führt zu Wasserknappheit, starken Unwettern (Tornados, Hurricans, Taifune, Zyklone, massiven Monsunphänomene) und an den Polen zum Abschmelzen des Eises (vgl. PLÖGER-BÖTTCHER? 2016, 153-157). Eine Veränderung der Meerestemperaturen ist zu beobachten.

Das "Intergovernmental Panel on Climate Change" (IPPC/Weltklimarat) erwartet für unsere Klimazone eine Zunahme und Intensitätssteigerung von Hitzeereignissen und extremen Unwettern.

  • Bis zum Ende des Jahrhunderts wird sich die Zahl der Sommertage mit > 25 Grad Celsius verdoppeln, die Anzahl der heißen Tage mit > 30 Grad Celsius verdreifachen.
  • Regional kann sich der Trend verschärfen.
    • Hier stellen sich Probleme in urbanen Zentren (Wasserversorgung, Gesundheitsbelastungen durch Hitze).
    • Auf dem Land kommt es vermehrt zu Ernteausfällen (Unwetter, Wasserversorgung-Hitzewellen-Hungerkatastrophen? bzw. Fehlernährungen).
  • Im Tourismus ist in den Mittelgebirgslagen eine Verkürzung der Schneetage erheblich. Wärmere und längere Sommer besonders an den Küstenregionen bieten die Chance auf mehr Gäste und damit bessere Einnahmequellen.
  • In der Natur ist auf einen Wandel der Artenvielfalt zu achten. Einwanderung von Arten aus wärmeren Gebieten, Abwanderung in höhere Regionen sind Kennzeichen einer Veränderung.
Für den mitteleuropäischen Raum ist zu beachten, dass

  • die Kosten des Klimawandels eine Zukunftsinvestition sein werden (vgl. PLÖGER-BÖTTCHER? 2016, 62-68),
  • die Energiewende eine Notwendigkeit darstellt (vgl. PLÖGER-BÖTTCHER? 2016, 74-83),
  • unsere Großstädte eine Brutstätte der Hitze sein werden (vgl. PLÖGER-BÖTTCHER? 2016, 115-118)und
  • der Klimawandel das Artensterben beschleunigt (vgl. PLÖGER-BÖTTCHER? 2016, 129-133).
IT-Hinweis?

Biodiversitätsstrategie 2030 Österreich > https://orf.at/#/stories/3297397/ (12.12.2022)

17 Handlungsfelder des Klimawandels    

Betroffen sind die folgenden Handlungsfelder vom regionalen Klimawandel (vgl. MADRY-FISCHER? 2014, 3/4).

  • Gebäude - Gefährdung durch Extremwetter, Anforderung an Gebäudekühlung
  • Wasserwirtschaft - Zuordnung der Kapazitätsgrenzen, Wasserverschmutzung
  • Gesundheit - Ausbreitung neuer Infektionskrankheiten und Überträger, Hitzebelastung, Belastung der Gewässerqualität, Hunger-Fehlernährung? (vgl. WEINGÄRTNER 2014)
  • Finanzwirtschaft - Kostenerhöhung bei Versicherungen und Krankenkassen, Risiken für Investitionen(vgl. Gewässerschutz, Schutzbauten)
  • Verkehr - Verkehrsinfrastruktur bei Wetterereignissen
  • Energie - Steigerung der Nachfrage (vgl. Kühlungsgeräte, Kühlungswasser, Ausfall von Energie)
  • Regional- und Raumplanung - Raumnutzungskonflikte, neue Anforderungen in der Raumplanung
18 Klimapolitik    

Politische Bildung beinhaltet in der Thematik entstandene Konflikte und Möglichkeiten der Überwindung.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist der Erkenntnisstand des MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change/Berlin) und Potsdam-Institut? für Klimaforschung (PIK) in Verbindung mit dem Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change/IPCC) (vgl. EDENHOFER -JAKOB 2017, bes. 109-120).

Klimapolitik befasst sich mit

  • dem Verständnis des Klimaproblems bzw. Klimawandels,
  • den Möglichkeiten einer Abwendung und einem Risikomanagement.
  • Es geht um eine Bestandsaufnahme und Ziele und Wege der Klimapolitik.
  • internationalen Abkommen,
  • der Klimapolitik der Europäischen Union und
  • der Stadtentwicklung und dem Klimaschutz.
  • Wesentlich ist die Rolle der Wissenschaft als Politikberatung.
IT-Hinweise?

https://orf.at/stories/3296904/ (8.12.2022)

https://archive.newsletter2go.com/?n2g=cc35u22b-g39z6tuq-k13 (10.12.2022)

18.1 Klimaproblem-Klimawandel?    

Lagerstätten für Treibhausgase bilden die Ozeane, die Atmosphäre, Böden und Wälder ("globale Senken").

  • Der Bestand an Treibhausgasen nimmt durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe, Entwaldungen, Landnutzungen und industrielle Prozesse zu.
  • Die Konzentration der Treibhausgase verändert den Strahlungshaushalt der Erde.
  • Das reflektierte Sonnenlicht verbleibt verstärkt in Form von Wärme in der Atmosphäre, weshalb die die globale Mitteltemperatur sich erhöht. Betroffen sind ebenso lokale klimatische Bedingungen, ebenso die Zirkulation von Luft und Wasser.
Ein Anstieg der globalen Mitteltemperatur ergibt Risiken für die Lebensbedingungen auf der Erde. Der Weltklimarat hat die Risiken in Klassen eingeteilt (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 10-13).

  • In die erste Klasse fallen Bedrohungen bereits bei + 1,5 Grad, so für Korallenriffe und Ökosysteme der Arktis.
  • Hitzewellen und tropische Stürme fallen in die zweite Risikoklasse.
  • Regionale Risiken und Einkommensverluste werden in der dritten Risikoklasse zusammengefasst.
  • Die vierte Risikoklasse umfasst ökonomische Schäden für die Weltwirtschaft.
Bereits bei + 0,8 Grad Temperaturanstieg kommt es zu veränderten Niederschlagsmengen (geringere landwirtschaftliche Erträge), Versauerung der Ozeanen (geringere Fischereierträge) und einer Verminderung der Qualität und Quantität verfügbarer Wasserressourcen.

Die skizzierten Klimaprobleme weisen auf massive Herausforderungen für die Gesundheitspolitik im 21. Jahrhundert hin, etwa Herz- und Kreislauferkrankungen, verschmutztes Wasser bzw. Wassermangel, verknappte Nahrungsmittel und Ausbreitung von Seuchen.

Anpassungsstrategien betreffen Bewässerungssysteme, höherer Deiche, Küstenschutz und eine widerstandsfähige Infrastruktur, wobei zu bedenken ist, dass ein ungebremster Klimawandel regional Kostensteigerungen und letztlich deren Grenzen erreicht.

Es kann zu Migrationswellen kommen, weil die Lebensgrundlagen fehlen (vgl. Ernteausfälle, Überschwemmungen und Orkane).

Ein Entscheidungskalkül ist ein komplexer Vorgang. Die Bewertung der Zukunft ist auch ein ethischer Vorgang, geht es doch um die Klärung der Gleichbehandlung aller Generationen.

Weiterführende Literatur

Rahnstorf S.-Schellhuber H.J. (2007): Der Klimawandel. Diagnose, Prognose, Therapie, München

18.2 Bestandsaufnahme    

Zum Verständnis der Herausforderungen gehört eine Bestandsaufnahme der Klimapolitik (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 18-37).

18.2.1 Entwicklung der Emissionen    

Ausgehend von Daten des "Climate Analysis Indicators Tool" (CAIT) werden die CO2-Äquivalente? verwendet, um alle Treibhausgase - auch Methan oder Lachgas - zu berücksichtigen.

  • Als Index gilt sog. "Globale Erwärmungspotential" als Vergleichsmaßstab der unterschiedlichen Treibhausgase.
  • Ausgedrückt wird für jedes Treibhausgas die Klimawirkungen für einen bestimmten Zeitraum im Vergleich zu CO2. Methan hat etwa eine 28-mal größere Klimawirkung als CO2, bleibt aber weniger lange in der Atmosphäre. CO2 hat zwar ein geringeres Erwärmungspotential, hält jedoch lange in der Atmosphäre.
Zwischen 1990 und 2014 stiegen die jährlichen Treibhausgasemissionen um 44 Prozent.

  • Gründe sind das Wirtschaftswachstum in den Entwicklungs- und Schwellenländern, die zunehmende Nutzung der Kohle im Stromsektor, die Verbrennung fossiler Energiestoffe und der Ausstoß von CO2 in industriellen Prozessen (etwa der Chemie).
  • In den letzten Jahren haben die Entwicklungsländer die Industrieländer überholt. China ist inzwischen der weltweit bedeutendste Emittent, bei der Landnutzung als Emissionsquelle mit Regenwaldnutzung stehen Brasilien und Indonesien an der Spitze.
Die Globalisierung hat dazu geführt, dass auch Emissionen exportiert werden.

  • Als Metrik gelten die "konsumbasierten Emissionen". Sie messen diejenigen Emissionen, die in der globalen Vorleistungskette der konsumierten Güter und Dienstleistungen entstanden sind.
  • Zu berechnen sind sie, indem vom den produktionsbasierten Emissionen die in den Importen enthaltenen dazuzählt.
  • Die Emissionen können nicht gemessen werden und werden daher über die Produktionsprozesse geschätzt.
  • Die Bedeutung des Vorgangs zeigt sich, weil ein Viertel der globalen Emissionen auf international gehandelte Produkte entfallen.
  • Als Gründe gelten unterschiedliche Techniken bei der Energieerzeugung, unausgeglichene Handelsbilanzen und Spezialisierungen emissionsintensiver Produkte.
Es zeigt sich, dass die Lastenverteilung des Klimaschutzes in Form von Treibhausgasemissionen nicht allein mit dem Hinweis auf konsum- oder produktionsbasierte Emissionen entschieden werden kann, vielmehr spielen auch politische und ethische Fragen eine wesentliche Rolle.

18.2.2 Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum    

In den letzten 200 Jahren hat sich das Bevölkerungswachstum mehr als versiebenfacht, damit in Verbindung das Pro-Kopf-Einkommen? mehr als verzehnfacht (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 27).

Prognosen der UNO gehen von einer Weltbevölkerung bis Ende des Jahrhunderts von weiteren zwei Milliarden Menschen aus.

  • Die Weltwirtschaft wird in den kommenden Jahrzehnten ebenfalls kräftig wachsen.
  • Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum schlägt sich in der Zunahme von Emissionen nieder.
  • Effizienter ist zwar die Energienutzung durch den Strukturwandel von der Industrie zu Dienstleistungen geworden, allerdings reicht diese Entwicklung nicht.
    • Es ist davon auszugehen, dass trotz Einsatz erneuerbarer Energien und Effizienztechnologien die fossilen Energieträger weiterhin dominant bleiben.
    • Dies zeigt sich in der Entwicklung der Entwicklungs- und Schwellenländer, die die Entwicklung der Industrieländer nachahmen und so nicht in der Lage sind, den Energieverbrauch vom Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum zu entkoppeln.
  • Erst bei einem hohen Pro-Kopf-Einkommen? ist eine solche Entkoppelung zu beobachten (vgl. Energieverbrauch in Deutschland 2013 um etwa 9 Prozent niedriger als 1990; UK um 5 Prozent niedriger; allerdings Frankreich Anstieg um 13 Prozent).
Als Folgerung ergibt sich, dass es

  • geeigneter politischer Rahmenbedingungen bedarf,
  • Minderungsziele zu akzeptieren sind,
  • ausreichende Energieversorgung eine Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung darstellt,
  • Energie auch durch Wasserkraft, Wind, Sonnenenergie, Biomasse und Kernenergie bereitgestellt wird,
  • emissionsarme Energiequellen häufig teurer sind (vgl. die Argumentation in den Entwicklungsländern, dass Bildung und Sozialsysteme so nicht finanzierbar seien und die Verursacher[Industrieländer] ihre Emissionen zuerst reduzieren müssen).
18.2.3 Angebot fossiler Energieträger    

Mit der Ölkrise in den siebziger Jahre machten die Industrieländer die ersten Erfahrungen mit den "Grenzen des Wachstums". 1972 prognostizierte der Club of Rome das baldige Ende der fossilen Rohstoffe. Es stellte sich allerdings als Illusion heraus, dass in der Folge die erneuerbaren Energien sich durchsetzen würden. Im Gegenteil wurde auf Grund der gestiegenen Ölpreise nach neuen und unentdeckten Lagerstätten, mitunter schwer zugänglich, gesucht (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 32-33).

Zudem kam es im "Fracking-Verfahren?" zu einem rapiden Anstieg der Ölförderung in den USA und zum Verfall des Weltmarktpreises 2009 von ca. 120 US-Dollar? auf zeitweise 35 US-Dollar? im Jahr 2016.

  • Von Interesse ist die hohe Kapazität des Verfahrens in Kanada, die mit den Reserven von Saudi-Arabien? vergleichbar wären. Ein Abbau würde dem Klima und der lokalen Umwelt massiv schaden.
  • In der Folge erhöht sich auch das Gasangebot. So wurde in den USA die Stromversorgung verstärkt auf Erdgas umgestellt. Der niedrigere Preis ergibt zudem eine Konkurrenz zum Kohlepreis.
  • Die geringere Nachfrage nach Kohle senkt jedoch deren Preis, womit mehr Kohleexporte von Interesse werden. Der Effekt des klimafreundlichen Erdgases schwindet demnach.
  • Es besteht die Gefahr, dass durch Fracking bis zu 20 Prozent mehr Methan-Emissionen? entweichen. Damit ist die Emissionsstärke von Erdgas ungefähr mit der von Kohle vergleichbar.
18.2.4 Entwaldung - Landnutzung    

Die Abholzung der Regenwälder und die entstehende Landnutzung bilden die zweitgrößte Emissionsquelle. Der größte Anteil der Emissionen kommt von der Trockenlegung von Mooren und der Rodung der Wälder (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 33-35).

  • Moore speichern große Mengen an CO2, die bei der Meliorierung freigesetzt werden.
  • Von 2000 bis 2013 wurden ca. 1,5 Millionen km2 Waldbestände vernichtet.
  • Entwaldung gibt es nicht nur auf der Südhalbkugel (massiv in Brasilien und Indonesien; vgl. vermehrte Nutzung als Landwirtschaftsfläche, Nutzung für den Straßenbau, Senkung der Transportkosten bzw. Holznutzung und Besiedelung), ebenso in der nördlichen Hemisphäre in Russland und Kanada. Folgen sind ein Klimawechsel, Erosion des Bodens, vermehrter Schädlingsbefall und Waldbrände.
  • Kompensation bildet eine gezielte Aufforstung (vgl. Kanada).
18.2.5 Erneuerbare Energien    

Mit dem Anstieg der Energieeffizienz wurden die erneuerbaren Energien vermehrt ausgebaut (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 35-37).

  • Eine höhere Energieeffizienz ersetzt Arbeit und Kapital durch Energie (vgl. niedrige Energiepreise erhöhen die Produktnachfrage und damit den Energieverbrauch).
  • Von Interesse sind daher Kosten für Wind und Photovoltaik, damit geringere Emissionen. Abhängig von Standort und Ausbaurate bleiben die Kosten noch teurer als fossile Energiequellen (vgl. die Subventionen für die Preisbildung fossiler Energiequellen).
  • Bereits 13 Prozent der globalen Primärenergie bilden erneuerbare Energien. Die Hälfte bilden Biomasse wie Brennholz und Dung, 22 Prozent größtenteils die Wasserkraft.
  • Nach wie vor entfällt fast die Hälfte der neuen Anlagen auf fossile Investitionen. Kohle ist billig und reichlich vorhanden.
Weiterführende Literatur

Sinn H.W. (2008): Das grüne Paradoxon. Plädoyer für eine illusionsfreie Klimapolitik, Berlin

18.3 Ziele und Wege    

In seinem jüngsten Sachbestandsbericht stellte der Weltklimarat fest, dass die globale Mitteltemperatur im Jahre 2100 vom kumulativen Kohlenstoffbudget abhängt. Das Kohlenstoffbudget addiert alle Emissionen des Ausstoßes im 21. Jahrhundert und bestimmt den Anstieg der globalen Mitteltemperatur auf irreversible Weise (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 37; im Folgenden 37-62).

Als politische Konsequenz ergibt sich, wenn die 2 Grad-Grenze? eingehalten werden soll, muss die Atmosphäre als begrenzter Deponierraum für Treibhausgase verstanden werden. Bislang ist dies nicht der Fall. Nutzungsrechte sind nicht festgelegt, es besteht demnach die Gefahr einer Übernutzung. Durch klare Richtlinien wird erst die Atmosphäre ein globales Gemeinschaftseigentum.

Das Abkommen von Paris 2015 hat die 2 Grad-Grenze? als Ziel festgelegt. Wünschenswert wäre die Begrenzung eines Anstiegs von 1,5 Grad. Emissionen sollten daher nur noch im Umfang ausgestoßen werden, wie Ozeane, Land und technische Systeme sie der Atmosphäre wieder entziehen.

Zur Bestimmung des optimalen Stabilisierungsniveau der globalen Mitteltemperatur wäre es notwendig, die Kosten des Klimaschutzes den zu erwartenden Schäden des Klimawandels einerseits und den Kosten der Anpassung andererseits gegenüberzustellen. Die Kosten-Nutzen-Analyse? ist nur möglich, wenn alle Folgen des Klimawandels und die Wahrscheinlichkeit des Eintretens bekannt sind sowie ein einheitlicher Bewertungsschlüssel vorhanden wäre.

Mit der Festlegung auf das 2 Grad-Ziel? werden Annahmen getroffen, die nicht ausschließlich sich aus biophysikalischen Folgen es Klimawechsels ableiten lassen. Voraussetzung ist etwa, dass

  • Klimafolgen sich auf ein akzeptables Niveau begrenzt werden, sofern diese Grenze eingehalten wird,
  • eine Vermeidung und Anpassung generationenübergreifend gerecht vereinbar ist,
  • wirtschaftlich und technisch eine Erreichbarkeit gegeben ist, ohne dass Nachhaltigkeitsziele verletzt werden.
  • Ethisches Sollen setzt ein Können voraus.
Die folgenden Faktoren dienen einer Senkung der Treibhausemissionen und sind Gegenstand politischer Bemühungen und damit einer Politischen Bildung. Sie werden im Folgenden stichwortartig angeführt und dienen aktueller Überlegungen (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 46-62).

  • Einsatz technischer Innovationen zu geringerem Energieverbrauch und vermehrter Energieeffizienz,
  • Senkung der Stromkosten-Erhöhung? erneuerbarer Energie-Verbund? der Stromnetze,
  • Minderung der Emissionen im Transportsektor,,
  • Dekarbonisierung im Industrie- und Agrarsektor,
  • Kosten und Risiken des Klimaschutzes,
  • Diskussion um einen Wachstumsverzicht,
  • Anpassungsstrategien in Verbindung mit
  • Aspekten von Flucht- und Wanderbewegungen.
Weiterführende Literatur

Stern N. (2006): The Economics of Climate Change. The Stern Review, Cambridge University Press

WBGU/Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung-Globale? Umweltveränderungen (2011): Welt im Wandel. Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation > http://www.wbgu.de/hg2011/ (16.6.2018)

18.4 Internationale Abkommen    

Im Folgenden werden die Abkommen von Rio, Kyoto, Kopenhagen und Paris angesprochen. Sie dienen globaler Absprachen zur Verhinderung bzw. Verminderung des Klimawandels (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 75-81).

Ausgangspunkt der internationalen Klimapolitik ist die 1992 verabschiedete UN-Klimarahmenkonvention? von Rio de Janeiro (United Nations Framework Convention on Climate Change/UNCCCC).

  • Ziel der Konvention ist die Verhinderung des Klimawandels.
  • Die Weiterentwicklung im Rahmen der Globalisierung erfolgt über jährliche Gipfeltreffen der "Conference of the Parties" (COP).
Das Kyoto-Protokoll? von 1997, 2005 in Kraft getreten, verpflichtet die Industrieländer (Annex-I-Staaten?)zur Minderung der Treibhausgasemissionen.

  • Demnach sollen Emissionen von 2008 bis 2012 um 5,2 Prozent unter das Niveau des Jahres 1990 gesenkt werden.
  • Im Kyoto-Protokoll? geht man davon aus, dass die Industrieländer hauptsächlich den Klimawandel verursachen und ihre Emissionen senken müssen.
  • 2011 waren die Länder mit der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls? nur für 13 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich (vgl. das Fehlen der USA).
  • Zur Gewährleistung eines kostengünstigen Klimaschutzes wurden den Ländern mit Emissionsminderung Emissionsrechte zugewiesen.
    • Gehandelt wurden diese zwischen den Industrieländern, der Preis richtet sich nach Angebot und Nachfrage.
    • Da kein Preissignal entstand, hörte der Emissionshandel auf.
Dem Kyoto-Protokoll? gelang es nicht, die Emissionen global abzusenken, die Emissionsrechte gerecht aufzuteilen und am Emissionsmarkt einen Preis zu erzielen, der Investitionen beeinflusste.

2009 wurde auf der Klimakonferenz in Kopenhagen ein Nachfolgeabkommen verhandelt. Der "Top-Down-Ansatz?" als Festlegung der Emissionsreduzierung und Aufteilung unter den Mitgliedern (Lastenverteilung) sollte weitergeführt werden (vgl. die Ablehnung durch die USA, China und viele Entwicklungsländer).

2015 überwand das Abkommen von Paris die Trennung von Industrie- und Entwicklungs- bzw. Schwellenländern. Als gemeinsame Aufgabe gilt nunmehr, den Klimawandel zu vermeiden. Die Lastenverteilung ist auch in diesem Abkommen nicht geklärt. Das Abkommen besteht aus drei Säulen,

  • einer Formulierung des Langfristziels - Begrenzung der globalen Mitteltemperatur auf 2 Grad,
  • freiwilliger Selbstverpflichtungen - Vorlage nationaler Pläne (Nationally Determined Contribution/NDC) ohne Sanktionsmöglichkeiten und
  • der Vereinbarung mehrerer multilateraler Instrumente - Klimafinanzierung von jährlich mindestens 100 Mrd. US-Dollar? und die Möglichkeit eines internationalen Emissionshandels mit noch offener Ausgestaltung (Stand 2018).
Ein Transfermechanismus betrifft den Waldschutz (REDD+-Mechanismus/Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation). Kompensation sind vorgesehen, wenn die Abholzung verringert wird.

  • Kaum beachtet wird, dass Landbesitzer von den Transferzahlungen profitieren, denn ein Waldschutz führt in der Regel zu einem Anstieg der Bodenpreise für landwirtschaftlicher Flächen.
  • Mit der ungleichen Verteilung kommt es zum Anstieg der Bodenpreise und damit zu wirtschaftlich regionaler Ungleichheit mit Tendenzen einer Verarmung von Kleinbauern.
Weiterführende Literatur

Hulme M. (2014): Streitfall Klimawandel: Warum es für die größte Herausforderung keine einfachen Lösungen gibt, München

18.5 Klimapolitik der EU    

Die Europäische Union (EU) will bis 2030 ihre Emissionen gegenüber 1990 um 40 Prozent reduzieren, erneuerbare Energien um 27 Prozent erhöhen und die Energieeffizienz um 27 Prozent steigern (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 85-86).

  • Bis 2050 strebt die EU eine Reduktion der Emissionen um 80 Prozent gegenüber 1990 an. Dieses politische Ziel ist keine rechtlich verbindliche Zusage.
  • Zur Erreichung der Ziele nimmt die EU Einfluss auf den Europäischen Emissionshandel, funktionsfähige Energiemärkte, Instrumente zur Erhöhung der Energiesicherheit, die Förderung erneuerbarer Energie und der Integration des europäischen Strommarktes.
  • Der Emissionshandel als zentrales Instrument umfasst drei Bausteine,
    • die Festlegung der Obergrenze,
    • der Vergabe von Zertifikaten zur Berechtigung von Treibhausgasen und
    • dem Handel dieser Zertifikate, der möglichst alles Sektoren umfassen soll(vgl. das Fehlen von Emissionsobergrenzen im Transportsektor).
IT-Hinweis?

http://www.orf.at/stories/2443299/ > EU-Staaten? Klimaziele (18.6.2018)

18.6 Stadtentwicklung und Klimaschutz    

Die folgenden Aspekte können wesentliche Probleme bekämpfen, wie etwa

  • die Nutzung der vorhandenen Infrastruktur und
  • mögliche Alternativen vorrangig nutzen (etwa der öffentliche Verkehr, kilometerabhängige Gebühr für die Straßennutzung).
  • Verkehrspolitisch ist ein effizientes Nahverkehrssystem günstig.
  • Der Raumplanung ist vermehrte Bedeutung zuzumessen (etwa eine Ausgewogenheit von Bau- und Grünflächen).
  • Plädiert wird zur Vermeidung hoher innerstädtischer Immobilienpreise eine Bodensteuer zur Finanzierung umweltfreundlicher Infrastruktur (vgl. die finanzielle Ineffizienz einer Gebäudesteuer) (vgl. EDENHOFER-JAKOB? 2017, 101-102).
Weiterführende Literatur zu 4.6

Plöger S. - Böttcher Fr. (2016): Klimafakten, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1734, Bonn, 115-118

18.7 Wissenschaft und Klimapolitik    

Die Klimawissenschaft war in der Lage, in den letzten Jahren die klimapolitische Agenda mitzubestimmen. Ein fiktiver Rückblick aus der Zukunft zeigt dies (vgl. ORESKES-CONWAY? 2015: EDENHOFER-JAKOB? 2017, 105-109).

  • Die globale Mitteltemperatur ist um 5 Grad gestiegen,
  • das Eis in den Polargebieten abgeschmolzen,
  • die Gletscher in den Alpen schmelzen zusehends (mit Folgen für den Wasserhaushalt)
  • die Dürren in Afrika haben zugenommen und machen das Leben unmöglich,
  • Australien und weite Teile Südamerikas sind unbewohnbar.
  • Es gibt Fluchtbewegungen,
  • man kämpft in den Nordregionen der Erde um Land und Wohnraum,
  • die Wüstenregionen und das Versteppen nehmen zu.
Es geht in diesem fiktiven Rückblick aus der Zukunft um ein Zeitalter, dass seine Fähigkeiten zur Prognose immer mehr verfeinert, jedoch keine Kraft zum Handeln findet. Es geht um empirische Beobachtungen vs. Marktfundamentalismus mit individuellen Freiheitsrechten. Ein Kampf gegen den Klimawandel, so die Befürchtung aus dieser Sichtweise, könnte das Ende der individuellen Freiheitsrechte bedeuten. Widerstände sind durch wirtschaftliche Interessen bestimmt. Partikularinteressen lassen sich mit Hinweisen auf allgemeine Werte erfolgreich durchsetzen.

Eine Klimapolitik ist durch Unsicherheiten der künftigen Schäden rational. So sind Steuerregulierungen nicht das Ende individueller Freiheiten, vielmehr ermöglichen sie künftigen Generationen ihre Freiheitsrechte wahrzunehmen.

In Demokratien gilt der Erkenntnisstand, eine öffentliche Diskussion, der Sachzwang und ein gesamtgesellschaftlicher Konsens zur Umsetzung.

Autoritäre Systeme regulieren Meinungen und wissenschaftliche Erkenntnisse. Ideologien bestimmen das Handeln.

19 Online-Kurs? Klima MOOC - 2017    

Dieser MOOC gibt einen umfassenden Überblick über Klimawandel und Klimaschutz.

In dem Online-Videokurs? mit Zertifizierung werden in sechs Kapiteln/ Modulen die folgenden Themenbereiche behandelt:

  • Organisatorisches
  • Was ist Klima?
  • Was sind Klimamodelle?
  • Klima der Vergangenheit
  • Folgen des Klimawandels
  • Klimawandel und Gesellschaft
Kapitel 1: Organisatorisches    

> http://mooin.oncampus.de > Klima MOOC (17.9.2017)

Kapitel 2: Klimasystem und Klimawandel    

1. Was ist Klima?

Das Klimasystem besteht aus den Teilsystemen Land, Ozean, Atmosphäre, Biosphäre und Eissphäre, die unterschiedlich auf äußere Einflüsse reagieren. Das Klima wird durch Mittelwerte, Extremwerte und Häufigkeiten der Wetterparameter wie Temperatur und Niederschlag über mehrere Jahrzehnte beschrieben.

2. Was ist der natürliche Treibhauseffekt?

Natürliche Treibhausgase in der Atmosphäre sind u.a. der Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan und Lachgas, die einen Teil der Wärmeausstrahlung der Erde zurückhalten. Dies führt zur Erwärmung und erst zu lebensfreundlichen Bedingungen auf der Erde.

3. Was ist der anthropogene Treibhauseffekt?

Menschliche Aktivitäten bewirken einen zusätzlichen Ausstoß von Treibhausgasen, etwa die Verbrennung von fossilen Energieträgern in den Bereichen Stromerzeugung, Wärme und Verkehr, ebenso auch durch die Veränderung der Landoberfläche, etwa durch Abholzung, Landwirtschaft und Viehhaltung. Dies verstärkt den Treibhauseffekt und ist Hauptursache der Klimaveränderungen der letzten Jahrzehnte.

4. Was bedeutet Klimawandel?

Externe und interne Schwankungen ergeben einen Treibhauseffekt, der Klimaveränderungen außerhalb der natürlichen Schwankungen ergibt. Gestiegen ist die globale Mitteltemperatur um 0,8 Grad Celsius und die Eisschmelze bzw.der Meeresspiegel um 20 cm. Regionale Unterschiede sind vorhanden.

5. Was kann man tun?

Eine Abmilderung erfordert erneuerbare Energien und Energie-Effizienzsteigerungen?.

Kapitel 3: Modelle und Szenarien    

1. Was sind Klimamodelle?

Klimamodelle bilden die wichtigsten Elemente, Prozesse und Wechselwirkungen im Klimasystem durch mathematische Gleichungen ab, basierend auf physikalischen Grundgesetzen.

2. Was sind Klimaszenarien?

Dies sind keine Prognosen, vielmehr stellen sie in sich schlüssige und plausible Zukunftsbilder dar. Si beschreiben zukünftige Entwicklungen der wichtigsten Einflussfaktoren auf das Klima. Szenarien sind Mittel, die in Politik und Wirtschaft angewendet werden, wenn Entscheidungen anstehen. Für die Klimaszenarien lautet die Entscheidungsfrage, ob es der Menschheit gelingt, die Treibhaus-Emissionen? zu senken, um die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius zu begrenzen oder nicht.

3. Wovon hängen Vorhersagen über die Entwicklungen im 21. Jahrhundert ab?

Von gewählten Klimamodell, vom gewählten Klimaszenario unter Beachtung des Verhaltens der Gesellschaft und von der Entscheidung der Menschheit für den Klimaschutz.

4. Welche Klimaveränderungen erwarten wir im 21. Jahrhundert?

Zu erwarten sind eine erhöhte Mitteltemperatur bis zu 5 Grad Celsius (Vergleich zu 1850) und die Notwendigkeit einer Begrenzung auf unter 2 Grad Celsius.

5. Vertrauen in Klimamodelle und Ergebnisse

Diese beruhen auf physikalischen Grundgesetzen, der Richtigkeit der Messungen und anthropogenen Treibhaus-Emissionen?.

Kapitel 4: Klima der Vergangenheit    

1. Warum ist es wichtig, sich mit der Entwicklung des Klimas in den letzten 600 000 Jahren zu beschäftigen?

Durch die Untersuchung des Klimas der Vergangenheit, vor allem der Abfolge von Eiszeiten und Warmzeiten, können wir unser Verständnis des Klimasystems weiter ausbauen - und damit auch das Vertrauen in Klimamodelle und Prognosen für die Entwicklung des Klimas in der Zukunft.

2. Wie können wir wissen, wie sich das Klima in der Vergangenheit entwickelt hat?

Aus verschiedenen Klimaarchiven können wir Informationen gewinnen. Aus Aus Sediment- und Eisbohrkernen können Temperatur, Eisvolumen und CO2-Gehalt? im Zeitverlauf rekonstruiert werden. der C02-Gehalt? in der Atmosphäre war in Eiszeiten niedriger und in Warmzeiten höher. Heute liegt der CO2-Gehalt? deutlich über diesen natürlichen Schwankungen.

3. Wie funktioniert die Abfolge von Eis- und Warmzeiten?

Der Abstand zwischen des Eiszeiten beträgt etwa 100 000 Jahre. Die Abfolge von Eis- und Warmzeiten wird durch Schwankungen in der Geometrie der Erdbahn verursacht. Die C02-Konzentration? in der Atmosphäre beeinflusst die Dynamik des Wechsels von kalt zu warm.

Am Übergang von Eis- zu Warmzeiten kann es zu plötzlichen extremen Veränderungen im Klimasystem kommen. Der Abbruch von Eisschilden kann das globale System der Ozeanströmungen stören und damit das Klima global beeinflussen.

4. Hinweise auf die Menschheit durch Klimaschwankungen

Seit 100 000 Jahren gibt es wieder eine Warmzeit, trotz Klimaschwankungen. Zusammenbrüche von Hochkulturen gibt es im Zusammenhang mit Klimaveränderungen.

5. Außergewöhnliches seit 1850 in der Klimaentwicklung

Die Temperatur-Zunahme? liegt außerhalb der natürlichen Schwankungen. Die letzte Eiszeit hatte ungefähr 3-5 Grad Celsius niedrigere Temperatur als im Holozän. Ohne Klimaschutz könnte die Temperatur um 3-5 Grad Celsius ansteigen.

Kapitel 5: Folgen des Klimawandels    

1. Welches Gesamtbild der Folgen des Klimawandels zeichnet sich ab?

Mit jeder Erhöhung der globalen Mitteltemperatur steigen die durch den Klimawandel verursachten Risiken für die Menschen. Es steigt zudem das Risiko zu großräumigen Veränderungen(Kipp-Punkte? im Klimasystem/z.B. Gletscher- und Polschmelze).

Die Auswirkungen des Klimawandels wirken sich an einzelnen Orten der Welt und in einzelnen Lebensbereichen sehr unterschiedlich aus. Unterschieden werden Änderungen in Mittelwerten(z.B. Temperatur) und in Extremereignissen(z.B. stärkere und häufigere Überschwemmungen oder Dürren).

2. Was bedeutet Risiko?

Das Risiko des Klimawandels setzt sich aus drei Faktoren zusammen.

  • Welche klimatischen Änderungen geschehen?
  • Sind Menschen direkt oder indirekt betroffen?
  • Wie verwundbar sind Gesellschaften und welche Möglichkeiten der Anpassung haben sie?
3. Welche Auswirkungen zeigen sich in den Ozeanen?

Ozeane nehmen etwa ein Viertel der anthropogenen C02-Emissionen? auf. Dadurch sinkt ihr ph-Wert. Diese Veränderung geschieht deutlich schneller als in den letzten 300 Millionen Jahren. Viele kalkbildenden Meeresorganismen werden dadurch geschädigt, mit steigendem Risiko für negative Auswirkungen auf Artenvielfalt, Fischerei(Ernährungssicherheit) und Tourismus.

4. Folgen für die Landwirtschaft

Zu beobachten sind Wasserknappheit und Bodenerosion durch Starkregen und Überschwemmungen sowie Gefährdung der Erträge in tropischen Regionen.

5. Klimawandel bei uns

Wir liegen in einem klimatischen Übergangsbereich.

Der Regen verschiebt sich vom Sommer auf den Winter. Es gibt einerseits Trockenzeiten und andererseits Überschwemmungen, Erdrutsche und Felsstürze. Durch die Hitzetage gibt es vermehrt Gesundheitsrisiken.

6. Städte im Klimawandel

Städte bzw. urbane Großräume haben eine hohe Vulnerabilität durch eine hohe Bevölkerungs- und Wertedichte. Zudem gibt es lokale Auswirkungen wir Windabschwächungen und Wärmeabstrahlung. Damit verbunden gibt es politische und wirtschaftliche Folgen. Notwendig sind in jedem Fall Anpassungsmaßnahmen für Menschen.

Kapitel 6: Klimawandel und Gesellschaft    

1. Was bedeutet Klimawandel für die Gesellschaft?

Klimawandel ist nur eines von vielen Themen, die Menschen im Alltag beschäftigen. Menschen, Regionen und Staaten sind unterschiedlich vom Klimawandel betroffen. Sie haben nicht alle die gleichen Interessen beim Klimaschutz. Der Klimawandel betrifft aber mittel- und langfristig alle, daher muss sich die Staatengemeinschaft mit einer Lösung beschäftigen.

2. Wie kann man sich an die Folgen des Klimawandels anpassen?

Anpassen kann man sich durch Technologien(z.B. Deichbau, Schutzbauten), Verhaltensänderungen(z.B. Gesundheitsverhalten bei Hitze), politische und wirtschaftliche Entscheidungen(z.B. Retention). Durch Anpassung soll die Vulnerabilität verringert werden. Bei fortschreitendem Klimawechsel stößt man bei der Anpassung jedoch an seine Grenzen.

3. Beeinflusst der Klimawechsel Konflikte und Migration?

Regionale Konflikte und Migration aus Krisengebieten haben ganz unterschiedliche Ursachen. der Klimawechsel kann Konflikte indirekt verstärken, etwa durch Dürren, Wasserknappheit, Ernteausfälle und Erhöhung in der Folge der Lebensmittelpreise. Damit können Migrationsströme mitbbeeinflusst werden.

4. Ziele der internationalen Klimapolitik

Ziel der internationalen Klimaverhandlungen("Klimarahmenkonvention") ist es, die globalen Treibhaus-Emissionen?(Mitigation) zu reduzieren, durch Anpassungsmaßnahmen(Adaption) den nicht mehr vermeidbaren Klimawandel zu bewältigen.

Seit 1992 wird über ein Klimaschutz-Abkommen? verhandelt. Bisher gab es keinen Rückgang der Treibhaus-Emissionen?. Regionale und national-staatliche Abkommen ergänzen die Bemühungen. 2010 wurde beschlossen, die Erhöhung der globalen Mitteltemperatur solle nicht 2 Grad Celsius überschreiten. 2 Grad Celsius ist eine politische Zielsetzung, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht.

5. Was bedeutet Mitigation?

Darunter versteht man Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels(Reduzierung der Emissionen). Um die Erwärmung auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, müssen die Treibhaus-Gase? bis 2050 um 80-95 Prozent sinken.

Ökonomen schlagen daher vor, ein globales System handelbarer Emissionsrechte einzurichten sowie Maßnahmen zur Förderung neuer Technologien bzw. Effizienz-Standards? für Gebäude. Eine Absenkung der Emissionen auf den 2 Grad-Pfad? ist durchaus mit weiterem Zuwachs an wirtschaftlichem Wohlstand möglich bzw. vereinbar.

Reflexion    

Die Beschäftigung mit der Thematik weist auf die Komplexität der bestehenden Problemstellungen hin.

In der Folge geht um

  • die notwendige Antizipation, Folgewirkungen und
  • Handlungsfelder.
Unter dem Aspekt der Politischen Bildung ist Klimapolitik der bedeutendste Faktor.

  • Bildungsinteressierte sehen in einem Online-Kurs? einen wesentlichen Beitrag zur Fortbildung.
  • Für die Erwachsenenbildung stellt sich die Thematik als aktueller Beitrag zu einer künftigen Lebensgestaltung.
  • Man bemerkt den Umfang der Thematik und die Notwendigkeit von Wissen für zukünftige Aufgabenstellungen.
Die Veränderung der Erde stellt sich in der Verschiedenheit der Themenstellungen. Dies zeigt sich in den Beobachtung verschiedenster Faktoren (vgl. PLÖGER-BÖTTCHER? 2016, 175).

  • 2009/ 2010 zogen sich die Gletscher weltweit um 81 Prozent zurück.
  • 2012 hatte das arktische Eis eine um 3,1 Millionen km2 geringere Ausdehnung als im langjährigen Mittel.
  • Die Meere sind mit einem pH-Wert von 8,06 saurer als in den letzten 800 000 Jahren.
  • Die Hitzerekorde in den letzten 15 Jahren verdoppelten sich gegenüber den 15 Jahren davor.
  • Die Antarktis hat zwischen 1992 und 2011 jährlich durchschnittlich 71 Milliarden Tonnen Eis verloren.
  • Die Wassertemperaturen sind global von 1970 bis 2010 um 0,4 Grad gestiegen.
Neben der CO2-Belastung? gibt es noch andere Faktoren, die eine Klimaerwärmung verstärken, etwa die Entwaldung.

Der Beitrag hat als wesentlichen Teilbereich die Klimapolitik, also ein Themenfeld, das Handlungsorientierung verlangt.

Ebenso ist Wissen eine wesentliche Grundlage für künftige Entscheidungen.

Literaturverzeichnis Klimawandel    

Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/oder direkt zitiert werden.

Amery C.-Scheer H. (2001): Klimawechsel. Von der fossilen zur solaren Kultur, München

Dichatschek G. (2017a): Didaktik der Politischen Bildung, Saarbrücken

Dichatschek G. (2017b): Interkulturalität, Saarbrücken

Dichatschek G. (2017c): Erwachsenen- Weiterbildung, Saarbrücken

Eichhorst U.-Madry Th. (2013): Die Kehrseite der Medaille-Anpassung? an den Klimawandel, Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn > http://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/klimawandel/38484/anpassung-an-den-klimawandel (Stand 25.9.2013)

Edenhofer O.-Jakob M. (2017): Klimapolitik. Ziele, Konflikte, Lösungen, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10163, Bonn

Feulner G.- Lesch H. (2010): Das große Buch vom Klima, Köln

Greenpeace in Zentral- und Osteuropa (2019): Die Klimakrise in Österreich. Der Bundesländer-Report? zu den Folgen der Erderhitzung von Greepeace Österreich, Wien > Erderhitzung trifft Österreich hart > https://orf.at/stories/3136743/ (11.9.2019); Tirol > https://tirol.orf.at/stories/3012231/ (11.9.2019)

Grefe Chr. (2016): Global Gardening. Bioökonomie - Neuer Raubbau oder Wirtschaftsform der Zukunft?, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe 1737, Bonn

Hantel M.-Haimberger L. (2016): Grundkurs Klima, Berlin-Heidelberg?

Madry Th.-Fischer J. (2014): Vorhersagbarkeit und Auswirkungen des Klimawandels, Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn > http://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/klimawandel/183026/auswirkungen-des-klimawandels (Stand 17.4.2014)

Oreskes N.-Conway E.M. (2015): Vom Ende der Welt: Chronik eines angekündigten Untergangs, München

ORF - Globale Landwirtschaft (2019): Teufelskreis der Erderwärmung > https://orf.at/stories/3132807/ (8.8.2019)

Österreicher H. (2008): Natur- und Umweltpädagogik - Für sozialpädagogische Berufe, Köln

Plöger S.-Böttcher Fr. (2016): Klimafakten, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe 1734, Bonn

Rahmstorf St.- Schellnhuber H.J. (2020): Der Klimawandel, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10520, Bonn

Stern N. (2007): The Economics of Climate Change. The Stern Review, Cambridge University Press

WBGU (2007): Welt im Wandel: Sicherheitsrisiko Klimawandel. Hauptgutachten 2006 - Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, Berlin-Heidelberg?

Weingärtner L. (2014): Hunger und Fehlernährung, Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn > http://www.bpb.de/internationales/welternaehrung/178484/hunger-und-fehlernaehrung (Stand 12.6.2014)

V Alpen    

Einleitung    

Ein uralter Kulturraum, besiedelt von rund 14 Millionen Menschen, verändert sich durch Klimawandel und Tourismus (vgl. KASTLER 2018, 19)

Für die Politische Bildung bedeutet die Veränderung eines Kulturraumes eine Herausforderung, sich mit Aspekten und Entwicklungen der alpinen Region interdisziplinär auseinanderzusetzen (vgl. DICHATSCHEK 2018).

Werbung, Ansichtskarten, Zeitschriften, Filme und Bildbände zeigen den Alpenraum als unberührte Landschaft, liebliche Almregion mit Hüttenromantik, Felsen und Gipfel im Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergang, schneebedeckte Pisten im Winter und eine eindrucksvolle Seilbahntechnik zur Erschließung der Bergwelt.

  • Die Menschen in der Alpenregion werden als gut gelaunt dargestellt und haben immer Zeit für die Gäste, die sich erholen und braungebrannt sind.
  • Bergwandern, Schipisten in das Tal und Training für viele Sportarten in der Berglandschaft ergänzen ein Bild, das durch Klimawandel und Tourismus gekennzeichnet ist.
  • Konkurrenz in der Darstellung von Urlaubsträumen gibt es nur in der Trias Sandstrand, Meer und Palmen.
Es gibt aber auch Ausschnitte, die mehr zeigen als Idylle und Informationen liefern, wie sich ein jahrtausendealter Kultur- und Lebensraum erhalten lässt (vgl. BÄTZING 2018).

  • Als eine der größten Bergketten der Welt erstreckt sich die alpine Landschaft über 1200 Kilometer von Nizza bis Wien. Die Region Tirol liegt in einem hohen Maß in einer alpinen Landschaft.
  • Kennzeichnend sind der Mont Blanc mit 4807 Metern als höchster Berg, ein Lebensraum von rund 14 Millionen Menschen und einem Anteil von acht Staaten an den Alpen mit Monaco, Frankreich, Italien, der Schweiz, Liechtenstein, Deutschland, Österreich und Slowenien.
Menschen haben im Laufe der Geschichte zur Lebenssicherung tiefgreifend die Landschaft ökologisch verändert und umgestaltet, kulturell beeinflusst und sozioökonomisch erschlossen.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist die

  • Absolvierung der Universitätslehrgänge für Politische Bildung und Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg,
  • Absolvierung der Weiterbildungsakademie Österreich und des Fernstudiums für Erwachsenenbildung und Nachhaltige Entwicklung/ Evangelische Arbeitsstelle Erwachsenenbildung im Comenius-Institut? Münster sowie
  • Auseinandersetzung mit der Fachliteratur und den konkreten Veränderungen in der Alpenregion vor Ort.
  • Interdisziplinarität ist Kennzeichen einer thematischen Auseinandersetzung - Kulturgeographie, Volkskunde, Politische Bildung und Kulturwissenschaften (vgl. HAID 2005/2008, BÄTZING 2015/2018, LUGER-REST? 2018, MATHIEU 2018, DICHATSCHEK 2018).
Der Beitrag gliedert sich in vier Themenbereiche im Kontext einer Politischen Bildung.

  • Alpine Erdgeschichte,
  • Besiedelung und Nutzung,
  • Massentourismus und
  • Alpenkonvention.
  • Eine Reflexion beschließt den Beitrag mit Zukunftsfragen.
1 Alpine Erdgeschichte    

Der Alpenraum erzeugt in seiner geographischen Unterschiedlichkeit der Landschaften, Räume bzw. Regionen und kulturellen Vielfalt jene Sehnsüchte, die in der Werbung angesprochen und in der Nutzung von Freizeit, wirtschaftlicher Nutzung und persönlichem Lebensraum sich ergeben.

Bevor auf die kulturgeographischen Gegebenheiten näher eingegangen wird, sollen einleitend der Alpenraum erd- und siedlungsgeschichtlich betrachtet werden.

Die Alpen sind erdgeschichtlich ein junges Gebirge (vgl. BÄTZING 2018, 32-35). Entstanden sind sie durch das Zusammenprallen von Afrika und Europa vor etwa 25 Millionen Jahren.

  • Die Adriatische Platte - heute Teile Italiens, des Balkans, des Alpenraumes und der Adria - war noch ein Teil Afrikas und wurde in Jahrmillionen wie ein Keil in die europäische Südküste getrieben.
  • Durch den Zusammenprall falteten sich die Ränder der Afrikanischen und Europäischen Platte dort auf, wo heute die Alpen sich befinden. Die Gesteinsmassen türmten sich übereinander, sie wachsen heute noch.
  • Die Afrikanische Platte bewegt sich heute mit fünf Zentimeter pro Jahr nach Norden.
  • Die Alpen wachsen daher jedes Jahr um einige Millimeter.
  • Schnee, Wasser, Wind und Eis tragen die die Gebirgskette wieder ab und formen sie um.
2 Besiedelung und Nutzung des alpinen Raumes    

Durch die Besiedelung kam es zu kulturellen und wirtschaftlichen Veränderungen, die zum Zwecke der Lebensraumgestaltung und Lebenssicherung tiefgreifende ökologische und sozioökonomische Veränderungen und Umgestaltungen ergaben.

  • Rodungen und Bannwälder ergaben kleinräumige Siedlungen und Wirtschaftsräume mit bäuerlichen Familienstrukturen, die in Generationen dachten und planten (vgl. die Landwirtschaft im Alpenraum BÄTZING 2018, 140-145).
  • Heute wird ein solches Denken und Handeln gegen die Zerstörung wertvoller Lebensräume empfohlen.
  • Oft übersehen wird das Gewerbe und die Industrie, wobei der Übergang europaweit und im gesamten Alpenraum zur Dienstleistungsgesellschaft geht (vgl. BÄTZING 2018, 146-149).
2.1 Bäuerliche Kulturlandschaft    

Die Umwandlung in eine bäuerliche Kulturlandschaft hat neben einer sozioökonomischen Bedeutung für die Bergbauern eine biologische in der die Artenvielfalt der Pflanzen- und Tierwelt (vgl. HAID 2005, VIDEK o.J.). Der alpine Raum stellt eines der Biodiversitätszentren Europas dar.

  • Obwohl der alpine Raum nur zwei Prozent der Fläche Europas bedeckt, beherbergt er rund 40 Prozent der europäischen Pflanzenwelt mit rund 400 Pflanzenarten (vgl. BÄTZING 2018, 62-65).
  • Von besonderer Bedeutung ist der Wald in den Alpen (vgl. geschlossene Waldflächen, Bannwald, Waldweide).
  • Ebenso gilt der alpine Raum als eine Zone für Wasserreserven (vgl. BÄTZING 2018, 58-61, 164-167).
  • In den Alpen gibt es mindestens 30 000 Tierarten.
  • Der Klimawandel setzt dieser Vielfalt besonders zu.
2.2 Almwirtschaft    

Der alpine Raum gilt als ideale Fläche für die Almwirtschaft (vgl. MAIR 2019, 5; Klimawandel wirkt sich auf Almen aus > https://tirol.orf.at/news/stories/2976847 [20.4.20019], "Dokumentation am Feiertag" Kuh, Schaf, Wolf & Klima > https://tirol.orf.at/tv/stories/3168228/ 13.8. 2022]).

  • Die unterschiedliche Nutzung von Nieder-, Mittel- und Hochalmen ist für die bergbäuerliche Bewirtschaftung wesentlich.
  • Ebenso bedeutend sind die unterschiedlichen Formen von Rinder-, Stier-, Pferde-, Schaf- und Ziegenalmen.
  • Wesentlich sind die Besitzverhältnisse wie Privat-, Genossenschafts-, Servituts- und Gemeindealmen.
  • Die Bauweisen unterscheiden Almhütten als Stein- und Holzbauten.
  • Für das Almpersonal ist "Kost" (Ernährung), Kleidung, Tracht, Entlohnung und Almleben wesentlich.
  • Die Almen gelten seit ihrer wirtschaftlichen Nutzung auch als Kulturraum (vgl. Feste, Lieder und Almsagen - Erholungsraum).
Die Universität Innsbruck erforscht im Projekt Stella hydrologische Verhältnisse im Tiroler Brixental im Almbereich (vgl. https://www.uibk.ac.at/geographie/stella/stella-executive-summary.pdf > Version 2/6.11.2017 [21.12.2018]).

Unterschiedliche Aspekte bei Nutzung ergeben aus dem Interessenskonflikt von Ökonomie und Ökologie.

2.3 Alpenraum als Rohstoffquellen    

Der alpine Raum war schon früh ein Gebiet für begehrte Rohstoffquellen, etwa Gold, Silber, Kupfer, Eisen und Salz (vgl. BÄTZING 2015).

  • Die Bergbaugebiete wurden zu Handelsknotenpunkten und entwickelten sich in der Folge zu Märkten und Städten (vgl. BÄTZING 2018, 116-123).
  • Mit der zunehmenden Besiedelung kam es zu Entwicklungen von
    • Wanderbewegungen notwendiger Arbeitskräfte und
    • kulturell und religiöser Vielfalt (man denke an die Reformationszeit mit der Verbreitung des reformatorischen Glaubens durch Zuwanderung in den Bergbauregionen/ Beispiel Schwaz; vgl. BÄTZING 2018, 124-127).
    • Wirtschaftliche Konzentration und in der Folge damit verbunden politische Macht ergaben sich aus den Gewinnen der Nutzung der Bergbauproduktion.
2.4 Industrielle Revolution    

Mit Beginn der industriellen Revolution begannen die Städte das Land bzw. den alpinen Raum zu beherrschen.

  • Kleinbetriebe verloren an Bedeutung.
  • Es begann die Nutzung der große Alpentäler.
  • Das Auto, der Lastkraftwagen und die neuen Eisenbahnlinien, mit Tunnelbauten im Gebirge, gewannen in der Folge an Bedeutung und wurden zunehmend notwendig.
Heute führen die großen Transversalen von Nord nach Süd durch den Alpenraum und verursachen ökologische Probleme, deren Folgen den Lebensraum und die Lebensbedingungen der Bevölkerung belasten (vgl. die Verkehrserschließung des alpinen Raumes BÄTZING 2018, 132-139).

3 Massentourismus vs. Sanfter Tourismus    

3.1 Erschließung des alpinen Raumes    

Die Erschließung des alpinen Raumes war die Grundlage für einen Massentourismus, der zu Beginn des von vorigen Jahrhunderts sich entwickelte (vgl. BÄTZING 2018, 150-159; GRUPP 2008).

In vielen Tälern war der Tourismus die Grundlage für eine Besiedelung und einen wirtschaftlichen Nutzen.

Alpine urbane Zentren und Tourismuszentren wurden bzw. werden in diesem Entwicklungsstadium intensiv genützt (vgl. BÄTZING 2018, 160-163).

Problembereiche gibt es, wenn der Tourismus in Gebiete vorstößt, die für keine Besiedelung geeignet sind.

Fragen treten bei der Gestaltung des Tourismus mit Millionen Gästen auf, wenn Erlebnislandschaften in einem sensiblen Raum verlangt und geplant werden.

Der Nutzen für einen Großteil der Bevölkerung ist fraglich (vgl. überdimensionale Infrastrukturen, hoher Strom- und Wasserverbrauch, hohe Müllkapazitäten, teure Baugründe, Verkehrschaos)

Gefordert sind Steuerungsmechanismen, um Raumordnungspläne und regionale Entwicklungen abstimmen zu können.

IT-Hinweise?

Alpinismus > https://www.bergwelten.com/a/vom-ursprung-des-bergsteigens (11.12.2022)

Die Eroberung der Alpen > https://tvthek.orf.at/profile/zeit-geschichte/13606695/zeit-geschichte-Die-Eroberung-der-Alpen-Geschichte-des-Alpinismus-in-Oesterreich/14160039 (11.12.2022)

3.2 Freizeitverhalten    

In diesem Zusammenhang ist etwa das zunehmende Freizeitverhalten der Bevölkerung im alpinen Raum zu sehen (vgl. BÄTZING 2018, 24-27).

  • Der Drang, die alpine Landschaft zu genießen, bringt für das Wild - man denke allein in Tirol gibt es rund einen Bestand von 200 000 Tieren - in Unruhe, damit können die notwendigen Abschusszahlen jährlich nicht erfüllt werden.
Es bedarf funktionierender Steuerungsmechanismen zwischen der Jägerschaft und den Tourismusverbänden (vgl. https://tirol.orf.at/news/stories/2953841/ [18.12.2018]).

  • Im Wintertourismus steigt der Druck durch den Klimawandel.
  • Gebiete sollen erschlossen werden, die bis jetzt Rückzugsräume waren (vgl. Freizeitparks im Hochgebirge BÄTZING 2018, 194-205).
Heute bildet der alpine Raum das Ziel von rund 120 Millionen Gästen.

Zu beachten sind Bemühungen um einen Naturschutz als Erhaltung der Realität im alpinen Raum (vgl. BÄTZING 2018, 168-169). Die Erhaltung und Förderung von Nationalparks mit Naturbeobachtungen, Vermehrung des biologischen Wissens und einer Erhaltung von geschützten Großräumen verdient vermehrt Beachtung.

3.3 Alpine Vereine    

Die nationalen und internationalen alpinen Vereine mit rund 2 Millionen Mitgliedern erhalten den größten Teil der Wege und Hütten unter immer mehr erschwerten Bedingungen.

  • Sie sind abhängig von Subventionen der öffentlichen Hand und eines freiwilligen Engagements ("Ehrenamtlichkeit").
  • Dies bedeutet die Basis für einen alpinen Tourismus, der einen sanften Tourismus bildet.
  • Zudem gilt das Engagement als ein der großen Gemeinwesen-Projekte?.
  • Zu beachten sind überlaufende Berghütten der Mitglieder, Gefahren im Hochgebirge werden oftmals unterschätzt.
- - -

Verband Alpiner Vereine Österreichs (VAVÖ)

Alpenverein Südtirol (AVS)

Alpine Association of Slovenia

Club 4000

Club Alpin francais

Club Alpino Italiano (CAI)

Deutscher Alpenverein (DAV)

Österreichischer Alpenverein (ÖAV)

Naturfreunde Deutschland

Naturfreunde Österreich

Naturfreunde Schweiz

Österreichischer Bergführerverband

Österreichischer Touristenclub

Schweizer Alpenclub

4 Alpenkonvention 1989    

Die völkerrechtlich verbindliche Konvention - geschlossen 1989 in Berchtesgaden von den Umweltministern von Deutschland, Frankreich, Italien, Slowenien, Liechtenstein, Österreich, der Schweiz und Europäischen Gemeinschaft - umfasst eine Präambel und 14 Artikel.

4.1 Präambel    

Die Präambel betont die Bedeutung der Alpen als großen zusammenhängenden Naturraum in Europa,

  • die spezifische und vielfältige Natur, Kultur und Geschichte als ausgezeichneten Lebens-, Wirtschafts-, Kultur- und Erholungsraum im Herzen Europas, an dem zahlreiche Völker und Länder teilhaben.
  • Die Bedeutung für außeralpine Gebiete, unter anderem als Träger bedeutender Verkehrswege, wird anerkannt.
  • Ebenso wird der alpine Raum als Rückzugs- und Lebensraum für gefährdete Pflanzen- und Tierarten betont.
  • Festgehalten werden die Unterschiede
    • der einzelnen Rechtsordnungen,
    • der naturräumlichen Gegebenheiten und Besiedelungen,
    • der Land- und Forstwirtschaft und Entwicklung der Wirtschaft,
    • der Verkehrsbelastung und
    • die Art und Intensität der touristischen Nutzung.
  • Anerkannt wird die wachsende Beanspruchung des Alpenraumes, die Gefährdung ökologischer Funktionen und deren hoher Aufwand, verbunden mit beträchtlichen Kosten zur Behebung in der Regel nur in großen Zeiträumen.
  • Ausgedrückt wird die Überzeugung, dass wirtschaftliche Interessen mit den ökologischen Erfordernissen in Einklang gebracht werden müssen.
4.2 14 Artikel    

Artikel 1 umfasst den Anwendungsbereich.

Artikel 2 betrifft die allgemeinen Verpflichtungen wie die Achtung, Erhaltung und Förderung der Bevölkerung und Kultur, die Raumplanung, Luftreinhaltung, der Bodenschutz, Wasserhaushalt, Naturschutz und die Landschaftspflege, Berglandwirtschaft, der Bergwald, der Einklang von Tourismus und Freizeitaktivitäten, die Belastung von Verkehr, die Erzeugung von Energie und Abfallvermeidung.

Artikel 3 beschreibt die Forschungsaktivitäten und systematische Beobachtung der in Artikel 2 genannten Gebiete.

Artikel 4 dokumentiert die Zusammenarbeit im rechtlichen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Bereich.

Artikel 5 umfasst die Organisation der Konferenz der Vertragsparteien(Alpenkonferenz).

Artikel 6 umfasst den Aufgabenbereich der Alpenkonferenz.

Artikel 7 behandelt die Beschlussfassung in der Alpenkonferenz.

Artikel 8 bezieht sich auf die Bestimmungen des Artikel 7 mit den Aufgaben des Ständigen Ausschusses.

Artikel 9 bezieht sich auf das Sekretariat der Alpenkonferenz.

Artikel 10 betrifft Änderungen des Übereinkommens.

Artikel 11 bezieht sich auf Protokolle und ihre Änderung.

Artikel 12 regelt die Unterzeichnung und Ratifizierung des Übereinkommens.

Artikel 13 regelt eine Kündigung des Vertragswerkes.

Artikel 14 regelt die Notifikationen.

IT-Hinweis?

Geltende Fassung 2021 > http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010876 (22.9.21)

5 Reflexion    

5.1 Zukunft des alpinen Raumes    

Für die Politische Bildung ist die Frage nach der Zukunft des alpinen Raumes eine wesentliche Fragestellung.

"Wenn die Entwicklung der Alpen so weitergeht wie bisher, dann werden die letzten noch erhaltenden Kulturlandschaften in absehbarer Zeit allmählich verschwinden und die Alpen werden ausschließlich aus verwaldeten und verstädterten Regionen bestehen" (BÄTZING 2018, 210).

5.2 Zielsetzungen    

Zielsetzungen wären in Anlehnung an HAID (2005) und BÄTZING (2018)

  • eine Aufwertung als dezentraler Lebens- und Wirtschaftsraum,
  • in Anbindung an eine Modernisierung Europas die Erhaltung des alpinen Raumes als Freiraums mit eigenständiger Entwicklung,
  • dies bedeutet die Nutzung der wertvollen Ressourcen (etwa regionstypischer Qualitätsprodukte/Viehwirtschaft, Acker- und Obstbau, Holz, Energienutzung),
  • Umbau des Tourismus zur Nutzung der Regionalwirtschaft (vgl. Alpintourismus/Bewertung und Wandel > http://m.bpb.de/apuz/25886/alpentourismus-bewertung-und-wandel?p=all [2.2.2019]),
  • schnelleres Internet mit dezentralen Arbeitsplätzen,
  • neue Kulturlandschaften mit Schutz des Lebensraumes. Dazu bedarf es einer spezifischen Infrastruktur und Stützung, Betreuung und Beratung von Gemeinwesenprojekten.
    • Ausbau von schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen,
    • Versorgung mit Medizineinrichtungen und Krankenbetreuung,
    • Sozialbetreuung für Jugend und Senioren,
    • ausreichender Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr und einen tauglichen Verkehrsverbund,
    • ausreichende Verwaltungseinheiten,
    • Möglichkeiten von Arbeitsräumen,
    • Stützung und Förderung Berglandwirtschaft,
    • Schaffung von Freizeiträumen.
  • Die vermehrte Beachtung der Bedeutung der Alpenkonvention zur Wahrung europäischer Interessen an den Alpen ist einzumahnen(vgl. Transitverkehr, Wassernutzung, Erholungsraum/Schutzräume-Naturschutz-Nationalparks).
5.3 Aufgabenfelder einer Politische Bildung    

Als Aufgabenfelder stellen sich

  • eine Agrarpolitik mit dem Aspekt der Erhaltung einer Berglandwirtschaft - ökonomisch, ökologisch, sozial und kulturell,
  • der Klimawandel und Klimaschutz als komplexes Anliegen einer Umweltpolitik und
  • der vermehrten Beachtung des sensiblen alpinen Raumes, im Rahmen globaler Überlegungen bzw. Globalen Lernens.
Ein Interessenskonflikt ergibt sich aus der Bipolarität von Ökonomie und Ökologie.

Politische Bildung zeigt die Kontroverse auf und sucht nach konsensualen Lösungswegen im Einzelfall.

Vermehrt sollte die Schönheit der alpinen Landschaft und ihre Einmaligkeit - schulisch und außerschulisch - im Kontext Politischer Bildung in

  • Projekten,
  • Exkursionen,
  • Erkundungen,
  • Bildmaterial und
  • praktischen Erfahrungen anschaulich demonstriert werden (vgl. als Impuls die Dissertation zur Kultur des Bergführerberufs [Schweiz]von HUNGERBÜHLER 2014).
Zunehmend sind zu beobachten die Folgen eines Klimawandels mit einer

  • Erwärmung im Hochgebirge (vgl. Ansteigen der Schneegrenze, Gletscherschmelze, geringere Wasserabflüsse, Permafrostschmelze, Unwetter- und Naturgefahren [Starkregen, Murenabgang und Steinlawinen] sowie zunehmender Dürreflächen),
  • Verschieben der Pflanzen- und Tierwelt sowie
  • Auftreten neuer Schädlinge.
5.4 IT-Hinweise?    

Universität Innsbruck - "International Mountain Conference 2019"/8-12, 2019 > https://tirol.orf.at/stories/3011876/ (8.9.2019)

ORF.at - Klimawandel lässt Alpen rascher zerbröseln > https://salzburg.orf.at/stories/3014758/ (27.9.2019)

Literaturverzeichnis Alpen    

Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/oder direkt zitiert werden.

Alpenkonvention (2013): Nachhaltiger Tourismus in den Alpen, 4. Alpenzustandsbericht, Innsbruck

Bätzing W. (2015): Die Alpen - Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, München

Bätzing W. (2018): Die Alpen. Das Verschwinden einer Kulturlandschaft, Darmstadt

Dichatschek G. (2018): Didaktik der Politischen Bildung. Theorie, Praxis und Handlungsfelder der Fachdidaktik der Politischen Bildung, Saarbrücken

Grupp P. (2008): Faszination des Berg. Die Geschichte des Alpinismus, Wien

Haid H. (1986): Vom alten Leben. Vergehende Existenz-und Arbeitsformen im Alpenbereich, Rosenheim

Haid H. (2005): Neues Leben in den Alpen. Initiativen, Modelle und Projekte der Bio-Landwirtschaft?, Wien-Köln-Weimar?

Heinich-Böll-Stiftung/Bund? für Umwelt und Naturschutz Deutschland/Le Monde Diplomatique (2019): Agrar-Atlas? 2019. Daten und Fakten zur EU-Landwirtschaft?, Berlin

Hungerbühler A. (2014): Könige der Alpen. Zur Kultur des Bergführerberufs, Bielefeld

Kastler U. (2018): In den Alpen gibt es keine heile Welt, in: Salzburger Nachrichten, 13. Dezember 2018, 19

Luger K.-Rest Fr. (Hrsg.) (2018): Alpenreisen. Erlebnis, Raumtransformation, Imigation, Innsbruck-Wien-Bozen?

Mair B. (2019): Zwischen Heimat und Erholung, in: Tiroler Tageszeitung, 15. 4.2019, 5

Mathieu J. (2015): Die Alpen. Raum-Kultur-Geschichte?, Stuttgart

Pfeiffenberger A. (2019): Das Risiko auf dem Berg wird unterschätzt, in: Salzburger Nachrichten, 8. Jänner 2019, 1

Vitek E. (o.J.): Die Pflanzenwelt der österreichischen Alpen, Naturhistorisches Museum, Wien

6 Alpinethik    

Im Folgenden wird versucht, eine Alpinethik als praktische Form einer Anwendung im Alltag darzustellen, auch als Leitbild für eine Zukunft des Lebensraumes Alpen zur Diskussion zu stellen. Im Folgenden wird versucht, eine Art von Dekalog für alpinethische Fragen zu formulieren.

6.1 Einführung    

Freunde der Alpen, Alpinisten, Bergwanderer, Sportler und Naturbegeisterte setzen sich für den Erhalt von Berglandschaften ein.

Als Anlaufstellen kompetenter und zuverlässiger Partner gelten allgemein die alpinen Vereine bzw. Vereinigungen, die offen für alle sind, die mit den Zielen sich einverstanden erklären. Ebenso gibt es ausgewiesene Experten im Umfeld der staatlich-geprüften Bergführer und Heeresbergführer, unter Alpinbotanikern und Zoologen, Umweltexperten und Berglandwirtschafts-Experten?, Volkskundlern und Humangeographen.

Im Selbstverständnis versteht sich eine alpine Partnerschaft - mit und ohne Vereine - als parteipolitisch und konfessionell ungebunden.

6.2 Jugend - Familien - Senioren    

Aktives und gemeinsames Bergwandern und Bergsteigen sowie Erleben der Natur ist zentrales Anliegen aller Altersstufen.

Erforderlich ist ein gesamtgesellschaftliches Engagement der verschiedenen gesellschaftspolitischen Gruppierungen und Interessensverbände. Durch ein solches Zusammenführen und Kooperationsmodelle wird eine gegenseitige generationsübergreifende Wertschätzung gefördert.

6.3 Klassische Formen alpiner Aktivitäten    

Zum klassischen Bergsteigen zählt das Bergwandern und das Begehen anspruchsvoller Bergtouren.

  • Der Erholungseffekt für Körper, Seele und Geist sollte hier Platz finden, ebenso die sportliche Tätigkeit.
  • Ausgangspunkte sind die angeführten und folgenden Grundsätze, insbesondere auch die Eigenverantwortlichkeit und das Wissen alpinethischer Maßstäbe.
6.4 Neue Sportarten - Trends - Entwicklungen    

Neue alpine Sportarten, Trends und Entwicklungen sollen natur- und landschaftsverträglich sein. Alpinethische Grundsätze sollte entsprochen werden. Im Vordergrund stehen eine Förderung des Breitensports und die Unterstützung des Leistungssports.

6.5 Ausbildung für den alpinen Raum    

Eine konstante Aus- und Weiterbildung für die Führungskräfte der verschiedenen Tätigkeitsbereiche erscheint wesentlich. Zielgruppen sind ebenso die Mitglieder der alpinen Vereine, Anfänger und Fortgeschrittene aller Altersstufen, ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter.

Der Allgemeinen Erwachsenenbildung kommt eine zunehmende Bedeutung auch für die Kulturarbeit im Alpenraum zu. Weitere Themenbereiche sind Aspekte der Natur und Umwelt, der Sicherheit und gegenseitiger Toleranz und Interkulturalität.

6.6 Natur und Umwelt    

Die Bewahrung von Natur und Umwelt gilt als zentrales Anliegen alpinethischer Grundsätze.

  • Ein natur- und umweltverträglicher Umgang mit der Gebirgslandschaft und ihrer sensiblen Pflanzen- und Tierwelt bedarf einer Aufklärung und Schulung.
  • Ebenso bedarf es demokratiepolitischer Einflussnahmen (vgl. die Bedeutung einer Politischen Bildung mit ihren Themenbereichen, insbesondere der Umweltpädagogik und dem Klimawandel).
6.7 Alpine Infrastrukturen    

Wege und Hütten sowie Aufstiegshilfen mit ihrer Erhaltung haben einen hohen Anteil am Erfolg, der Bedeutung und Erhaltung des alpinen Raumes.

Dazu gehört auch der alpine Tourismus.

Für die aktive Freizeitgestaltung ist der Bedarf und Bau von entsprechenden Anlagen zur alpinen Ausbildung raumpolitisch und umweltverträglich zu berücksichtigen.

6.8 Sicherheit    

Höchste Bedeutung besitzt bei der Ausübung von Aktivitäten im alpinen Raum der Faktor der Sicherheit und Bergrettung. Prioritäten in der Unfallvorbeugung und unterstützender Maßnahmen in der Bergrettung gehören zur alpinethischen Handlungsweise.

6.9 Kultur-Kunst-Tradition-Brauchtum?    

Bergregionen der Alpen besitzen verschiedene Kulturräume mit historischer Bedeutung. Pflege und Förderung alpiner Kultur und Kunst, Sprachen, Traditionen und des Brauchtums gehören daher zum Themenbereich der Volkskunde/ Ethnologie, Interkulturalität, Humangeographie und Politischen Bildung.

6.10 Informations- und Öffentlichkeitsarbeit    

Es bedarf einer offenen, objektiven und zeitnahen Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, innerhalb und außerhalb des Alpenraumes. Zunehmend erhält die alpine Auskunft einen Aufgabenschwerpunkt.

VI Nachhaltigkeit    

1 Einführung    

Einführend zur Thematik meint man alltagssprachlich mit "Nachhaltigkeit" etwas wie dauerhaft, anhaltend oder auf längere Zeit auswirkend.

Wie sich die Menschheit entwickeln soll, wird mit "nachhaltiger Entwicklung" bezeichnet, betont in Prozesshaftigkeit natürlicher und gesellschaftlicher Veränderungen (vgl. FERNKURS NACHHALTIGE ENTWICKLUNG EINFÜHRUNGSHEFT 2014, 12).

1.1 Nachhaltige Entwicklung    

Der normativer Kern "Nachhaltiger Entwicklung" ist die Idee der inter- und intragenerationellen Gerechtigkeit im Hinblick schwindender natürlicher Ressourcen und einer abnehmender Fähigkeit von Ökosystemen, Emissionen aufzunehmen und einer zunehmenden Umweltzerstörung.

Das Konzept verpflichtet eine Sicherstellung, ein sicheres und autonomes Leben führen zu können. Auszugehen ist, die Lebensgrundlagen für alle heute und zukünftig zu sichern und bestenfalls wiederherzustellen (vgl. MEISCH 2014, 6).

Irreführend wäre, von einem genau zu definierenden Zustand "Nachhaltiger Entwicklung" zu sprechen, zumal es kultur-, ort- und zeitabhängige unterschiedliche Gestaltungsräume gibt.

Gründe sind die physischen und soziokulturellen Voraussetzungen in ihrer Unterschiedlichkeit (vgl. Ökosysteme, Gesellschaften und kulturellen Identitäten).

Zu beachten sind außerdem der Wandel der Voraussetzungen im Laufe der Zeit durch natürliche und soziale Prozesse sowie ethisch zu prüfende Vorstellungen (vgl. Klimawandel; Demographie, soziopolitische Umbrüche; Gerechtigkeit).

Die Transformation zu einer nachhaltigeren Gesellschaft ist ein wissensbasierter und ethisch orientierter Such-, Lern- und Erfahrungsprozess (vgl. GRUNWALD-KOPFMÜLLER? 2012, 12).

Die Wissenschaft trägt durch bestimmte Wissensformen zu diesen Prozessen bei.

1.2 Transformation zur nachhaltigen Gesellschaft    

Eine auf partizipativ und transformationsrelevante Bildung befähigt zu aktiver Beteiligung (vgl. die Bemühungen der Erziehungswissenschaft und Didaktik der Politischen Bildung; DE HAAN 2004, 39-46; DICHATSCHEK 2017a, 2017b).

Der Beitrag soll zu einer "Bildung für Nachhaltige Entwicklung" (BNE) in allen Bildungsbereichen im Kontext Politischer Bildung ermutigen.

Im Folgenden wird die Verbindung Ökonomie-Ökologie-Soziales? / "Drei Säulen-Modell?" , Gesundheit-Sport-Freizeit?, Wissenschaft - Nachhaltigkeit und Nicht-Nachhaltigkeit? bzw. Risikopolitik, Kultur und ein Projektentwurf vorgestellt.

Der Beitrag behandelt ausführlich die Nachhaltige Mobilität und als Element eines pädagogischen Entwicklungsprozesses Faktoren der Lernkultur der Weiterbildung.

Die Studie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie setzt Schwerpunkte aus persönlicher Autorensicht.

Ziel ist ein Beitrag zu einem sachlichen Diskurs in der Politischen Bildung.

2 "Drei Säulen-Modell?" Ökonomie, Ökologie und Soziales    

Die drei Säulen sind in den neunziger Jahren entstanden und wurden 2002 beim Weltgipfel von Johannisburg als Maßstab für Nachhaltigkeit verwendet.

Die Gleichgewichtigkeit und Gleichrangigkeit der drei Bereiche sind zentral für eine nachhaltige Entwicklung. Die drei Ziele bedingen sich gegenseitig. Auf diese Weise soll die ökonomische, ökologischer und soziale Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft sichergestellt und verbessert werden.

2.1 Ökonomische Nachhaltigkeit    

Gefordert wird ein gutes Wirtschaften.

Auch nachhaltige Unternehmen müssen Gewinne erzielen. Investitionen sollen in technische Innovationen, neue Mitarbeiter und Fortbildungsmaßnahmen eingebracht werden. Profitmaximierung darf aber nicht das einzige Ziel sein. Zudem können nachhaltige Unternehmen neue Ziele verfolgen, etwa die Lebensqualität verbessern oder Projekte des Umweltschutzes, der Gesundheitsförderung, Familienfreundlichkeit, Fort- und auch Weiterbildung fördern.

Auf nationalstaatlicher Basis bedeutet ökonomische Nachhaltigkeit Staatsschulden gering zu halten, damit zukünftige Generationen nur gering belastet werden. Außenwirtschaftliches Gleichgewicht muss gewahrt bleiben, um andere Staaten nicht zu benachteiligen. Exportstarke Staaten machen andere Länder von den Exporten abhängig. Diese Länder können keine lokale konkurrenzfähige Wirtschaft aufbauen, in der Folge bedeutet dies hohe Arbeitslosigkeit. Verhindert werden soll eine Verschuldung des Landes.

2.2 Ökologische Nachhaltigkeit    

Gefordert wird die Umwelt und die natürlichen Ressourcen zu schonen. Unternehmen und Staaten sollen sich für einen bewussten Umgang mit Wasser, Energie und endlichen Rohstoffen einsetzen.

Die Säule steht auch für eine bewussten Verbrauch natürlicher Rohstoffe der Erde und wie erneuerbare Rohstoffe ersetzt werden können. So will man Schäden an Ökosystem vermeiden und in der Folge Biodiversität fördern. Das bedeutet auch, Emissionen möglichst gering zu halten.

Ebenso steht die Säule für einen bewussten Umgang mit menschlicher Gesundheit, also Prävention und aktive Gesundheitsförderung.

2.3 Soziale Nachhaltigkeit    

Gefordert wird die Stellung des Menschen in den Mittelpunkt, seien Würde und freie Entfaltung. Diese Grundannahme stellt das Minimum dar.

Ausbeutung, Zwangs- und Kinderarbeit stehen daher im Widerspruch.

Die Säule "Soziales" fordert faire Bezahlung, die Umsetzung von Arbeitnehmerinteressen und die persönliche Entfaltung in der Lebensgestaltung, der Bildungsmaßnahmen und beruflicher Tätigkeit.

Gemeinwohlorientierung in der Gesellschaft ist das sozialpolitische Ziel.

2.4 Kritik    

Eine ganze Reihe von alternativen Nachhaltigkeitskonzepten, die deutlich komplizierter sind, stehen ebenfalls in der Kritik.

Ein großer Kritikpunkt ist die schwere Anwendbarkeit. Das Modell gibt Leitlinien, aber keine konkreten Lösungen vor. Aus diesem Grund ist es wohl auf viele Bereiche anwendbar, die Offenheit wird kritisiert.

Es heißt, die Säulen seien offen für nahezu sämtliche wirtschafts- und sozialpolitische Zielsetzungen wie ein Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung oder Erhöhung des Steueraufkommens. Auf diese Weise weitet das Modell den Nachhaltigkeitsbegriff sehr aus.

Weiters wird kritisiert, dass die drei Säulen theoretisch aber faktisch nicht gleichrangig sind. Fakt ist die Nachrangigkeit in der Praxis der modernen Gesellschaft der ökologischen Säule ("schwache Nachhaltigkeit"). Natürliche Ressourcen werden durch Human- und Sachkapital ausgeglichen, es zählt nur der Wohlstand auch auf Kosten der Natur.

"Starke Nachhaltigkeit" sollte das Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit mit einem Schutz der natürlichen Lebensbedingungen auch als Grundvoraussetzung für ökologische und soziale Stabilität sein.

Das Modell findet sich als Konzept auch in Art. 1 des Vertrages der Europäischen Gemeinschaft wieder.

Es gibt Forderungen einer Erweiterung nach einer vierten Säule mit einer politisch-institutionellen Dimension.

Die UN hat 2015 die "Agenda 2030" für nahhaltige Entwicklung verabschiedet. Dem "UN Global Compact" haben sich über 13 000 Unternehmen angeschlossen. Sie verpflichten sich zu universellen Prinzipien aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umwelt und Korruptionsprävention. Diese Bereiche lassen sich auf das Modell zurückführen.

3 Gesundheit, Sport und Freizeit    

3.1 Gesundheitsversorgung    

In Österreich haben die Bundesgesundheitskommission und der Ministerrat 2011 zur nachhaltigen Verbesserung und einem Erhalt der Gesundheit in Verbindung mit einer Entastung der Gesundheitsversorgung Ziele beschlossen (vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR GESUNDHEIT UND FRAUEN 2012).

Ausgehend von einem leistungsfähigen Gesundheitssystem liegt Österreich in der Lebenserwartung unter dem EU-Durchschnitt?. Deshalb ist es ein nachhaltiges Ziel, die gesunden Jahre zu erhöhen. Die gegenseitige Abhängigkeit von Gesundheit, sportlichen Aktivitäten, einer Nutzung einer erholenden und sinnerfüllten Freizeit ist gegeben.

Die Ziele beeinflussen im Sinne einer "Bildung für Nachhaltiger Entwicklung/BNE" die Faktoren Bildung, Arbeitssituation, soziale Sicherheit und Umwelteinflüsse.

3.2 Grundprinzipien    

Grundprinzipien weisen auf die Dimensionen hin.

  • Ausrichtung an den Einflussfaktoren,
  • Berücksichtigung verschiedener Politikfelder,
  • Förderung der Chancengleichheit,
  • Orientierung an den Ressourcen,
  • Ausrichtung an einem Nutzen,
  • Nachhaltigkeit als langfristiger Nutzen,
  • Wirkungsorientierung als Relevanz und
  • Verständlichkeit für Nichtfachleute.
Besondere Bedeutung wird den ersten drei und einer Nachhaltigkeit beigemessen.

4 Wissenschaft    

4.1 Anspruch    

Der Anspruch von Wissenschaft ist

  • die Erkenntnis von theoretischen und
  • in der Folge umsetzbaren praktischen Ergebnissen und Lösungen in der Vielfalt ihrer Diszipline etwa der
    • Naturwissenschaften,
    • Geisteswissenschaften,
    • Technikwissenschaften,
    • Wirtschaftswissenschaften,
    • Sozialwissenschaften,
    • Kulturwissenschaften,
    • Bildungswissenschaften und
    • jeweiligen Ethikansätzen (vgl. beispielhaft allgemein Analytische Ethik, Angewandte Ethik).
4.2 Grenzen    

Grenzen und Unzulänglichkeiten ergeben sich aus der Anwendung der Erkenntnisse, der Wissenschaftskonzeption, der Pluralität der Wissensformen und der Erschütterung des Wissenschaftsoptimismus.

Wissenschaft ist ohne Zweifel die wichtigste Quelle der Information über Chancen und Risiken.

Die Aufgabe der Ethik ist die Ergebnisse aufgrund von Maßstäben des Gelingens einzubringen.

5 Nicht-Nachhaltigkeit? - Risikopolitik    

Im Folgenden wird die mangelnde Nachhaltigkeit ("Nicht-Nachhaltigkeit?") und Risikopolitik als Ausdruck dieser Dimension behandelt.

5.1 Nicht-Nachhaltigkeit?    

Aus dem Verständnis von Nachhaltigkeit lässt sich die Besonderheit der Gegenwartsgesellschaft mit dem Konzept der Gesellschaft der "Nicht-Nachhaltigkeit?" bezeichnen (vgl. VOLKMER-WERNER? 2020, 229-230).

  • Wohlhabende Konsumgesellschaften des Globalen Nordens sind vom Virus befallen.
  • Die Zerstörungskraft ist in sozialer, ökologischer, ökonomischer und demokratiepolitischer Hinsicht bedeutungsvoll.
  • Bestimmte gesellschaftliche Gruppen, ganze Länder und auch ökologische und ökonomische Bedingungen sind betroffen. Trotz einer Systemrelevanz gibt es eine geringe Wertschätzung.
  • Die Gesellschaft verteidigt mit aller Entschlossenheit ihre Freiheiten, Werte und den Lebensstil, "koste es, was es wolle".
Die demokratische und vierte Dimension, besonders interessant für die Politische Bildung, hat mit Entschiedenheit und großer Handlungsfähigkeit in der ersten Phase mit einem gesellschaftlichen Schulterschluss und einer Solidarität in Verbindung mit systemrelevanten Gruppen reagiert.

  • In der Folge wurden die Maßnahmen durch Protestbewegungen als Bedrohung für Grundrechte und einen Rechtsstaat gewertet.
  • Tatsächlich beschleunigt die Pandemie Veränderungen, die davor sich schon abzeichneten (vgl. "postdemokratische Wende") und unterstützt eine Nicht-Nachhaltigkeit?.
  • Die letzten Jahrzehnte wird auch in etablierten Demokratien zunehmend von Politikverdrossenheit, Parteienverdrossenheit und einer Krise der Demokratie gesprochen.
  • Reformen sollen politischen Phänomene überwinden.
  • Die zunehmende Komplexität politischer Prozesse, die Internationalisierung und Pluralität moderner Gesellschaften erscheint als Überforderung liberaler Demokratien.
  • Eine zunehmende Dysfunktionalität beziehen sich auf demokratische Institutionen und Verfahren, ihre Tauglichkeit und die Umsetzung moderner Ansprüche auf Freiheit und Selbstbestimmung.
  • Dieser politische Prozess bewirkt Aktivitäten vieler politischer Akteure wie von Entscheidungsträgern, liberaler Eliten, Klimaschützern, marginaler Minderheiten und Nationalpopulisten und anderer Gruppierungen, die ein ambivalentes Verhältnis zur Demokratie entwickeln (vgl. HIRSCHMANN 2017; VOLKMER-WERNER? 2020, 233).
  • Demnach wäre zu erwarten eine Transformation der Demokratie zunehmender aktualisierter und ausgrenzender Verhältnisse von Freiheit und Selbstverwirklichung bzw. persönlicher Autonomie.
  • Diese Krise erweitert sich zu einer Nicht-Nachhaltigkeit? der Demokratie.
  • Die liberale Demokratie trägt eine Mit-Verantwortung? auch für die ökologisch-soziale Nicht-Nachhaltigkeit? der Konsumgesellschaft.
  • In kultureller Hinsicht erscheint auch die liberale Demokratie ausgezehrt.
  • Es formiert sich hier eine verunsicherte politische Situation mit Bedrohungen der liberalen Demokratie in Konfliktsituationen mit illiberalen und autoritären politischen Phänomenen und Notwendigkeiten für eine Nachhaltigkeit (vgl. SCHEIDIG 2016, KOST-MASSING-REISER? 2020).
5.2 Risikopolitik    

Hinter einem Risikomanagement wie drohenden Schäden, Katastrophen und einem Ausnahmezustand steht ein Modus staatlicher Politik / "Risikopolitik".

Nach Ulrich BECK (1986, 1998) und Niklas LUHMANN (1991) gibt es eine "Risikogesellschaft" mit technischen, ökonomische, ökologischen und gesundheitlichen Risiken. In einer Staatlichkeit ist das Bemühen um einen Vorsorgestaat zu sehen.

5.2.1 Strukturmerkmale    

Strukturmerkmale einer modernen Risikopolitik (vgl. VOLKMER-WERNER? 2020, 242-247)

  • Risikopolitik ist eine Politik des Negativen - negative Zustände werden versucht zu vermeiden oder abzumildern. Innergesellschaftlich Risiken sind etwa ökonomische Krisen, Arbeitslosigkeit und Kriminalität, außergesellschaftlich technische Risiken und ökologische Gefahren. Verbunden wird die Politik des Negativen mit der Politik des Positiven etwa als Sozialstaat.
  • Risikopolitik als Sicherheit in der Zukunft - Sicherheit auf Kosten von Freiheit und Dynamik wie ökonomische Markstrukturen und technischer Fortschritt.
  • Risikopolitik ist auf wissenschaftliche Expertise angewiesen - etwa Volkswirtschaftslehre und Soziologie, Gesundheitswissenschaft und Medizin, Wirtschaftswissenschaft, Informatik, Klimaforschung und Bildungswissenschaft.
  • Kollektives und individuelles Risikomanagement - Individuen leisten selbst Präventionsarbeit (persönliche Sicherheit, soziale Vorsorge), die gesamte Population mindert Risiken (Krisenfälle, Notfallpläne).
  • Risikopolitik mit unterschiedlichen Risiken - Auffangmaßnahmen und Folgerisiken.
  • Risikopolitik im Dauermodus oder Krisenmodus - mitlaufende Risikopolitik oder weitreichender Mitteleinsatz.
5.2.2 Faktoren    

Folgende Faktoren verstärken Risikostrukturen wie

  • globalisierter Kapitalismus bzw. Finanzmärkte mit hoher Komplexität,
  • globale Politik mit Verlust der Hegemonie der USA, Aufstieg Chinas, Erstarken Russlands, Entwicklung von "failed states" etwa im Nahen Osten, innere Spannungen der Europäischen Union,
  • Digitalisierung von Ökonomie, Bildung, Verwaltung, Medizin, Militär und privaten Beziehungen in Abhängigkeit hochkomplexer Technologie,
  • Globalisierung führt leicht zu regionalen Krisen, die sich in der Folge überregional verbreiten können, etwa die Finanzkrise, Corona-Krise? und Flüchtlingskrise,
  • soziokulturelle Spannungen haben seit 2010 in westlichen Gesellschaften zugenommen und sind teilweise in politischer Polarisierung gemündet (vgl. RECKWITZ 2019),
  • durch die Wahl nationalpopulistischer Politiker oder durch politische Proteste (Gelbwesten) bzw. Verbreitung von Verschwörungsmythen haben Risiken zugenommen,
  • der Klimawandel verbindet eine Fülle von ökologischen Risiken (etwa langfristige Erwärmung, Extremwetter, Dürre, Verlust von Biodiversität).
Die angeführten Faktoren sprechen für keine Ausnahme einer Risikopolitik, vielmehr für deren Bedeutung in der Politik der Spätmoderne.

Ein Gedanke der Resilienz lässt sich auf die kollektive Ebene übertragen, ebenso wie jener der Verletzlichkeit. Ein resilienter Staat würde durch Risikopolitik sich im Dauermodus befinden. Die Politik des Klimawandels wäre dafür ein Beispiel (vgl. VOLKMER-WERNER? 2020, 249).

6 Kultur    

Der Begriff Kultur bezeichnet kreative und künstlerische Arbeit. Eine bestimmte Form der Lebensart wird als Kultiviertheit benannt. Bestimmte Gewohnheiten sind für spezielle Bereiche typisch, etwa die Jugendkultur oder studentische Kultur.

Entsprechend der lateinischen Bedeutung "cultura" Pflege spricht man von Kulturlandschaften oder Monokultur.

6.1 Kulturbereich    

Als Kulturbereich nach der UNESC0 2007 gelten das Kultur- und Naturerbe, Aufführungen und Feste, bildliche Kunst, Kunsthandwerk und Design, Bücher und Presse und audiovisuelle und digitale Medien (vgl. FREERICKS-HARTMANN-STECKER? 2010, 197-198).

Nachhaltige Entwicklung stellt eine umfassende Herausforderung dar. Neben den gängigen Lösungsansätzen geht es um kulturelle Normen und Verhaltensweisen in einer modernen Gesellschaft. Immer lauter wird der Ruf nach einem kulturellen Wandel.

  • Auf Tauglichkeit müssen der Mythos Wachstum und in der Folge die Konsumkultur geprüft werden.
  • Hilfsbereitschaft, Kooperation, Eigen- und Gemeinnutz im Rahmen weltweiter Gerechtigkeit sind in ein Gleichgewicht zu bringen.
  • Aufhorchen lässt ein Staat wie Ecuador 2008, die Rechte der Natur in die Verfassung aufzunehmen.
  • Gefragt sind neue Leitbilder und Menschen, die bereit sind, neue kreative Wege in die Zukunft zu finden.
  • Das Aufbrechen alter Denkmuster ist das Kerngeschäft von Kultur und Kunst.
  • In der Studie "Grenzen des Wachstums" des Club of Rome 1972 hielt Donella Meadows als Mitautorin eine Veränderung der kulturellen Normen der westlichen Gesellschaften für unerlässlich (vgl. den "Brundtland-Bericht?" 1987 geht auch von einem umfassenden Wandlungsprozess aus).
  • Die "UNESCO-Erklärung? zur kulturellen Vielfalt" 2001 geht von der Vielfalt der Kulturen in ihrer Bedeutung und Integration von Kultur in die nachhaltige Entwicklung aus.
6.2 Werte und Einstellungen    

Die Frage der Werte und Einstellungen darf im Kontext mit Politischer Bildung nicht fehlen (vgl. den Bildungsauftrag der Fachbereiche Ethik, Religion, Politische Bildung und Interkulturalität). Es geht um positive Zukunftsvisionen und Dimensionen für gelingendes Leben.

  • Das vorgestellte Projekt als Anregung zu größeren Projekten bietet die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und eine Chance für eigene Entfaltung zu erleben.
  • Ein mitgestaltender Teil der Gesellschaft zu sein, lohnt zu pädagogischen Anstrengungen.
  • In der Folge ist es selbstverständlich, kulturelle Bildung im Kontext nachhaltiger Entwicklung zu sehen.
Es geht um die Stärkung der Kompetenzen Partizipation - Kooperation - Verantwortung - neue Denkmuster - Respekt vor der Natur und Vielfalt der Kulturen für einen Übergang in die postindustrielle Gesellschaft.

Internethinweis

Leipprand Eva (2013/2012): Kultur, Bildung und Nachhaltige Entwicklung, in: Kulturelle Bildung Online > https://kubi-online.de/artikel/kultur-bildung-nachhaltige-entwicklung (13.10.20)

7 Lern- und Handlungsfeld    

7.1 "Weltdekade für Nachhaltige Entwicklung"    

Ausgehend von der UN-Initiative? des "Brundtland-Berichts?" 1987 handelt es sich um einen Bildungsbereich, der 1992 in der Folge der Rio-Konferenz? entstand.

  • Die UN-Mitgliedsstaaten? bekannten sich zum Leitbild einer Nachhaltigen Entwicklung in ihren Bildungssystemen.
  • 2005-2014 wurde die "Weltdekade für Nachhaltige Entwicklung" ausgerufen.
7.2 Themenbereiche    

Daraus ergeben sich komplexe Themenbereiche im Kontext einer Pädagogik und Fachdidaktik im

und damit in schulischem Unterricht, der Hochschullehre und Kursen bzw. Lehrgängen.

Beispielhaft sind dies

  • Gerechtigkeit - Generationengerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit,
  • Frieden - Konflikte, Migration, Anerkennung des Fremden,
  • Zukunft - Lebensmittelversorgung, Energieressourcen, Gesundheit, Verkehr/Transport, Wirtschaftsmodelle,
  • Umwelt - Klimaschutz, Landschaftsgestaltung, Biodiversität, Mobilität und Verkehrsaufkommen
  • Zukunftsfähigkeit - politisches-ökonomisches-ökologisches-soziales und kulturelles Zusammenleben.
Nachhaltige Mobilität - Zukunftsfähigkeit    

Im Folgenden wird im Kontext des "VCÖ - Mobilitätspreises 2022" ein Projekt zur Diskussion vorgestellt.

9 Themenbereiche    

9.1 Personen- und Güterverkehr    

Personenverkehr und Güterverkehr wachsen stetig in den Formen des Transitverkehrs und den urbanen Verkehrssystemen.

Mobilität und Erreichbarkeit sind Voraussetzungen für

  • gesellschaftliche Teilhabe,
  • wirtschaftlichen Austausch,
  • Beschäftigung und
  • Wohlstand.
Gleichzeitig erzeugt das derzeitige Verkehrssystem starke Umweltbelastungen. Die Verkehrsleistung hat sich in Österreich und den Nachbarregionen in den letzten Jahrzehnten massiv erhöht. Besonders neben dem Güterverkehr auch der Personenverkehr.

Auch wenn die Fahrzeuge sauberer und leiser geworden sind, verursacht der motorisierte Verkehr durch

  • Emissionen von Klimagasen,
  • Luftschadstoffen,
  • Lärm,
  • Flächeninanspruchnahme und
  • Ressourcenverbrauch negative Umweltwirkungen.
9.2 Nachhaltiger Mobilitätsverkehr    

Die Frage stellt ich, wie sich die Mobilität von Personen und Gütern erhalten und sichern lässt, ohne dass der Verkehr langfristig Menschen und Umwelt übermäßig belastet.

Damit ist eine nachhaltige Mobilität im Zentrum von Überlegungen. Die Europäische Kommission hat sich mit ihrer "Strategie für ein klimaneutrales Europa" das Ziel gesetzt, das europäische Mobilitätssystem bis 2050 zu dekarbonisieren, also treibhausgasneutral zu gestalten.

10 Politischer Diskurs    

10.1 Felder Politischer Bildung    

Die Thematik umfasst Felder einer Politischen Bildung.

Die politischen Beschlüsse müssen mit Maßnahmen umgesetzt werden, um die Ziele zu erreichen.

Eine Strategie im Bereich der Verkehrsleistung umfasst die vier Felder

  • Vermeidung von Verkehr,
  • Verlagerung auf umweltverträglichere Verkehrsträger wie Schiene oder Schiff,
  • Erhöhung der Energieeffizienz und
  • postfossile treibhausgasneutrale Kraftstoffe und Strom nutzen.
Um den Verkehr unter Nutzung alternativer Kraftstoffe und Antriebe effizient zu gestalten ist es notwendig, die Energienachfrage des Verkehrssektors zu verringern. Das Vermeiden und Verlagern von Verkehr ist daher wesentlich.

10.2 Nachhaltiger Verkehr    

Gerade die Vermeidung wird gerne missverstanden.

Ziel ist es dabei nicht, Verkehr zu verhindern,

  • vielmehr die Verkehrswege durch veränderte Siedlungsstrukturen und Produktionsorte bzw. Produktionsstrukturen zu verkürzen oder
  • die Auslastung von Fahrzeugen zu erhöhen.
  • Es geht um mehr Mobilität mit weniger Verkehr.
Nachhaltiger Verkehr braucht ein Bündel von Maßnahmen (intermodalen Verkehr), da Einzelmaßnahmen nicht die notwendige Wirkung entfalten können.

  • Das Fahrzeug und seine Antriebstechnik dürfen nicht allein im Zentrum stehen.
  • Erst mit einem integrierten Ansatz mit nicht-technischen Maßnahmen lassen sich Klimaschutzziele erreichen.
  • Nötig sind wirtschaftliche Anreize mit der Zielsetzung einer Verhaltensänderung und
  • eine Siedlungs- und Verkehrsplanung,
  • die Verkehrsvermeidung und umweltfreundliche Verkehrsträger.
11 Umweltfreundlicher Alltagsverkehr    

Förderung von Fahrrad und Fußverkehr - Radwege und Radschnellwege, Abstellplätze und Beschilderung - Platz für Fußverkehr und mehr Fußverkehrskonzepte

Bus und Bahn - Ausbau des Linienverkehrs und mehr Haltestellen - Direktverbindungen und Schnellverbindungen - Verbesserung der Servicequalität

Verkehrsvernetzungen - Carsharing durch bevorzugte Parkplätze - Kombinutzung verschiedener Verkehrsmittel - transparentes Tarifsystem

Privater PKW-Verkehr? - Ausweitung der Parkbewirtschaftung - Regelgeschwindigkeit im Ortsverkehr und Autobahnen

12 Nachhaltiger Tourismus    

In Anlehnung an LUGER (2022, 254 - 297), bedarf es vielfältiger Wege zur Nachhaltigkeit im Tourismus. Anzusetzen ist bei der Art des Transports und dem Verkehr von und zu Urlaubsorten (vgl. REIN - STRADAS 2015).

12.1 Reiseverkehr    

Der Reiseverkehr innerhalb Österreich und der von den Nachbarländern nach Österreich in die Urlaubsorte erfolgt bis zu 80 Prozent mit dem Auto (vgl. Internethinweis zu Folgerungen des Klimawandels > https://ccca.ac.at/wissenstransfer/apcc/broschuere-der-oesterreichische-tourismus-im-klimawandel, 23.6.2022).

Der individuelle PKW-Verkehr? ist der Auslöser des "Overtourism". Es geht um die Überschreitung der Tragfähigkeit einer Destination, des Zuviel in Innenstädten, historischen Stätten und Ausflugs- und Naherholungsgebieten.

12.2 Alpenraum    

Der Alpenraum ist ebenfalls als sensibler, Natur-, Lebens- und Tourismusraum von hoher Automobilität gekennzeichnet.

  • Von zentraler Bedeutung ist die Bereitstellung umweltfreundlicher Verkehrsmittel für eine klimaschonende Regionalpolitik.
  • Ein Verkehrsverbund von Schiene (Bahn) und Straße (Bus) erleichtert einen Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel. Erwünscht sind ein guter Gepäckservice, Shuttledienste und multimodale Angebote.
  • Lokalbahnen in ihrer Bedeutung mit den entsprechenden Anschlüssen sind nicht zu unterschätzen.
  • Beispiele wie eine Reiseplattform der Tourismusregion Villach-Faker? See hat der VCÖ prämiert, digitale Reisekarten erleichtern die Reisegewohnheiten (vgl. LUGER 2022, 256). Man beachte auch die Notwendigkeit einer Beratung, Unterstützung und ggf. Begleitung (vgl. die Bedeutung beruflicher Fortbildung).
International von Bedeutung ist die "Green Deal" der Europäischen Union als ein Gesetz, Europa bis 2050 emissionsfrei zu machen. Alys Zwischenziel bis 2030 sind 55 Prozent aller Treibhausgase einzusparen.

Für den Tourismus ist herausfordernd wie in allen Wirtschaftsbereichen

  • Einsparungen im Energiesektor,
  • Umstellung der Heizungsprozesse und
  • thermische Isolierung der Beherbergungsbetriebe vorzunehmen.
An Visionen und Maßnahmen wurden in Österreich Forderungen des Nachhaltigkeitsdiskurses in Dokumenten und als Zielsetzungen und Rahmenbedingungen für den Tourismus das 5. Aktionsprogramm der EU oder die Protokolle der Alpenschutzkonvention zu der Umweltentwicklung aufgenommen.

Internethinweis

https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010876 (20.6.2022)

Bereits 1995 wurden die Prinzipien und Ziele einer nahhaltigen Tourismus- und Freizeitwirtschaft festgelegt, eine Umsetzung nicht nur in Österreich hinkt erheblich nach (vgl. LUGER 2022, 259).

Die Entwicklung zum Schutz des Alpenraumes als Lebens- und Kulturraum liegt im gesamtgesellschaftlichen und öffentlichen Interesse, einem Erwerbszweig mit touristischer Infrastruktur, einer Verkehrspolitik und Raumplanung bzw. Raumordnung (vgl. DOLLINGER 2021).

Nachhaltige Entwicklung im alpinen mitteleuropäischen Kulturraum beachtet die Faktoren (vgl. LUGER 2022, 261-262)

  • Raumplanung,
  • Verkehr,
  • Land- und Forstwirtschaft,
  • Umwelt- und Naturschutz und
  • Wasser- und Energieversorgung.
12.3 Plan T - Masterplan für österreichischen Tourismus    

Der Masterplan 2019 trägt den Titel "Auf dem Weg zur nachhaltigen Tourismusdestination" (vgl. zur Kritik LUGER 2022, 262 - 268).

Im Folgenden wird stichwortartig das Leitmotiv Nachhaltigkeit benannt.

  • Nachhaltigkeit als globale Verantwortung und Beitrag zur Umsetzung der Ziele der UNO
  • Intakte Natur - Sicherung der Lebensgrundlagen
  • Tourismus als Einklang von Mensch und Natur -Ressourceneffizienz
  • Ausbau nachhaltiger Mobilitäts- und Verkehrslösungen
  • Tourismus neu denken - Kooperationskultur - Nutzung digitaler Potenziale
  • Mitarbeiterproblematik - Attraktivität touristischer Arbeit
  • Marketing - Management
Internethinweise

Plan T > https://info.bmlrt.gv.at/themen/tourismus/masterplan-tourismus-plan-t.html (25.6.2022)

Arbeitskräftemangel > https://orf.at/stories/3268573/ (25.6.2022)

12.4 Ökotourismus    

Eine Vision sollte letztlich mit einem Ausspruch von Konfuzius angesprochen werden "Wenn du in ein anderes Land gehst, solltest du wissen, was dort verboten ist" (vgl. LUGER 2022, 271, 272-285).

  • Nicht zerstören, was gesucht wird, wenn es gefunden wird.
  • Entzerrende Maßnahmen in Touristenghettos - Anpassung der Infrastruktur und Verbesserung der Mobilitätsstruktur.
  • Steuernde Maßnahmen zur Verlagerung der Besucherströme - Kooperation von Kultureinrichtungen und Begegnungsprogrammen/ Destinationsmanagement.
  • Tourismus- und Freizeitwirtschaft - Handlungsfeld der Regionalpolitik - nachhaltige Tourismusdienstleistung
  • Qualitätsstandards für naturnahen Tourismus - regionaler Bezug - Vermeidung von Schäden und Nutzung der natürlichen Ressourcen
13 Verkehrspolitik einer zukunftsfähigen Mobilität    

13.1 Grundsätzliches    

Die Faktoren Wirtschaft, Umwelt und Verkehr ergeben die Herausforderung, wie der Staat als verantwortliche Institution gesamtgesellschaftlicher Interesse das Geflecht von Wirkungen für zukünftige Generationen gestalten kann (vgl. SCHWEDES-RAMMERT? 2021, 312-319).

Eine zukünftige Mobilität ist zu gewährleisten, ohne auf die Kosten von Mensch und Natur zu gehen. Damit sind die Planungswissenschaft und Politikwissenschaft herausgefordert. Pädagogisch ist die Didaktik der Politischen Bildung und eine Lernkultur der Weiterbildung in der Verantwortung (vgl. DICHATSCHEK 2017a, 2018).

Die Planungswissenschaft eröffnet eine neue Dimension, anders als die klassische Verkehrsplanung. Die Gestaltung der Mobilität erfordert eine Anpassung an die sozialen und ökologischen Ansprüche.

Verkehrspolitik mit dem Bezug zur Mobilität und einer Gestaltung ist im politischen Raum angesiedelt.

Eine Betrachtung der Politikwissenschaft offenbart als Herausforderung Ansatzpunkte für die Gestaltung bzw. Umsetzung.

Grundlage in einer Demokratie ist eine regulative Politik sozialer und ökologischer Interessenslagen unter Einbeziehung partizipativer Elemente. Der Staat ist in der Verantwortung, die angeführten Abhängigkeiten des Verkehrssystems vom Wirtschaftssystem aufzulösen.

Politischen Entscheidungsträgern stellt sich die komplexe Aufgabe, verkehrsbezogene Maßnahmen als Entscheidung zwischen Zukunftsgestaltung und demokratischer Selbstbestimmung in Verbindung mit notwendiger Mobilität zu legitimieren.

Erforderlich ist ein Verständnis von Ursache und Wirkung, will man zukunftsfähige Mobilität erreichen.

Wesentlich ist die Unterscheidung von Mobilität und Verkehr. Erst dann sind Information, Vorgangsweise, Maßnahmen und Ziele zu definieren möglich.

Verkehrssysteme als Personenverkehr bzw. Güterverkehr sind in ihren Funktionen in Struktur, Verkehrsprozess und Mensch zu gliedern (vgl. SCHWEDES-RAMMERT? 2021, 313-314).

  • Struktur als räumliches Element und Verbindung zu Verkehrsbewegungen (man denke an Trassen, Flughäfen und Wasserläufe) > Infrastruktur
  • Verkehrsprozess als zeitliche Ortsveränderung in einer Verkehrsbewegung > Verkehr und
  • Mensch als Handelnder in Zeit, Raum und Bewegungsart in Mobilitätsverhalten, Routenwahl und Verkehrsmittelwahl > Mobilität.
13.2 Moderne Verkehrspolitik    

Eine Verkehrspolitik gibt den normativen Rahmen vor. Dieser umfasst räumliche, umweltbezogene, technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ansprüche (vgl. SCHWEDES 2018, 3-24).

Das Leitbild einer wirtschaftlichen Entwicklung hat lange Zeit dominiert. Inzwischen erhält die soziale und ökologische Nachhaltigkeit in Verbindung mit einer zeitgemäßen Verkehrspolitik Bedeutung.

Die Mobilität eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten, den Verkehr mit seinen Effekten vor seiner Entstehung zu beeinflussen. Der Paradigmenwechsel verändert die politische Gestaltung des Verkehrssektors.

Für die Sicherung eines gesamtgesellschaftlichen Mehrwertes gestaltend individuell und öffentlich einzugreifen ergeben sich beispielhafte Instrumente wie Steuern, Subventionen, Gesetze und vermehrt Information und Aufklärung.

Nicht zu übersehen sind Netzwerke mit Projekten, regionale Bildungsmaßnahmen und folgerichtig nationale und internationale Einrichtungen zur Umsetzung.

In diesem Zuge kann/ soll staatlicher Eingriff für Bedürfnisstrukturen besonders im Verkehrssektor sinnvoll sein (vgl. DÖHLER 2006, 208-227). Bei privaten Verkehrssystemen stehen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund und ein mobilitätsbezogener Mehrwert allenfalls als Randprodukt.

Dies entspricht auch der in der Bundesverfassung und völkerrechtlich abgesicherten Daseinsvorsorge in supranationalen Verträgen (vgl. SCHWEDES-RAMMERT? 2021, 316).

Lernkulturen der Weiterbildung    

Bildungsaufgaben in der Politischen Bildung für das Erreichen der Zielsetzungen - im Zusammenhang mit "lebensbegleitendem Lernen" - als notwendige Faktoren einer Nachhaltigkeit erfordern eine Auseinandersetzung mit den Lernkulturen in Maßnahmen der Fort- bzw. Weiterbildung (vgl. DICHATSCHEK 2018, 20-29) .

Es scheint, es kommt langsam zu einem Übergang von "adult education" zu "adult learning". Das Interesse bezieht sich auf altersbedingte Lernstile, Wissensvermittlung, erwachsenentypische Lernerfahrungen, altersbedingte Lernstile und Lernanforderungen (vgl. NOLDA 2008, 81-94).

Für den Lernbegriff sind die Bereiche Veränderung, Erfahrung und Reflexion wesentlich.

  • Davon ist auszugehen, dass vor dem 60. Lebensjahr kein genereller Abbau von kognitiven Fähigkeiten nachzuweisen ist (vgl. FALTERMAIER-MAYRING-SAUP-STREMEL? 2002, 22).
  • Das intellektuelle Leistungsvermögen zwischen den Altersgruppen darf nicht am Leistungsprofil jüngerer Erwachsener gemessen werden. Ältere Menschen benötigen allgemein mehr Zeit bei der Lösung gestellter Aufgaben, sind bei deren Ausführung meistens genauer als jüngere (vgl. NOLDA 2008, 83).
  • Zu bedenken bei Vergleichen ist auch der Ausbildungsstand und die Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt.
  • Bedeutungsvoll ist die Unterscheidung von kristallisierter Intelligenz und fluider Intelligenz (vgl. KRUSE-RUDINGER? 1997, 50).
    • Kristallisierte Intelligenz bedeutet die Ausgestaltung des Denkens und Wissens (Wissensinhalte für eine Gesellschaft und Kultur, in der man lebt), gemessen etwa in Sprache, Kommunikationsfähigkeit und beruflichem Wissen.
    • Fluide Intelligenz umfasst die biologische Lernkapazität, gemessen etwa in kulturfreien Aufgaben wie bildhafte Darstellungen und einfache Symbole.
14 Lernfähigkeit - Lerntechniken    

14.1 Lernforschung    

Ein Klassiker der empirischen Lernforschung ist Edward THORNDIKEs "Adult Learning" (1928).

Vergleiche von Testergebnissen jüngerer und älterer Erwachsenen in Maschinschreiben und Esperanto, die Lernerfolge Älterer in Abendschulen und Lernleistungen 15- bis 50jähriger Erwachsener zeigten 1924, dass die Älteren weniger Zeit für den Erwerb des Unterrichtsstoffes benötigen, aber langsamer im Lerntempo als der normale Lernende sind. Bei motorischen Fertigkeiten waren Jüngere überlegen.

Im Gesamtergebnis war für die Älteren das Ergebnis positiv. "Bis zum Alter von 50 Jahren ist fast alles lernbar. Das biologische Alter ist weniger von Bedeutung als Übung und Motivation" (SIEBERT 2012, 18).

Verlernt werden die Fähigkeiten, die nicht bzw. selten angewendet werden. Das Interesse am Lernen nehme im Alter ab. Zu unterscheiden ist zwischen unterschiedlichen Lernleistungen und Einflussfaktoren.

1961 unterscheidet Cyril HOULE in seinem Buch "The Inquiring Mind" drei Lerntypen bezeichnet als "goal-oriented learners", "activity-oriented learners" und "learning-oriented learners" (vgl. KNOLL 2007, 394). Angesprochen werden das Anstreben beruflicher Ziele, das Interesse an sozialen Kontakten und das persönliche Lernen als Lernziele.

Richard OLECHOWSKI (1972) weist auf die "Lernfähigkeit" als abstraktes theoretisches Konstrukt hin, das sich nicht exakt feststellen lässt. Allenfalls lassen sich Lernleistungen messen, diese seien aber auch vielschichtig. Faktoren sind die Motivation, psychische Gesundheit, Reaktionslatenz, Genauigkeit und Lerntempo, regelmäßiges Training geistiger Leistungen, Transfereffekte aus früheren Lernprozessen und Interferenzen (vgl. OLECHOWSKI 1972, 207). Zu warnen ist vor generalisierten Thesen.

14.2 Weiterbildung    

In der Weiterbildung bzw. Erwachsenenpädagogik geht es vor allem um didaktische Überlegungen.

Dazu gehören das Prinzip der Teilnehmerorientierung und das Konzept der Lehrenden als "facilliator" (Unterstützer des Lernens/ "Lerncoach").

Im Bereich der Personalentwicklung werden diese Prinzipien verwendet (vgl. KNOWLES - HOLTON - SWANSON 2007, 149 - 165). Das Modell des "Lerndreiecks" von Knud ILLERIS spiegelt sich wider in > Kognition -Lerninhalte > Emotionen > Motivation (vgl. ILLRIS 2006, 29-41; NOLDA 2008, 85-86).

In der subjektwissenschaftlichen Lerntheorie von Klaus HOLZKAMP wird der Lernende in seiner individuellen Lernbegründung in einem Prozess der Aneignung und Orientierung angesprochen. Aus einer Handlungsproblematik wird eine Lernproblematik mit dem Einbau mit Hilfe einer Lerntechnik mit Lebensnähe und Einbeziehung einer "Lernschleife" von Erfahrungen ("expansives Lernen")

  • Der Lerngegenstand hat gesellschaftliche Bedeutung und wird vom Einzelnen subjektiv realisiert.
  • Bei Lernwiderständen aus Schulerfahrung werden Chancen in der Politischen Bildung im virtuellen Lernen und in betrieblichen Projekten eingesetzt (vgl. FAULSTICH - ZEUNER 2006, 31). Die niedrigen Teilnehmerzahlen in der politischen Erwachsenenpädagogik werden mit Lernbedingungen erklärt, die denen der Schule ähnlich sind (vgl. NOLDA 2008, 88).
14.3 Sozialisation    

Lernen ist nicht zu übersehen als Sozialisationsprozess. Das Lernen Erwachsener erhielt durch die Sozialisationsforschung neue Impulse.

Exemplarisch sind zu nennen die Arbeiten von Orville BRIM, Stanton WHEELER (1974), Hartmut GRIESE (1979), Knud ILLERIS (2004), Heinz BARZ - Rudolf TIPPELT (2004) und Horst SIEBERT (2012).

  • BRIM - WHEELER (1974) Veränderung der Kenntnisse und des Verhaltens, kaum aber der Fähigkeiten, Werte und Motivation; weniger neue Kenntnisse, die "synthetisiert" werden (vgl. BRIM-WHEELER? 1974, 30). Allerdings ist neues Wissen wichtig, das die Anschlussfähigkeit und Nachhaltigkeit steigert.
  • GRIESE (1979) verknüpft Erwachsenensozialisation mit "lebensbegleitendem Lernen", zu beachten sind die Kontinuität des Lebenslaufes, verbunden mitunter mit Brüchen, Zäsuren und Schaltstellen oftmals mit Lernanforderungen (Änderungen - "Wandlungen") in der Einstellung, Motivation und Wertorientierung (vgl. GRIESE 1979, 187).
  • ILLERIS (2004) versucht vier Phasen einer Lernbiographie (vgl. ILLERIS 2004, 208, 215, 219, 222 > Kindheit, Jugend, Erwachsener mit Zielen und "Harmonie")
  • SIEBERT (2012) betont gesellschaftliche Veränderungen, eine Individualisierung der Lebensläufe und die Auflösung von Normalbiographien, die keinen Sinn für Phaseneinteilungen ergeben (vgl. SIEBERT 2012, 22).
  • BARZ- TIPPELT (2004) befassen die Milieuforschung, die seit den neunziger Jahren neben der schichtenspezifischen Sozialforschung mit Sozialstrukturen und dem Sozialstatus, basierend auf schulischer Bildung, Einkommen, Berufsposition, auch Mentalitäten und der Pluralisierung der Lebensstile die Lernforschung betrifft.
    • Es geht um milieuspezifische Schulabschlüsse, Lernbiographien, Lebensstile, Lerninteressen und Lernmotive mit Bildungsthemen (vgl. auch SIEBERT 2012, 26).
    • Allerdings bedarf es einer Relativierung. Milieuübergreifende Merkmale wie Geschlecht, Krankheit und Alter ergeben mitunter keine Milieuzuordnung
15 Lernformen    

Im Folgenden wird auf selbständiges, verborgenes Lernen und Lernen "just in time" eingegangen. Die Bedeutung weist auf Lernen, das nur bedingt durch Bildungsinstitutionen beeinflusst wird und sich Lernen und Bildung in diesem Alter auch außerhalb von Institutionen abspielt.

15.1 Selbständiges Lernen    

Selbständiges Lernen als Lernform besteht in einem individuellen Selbstbewusstsein, mitunter in einer Assoziation an schlechte Schulerfahrungen, Selbststeuerungseuphorie, Zunahme einer Autonomie und Selbstorganisation.

Allerdings besteht trotz einer Subjektivierung eine Abhängigkeit ähnlich klassischer Lernkultur in einer Konzipierung (vgl. FLEIGE 2011, 51). Man denke nur an die verschiedenen Formen von Fernstudien in ihrer Konzeption.

15.2 Verborgenes Lernen    

Die Dokumente europäischer Bildungspolitik unterscheiden als Kernformen formal, non-formal und informelles Lernen.

Sie bezeichnen je nach Ausbildung und Bildungsinstitution-Einrichtung?, Arbeitsplatz, Freizeit-Alltag?, Familie, Struktur nach Lernzeiten Lernformen (vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2001).

Damit werden verborgenes Lernen und erworbene Kompetenzen angesprochen, etwa für die Freiwilligenarbeit ("Ehrenamtlichkeit") und auch Anerkennung bei Bewerbungsverfahren.

Offen bleibt die Problematik in Zertifizierungsverfahren und Anerkennung im Nationalen Qualifizierungsrahmen Österreich (2016).

Nachhaltigkeit bedeutet nationale und europaweite Anerkennung von Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen.

15.3 Lernen "just in time"    

Lernen "Just in time" spricht als Lernformen Neue Medien und Netzwerke an.

Es bedarf einer Lernhaltung zur Bereitschaft zum Lernen.

Dies führt weniger zu einem "Lernen auf Vorrat", vielmehr zum punktuellen Lernen. Zur Selbstverständlichkeit wird flüchtiges und vielfältiges Wissen in einer mitlaufenden Lernform (vgl. NOLDA 2008, 93).

16 Störfaktoren    

Sie bilden in Drop-out-Phänomenen? in mehrfacher Hinsicht gravierende Probleme.

Eine Rolle können ökonomische Faktoren wie Angebotskosten, Einrichtungsimage und Angebotsnutzen, organisatorische Aspekte wie Angebotsorganisation, pädagogische Aspekte wie Atmosphäre, Gruppenstruktur, Über- bzw. Unterforderung und individuelle Aspekte wie Misserfolgserlebnisse, Motivation, Ausdauer und Lernvoraussetzungen spielen.

Zu unterscheiden ist zwischen Teilnehmerfluktuation ("Taubenschlagatmosphäre"), einem Kursabbruch ("drop out") und Teilnehmerschwund in immer geringerer Nachfrage (vgl. SIEBERT 2012, 34).

Zufälligkeiten oder Kleinigkeiten in Form von Verärgerung oder Enttäuschungen, aber auch berufliche Veränderungen oder plötzliche Krankheit können zum Abbruch führen. Die Wahrscheinlichkeit, eine Veranstaltung bis zun Ende zu besuchen, ist umso größer, je größer das Interesse an der Sache und soziale Bedürfnisse vorhanden sind.

Die zeitliche Belastung soll richtig eingeschätzt werden. Teilnehmende mit höherer Schulbildung gehören eher zu den Abbrechern, weil man hier glaubt, Inhalte auch zu Hause bearbeiten zu können.

Eine Teilnahme besteht in der Regel auf attraktiven Faktoren wie Ermutigung, Freude und Interessenslagen sowie aversiven Faktoren wie Belastungen. Zwischen attraktiven und aversiven Faktoren soll eine ausgewogenen Gewichtung bestehen, weil im Verlauf der Veranstaltung zumeist Veränderungen sich ergeben.

Pädagogische Maßnahmen sind demnach die Eindeutigkeit der Veranstaltungsankündigung, Angemessenheit der Veranstaltungszeiten mit der Erklärung des Zeitaufwandes, einer Abstimmung des Bildungsangebots und der Teilnehmervoraussetzungen.

Erwartungsgespräche sollen zu Beginn geführt werden.

Bei Abwesenheit sollte Teilnehmenden ein inhaltlicher Anschluss ermöglicht werden. Konkurrenzdenken und Rivalitäten müssen verhindert werden.

Wirtschaftsethik - Umweltethik    

Ethik versteht sich

  • als Motivation zum Handeln, die sich auf jeweilige Kontexte bezogen wird.
  • Dies bedeutet einen Weltbezug, vertieft durch sozialwissenschaftliche Reflexionen.
  • Erforderlich ist entsprechend dem jeweiligen Handlungsfeld eine Bezugswissenschaft zur fachlichen und ethischen Urteilsbildung.
In diesem Zusammenhang spricht man gerne von einer "angewandten Ethik". Der Begriff soll Ethik als anzuwendende Sozialtechnologie im gutem Handeln beschreiben. In der Realität sind Bereiche wie die Umwelt und Wirtschaft Orte, die die Frage aktualisieren. Es geht vorrangig um normative Reflexionen in Fragen von Entscheidungen und Wertungen.

Wenn Ethik auf Bereiche menschlicher Lebenswelt reflektiert, sollte man von "Bereichsethik" sprechen. Gesellschaftliche Änderungen können keine bestimmten Standards festlegen, ansonsten würde man einen politischen, sozioökonomischen und kulturellen Wandel ablehnen.

Durch die zunehmenden Ökonomisierung der Lebenswelt ist der Bereich Wirtschaft/Ökonomie schul- und erwachsenenpädagogisch von besonderem Interesse und soll daher in der Folge als ein Ansatz evangelischer Ethik am Beispiel der Wirtschaftsethik dargestellt werden(vgl. die IT-Autorenbeiträge? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Wirtschaftserziehung und Ökonomische Grundlagen in der Erwachsenenbildung).

Wirtschaftsethik    

17 Integrative Wirtschaftsethik    

Integrative Wirtschaftsethik sucht das Normative in der ökonomischen Sachlogik aufzudecken und zu reflektieren. Arbeitsteilige Ökonomie dient der Gesellschaft zur Befriedigung der Bedürfnisse bei der Lebenshaltung und Lebensqualität (vgl. ULRICH 1998, 11).

  • Sie dient der Lebensdienlichkeit.
  • Mit der Sachzwanglogik entsteht ein Widerspruch zur Leitidee des guten Lebens bzw. gerechten Zusammenlebens (vgl. Schutz der Umwelt neben erhöhtem Leistungsdruck oder hohem Wirtschaftswachstum mit Konsumwohlstand für einen Teil der Menschen).
  • An dieser Stelle, an der Ökonomie ohne eine ethische Dimension auszukommen scheint, fordert Peter ULRICH das Verhältnis von Ökonomie und Ethik auf der Basis der Autonomie kritisch zu klären (vgl. ULRICH 1998, 24).
  • ULRICH setzt auf die Notwendigkeit eines post-konventionellen Standpunktes der Moral, der die Ethos-Erfahrung? der großen Weltkulturen bzw. Weltreligionen auf einen kulturinvarianten Standpunkt hin überschreitet. Diese Moral kann sich nur auf die selbstkritische Vernunft des Menschen als Vernunftethik stützen (vgl. ULRICH 1998, 42).
  • Für eine solche Universalethik benennt ULRICH zwischenmenschliche Verbindlichkeiten (vgl. ULRICH 1998, 44). Diese gelten als unbestreitbare Grundstimmungen (gleiche Verletzbarkeit aller Menschen, Fähigkeit des Hineinversetzens in andere, Reziprozität moralischer Ansprüche und das Universalisierungsprinzip; vgl. WEISS 1997, 217-243).
Von einem vernunftethischen Standpunkt aus soll die Sachlogik der (behaupteten) Regelungsfunktion des Marktes auf ihre Stichhaltigkeit untersucht und die Dichotomie von ethischer Vernunft und ökonomischer Rationalität in eine gemeinsame Perspektive lebensdienlicher Ökonomie integriert werden. Angestrebt wird eine Wirtschaftsethik ohne jeweilige Bedingungen der Marktwirtschaft an. Entsprechend wird die ökonomische Vernunft einer kritischen Sicht unterzogen.

18 Ökonomismuskritik    

Der Ökonomismus wird als Glaube der ökonomischen Rationalität an nichts als an sich selbst bezeichnet (vgl. ULRICH 1998, 127).

  • Er beruht auf der These einer Verselbständigung der Ökonomie, der Verabsolutierung des Kosten-Nutzen-Denkens? und einer normativen Überhöhung des Marktes (vgl. die ökonomische Logik des wechselseitigen Vorteilstausches).
  • Die Effizienzidee (Nutzenmaximierung) wird zu einer Grundnorm (vgl. totale Marktwirtschaft).
  • Behauptet wird die Notwendigkeit eines ökonomischen Sachzwanges mit einem Dienst am Gemeinwohl.
ULRICH macht für den Sachzwang den Wirtschaftsliberalismus des 19. Jahrhunderts aus, das die Sinnhaftigkeit des Marktes behauptet und heute durch den rationalen Ökonomismus gesteigert wird.

Die Sachzwangsituation kann man entweder durch Änderungen in persönlichen Präferenzen ändern (personale Selbstbegrenzung) oder institutionenethisch durch eine Wettbewerbsbegrenzung mit individualethischen Konsequenzen. Es bedarf autonomer ethischer Entscheidungen und Intentionen der Marktteilnehmer.

Umweltethik    

19 Umwelt    

Der Begriff bedeutet eine humane Gestaltung des Lebensraumes in Verbindung mit entwickelter Identität einer Lebensgestaltung (vgl. den Heimatbegriff). Die Notwendigkeit eines Umweltschutzes ergibt sich aus der Wirkung menschlicher Eingriffe.

Umweltschutz ist mehr als nur Naturschutz, vielmehr Schutz des Menschen vor der Eigendynamik und dem Mangel an Übersicht über die strukturell in einer marktwirtschaftlichen Ordnung vorhandenen Folgen des ökonomischen Gewinnstrebens (vgl. in der Folge ausführlich SCHWEIDLER 2018, 160-161).

20 Prinzipien des Umweltschutzes    

Daraus ergeben sich aus dem Verhältnis einer gerechten Nutzen- und Lastenverteilung zwischen Menschen die folgenden drei Prinzipien

  • Verursacherprinzip - primär sind Schäden vom Verursacher zu beheben bzw. zu ersetzen, sekundär von der staatlichen Gemeinschaft als Träger der Verantwortung der Rechtstellung des Verursachers.
  • Vorsorgeprinzip - Schäden können nicht wie ökonomischer Materialverschleiß an Kosten gemessen werden, vielmehr müssen sie vorsorglich vermieden werden unter Einbeziehung des Wohles künftiger Generationen.
  • Kooperationsprinzip - Schäden ergeben sich grenzüberschreitend und können daher nicht immer bestimmten Volkswirtschaften zugerechnet werden. Eine sachlich gebotene ethische Pflicht ergibt sich aus der internationalen Kooperation zu ihrer Bekämpfung.
Literaturverzeichnis Nachhaltigkeit    

Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/ oder direkt zitiert werden

Agenda 21. Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung, Rio de Janeiro, Juni 1992 > http://www.un.org/Depts/german/conf/agenda21/agenda_21.pdf. (11.10.20)

Autorengruppe Fachdidaktik (2011): Konzepte der politischen Bildung, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1141, Bonn

Barz H. - Tippelt R. (2004): Weiterbildung und soziale Milieus in Deutschland, Bd.1-2, Bielefeld

Baumgartner Chr. (2021): Nachhaltige Tourismus Entwicklung. Erfahrungen aus ländlich-alpinen Regionen, in. Brandl St. - Berg W. - Herntrei M. - Steckenbauer Chr./ Lachmann-Falkner? S. (Hrsg.): Tourismus und ländlicher Raum. Innovative Strategien und Instrumente für die Zukunftsgestaltung, Berlin, 13-32

Beck U. (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt/M.

Beck U. (1998): Weltrisikogesellschaft. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit, Frankfurt/M.

Behringer W. (2011): Kulturgeschichte des Klimas. Von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung, München

Bockhorst H. - Reinwand V.J. - Zacharias W. (2012): Handbuch Kulturelle Bildung, München

Brim O.- Wheeler S. (1974): Erwachsenensozialisation, Stuttgart

Bundesministerium für Bildung (2016) > https://www.unesco.at/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Publikations-Dokumente/2016_Unterrichtsmappe_fuer_die_5._bis_9._Schulstufe.pdf (22.3.2020)

Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (2012): Gesundheitsziele Österreich. Richtungsweisende Vorschläge für ein gesünderes Österreich, Ausgabe 2017, Wien

Bundeszentrale für politische Bildung (2006): Wirtschaft heute, Schriftenreihe Bd. 499, Bonn

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VII Agrarpolitik und Bildungsprozesse    

Personalentwicklung - Theorie, Handlungsorientierung und Möglichkeitsräume    

Vorbemerkung    

Das Kapitel findet seine Begründung in der Aktualität der Thematik und der Notwendigkeit, Maßnahmen einer Förderung im Personalwesen zu setzen. Für den Autor entscheidend sind seine Ausbildungs- und Berufsbiographie, sich mit der Breite des Themenfeldes auseinanderzusetzen.

Teil I betrachtet Grundsätze der "Allgemeinen Personalentwicklung und Mobilitätsförderung", Teil II betrachtet ergänzend die "Führungskräfteebene", besonders im Bildungsbereich und auch analog zu allen Bereichen, unter dem Aspekt eines "lebensbegleitenden Lernens" als Notwendigkeit einer sozioökonomischen und soziokulturellen Weiterentwicklung.

Teil I Allgemeine Personalentwicklung - Mobilitätsförderung    

1 Einführung    

Ausbildung ohne Bildung führt zu Wissen ohne Gewissen.

(Daniel Goedevert 2001, 5)

Personalentwicklung (PE) umfasst

  • den Bedarf und die Bedürfnisse einer auf berufseinführende, berufsbegleitende und arbeitsplatznahe ausgerichteten Aus-, Fort- und Weiterbildung von Mitarbeitenden, sowohl von Freiwilligen, Teilzeitbeschäftigten, Neben- bzw. Hauptamtlichen, Vollbeschäftigten und Führungskräften;
  • in diesem Verständnis Maßnahmen und Strategien von Unternehmenszielen, die eine Qualifizierung der Humanressourcen betreffen;
  • Aspekte einer Organisationsentwicklung und Bedürfnisse verschiedener Anspruchsgruppen, etwa von Berufseinsteigern, Fachkräften und High Potentials.
PE ist ein Teilgebiet der Erwachsenenpädagogik, Berufspädagogik, Wirtschaftspädagogik, Wirtschaftspsychologie und Politischen Bildung.

Ziel ist Menschen, Teams und Organisation-Unternehmen-Betriebe-Öffentlichen? Dienst zu befähigen, Arbeitssysteme erfolgreich zu bewältigen und neue Herausforderungen motiviert und erfolgreich zu bestehen (vgl. KASPER-MAYRHOFER? 2002, 482-525).

1.1 Gründe für PE    

Organisationen, Unternehmen, Betriebe, Institutionen und Öffentlicher Dienst, in der Folge verkürzt als "Organisationen" bezeichnet, versuchen Herausforderungen mit neuen Konzepten zu bewältigen.

Im Wesentlichen geht es um Veränderungen von strategischen Ausrichtungen, Organisationsstrukturen, Leistungsprozessen und Rollen des Personals.

Organisationen sollen flexibel, schnell und effizient auf Veränderungen reagieren. Innovationsfähigkeit ist gefragt.

Personal wird als Wettbewerbsgröße gesehen.

  • Es geht um Kostensenkung bzw. Kostenstabilität und
  • den Erhalt, die Förderung und des bestmöglichsten Nutzen im Sinn des Unternehmens.
  • Mitarbeitende werden als Mitgestalter in Eigenverantwortung gesehen (vgl. ECKERHARDSTEIN-FREDECKER-GREIFE-JANOSCH-ZINGSHEIM? 1988, 51).
  • Dies bedingt Motivation und Qualifikation beim Mitarbeitenden, eine innere Bindung an die Organisation und zumindest eine teilweise Interessenüberschneidung von Organisation und Mitarbeitenden.
PE schafft die Voraussetzungen dafür. Ziel ist eine Einwirkung auf das Handeln von Menschen in Organisationen. Dieser personaler Ansatz strebt Stabilität bzw. Veränderungen an.

1.2 Verständnis von PE    

PE steht im Kontext mit strategischer Organisationsentwicklung. Beide Elemente bedingen sich gegenseitig als Zukunftsvorsorge für die Organisation und einen Nutzen für die Stakeholder (etwa Kunden, Klienten, Aktionäre und Mitarbeiter) (vgl. SATTELBERGER 1999, 270).

PE hat sich in seinem Verständnis in den letzten Jahrzehnten verschoben und

  • war ab den fünfziger Jahren in Berufsausbildung, Fort- und Weiterbildung im Kontext der Bildungspolitik in der Regel bei Führungskräften miteinbezogen,
  • folgte in den siebziger Jahren als Konzept von Maßnahmen, die systematisch und positionsorientiert eine Verbesserung der Qualifikationen der Mitarbeitenden verfolgte, um Ziele der Mitarbeitenden und der Organisation zu fördern (vgl. CONRADI 1983, 3).
  • Ab den achtziger Jahren erhielten Qualifikationen im Rahmen eines strategischen Managements Bedeutung (vgl. etwa bei Personalfragen in der Gestaltung der Organisation und deren Umsetzung, einer Umsetzung des Selbstorganisationsprinzips, der Eigenverantwortung der Stammbelegschaft und der Entwicklung des kollektiven Wissens durch die Organisation).
  • Mit individualisierten Karrieren steigt die Eigenverantwortung für berufliches Fortkommen und die Sicherung der Qualifikationen. Das Wissen weniger Personen erzeugt Produktivität (vgl. SATTELBERGER 1999, 269-270):
Prinzipien einer PE sind demnach die Lernfähigkeit und der Lernwille, das Erreichen und die Zielsetzung des Mitarbeitenden bzw. des gesamten Personals und der Organisation, die Veränderbarkeit von Arbeitshandlung und Qualifikation, das potenzielle Arbeitsvermögen, eine systematische Veränderbarkeit, eine Konzeption und Maßnahmensetzung des Managements, eine Selbstentwicklung von Arbeitsvermögen und eine ökonomisch sinnvoller Investition in die Organisation im Sinne einer Effizienz und Steigerung der Arbeitsleistung (vgl. SATTELBERGER 1999).

In der betrieblichen Praxis ist die Meinung überholt, dass PE nur Fort- und Weiterbildung für Führungskräfte sei. Fort- und Weiterbildung ist allerdings weiterhin ein wesentlicher Faktor, der allerdings in zu wenigen Organisationen vorzufinden ist. Für Lehrende ist sie ein wesentlicher Faktor, um aktuelles Wissen in Lehre und für Lernen umsetzen zu können.

1.3 Träger der PE    

Eine Verteilung der Aufgaben einer PE in einer Organisation liegt in der Verantwortung, Konzeption und Durchführung in den unterschiedlichen Elementen der Personalarbeit, etwa in der

  • Gesamtunternehmensleitung,
  • Leitung der Personalfachabteilungen, etwa PE, Aus-, Fort- und Weiterbildung,
  • Abteilung der einzelnen Vorgesetzten und
  • Leitung des Betriebsrates (Privatwirtschaft) bzw. der Personalvertretung (öffentlich-rechtliche Körperschaften/ Öffentlicher Dienst).
Es versteht sich, dass die einzelnen Fachabteilungen eine Zentralisierung der Aufgaben einer PE ablehnen und eher zu einer dezentralisierten Organisation - besonders in der Bildungsarbeit - neigen. Kritisch ist hier eine verstärkte Abkoppelung und großen Unterschiedlichkeit im Verständnis von PE-Aufgaben? zu vermerken.

Wesentlich ist hinzuweisen auf die Mitbestimmung durch den Betriebsrat bzw. die Personalvertretung bei Qualifizierungsmaßnahmen und Personalabbau. PE erscheint über rechtliche Verpflichtungen hinaus geeignet, gemeinsame Vorstellungen zwischen Management und Mitarbeitervertretung zu entwickeln (vgl. KASPER-MAYRHOFER? 2002, 485).

2 Bereiche der PE    

Die Aufgabenbereiche von PE erfolgen nach unterschiedlichen Kriterien.

  • Maßnahmen der PE beziehen sich auf personelle Ressourcen einer Organisation.
  • Zeitlich betrachtet geht es um den Einstieg in die Organisation bis zum Ausstieg. Damit kommt es zur betrieblichen Fort- und ggf. Weiterbildung, Karriere- und Laufbahngestaltung und Outplacement.
Im Folgenden geht es nur um die Zugehörigkeit der Person in der Organisation. Diese wird verkürzt dargestellt.

2.1 Personaleinführung    

Nach dem Personalauswahlverfahren werden in der Personaleinführung fachliche (Einarbeitung) und soziale Integration (soziale Beziehungen) eingefordert. Eine gelungene Personaleinführung liegt im Interesse der Organisation.

2.1.1 Argumente für eine Personaleinführung    

In der Folge geht es um Argumente für ein Engagement in der Personaleinführung (vgl. KIESER-NAGEL-KRÜGER-HIPPLER? 1990).

  • Ökonomische Fakten sind die Einstellungskosten, Fluktuationskosten und die Einsetzbarkeit.
  • Phasen des Eintritts ist der Zeitraum vor dem Eintritt mit der Entscheidung, der Eintritt selbst mit der Konfrontation des Erwartungen und die Integrationsphase mit der Bewältigung der fachlichen und sozialen Integration.
    • Diese gelingt ums besser, je realistischer die Informationen über den Arbeitsplatz und Entwicklungschancen sind,
    • je freiwilliger die Entscheidung für eine Arbeitsstelle ist,
    • je mehr Fachwissen, Kenntnisse und Kompetenzen vorhanden sind (Vorwissen) und
    • je übereinstimmender die Normen, Werte und Verhaltensweisen mit der Organisationskultur übereinstimmen.
2.1.2 Einführungsmaßnahmen    

An Einführungsmaßnahmen der Personaleinführung ergeben sich

  • eine realistische und extensive Informationspolitik,
  • Unterstützung durch Bezugspersonen (Vorgesetzte, Kollegenschaft-Arbeitsgruppe-Team?, Mentoring/ Patensystem),
  • ein Einführungsprogramm in Form einer Einführungsveranstaltung, Informationsmaterial, Checklisten, Besichtigungstouren und Qualifizierungsmaßnahmen wie Traineeprogramme, Erkundungen, Formen der Kooperation, "job Rotation" und Kennenlernen neuer Aufgaben.
2.2 Betriebliche/ Berufliche Weiterbildung    

Es geht um Veränderungen des Qualifikationsreservoirs durch interne/innerbetriebliche Fort- bzw. Weiterbildung und externe/ Berufliche Erwachsenenbildung im Rahmen einer langfristig anzulegenden "betrieblichen Weiterbildung" (vgl. den in der EU üblichen Begriff "Weiterbildung" für Fortbildung[Maßnahme einer Standardangleichung in Wissen und Praxis] und Weiterbildung[Höherqualifizierung].

Gegenstand ist individuelles Lernen von Einzelpersonen und/ oder Gruppen von Beschäftigten. Umschrieben werden alle Aktivitäten zur Erhaltung und Vertiefung von Fertigkeiten und Kenntnissen nach Abschluss einer ersten Bildungsphase (Duale Ausbildung, BMS, BHS, Hochschulstudium; vgl. PAWLOWSKY-BÄUMER? 1996, 8-10).

2.2.1 Ziele    

Betriebliche/ Berufliche Weiterbildung bedeutet Investition und erfordern positive Auswirkungen auf finanzielle Leistungsgrößen einer Organisation.

Funktionen sind

  • eine Verfügung von Qualifikationen,
  • Motivation und Identifikation/ Impulse-Anreize?,
  • Flexibilitätspotential/ Qualifikationsreserven-arbeitsplatzübergreifende Qualifikation,
  • Akquisitionswirkung und Imageverbesserung und
  • eine Entwicklungsfunktion/ Beitrag zur Organisationsentwicklung.
Eine Behebung von Personalmangel ist in diesem Kontext zu beachten. Einbringen von Vorwissen, Schulungen, Kurse, Lehrgänge, Seminare, Tagungen und Erkundungen sind Hilfestellungen im Rahmen von Angeboten einer betrieblichen Weiterbildung.

Betriebliche Rahmenbedingungen ergeben sich aus dem Zeitmanagement, Lohnformen bzw. finanziellen Unterstützungen, sozialen Klima der Arbeitsgruppe (Führungsstil-Rückmeldungen?) und der Möglichkeit zur Zertifizierung der Qualifikation.

Motive einer Teilnahme sind Arbeitsplatzsicherheit, finanzielle Verbesserung, Erweiterung des beruflichen Tätigkeitsfeldes und bessere Aufstiegschancen.

Das Bedürfnis nach lebensbegleitendem Lernen/ EU-Lissabon? 2000 und größerer beruflicher Flexibilität besteht, ist nicht bei allen Beschäftigten haltbar und bedarf einer sorgsamen Planung, Förderung und eines attraktiven Angebots.

2.2.2 Zielgruppe    

Segmentierungen treten auf entlang

  • der hierarchischen Ebene sowie Stamm- und Randbelegschaft und
  • sozialen Zugehörigkeit (Geschlecht, Nationalität, Alter).
  • An- und Ungelernte werden selten in Fortbildungsmaßnahmen eingebunden.
  • Ebenso haben falsch Qualifizierte und Personen mit Lernschwierigkeiten geringe Chancen.
Es gehört zum Selbstverständnis berufspädagogischer Maßnahmen, dass solche Segmentierungen diskriminierenden Charakter aufweisen und alle Verbesserungsmöglichkeiten einzusetzen sind.

2.2.3 Inhalte    

Qualifikationen betreffen Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten (vgl. CONRADI 1983; MERTENS 1974, 40). Fach- und Schlüsselqualifikationen ergeben die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen (Basis-, Horizontalqualifikationen; Breitenelemente, Vintage-Faktoren?).

Folgt man der Differenzierung von Kompetenzen, so unterteilt man diese in Fach-, Methoden- und Sozialkompetenzen. Festzuhalten ist, dass die Verwendung der Begriffe Qualifikation und Kompetenz nicht einheitlich ist, wobei gerne die synonyme Verwendung verbreitet ist (vgl. KASPER-MAYRHOFER? 2002, 500).

Die Feststellung eines Qualifizierungsbedarfes bzw. von Qualifikationen erfolgt durch die betriebliche Bildungsbedarfsanalyse (BBA).

  • Der Vergleich von Soll- und Istbestand stellt Defizite fest und soll durch geeignete Maßnahmen ausgeglichen werden.
  • Methoden zur Erhebung sind eine Dokumentenanalyse, Befragungen und Beobachtungen.
Festzustellen ist, dass viele Personal- und Bildungsfunktionen keine Qualifizierungsstrategie besitzen, die mit einer Unternehmensstrategie verknüpft sind (vgl. KASPER-MAYRHOFER? 2002, 500-501).

Inhalte dominieren

  • bei Führungskräften wie die Mitarbeiterführung, das Managementtraining, Unternehmensleitbilder und Strategien, Persönlichkeitstraining und Organisationsentwicklung;
  • bei Mitarbeitern dominieren fachbezogene Themen wie Produktionsschulung, betriebswirtschaftliches Wissen, Informationssysteme und Marketing.
  • Spezialthemen bzw. Themen aktueller Art sollten vermehrt in Absprache mit der Klientel angeboten werden.
2.2.4 Maßnahmen    

Lebensbegleitendes Lernen findet permanent in der Arbeitstätigkeit statt, in Kooperationsformen mit der Kollegenschaft und Vorgesetzten, in Print- und elektronischen Medien (Netzwerken), unbeabsichtigt oder geplant und kontrolliert.

Maßnahmen bieten sich an

  • direkt am Arbeitsplatz (on the job),
  • außerhalb des Arbeitsplatzes (off the job) und
  • unter Anwendung von Informationstechnologie/ IT ("Telelearning").
Inhalte und Organisation haben sich nach der Klientel zu richten, die Transformation des Gelernten muss gegeben sein.

Methoden sind

  • planmäßige Arbeitsunterweisungen,
  • job rotation,
  • selbstgesteuertes Lernen am Arbeitsplatz,
  • Vortrag,
  • Fallstudien,
  • Gruppenarbeit,
  • Team-Action-Learning?,
  • Rollen- und Planspiele,
  • netzwerkbasierte Unterrichtsumgebungen und
  • Hybridsysteme.
  • Unabhängig davon sind Lehrveranstaltungen der Beruflichen Erwachsenenbildung (Kurse-Lehrgänge-Seminare?), Fachhochschul- und Universitätsweiterbildungsangebote mit formalem Abschluss (Zertifizierung, Diplom oder Masterabschluss) zu berücksichtigen.
2.3 Laufbahn- und Karrieregestaltung    

Laufbahn- und Karrieregestaltung beinhalten ein Zusammenwirken von Organisation und Individualität.

  • Es geht um Zielsetzungen, Aufgabenstellungen und betriebliches Karrieremanagement.
  • Möglichkeiten und Anforderungen einer Laufbahn- und Karrieregestaltung und deren Folgen für eine individuelle Karriere sind zu beachten.
2.3.1 Karrieremanagement    

Betriebliches/ Berufliches Karrieremanagement (KM) ist prozesshafte Planung, Umsetzung und Kontrolle von Laufbahnen und Karrieren in Organisationen (vgl. KASPER-MAYRHOFER? 2002, 507). Es geht um Gestaltung von organisatorischer Laufbahn und individueller Karriereentwicklung.

Neue Positionen bzw. Aufgabenfelder sollen vorausschauend für eine Besetzung geplant werden. Es zeugt sich, dass bei der Komplexität weitgehend größere Organisationen eine PE vornehmen (vgl. SCHOLZ 1994, 894).

  • Zur Realisierung bedarf es einer Gestaltung von Laufbahnsystemen mit einer Definition bzw. Überprüfung von formalen Voraussetzungen (Qualifizierungsmaßnahmen).
  • Dazu gehören Ausprägungen des Laufbahnsystems, Arbeitsplatzanforderungen, die Bedarfssituation, Einstellungs- und Nachfolgeplanungen, Auswahlverfahren durch eine Leistungs- und Potenzialbewertung.
  • Ebenso gehört dazu eine Planung eines Durchlaufens verschiedener Positionen als Voraussetzung für eine Besetzung einer Führungsposition.
  • Interne und externe Laufbahn- und Karriereberatung gehören zur Unterstützung der Mitarbeiter bei der Entwicklung von Vorstellungen für Karriere- und Laufbahnplänen (vgl. Karriereworkshops, Coaching, Outplacementberatung).
Es zeigt sich, dass bei der Komplexität von KM weitgehend größere Organisationen entsprechende Maßnahmen setzen (vgl. SCHOLZ 1994, 894). Um Machtspiele einzuschränken, können Laufbahn- bzw. Karrierevereinbarungen und Vorgaben festgelegt werden, ebenso sind zeitliche Klärungen von Vorteil.

2.3.2 Karriere - Laufbahn    

Bedeutungsinhalte zu beider Begriffe erleichtern realistische Vorstellungen bei der Umsetzung in der Arbeits- bzw. Berufswelt.

  • Karriere wird mit hierarchischem Aufstieg mit Positionsorientierung/ Positionswechsel und Verhaltensänderung verbunden.
  • Die Laufbahn besitzt festgelegte, personenbezogene und normierte Positionsrahmen mit formulierten Laufbahnsystemen:
    • vorgegebenes Aktivitätsniveau,
    • Bewegungsraum,
    • Bewegungsrichtung,
    • Bewegungsprofile (vgl. KASPAR-MAYRHOFER? 2002, 511-513).
2.3.3 Laufbahn- und Karrieremodelle    

Unterschieden werden drei Modelle.

  • Führungslaufbahn - Versetzung innerhalb der Linienorganisation, gezielte Nachwuchsförderung, automatischer Aufstieg,
  • Fachlaufbahn - Schaffung einer zweiten Hierarchie mit speziellen Aufgaben ("Fachreferenten") und
  • Projektlaufbahn - Übernahme von Projektfunktionen mit zeitlicher Befristung, Fehlen eindeutiger Positionsbestimmungen, Notwendigkeit genauer Abstimmungen zwischen den Tätigkeitsfeldern und notwendigen Fortbildungsmaßnahmen.
2.3.3.1 Prozess der individuellen Karriereplanung    

- Definition der Karriereziele

- Entwicklung von Karriereplänen

- Umsetzung der Maßnahmen

- Evaluation der Ziele

2.3.3.2 Motivstrukturen eines Berufslaufbahn    

- Managementkompetenz

- Technische Kompetenz

- Beständigkeit

- Unabhängigkeit

- Unternehmerische Kreativität

- Dienst/ Hingabe an einer Sache

- Herausforderung

- Integration von Privatleben und Beruf

2.3.3.3 Modellanforderungen    

- Möglichkeiten zur Beförderung

- Motivation zu erfüllbaren Erwartungen

- Kompensationseffekte zwischen Aufstieg und Arbeitsinhalten - Trennung von früherer Leistungsbeurteilung und zukunftsorientierter Personalförderung

3 Ausblick    

Neben der persönlichen Motivation geht es reflexiv um

  • qualifiziertes Personal,
  • die Orientierung der PE und
  • um das pädagogische Element einer ausgewogenen Lernbegleitung.
3.1 Grundsätzliche Überlegungen    

Die Studie hat seine Grundlage im Besuch von Seminaren

  • der PE an der Universität Wien (2008-2010) mit Inhalten der Hochschuldidaktik, des Coachings, des Projektmanagements und der Gewaltprävention sowie
  • der PE an der Universität Salzburg (2015/2016) mit der Absolvierung des 4. Internen Lehrgangs für Hochschuldidaktik.
Zudem spielen berufspädagogische Überlegungen eine wesentliche Rolle.

3.2 Qualifiziertes Personal    

Qualifiziertes Personal ist für eine Organisation eine wertvolle Ressource, das gebildet, ausgebildet, fortgebildet, weitergebildet, unterstützt, anerkannt und bei der Realisierungsphase gefördert werden muss.

"Innere Kündigung" führt zu Fachwissen-Verlusten?, Kosten einer Neubesetzung und Personalführung sowie zu internem Konfliktpotential.

Elemente einer PE sind eine

  • Planung, Rollengestaltung, Information und Beratung.
  • Einführungsprogramme, Einführungsmaßnahmen, Anforderungs- und Qualifikationsprofile, Förder- und Laufbahngespräche, Karriereplanungen und Karrierevereinbarungen, Coaching und ggf. Supervision sowie berufspädagogische Maßnahmen der Beruflichen Erwachsenenbildung, der Fachhochschulen und Universitäten sind geeignete Instrumente individueller und kollektiver Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, verbunden mit Wertschätzung und Anerkennung in der Mitarbeiterführung.
3.3 Orientierung einer PE    

PE orientiert sich an Zielen der Organisation und der Mitarbeitenden,

  • erhält, fördert und motiviert das Personal und die Führungskräfte,
  • entwickelt realistische Erwartungen und
  • verwirklicht bzw. erneuert Ziele der Organisation.
3.4 Lernbegleitung    

Die PE befindet sich im Wandel. Kennzeichen sind die Wirtschaftskrisen, ökonomische Unsicherheiten, digitale-mobile-soziale Technologien ("neue IT"), demografische Verschiebungen und eine Globalisierung. Dies bedeutet einen Paradigmenwechsel in der Erwachsenenpädagogik in Lehre und Lernen.

Wesentlich ist der Aufbau eines Wissens- und Kompetenzmanagements (vgl. SAUTER-SCHOLZ? 2015).

  • Lernräume und Lernmöglichkeiten sind zu gestalten.
  • Die Verantwortlichkeit für eine andere Bildung liegt vermehrt bei den Mitarbeitenden.
  • Lernprozesse sind in der Folge selbst zu steuern und zu organisieren. Diese neue Kompetenz kann nur in einem Veränderungsprozess aufgebaut und organisiert werden.
  • Neben notwendigen Qualifikationen bzw. deren Ausbildung der Mitarbeitenden bedarf es der Befähigung, neue Herausforderungen professionell und kreativ zu bewältigen.
  • Zusätzlich muss eine PE individuelle Kompetenzentwicklung ermöglichen (vgl. die Bedeutung der Möglichkeiten am Arbeitsplatz und in Netzwerken ["social workplace learning"]).
  • Kompetenzorientierte PE der Planenden, Entwickler, Trainer, Tutoren und Coaches erhalten im strategischen Kompetenzmanagement die Aufgabe,
    • Kompetenzen zu beschreiben,
    • transparent zu machen und
    • den Mitarbeitenden bzw. Führungskräften Kompetenzerwerb selbstorganisiert bzw. unterstützt zu ermöglichen, zu erwerben und weiterzuentwickeln.
Dazu bedarf es einer Steuerung und einer auszubauenden Aus-, Fort- und Weiterbildung (vgl. die berufspädagogische Bedeutung von/ für Hochschulen und Organisationen). In diesem Kontext sind die Anforderungen an Erwachsenenpädagogik zu sehen.

Es geht um

  • eine neue/ andere Unternehmens- bzw. Arbeitswelt (Innovationen, IT-Bereich?, Interkulturalität/ Globalisierung),
  • Notwendigkeit von Fort- und Weiterbildung (Anwendbarkeit, Verwertung von Vorwissen/ Erfahrungswissen, selbstorganisiertes Lernen, formelles Wissen vs. informelles Wissen).
Dazu bedarf es einer/ eines

  • Lernprozess-Moderation?,
  • Coachings der Führungskräfte,
  • Weiterentwicklung des Lehr- und Lernrahmens mit
    • einer Optimierung der Lerninhalte,
    • Impulsen und Ideen für die Lernbegleiter, Führungskräfte und Mitarbeitenden,
    • Ergänzung der innerbetrieblichen Lernangebote und
    • Ermöglichung von Lernen, etwa mit Lernmaterialien und IT-Einrichtungen?.
Voraussetzung ist intrinsische Motivation und Beschäftigungsfähigkeit (persönlicher Nutzen, Akzeptanz in der Organisation und der Führungskräfte). Ergebnisse sollen in direkter bzw. virtueller Kommunikation ausgetauscht werden. Fehler werden akzeptiert und als Element eines Lernprozesses betrachtet.

Fort- und Weiterbildung versteht sich heute

  • als Begleitung von Lernprozessen,
  • als Dienstleister nach Bedarf und Impulsgeber.
  • Trainer, Dozenten, Lehrende übernehmen die Rolle des Lernbegleiters.
    • Diese gehen von vorhandenen Kompetenzen/Vorwissen aus,
    • lassen Eigenverantwortung der Lernenden zu,
    • fördern das positive Lernkonzept der Lernenden,
    • fördern die Bildung von Lernpartnerschaften und Netzwerke sowie
    • offene Lernprozesse wie innovative Lernformen, Praxisprojekte, Erfahrungsaustausch mit Kommunikation, E-Learning?, Blended Learning und Social Learning.
Literaturverzeichnis Personalentwicklung    

Angeführt sind diejenigen Titel, die für den Beitrag verwendet und/oder direkt zitiert werden.

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Teil II Führungskräfteentwicklung    

Vorbemerkung    

Vermehrte Eigenständigkeit und Eigenverantwortung im Kontext mit kontinuierlicher Professionalisierung von Führungskräften gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Das Kapitel soll die Führungskräfteentwicklung aufzeigen. Theorie, Praxis und Methoden sowie Konzepte zur Qualifizierung und Personalentwicklung werden exemplarisch vorgestellt.

Unter Bildungsbereiche werden schulische und außerschulische Bildungsinstitutionen verstanden wie

Zur Diskussion stehen die Qualität, Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von Bildungsmaßnahmen für die jeweilige Zielgruppe.

Führungskräfte tragen Verantwortung für Managementbereiche und sind in der Folge Akteure für Innovationen bzw. Defizite.

Dies bedeutet in der Folge, dass Führungskräfte Experten für fachpädagogische Bereiche sein müssen.

Das Interesse (des Autors) bezieht sich

  • neben der schul- und erwachsenenpädagogischen Dimension mit Schul- und Bildungsmanagement - Schulentwicklung, Personalmanagement, Organisationspädagogik, Personalentwicklung, Nachwuchskräftegewinnung, Projektmanagement, Konfliktmanagement, Beratung, Fort- und Weiterbildung - insbesondere aufgrund der Ausbildung zum Schulentwicklungsberater und Erwachsenenbildner sowie der langjährigen Tätigkeit als Universitätslehrer (Berufspädagogik/ Aus- und Weiterbildung),
  • auf die Thematik einer zeitgemäßen Führungskräfteentwicklung als Grundlage für eine Qualifizierung, Personalentwicklung und Unternehmensführung in einer Zeit der Reformbestrebungen in schulischen und in außerschulischen Bildungssystemen (vgl. HINTERHUBER 1996/1997; MANDL-GERSTENMAIER? 2000; NITTEL 2000; GIESECKE 2001; RUX 2002; LIPOWSKY 2004; ROSENBUSCH 2005; GÜTL-ORTHEY-LASKE? 2006; WAHL 2006; DÖRING 2008; NOLDA 2008; HEYSE-ERPENBECK? 2009; ROLFF 2009; HUBER 2013; ROLFF 2013).
Einleitung    

Führungskräfteentwicklung ist eine Aufgabe mit/ für (die) Zukunft. Das Änderungspotenzial ist ausbaufähig.

Gesellschaftlich bleiben die Zuschreibungen an die Veränderungspotenziale des Lernens stabil. Es gibt eine Bedeutungszuschreibung an Fort- und Weiterbildung ("lebensbegleitendes Lernen").

Lernen wird zunehmend aus einer Systemperspektive begründet.

Lernen dient nicht nur der Selbstverwirklichung (Alltagswissen, Berufswissen),

Lernen wird zu einem Mechanismus zur Regulierung der Zugehörigkeit zu bestimmten Systemen.

Daraus ergibt sich ein doppelter Bezug, subjektbezogen geht es um Bildung, Wissen und Nichtwissen, Sinn und Bedeutung > Selbststeuerung und systembezogen um Management von funktionsbestimmten Lernprozessen, ökonomische Handlungsweisen und Marktorientierung, zweckbestimmtes Handeln > Steuerungsmaßnahmen in Bildungssystemen.

Damit ergibt sich die Notwendigkeit einer Professionalisierung von Bildungsträgern und Bildungsanbietern. Der Führungskräfteentwicklung fällt eine professionelle und eigenständige Aufgabe zu.

Zu bedenken ist, dass dieser Prozess in der Regel bei laufendem Betrieb erfolgt und Schwankungen unterworfen ist (vgl. die Probleme mit Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen in Schule bei Lehrenden, Verwaltungspädagoginnen und Verwaltungspädagogen sowie in der Erwachsenen- und Weiterbildung bei der Vielfalt Lehrender mit unterschiedlichen Qualifikationen).

Im Folgenden wird auf die Bereiche Schule und Gesellschaft, Erwachsenen- bzw. Weiterbildungsinstitutionen und Gesellschaft - Bildungsmanagement, Führung von Schulen und außerschulischen Bildungsinstitutionen, Führungskräfteentwicklung, Qualifizierungsmaßnahmen, Methoden und Modelle sowie curriculare Modelle der Weiterbildung eingegangen.

Literaturhinweise und eine Auswahl von IT-Autorenhinweisen? vervollständigen den Beitrag.

1 Schule und Gesellschaft    

Qualität und Entwicklung von Schulen bzw. der Schulaufsicht hängen in hohem Maß von der Leistung der Schulleitung/Schulaufsicht ab. Schulmanagement ist ein Erfordernis (vgl. HUBER 2011, 75-89; 2013, 5).

Die Ansprüche steigen mit bildungspolitischen Maßnahmen wie einer Erweiterung der Eigenverantwortung und Instruktionsaktivitäten etwa mit Schulversuchen zu Änderungen von Schulprofilen und Lehrerleistungen (vgl. FEND 1998).

Pädagogische Steuerungsmaßnahmen werden ein zentraler Faktor für die Qualität der Schule.

Fähige und gut geführte Schulleitungen bzw. Schulaufsichten im Kontext mit geeignetem Personal von Führungskräften, Lehrenden und motivierten Lernenden weisen auf den Zusammenhang von Leitungshandeln, Schülerleistungen, Selbstverständnis und Einstellung Lehrender sowie in der Folge auf die Qualität von Unterricht, Erziehung, Lehren und Lernen hin (vgl. GRAY 1990, 204-233).

Interne schulische Bedingungen mit Förder- und Unterstützungsfunktion von Führungskräften ergeben darüber hinaus eine zunehmende Professionalisierung der Lehrenden im Rahmen einer kontinuierlichen Fort- und Weiterbildung, der Entwicklung einer kooperativen Schulkultur und positiver Veränderungsprozesse der Einzelschule.

Anforderungen aufgrund gesamtgesellschaftlicher Veränderungen im sozialen, kulturellen und ökologisch-ökonomischen Kontext

  • bedürfen innovativer Prozesse, um Schritt halten bzw. entgegen halten zu können.
  • Interkulturalität bzw. Multikulturalität sowie gesellschaftlicher Pluralismus mit ethnischer und kultureller Vielfalt und einer zunehmenden Globalisierung ergeben komplexe Zusammenhänge, die Schule mehrfach herausfordern (vgl. den IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Interkulturelle Kompetenz, Globales Lernen). Schule hat neben der Wissensvermittlung (ohne Monopolstellung ) einen gesamtgesellschaftlichen Wertekonsens mit einem zeitgemäßen Fächerkanon bzw. Fächerverbünden aufzubauen, der in einer Schulgemeinde zu erstellen und jeweils zu aktualisieren ist (vgl. JONES 1987).
  • Schule fungiert (daher) mit ihrer Sozialisationsfunktion als Erziehungsinstanz und reagiert auf veränderte Familienstrukturen bzw. tritt mitunter anstelle von Familien.
  • Schulleitung bzw. Schulaufsicht und Schulverwaltung haben den gesamtgesellschaftlichen Auftrag, auf soziologische und demographische Gegebenheiten in der Ökonomie, Ökologie, Globalisierung und bei neuen Erkenntnissen der Bildungswissenschaft bzw. Bildungspolitik zu reagieren (vgl. zur Rolle der Schulaufsicht ROSENBUSCH-SCHLEMMER? 1997, 9-17).
  • Schulen und der Schulaufsicht bzw. Schulverwaltung ist/ wird ein Handlungsrahmen vorgegeben.
Gemeinsam vielen europäischen Bildungssystemen sind

  • Tendenzen vermehrter Dezentralisierung - Schulautonomie bzw. Eigenverantwortung - und Innovationsbestrebungen.
  • Als Gegenbewegung kommt eine gesetzlich und administrative Zentralisierungsbewegung - zentrale Einflussnahme und Kontrolle - zur Geltung. Qualitätssicherung (Qualitätskontrolle) ist ein wesentliches Bemühen (vgl. Rechenschaftspflicht, externe Evaluationen, festgeschriebene Lehrpläne, standardisierte Testverfahren). Das einzufordernde Bildungsniveau wird als Schlüssel für eine positive sozioökonomische Entwicklung eines Landes angesehen.
Gleichzeitigkeiten von Dezentralisierung und Zentralisierungstendenzen erfordern wesentliche Eingriffe in die Schulorganisation. Neue Schwerpunkte und zusätzliche Aufgabenbereiche entstehen in der pädagogischen Führung und bei Führungskräften (vgl. HUBER 2013, 8-9).

Die Ansprüche an Einzelschulen steigen, das Rollenverständnis von Eltern ändert sich zu Kunden, Konsumenten und auch zu Partnern. Lehrende werden in die Schulgestaltung einbezogen, Schulgremien erhalten Mitspracherechte, wie es sich in Bezeichnungen wie "Local Management of Schools" und "Self-Governing? School" äußert (wie in Großbritannien, den Niederlanden, Schweden, Dänemark und den USA).

2 Erwachsenen- bzw. Weiterbildungsinstitutionen und Gesellschaft - Bildungsmanagement    

Im Folgenden soll zunächst auf die Bedeutung der Erwachsenen- bzw. Weiterbildungsinstitutionen eingegangen werden, bevor grundsätzliches zum Bildungsmanagement ausgeführt wird.

2.1 Erwachsenen- bzw. Weiterbildung    

Einrichtungen und Organisation der Erwachsenen- (EB) bzw. Weiterbildung (WB) müssen in einer ständig ändernden Gesellschaft bestehen können.

EB/WB stellt Theorie und Praxis vor Herausforderungen.

  • Die Beziehung von Lehrenden und Lernenden ist eine Beziehung zwischen Mündigen. Es gibt keine Erziehung, der Adressatenkreis (Klientel) sind Teilnehmerinnen und Teilnehmer als Lernende.
  • Es geht um Bildung, Qualifikationen und Erwerb von Kompetenzen.
  • Die Organisation der EB ist pluralistisch, es geht um das Bestehen am Bildungsmarkt. Den gesetzlichen Rahmen regelt der Staat.
  • Es ergeben sich für die EB und WB besondere Aufgabenstellungen. Die Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft fordert Mündigkeit, die Berufspädagogik Fachwissen und Kompetenzen, das Bildungsmanagement Konkurrenzfähigkeit und Markttauglichkeit.
In dieser Interdisziplinarität geht es um die Herausforderungen

  • der jeweiligen Situation (Situationsanalyse),
  • Darstellung veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen (Gesellschaftsanalyse),
  • den sich ändernden Wirtschaftsrahmen (Wirtschaftsanalyse) und
  • um Ziele und Zielkonflikte in den angesprochenen Fachbereichen (Lernzielanalyse).
Gefordert ist daher eine theoretische Abklärung der Theorien der Organisation und der Veränderungen auf ihre Brauchbarkeit und Ergebnisse, die zu pragmatischen Entwicklungsprozessen führen.

EB ist mit dem Verband Österreichischer Volkshochschulen, dem Ring Österreichischer Bildungswerke, dem Forum Katholischer Erwachsenenbildung, dem Verband Gewerkschaftlicher Bildung, dem Büchereiverband und den sozialpartnerschaftlichen Bildungsträgern - Ländliches Fortbildungsinstitut/ LFI, Wirtschaftsförderungsinstitut/ WIFI und Berufsförderungsinstitut/ bfi sowie der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft - ein Bestandteil des quartären Bildungssektors.

Der Bildungsauftrag bezieht sich auf die jeweilige Lebensumwelt, das Alltags- und Berufswissen sowie explizite Wissens- und Haltungsbereiche wie Gesundheit, Politische Bildung und Kreativität.

Zunehmend von Bedeutung wird das Nachholen von Bildungsabschlüssen und erwachsenenpädagogische Bemühungen bei der Integration von Zuwanderern. Weltanschauliche Offenheit und Orientierung an der Lebenswelt'' der jeweiligen Klientel sind erwachsenenpädagogische Erfordernisse und bedeuten gesellschaftliche Mitverantwortung im allgemeinen und beruflichen Bildungsprozess Erwachsener.

Benötigt werden in der EB und WB Professionalisierungsprozesse und Weiterbildungsmaßnahmen der Lehrenden, Profitbildung des Programmangebots und Verbesserung der Ressourcennutzung mit Qualitätssicherung durch Kooperation in Form von Erfahrungsaustausch, gemeinsamem Marketing und gegenseitiger Beratung in Verwaltung und Programmplanung.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen in der EB und WB beziehen sich auf Veränderungen der demokratischen Gesellschaft. Am Beispiel der Transformation der Arbeitsgesellschaft lässt sich der Veränderungsprozess darstellen (vgl. IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Vorberufliche Bildung).

Für Bildungseinrichtungen hat dies Konsequenzen.

  • Ihre Rolle wird zunächst aufgewertet, weil Bildungsmaßnahmen verstärkt notwendig werden ("lebensbegleitendes Lernen"/ EU-Lissabon? 2011). Dieses Lernen soll gemäß der EU-Forderung? für unterschiedliche Arbeitsmöglichkeiten fit halten. Demnach soll es für verlängerte erwerbszeitfreie Zeit auf neue Beschäftigungsfelder vorbereiten.
  • Bildung wird als Dienstleistung auf einem Bildungsmarkt verstanden. Ökonomische, inhaltliche und methodische Konkurrenz ist vorhanden.
  • Gefragt und gefordert ist durch die Pluralisierung der Arbeitsformen und Berufsbilder, Individualisierung von Arbeitsbedingungen und geringe Halbwertzeiten berufsspezifischen Wissens eine berufliche Grundbildung. In der Folge ist jedenfalls Fortbildung notwendig, Weiterbildungsmaßnahmen zur Höherqualifizierung sind zunehmend wünschenswert geworden.
  • Bildungseinrichtungen verändern sich durch neue Arbeitsmodelle, flexible Arbeits- und Lernformen.
  • Der interdisziplinäre Ansatz einer zeitgemäßen EB bzw. WB geht von einer bildungswissenschaftlichen Perspektive aus. Dies zeigt sich daran, dass Lern- und Bildungsprozesse die Einzelbiographie betreffen.
  • Zusätzlich ergibt sich als Herausforderung die Europäisierung und Internationalisierung mit dem Bestreben einer Harmonisierung der Bildungssysteme. Es geht um Anerkennung von Bildungsabschlüssen. EU-Bildungsprogramme? fordern neue Bildungselemente in Europa ein. Netzwerkarbeit, EU-Projekte? und internationale Aktivitäten bei Tagungen und europaweiten Studien erweitern die Möglichkeiten.
2.2 Bildungsmanagement    

Die angestrebte Entwicklung führt in der Folge zu einer vermehrten Professionalisierung von Bildungsträgern und Bildungsanbietern mit der Zielsetzung, Berechtigungen insbesondere über Bildungsabschlüsse und berufliche Kompetenzen zu vergeben. Im Managementbereich kommen Teilbereiche wie Marketing, Qualitätssicherung, Finanzierung und Führung zur Geltung (vgl. PIELER 2003).

Die von der EU geforderte Arbeitsfähigkeit ("Employability") wird zur täglichen Aufgabenstellung von Lehrenden, dem Bildungsmanagment und Beratungspersonal.

Damit kommt es zu einem Paradigmenwechsel. Allgemeine EB verliert an Bedeutung, Berufliche EB bzw. Weiterbildung wird forciert. Von der Systemseite wird Lernen zu einer professionellen und eigenständigen Aufgabe (vgl. GÜTL-ORTHEY-LASKE? 2006, 3).

Der Begriff Bildung als zentrale Begrifflichkeit der Aufklärung mit dem Ziel einer Autonomie und Freiheit des Geistes verbindet sich mit dem Begriff Ökonomie und Management als Synonym für die Vorrangstellung von Geld und Marktbeherrschung. Bildung verlangt Wissen (über Lernprozesse), Management Zahlung und Markt (vgl. DECKER 2000).

Diese Gleichzeitigkeit kann durchaus eine Bereicherung darstellen. Spannungsfrei wird die Beziehung nicht sein können. Diese Ambivalenz bedeutet jedenfalls pädagogische Ressourcen zu nutzen und ökonomische Professionalisierung zu gestalten. Pädagogik und Ökonomie sind als Partner gefordert (vgl. den IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Ökonomische Grundbildung in der EB).

3 Führung von Bildungsinstitutionen    

Pädagogische Führungskräfte sind ein eigener Beruf mit einem eigenen Berufsbild, einem entsprechenden Zeitbudget und Status mit zugeschnittenem Qualifizierungsniveau. Kritisch wird vermerkt, dass dies nicht immer zu angemessenen bildungspolitischen und praktischen Konsequenzen führt.

In der wissenschaftlichen Beschäftigung gilt die Einsicht, dass die zentrale Bedeutung für die Bildungsqualität und ihre Entwicklung bei den Leistungen der Führungsqualität liegt (vgl. für Schulen HUBER 2011, 75-89; 2013, 5).

Eigenverantwortung von Schulen erhöhen die Ansprüche an schulische Führungskräfte. Empirische Schulwirksamkeitsforschung untermauert deren Bedeutung (vgl. beispielhaft für Großbritannien: REYNOLDS 1976, 217-230; SAMMONS-HILLMAN-MORTIMORE? 1995; für die USA: TEDDLIE-STRINGFIELD? 1993; für die Niederlande: SCHEERENS-BOSKER? 1997; für den deutschsprachigen Raum: FEND 1998; HUBER 1999, 10-17; ROLFF 2013). Fehlentwicklungen bei Schulen werden mit ungeeignetem schulischen Führungspersonal verbunden (vgl. ROSENBUSCH-SCHLEMMER? 1997, 9-17).

Zwar kann man von einer direkten Beziehung zwischen Führungskräftehandeln und dem Leistungsverhalten Lernender bzw. Studierender nicht ausgehen, jedoch auf Auswirkungen auf die Institutionenkultur und das Selbstverständnis Lehrender mit ihren Einstellungen, ihrem Verhalten und ihrer Motivation. Damit kommt es zu Wirkungen auf die Unterrichtspraxis und Lerneffekten bzw. der Qualität von Lehre und Lernen.

Pädagogische Führung ist eine der klarsten Aspekte der Wirksamkeitsforschung (vgl. HUBER 2013, 6).

Pädagogische Führungskräfte werden als Schlüsselfiguren bezeichnet, sie können Entwicklungsprozesse fördern bzw. blockieren. Als "Change Agents" tragen sie Verantwortung für Veränderungsprozesse.

3.1 Aufgabenerweiterung von Leitungen von Bildungsinstitutionen - Leadership    

Zu den tradierten Aufgabenfeldern von Bildungsinstitutionen kommen neue Tätigkeitsdimensionen hinzu, etwa Finanzierungsplanungen, der Auswahl und Einstellung des Personals und Öffnungen zum regionalen Umfeld; zusätzlich bei Schulen zur Elternschaft und politischen Gemeinde(n) sowie zur Wirtschaft mitbestimmend und mitverantwortlich in Schulgremien.

Damit diese Aufgaben bewältigt werden können, bedarf es erweiterter Kompetenzen.

Bereits in den siebziger bis neunziger Jahren wird das Rollenbild von Leitungsorganen von Bildungsorganisationen, bespielhaft bei Schulen, als sehr komplex dargestellt, womit von einer neuen "Rolle" gesprochen werden kann (vgl. KATZ 1974, 90-102; JONES 1987; CALDWELL-SPINKS? 1992; JIRASINGHE-LYONS? 1996; HUBER 2013, 12-13).

Als Aufgaben ergeben sich zwei zentrale Bereiche, einerseits die Tätigkeiten innerhalb der Bildungsinstitutionen personalbezogen und andererseits außerhalb der Bildungsinstitution die Pflege des gesellschaftlichen Umfeldes und der Verwaltung der Ressourcen.

Damit stellt sich auch die Notwendigkeit einer Umsetzung moderner Führungskonzepte, um den Rollenerwartungen gerecht zu werden (vgl. HUBER 2013, 17-18).

  • Tätigkeitsbereiche innerhalb der Bildungsinstitution
Organisationsentwicklung - Entwicklungs- und Verbesserungsprozesse ("Change Agent"),

Personalentwicklung - Arbeitgeberfunktion ("Staff Manager"), Fort- und Weiterbildung des Personals, Bildung kompetenter und kooperativen Teams, Bildung einer Lehr- und Lernkultur sowie eines professioneller Dialogs,

"People Person" - Rolle als Ansprechpartner für Lehrende und Lernende,

Lehrender - Kontakt mit Lernenden, Erprobung von didaktischen Konzepten, Sensibilität für Unterricht bzw. Lehre und

Vorbildfunktion - korrektes Verhalten, pädagogische Grundüberzeugung, Selbstkritik und professionelle Entwicklung.

  • Tätigkeitsbereiche außerhalb der Bildungsinstitution
"homo politicus" - Verständnis für Interessen, Position der Bildungsinstitution, demokratisches Verhalten,

Repräsentant - Vertretung der Bildungsinstitution, Imagepflege, Öffentlichkeitsarbeit und

Vermittlerfunktion-Mediator? - Abbau von Spannungen, Bindeglied zwischen internen und externen Interessen und unmittelbarer Ansprechpartner

  • Verwaltung von Ressourcen
Verwalter und Organisator - Managerfunktion in Verwaltung, Organisation und Koordination,

Gebäudemanager - Finanzierungssicherung, Gebäudeunterhalt und Architektur sowie

Unternehmer - Verwaltung des Budgets, Anbieter von Veranstaltungen, Teilnahme an nationalen und internationalen Projekten.

- - -

Führungskonzeption-Führungsverhalten?/ Leadership

Transactional Leadership - Betonung auf Verwaltungsarbeit

Transformational Leadership - Betonung auf Veränderungsprozesse

Integral Leadership - Verbindung von Führungs- und Leitungs- bzw. Verwaltungsaufgaben

Instructional Leadership - Betonung auf Lernfortschritte der Lernenden

Distributed Leadership - Betonung auf ein kooperatives Führungsverhalten in der Leitung der Bildungsinstitution(vgl. Pkt. 3.3)

Erfolgreiche Leitungen von Bildungsinstitutionen beinhalten eine normative Dimension. Grundlegende Werte der gesellschaftlichen Grundordnung und des situativ-sozialen Kontextes von Bildungsarbeit werden im pädagogischen Führungsverhalten miteinbezogen (vgl. FEND 1981, 377-387).

Demokratie als Ziel von Bildung und Erziehung müssen im Alltag integriert sein. Demokratische Werte müssen auch gelebt werden (vgl. ROSENBUSCH-SCHLEMMERT? 1997, 9-17; ROSENBUSCH 2005; vgl. den Bildungsauftrag von Politischer Bildung - dazu der IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Theorieansätze der Politischer Bildung).

3.2 Handlungsfeld Bildungsmanagement    

Bildungsmanagement ist professionelles Management schulischer bzw. außerschulischer Tätigkeiten und deren Sicherung und Qualitätsentwicklung (vgl. HUBER 2013, 20). Zentrale Aspekte sind die Planung, Organisation, Koordination, Steuerung und Kontrolle von Bildungsprozessen.

Bildungsmanagement geht von der standortgebundenen Bildungsinstitution aus, mit der die Institution und die Akteure konfrontiert sind. Bildungsmanagement ist situativ kontextgebunden. Geklärt wird, welche Personen mit welchen Aufgaben in welcher Form und Struktur bestimmte Prozesse durchführen. Bei einer Erweiterung der Eigenverantwortlichkeit der Institution ergeben sich komplexe Aufgabenbereiche mit Handlungsfeldern, die im Folgenden angesprochen werden (vgl. HUBER 2013, 21-22).

Unterricht/ Lehre

Die Verantwortung liegt bei der Lehrenden. Gesichert werden muss das Niveau des Unterrichts bzw. der Lehre und der Arbeitsstrukturen, kollegiale Zusammenarbeit und Austausch von Praxiserfahrungen.

Personal

Personalbestand und Personalbedarf sorgen für die Aufgabenerfüllung. Fort- und Weiterbildung des Personals erweitern nicht nur die persönliche Fachkompetenz, ebenso auch die Kompetenz des Kollegiums.

Organisation

Pädagogisches Handeln muss wirksam werden können. Organisationsgestaltung orientiert sich am Auftrag und Zielvorstellungen (Bildungsprogramm, Leitbild).

Qualitätsmanagement

Dies ist ausgerichtet auf die Lernwirksamkeit des Unterrichts bzw. der Lehre und Ergebnisauswertung zum Zweck von Verbesserungsmaßnahmen. Qualitätssicherung bedeutet Evaluierung, in der Folge Maßnahmen zur Optimierung.

Kooperation

Eine Eigenständigkeit (Autonomie) bedeutet mehr Kommunikation innerhalb und außerhalb der Institution mit der Bildungsverwaltung, Bildungsträgern, Lernenden/ Studierenden/ Teilnehmenden, der Wirtschaft, öffentlichen Institutionen und den Medien.

Man bedient sich einer Öffentlichkeitsarbeit zur Stärkung des Prestiges und der Wettbewerbsfähigkeit.

Kooperative Arbeitsformen wie ressourcenökonomische Sitzungen und faire Arbeitseinteilung fördern das Arbeitsklima.

3.3 Kooperative Führung von Bildungsinstitutionen    

Ein Blick auf die Realität zeigt, dass kooperative Führung kaum vorhanden ist, schon gar nicht in Schulen (vgl. HUBER 2013, 24).

Die Begrifflichkeit entstammt der Managementliteratur außerhalb der Schule und gilt als mehrdeutig.

WUNDERER-GRUNWALD? (1980) sehen die Bedeutung in der Wechselseitigkeit und Selbstverwirklichung. LIEBEL (1992, 109-161) sieht zielorientierte soziale Enflussnahme zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben, stukturiert und in wechselseitiger Einflussnahme sowie konsensfähiger Gestaltung der Arbeits- und Sozialbeziehungen als organisationale und kooperative Perspektive.

Nach KANSTEINER-SCHÄNZLIN? (2002, 47) basiert kooperative Führung auf der Vorstellung, dass die Führungsfunktion im Miteinander der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestaltet wird und eine hohe Intensität der Entscheidungsbeteiligung aufweist.

Kooperative Führung ist ein umfassendes Konzept, weniger ein Führungsstil. Im Mittelpunkt stehen Kooperationserfordernisse (Verhalten) und Möglichkeiten mit fördernden Strukturen (vgl. HUBER 2013, 25-26).

Zum Verhalten gehören Einstellungen, Werte, Haltungen und Eigenschaften, Selbstkonzept und Kompetenzbewusstsein sowie Kenntnisse und Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Zur Struktur gehören Führung in geteilter Verantwortung und Streuung von Führungsverantwortung.

Dazu gehören nicht nur Zielvorgaben, ebenso gemeinsame Zielvereinbarungen. Eine Zielintegration als gegenseitige Abstimmung der Leistungsziele der Organisation und der eigenen Ziele ist wesentlich.

In diesem Konzept zeigt sich die Notwendigkeit einer ausgeprägten Sozialkompetenz mit wechselseitigem Vertrauen, Unterstützung und Partnerschaft.

Voraussetzung ist die Bereitschaft und das Engagement aller Beteiligten, ein reflexives Verhalten und die Einsicht zu Modifikationen. Es bedarf entsprechender organisatorischer Strukturen, um eine Streuung von Führungsverantwortung (etwa Schulleiter-Stellvertretung-Fachbetreuer?; Steuergruppe) und Führung in geteilter Verantwortung (Pädagogische Leitung-Verwaltungsleitung?) umzusetzen.

In der internationalen Fachdiskussion hat sich die Begrifflichkeit "distributed leadership" etabliert. Als Grundidee neben den angeführten Dimensionen gilt, dass Führung als dynamischer Prozess der Einflussnahme auf die Organisationspraxis aufgefasst wird. Leitung bzw. Führung ist eine Funktion, weniger eine Rolle bzw. Position (vgl. HARRIS 2008, 172-188).

"Distributed leadership" ist demnach eine Art konzertierte Aktion. Das bedeutet eine Absage an funktionsbedingte Hierarchien (Anordnung-Ausführung?). Das bedeutet aber auch eine große Verantwortungsbereitschaft des Einzelnen, berufliche Weiterentwicklung, Fort- und Weiterbildung, Reflexion, kollegiale Kooperation, Feedback-Bereitschaft? und -annehmen, Vertrauen und Selbstvertrauen, letztlich gemeinsames Lernen.

Die Realität zeigt sich vielfältigen Mischformen (vgl. COURT 2003; HUBER 2013, 29-30). Beispiele dafür sind nach COURT (2003) Führungsaufgaben durch Einzelpersonen - Zweiergruppen (pädagogische und administrative Leitung/Schulen in North Carolina/USA, Mann-Frau-Team/Niederlande? und Job-Sharing/Ehepaar? in Leicester/UK), Einzelpersonen in größeren Gruppen (mehrere Frauen im UK/Schul- und Bildungszentrum mit Kindergarten, Grundschule, Sekundarstufe I, Gemeindebibliothek, und Erwachsenenbildungsinstitution - Funktionsabstufung in Form von zwei Schulleiterinnen, zwei Stellvertreterinnen, eine Geschäftsführerin), und Lehrerteam mit Führungsverantwortung oder durch das gesamte Kollegium (Aufgabenverteilung untereinander/Kalifornien/USA; "Leitungskollektiv" aus allen Lehrkräften in Kleinschule/Norwegen, Neuseeland).

Vorteile bzw. Bedingungen von "distributed leadership" zeigen sich nach GRONN (2002, 653-696) in der

  • Reduktion von Stress und Isolation,
  • Chance der Professionalisierung,
  • Nutzung personaler Ressourcen und Synergieeffekte,
  • höheren Anzahl bis zu Ende geführten Projekte,
  • offenen Kommunikation,
  • Vereinbarung grundlegender pädagogischer Vorstellungen und Umsetzungsmöglichkeiten
  • kontinuierlichen Reflexion,
  • Bereitschaft zur Teilung von Verantwortung bzw. Rechenschaftsverpflichtung und
  • gegenseitigem Vertrauen und Achtung.
Leitungen von Bildungsinstitution stehen an der Schnittstelle zwischen der Hierarchie der Bildungsverwaltung einerseits und einer komplexen Hierarchie innerhalb der Bildungsinstitution andererseits.

Diesem Mix, eigentlich gut für Kooperationen geeignet, steht strukturell eine Handlungsrationalität mit Hemmnissen im Wege (vgl. KANSTEINER-SCHÄNZLIN? 2002), etwa

  • die Einteilung in Leistungs- und Lerngruppen,
  • fehlende Zeitfenster, mitunter ungünstige Räumlichkeiten,
  • das "Autonomie-Paritäts-Muster?" (d.h. gleiche Lehrende, keine Einmischung in die Arbeit des anderen),
  • Missverständnisse mit dem Begriff "Kooperation" (Gleichmacherei, Einschränkung der eigenen pädagogischen Freiheit mit Aufgabe des individuellen Stils, Vielrederei mit wenig Ergebnissen),
  • Furcht vor der Störung des gewohnten Ablaufes,
  • mangelhafte Professionalisierung mit einem zu engen Verhältnis von "ich und Lerngruppe" und
  • ungünstige Gestaltung vorhandener Gremien (auf Grund fehlender Professionalisierung).
Zu bedenken ist auch, dass Lehrende zumeist mit ihrer "Lehrverpflichtung" ausgelastet sind (wie Unterricht/ Vorbereitung-Korrekturen?, Dienstbesprechungen und Fortbildung).

Kooperative Führung in allen Bildungsbereichen bedarf (zunächst) konkreter Strukturen, damit zeitliche Grundlagen für mehr Partizipation an Führungsaufgaben geboten und gesichert ist. "Zu bedenken ist: Alle Änderungen in der Leistungsstruktur haben nur dann einen Sinn, wenn sie das pädagogische Handeln verbessern und damit die Zieltätigkeit erleichtern und bereichern" (HUBER 2013, 37).

Geht man von der Zielvorstellung aus, dass kooperative Strukturen alle Ebenen und nicht auf die Bildungsinstitution beschränkt sein können, so setzt das ein grundlegendes Umdenken bei allen Akteuren auf allen Ebenen voraus. Ein wünschenswertes demokratisches Ziel wäre vermehrte Partizipation (Mitgestaltung, Mitverantwortung).

3.4 Leadership    

Bildungsgerechtigkeit kann nur von professionellen Akteuren - Einzelpersonen und Institutionen - erbracht werden, wenn alle im Bildungssystem, also auch die Verwaltung, Politik und Gesellschaft, ihre Verantwortung übernehmen. Die Schule spielt eine zentrale Rolle, liegt sie doch in der Verantwortung des Staates und verbringen die Lernenden etwa 15 000 Stunden ihres Lebens als Schülerinnen und Schüler in diesem Bildungssystem (vgl. HUBER 2013, 40).

Bildungsgerechtigkeit benötigt darüber hinaus ein kohärentes Gesamtsystem, in dem abgestimmt aufeinander alle Akteure ihren Beitrag leisten (vgl. die Stellungnahmen der Sozialpartner in Österreich zu Reformbestrebungen). Im Hinblick auf eine Governance-Perspektive? sind die Führungskräfte der verschiedenen Einrichtungen bzw. Institutionen in den verschiedene Systemebenen in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung gefordert.

In der Folge geht es um schulische und außerschulische Vernetzungen, Bildungsregionen und das System Leadership in einigen Ländern mit Führungskräften, die innovative professionelle Lerngemeinschaften aufbauen und staatliche Unterstützung in Reformen bzw. Unterstützungen erhalten (vgl. HUBER 2013, 40-46).

3.4.1 Bildungsvernetzungen    

Im deutschsprachigen Raum werden Schulnetzwerke gegründet, Kooperationsverbindungen im Bildungsbereich entstehen eher langsam und wenn mit unterschiedlichen Zielen (vgl. HUBER-KREY? 2007). Das zentrale Anliegen, die Lehrerprofessionalität und Qualitätsentwicklung zu unterstützen, dient der Bewältigung der beruflichen Herausforderungen (vgl. SOLZBACHER-MINDEROP? 2007).

Nur wenige Netzwerke entstehen als Modellvorhaben. Begrenzte Zeitdauer und mitunter verschiedene Träger (auch als EU-Bildungsprogramme?) schließen Institutionen zusammen, wobei Anregungen für eine eigene Entwicklung sich ergeben (vgl. SOLZBACHER-MINDEROP? 2007, 4).

Die Chance, komplexe Fragestellungen gemeinsam mit Partnern zu klären, die in der Komplexität des Alltags nicht beantwortbar sind, hat eine wesentliche Bedeutung bekommen, zumal öfter als vermutet Fachspezialistentum vorhanden ist. Anregungen für Fort- und Weiterbildung ergeben sich ebenso.

3.4.2 Bildungsregionen    

Bildungsregion umfasst in der Begrifflichkeit "[...]eine strategische Allianz verschiedener Einrichtungen, Behörden und Schulen zur Gestaltung von Bildungsbiographien vom Kindergarten bis zur Studier- oder Berufsfähigkeit junger Erwachsener" (HUBER 2013, 41).

Diese regionalen Verantwortungsgemeinschaften entwickeln institutionalisierte Kooperationsformen als Austausch-, Qualifizierungs- und Zusammenarbeitsplattformen. In der horizontalen Dimension geht es alle Bildungsbereiche, Jugendtreff-Institutionen?, Vereine und Familie, vertikal um Kooperationen von Bildungsarten mit bestimmten Aufgabenstellungen.

Ein gutes Übergangsmanagement soll die Übergänge zwischen den Bildungseinrichtungen durch Kooperationsformen als funktionierende Bildungsketten gestalten. Dies bedeutet etwa, dass Kindertagesstätten, Kindergarten, alle Bildungsbereiche bis zur Berufsbildung eine verstärkte Bildungskooperation betreiben.

Unterschieden werden drei Stufen der Vernetzung (vgl. SOLZBACHER-MINDEROP? 2007):

  • Kooperation von mindestens zwei Partnern, meist zeitlich begrenzt und ohne Institutionalisierung,
  • regionale Schullandschaften, die systematisiert, organisiert und institutionalisiert bestehen und
  • Bildungsregionen, bei der alle schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen vernetzt sind. Hier können von Geburt an bis zum Berufsleben alle Einwohner eine optimale begleitende Förderung und Qualifizierung erhalten.
Für alle Partner in einer solchen Kooperation besteht in den Synergien für ihre Arbeit ein vertiefender Einblick in die jeweiligen pädagogischen Bemühungen, also vom Elementarbereich bis zur Erwachsenen- bzw. Weiterbildung.

3.4.3 System Leadership    

International gilt das "System Leadership" als Konzept der Systementwicklung (vgl. HUBER-ROLFF? 2010, 43-58). "Gemeint ist eine Praxis, in der der einzelne pädagogische Einrichtungen über ihre eigene Organisationsgrenzen hinaus tätig werden, damit das Bildungssystem als Ganzes profitiert" (HUBER 2013, 42).

Das Phänomen des Auseinanderklaffens von guten und schlechten pädagogischen Einrichtungen soll verhindert werden. Gegenseitige Unterstützung zugunsten einer positiven Entwicklung wird angestrebt.

Pädagogische Führungskräfte ergreifen Kooperationsmöglichkeiten, innerhalb der Organisation oder zwischen den Einrichtungen.

Das Beispiel England weist auf die geschickte Verknüpfung von professioneller Expertise und Engagement von Lehrenden und Verwaltenden bei Reform- und Entwicklungsprogrammen für Lernende in der jeweiligen Region und systematischer Bildungssystem-Entwicklung? (vgl. HOPKINS 2010, 211-224; vgl. HUBER 2013, 43 ).

Zu beachten die große Bandbreite der Möglichkeiten für Führungskräfte und ihre Einrichtungen, um zu kooperieren. Unterschiedliche Kooperationsmöglichkeiten und Rollen von "System leaders" lassen sich erkennen (vgl. HOPKINS 2008, 21-35):

  • Mitwirkung an Schulentwicklungsberatung und Modellvorhaben an anderen Schulen,
  • regionale Bildungslandschaften mit "community leaders" etablieren (vgl. die zu etablierende "Entwicklungsberatung" in Österreich/Stand Mai 2014),
  • Kooperationen mit besonders belasteten Schulen(herausforderndes soziales Umfeld, interne Bellastungssituationen),
  • Übernahme der Leistung eines Schulentwicklungsprogrammes an belasteten Schulen und
  • Bildungspartnerschaft in Form eines rechtlichen Zusammenschlusses von Schulen ("federations" mit gemeinsamer Leitung und Rechenschaft).
  • Zentral behandelt werden die pädagogische Praxis, Lerngemeinschaften und die Organisationsentwicklung.
Die Rolle der Führungskräfte betont strategische Führung.

  • Zunächst wird ein Leitbild erarbeitet und in der Folge die konkrete operative Arbeit begonnen.
  • Gemanagt werden die Beziehungen mit der Umgebung, der Gemeinden und dem Bezirk, anderen Schulen, Eltern, der lokalen Wirtschaft, Forschung und Partnern, die finanziell und technisch unterstützen können.
Außerschulische Faktoren haben, wie bereits erwähnt bei den sozioökonomischen Bedingungen einer Sozialisation, große Auswirkungen auf einen Bildungserfolg. Bildungsberatung, Erziehungskurse, Armutsverringerung und interkulturelle Bildung sind beispielsweise zu beachtende Aspekte.

Es ist davon auszugehen, dass eine nachhaltige Entwicklung der pädagogischen Einrichtungen nicht möglich ist, wenn sich nicht das ganze System entwickelt (vgl. FULLAN 2009, 101-113; HUBER 2013, 46-47).

3.5 Konfluente Leitung    

Konfluenz bedeutet nach dem Fremdwörterbuch "Zusammenfluss (mehrerer gleichrangiger Ströme)". Das Leitungskonzept, das im Folgenden dargelegt wird, trifft dies gut. "Strom" meint einen Prozess, vermittelt damit auch die Begriffe Energie und Synergie (vgl. die Begrifflichkeit in den USA "confluent education"; HUBER 2013, 55).

Konfluente Leitung teilt Führung auf, praktiziert Co-Management? und verbindet alles situativ. Pädagogische Führungskräfte schätzen ein, was für ein Potenzial bei Lehrenden bzw. Mitgliedern von Kollegien vorhanden sind.

Leitungstätigkeit umfasst Führung, Management und Steuerung.

3.5.1 Führung    

In der Analyse und Darstellung zu Führung unterscheidet man zwischen personal-interaktiver und strukturell-systemischer Führung (vgl. WUNDERER 2005, 5).

Personal-direkte Führung bezieht sich auf einzelne Personen. Anregungen, Hinweise, Auftragsvergabe und Anweisungen kennzeichnen das Spektrum. Grundlage von Führung ist die Akzeptanz von Personen, sich führen zu lassen, zumal Anweisungen unterlaufen werden können und Aufträge einer Interpretation unterliegen und Motivation benötigen. Lehrende lassen sich eher ungern führen, "[...]weil sie sich auf eine professionelle Ausbildung berufen, die sich von der der Führungskräfte nicht unterscheidet, und sie aus dem Studium wissen, dass zur Ausübung eines pädagogischen Berufs ein gewisses Maß an Autonomie gehört" (HUBER 2013, 50).

Umgekehrt wird argumentiert, dass wirksame Führung nicht auf Anordnung, vielmehr auf Überzeugung und Vorbild beruht. Wirksam wird Führung, wenn professionelle Führungsmittel eingesetzt werden(Mitarbeitergespräche; Zielvereinbarungen/verschriftlicht, regelmäßige Überprüfung; Mitarbeiterfort- und -weiterbildung).

Strukturelle Führung ergänzt über Struktursetzungen wie Organigramme, Geschäftsverteilung, Zuständigkeiten, Leistungsverträge und Zielvorgaben den Aufbau einer Innengliederung. Strukturelemente sind Klassen- bzw. Lehrgangsteams, Jahrgangsstufen bzw. Schulstufen und Fachgruppen bzw. Leistungsgruppen sowie Dienstbesprechungen und Konferenzen.

Bildungsinstitutionen zu führen bedeutet heute, kaum mehr allein leiten zu können (vgl. HUBER 2013, 51). Verteilte Führung ("distributed leadership") ist daher ein aktuelles Thema geworden (siehe Pkt. 3.3 des Beitrages; vgl. HARGREAVES-FINK? 2005, 24). Verteilte Führung bringt Personen in Führungspositionen, die in der Folge zu Führungskräften angeleitet werden können. Intern werden Führungskräfte damit zu "leader of learners".

3.5.2 Management    

Bezieht sich Führung eher auf das Personal, betrifft das Management eher sich auf Sachen. Hier geht es um die Betriebs- bzw. Institutionsleitung, Management von Projekten-Budget-Konflikte-Gesundheit-Changemanagement?.

Ressourcenbeschaffung und deren Nutzung, die Bewältigung des Nachrichtenverkehrs, die Gebäudenutzung und Sicherheit, Statistik und das Zeitmanagement sind zentrale Elemente. Weil nicht alles allein zu erledigen geht, bedarf es eine Co-Managements?, wobei zwei Varianten anwendbar sind. In einer erweiterten Leitung arbeiten alle Funktionsstelleninhaber zusammen. Es kann auch die Personalvertretung Verantwortung für das Management der Schulentwicklung übernehmen bzw. nur mitwirken.

Auch hier entstehen Führungskräfte, was etwa im schulischen Bildungsbereich - mit Ausnahme in höheren Schulen mit Administratoren und Abteilungsvorständen - bisher wenig etabliert ist (vgl. HUBER 2013, 53).

3.5.3 Steuerung    

Im Kontext mit Schulentwicklung entstand der Steuerungsbegriff.

Erhält eine Bildungsinstitution Gestaltungsautonomie, kommt es zu Weiterentwicklung und der Notwendigkeit, Realisierungsprozesse zu steuern. Neben der Leitung der Bildungsinstitution kann auch eine Steuerungsgruppe hier tätig sein.

Steuerungsgruppen gehören nicht zum Führungssystem und Co-Management?. Entschieden wird über Prozessfragen im Rahmen von pädagogisch-organisatorischen Entwicklungsmöglichkeiten, legitimiert durch Beschlüsse von Gremien bzw. der Leitung der Bildungsinstitution (vgl. etwa in Schulen durch das Kollegium bzw. die Schulleitung. Von Interesse wäre die Praxis von "distributed leadership").

3.5.4 Zusammenfassung - Reflexive Phase    

Spannend ist die Frage nach der Zusammenführung der Einzelaktivitäten zu einem handlungsorientierten Ganzen.

Dazu gehören

  • das Leitbild der Bildungsinstitution bzw. Profil,
  • das Führungsleitbild,
  • die Feedback-Kultur?,
  • der Masterplan einer Schulentwicklung bzw. Entwicklungsplanung der Bildungsinstitution,
  • das Qualitätsmanagement,
  • Gesundheitsmanagement und
  • das Wissensmanagement.
Organisatorisch bedarf es einer

  • erweiterten Leitung der Bildungsinstitution,
  • Steuerungsgruppen und
  • Besprechungen bzw. Konferenzen der Vorsitzenden der Fachgruppen.
Leitungen können daraus ein kohärentes Ganzes machen. Abzustimmen sind die Organisation, Verantwortung mit Verbindlichkeiten,, die Lehr- und Lernkultur sowie Symbolik bzw. Imagepflege der Institution.

In Anlehnung an ROLFF (2007/2010)kann dieses Leitungskonzept als "konfluente Leitung" bezeichnet werden.

3.6 Führungskräfteentwicklung bei Frauen    

Ausgehend von der Tatsache, dass es heute eine Generation von Frauen gibt, die hervorragend ausgebildet und für Führungspositionen bestens qualifiziert sind, soll im Folgenden

  • auf geschlechtsspezifische Aspekte wie Geschlecht und Gesellschaft, Geschlechterverhältnisse in pädagogischer Diskussion, geschlechtergerechte Bildung und Geschlechterdemokratie zunächst eingegangen werden (vgl. RICHTER 2007, 407-416),
  • um Trends im Bildungssystem und Konzepte zur Balance von Familie und Beruf anzusprechen (vgl. HUBER 2013, 68-74).
3.6.1 Geschlecht-Gesellschaft?    

Politisches Handeln, hier bei der Entwicklung weiblicher Führungskräfte in Bildungssystemen, ist mit Geschlechterdifferenz, Geschlechterbeziehungen und Geschlechterverhältnissen zu sehen. Grundpositionen im Denken über sex und gender, dem Ausgestalten von Frau-sein(Mann-sein), Geschlechterrollen und die Queer-Bewegung? beeinflussen das Verhältnis von Geschlecht und Gesellschaft (vgl. HARK 2001; ENGEL 2002; RICHTER 2004, 181-195 bzw. 2007, 407).

Geschlecht und Verhalten wird heute als das, was wir tun, gedeutet ("doing gender"). Gender ist situativ konstruiert und (damit) wandlungsfähig.

Junge Frauen (und Männer) sehen ihre Geschlechtsidentität als kontingent und variabel an, je nach Kontext. "Das Geschlecht wird seltener als relevante Kategorie für die eigene Biografie oder die Gesellschaft angesehen[...]-zu Unrecht" (RICHTER 2007, 407).

Mit der Konstruktion von Geschlecht in Kontexten und vielfältigen Varianten - wie etwa race und sexuelle Orientierung - will man den Geschlechterdualismus überwinden. Wesentlich sind Prozesse der Interaktion, die in gesellschaftliche, institutionelle, soziale und familiale bzw. private Kontexte eingebettet sind. Sie sind demnach durch die historischen Strukturen veränderbar.

Kontrovers wird der gesellschaftliche Wandel diskutiert. Die Vergesellschaftlichung von Frauen in den Dienstleistungs-, Informations- und Wissensbereichen scheint - aus der Sicht der Politischen Bildung empirisch begründbar - widersprüchlich auf die Gleichzeitigkeit von Integration und Ausgrenzung, Partizipation und Segregation, Anerkennung und Diskriminierung hinzuweisen (vgl. KNAPP-WETTERER? 2001, 9). Dies bedeutet in der Folge für die Rolle von Frauen in der Erwerbs- und Hausarbeitssphäre die Notwendigkeit eines komplexes Zusammenspiels von Familien-, Sozial-, Steuer- und Fiskalpolitik.

Dsa unterschiedliche politische Interesse von Frauen lässt sich auf die unterschiedlichen Sozialisationsfaktoren in den Lebenszusammenhängen erklären (vgl. METZ-GÖCKEL? 2000, 103-116).

Man geht vom Konzept der "Selbst-in-Beziehung?" aus, die in der Bezogenheit auf andere Menschen, der Entfaltung der Persönlichkeit und Verortung in der Zweigeschlechtigkeit bedeutsam ist. Die drei Bereiche erklären das unterschiedliche politische Interesse in den Lebenszusammenhängen, die beeinflusst werden vom Spannungsdreieck Familie/Ehe - Kapital/Markt - Sozialstaat. Diese binden unterschiedlich Frauen und Männer in den Staat ein, setzen sie unterschiedlich in Beziehung und damit in politische Partizipation, Engagement und politisches Interesse (vgl. RICHTER 2007, 409). Am Beispiel etwa der Schul-, Studien- und Berufswahl lässt sich dies nachweisen (vgl. den IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Vorberufliche Bildung in Österreich).

In diesem Wechselspiel von Fremd- und Selbstsozialisation kann es zu unterschiedlichen Lebens-, Arbeits-, Denk- und Kommunikationsweisen sowie einem Lernverhalten der Geschlechter kommen (vgl. RICHTER 2001, 46-160). Mit der Kenntnis der einzelnen Persönlichkeit von Lernenden lassen sich allerdings die Geschlechtergruppen verallgemeinern und Diskriminierungen vermeiden (vgl. KNAPP-WETTERER? 2001, 15-62).

3.6.2 Pädagogische Diskussion von Geschlechterverhältnissen    

Geschlechterdifferenzierte politische Bildung findet schulisch, feministische Bildung im außerschulischen Bereich statt (vgl. OECHSLE-WETTERAU? 2000; RICHTER 2001, 46-160).

In der Koedukationsdebatte entwickeln sich die Aspekte der "Gleichheit bzw. Differenz" zur Dialektik von "Gleichberechtigung bzw. Verschiedenheit".

  • In der Überwindung der Geschlechterdiskriminierung entstanden Ansätze der "Jungen- bzw. Männerbildung".
  • In der Folge wird über geschlechtergerechte Didaktik bzw. Reflexive Koedukation nachgedacht. Fachdidaktische Analysen gehören zur Geschlechtergerechtigkeit.
  • Reflexionen der Kommunikations- und Interaktionsstrukturen im Unterricht und die Beachtung der Lehrrolle vervollständigen die pädagogischen Bemühungen.
  • Als umfassende (bildungs-) politische Handlungsstrategie gewinnt "Gender Mainstreaming" in der Bildungspolitik Bedeutung (vgl. JANSEN-RÖMING-ROHDE? 2003).
3.6.3 Geschlechtergerechte Bildung    

Eine geschlechtergerechte Bildung in allen Bildungsbereichen ist durch die Aufklärung geschlechtsspezifischer Diskriminierungen in der Gesellschaft und im Bildungssystem gekennzeichnet.

Ihre pädagogische Begründung findet sich in der Politischen Bildung mit den Themenbereichen aktuelle Gesellschaftsentwicklung, Problemstellungen, Anteile weiblicher (männlicher) Geschichte, Befragung von Experten, Fallstudien und biografischem Lernen (vgl. den IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Theorieansätze in der Politischen Bildung).

Die gesellschaftspolitische Begründung findet sich in den gesetzlichen Bestimmungen um eine Gleichberechtigung (Bundes-Gleichbehandlungsgesetz?: BGBL Nr. 100/1993; Änderung BGBL I Nr. 120/2013; Richtlinien der EU 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2000/73/EG; vgl. § 7 Bundes-Gleichbehandlungsgesetz? 1993 i.d.g.F. bei Bewerbungen von Frauen).

3.6.4 Geschlechterdemokratie    

Dieser Aspekt scheint insbesondere für die Fort- und Weiterbildung künftiger und aktuell vorhandener Führungskräfte geeignet zu sein. Fragenbereiche ergeben sich aus den

  • Beziehungsnetzen und die Beeinflussung der Geschlechterverhältnisse,
  • Ziele und Perspektiven der Veränderung von Institutionen,
  • Themen wir Armut, Arbeitslosigkeit, prekäre Arbeitsverhältnisse und Lebensglück von Frauen sowie
  • Veränderung von Lebensentwürfen.
3.6.5 Trends und Tendenzen im Bildungssystem    

Eine Förderung der Gleichberechtigung von Frauen (und Männern) und die Beseitigung bestehender Nachteile ist in der Bundesverfassung (Republik Österreich) verankert.

Die Gleichstellungfrage beinhaltet neben der rechtlichen Gleichstellung beider Geschlechter auch die Sensibilisierung der Gesellschaft für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gleichstellungsbeauftragte haben als Aufgabenbereich, bei Besetzungen und Fragen im Sozialbereich auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen zu achten und sie einzufordern.

Erkennbar ist die ansteigende Zahl weiblicher Funktionsträgerinnen. Mit zunehmender Höhe des Bildungsbereichs bzw. der Funktion fehlen trotz Gleichstellungsauftrag und Frauenförderung weibliche Funktionsträgerinnen.

Geschlechtliche Diversität im Bildungsbereich ist ein wichtiger Motor für deren Entwicklung und Qualität. Frauen arbeiten in der Regel sehr teambewusst, zeigen ein hohes soziales Engagement für ihre Mitarbeiter und kommunizieren gut. Ebenso sind Entschluss- und Durchsetzungskraft sowie analytische Fähigkeiten mit Fachkompetenz auf Grund qualifizierter Aus- und Fortbildung vorhanden (vgl. HUBER 2013, 70-71).

3.6.6 Beruf und Familie    

"Ob Frauen eien Führungsposition einnehmen, hängt aber weniger vom vermeintlichen weiblichen Sozialcharakter als vielmehr von strukturellen Bedingungen ab, zum Beispiel davon, wie attraktiv ein Führungsamt für Frauen ist"(HUBER 2013, 71).

Mitunter fehlen die Voraussetzungen, Beruf und Familie zu vereinbaren. Die Frage polarisiert wie kaum ein anderer Aspekt die öffentliche Diskussion, geht es doch um Karrierechancen und einen Aufstieg in der Berufslaufbahn.

Um die Vereinbarkeit durchzusetzen, bedarf es eines Umdenkens bei der Erstellung von Lebensraumkonzepten. Für die Sicherung gleicher Chancen von Frauen (und Männern) bedarf es einer Infrastruktur, die ausreichende ganztägige Kindergärten und Schulen sowie ausreichender Verkehrsverbindungen, entsprechende Öffnungszeiten von Institutionen, Geschäften und Dienstleistungsunternehmen beinhalten.

Zusätzlich bedarf es ausreichender Fortbildungskonzepte mit Unterstützungsmöglichkeiten als Qualifizierungsangebote (vgl. etwa die Möglichkeit von "blended learning" als Verbindung von E-Learning? und Präsenzphasen als didaktisches Element in der Fort- bzw. Weiterbildung).

Frauen benötigen eine "andere" Karrieplanung. Frauenspezifische Anliegen und Fragestellungen wie die Berufsplanung und Unterstützung beim Wiedereinstieg in den Beruf sind verstärkt zu berücksichtigen.

3.6.7 Führungsstrukturen    

Qualifizierte junge Frauen sollen für die Führungsebene gewonnen werden.

Dies bedarf

  • ausgebildeter Mentorenpraxis,
  • struktureller Veränderungen an den Bildungsinstitutionen und
  • der bereits angesprochenen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Ein Talentpool von Frauen erschließt sich so. Damit ergebt sich die Möglichkeit, weder auf Kinder noch Karriere zu verzichten, vielmehr als Chance, sich ohne Zeitverlust für Führungskräfteentwicklung zu positionieren (vgl. HUBER 2013, 73).

3.7 System Schule    

"Schule als Teil eines Systems stellt selbst ein System dar und enthält wiederum unterschiedliche Systeme" (HUBER 2013, 75).

Das Schulsystem und die Schulverwaltung sind nach bürokratischen Vorgaben (noch heute) konstruiert.

Die Schule ist selbst ein System als Teil des Bildungssystems, allerdings weniger nach einem bürokratischen Konzept, vielmehr nach pädagogischen, soziologischen und psychologischen sowie(schul-)rechtlichen Kontexten (vgl. FEND 1981).

  • Schule ist Ort von geplanten und kontrollierten Lernprozessen.
  • Schule ist Erfahrungsfeld mit kulturellen, sozialen, ökologischen, ökonomischen und erzieherischen Lernfeldern.
  • Schule hat fachlich-gesellschaftliche Auswirkungen wie Schulleistungen und gesellschaftlicher Status sowie Vergabe von Zertifizierungen mit gesellschaftlicher Allokation.
MAYNZ (1968) hat Max Webers Auffassung über Bürokratie mit den Schwerpunkten Effizienz, Präzision, fachgerechte Ausführung, Diskretion und Kontinuität erweitert. Soziale Beziehungen bestimmen die Struktur und das Verhalten. Bürokratie findet wenig Akzeptanz. Aus der Logik der Bürokratie kommt es zum Phänomen der "Zielverschiebung" (vgl. HUBER 2013, 77). Das Ergebnis ist der "bürokratische Virtuose".

Für die Schulverwaltung bedeutet dies, dass Tatbestände gesetzlich geregelt werden. In einer Demokratie beruht Legitimität auf Gesetzen. Allerdings sind sie durch ständige nicht vorherzusehender Entwicklungen niemals sakrosant, bedürfen also immer Ergänzungen bzw. Interpretationen (Novellierungen bzw. Verordnungen und Erlässe).

Schulisch ergibt sich dadurch mitunter ein Abwägungsprozess, in dem angestrebte generelle Ziele zu berücksichtigen sind ("bürokratische Kreativität").

Regeln und Vorschriften sind unumgänglich, ansonsten würde Beliebigkeit und Chaos herrschen.

Für eine moderne Verwaltung ist eine wichtige Maxime eine stärkere Beachtung der Ergebnisorientierung. Die schulische Umwelt hat sich im Gegensatz zu den Regeln und Vorschriften allein schon in den letzten Jahrzehnten wesentlich verändert. Beispiele für eine Veränderbarkeit sind die relativ fixe Größe der Stundenpläne über Jahrzehnte mit den wenig flexiblen Fächerunterteilungen. Zu hinterfragen wären etwa die Prioritäten von Fächern im 21. Jahrhundert, das Zeitmanagement, die Zusammensetzung von Klassen/ Lerngruppen, Unterrichtsinhalten, Stundenzuweisungen und notwendigen Sonderprogramme (vgl. HUBER 2013, 80-81).

"Zu beachten ist, dass Schulen im Vergleich zu Allgemeinverwaltung unterschiedliche Strukturen aufweisen" (HUBER 2013, 81).

Schule hat eine Hierarchie mit einer bestimmten Entscheidungs- und Führungsstruktur (Vorgesetzte). Infolge der gesetzlich verankerten "pädagogischen Freiheit" auf der Grundlage von Wissenschaftlichkeit unterscheidet sich die innerschulische Hierarchie von der linearen Hierarchie der Allgemeinverwaltung. Schulpersonal ist allerdings weisungsgebunden. Als "komplexe Hierarchie" zeigt sich dies in dem Willens- bzw. Entscheidungsprozess , wo nicht nur von oben nach unten, vielmehr auch von unten nach oben Beschlüsse gefasst werden (vgl. die Beschlüsse der Lehrerkonferenz). Organisatorisch wird von einem "loosely coupled system" gesprochen (vgl. WEICK 1976, 15-19).

Kennzeichnend sind die die lockeren Verbindungen zwischen den einzelnen Ebenen und Elementen (Verhältnis Lehrende-Schulleitung? bzw. Verhältnis zwischen den einzelnen Lehrenden).

Diese Struktur findet sich im Bereich der Schulaufsicht nicht, vielmehr findet sich dort eher ein "tightly coupled system" mit klarer rechtlicher und organisatorisch-hierarchischer Struktur.

Die Spannung und Problematik zeigt sich als Unterscheidung zwischen "Spezialisten" und "Bürokraten", die Mitglieder verschiedener Systeme bilden (vgl. MAYNTZ 1971). Aus der Sicht des Autors wäre eine Unterscheidung zwischen "lehrenden bzw. leitenden Pädagogen" und "Verwaltungspädagogen" hilfreicher, zumal es in der Führungskräfteentwicklung praktizierte Modelle gibt, die die Karrierelaufbahn Lehrende-Schulleiter-Schulaufsicht? als überaus günstig ansehen (vgl. dazu die Laufbahnmuster in Österreich; vgl. WEIGERT 2004).

Von Interesse ist das niederländische Modell "Inspectie van het Onderwijs", das bei Schulbesuchen Experten einsetzt, die ohne rechtliche Konsequenzen und Vorgesetzteneigenschaften schulische Elemente bewerten und auch beraten. "Die Trennung der Schulinspektion von der Schulaufsicht stärkt Vertrauen und Akzeptanz" (HUBER 2013, 85).

Zu beachten ist das "Autonomie-Paritätsmuster?" mit dem Nichteingreifen in den Unterricht und der Betrachtungs- und Handlungsweise der Gleichberechtigung aller Lehrender (vgl. dazu ALTRICHTER [2000, 85-97] mit der kritischen Bemerkung zu dem Hindernis für Schulentwicklungsprojekte, in denen zwangsläufig gegen beide Aspekte verstoßen werden muss; vgl. auch Pkt. 3.3 des Beitrages).

3.8 Organisationspädagogik    

In der Schulpädagogik und Erwachsenen- bzw. Weiterbildung finden sich überwiegend Situationen mit direkter Kommunikation ("face-to-face-communication"). Grundlage ist vorwiegend ein dialogisches Verhältnis (Kommunikation von zwei Personen), wie etwa das von Mutter und Kind, Erzieher und Zögling sowie Lernendem und Lehrendem.

Aspekte der Organisation mit der Dimension einer größeren Anzahl von Personen fanden kaum Beachtung. Es fehlten Fragen wie Interaktionsabläufe in der Institution ("Organisation"), Auswirkungen von erzieherischen Prozessen in der Organisation und Rahmenbedingungen der Institution (vgl. HUBER 2013, 88-89).

3.8.1 Organisation - Bildung    

ETZIONI (1964) definierte Organisation als soziale Einheit mit dem Erreichen von gemeinsamen Zielen. Aktuell versteht man soziale, regelgeleitete Systeme mit einer definierten Mitgliedschaft, die langfristig vorgegebene und selbst entwickelte Ziele verfolgen (vgl. HUBER 2013, 89).

Organisationen mit Einfluss auf Bildung bedürfen einer Analyse des hierarchischen Aufbaues, der Struktur der Entscheidungsabläufe, der Partizipationsabläufe Einzelner, der Wirkung des pädagogischen Führungspersonals, der Verfahren der Rekrutierung, der Qualifizierung und der Rolle der Bildungsverwaltung.

Die zuständige Bezugswissenschaft wird mit der Begrifflichkeit "Organisationspädagogik" umschrieben (vgl. ROSENBUSCH-WISSINGER? 1989, 10; ROSENBUSCH 2005). Wissenschaftlich etabliert seit 1998 ist etwa der Diplomstudiengang "Organisationspädagogik" an der Universität Dortmund.

Als Arbeitsbereich der Pädagogik hat Organisationspädagogik Voraussetzungen, Normen, Gestaltungsprinzipien und Wirkungen von Erziehung und Unterricht bzw. Bildung im Hinblick auf den Einzelnen und die Institution als System zum Thema (vgl. HUBER 2013, 90). Grundlegend geht es um die pädagogische Wirkung und Beschaffenheit der Institution auf Einzelne und Gruppen und umgekehrt.

Die Doppelfragestellung kann mit fünf Grundsätzen umschrieben werden (vgl. KÖNIG-VOLMER? 1996/2005).

  • Pädagogische Überlegungen haben Vorrang vor Prämissen der Verwaltung (wo immer möglich). Lehr- und Bildungsziele sind Richtwerte für das Handeln.
  • Die Qualität der Bildungsinstitution steht im Zentrum von Überlegungen (Qualitätskriterien).
  • Eine zielorientierte Auffassung von Verwaltung und Organisation ist vorrangig.
  • Die Anerkennung des Anderen und und der eigene Person ist normative Prämisse.
  • Theoretische Grundlage ist die "Personale Systemtheorie".
Die jeweilige Bildungsinstitution erhält demnach Leit- und Modellcharakter, für alle Akteure (Lernende-Lehrende-Führungskräfte?). Dies bedeutet Mündigkeit, Anerkennung des Anderen und der Einzelperson, Kooperation als Handlungsmaxime und Kooperationsfähigkeit als Zielvorstellung.

Für die Politische Bildung verstärkt diese pädagogische Forderung eine Bestätigung ihres Bildungsauftrages.

3.8.2 Führungsprinzipien    

Führungsprinzipien als Ausrichtung von organisatorischen Maßnahmen verstehen sich als Überlegungen, pädagogische Zieltätigkeit von Bildungsinstitutionen positiv bzw. negativ zu beeinflussen (vgl. die Beeinflussung von Verwaltungsakten auf die pädagogischen Zieltätigkeiten wie etwa das Fehlen notwendiger Zeit für Lehrende; HUBER 2013, 96).

War in dem "Scientific Management" von TAYLOR (1911) die Betonung auf Vorschriften, Kontrolle und Messungen mit Vergleichen im Arbeitsprozess gelegt, so bedarf es in Bildungsinstitutionen einer Logik, die Vertrauen, Mut zum eigenen Handeln und Delegieren von Aufgaben als Teilung von Verantwortlichkeit als wesentlich ansieht.

Das Prinzip des Vertrauens im Kontext mit Selbstverantwortung zeigt sich nicht nur in Bildungsinstitutionen, auch in der Industrie. Klare Zielvorstellungen, Möglichkeiten der Selbsttätigkeit, Selbstverantwortung, das Gefühl der Gemeinsamkeit, Kooperationsfähigkeit, Genugtuung über einen Vertrauensvorschuss und die Sichtbarkeit der Ergebnisse sind Elemente von Führungsprinzipien.

Als Grundlage von Reformüberlegungen (Innovationen) erweist sich der "Coverdale-Zielkreis?" (vgl. HUBER 2013, 97-98; SMOLKA 2000). Der Kreiszyklus beginnt mit der Frage nach

  • dem Sinn und Zweck einer Tätigkeit: Wozu tun wir das? Für wen tun wir das?
  • Als nächste Frage ergibt sich: Was soll in der zur Verfügung stehenden Zeit erreicht werden? Woran messen wir das Ergebnis? Was sind die Erfolgskriterien?
Vorteile kooperativen Handelns sind in der Regel der Fehlerausgleich, die Summe der Kompetenzen, die Erhöhung der Gruppenkohäsion, meist die Arbeitszeitersparnis, eine Konsensbildung über Ziele und Akzeptanz der Ergebnisse und eine erhöhte Motivation. Hemmnisse können die Ablaufmuster der Bildungsinstitution sein, Eigentümlichkeiten erzieherischer Verhältnisse und subjektive Verarbeitungs- und Bewältigungsmodalitäten einzelner Lehrender (vgl. STEFFENS 1991, 30-40; LIEBEL 1991).

Kooperation verläuft erfolgreich nach einem regelgeleiteten Verfahren mit Lösungsvorschlägen, Ausschluss von Wiederholungen, strukturierter Moderation und Einhaltung vereinbarter Regeln.

Bildungsinstitutionen gelten (nicht nur) in der Fachliteratur als "Schatzinseln", in denen Mitarbeiter offene bzw. versteckte Kompetenzen, Fachwissen und Fertigkeiten besitzen (vgl. HUBER 2013, 101).

Nach SCHÄFER (2003, 8-9) sollten Führungskräfte in der Anfangsphase einer Arbeitsbeziehung intensiv sich um jeden Mitarbeiter kümmern, Prioritäten setzen, in der Folge sich schrittweise zurückziehen, eigene Bewertungen hinterfragen, Leistungsschwächen untersuchen und gegenseitige Kritik ermöglichen.

In Bildungsinstitutionen bedarf es bei Beachtung der gegenseitigen Verantwortlichkeiten kollegialer Gemeinsamkeiten wie der persönlichen und fachlichen Wertschätzung, Unterstützung und pädagogischen Zielsetzung ("gemeinsame Sache ist Mittelpunkt"). Es bedarf der Bündelung der jeweiligen Kompetenzen und Möglichkeiten.

3.9 Bildungsinstitutionen als Expertenorganisation    

Bildungsinstitutionen unterscheiden sich deutlich von privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen. Ökonomisch-traditionelle Anreizsysteme im Führungsbereich sind in Bildungsinstitutionen nicht anwendbar (vgl. HUBER 2013, 104).

Expertenorganisationen ("professional organizations") sind soziale Systeme mit besonderer Abgrenzung, in unserem Fall zum Erbringen von komplexen Dienstleistungen, die über einen längeren Zeitraum wiederkehrend und teilweise standardisiert erbracht werden.

Diese Charakterisierung passt zu Bildungseinrichtungen wie Schulen, Universitäten bzw. (Fach-) Hochschulen und Einrichtungen der Erwachsenenpädagogik. Die Experten verfügen in der Regel als einzige über die Kompetenzen zur Erbringung der Kernprozesse (vgl. MINTZBERG 1989, 173-175, 181; GROSSMANN-PELLERT-GOTWALD? 1997, 25).

Expertentätigkeit erfordert eine hohe Qualifikation und einen der Komplexität entsprechenden großen Ermessensspielraum (vgl. MINTZBERG 1989, 175). Diese Eigenständigkeit kommt in Bildungsinstitutionen mit der "pädagogischen Freiheit der Lehrenden" zum Ausdruck (vgl. RUX 2002; man beachte die Angebote zur Fort- bzw. Weiterbildung; vgl. FEIGE 2012). Deutlicher ist der große Ermessensspielraum für Lehrende an Universitäten bzw. (Fach-) Hochschulen mit dem Recht der "Freiheit von Forschung und Lehre" (vgl. die Angebote der Personalentwicklung an den jeweiligen Universitäten bzw. Hochschulen).

Kennzeichnend ist für die Komplexität auch die Qualität der Beziehung von Lehrenden (Experten) und Lernenden bzw. Studierenden. Die Tätigkeit erfordert den Lernwillen der Lernenden bzw. Studierenden. Ziele des Subsystems werden in der Regel bevorzugt, nachrangig werden Ziele des Gesamtsystems beachtet.

Je niedriger die Bildungsinstitution im System zugeordnet ist, desto geringer ist die Anzahl des Führungspersonals. Kollegiale Führungsstrukturen ermöglichen eine mitbestimmende Funktion (etwa das Lehrerkollegium).

Formale Weisungsbefugnisse der Managementebene auf die Ebene der Expertenorganisation erscheinen relativ begrenzt (vgl. die hohe Autonomie der Experten), allerdings hat die Leitungsebene als Schnittstelle zwischen den jeweiligen Einrichtungen erheblich Möglichkeiten, die Beziehungen zu externen Gruppierungen zu gestalten. So wird eher indirekt auf Expertengruppen Einfluss genommen (vgl. MINTZBERG 1989, 180-182; ROSENBUSCH 2005, 100-101).

Zu beachten ist das hohe Maß an Stabilität von Expertenorganisationen auf der Ebene der Gesamtorganisation der jeweiligen Bildungsinstitution. Wandlungsprozesse und Partizipationsmöglichkeiten sind eher selten. Die Karrierelogik von Experten in Bildungsinstitutionen honoriert in der Regel nicht Koordinations- und Managementleistungen, wodurch kein Anreiz für ein Engagement besteht (vgl. HUBER 2013, 106-107).

4 Führungskräfteentwicklung    

Im Folgenden geht es um Entwicklungstendenzen und Voraussetzungen sowie Inhalte der Führungskräfteentwicklung, wobei Erhebungen der Führungskräfteentwicklung, besonders die Qualifizierung von Leitungspersonal in 15 Ländern und die Erfahrungen des Autors aus der Konzeption von Schulentwicklung, im Vordergrund stehen (vgl. HUBER 2003, 2010, 2013).

4.1 Entwicklungstendenzen    

Die folgenden Entwicklungstendenzen ("Trends") in Qualifizierungsmaßnahmen weisen auf eine Akzentverschiebung bzw. einen Paradigmenwechsel hin und bedürfen einer Auseinandersetzung (vgl. HUBER 2013, 111).

Dies betrifft die Themenbereiche

  • Qualitätssicherung und dezentrale Durchführung,
  • Formen der Kooperation und Partnerschaft,
  • Zusammenführen von Theorie und Praxis,
  • Qualifizierungmaßnahmen in einer Vorbereitsphase,
  • Qualifizierungsmaßnahmen,
  • Modularisierung,
  • Entwicklung der Persönlichkeit,
  • Kommunikation und Kooperation,
  • Gestaltung und Führung,
  • Qualifizierung von Leitungsteams,
  • Entwicklung von Wissen,
  • Erfahrungs- und Anwendungsorientierung,
  • Lernen am Arbeitsplatz ("workplace"),
  • Zielsetzungen,
  • neue Führungskonzeptionen und
  • Orientierung an einer Zieltätigkeit.
Qualitätssicherung - Dezentrale Durchführung

Es zeigt sich, dass zunehmend zentral Qualifizierungsprogramme und Qualitätssicherung gewährleistet und von zentralen Institutionen geleistet wird. Die Umsetzung erfolgt in der Regel dezentral nach regionalen Gesichtspunkten (vgl. die "standortgebundene Entwicklungsberatung" und Notwendigkeit einer Beratungskompetenz).

Formen der Kooperation und Partnerschaft

Partnerschaftsprogramme werden entworfen, implementiert, begleitet und evaluiert. In diesen Kooperationsverbänden gibt es Vertreter der Erziehungswissenschaft, der Profession und umliegender Bildungsinstitutionen. Typisch ist die Vielfalt an Perspektiven. Projekte, Hospitationen und Praktika sowie Metzhoden bzw. Didaktik aus der Erwachsenenpädagogik sind durch die Kooperation möglich. In einigen Ländern kam es zur Bildung eines Pools von zertifizierten Fortbildner, wobei die Qualität der Referenten bzw. Trainer bisher wenig beachtet wurde (vgl. die Bemühungen in der Erwachsenenpädagogik bzw. Erwachsenenbildung der "Weiterbildungsakademie Österreich/ wba" und der daraus entstehende Pool für Weiterbildner).

Zusammenführen von Theorie und Praxis

In der Folge kommt es zu einem Zusammenführen von Theorie und Praxis. Eine jeweilige Einseitigkeit ist von den Teilnehmern nicht gefragt und beabsichtigt, weshalb eine Balance anzustreben ist. Verhaltens- und Einstellungsveränderungen bedürfen dieser Zusammenführung, wobei Erfahrungen aus allgemeinem Wissen abzuleiten ist und Handlungsmöglichkeiten wiederholbar sind, wenn sie ein theoretisches Konzept besitzen. Damit werden Entscheidungen und Handlungen besser tragbar (vgl. die Erstellung von "research-based training concepts"; HUBER 2013, 113).

Qualifizierungsmaßnahmen in einer Vorarbeitsphase

Dies betrifft die Zielgruppe und den Qualifizierungszeitpunkt. In vielen Ländern ist eine vorbereitende Ausbildung als Qualifizierung vor einer Übernahme von einer Leitungsfunktion vorgesehen. Für jene Gruppe, die nicht in eine Führungsposition aufsteigen, bedeutet die Qualifizierungsmaßnahme eine bedeutende Ressource im Sinne einer Streuung von Führungs- bzw. Leitungsaufgaben.

Qualifizierungsmaßnahmen

Mit der Anerkennung der Führungskraftentwicklung als eigenständige Aufgabe zeigt sich die Vielfalt von notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen. Länder mit Qualifizierungstradition erweitern kontinuierlich die das Ausbildungsprogramm, womit eine Professionalisierung zum Tragen kommt.

Modularisierung

Nicht als Gesamtpaket (längerfristiger Lehrgang), vielmehr als kontinuierliches Fort- bzw. Weiterbildungsangebot mit Zertifizierung wird in Modulen eine Qualifizierung angestrebt.

Im Idealfall bedeutet dies zunächst Fortbildungsangebote mit besonderen Aufgaben, in der Folge Orientierungsangebote für Interessierte für Leitungsfunktionen, eine vorbereitende Ausbildung und anschließend der Beginn in den ersten drei Jahren nach Amtseintritt. Persönliche Bedürfnisse sollen in der Folge durch regelmäßige Fort-bzw. Weiterbildungen gewährleistet werden. In einer Schlussphase können erfahrene Personen mit Leistungsfunktion als eine Art "superior reflection" ("Lernen durch Lehren") in ein "Train-the-Trainer?"-Programm eingebunden werden. Dies bedeutet ein mehrphasiges Qualifizierungsmodell mit einem geschlossenen konzeptionellen Ansatz als Portfolio-System?.

Entwicklung der Persönlichkeit

Ein festes Rollenbild genügt keineswegs für eine Leitungsfunktion, vielmehr bedarf es der Modifikation von Verhalten, wie dies aktuell nötig ist. Dazu gehört ein persönliches Leitbild, eine persönliche Entwicklung (Fort- bzw. Weiterbildung), grundlegende Wertvorstellungen, Reflexionsfähigkeit, Zeit-und Selbstmanagement und Erstellen von Organisationsabläufen. Dies bedeutet eine Öffnung für persönliche Bedürfnisse in einem komplexen Umfeld (vgl. HUBER 2013, 116).

Kommunikation und Kooperation

Schwerpunkt von Qualifizierungsprogrammen ist nunmehr die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit. International ist dies die Entwicklungstendenz, weshalb auch von einer "kommunikativen und kooperativen Wende" gesprochen wird.

Gestaltung und Führung

Nicht mehr "Verwalten der Bildungsinstitution", vielmehr "Gestalten" als Herausforderung des gesellschaftlichen, kulturellen und ökonomischen Umfeldes steht im Mittelpunkt.

Die Bildungsinstitution wird als lernende Organisation mit eigenen Bedingungen und Regeln gesehen. Es soll zu einer "Verbesserung der Schwächen" kommen, Bewährtes soll erhalten und Neuentwicklungen institutionalisiert werden. Im Mittelpunkt von Qualifizierungsmaßnahmen steht der kooperative Führungsstil.

Qualifizierung von Leitungsteams

Eine Stärkung von Qualifizierung von Einzelnen verspricht eine bessere Entwicklungsmaßnahme zu sein, die unmittelbar in den Alltag hineinwirkt (vgl. HUBER 2013, 118).

Bildungsentwicklung berücksichtigt "Leitungsteams" , die über die Mitwirkung Lehrender hinaus auch Eltern und die Gemeinde(n) miteinschließen. Damit erreicht man eine breitere Streuung von Führungskompetenz innerhalb der Bildungsinstitution und Stärkung der Entwicklungskapazitäten vor Ort.

Entwicklung von Wissen

Durch den raschen gesellschaftlichen Wandel und die sich vergrößernde Informationsmenge bedarf es eines Aufbaues von Wissen. Ein "Management von Informationen" trägt zur Weiterentwicklung von Lernen bei.

Lernmethodik und Informationsverarbeitung wird deshalb verstärkt thematisiert (vgl. HUBER 2013, 118). In der Folge bedarf es der vermehrten Einbeziehung erwachsenenpädagogischer Lehr- und Lernmethoden, wobei die Lernbiographie Erwachsener und das "Anschlusslernen" bedeutsam sind. Wissen wird also nicht nur vermittelt, es ist auch herzustellen bzw. zu entwickeln.

Erfahrungs- und Anwendungsorientierung

Diese deutliche Tendenz geht zugunsten eines Lernens, erfahrende Praxis zu reflektieren und praktisches Lernen im Kontext mit der Theoriegrundlage zu ermöglichen. "Fallbasiertes Lernen" spielt eine besondere Rolle.

Lernen am Arbeitsplatz

Teilnehmerorientierung, Anwendungsbezug und ein leichterer Transfer im Arbeitsalltag führt zu interessanten Arbeitsformen. Neben der "Case Method" und dem "Problem-Based? Learning" (USA) kommt es zum Lernen an aktuellen Fällen ("life cases"). Realität wird mit Lösungsvorschlägen überprüft. Ein Arbeitsplatz wird Lernort mit ausbildungsbegleitenden Praktika ("Shadowing-Verfahren?").

Zielsetzungen

Zielsetzungen mit expliziten Formulieren bestimmen zunehmend das Qualifizierungsprogramm. Von Interesse sind Zielsetzungen an neuen Führungskonzeptionen, neuen Schulkonzepten, gesellschaftlichen Wertvorstellungen und organisationspädagogischen Überlegungen.

Neue Führungskonzeptionen

Mit der neuen Führungskonzeption der Leitung einer Bildungsinstitution - etwa Pädagogische Leitung/ Erwachsenenbildungsinstitution und Vizerektor/ Pädagogische Hochschule - entsteht die Leitung als "Educational Leader", als Führungsperson mit einer genuin pädagogischen Funktion.

Die Bildungsinstitution als kulturell eigenständige Organisation, die sich entwickeln muss bzw. vermag, praktiziert Konzepte wie "Transformational Leadership", "Transformational Leaders" oder "Integral Leadership" und erzeugt eine (Lehr- bzw. Lern-) Kultur der jeweiligen Institution. "So verstandene 'Führung' gilt als besonders erfolgreich bei Schulentwicklungsprozessen"(HUBER 10ß13, 121). "Leadership" beteiligt sich an unterschiedlichen Aufgabenbereichen, wie dies mehrfach betont wurde.

Orientierung an einer Zieltätigkeit

Letztlich münden alle Bemühungen in einer Zieltätigkeit der Bildungsinstitution. Die spezifische Funktion der jeweiligen Institution - Schule mit Unterricht und Erziehung bzw. Lehren und Lernen, Erwachsenen- bzw. Weiterbildung mit Lehre und Bildung sowie Selbsttätigkeit und Qualifizierung Lernender - entwickeln sich zum Ausgangspunkt für Qualifizierungsprogamme von Führungskräften.

Das Berufsbild des "Educational leader" wird angestrebt, die Gestaltung der Bildungsinstitution mit ihrer Zieltätigkeit ist Merkmal. Die Zielausrichtung ist für die Führungskräfte auch ein Kriterium, die eigene Denk- und Verhaltensweise zu überprüfen. Bestehen bleibt der bildungs- und gesellschaftspolitische Auftrag, zeitgemäße Bildung vermitteln.

4.2 Führungskompetenz am Arbeitsplatz    

Es bedarf eines Professionalisierungsprozesses, wenn Lehrende pädagogische Führungskräfte werden. Professionalität zeichnet durch erworbenes und situationsadäquates Wissen im Kontext mit Können und Handeln aus. In der professionellen Weiterentwicklung, der Verbindung von Theorie und Praxis, werden situative Erfahrungen und deren Reflexionen untersucht (vgl. NITTEL 2000, 70-72; HUBER 2013, 124).

Begründungen für die Entwicklung von Führungskompetenz sind

  • institutionelle Rahmenbedingungen. Dazu gehören ein Führungsleitbild, Anforderungsprofile und Aufgabenbeschreibungen, Methoden des Projektmanagements, Steuergruppen, eine Kultur der Bilanzierung und Rückmeldungen, Anlässe zur Reflexion und klare Transparenz über Aufgabenstellungen (Zeiträume, Vorgangsweisen);
  • das Bewusstsein für entsprechendes Handeln (Agieren) und das proaktive Verhalten von Führungsnachwuchskräften. Dazu gehören Planungen von Aufgabenstellungen, Übernahme von Projektleitungen, Mitarbeit an Steuergruppen, berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung im Kontext mit neuen Ressourcenmaterial und deren Pflege sowie Probephasen für kommende Führungskräfte mit Betreuung.
  • Personalentwicklungsgespräche erweisen sich als wichtiges Instrument zur Identifizierung und Weiterentwicklung von Führungskompetenzen. Mögliche Berufslaufbahnveränderungen ("Karrierepfade")sollten aufgezeigt werden (vgl. die Notwendigkeit von Fort- und Weiterbildung["Personalentwicklung"], aber auch ihre konsequente Umsetzung im Berufsalltag). In diesen Zusammenhang fällt auch der Bereich "Führungskräfteentwicklung bei Frauen", der in einer Phase nach der Familiengründung hier an Bedeutung gewinnt (vgl. HUBER 2013, 126).
  • Über die jeweilige Bildungsinstitution hinaus gewinnen solche Überlegungen im Bildungsgesamtsystem an Bedeutung. In der Berufslaufbahn zeigen sich Aspekte wie ein mobiles Personal, Mentoren beruflicher Weiterentwicklung und letztlich die Bildung eines Pools für pädagogische Führungskräfte.
  • Denkbar sind hier Schritte für ein proaktives Verhalten von Führungskräften wie geplante Karriere mit Führungsverantwortung, die Förderung von spezifischen Begabungen und Interessen Lehrender und Schwerpunktbildungen in der Fachlichkeit und damit in der Lehrer(fort)bildung.
Zu all diesen Dimensionen bedarf es in der Reflexionsphase der Suche nach "critical friends", um den Ausgleich von Selbstwahrnehmung und Rückmeldungen zu finden. Fragestellungen ergeben sich aus konkreten Aufgabenfeldern.

Hilfreich sind auch sachbezogene Gespräche mit erfahrenen Führungskräften außerhalb des eigenen Umfeldes, die sich als Mentoren zur Verfügung stellen. Ebenso helfen Hinweise auf Wissenslücken sowie Seminar- und Fachbuchhinweise beim Aufbau eines situativen Verhaltens.

4.3 Rekrutierung von Fort- und Weiterbildnern    

Für die Führungskräfteentwicklung ist die Qualität der Fortbildner, Trainer, Referenten, Dozenten und Ausbildner von entscheidender Bedeutung (vgl. die Begrifflichkeiten insbesondere in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung). Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Qualität der Referierenden und der Einschätzung des Nutzens durch die Fortzubildenden (vgl. HUBER 2013, 143).

Fortbildner rekrutieren sich in der Regel aus Personen aus

  • der akademischen Fort- bzw. Weiterbildung,
  • Bildungsverwaltung,
  • Lehrenden aus Hospitations- bzw. Praktikumsinstitutionen,
  • der Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft und den Bezugswissenschaften sowie
  • nicht-schulischen Bereichen wie der Wirtschaft, Industrie, Kultur und Berufsverbänden.
  • Dazu gehört als Personengruppe Moderatoren, Trainer und Erwachsenenbildner.
Das Fehlen von eigenen Führungskräfteerfahrungen wird allgemein als Belastung für Themen des pädagogischen Alltags von den Teilnehmern empfunden. '''

Wissenschaftliches Personal hat seine Stärken im "Change Management" oder "Business Management" sowie im pädagogisch-theoretischen Bereich als Spezialisten für bestimmte Spezialgebiete.

Die Verbindung von praktischer Erfahrung und wissenschaftlicher Auseinandersetzung kann durch Fortbildungsteams in der Konzeption und Durchführung von Fortbildungsprogrammen (Lehrgängen) zum Tragen kommen (Fachexperten).

Ein "Train-the-Trainer?"-Programm erscheint notwendig, um Teilnehmerorientierung, Bedarfserhebung und den Stand der Wissenschaft bzw. Qualitätssicherung zu garantieren (siehe Punkt 4.4; vgl. Frankreich und Schweden; HUBER 2003/2013, 146). Internationale Partnerschaften bedeuten eine Bereicherung für die Führungskräfteentwicklung.

Als Anreize zur Gewinnung von Fortbildner gelten neben der entsprechenden Vergütung und Anerkennung der Leistung bei Lehrenden Abschlagsstunden und Unterstützungsmaßnahmen bei den vorgesetzten Stellen.

Von Interesse sind die Qualitätsansprüche an Fortbildner. Dazu gehören

  • eine systematische Professionalisierung von pädagogischem Führungspersonal,
  • die inhaltliche Umsetzung mit Expertenwissen,
  • die Schaffung optimaler Lernbedingungen,
  • die Orientierung an demokratischen und humanistischen Werten im Kontext mit der Förderung von Mitverantwortung,
  • die Förderung einer Fortbildungskultur und Unterstützung der Teilnehmer für eigenes Lernen sowie
  • die Förderung einer eigenen Reflexion.
Ausgangspunkt einer Qualifizierung von Fortbildnern ist/ wäre ein situationsgebundenes und innovatives Konzept, mit schrittweisem Ausbau ("Modulsystem"). Als beispielhaft kann das Ausbildungssystem für Moderatoren angesehen werden, das in der "Thüringer Konzeption der Führungskräfteentwicklung" 2003-2004 angewendet wurde (vgl. HUBER 2013, 150-155).

4.4 Train-the-Trainer-Programm?    

Im Folgenden soll unter Zugrundlegung einer professionellen Qualifizierung von Führungskräften in Hessen und Rheinland-Pfalz? die Qualifizierung für das Personal in der Fortbildung angesprochen werden ("Train-the-Trainer?"). Ausgegangen wird vom Perspektivenwechsel eines Leiters einer Bildungsinstitution zum Fortbildner (vgl. HUBER 2013, 156-162).

Ziel der Qualifizierung ist die Erweiterung der Kompetenzen im Hinblick auf die Arbeit in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Vorrangig sollen Lehr- und Lernprozesse so gestaltet werden, dass den Teilnehmenden eine individuelle Entwicklung mit einem Effekt von Nachhaltigkeit in der Weiterbildung ermöglicht wird (vgl. SCHÜSSLER 2007; HUBER 2013, 156).

Bausteine der Qualifizierung sind demnach

  • nach einer Auftaktveranstaltung mit einem Überblick über Ablauf-Zielen-Erwartungen-Angebote? Kontaktgespräche mit den künftigen Teilnehmern.
  • In der Folge ergeben sich als Module "Führungsverständnis" und "Gestaltung von Lernprozessen".
  • Begleitet werden diese Module von begleitenden Hospitationen und Praxisphasen.
  • Individuelle Praxisreflexionen mit Mentoren gehört als Baustein zur Qualifizierung.
  • Zum Abschluss folgt eine Themeneinheit "Selbstorganisierte Fortbildung durch Teilnehmende".
Eine Zertifizierung ist vorzusehen.

4.5 Marketing und Öffentlichkeitsarbeit    

Die Begrifflichkeit "Marketing" wird vorwiegend mit materiellen Produkten in Verbindung gebracht. Dessen ungeachtet geht es ebenso um ideelle "Waren", die mit dem Begriff "Bildungsmarketing" umschrieben werden.

Marketinginteressen betreffen die Teilbereiche von Bildungsinstitutionen. Es geht um deren Kenntnis am Bildungsmarkt. Das Bildungsprodukt muss in seiner Nachfrage den Bildungskunden bekannt gemacht werden bzw. genügen. Damit erhalten Bildungsangebote mehr bzw. auch Dienstleistungscharakter (vgl. LINDEMANN 2010).

Ein Referentenpool deckt diese Angebote ab, wobei das Interesse potentieller Zielgruppen geweckt werden muss.

Dies führt zur Kategorie der Öffentlichkeitsarbeit. Die Motivation zur Erlangung praktischer und theoretischer Fertigkeiten im Kontext mit erworbenem Wissen führt zu Angeboten, die die Nutzer auswählen können.

Mit dem Freiwilligkeitsprinzip ergibt sich ein wertvolles Potential, das die Grundlage für Kundenzufriedenheit ist

Zu oft werden Lehrende zu Fortbildungen verpflichtet, Weiterbildung als Höherqualifizierung zumeist mit bürokratischen und finanziellen Hürden verbunden. Führungskräfte wissen um den Tatbestand Bescheid, dass Lehrende nicht nur "geben", vielmehr auch "nehmen" müssen. "Lebensbegleitendes Lernen" erhält so eine wesentliche Funktion der beruflichen Professionalisierung und einer beruflichen Psychohygiene.

Im außerschulischen Bildungsbereich - der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung - wird man zwischen der Allgemeinen und Beruflichen Erwachsenenbildung zu unterscheiden haben. In der Allgemeinen Erwachsenenbildung haben die Bildungsinstitutionen sich ihren Bildungsmarkt mit ihrer Klientel zu erhalten bzw. auszubauen. Konkurrenz ist vorhanden, ebenso das Interesse im Kontext mit Alltagsnutzen und speziellen Interessen. Die Berufliche Erwachsenenbildung hat in der Regel als Ziel eine Weiter- bzw. Höherqualifizierung, was mit einer beruflichen Besserstellung verbunden ist/ sein sollte.

Darüber hinaus bedarf es einer Marketing- und Öffentlichkeitsstrategie, dass auch Führungskräfte sich fortbilden und ggf. weiterbilden (vgl. Punkte 4.3 und 4.4). Markt- und Bedarfsanalysen sowie Entwicklungen von Konzepten von/ für Führungskräfte und die Organisation konkreter Angebote erzeugen an sich einen Marketingeffekt.

4.6 Gewinnung und Förderung von Nachwuchskräften    

Profession und Professionalisierung werden im Bildungsbereich vielfältig diskutiert. Verbunden mit dieser Bedeutung geht man von einer kompetenten und qualifizierten Berufstätigkeit aus, d.h. eine hohe Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit sowie einer Berufsethik (vgl. HUBER 2013, 195).

Seit den neunziger Jahren kommt es zu einem Paradigmenwechsel, mitunter sehr zögerlich bis sehr innovativ, der von der Vorstellung ausgeht, dass ein Lehrender mit Leitungsaufgaben eine pädagogische Führungskraft ist. Dies bedeutet ein Arbeiten in einem anderen Tätigkeitsfeld mit entsprechenden Kompetenzen (vgl. ROSENBUSCH-WARWAS? 2010, 19).

Nordrhein-Westfalen? hat beispielsweise seit 2008 angehende Schulleitungen verpflichtet, sich mit landesweit einheitlichen Qualifizierungsmaßnahmen weiterzubilden und in einem Assessment-Verfahren? die Kompetenzen als Teil einer Dienstbeurteilung überprüfen zu lassen (vgl. HUBER 2013, 195).

Für außerschulische Bildungsinstitutionen in Österreich gibt es etwa die freiwillige Möglichkeit, im Rahmen der "Weiterbildungsakademie Österreich/ wba" in einem Assessmentverfahren eine Zertifizierung als "Erwachsenenbildner" zu erreichen.

Durch individuelle Standortbestimmungen lassen sich weiterführende Lern- und Entwicklungsschritte strukturieren. Dies bedeutet nicht nur für pädagogische Führungskräfte eine professionelle Ausrichtung einer zukünftigen Berufslaufbahnplanung.

"Lebensbegleitendes Lernen" wird so berufsbegleitende Weiterbildung - geplant, kontrolliert, begleitet und umgesetzt.

Mit der Feststellung von Kompetenzen und möglichen Maßnahmen in einer professionellen Personalentwicklung kommt es zu einer Bestandsaufnahme. Notwendig ist in einer solchen Phase eine Planung von Lernprozessen unter Berücksichtigung einer Selbststeuerung und eines Feedbacks. Solche Beratungsgespräche' im Rahmen einer Mitarbeiterführung erfordern Kompetenzen in

  • Gesprächsführung,
  • Übung im Form von Rollenspielen,
  • Training in der Anwendung im Berufsalltag und
  • Reflexion im Kontext von Training/ Übung und Selbst- und Fremdwahrnehmung.
  • Wesentlich erscheint die Kompetenz für Bildungs-, Laufbahn- und Berufsberatung zu sein.
Lernprozesse Erwachsener sind immer eingebettet in lebensgeschichtliche Zusammenhänge ("Biographizität") und basieren auf individuellen Wahrnehmungs- und Deutungsmustern (vgl. JUSTEN 2005, 37-56; HUBER 2013, 196).

Mit zunehmenden Alter steigt die Individualisierung von Lernprozessen Erwachsener, biographisch geprägte Entscheidungen werden bedeutungsvoll. Biografizität wird eine Schlüsselqualifikation (vgl. JUSTEN 2005, 42).

Erwachsenenpädagogisches Lernen und Lehren in der Weiterbildung erhalten zunehmend Bedeutung (vgl. DÖRING 2008).

Individuelle Lernchancen sollen biografisch gefördert werden und bergen damit ein großes Potenzial für eine Fort- und Weiterbildung Lehrender und Führungskräfte. Mit der Entdeckung einer subjektiven Dynamik kann ein Transformationsprozess initiiert und begleitet werden (vgl. HUBER 2013, 197).

Die Gestaltung lernfördernder Kontexte als Bausteine einer Fort- und Weiterbildung für künftige Führungskräfte bedarf Unterstützungsmaßnahmen wie

  • Patensysteme,
  • Mentoring,
  • planmäßiger Unterweisung,
  • Feedback,
  • Projektaufgaben mit steigender Anforderung,
  • Sonderaufgaben mit Handlungsspielräumen und
  • Lernmöglichkeiten in verschiedensten Kontexten. Angesprochen sind hier etwa Probehandlungsräume, Delegation von Führungsaufgaben und Zwischenpositionen mit jeweiligen Feedback-Möglichkeiten? (vgl. FÜHRING 2004, 73).
Damit ist "Karrieremanagement" angesprochen (vgl. die in der Wirtschaft gängigen Begriffe wie "into-the-job", "on-the-job" und "parallel-to-the-job").

4.7 Professionalisierung des Ausbildungsangebots    

Führungskräfteentwicklung zeigt sich national und international in einigen Ländern intensiver, in anderen Ländern zurückhaltender (vgl. HUBER 2003, 2004, 1010, 2011, 2013).

Österreich hat mit

  • dem "Lehrgang für standortgebundene Schulentwicklung" (1998-1999) einen Anfang gemacht.
  • Im außerschulischen Bildungsbereich hat die "Weiterbildungsakademie Österreich/ wba" mit der Zertifizierung von Lehrenden und Führungskräften im außerschulischen Bildungsbereich/ in der Erwachsenenpädagogik 2006 begonnen.
  • Pädagogische Hochschulen/ Universitäten bieten Interessierten und Führungskräften Lehrgänge/ Kurse an.
  • In der Erwachsenenpädagogik werden ebenfalls Kurse bzw. Lehrgänge - nunmehr ein Universitätslehrgang mit Masterabschluss - und an den Universitäten Graz und Klagenfurt eigene Studiengänge in Erwachsenenpädagogik angeboten.
  • Für den Öffentlichen Dienst gibt es das Angebot eines Lehrganges an der Verwaltungsakademie > https://oeffentlicherdienst.gv.at/wp-content/uploads/2023/03/PMT-2023-Lehrgang-fuer-Personalentwickler_innen_Susanna-Rihs.pdf (14.12.2023)
Im Gegensatz zur Realität im pädagogischen Alltag sind Angebote in der Fort- bzw. Weiterbildung durchaus vorhanden.

Die Tendenz ist international vorhanden, Qualifizierungsprogramme aufzuwerten und auszubauen. So absolvieren beispielsweise künftige schulische Führungskräfte in den USA einen Hochschulstudiengang mit Abschluss eines akademischen Grades.

Für eine Qualifizierung nach Amtsantritt spricht (vgl. HUBER 2013, 214)

  • die Effektivität des Mitteleinsatzes,
  • das "on-the-job-training" mit parallel gemachten Erfahrungen und
  • konkrete Antworten auf erfahrene Bedürfnisse.
Für eine vorbereitende Qualifizierung spricht (vgl. HUBER 2013, 215)

  • die Bedeutung für eine Leitung als pädagogische Führungskraft,
  • das Abfangen eines "Praxisschocks" bei Übernahme einer leitenden Funktion,
  • der zeitliche Rahmen eines Lernprozesses mit der Auslotung der eigenen Interessen und Stärken sowie
  • die Möglichkeit einer Qualifizierung als Bereicherung im Sinne einer "distributed leadership" (Streuung von Führungs- bzw. Leitungsaufgaben).
Daraus ergibt sich ein kontroverser Diskurs über das Qualifizierungsprogramm als Gesamtpaket (wie es etwa der "Lehrgang für standortgebundene Schulentwicklung" war) oder als modulartige Orientierungsangebote für interessierte Lehrende bzw. als Ein- und Weiterführung für amtierende Führungskräfte. Als günstig erweist sich für Interessierte ein Portfolio-System?.

In jedem Fall ist die Qualifizierung als kontinuierliche Aufgabe wesentlich, in dem die Orientierung der Bildungsziele sich am änderenden Bedarf der Bildungsinstitution(en) erweist.

Idealtypische Modelle mit internationalem Hintergrund ergeben Qualifizierungsprogramme (vgl. HUBER 2013, 217-218).

  • Nur einführende oder tätigkeitsbegleitende Programme mehrtägig für Führungskräfte ergeben einen Aufbau als Fort- bzw. Weiterbildung.
  • Blockveranstaltungen ergeben eine Orientierung und Vorqualifizierung.
  • Sequenzenartige Qualifizierungsprogramme ermöglichen Lehrenden eine etwas ausführlichere Orientierung.
  • Als vorbereitende Ausbildung in einem etwa einjährigen Rahmen orientieren sich die Bedürfnisse an den Teilnehmern und deren Institutionen, um in der Folge die weitere Qualifizierung zu absolvieren.
  • Eine ausgeprägte Modularisierung kennzeichnet die Ausbildung. Eine Vielfalt von Angeboten bei gleichzeitiger Wahlmöglichkeit der Teilnehmenden ergibt ein Ausbildungsprogramm ("diversity and choice").
4.8 Wirksamkeit der Führungskräfteentwicklung    

Die Wirksamkeit und mögliche Verbesserungen hängen in hohem Maße von der Leistung pädagogischer Führungskräfte in Bildungsinstitutionen ab (vgl. HUBER 2013, 239-255).

Pädagogische Führungskräfte werden als Schlüsselfiguren in ihren Institutionen bezeichnet, sie gelten als "Change Agents". Pädagogisches Handeln steht im Kontext mit normativem Anspruch. Bildungsziele werden zu übergeordneten Leitbildern. "Das bedeutet, dass im Umgang mit Schülern, Lehrkräften und Eltern Mündigkeit unterstellt oder entwickelt werden muss, dass Anerkennung, und zwar Anerkennung von sich selbst und von anderen, praktiziert wird, dass Selbsttätigkeit möglich und erwünscht ist und dass Kooperation ein Handlungs- und Zielprinzip ist"(HUBER 2013, 239).

Diese Zielbestimmung wirkt sich

  • auf die Institutionenkultur,
  • auf eine Mitarbeiterkultur und
  • die Unterrichtsqualität aus, damit letztlich auf die Lernenden/ Studierenden (vgl. ROSENBUSCH 2005).
Über den schulischen Rahmen hinaus wirken solche pädagogischen Bemühungen auf die Wirksamkeit pädagogischer Führungskräfte auch in außerschulischen Bildungsinstitutionen. Dies zeigt sich in der anhaltenden Professionalisierungsdebatte für diesen Berufskreis in drei Handlungsfeldern des Personalmanagements:

  • in einer qualifizierten Ausbildung in Erwachsenenpädagogik,
  • umfassenden Kompetenzen (vgl. HEYSE-ERPENBECK? 2009) und
  • in Maßnahmen der Weiterqualifizierung.
Internationale Entwicklungstendenzen weisen auf dezentrale Durchführung und zentrale Qualitätssicherung, neue Formen der Kooperation und Partnerschaften, Verzahnung von Theorie und Praxis sowie frühzeitige Qualifizierungsprogramme (Schul- bzw. Bildungsmanagement), Mehrphasigkeit und Modulisierung, Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikation und Kooperation, Führung und Gestaltung, Wissensvermittlung, Anwendungsorientierung, Zielsetzung, Führungskonzeption und Zieltätigkeit der Bildungsinstitution hin.

Als zentrale Frage stellt sich der Theorie-Praxis-Transfer?. Ausgehend von Vorwissen, Einstellungen, Erwartungen, Ziele und Motivation ergeben sich die Lehr- und Lernziele für die Planung von Ausbildungsprogrammen. Es geht um die Wirksamkeit der Anwendung von Wissen.

Über die traditionellen Fortbildungskurse geht es um verschiedene Lernanlässe. Die Erwachsenen- bzw. Weiterbildungspädagogik erhält zunehmend Bedeutung.

Die Begrifflichkeit "Wirksamkeit" zielt auf eine Passung zwischen intendierten und tatsächlichen Wirkungen ab. Im betrieblichen Bereich geht es um die Entwicklung von Kompetenz zur Handlung (vgl. STAUDT-KRIEGESMANN? 1999, 17-59). Von Interesse ist das Zusammenspiel von Handlungsfähigkeit, Handlungsbereitschaft und Zuständigkeit. Neben Motivation und Organisation werden explizites und implizites Wissen sowie Fertigkeiten benötigt (vgl. STAUDT-KRIEGESMANN? 1999, 37-39).

Als Modell einer Evaluation formuliert KIRKPATRICK (1994) als

Level 1 Zufriedenheit der Teilnehmenden,

Level 2 kognitiver Lernerfolg und Wissenszuwachs,

Level 3 Transfererfolg im Kontext der Trainingsinhalte und

Level 4 Organisationserfolg im Kontext des Transfers der Trainingsinhalte in der Organisationspraxis.

Erfolgreiche Fortbildung von Lehrenden wird in seiner Wirkung auf vier Ebenen von LIPOWSKY (2004, 463) differenziert.

  • Meinungen und Einschätzungen werden festgemacht. Nutzen, Zufriedenheit und wahrgenommener Kompetenzgewinn werden abgefragt.
  • Erfasst wird die Veränderung des Wissens durch Vor- und Nachbefragung.
  • Veränderungen der Handlungsweisen werden erfasst.
  • Schließlich werden die Auswirkungen der Fortbildung auf die Entwicklung der Lernenden erfasst. In Beziehung werden Merkmale der Fortbildung mit Merkmalen der Lernenden - etwa Lernleistungen - verglichen.
HUBER-RADISCH? (2010) verweisen auf die Effektivität von "Inservice-Trainings?" (vergleichbar mit SCHILF-Veranstaltungen?). Die Studie kommt zum Schluss, dass die Wirksamkeit bezogen auf die Lernresultate der Lernenden zwar groß ist, bezogen auf ein verändertes Verhalten von Lehrenden und positive Trainingsmaßnahmen mittelmäßig und in Bezug auf Lernende und deren Lernverhalten nur noch gering ausfällt (vgl. HUBER-RADISCH? 2010, 304). Methodische Schwierigkeiten und komplexe Rahmenbedingungen führen zu einem Abnehmen der Effektivität.

Als Rahmenmodell für Fort- und Weiterbildung pädagogischer Führungskräfte lassen sich aus dem Angebots-Nutzungs-Modell? der Schulforschung wesentliche Elemente formulieren wie die Lernumgebung, Mehrebenen-Struktur?/ Individuum-Maßnahmen? in der Lernumgebung, Anbieter, sozialer bzw. regionaler Kontext (vgl. HELMKE 2007, HUBER-RADISCH? 2010).

Zu berücksichtigen ist

  • der Dualismus von Konzept und Umsetzung.
  • die Bewertung nicht nur der Teilnehmenden, sondern auch der Kolleginnen und Kollegen sowie weiterer Führungskräfte.
  • das Modell mit intendierten Effekten, die in der Regel nicht unmittelbar, sondern zeitlich verzögert auftreten und unterschiedliche Wirkungsebenen betreffen (vgl. STAUDT-KRIEGESMANN? 1999, 21).
  • die Zielvorstellung einer Veränderung der Merkmale bei Teilnehmen (Lernerfolg), Veränderungen in der Transferhaltung (Performanz) und Veränderungen im Anwendungsfeld (Kommunikation und Kooperation).
Im Folgenden wird übersichtsmäßig ein Modell zur Wirkung von Fort- und Weiterbildung vorgestellt (vgl. DITTON 2000, 73-92; HUBER 2013, 249-254).

Angebotsmerkmale - Konzeption/ Didaktik-Umsetzung?

Angebotsnutzung mit Effekten - Teilnehmermerkmale/ Kompetenzen-Einstellungen-Berufszufriedenheit?; Transferverhalten (Performanz)-Schulentwicklung bzw. Institutionenentwicklung/ Organisation-Kommunikation?/ Kollegenschaft und Kooperation-Unterricht? bzw. Lehre/Lernende-Studierende

Gesellschaftliche, persönliche und professionell-bezogene Rahmenbedingungen ergeben sich aus der Angebotsbewertung der Teilnehmenden, Kollegenschaft und Führungskräfte.

Zusammenfassend gilt, dass die dargestellten Programme einer Fort- bzw. Weiterbildung ähnliche Raster besitzen. Es gibt keine eindimensionale Wirkung, Teilnehmende und Lernende sowie Lehrende und die Institution werden einbezogen (vgl. HUBER 2013, 246).

4.9 Transferproblematik    

Im Folgenden geht es um die Kluft zwischen Wissen und Handeln in der Fort- bzw. Weiterbildung. Nicht haltbar ist die Vorstellung eines linearen Theorie-Praxis-Transfers?. Neue Wissensbestände werden nicht problemfrei in professionelles Handeln überführt, zudem bedarf es einer Unterstützung dieses Transfers (vgl. MUTZECK 2005, 79-98; MUTZECK 2008, 48-70).

Entwicklungsmaßnahmen bedürfen begleitender Qualifizierungsmaßnahmen für die Beteiligten.

Dies beginnt bei

  • der Gestaltung und Moderation der Lernprozesse,
  • integrierter Ansätze der Personalentwicklung,
  • geht über Fragen der Unterrichtsqualität und zu Fragen der internen Fortbildung (vgl. KLIPPERT 2004).
4.9.1 Problembereiche der Fortbildung Lehrender    

Die folgenden Aspekte zeigen die Schwierigkeiten der Fortbildung auf(vgl. zur Unterscheidung von Fortbildung und Weiterbildung KNOLL 2008, 167; kurz gefasst bedeutet Weiterbildung eine Höherqualifizierung mit formaler Zertifizierung).

In der Weiterbildung von Lehrenden sind dies Institutionen wie Hochschulen und Universitäten mit berufsbegleitenden Kurzstudien/ Lehrgänge mit akademischem Abschluss(vier Semester), zusätzliche Lehramtsstudien oder akademische Vollzeit-Studiengängen?.

  • Gängige Konzeptionen geben keine Hinweise, wie diese Lehrveranstaltungen nachhaltig und erwachsenendidaktisch gerecht gestaltet werden.
  • Es wird von der Vorstellung ausgegangen, dass die Teilnehmenden als Multiplikatoren in ihren Bildungsinstitutionen auftreten (vgl. WAHL 2006, 14 mit dem Vergleich der "Pfingstwunderdidaktik"), wobei erwachsenenpädagogische Kompetenzen, organisatorische Möglichkeiten, Motivation und Bereitschaft sowie die Kollegien zur Multiplikation vorausgesetzt werden.
Die Effektivität von Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen ist keineswegs so selbstverständlich gegeben und wie es bei den Erwartungen angenommen werden sollte (vgl. HUBER 2013, 258).

Im Folgenden wird auf die empirische Forschungslage exemplarisch eingegangen.

4.9.2 Forschungslage zum Theorie-Praxis-Transfer?    

Die Vorstellung, dass Fortbildung automatisch Auswirkungen auf ein professionelles Handeln der Teilnehmenden habe, ergab in der Fachliteratur Hinweise auf mangelnde Effektivität (vgl. HUBER 2013, 258-260).

  • "Eine einmalige Auseinandersetzung mit innovativen Ideen und daraus resultierenden Einsichten zeigt oft keine nachhaltige Wirkung[...]"(ZEDLER-FISCHLER-KICHNER-SCHRÖDER? 2004, 115).
  • "Die verbreitete 'Gelegenheitsfortbildung' einzelner Lehrkräfte hat in der Vergangenheit bestenfalls dazu geführt, dass sich der Unterricht punktuell und sporadisch verändert hat. Eine neue Lernkultur ist dadurch nicht entstanden" (KLIPPERT 2004, 200).
  • "Unser Aus- und Weiterbildungssystem wurde diesen Ansprüchen bislang nicht ausreichend gerecht und eine Optimierung wird von vielen Seiten eingefordert" (HERTEL-PICKL-SCHMITZ? 2008, 233).
Nach WAHL (2006, 9-23) ist die Frage nach dem Theorie-Praxis-Transfer? bei Aus-, Fort- und Weiterbildung im Zusammenhang mit dem vermittelten Wissen und tatsächlichen Handeln zu stellen.

  • SCHWARZ-GOVAERS? (2005, 21-36) untersuchte das Verhältnis von Wissen und Handeln von Auszubildenden in der Pflegeausbildung. Der Vergleich von erstem und achtem Semester zeigt, dass sich mit zunehmender Studiendauer das beobachtete (Pflege-) Handeln den zu erlernenden Theorien nicht annähert, vielmehr sich im Gegenteil zu entfernen schien. Bei Fortgeschrittenen zeigte sich ein Zwiespalt zwischen gelernten Theorien und an Einrichtungen vorherrschendem praktischen Handeln.
  • HAAS (1998, 15) untersuchte die alltägliche Unterrichtsplanung Lehrender. Allgemein-didaktische und fachdidaktische Theorien beeinflussen das Handeln und die Unterrichtsplanung kaum. Didaktische Prinzipien verschwinden im Laufe der Berufsbiographie. "Praktiker" greifen daher auf ihre Berufserfahrung ("erfahrungsbezogenes Wissen") zurück(vgl. HAAS 2005, 6-19).
  • Ein dreisemestriges Weiterbildungsstudium für Erwachsenenbildung mit Selbststudium und Präsenzphasen mit hoher Zufriedenheit der Teilnehmenden hat nur in wenigen Fällen Einfluss auf professionelles Kursleiterhandeln (vgl. SCHMIDT 2001).
RENKL (1996, 78-92) prägte für diesen Sachverhalt die Begrifflichkeit "träges Wissen". Mitunter haben Lernende so gelernt und die Erfahrung gemacht, "[...]dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wissensnutzung sogar ungünstig sind" (GRUBER-MANDL-RENKL? 2000, 139).

4.9.3 Handlungstheorien    

In der Regel wird davon ausgegangen, dass erworbenes Wissen - oftmals auf Vorrat - im Anschluss in Bildungsinstitutionen in der Praxis umgesetzt wird. Verwendet wird in diesem Zusammenhang das Bild der "Sandwichuhr" - theoretische Inhalte werden oben eingefüllt, unten rieseln sie in die Praxis(vgl. RADTKE 2004, 99-149).

"Dieses Bild lässt sich noch weiter interpretieren, denn es kann auch dazu dienen, auf erwachsenendidaktische Defizite bei Fortbildungsveranstaltungen aufmerksam zu machen. Vielfach wird mit Fortbildung immer noch das Lernen in Form von Vorträgen oder frontalen Plenumssituationen (die durchaus auch als Stuhlkreis arrangiert sein können) verbunden. Dahinter steckt eine Vorstellung von gleichschrittigen Lernprozessen der Teilnehmenden, die den Ansprüchen eines gemäßigten konstruktivistischen Lernbegriffs in keiner Weise gerecht werden kann" (HUBER 2013, 261).

4.9.3.1 Psychologische Handlungstheorie    

Zur Transferproblematik bedarf es der psychologischen Handlungstheorie. Dazu gehören Merkmale der Zielgerichtetheit, der Bewusstheit, der hierarchisch-sequentiellen Handlungsregulation und -organisation im Kontext mit Vorwissen (sozialen und individuellen Wissensstrukturen). Vorausgesetzt wird eine Mindestintegration von Kognitionen, Emotionen und Handlungsführung (vgl. WAHL 1991, 18-64, 23).

Handlungen könne in zwei Phasen unterteilt werden (vgl. HUBER 2013, 262-263).

  • Zunächst werden innere Bilder einer Situation als "Situations-Protypen?" gebildet. Die Person erhält einen Überblick, sie schätzt die Weiterentwicklung ab ("Situationsorientierung"). In einer Komprimierungsphase wird es ermöglicht, schnell auf eine Situation zu reagieren (vgl. WAHL 2009, 156). Abgeglichen wird das innere Bild mit dem Situationsbild. Wird die Situation verstanden, kommen Emotionen und ggf. weitere Informationen dazu. Die Entscheidungszeit wird zumeist in der Phase der Situationsorientierung verbraucht.
  • In der Folge kommt es zur "Aktionsplanung". Lösungen und Handlungsstrategien werden gesucht. Es kommt zur Auswahl einer Handlungsmöglichkeit aus dem Repertoire und deren Umsetzung. Routinen beschleunigen die Entscheidung. Wesentlich ist für die Handelnden eine Alternative.
Innere Bilder sind stark stabil und sehr änderungsresistent (vgl. WAHL 2009, 157).

Für Fortbildungsveranstaltungen' gilt daher, dass nicht einfach neue Situations- und Handlungsstrukturen aufgebaut werden können. "Träges Wissen" wird auf einer Ebene gespeichert. Neues Expertenwissen erschüttert nur in Ausnahmefällen die Handlungsstrukturen, vor allem deswegen, weil diese Strukturen zunächst den Teilnehmenden oftmals unbekannt sind (vgl. WAHL 2006, 12). Bessere Unterrichtsqualität benötigt eine Erweiterung der didaktischen Möglichkeiten. Dies bedeutet aber auch, dass neues Wissen Unterrichtsabläufe erkennbar steuert.

Zu beachten sind, dass einmalige Veranstaltungen kaum Handlungsstrukturen ändern. Mehrphasige Veranstaltungen sollten bzw. können zu Erprobungen führen. Das grundlegende Problem sind ungünstige Bedingungen, die mit der Begrifflichkeit "Giftpfeile" umschrieben werden (vgl. MUTZECK 1988).

Unterstützungsgruppen in Form von Tandems oder Kleingruppen sind hilfreich, begleitend bei Lernprozessen Vorgaben aus Fortbildungsinhalten umzusetzen und damit die Akzeptanz zu verbessern.

4.9.3.2 Qualifizierungskurse    

Die folgenden drei Lernschritte finden in herkömmlichen Fortbildungskursen zu geringe Beachtung (vgl. HUBER 2013, 267).

  • Handeln kann man nur handelnd erlernen.
  • In der Folge muss man situations-und personenspezifische neue Lösungen erarbeiten.
  • Die gefundenen Lösungen werden anschließend in routiniert-professionelles Handeln umgesetzt.
Erster Lernschritt

Die eingeprägten subjektiven Theorien müssen einer reflexiven Bearbeitung zugeführt werden. Selbstreflexion, Selbstbeobachtung, Perspektivenwechsel, Rekonstruktion der Handlungsmuster und kollegiale Praxisberatung ergeben eine differenzierte Analyse von Situations- und Reaktionsverkettungen.

Protypische Handlungsmuster werden erkannt, deaktiviert und reflexiv aufgearbeitet.

Zweiter Lernschritt

Ideen, Gefühle und Gewohnheiten werden einer individuellen Bearbeitung unterzogen (Reflexionsprozess). In Verbindung von intersubjektivem Wissen (subjektives Wissen und Erfahrungen) entwickelt man neue Problemlösungen. Mit Hilfe von kleinen Sozialformen - Einzelarbeit, Partnerarbeit oder Kleingruppenarbeit - werden die Teilnehmenden zu Aktivitäten angeregt. Verbale oder spielerische Formen in Szenen, Situationen und Fallbeispielen werden zugänglich gemacht. Eine vertrauensvolle Atmosphäre fördert die Aussagen und Reflexionen. Erweitert werden kann der zweite Lernschritt mit Dialogen im Kontext mit anderen Sichtweisen und Theorien.

Angestrebt wird ein klares "inneres Bild" für zukünftiges professionelles Handeln.

Dritter Lernschritt

Veränderte subjektive Theorien müssen neu organisiert werden. Der Reflexionsprozess kommt im Kontext mit den anderen Sichtweisen und dem notwendigen Handlungsprozess in Gang. Gezielte praktische Versuche erweitern die Sichtweisen. Neues Handeln wird in Gang gesetzt. Beobachtungslernen (nach BANDURA 1979) hilft bei der Handlungssteuerung. Expertenberichte und Videomodelle zeigen Wirkungen und Handlungen auf.

Neben der Planung von Handlungen und dem Simulieren erscheint vorgeplantes Agieren in realen Situationen wesentlich. Hilfreich sind Unterstützungsmaßnahmen (etwa Erinnerungshilfen und Vorsatzbildungen). Zum Schutz gegen "Giftpfeile" kann der "innere Dialog", "Stopp-Codes?" (Unterbrechungen der Handlung) und/ oder Entspannungstechnik eingesetzt werden.

Didaktik

Professionelle Kompetenzen werden als kontextgebundener, kooperativer und selbstgesteuerter Prozess angesehen. Lernen ist demnach kein Neulernen, vielmehr ein Erweitern und ein Aufbau kognitiver Strukturen und Schemata (vgl. SIEBERT 2005, 64). Als subjektive Leistung und durch Pertubation (Störung als positive Auswirkung) gesteuert, bedarf es realistische und individuelle Konstruktionsleistungen.

Als weitere didaktische Leitideen kommt soziale Unterstützung ("social support") mit Austausch und kontextuellem Fallwissen sowie Gruppen und Tandems zum Einsatz. Netzwerke erleichtern die Lernprozesse. Individuelle Lernprozesse gelten als Anregung und Unterstützung. Weil Lernen hierarchisch strukturiert ist, kommen situationsübergreifende Ziele und Pläne zum Tragen. Eine Umstrukturierung des Planungshandelns bedingt in der Folge eine Umstrukturierung des Interaktionshandelns. Lernfortschritte bedürfen einer Feedback-Kultur? und Verifizierung durch den Erfolg der Maßnahmen (vgl. HUBER 2013, 272-273).

4.10 Gestaltung der Führungsqualifizierung    

Pädagogische Führungskräfteentwicklung benötigt den Ausgleich von Anforderungen und Kompetenzen. Die Erwartungen der Teilnehmenden bilden die Grundlage einer gemeinsamen Konstruktion des Qualifizierungsprogrammes. Damit ergibt sich der Lernbedarf, der nur prozessorientiert sein kann (vgl. HUBER 2013. 289).

Zur Sicherung der Transferwirksamkeit müssen die Lernort "Fortbildungskurs" und "Bildungsinstitution" verknüpft sein. Fertigkeiten ergeben einen Nah-Transfer?, Haltungen und Regelhaftigkeiten bewirken einen Fern-Transfer? mit Reflexion der Praxis.

Im Folgenden geht es Voraussetzungen im Fortbildungskurs, fortbildungsdidaktische Grundsätze, die Förderung der Transferwirksamkeit und die Gelingensbedingungen.

4.10.1 Voraussetzungen    

Für die Leitung einer Bildungsinstitution wird die Klärung des Aufgabenbereiches und der notwendigen Kompetenzen vorausgesetzt.

Im Kontext der Selbsteinschätzung aus der bisherigen Tätigkeit und der Wahrnehmung von Sonderaufgaben und Funktionen lässt sich das Programm für eine vorbereitende Qualifizierung ableiten.

Die Teilnehmenden klären damit ihren individuellen Lernbedarf, ihren Kenntnisstand und Kompetenzbereich sowie die Notwendigkeit der Lerninhalte. Die Leitung formuliert ihre Erwartungen für einen Lernerfolg (vgl. HUBER 2013, 289-291).

4.10.2 Fortbildungsdidaktik    

Zur Berücksichtigung bei der Lernweise bedarf es unterschiedlicher Zeithorizonte. Wesentlich ist die Arbeit an Handlungsprämissen und Handlungsregulativen.

Teilnehmerorientierung, Handlungsorientierung mit Erprobung eigenen Handelns und Reflexion der Erfahrung sowie Praxisorientierung mit der Verknüpfung der beiden Lernorte "Kurs" und "Bildungsinstitution" sind fortbildungsdidaktische Grundsätze (vgl. LANGE-SASSEN? 1996, 156; BARTZ-MOSING-HERRMANN? 2004, 22; HUBER 2013, 292).

4.10.3 Transferwirksamkeit    

Fachkräfteentwicklung beinhaltet die Erweiterung der Fach- und Methodenkompetenz sowie der handlungsleitenden subjektiven Theorien. Fortbildung ist dann erfolgreich, wenn es in das mentale Professionsbild integriert werden kann.

Zu beachten ist die Verbindung von Theorie und Praxis, demnach der enge Kontext von fachlichen Themen-Instrumenten-Wissen? ("Orientierungswissen") und Training-Übungen-Feedback? zum Probehandeln im Einklang mit Reflexion als vertiefendem Theorie-Input? ("Stärkung der Handlungskompetenz").

4.10.4 Gelingensbedingungen    

Zu beachten sind der Kontakt zur Gruppe, ein Arbeitsverhältnis mit der Gruppe herstellen, die Kompetenzen der Gruppe nutzen, Lernen im Austausch fördern, die Gruppe an der Steuerung der Fortbildung beteiligen und Selbstwahrnehmung und Reflexion fördern (vgl. BARTZ-MOSING-HERRMANN? 2004, 200).

Diese Gelingensbedingungen gelten in der Folge für die Leitung der Bildungsinstitution als Leitlinien einer Leitungspraxis in Form von Kontakt und Arbeitsbündnis zwischen Leitung und Mitarbeitern bzw. Lehrenden, Lernen im Austausch in kollegialen Arbeitsgruppen, einer Beteiligung an der Steuerung in Entwicklungsprozessen und für die Förderung von Selbstwahrnehmung und Reflexion (vgl. BESSER 2001).

5 Inhalte von Qualifizierungsmaßnahmen    

Am Beispiel Deutschlands zeigt sich, dass in den letzten Jahren Qualifizierungsmaßnahmen von Rechts- und Organisationsfragen sich zu kommunikationsorientierten Inhalten verschoben haben. Mitarbeiterführung, Moderation, Kooperation, Einzelberatung und Konfliktgespräche zeige an, dass Führungskräfte, Verwaltungsfachleute und Kommunikationsexperten werden.

Nicht umsonst spricht man von einer "kommunikativen Wende", die keineswegs nur den schulischen Bereich betrifft (vgl. ROSENBUSCH-HUBER? 2001, 8-16; HUBER 2013, 305). Dies deckt sich mit den Bedürfnissen pädagogischer Führungskräften, wobei interne Schulungen im Umgang mit Rechts- und Organisationsfragen die verwaltungsbezogenen Aufgaben abdecken.

Seit den achtziger Jahren wird vor dem Übergewicht an rechtlichen und verwaltungsbezogenen Themen gewarnt, die auf Kosten einer Gestaltung der jeweiligen Bildungsinstitution gehen (vgl. HOPES 1983). Rechtliche und verwaltungstechnische Fragestellungen können leicht erfragt werden, Kompetenzen und das Wissen im persönlichen Umgang muss augenblicklich vorhanden sein (vgl. HUBER 2013, 305).

Folgt man internationalen Erfahrungen - diese wurden bereits angesprochen - geht es um "neue Steuerung", Führungskonzeptionen, Rollenverständnis und Wissensinhalte. Im Folgenden wird auf diesen Paradigmenwechsel eingegangen (vgl. von "leiten und verwalten" zu "führen und gestalten").

5.1 Recht und Verwaltung    

Ohne Zweifel bedarf es sicherer Rechts- und Verwaltungskenntnisse, um eine Bildungsinstitution leiten zu können. "Dominierender inhaltlicher Bestandteil der Programme sind Rechtsfragen im Allgemeinen aber nicht mehr" (HUBER 2013, 312).

Verwaltungsfragen gewinnen mitunter durch die Hintertür im Arbeitsalltag wieder an Bedeutung, etwa Haushaltsfragen (Budgetierungen) mit Finanzierungen und Personalfragen.

5.2 Neue Steuerung    

Leadership ("Führung") wird inhaltlich mit Führungsstrategien, Leitbildfunktion, Teamarbeit und Kooperationsformen bis hin zu Fort- und Weiterbildung verbunden. Dies wird mit der Begrifflichkeit "Educational Leader" beschrieben.

Zusätzlich gehören zu einer Steuerung Personal- und Organisationsentwicklung, Unterrichtsentwicklung, Evaluation und pädagogische Arbeit für/ mit Lernenden/ Studierenden. Öffentlichkeitsarbeit als Aufwertung der Institution ergänzt das Aufgabenfeld.

5.3 Kommunikation und Kooperation    

Zunehmend entwickelte es sich, dass pädagogische Führungskräfte auf die Arbeit mit und für Menschen konzentriert sind. Damit spielt Kommunikation und Kooperation eine wesentliche Rolle.

Inhalte sind demnach Kommunikation und Führung, Motivation und Koordination und Teambildungen (Gewinnnen von Kooperationen in Bildungsinstitutionen). Im Kontext mit Kooperation bedeutet dies auch Erstellen von Leitbildern und geteilte bzw. verteilte Führung ("sharded leadership, distributed leadership") (vgl. HUBER 2013, 314).

5.4 Rollenverständnis    

Die bisher eingeforderten Qualifizierungsmaßnahmen verlangen Impulse, Anregungen und Unterstützungsmaßnahmen.

Dazu dient ein persönliches Leitbild im Kontext mit persönlicher Weiterentwicklung in Wissen, Handlungen, Wertvorstellungen und Reflexionsfähigkeit.

5.5 Wissensinhalte    

Inhalte dienen theoretischer und praktischer Grundlagen. Neben einer Neuvermittlung dienen sie einer Vertiefung über (subjektive) Theorien (vgl. HUBER 2013, 315-316).

Kernfragen in diesem Kontext sind der Umfang des Wissens und die Teilbereiche (Bezugswissenschaften). Vermieden werden soll eine Überfrachtung des Qualifizierungsprogrammes.

Akademisierung ist wenig hilfreich, akademische Aufwertung hingegen im Sinne einer Professionalisierung sehr nützlich.

Theorie und Wissenschaft im Kontext mit Praxis ist wesentlich. Der Transfer sollte möglichst geringe Reibungsverluste haben, weshalb ein didaktisch-methodische Repertoire wichtig ist.

Wissensfelder sind die Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft, Lern-, Sozial- und Organisationspsychologie , Organisationssoziologie, Kommunikationswissenschaft, Verwaltungswissenschaft, Rechtswissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Politikwissenschaft/ Politische Bildung, Statistik und Ethik (vgl. FRANKENA 1981 mit der Bedeutung der "Analytischen Ethik").

Wissens- und Reflexionskompetenz bedingen die zu entwickelnde Handlungskompetenz. Dazu dient der Mix der Bezugswissenschaften (vgl. HUBER 2013, 316).

5.6 Paradigmenwechsel    

Die bereits angesprochene kommunikative und kooperative Wende beinhaltet das didaktische Prinzip.

"Gestaltung und Entwicklung" ist die Handlungseinheit geworden. Kulturelle, gesellschaftliche und ökonomische Wandlungsprozesse bedingen, dass Bildungsinstitutionen "lernende Organisationen" sind (vgl. die Trias Bildung - Lehr- und Lernprozesse - Entwicklung).

"Entwicklung" ergänzt "Bewahren". Bewährtes und Neues muss institutionalisiert werden können. Die verschiedenen Bildungssysteme folgen in ihrem Bildungsauftrag den Veränderungen.

In der Folge werden exemplarisch Inhalte einer Führungskräfteentwicklung angesprochen (Projektmanagement, Delegation, Kommunikation, Hospitation, Beratung, Konfliktmanagement, Netzwerke, Institutionenbesuche).

5.7 Projektmanagement    

Zum pädagogischen Führungskräftebereich gehört es, nationale und internationale Projekte zu initiieren, zu steuern und umzusetzen. Die Methoden des Projektmanagements haben sich auch in pädagogischen Entwicklungsprozessen bewährt(vgl. die Teilnahme an EU-Bildungsprogrammen? und intern projektorientierter Unterricht/ Lehre).

Projekte sind gekennzeichnet durch (vgl. HUBER 2013, 372)

  • Organisation - Ziele, Termine und Ergebnisse > "hard facts"
  • Strukturen - Projektablauf, Steuergruppe > "hard facts" und
  • Psychosoziale Abläufe - Ängste, Widerstand und Dynamik > "soft facts".
Mit der Überbetonung von "hard facts" insbesondere in der Wirtschaft, hier mitunter unpräzisen Zielen, und der mangelhaften Beachtung von "soft facts" entstehen "Misslingensfaktoren". DOPPLER-LAUTERBURG? (2002) hat sie für den pädagogischen Gebrauch mit der Verletzung von Werten, Haltungen und Überschreiten von Grenzen ergänzt

Standard- und Potenzialprojekte wie die Organisation von pädagogischen Anlässen und Machbarkeitsstudien weisen eine geringe soziale Komplexität auf. Gefordert sind fachliches Wissen und deren Umsetzung, Dialogfähigkeit und Kooperation.

Akzeptanz- und Pionierprojekte wie neue Unterrichtsformen oder Mitarbeiterorganisation erweisen hohe soziale Anforderungen. Hier geht es um die Veränderung persönlicher Situation(en) und Veränderung der Organisation (vgl. HUBER 2013, 372).

Bei Reformprojekten ergeben sich mitunter bestimmte Verhaltensweisen wie die Erhaltung des Status quo, eine kollektiven Selbstbeschwichtigung und ein Aufbau eines Leidensdrucks.

Pädagogische Führungskräfte sind "Schlüsselpersonen" bei Veränderungsprozessen, insbesondere in der Vorfeldbearbeitung.

Die soziale Gruppe als Team oder Kollegium steht vor bestimmten Problemen bzw. Fragestellungen, die die eigene Kompetenz betreffen (vgl. DOPPLER-LAUTERBURG? 2002; für die Erwachsenen- bzw. Weiterbildung SCHRÖER 2004).

  • Kompetenz für Veränderung - Notwendigkeit der Umstellung,
  • zusätzliche Aufgaben - Positionserhaltung,
  • Veränderung des persönlichen Umfeldes - Chancen und Vorteile.
Projektleitende benötigen Methoden-, Formal- und Sozialkompetenz. Dazu gehören Zielorientierung, Selbstentfaltungsmöglichkeit, Delegationsfähigkeit, Mitdenken und Problemlösen lassen sowie Vertrauen und Wertschätzung der Teilnehmenden.

5.8 Delegation    

Die Begrifflichkeit "Delegation" bedeutet anvertrauen, übertragen. "Bei 'Management by Delegation' handelt es sich um eine vertikale Dezentralisierung von Aufgaben und Entscheidungskompetenzen" (HUBER 2013, 379).

Die Führungskraft trägt die Verantwortung für Durchführungsentscheidungen. In einer Bildungsinstitution kommt es zu einer vertikalen Übertragung von Aufgaben Befugnissen und Verantwortung an Mitarbeitende. Delegation wird so ein Teil einer Führungskonzeption, der kooperativen Führung.

Unterschieden wird an juristischer und organisatorischer Delegation sowie Führungs- und Handlungsdelegation (vgl. DUBS 2005).

Delegation bedeutet die Frage der Übernahme von Verantwortung. Die Delegation von Aufgaben ist möglich, es verbleibt die Frage der Letztverantwortung beim Vorgesetzten. Nach DUBS (2005) geht es um die Auswahl und Unterweisung der Mitarbeitenden, den Entscheidungsspielraum, Absprachen bzw. Festlegungen von Zielformulierungen und den Arbeitsgang mit Kontrolle des Leistungsverhaltens.

Kontrolle bedeutet Rückmeldungen über das Leistungsverhalten. In Bildungsinstitutionen kann dies in Zwischenberichten bzw. Zwischenbesprechungen aus Gründen einer zeitlich günstigen Unterstützung geschehen.

Eine Delegation aus Gründen einer Entlastung ist dann günstig, wenn Spezialistentum gefragt ist, wobei gewisse Bereiche intensiviert und qualifiziert bearbeitet werden. Dies bedeutet in der Folge Autonomie, Handlungsspielraum und berufliche Zufriedenheit bzw. Motivation. Die Akzeptanz von Entscheidungen kann so erhöht werden (vgl. KLEINBECK 1996).

Natürlich gibt es auch Gründe für mangelnde Delegation wie Perfektionismus, unklare Organisationskultur, ungenügende Belohnungs- und Anerkennungskultur und Befürchtungen von zu viel Einfluss Einzelner (vgl. DUBS 2005, 401).

Zuletzt geht es um Fragen der Machbarkeit. Aspekte sind eine Legitimation (formaler Aspekt), Kompetenzen ("Können"), Motivation ("Wollen") und Ressourcen (zeitliche, räumliche, sachliche und personelle Aspekte). Letztlich geht es um die Akzeptanz der Tätigkeit (sozialer Aspekt).

5.9 Kommunikation    

Die Arbeitszeit von pädagogischen Führungskräften beinhaltet bis zu 90 Prozent Kommunikationssituationen. Damit ist Kommunikation das Bindeglied zwischen Führungsgrundsätzen und Elementen von Führung (vgl. ROSENSTIEL 2003, 5).

Im Bildungsmanagement der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung ist Kommunikation das Medium der Lehr- und Lernprozesse (vgl. HUBER 2013, 386). Wer im Lehrprozess steht, kommuniziert bei der Planung von Lehrveranstaltungen, mit Mitarbeitenden und Lernenden/ Studierenden.

Kommunikationssituationen ergeben sich bei der Gesprächsführung, Präsentation vor Gruppen und Moderation von Gruppen. Im Folgen wird darauf eingegangen.

Anlassbezogene Gespräche mit Mitarbeitenden bedürfen einer Strukturierung. Anlässe sind etwa Anerkennungs-, Kritik- und Konfliktgespräche.

Mitunter finden Gespräche unter Zeitdruck statt, damit auch ungeplant und zwischen Tür und Angel. Damit laufen solche Gespräche Gefahr zu misslingen.

Günstig ist jedenfalls ein Gesprächsleitfaden, der sich routinegemäß einführen lässt (vgl. beispielhaft LEHMEIER-MÜLLER-GLOGER? 2003, 30).

  • Vorbereitung > Bezeichnung des Gesprächs
  • Kontaktaufnahme > Anlass
  • Information > Bereitschaft
  • Erörterung > Äußerungen und Fragen, Vorschläge und Anregungen, Rückfragen, Hilfestellungen
  • Beschluss - Kontrolle > Vereinbarung
  • Abschluss
Kritikgespräche erfordern Sensibilität und Professionalität. Das kritisierende Verhalten bzw. der Umstand soll klar erfolgen, ohne zu verletzen oder persönlich anzugreifen. Leitlinie sollte sein: hart in der Sache, verbindlich und wertschätzend im Ton. In jedem Fall sollten Vorstellungen erfragt werden, Verbesserungsvorschläge erfolgen und Vereinbarungen zusammengefasst werden (können) (vgl. HUBER 2013, 388-390).

Mitarbeitergespräche unterscheiden sich von der zeitlichen Dimension her, häufig sind sie als Jahresgespräche konzipiert. Reflexion und Beurteilung des Zeitraumes sowie Planung kommender Aufgaben und Ziele sind wesentliche Elemente (vgl. HOFBAUER-WINKLER? 2004, 5).

Gruppenpräsentation bedeutet Mitarbeitende zu informieren, Gremien zu überzeugen und ggf. Mitstreiter zu gewinnen. Dazu gehören auch Besuchergruppen zu empfangen, ein Grußwort zur Eröffnung zu sprechen oder einen Vortrag zu halten. Präsentationen benötigen einen Aufbau, eine Visualisierung und Präsentation (vgl. SEIFERT 2003, 49) .

Ein Leitfaden hilft für die Durchführung.

  • Erklärung der Ziele
  • Zielgruppe
  • Thema
  • Organisation
  • Ablauf
  • Durchführung und Abschluss.
Führungskraft und Moderation beinhalten die Zusammenarbeit in Gruppen, Teams oder bei Projekten. Besprechungen, Sitzungen, Konferenzen, Jour Fixes oder Workshops sind Elemente von Zusammenkünften. Zur Erleichterung zum Erreichen von Problemlösungen bedarf es einer Moderation.

Die Person des Moderators hilft der Gruppe, eigenverantwortlich zu arbeiten und Lösungen bzw. Problembereiche zu finden. Inhaltlich neutral ist er/ sie für die Methode verantwortlich. Im Folgenden wird in einem Leitfaden der Ablauf einer klassischen Moderation aufgezeigt (vgl. LEHMEIER-MÜLLER? 2003, 2).

Moderationszyklus nach LEHMEIER-MÜLLER? 2003

  • Anwärmen - persönlicher Zugang, Transparenz schaffen, Zielklarheit
  • Sammeln - Themen von Besprechungspunkten, Sammeln von Problembereichen
  • Bewerten - Zusammenfassung von Themen bzw. Problembereichen, Auswahl
  • Bearbeitung - Kleingruppenarbeit
  • Entscheidung - Präsentation von Lösungen, Vereinbarung über Folgerungen, Absprachen
  • Abschluss - Reflexion über Ablauf und Ergebnisse, Feedback
Fallen für eine Moderation sind eine nachträgliche Legitimation für bereits getroffene Entscheidung, kein partizipatives Verhalten der Führungskraft, keine offene Diskussion, Zeitnot, mangelhafte gemeinsame Kooperation und keine Weiterdiskussion bzw. Reflexion von Ergebnissen (vgl. REGNET 2003, 244).

5.10 Hospitation    

Eine systematische Reflexion des eigenen Unterrichts findet in der kollegialen Hospitation bis heute unzureichend statt (vgl. BUHREN 2011). Praktizierende Lehrende erhalten selten - mit Ausnahme von "Schaustunden" bei Lehramtsprüfungen und Schulbesuchen - ein professionelles Feedback (vgl. HUBER 2013, 401). Eine Fremdsicht über den eigenen Unterricht und das Lehrerhandeln im Kontext professionellen Austauschs ohne Beurteilungsanlässe erscheint ein wesentliches innovative Element zu sein (vgl. BUHREN 2011).

Forschungsergebnisse die Effektivität von kollegialer Hospitation für die Lehr- bzw. Lernqualität und die Unterrichtsergebnisse aufzeigen (vgl. HELMKE 2008).

Entscheidend für die kollegiale Hospitation ist die Akzeptanz der beobachtenden Person (unabhängig vom Fach). Festgelegte Fragen sind der Gegenstand einer gemeinsamen Nachbesprechung. Ziel sind Aufschlüsse über "blinde Flecken" als Anstoß für Selbstreflexion und Weiterentwicklung der Professionalität. Urteilende Rückmeldungen sind sachlich-fachlich und ohne verletzenden Charakter zu geben.

Kollegiale Hospitation sind so auch der sanfte Einstieg in Teamentwicklungen ("Tandempartner"). Es ist zu beobachten, dass im Anschluss es zu gemeinsamen Projekten kommen kann (vgl. HUBER 2013, 402).

Unterrichtshospitation mit offener Beobachtung

  • Vorbesprechung - Frageformulierung, Bewegung im Unterricht, Medieneinsatz, Lehrender-Lernende-Beziehung?, Klarheit der Sprache und Gruppenführung,
  • Unterrichtsbesuch - Protokollführung über die vereinbarten Kriterien, Verhalten Lehrender-Lernende? > keine Wertungen vornehmen,
  • Auswertungsgespräch - Grundlage ist das Protokoll vor dem Feedback-Gespräch?, Ereignisse im Unterricht-Maßnahmen? zur Verbesserung bzw. deren Umsetzung > gemeinsame Interpretation der Ergebnisse mit Beschränkung auf das Machbare und einer Zeitvereinbarung, ggf. Hinweise für Fort- und Weiterbildung.
Beobachtungsbogen mit geschlossenen Fragen

Lehrerhandeln im Unterricht nach einem Beobachtungsbogen mit geschlossenen Fragen beinhaltet in der Regel sechs Dimensionen (Unterrichtsorganisation, Lernatmosphäre, Methoden, Lernarrangements, Verhalten-Entscheidungen?, Differenzierungen-Förderung?), die als Vorbild Indikatoren der niederländischen Unterrichtsinspektion (1997/Utrecht) beinhalten und in der Folge bearbeitet wurden (vgl. ROLFF 2013, 133-148; HUBER 2013, 407-408).

Führungskräfte können kollegiale Hospitation unterstützen. Wenn Unterricht/ Lehre (wieder) mehr unterstützt wird, sind Unterrichtsbesuche mit Hospitationen kompatibel. Freistunden können genützt werden, Hospitationsteams finden Anerkennung ihrer Arbeit. "Pädagogische Tage" können solche Projekte/ Initiativen unterstützen bzw. begleiten, Jahresthemen für Hospitationen helfen der Verknüpfung zu einer verbesserten Unterrichtsentwicklung (vgl. BUHREN 2011).

5.11 Beratung    

Für Bildungsinstitutionen stellt Beratung eine wichtige Unterstützung dar. Eine Beratungskultur sollte sich entwickeln können (vgl. MÖRTH-SÖLLER? 2005; HUBER 2013, 412).

Zur Orientierung wird das folgende Differenzierungsmodell mit Merkmalen einer Beratungskonstellation vorgestellt (vgl. HUBER 2014, 412).

Klienten > Anlass/ Thema - Kontext - Ziele >> Beratungstriade

Passung/ Beratertyp > Gelingensbedingungen-methodisches Setting >> Beratungsarrangement

Berater (Team) > Qualifikation - Wissen, Fertigkeiten sowie Erfahrung - Werte, Haltungen, Einstellungen >> Beratungsexpertise

Klienten (Beratungssuchende) sind in Bildungsinstitutionen mehrfach anzutreffen,

  • als Einzelpersonen (Lernende, Lehrende, pädagogische Führungskräfte),
  • als Gruppe (Gruppe von Lernenden, Gruppe von Lehrenden, Steuergruppe),
  • als Organisation (etwa Schule, Elternverein, Bildungsinstitution, Elternverein) und
  • als gesellschaftliches (Sub)System (etwa Schulaufsicht, Schulverwaltung - außerschulische Bildungsinstitution).
Ausgehend vom Differenzierungsmodell ergibt sich ein Beratungsanlass mit Themen, wobei eine Zielstellung vorhanden ist. Zentrales Ziel ist die Ermöglichung einer Hilfe zur Selbsthilfe.

Eingebettet ist Beratung in einen Kontext mit personellen, sozialen,, kulturellen und finanziellen Bedingungen, die die Beratung als Gelingensbedingung in einem methodischen Setting mitzuberücksichtigen hat.

Schüler- bzw. Bildungsberater als interne Schulmitarbeitende bzw. Bildungsinstitutionsangehörige in Verbindung mit dem Schulpsychologischen Dienst und/ oder externe Beratende etwa vom Arbeitsmarktservice, den Sozialpartnern oder Landeseinrichtungen und Privatinstitutionen stehen zur Verfügung.

Nach ROGERS (1972) gelten als Voraussetzung für Beratende Akzeptanz, Empathie und Authenzität sowie eine Allparteilichkeit und diagnostisch-methodisches Wissen, fachliches und operatives Wissen.

Pädagogische Führungskräfte sollten ein starkes Interesse an interner und externer Beratung bzw. Netzwerken haben. Ressourcen können intern zur Verfügung gestellt werden, etwa für Ausbildungs- bzw. Fortbildungsmöglichkeiten, Zeitfenster, Testmaterial, Räumlichkeiten und Mittel zur Anschaffung von Handbüchern.

In diesem Zusammenhang ist auf die Rolle von Beratenden in Schulentwicklungs- bzw. Reformprozessen besonders hinzuweisen.

Es bedarf ebenso einer professionellen Beratung an allen Schnittstellen im Bildungssystem. Zu beachten sind jedenfalls kontinuierliche Beratungsanlässe während der Lernkarriere (vgl. MÖRTH-SÖLLER? 2005; HOHNER 2006).

Erziehungsberatung erhält verstärkt Bedeutung in Bildungsinstitutionen.

Es bedarf einer ausgeprägten Kultur der Kooperation zwischen den Beratungssystemen.

Rollenklarheit von Beratenden setzt eine Selbstreflexion voraus (Rollenverständnis-Vorlieben-Stärken?/ Schwächen-Erwartungen?).

5.12 Konfliktmanagement    

Konflikte entstehen durch unterschiedliche Interessen und Anforderungen. Abwägungen, Kompromisse oder Verzichte werden notwendig. Konfliktmanagement dient in einem Team der positiven Beeinflussung.

Frühzeitiges Wahrnehmen von Störungen und konstruktive Intervention sind wichtige Führungsaufgaben.

"Konflikte sind nicht zu vermeiden, die Eskalation schon" (HUBER 2013, 421).

Mit Konflikten gut umgehen zu können, heißt sie wahrnehmen zu können. Kommunikation ist der Indikator für Botschaften. Jedes Missverständnis führt zu Missstimmungen und damit zu potentiellen Konfliktsituationen."Der Konflikt ist die alltägliche Nebenwirkung versuchter Kommunikation" (HUBER 2013, 421).

Eine wichtige Ursachen von Konflikten sind mit ihren Ausdrucksformen Widerstand und Ängste (Positions-, Ansehens-, Überforderungs- und Beziehungsängste). Sie zeigen sich auf der Sachebene und sind emotional motiviert. Bei zu geringer bzw. keiner Beachtung kann es zu verfahrenen Situationen kommen (vgl. HUBER 2013, 422).

Bei Sachargumenten kann es zu maskierten Ausweichargumenten kommen. Fehlt eine sachliche Erklärung mit einem Erkenntnisfortschritt, komm es zu passivem Widerstand mit Verhindern bzw. Blockieren. Daraus ergibt sich als einziger Weg eine Arbeit mit dem Widerstand (vgl. HUBER 2013, 422-423).

  • Welche Anliegen bzw. Bedürfnis haben die Betroffenen?
  • Welche Sorgen und Ängste sind vorhanden?
  • Welche Möglichkeiten haben die Betroffenen?
  • Welche Unterstützungsformen für die Zufriedenheit der Betroffenen gibt es?
  • Was darf auf keinen Fall passieren?
Die Treppe der Eskalation von GLASL (2004) dient der Einschätzung der jeweiligen Konfliktsituation, wobei die Interventions- und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Führungskräfte sollen frühzeitig eingreifen, ebenso auch erkennen, wann es zu spät ist bzw. ein externer Moderator einzusetzen ist.

In den ersten drei Stufen gibt es die Bereitschaft zur Kooperation und Lösung von Konflikten. Schnelle Intervention einer Führungskraft hilft zur Vermittlung.

1. Stufe: Verhärtung - Verhärtung der Standpunkte, Spannungen, Lösungen durch Gespräche

2. Stufe: Debatte - Polarisierung im Denken, Fühlen und Wollen - Sichtweise von Überlegenheit bzw. Unterlegenheit

3. Stufe: Aktionen - Strategie der vollendeten Tatsachen, Gefahr von Fehlinterpretationen, keine persönlichen Verletzungen

In drei Stufen geht es um Gewinn bzw. Verlust. Externes Konfliktlösungsmanagement ist sinnvoll.

4. Stufe: Koalitionen - Vorurteile und Stereotype werden aufgebaut, Konfliktparteien bekämpfen sich, Werbung um Anhänger.

5. Stufe: Gesichtsverlust - Angriffe zielen auf einen Gesichtsverlust des Gegners

6. Stufe: Drohstrategien - Zunahme von beidseitigen Drohungen, Ultimaten werden gestellt.

Eine Lösung ist kaum mehr möglich. Wenn der Gegner verliert, wird das eigene Verlieren bewusst in Kauf genommen.

7. Stufe: Begrenzte Vernichtung - Begrenzte Vernichtungsschläge werden durchgeführt. Eine Umkehrung der Werte findet statt. Ziel ist ein Schaden beim Gegner.

8. Stufe: Zersplitterung - Zersplitterung - Auflösung des gegnerischen Systems.

9.Stufe: Abgrund - Totale Konfrontation ohne die Möglichkeit einer Rückkehr, Vernichtung des Gegners mit Einschluss der Möglichkeit der Selbstvernichtung.

Ein gutes Konfliktmanagement etabliert in Bildungsinstitutionen

  • eine gute Kommunikationskultur.
  • In der Folge entsteht ein gemeinsames Bewusstsein.
  • Ziel sollte die Möglichkeit sein, eigene Lösungen zu finden. Eine Feedback-Kultur? soll gepflegt werden. Aufeinander zugehen soll ein Prinzip sein.
Die Verbindlichkeit von Beschlüssen schafft eine Vermeidung von Konflikteskalationen. Im Sinne einer demokratischen Kultur werden Beschlüsse gemeinsam erarbeitet und getragen.

Dabei hilft ein Leitbild der Bildungsinstitution (Nutzen der Veränderung, Klarheit des Entwicklungsprozesses, Orientierung und Transparenz, Partizipation mit Einbindung, Team-Entwicklung? - Kontrollmechanismen).

"Nicht der Konflikt ist das Problem, sondern vielmehr der (Nicht-)Umgang mit ihm. Konflikte sollten nicht um jeden Preis zu verhindernde Störungen angesehen werden" (HUBER 2013, 428).

5.13 Kompetenz-Portfolio? von Bildungsinstitutionen    

Bildungsinstitutionen bedürfen im Rahmen von Qualitätsentwicklung Einrichtungen, die aus der Außensicht Verbesserungsvorschläge und externe Evaluation mit einem Bild über die jeweilige Situation sich verschaffen, so dass eine Übereinstimmung von Selbst- und Fremdbild ermöglicht wird (vgl. HUBER 2013, 441).

Wesentlich ist der Perspektivenwechsel.

Als Qualitätsleiter kann die folgende Übersicht gelten, die modifiziert für alle Bildungsinstitutionen vorgestellt wird (vgl. HUBER 2013, 442).

  • Portfolio der Institutionsleitung
  • Fragebogen: Lehrende-Lernende-Interessenten?
  • Dokumentationsanalyse: Institutionenprogramm-Protokolle-Konzepte?
  • Institutionenbegehung - pädagogische Fragestellungen
  • Interviews: Lehrende-Lernende-Interessenten-nichtpädagogisches? Personal
  • Interview: Leitung der Institution
  • Vorstellung der Bildungsinstitution
  • Unterrichtsbesuche
  • (Evaluations-) Bericht als Kompetenz-Portfolio?
Institutionenbesuche haben eine analysierende Rolle, wobei über das professionelle Handeln in der jeweiligen Bildungsinstitution nachzudenken ist.

Vorrangig gilt, die Stärken und im Selbstbild "blinde Flecken" aufzuzeigen. Der Vorteil liegt im Lernprozess mit der Qualitätsdimension.

Als entscheidender Lernschritt gilt der Umgang mit dem Evaluationsbericht, also dem Gesamteindruck. Als Kompetenz-Portfolio? verstanden sollen adressatenorientiert und zweckbezogen aus verschiedensten Quellen Informationen dokumentiert werden (vgl. HÄCKER 2007, 86). Er gilt als Brückenfunktion zwischen Entwicklungsprozessen und Qualitätsdimension.

Ein Institutionenbesuch dieser Art (schulisch "Schulinspektion") geht auf bildungspolitische Ziele ein, also Bildungs- bzw. Schulmanagement und staatliche Richtlinien zur Absicherung von Bewertungskriterien.

Referenzrahmen für die Qualität einer Bildungsinstitution (vgl. HUBER 2013, 444)

Institution > vorgesetzte Institution/ Aufsicht

Methoden des Besuchs bzw. Inspektion:

  • Voraussetzung und Bedingungen
  • Ziele und Strategien der Qualitätsentwicklung
  • Führung und Management
  • Professionalität
  • Institutionenatmosphäre bzw. Schulkultur
  • Ergebnisse und Wirkungen
Bericht als Kompetenz-Portfolio?

Die Ergebnisse sollten einen Zielvereinbarungsprozess ergeben. Als Vereinbarung und nicht als Vorgabe oder Festsetzung gilt es, vorrangig die handelnden Personen und unter Umständen die Rahmenbedingungen vor Ort zu berücksichtigen. Als Anschlusslernen für künftige Entwicklungsprozesse weiß man aus der Erwachsenenpädagogik, dass vorhandene Erfahrungen eine Barriere für Neues sind, insbesondere wenn die Rückmeldungen unerwünscht sind (vgl. SIEBERT 1996, 14; ARNOLD-SIEBERT? 1997, 90).

Für Führungskräfte ergibt sich daraus die Notwendigkeit organisationales Lernen zu ermöglichen, wobei Lernen keine reaktive, vielmehr aktive Leistung bzw. ein tätiges Handeln der Lernenden darstellt.

Die folgenden vier Elemente dienen einer Strukturierung (vgl. STEINBERGER 1999, 169-171; für die Erwachsenen- bzw. Weiterbildungspädagogik ARNOLD-SIEBERT? 1997, 15, 89).

  • Personenorientierung - Entwicklungsprozesse durch gemeinsame Leistung der Leistung und der Lehrenden
  • Situationsorientierung - Entwicklungsprozesse durch individuelle Personal- und Kompetenzentwicklung
  • Zielorientierung - Begleitung der Entwicklungsprozesse
  • Problemorientierung - Entwicklungsprozesse durch persönliche und kollektive Relevanz
5.14 Organisationspädagogik    

Im Folgenden geht es um die Bedeutung von Arbeitsorganisation und Organisationsentwicklung von Bildungsinstitutionen als Teilgebeite einer Organisationspädagogik, wobei schulische und außerschulische Dimensionen zu berücksichtigen sind.

5.14.1 Arbeitsorganisation    

Für Bildungsinstitutionen bedeutet die Strukturierung der Organisation

  • die Differenzierung ihrer Aufgaben in Teilaufgaben und Zuordnung zu Aufgabenträgern sowie
  • die Koordination mit gegenseitiger Abstimmung und damit der Zusammensetzung zu einer Gesamtleistung.
  • Unterstützt werden diese organisatorischen Maßnahmen durch formale Regeln für die Aufgabengestaltung, etwa die Entscheidungskompetenzen, Informations- und Kommunikationsstrukturen sowie Regelung von Verfahren wie Programme (vgl. HUBER 2013, 455).
Zentraler Aspekt einer Organisationsgestaltung unter pädagogischen Prämissen ist ein Leitbild.

  • Entscheidungsstrukturen müssen für die Gestaltung der pädagogischen und fachlichen Arbeit in Verbindung mit dem Einsatz von Ressourcen vorhanden sein.
  • Grundlegende Vorstellungen der Mitarbeitenden und Lernenden bzw. ihrer Eltern bzw. Vertretung sind zu berücksichtigen. Dies bedarf eines Reflexionsprozesses.
Grundsätze eines Leitbildes/ Beispiel

  • Förderung des Lernens und Entwicklung der Lernenden
  • Eigenverantwortung
  • Einsatz von Ressourcen im Kontext mit neuen Erfahrungen
  • Förderung eines Selbst- und Weltverständnisses
  • Übernahme von sozialer Verantwortung
  • Vorbereitung auf kulturelle und demokratische Teilhabe
  • Vorbereitung auf das Berufsleben im Kontext mit Fort- bzw. Weiterbildung
  • lernwirksamer Unterricht mit Fördermaßnahmen der Gestaltung eigener Lernprozesse
  • Übereinstimmung von inhaltlichen und methodischen Unterrichtsangeboten
Eine Unterrichts- bzw. Lehrverteilung ist wesentlich für die Aufgaben- und Personalzuweisung. Sie hat wesentliche Auswirkungen für die Organisationsgestaltung und -Organisationspädagogik.

  • Schulisch bedeutet dies die Lehrfächerverteilung im Kontext mit entsprechender Qualifizierungen der Lehrenden (Lehrämter, Zusatzqualifikationen)).
  • Außerschulisch bedeutet dies die Rekrutierung qualifizierter Lehrender für anzubietende Teilgebiete (Themenschwerpunkte, Kompetenzen/ Didaktik, Zusatzqualifikationen).
Organisationsanalyse - modifiziert nach SCHREYÖGG 1999 bzw. HUBER 2013

Institutionenprogramm

Soll-Zustand?: Gestaltung der Organisation mit Umsetzung der normativen und strategischen Vorgaben

Ist-Zustand?: Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Effizienz der Organisation, Eignung der internen und externen Bedingungen

Wirkungsabschätzung mit Bewertung > Entwicklung von Interventionen bzw. Alternativen

Veränderung der Organisationsgestaltung

5.14.2 Organisationsentwicklung    

"Über Jahrzehnte haben sich die Grundmuster des Verhaltens als überdauernde 'pattens' herausgebildet und verbreitet[...]. Wer das System und die Hindernisse überwinden will[...], muss die Grundmuster in den 'Prozess' der Weiterentwicklung einbeziehen[...]"(HUBER 2013, 466; vgl. für Schule DAMMANN 2009).

Im Folgenden geht es um den Prozess der Organisationsentwicklung als Innovationspraxis in mehreren Stufen. Als Sonderform von Organisationsentwicklung gilt Schulentwicklung (vgl. DUBS 2010, 481-488; ROLFF 2014).

Entwicklungs- und Innovationsprozesse in Bildungsinstitutionen zeigen an, dass pädagogische Organisationen als soziale Systeme nur als Teilsysteme zusammenwirken können. Weil sie sich unterscheiden, können sie kommunizieren und kooperieren, etwa als Steuergruppe, Leistung, Projektteam, Gremium und Aufsicht.

Grundeinsichten dafür sind

  • die Systempartner mit vereinbarten Organisationszielen und Regeln,
  • die Beweglichkeit von Organisationen unter der bestimmten Voraussetzung eigener Entwicklungsmöglichkeiten und
  • die Erkenntnis, dass das Gleichgewicht der Systemumwelt nicht mehr stimmt und Entwicklungsprozesse notwendig werden,
  • Wissen, Können und Wollen für eine tragfähige Organisationsentwicklung,
  • Innovationen in einem längerfristigen Prozess, damit schrittweise Veränderungen eingeführt und angenommen werden (vgl. HAMEYER 2007, 45-58; 2013).
Nach HAMEYER (2007, 2013) sind die Phasen einer Organisationsentwicklung

  • die Initiation (Anbahnungsphase),
  • die Implementation (Umsetzungsphase) und
  • die Institutionalisierung (Verankerungsphase).
Angewiesen ist der Organisationswandel auf wechselseitig aktiviertes und modifiziertes Zusammenspiel der Beteiligten (vgl. HUBER 2013, 470-476).

Die Qualität der einzelnen Phasen zeigt sich an der Schnittstellenkommunikation und Rückmelde-Anlässen?.

Ausgehend von der Zielvorstellung einer lernenden (Bildungs-)Organisation gilt es,

  • die Teamarbeit zu forcieren,
  • Weiterentwicklungen als lernende Organisationen zu fördern,
  • Partizipation (Beteiligung) und Demokratieverständnis zu praktizieren und
  • pädagogische Leitideen lernökonomisch einzusetzen.
5.15 Schulentwicklung    

Prozesse der Schulentwicklung sind national und international eine Herausforderung für alle Beteiligten, also Lehrende, Lernende, Schulleitung, Eltern, Schulaufsicht bzw. Schulverwaltung und Schulpolitik (vgl. DALIN-ROLFF-BUCHEN? 1995).

Qualitätsmerkmale und Innovationen sind Kennzeichen einer solchen Entwicklung. Eine "neue Steuerung" und entsprechende Rahmenbedingungen entwickeln Instrumentarien, die Leistungsfähigkeit muss im Kontext von Ermutigung und Verpflichtung unter Beweis gestellt werden(vgl. HUBER 2013, 479).

Schulprogrammarbeit erfordert eine verstärkte Dokumentationsarbeit, eine veränderte Qualifikation der Beteiligten. Fortbildung zeigt sich als Notwendigkeit, wenngleich sie eher als Ausnahme zu sehen sind (vgl. HUBER 2013, 480).

Als komplexer Prozess ist Schulentwicklung in Systemzusammenhängen zu sehen. Zu berücksichtigen sind Unterrichts- und Erziehungsentwicklungen, Personalmanagement, Qualitätsmanagement, Führungsentwicklung, Kooperationen und die sozio-kulturelle Umgebung (vgl. ROLFF 2007, 29-31; 2013, 14-19: "Drei-Wege-Modell?" mit Organisationsentwicklung-Unterrichtsentwicklung-Personalentwicklung?; HUBER 2013, 481).

Idealtypisch wäre der Phasenverlauf eines Schulprogrammes mit

  • dem Einstieg - intrinsische bzw. extrinsische Motivation,
  • Initiierung,
  • Informationsmanagement,
  • Beschlussfassung der Schulkonferenz,
  • Bildung der Steuergruppe,
  • Bestands- und Umfeldanalyse,
  • Datenerhebung - Rückmeldungen,
  • Diagnose der Stärken bzw. Schwächen,
  • Erarbeitung der Leitsätze mit Formulierung des Leitbildes und des Schulprogrammtextes,
  • Festlegung der Entwicklungsschwerpunkte mit Prioritätensetzung,
  • Einstieg in das Projektmanagement,
  • Planung von Fortbildungen,
  • interne Evaluationen und
  • Konsequenzen aus der Evaluation.
Für ein Fortbildungsseminar kann der folgende Vorschlag diskutiert werden (vgl. WENZEL 2010, 263-266; HUBER 2013, 484).

  • Geschichte der Schulentwicklung,
  • Einführung in das Seminar,
  • Initiierung von Schulprogrammarbeit,
  • Steuerungsgruppe als Motor der Arbeit,
  • Bestandserhebung - Feedback-Kultur?,
  • Zukunftswerkstatt,
  • Schwerpunktsetzung - Prioritäten,
  • Handlungsplanung,
  • Schulprogramm - Textfassung,
  • Umsetzung von Maßnahmen,
  • Planung der Selbstevaluation und
  • Konsequenzen aus der Evaluation.
5.15.1 Unterrichtsentwicklung    

Als ein Aspekt der Schulentwicklung soll Unterrichtsentwicklung im Zusammenhang mit einem Wandel der Lernkultur näher betrachtet werden.

Unterrichtsentwicklung hat mit dem systemtheoretischen Modell der Selbstorganisation zu tun, gehen doch die Ordnungsstrukturen von Systemen aus sich selbst hervor. Diese greifen auf das zurück, was sie bereits haben (vgl. LUHMANN 1997). In Bildungsinstitutionen bedeutet dies, dass die Systeme nur so reagieren können, wie sie über die Möglichkeiten verfügen ("operationale Geschlossenheit"; vgl. STARK 1994, 94). Entwicklungsprozesse zeigen immer wieder, dass nur im Einklang mit den Selbstorganisationskräften Veränderungen möglich sind.

Systeme von Bildungsorganisationen im Kontext mit Unterrichtsentwicklung sind Lehrende, Lernende, Kollegien, Mitglieder der Institution und der Systemumwelt (Trägerorganisation, Medien, gesellschaftliche Gruppen, Vereine und Kirchen) (vgl. ROSENBUSCH 2005, 82). Eine isolierte Betrachtung ist kaum möglich, vielmehr ist die Gesamtebene bzw. Betrachtung zu beachten und mit ihr umzugehen.

ROSENBUSCHs Modell (2005) der Systemebenen verstellt den Blick auf die Führungsebene, ohne deren Sichtweise Veränderungen wie eine Unterrichtsentwicklung nicht möglich ist.

Veränderungskonzepte der Unterrichtentwicklung haben daher neben der Notwendigkeit einer Selbstorganisation die Funktion von Führungskräften zu beachten (vgl. die Forcierung der Ausbildung von freiwilligen Beratenden für Unterrichtsentwicklung). Dies bedeutet auch, dass Führungskräfte psychologisch zum Wandel sicher sein müssen und einen persönlichen Referenzpunkt benötigen ("reflexive Führung" vgl. SCHEIN 1995, 10; ARNOLD 2005).

Nach ARNOLD (2009, 97) durchlaufen Führungskräfte fünf Stufen des Denkens und Erlebens.

  • Fühlen in Schlüsselsituationen,
  • Rechtfertigung der Eindrücke und Verhaltensweisen,
  • Festlegung der Gedanken und Konzepte,
  • Verunsicherung und Halten einer Balance sowie
  • neue Gedankengänge mit Erleben von Neuem.
Systemische Führung in Entwicklungsprozessen nach HUBER 2013, 490-491

  • wertschätzender Vergleich: Vermeidung von Bewertungen-Schätzen? von Vielfalt
  • Wirkungsunsicherheit: Fixierung von Zeitkorridoren-Sammeln? von Rückmeldungen und Evaluierungen
  • Selbstreflexion: Misstrauen gegenüber eigenen Wahrnehmungen-Neugierde? gegenüber neuen Annahmen und Konstrukten
  • Führungshandeln ist an Erwartungen, Erfahrungen, Ansprüchen und Hoffnungen gebunden. Zentrale Frage ist die Wirksamkeit der Bildungsinstitution und des Unterrichts bzw. der Lehre.
Unterrichtsentwicklung als kooperativer Prozess ist abhängig von gemeinsamen Unterrichtsvorhaben, Zielen und Kriterien eines Kollegiums.

Führungskräfte und Steuergruppen achten auf die Kooperationsvorhaben unter Einbindung von Fachkollegen in einem festgelegten Zeitrahmen (vgl. ROLFF 2007, 27).

Basisprozesse der Unterrichtsentwicklung nach HORSTER-ROLFF? (2006, 801)

  • Sammeln von Daten,
  • Zielvereinbarungen,
  • Überprüfung der vorhandenen Mittel,
  • Planung und Umsetzung des Vorhabens und
  • Evaluierung des Entwicklungsprozesses bzw. der Ergebnisse.
Ermöglicht werden müssen Erfahrungsräume ("Vorwissen") und Innovationsversuche ("Zutrauen von Neuem").

Die Bildungsinstitution agiert im Sinne einer "lernenden Schule" (vgl. HORSTER-ROLFF? 2006, 207). Ein didaktisches Leitbild ist die Basis für eine kontinuierlichen Wandel der Lernkultur (vgl. ARNOLD 2008).

5.15.2 Wissensmanagement    

Bildungsinstitutionen sind auf die ständige Beobachtung des Wissensmarkts angewiesen,

  • um Wissensinhalte für ihre Arbeit und institutionelle Entwicklung nützen und
  • um ihren Mitarbeitenden Wissen als Wissensvorteile und Gewinn an praxisorientierenden Erkenntnissen für die Handlungsfelder vermitteln zu können (vgl. HUBER 2013, 518).
Die folgenden Erkenntnisse beziehen sich schwerpunktmäßig auf KÜHN-ZIEGLER? und HAMEYER (2009) sowie PRANGE (2002)mit ihren Überlegungen zum Wissensmanagement in der Schule bzw. organisationales Lernen und Wissensmanagement.

In der Regel sind Berufsfelder auf den neuesten Wissensstand angewiesen, mitunter auf den IT-Bereich? binnen kürzester Zeit mit Spezialrecherchen. In Bildungsinstitutionen muss Wissen sorgfältig vorbereitet und verankert werden.

Auf Grund der mitunter kurzen Halbwertzeiten mit der Vergänglichkeit von Wissen hat jede Bildungsinstitution lernkompetent zu sein.

Wissensmanagement hat daher personell und organisatorisch

  • Wissen zu nutzen (pragmatische Dimension) - als Kommunikation, Evaluation, Reduktion, Transformation, Dissemination und Integration,
  • Wissen zu gewinnen (generative Dimension) - als Wissensfelder, Wissensziele, Wissensgewinnung (Fachliteratur; Fort- und Weiterbildung), Recherche, Netzwerke und Wissenskosten,
  • Wissen zu speichern (selektive Dimension) - als Wissensplattform, Internet, Bibliothek, Mediathek und e-Learning.
Wissensmanagement wird unterschiedlich gehandhabt.

  • Auch Bildungsinstitutionen haben wie viele andere Unternehmen "Chief Information Officers/CIO", um die Informationsverarbeitung auf die Gesamtvorgangsweise der Institution abstimmen zu können(Nutzung des relevanten Wissens).
  • Bildungsinstitutionen sind mit fortlaufenden (bildungspolitischen) Korrekturen konfrontiert. Basiswissen, Spezialisierungen (zumeist als Zusatzqualifikationen) und Kompetenz im Umgang mit altem und neuem Wissen gehören zum aktuell-pädagogischen Umgang.
  • Wissensmanagement ist Verständigung über das reine berufliche Wissen hinaus. Geben und Nehmen sowie Suchen und Finden weisen darauf hin. Netzwerke helfen, virtuelles Lernen ist gefragt.
Über diese bisherigen Dimensionen hinaus sind Praxisbereiche von Wissensmanagement für Bildungsinstitutionen von Interesse, die beispielhaft in der Folge vorgestellt werden(vgl. HUBER 2013, 529-534).

  • Archive des Wissens,
  • Aufgabenteams,
  • Briefing zwischen Projekten,
  • informelle personelle Zusammenschlüsse ("Communities of practice"),
  • Foren als Wissensmarkt,
  • Newsletter,
  • Ausstellungen und Präsentationen,
  • Knowledge Cafe,
  • Kompetenzpläne von Bildungsinstitutionen,
  • Medien als Wissensspeicher und
  • Wikis als Wissensplattformen (vgl. die IT-Autorenbeiträge? auf http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index).
5.15.3 Qualitätsmanagement    

"Ziel eines Qualitätsmanagements in die kontinuierliche Verbesserung schulischer Standards und Prozesse unter Anpassung an sich verändernde Rahmenbedingungen und Anforderungen" (HUBER 2013, 496).

Qualitätsmanagement untergliedert sich aus Qualitätsentwicklung (Veränderungen) und Qualitätssicherung (Verbesserungen). Die sinnvolle Beziehung beider Bereiche ist das Bestreben einer bewussten Gestaltung von Bildungsinstitutionen. Ergänzende Funktionen sind etwa der Kontrolle der Institution und Öffentlichkeitsarbeit (vgl. DUBS 2005).

Idealtypisch wäre ein zyklischer Prozess des Planens, Handelns, Prüfens und Verbesserns, also zunächst einer Bestandsaufnahme, in der Folge eines Bildungsprogrammes, Initiierung, Implementierung, Institutionalisierung und Evaluation (vgl. HUBER 2013, 497). Damit trägt Qualitätsmanagement zur Verbesserung der Organisation bei (Organisationsentwicklung, vgl. Pkt. 5.14.2).

Unterstützt werden die Bemühungen durch Beratende und/ oder Anwendung von Qualitätsmanagement-Modellen? (vgl. ausführlich HUBER-SCHNEIDER? 2011, 355-387; HUBER 2013, 499-505).

  • Total Quality Management,
  • European Foundation of Quality Management,
  • DIN EN ISO 9000,
  • Qualitätsentwicklung und Qualitätsevaluation,
  • Pädagogisches Qualitätsmanagement-Unterrichtsbezogenes? Qualitätsmanagement,
  • Index für Inklusion,
  • Selbstevaluation an Schulen,
  • Balanced Scorecard und
  • Übertragung von Qualitätsmanagement aus der Wirtschaft.
Evaluierung in Bildungsinstitutionen könnte gegliedert etwa so aussehen (vgl. ALTRICHTER 2011, 417-461):

  • Rechenschaftslegung (extern/ Außensicht) bzw. Professionalisierung durch Reflexion der eigenen Arbeit (intern/ Innensicht der Institution),
  • Entwicklung/ Steuerung und Weiterentwicklung,
  • Erkenntnisgewinn-Forschung? und
  • Kontrolle-Bewertungen?.
Zur Differenzierung von Evaluation kann folgende Einteilung helfen (vgl. KROMREY 2005, 31-85):

  • Was wird evaluiert? - Personen, Prozesse
  • Wofür wird evaluiert? - Zweck, Ziel/Funktion
  • Wer evaluiert? - Evaluatoren
  • Woran wird gemessen? - Maßstab
  • Wie wird evaluiert? - Methoden
Gelingensbedingungen für ein erfolgreiches Qualitätsmanagement sind

  • das gemeinsame Verständnis von Qualität,
  • vorhandene Kompetenzen,
  • Motivation,
  • konzeptionelle Übereinstimmung,
  • Transparenz als Grundlage von Akzeptanz,
  • Unterstützung,
  • Vertrauen und
  • Anforderungen an die Leitung der Institution.
  • Letztlich ist die Führungskräfteentwicklung selbst ein Modell für Qualitätsmanagement. Führungskräfte könne nur erfolgreich sein, wenn sie qualitätsentwickelnde und qualitätssichernde Maßnahmen realisieren.
5.15.4 Corporate Identity    

Unternehmen arbeiten schon lange an ihrer Identität. Mitarbeitende definieren sich in ihrer Persönlichkeit bei der Arbeit. Berufliche Zufriedenheit, Engagement und Effektivität steigen mit Corporate Identity.

Corporate Identity bezeichnet die Summe der Charakteristika des Unternehmens bzw. der Institution. Das Konzept beruht auf der Annahme des soziales Systems des Unternehmens.

Aufgabe einer Stiftung von Identität ist

  • die Pflege der Unternehmenskommunikation,
  • des Auftretens in der Öffentlichkeit,
  • das Selbstverständnis und Handlungskonzept sowie die Unternehmenskultur (Corporate Behaviour, Corporate Communication, Corporate Culture, Corporate Design, Corporate Language).
An Bildungsinstitutionen wird Corporate Identity bisher eher zurückhaltend praktiziert und erst mit systemischen Entwicklungsprozessen, schulisch "Schulentwicklung", miteinbezogen.

5.15.5 Personalmanagement    

Als Aufgabe von Schulmanagement ist Personalmanagement in der Verantwortung von Führungskräften.

Ziele sind

  • die Organisation und Qualifikation entsprechender Mitarbeitender,
  • die Unterstützung der Lehrenden für den Dienstbetrieb und der Fortbildung sowie
  • die Wahrung der Zieltätigkeit der Institution, insbesondere mit der Sicherung des Unterrichts bzw. der Lehre.
Die klassischen Felder des Personalmanagements ("Human Ressource Management") sind die Personalgewinnung,, Personalauswahl, Personalfreisetzung, der Personaleinsatz, die Arbeitszeit, Personalentwicklung (mit Innovationen), Personalbeurteilung und Personalentlohnung (vgl. HUBER 2013, 546-554).

Für Führungskräfte sind Maßnahmen der Personalentwicklung wesentlich und umfassen

  • die Nachwuchsförderung,
  • die Aufwertung des Aufgabenbereiches mit Informationen zum Berufsbild, Leitbildern und Anforderungsprofilen sowie
  • zur Verbindung mit Auswahlverfahren.
Personalmanagement versteht sich als im Kontext mit Bildungsaufträgen, Zielen des Bildungssystems und der einzelnen Bildungsinstitution als Personal-Veränderungsmanagement? (vgl. HUBER 2013, 557-558). Die zukünftige Gestaltung der Organisation mit neuen Anforderungen ist zu gewährleisten (vgl. STOCK-HOMBURG? 2010).

5.15.6 Personalentwicklung    

Personalentwicklung umfasst alle Maßnahmen der beruflichen Handlungskompetenz einer Bildungsinstitution (vgl. BECKER 2005; SONNTAG-SCHAPER? 2006, 270-280, 283-288; MERGNER/SCHOOF-WETZIG?/STILLER 2006). Es geht demnach um eine Steigerung und Förderung der Handlungskompetenz in den Teilbereichen.

Dies hat nur dann Erfolg, wenn Personalentwicklung in die Strategie der Institution eingebunden wurde (vgl. auch Pkt. 6.7 des Beitrages).

Übersicht über Bereiche der Personalentwicklung (vgl. KLUG 2008, 47)

  • Personalverwaltung - arbeitsrechtliche Funktionen und rechtliche Auflagen,
  • Personalmanagement - Verwaltung der Personal-, Organisations- und Stammdaten, Personalprofile, Einarbeitungspläne für das Personal und Controlling der Lerntransfers mit beabsichtigten Zielen.
Von Interesse ist für Bildungsinstitutionen auch die Identifizierung sogenannter "Potenzialträger" für bestimmte Laufbahnstufen und deren Begleitung in der Laufbahnentwicklung. Bereits angesprochen wurde ein "Pool" von Personen, die für künftige Führungsaufgaben befähigt sind bzw. werden. Inhaltlich bedeutet dies die Einrichtung von Testverfahren, eines Development-Centers? bzw. Assessment-Verfahrens?, Potenzialinterviews und Karrieregesprächen. Nach ZIMMER-KIRBACH? (2007, 62-77) gehen die Meinungen über die Methoden der Potenzialerfassung weit auseinander.

Ein Bildungsmanagement steht vor der Herausforderung, die entsprechende Kompetenz für einen Aufstieg und deren Umfang zu definieren. Die Teilnahme an einem Test scheint in diesem Zusammenhang nicht ausreichend zu sein (vgl. in diesem Kontext das Assessmentverfahren der "Weiterbildungsakademie Österreich/ wba" für Erwachsenen- bzw. Weiterbildner mit seinen Teilelementen Biographiepräsentation-Rollenspiel-Präsentation? eines Projekts-Basiswissen?/ Test).

WUNDERER (2003) hat ein Gliederungssystem über die Vielfalt der Entwicklungsmöglichkeiten vorgeschlagen. Bildungsinstitutionen können so überlegen, welche Angebote nach Möglichkeit zur Verfügung gestellt werden können.

  • Training "off the job" - Maßnahmen in räumlicher, zeitlicher und tw. inhaltlicher Distanz zur Arbeit - Theoriewissen und Verhaltenstrainings
  • Training "on the job" - Lernen am Arbeitsplatz, Job Rotation-Aufgabenerweiterung-Projektmitarbeit-Stellvertreteraufgabe?
  • Training "near the job" - Mitarbeit in Gremien, Qualitätszirkel und/oder Arbeitsgruppen
  • Training "parallel to the job" - Entwicklungen bzw. Prozesse werden parallel zur Arbeit reflektiert, Unterstützung durch Fachexperten/Patensystem-Mentoring-Coaching
Es zeigt sich in der Folge die Bedeutung von Lerntransfers, die in der Praxis mitunter unterschiedlich - je nach Organisation der Bildungsinstitution - sein können (vgl. SOLGA 2008, 333-364).

Lerntransfers erfolgen erst dann, wenn

  • Teilnehmende das Wissen weitergeben können,
  • das Handeln verändern kann und
  • weitere Informationen gesucht und neue Ideen entwickelt werden.
Die Effektivität zeigt sich demnach bei

  • Reaktionen - Zufriedenheit, Lernerfolg und Praxisnutzen,
  • Lernen - bei Erreichen der kognitiven, instrumentellen und affektiven Zielen,
  • Transfer - Verhaltensänderungen, Optimierung der Abläufe und Finden neuer Idee sowie
  • Ergebnissen - Leistung, Qualität, Kosten und institutionellem Klima.
Als langfristiger Prozess erweist sich Personalentwicklung. Erfolgreich ist dieser Prozess, wenn das Gelernte (Fakten- und Handlungswissen) in die Arbeitspraxis übernommen wurde und zu positiven Ergebnissen führt.

5.15.7 Fort- und Weiterbildung    

Fort- und Weiterbildungsplanung und damit Qualifizierungsplanung ist ein zentrales Anliegen von Entwicklungsprozessen in Bildungsinstitutionen (schulisch "Schulentwicklung").

Unter unterschiedlichen Perspektiven kann eine solche Planung betrachtet werden. Vorhandene Kompetenzen und Ressourcen, mögliche Störungen eines Entwicklungsprozesses, Leitbild und Zielvorstellungen sowie mögliche Widerstände sind zu beachten. Mögliche Veränderungen nach einem Entwicklungsprozess und der Zeitpunkt eines Entwicklungsschrittes sind ebenfalls zu beachten.

Erfolgreiche Führungsleitung setzt sich für Diskussionsbereitschaft, Kommunikation und Verbindlichkeiten ein. "Entwicklung" mit Institutionen-, Unterrichts- bzw. Lehrentwicklung und individueller Förderung bedeutet Veränderung (vgl. HUBER 2013, 602).

Als Veränderungsformel gilt C = D x V x F > R

C - change (Veränderung)

D - dissatisfaction (Unzufriedenheit)

V - vision (Leitbild, Zielvorstellung)

F - first steps of action (erste Handlungsschritte)

R - resistance (Widerstand)

Die einzelnen Variablen der Formel zeigen die einzelnen Elemente auf und ergeben als Produkt eine Qualifizierungsplanung im Sinne einer Veränderung (vgl. HUBER 2013, 603).

Hilfreich sind Verbindlichkeiten von Rollen und Aufgaben, eine Wertschätzungskultur, Best-Practice-Präsentationen?, Vereinbarungen über Schwerpunkte, eine Verteilung der Ressourcen, Team- und Kooperationsbereitschaft sowie Kommunikationskompetenzen und fachliche Beratung.

"Ohne Weiterqualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Qualitätsentwicklung[...]"(HUBER 2013, 604). Abhängig ist der Erfolg von der Passgenauigkeit und Motivation der Teilnehmenden.

Eine Qualifizierungsplanung sollte sechs Phasen aufweisen, die auch überlappend ablaufen können.

  • Ziele der Bildungsinstitution,
  • Qualifizierungsbedarf/ Kompetenzpool,
  • Planung/ Zielerreichung,
  • Durchführung,
  • Transfer/Umsetzung und
  • Auswertung/ Zielerreichung.
Qualifizierungspläne - also Weiterbildung - unterscheidet sich von Fortbildung, die punktuell ausgerichtet ist,

  • in der Zielorientierung,
  • in Entwicklungsschwerpunkten und
  • zeigen Wege auf, wie Ziele erreicht werden.
Am Beispiel von Vorberuflicher Bildung ("Berufsorientierung")- definiert als Orientierung über berufliche Bildung und die Arbeits- bzw. Berufswelt - lässt sich dies darstellen (vgl. den IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Vorberufliche Bildung in Österreich).

  • Zielorientierung ist die Kenntnis von Berufswahltheorien, Laufbahnmodellen und biographischer Arbeit,
  • Entwicklungsschwerpunkte sind die Fachdidaktik für den Unterricht, Realbegegnungen und die Laufbahnberatung. Von Interesse sind didaktische Angebote für Randgruppen wie Migrantinnen und Migranten, Lernbehinderte, Schulabbrecher, Umzuschulende, Arbeitslose und Wiedereinsteiger.
  • Wege zur Zielerreichung sind die Fachliteratur, Netzwerke und Hochschul- bzw. Universitätslehrgänge sowie berufsbegleitende universitäre Vollzeitstudien, EU-Bildungsprogramme? mit universitären bzw. hochschulmäßigen Studienaufenthalten und Praktika.
  • Weiterbildung hat als Kriterium eine berufliche Höherqualifizierung mit formal-anerkannter Zertifizierung als Leistungsnachweis (staatsgültige Zeugnisse, EU-Konformität?).
  • In der Folge sollte eine Weiterbildung (Qualifizierung) sich in der Übernahme von neuen Aufgabenbereichen manifestieren.
Referententeams benötigen Informationen über

  • die aktuelle Situation der Bildungspolitik,
  • die aktuelle Situation der Bildungsinstitution bzw. Bildungsbereiche,
  • den Anlass der Qualifizierungsmaßnahme,
  • gewünschte Schwerpunkte bzw. Themen,
  • absolvierte Fortbildungen und
  • Erwartungen an Ziele, Inhalte, Methoden und Umsetzungsmaßnahmen.
Teilnehmende benötigen Informationen über

  • die Qualifikationen des Referententeams,
  • die didaktisch-methodische Konzeption,
  • die Berücksichtigung von Bedürfnissen und Interessen der Teilnehmenden,
  • die Anwendung der Inhalte,
  • Seminarunterlagen, Literaturlisten, aktuelle Links, Netzwerke und
  • organisatorische Rahmenbedingungen wie Tagungsort, Ablauf, Zeitrahmen und Kosten.
Hilfreich sind jährliche Qualifizierungsplanungen, um Entwicklungen der Bildungsorganisation im Blick zu behalten, Nachwuchsfragen zu klären, Interessenschwerpunkte zu identifizieren und eine Qualifizierungsplanung zu optimieren.

Für den Einzelnen bietet ein Portfolio die Möglichkeit, persönliche (Weiter) Entwicklung zu stärken. Lernprozesse werden dokumentiert, Entwicklungen beobachtet, Zeitpunkte reflektiert und mögliche Planungen vorgenommen. Der persönliche Prozess einer Professionalisierung wird gestaltet, Karriereplanung miteinbezogen und eine Grundlage für mögliche Bewerbungen geschaffen.

Zu beachten ist die "Work-Life-Balance?" - das ausgewogene Gleichgewicht (Balance) von Alltagsarbeit, Erholung und persönlicher Entwicklung (vgl. die Notwendigkeit der Psychohygiene im Lehrberuf).

5.15.8 Personalbeurteilung    

Personalentwicklung führt zu gesteigerten Erwartungen in der Qualitätsentwicklung. Beurteilungssysteme wurden in diesem Kontext für pädagogisches Personal eingeführt, Dienst- bzw. Leistungsbeurteilungen modernisiert (vgl. für Lehrende in der Schule KEMPFERT 1999, 46-567).

Jedes Beurteilungssystem ist bemüht, möglichst valide und gerecht eine Bewertung vorzunehmen. Objektivität ist nicht zu erreichen. Eigene Sozialisation, Erfahrungen, Vorlieben und auch Schwächen lassen dies kaum zu. Eine "kontrollierte Subjektivität" mit der Kenntnis von Beurteilungstendenzen und Fehlerquellen ist notwendig und hilfreich (vgl. HUBER 2013, 634-635).

  • Milde-Effekt? - günstige Beurteilung zur Anerkennung,
  • Strenge-Effekt? - Orientierung an hohen Maßstäben,
  • Halo- bzw. Hofeffekt - Beeinflussung durch Gesamteindruck bzw. Teileindrücke,
  • logische Fehler - Alltagstheorien führen zu Beurteilungen, die im konkreten Fall wenig damit zu tun haben,
  • Geschlechter-Stereotype? - Alltagstheorien mit Typisierungen,
  • Aktualitätseffekt - Zuordnung eines zuletzt erlebten Ereignisses,
  • Kontrastfehler - Zuordnung der eigenen Wesensart gegensätzlicher Merkmale und
  • Fehler der gleichen Art - Annahme der gleichen Merkmale wie der Beurteilende.
Günstig ist im Vorfeld einer Beurteilung ein Beurteilungsgespräch mit den Prinzipien "Leiten", "Verstehen" und "Beraten".

Beurteilung benötigt ausreichende Daten wie

  • die Lehr- bzw. Unterrichtsqualität,
  • Einsicht in Schriftstücke wie beurteilte Arbeiten/ Arbeitsergebnisse, Dokumente und Publikationen,
  • Planungen,
  • Einzelgespräche,
  • Engagement für Fort- und Weiterbildung,
  • außerunterrichtliche Aktivitäten,
  • Mitarbeit bei Konferenzen bzw. Tagungen und
  • Rückmeldungen aus der Öffentlichkeitsarbeit.
Beurteilungen dienen auch der Potenzialentwicklung, insofern Interessen, Fähigkeiten und Kompetenzen in einer Bildungsinstitution gefördert gehören. Dazu gehört die angesprochene Beratung für individuelle Vertiefungen und Erweiterungen.

Beurteilungen benötigen daher auch Konsequenzen, eine Feedback-Kultur? ist notwendig.

Eine möglichst gerechte Beurteilung benötigt in der Führungskräfteentwicklung einen Trainingsteil mit Übungsgesprächen und Fallbeispielen mit den Themen

  • Beurteilungstendenzen,
  • Feedback-Regeln?,
  • Beurteilung als Teil einer Personalentwicklung,
  • Potenzialaspekte,
  • Planung und Durchführung eines Beurteilungsgesprächs und
  • Anwendung von Beurteilungen in der Bildungsinstitution(Vereinbarungen, Unterstützungen und Entwicklungen).
5.15.9 Selbstmanagement    

Selbstmanagement versteht sich als

  • Methode, sein Verhalten mit Strategien und Instrumenten zu steuern und zu verändern (etwa Zeit- und Wissensmanagement) sowie
  • das menschliche Verhalten durch übergeordnete Ziele, Haltungen und Werte/ Sinnfragen zu steuern (vgl. HUBER 2013, 614).
  • Situativ bezogen entsteht damit ein bestimmtes Verhalten und Handeln.
Umorganisieren bedeutet in diesem Zusammenhang Ziele erklären, Ziele sinnhaft angehen und Ziele bewusst verfolgen und umsetzen. Dazu gehören eine positive Formulierung, die Möglichkeit im eigenen Bereich zu agieren und die Motivation.

Haltungsziele sind

  • die Stärkung des Selbstbewusstseins,
  • der Umgang mit Belastungen,
  • die Überwindung von Startschwierigkeiten,
  • Gefühle zu kontrollieren und
  • die Selbstwirksamkeit erhöhen.
Zielorientierte Vorsatzpläne - "Wenn-dann-Pläne?" - ermöglichen den Transfer der Ziele in konkretes Handeln in schwierigen Situationen, etwa bei Prüfungen (z.B. Lösung von richtigen Aufgaben so weit wie möglich).

6 Methoden - Modelle    

Im Folgenden geht es um Methoden in der Führungskräfteentwicklung, die beispielhaft vorgestellt werden. Erwachsenenpädagogische Erkenntnisse sind zu berücksichtigen, geht es doch bei Führungskräften um Lernbedürfnisse und Fähigkeiten von Erwachsenen.

In der Folge entwickeln sich Kompetenzen, die Ziel jeder Führungskräfteentwicklung sind.

6.1 Lernen Erwachsener    

Lernen baut im Konstruktivismus auf früheren Erfahrungen auf, Wissen entsteht aus Vorwissen (vgl. MANDL-GERRSTENMAIER? 2000). Neues Wissen wird zur Interpretation von neuen Informationen benötigt, damit wird es verändert. Das frühere Wissen ist im neuen Wissen aufgehoben(vgl. EBNER 2000, 116).

Erwachsene bringen ihr Vorwissen mit Erfahrungen und eigenem Selbstverständnis mit. Man spricht in der Lernbiographie Erwachsener von einem "Anschlusslernen" (vgl. SIEBERT 1996, 105; NOLDA 2008, 81-82).

Mit zunehmenden Alter verändert sich das Lerntempo, es sollte genügend Lernzeit eingeräumt werden, insbesondere bei zurückliegender Ausbildung. Die subjektive Bedeutung der Lerninhalte beeinflusst die Lernleistung und den Transfer (vgl. GRUBER 2000, 121-130). Vermieden werden soll ein "träges Wissen". Es soll möglichst ohne Reibungsverluste einsetzbar sein.

Erwachsene wählen problemzentriert aus, filtern bewusst bzw. unbewusst, praktische Anwendung ergibt einen höheren Lerneffekt (vgl. GRUBER 2000, 123). Zur Reflexion der Praxis benötigt es ausreichend einer Theorie. Ein methodisch-didaktisches Repertoire ermöglicht das Konzept des "kompositionellen Lernens".

Lernen an Fallbeispielen ("Fallbasiertes Lernen") wird realitätsnah als Erfahrungswissen verwendet (vgl. GRUBER 2000, 126). Wissen und Anwendung fallen zusammen, erleichtert wird der Transfer des Wissens in zukünftige Anwendungssituationen.

Lernprozesse gelingen bei Erwachsenen gut, wenn

  • gegenseitiges Vertrauen,
  • Achtung,
  • eine gute Lernatmosphäre und
  • zu erreichende Lernziele an persönlich gesteckte Ziele vorhanden sind.
Konsequenzen für eine Erwachsenenpädagogik ergeben sich aus erfahrungs- und anwendungsorientierenden Verfahren, wobei Wissenserwerb, Lernmethodik bzw. Informationsverarbeitung wesentlich sind.

Führungskräftequalifizierung ergibt sich an der Vermittlung praxis-orientierten Lernens im Kontext mit der Entwicklung von Kompetenzen. Gruppenerfahrungen, Einbringen von Arbeitserfahrungen und kognitions-und reflexionsorientierte Verfahren sind wesentlich (vgl. KOLB 1984).

Als Grundeinstellung der Erwachsenenpädagogik gilt, Teilnehmende mit ihren Bedürfnissen zu berücksichtigen. "Kundenorientierung" nach SIEBERT (1996) meint (auch), dass die Teilnehmenden aktiv an den (Qualifizierungs-) Veranstaltungen Anteil haben ("Teilnahmeorientierung").

Eine idealtypische Fort- bzw. Weiterbildung umfasst kognitiv-theoretische Lernformen (Kurs-Lehrgang/Vortrag, Referat), kooperative Lernformen (Gruppenarbeit, Lerngemeinschaften-Netzwerke?), kommunikativ-prozessorientierte Verfahren (Selbststudium, Projektarbeit) und reflexive Methoden (Self-Assessment?, Feedback, ggf. Supervision) sowie Praxis als Ausgangs- und Zielpunkt.

Mit Beginn der Bildungsphase sollte ein Portfolio zur Dokumentation des Entwicklungsprozesses und der eigenen Bildungs- bzw. Laufbahnplanung angelegt werden.

6.2 Selbstbildung    

Als Konzept für einen kontinuierlichen Prozess der Selbstentwicklung und eine Art des selbstorganisierten (selbstgesteuerten) Lernens weist Selbstbildung auf eine besondere Verantwortung des lernenden Individuums hin.

Mit seinem Impuls kennzeichnet KNOWLES (1975, 18) diese Lernformen als

  • die Initiative selbst ergreifen,
  • ihre Lernziele formulieren,
  • Ressourcen organisieren,
  • entsprechende Lernstrategien auswählen und
  • den Lernprozess selbst evaluieren.
"Selbstbildung" ist jenes Stadium an Bildung, das den gesamten Lebens-und Berufsweg betrifft und die Verantwortung für das eigene Lernen übernimmt (vgl. MÜLLER 2002, 87-100 bzw. 2006; HUBER 2013, 683-685; man denke an die Formulierung "lebensbegleitendes Lernen" mit der Verantwortung für eigenständige Fort- bzw. Weiterbildung, allerdings in der EU-Forderung? schwerpunktmäßig für den besseren Einsatz in flexiblen Arbeitsmärkten).

Verbunden wird dies mit der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit (Persönlichkeitsbildung). Lehrende, Trainer und Gruppenleitende können/ sollten diesen Prozess unterstützen bzw. können beraten, letztlich bleibt die Verantwortung beim Lernenden.

Selbstbildung bietet jene Chancen zum Lernen und zur Bildung an, die Lebens- und Berufssituationen als Lernimpulse anbieten. Damit ergeben sich in der Regel neue Aufgaben(persönliche Weiterentwicklung). Aus kritischer Reflexion ergeben sich Lernprozesse.

Als einführende Bausteine/ Elemente können etwa gelten

  • eine persönliche Vision,
  • der eigene Wertehorizont,
  • das eigene Selbst- und Rollenverständnis (Vorbilder),
  • eigene Stärken und Schwächen,
  • eigener Bildungsbedarf und
  • ein persönlicher Entwicklungsprozess.
6.3 Gruppenarrangements    

Gruppenarrangements beziehen sich auf Größen von 15 bis 100 Personen, ihre Stärken liegen in der Bildung von Impulsmomenten (vgl. HUBER 2013, 693-699). Gut einsetzbar sind sie beim Einsatz von Auftaktsituationen, Ziehen von Zwischenbilanzen und Entwickeln von Perspektiven für die Gesamtgruppe.

Überaus günstig ist der Einsatz beim Bilden eines gemeinsamen Themas, im Bildungsbereich bietet sich der Bezug zur eigenen Profession an.

Gruppenarrangements schaffen Lerngelegenheiten für große Gruppen, sind also anders als Einzel-, Kleingruppen- und Partnerarbeiten gelagert. Im Bildungsbereich sind sie für die Moderation von Dienstbesprechungen, Veranstaltungsforen für Entwicklungs- oder Abstimmungsprozesse geeignet.

  • Veranstaltungen mit großen Gruppen sollen räumlich gemeinsam ein Ziel bearbeiten. Lernanregende Erfahrungen sollten entstehen. Einem partizipativen Ansatz entsprechend sollte eine gemeinsame Veränderung eines Problems angeregt werden. Häufig haben solche Veranstaltungen nur einen konsultativen Ansatz(Empfehlungen, Lösungsansätze). Das Individuum als Teil der Gruppe und die Organisation sind Elemente einer "Lernenden Organisation" (vgl. SENGE 1996, 171). Beide Aspekte sind im Sinne einer Lösung eines Problems zu beachten.
  • Gruppenarrangements haben zu beachten, dass viele Personen in ein Gespräch kommen (sollen) und angemessene Arbeitsstrukturen zielorientiert sich entwickeln (können).
Als Arbeitsprinzipien gelten

(1) eine Orientierung der Selbstorganisationsfähigkeit von Teams und Organisationen. Voraussetzung ist Engagement, Selbstorganisation und Aushandlungsfähigkeit ohne eine explizite Leitung;

(2) eine Klarheit des Kontextbezugs. Inhalte und Ziele müssen klar definiert sein. Unwesentliche Themen werden nicht berührt;

(3) Fragen berühren demnach nur die Thematik, im Focus stehen die Möglichkeit einer Überführung in das System (hier die Bildungsinstitution)und die Dauerhaftigkeit der Wirkung.

(4) Damit ergibt sich eine Orientierung am ganzen System. Zu beachten ist die grundsätzliche Möglichkeit einer Anbindung an das System.

(5) Ebenso ergibt sich eine Orientierung an der Frage nach dem Zweck des Systems (Auftrag, Sinnhaftigkeit). Zu beachten ist die Balance der Strukturelemente.

Voraussetzung sind die Selbststeuerung der Gruppen in den Arbeitsphasen und Möglichkeiten von Strukturhilfen und Medien. Konfliktbehaftete Themen sollen bearbeitet werden können, die Themenverantwortung liegt bei den einzelnen Mitgliedern.

Drei Methoden von Gruppenarrangements sollen zur Diskussion vorgestellt werden.

(1) Im "World Café" ergibt sich eine entspannte und zwangslose Atmosphäre. Leitfragen geben Impulse für Ideen und Wissen. Gesprächsrunden bearbeiten unterschiedliche Themen, Ideen und Lösungsvorschläge(auch Alternativen). Ergebnisse müssen festgehalten, der zeitliche Rahmen eingehalten und die Thematik beachtet werden.

(2) In der "Open Space Konferenz" werden eigene Themen eingebracht und gemeinsam diskutiert. Die Bearbeitung liegt in den Händen der Teilnehmenden. Im Focus stehen verschiedenste Betrachtungsweisen. Günstig ist die Fixierung von Zwischenständen bei Beratungen. Für die Arbeitsgruppen gelten die Grundsätze "Zeig dich", "Sei präsent", "Sei ehrlich" und "Lass es sich entwickeln". Oft ist eine solche offene Zusammenkunft entscheidend für die Weiterbearbeitung der Thematik.

Bei der "wertschätzenden Erkundung" geht es um das Lernen aus Erfolgen und das Lösen von Problemen durch innovative Entwürfe. In den einzelnen Phasen von "Erkunden und Verstehen", "Visionieren", "Gestalten" und "Umsetzen" werden Vorhaben und Planung verknüpft. Grundsätzlich gilt eine Wertschätzung gegenüber den eigenen Erfahrungen und der Gruppe.

6.4 Heterogenität in Qualifizierungsmaßnahmen    

Die Auseinandersetzung mit Heterogenität hat als Aufgabe, einerseits Ungleichheiten abzubauen und anderseits Verschiedenheit praktizierbar zu machen.

In der Erwachsenenpädagogik spielt Heterogenität eine wichtige Rolle, denn Lernen im Erwachsenalter ist wesentlich an verschiedenste Kontexte gebunden, insbesondere an wesentliche Lebensereignisse und Übergänge (vgl. FAULSTICH-ZEUNER? 2008, 37). bei Fortbildungsveranstaltungen zeigt es sich, dass von der Rolle des Lehrenden zur Rolle des Leitenden berufliche Rollenanteile vorhanden sind. Ziel ist daher, die Rollenanteile zu reflektieren und in Professionalität zu überführen.

Im Folgenden wird daher versucht, Heterogenität in Vermittlungshandeln zu überführen. Der Wechsel zwischen Teilnehmersicht und Leitung bzw. Moderation erweitert die Perspektive (vgl. HUBER 2013, 740-744).

Diese verschiedene Zielgruppenorientierung zeigt an, dass zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der beruflichen Entwicklung verschiedenartige Lerninteressen, Zielvorstellungen und Erfahrungshorizonte vorhanden waren. Methodisch ist dies zu berücksichtigen daher ist das Lehr- und Lern-Verständnis? der Erwachsenenpädagogik zu berücksichtigen.

Weil kognitive Lernsysteme in sich geschlossen und selbstorganisierend sind, können Lehrende/ Moderierende nur anregen bzw. aktivieren. Bei einem aktivierenden Lehrverständnis erweitert sich der Wissens-und Erfahrungshorizont. Dies bedeutet in der Folge die Akzeptanz der Verschiedenheit und Erfahrungen bzw. Lebenswirklichkeiten, die Darstellung von Lernangeboten mit Problemorientierung und die Aktivierung der Teilnehmenden (vgl. WISCHER 2010).

Ein erster Schritt zu einer effizienten Lerntheorie wird ein "Selbstlernprozess" der Lehrenden/ Kursleiter sein müssen. Hier wird die eigene Einstellung und Wertorientierung, Reflexion der Lerntheorien und Anwendung biographischen Lernens zu hinterfragen sein. Neben dem Wissen und Kompetenzen bzw. Methoden ergeben sich Strategien zu den beiden Schlüsselkompetenzen, etwa die Haltung, Selbstklärung, positive Handlungssprache, Präsenz, Empathie, Eigenverantwortung, Win-Win-Situation? und Erfolg.

Design eines Fortbildungselements mit Heterogenität

Wege zu Inhalten > Vortrag-Kurzvortrag-Referat? mit Aufgabenstellung

Selbstregulierendes Lernen mit Lernplanung > Vermittlung von kognitiven Strategien wie Wiederholung, Einprägung, Elaborierung und Organisation (vgl. KONRAD-TRAUB? 2009)

Reflexive Methoden für persönliche Position > Lerntagebuch

Motivation > Aktivierung emotionaler Beteiligung wie Assoziation und Bisoziation

Lernen und Anwenden > Problemstellung aus dem Alltag, "training on the job", Mentorentätigkeit, Coaching, Neue Medien

Zertifizierung > Bescheinigung von Lernfortschritten und Lernerfolgen

6.5 Netzbasiertes Lernen - Blended Learning    

Digitale Lehr-und Lernmöglichkeiten erfordern in einer Medien- und Wissensgesellschaft ausgereifte Methodenkonzepte und Professionalität der Lehrenden.

Präsenzphasen und internetgestützte Lernplattformen sind heute Normalität. In der Ausbildung von pädagogischen Führungskräften wird diese Kombination mit Blended Learning bezeichnet, wobei der Einsatz in der Fort- und Erwachsenenbildung sowie im universitären bzw. hochschulmäßigen Bereich gleichermaßen stattfindet.

Beispielhaft wird auf Bereiche von Theorie und Praxis im IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Netzbasiertes Lernen in Theorie und Praxis hingewiesen.

6.6 "Happy Learning" - Rolle der Dissonanz    

Viele Unternehmen in der freien Wirtschaft focussieren ihre Fortbildungsangebote im Rahmen der Personalentwicklung unter den Aspekt der Wirkungsperspektive ("Outcome - Orientierung"). Dies betrifft das Lernen von Erwachsenen, also die Erwachsenenpädagogik.

Ziel sind erweiterte Kompetenzen (Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten) und eine Steigerung der Motivation (Einsatz für Unternehmensziele). Aspekte der Motivation sind die Bereitschaft zu lernen, Gelerntes auszuprobieren, zu optimieren, im Alltag anzuwenden und zu zeigen (vgl. HUBER 2013, 766).

6.6.1 Happy Learning    

In Bildungssystemen zeigt die Erfahrung der letzten Jahre, dass sich eine zweifache Wendung zeigt.

  • Einmal kommt es zu einem Paradigmenwechsel von rein wissensorientierenden zu anwendungsorientierenden Fortbildungsinhalten.
  • Veränderte Fort-und Weiterbildungsdesigns sollen eine Aufbruchsstimmung erzeugen. Damit kommt ein verändertes Verantwortungsbewusstsein zum Tragen, in der Folge eine bessere Fort- bzw. Weiterbildung. Dies bedeutet bessere Tagungsorte, bessere Unterbringung, bessere Referenten, personalintensivere Veranstaltungen und eine bessere Vor-und Nachbetreuung. Modularisierte über einen längeren Zeitraum angelegte Veranstaltungen erzeugen in diesem Kontext mehr Zufriedenheit und Wohlbefinden ("Happy Learning").
Im zeitlichen Rückblick werden Veranstaltungen besser bewertet, wenn die Verwertungsqualität der Lerninhalte im Vordergrund steht. Zusätzlich zum "Happy Learning" bedarf es eines didaktischen Designs, kognitive Aktivierung, Feedback, ein Hinterfragen von Handlungsroutinen und die Auseinandersetzung mit Erfahrungen, Meinungen und Vorstellungen.

6.6.2 Rolle der Dissonanz    

Selten wird in der Erwachsenenpädagogik kognitive Dissonanz - hier mit den Aspekten Irritation bzw. Frustration - aufgegriffen. SCHÄFFTER (1997, 691-708) hat die Irritation beschrieben.

Lernen wird zunächst als eine kognitiv strukturierende Aneignung von neuartigen Ereignissen in der systematischen Umwelt definiert (vgl. SCHÄFFTER 1997, 2). Mit dem Begriff "Irritation" wird die Markierung der eigenen Kontextgrenze beschrieben, die es gilt zu überschreiten. Als Anknüpfungspunkt zur Überschreitung der Grenze und als Erkennen der Erwartungsstruktur mit Reflexionsfähigkeit werden zwei Funktionen angesprochen.

Mit der Irritation erlebt die Person eine Diskrepanz, als Anlass zu einer Aktivität ("Mobilisierungsereignis") und "Lernanlass". Die Irritation ist daher der Ausgangspunkt zur Selbstveränderung und positiv bzw. negativ motivationsbestimmend (ebd., 4).

"Provokative Didaktik" entsteht aus der Dissonanz- bzw. Differenzerfahrung, die den Lernprozess emotional beeinflusst. Hingewiesen werden muss auf neuerliche Verunsicherungen, die begleitet werden sollen, mitunter aber auch nicht mehr in der Erwachsenenpädagogik begleitet werden können. Lernförderlich können Irritationen nur bearbeitet werden, wenn Anschlussfähigkeit (Kohärenz) vorhanden ist. Bedingungen dafür sind die Unterbrechung von Routinen, das Erkennen von Nichtwissen und Reflexionsfähigkeit mit deren Verbalisierung (vgl. HUBER 2013, 770).

FESTINGERs Begriff der "kognitiven Dissonanz" (1975) bezeichnet ähnlich wie "Irritation" bei SCHÄFFTER den Zustand einer Person, die mit Einsichten, Meinungen und Gefühlen konfrontiert wird, die nicht zu ihrem persönlichen Set passen (vgl. HUBER 2013, 770). FESTINGER geht davon aus, dass aus einer solchen (positiven) Situation heraus Lernen möglich wird (vgl. dazu die Ausführungen im IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Vorberufliche Bildung in Österreich, Pkt. 1.4.2 "Kognitive Dissonanz").

6.7 Lernprozesse in der Fort-und Weiterbildung    

Lernen ist ein individueller, aktiver, möglichst selbstgesteuerter Prozess. Gestaltet ist der Lernprozess fachlich, sozial situiert und kooperativ (vgl. HUBER 2013, 776).

Diese Erkenntnis gilt für die schulische Lehrerbildung, Ausbildung außerschulischer Lehrender und die Fort- bzw. Weiterbildung. Individualisierung im Lernprozess ist eingebettet in Teamstrukturen, Unterrichts- und Entwicklungsprozesse.

Lehrerfortbildung bedeutet auch , wie bereits angeführt, Personalentwicklung (vgl. Pkt. 5.21 des Beitrages; MERGNER/SCHOOF-WETZIG?/STILLER 2006). Subjektive Theorien und persönliche Arbeitskonzepte bestimmen Anforderungen des Bildungssystems. Ausgangspunkt ist der einzelne Lehrende mit seinem bzw. ihrem spezifischen Kompetenzprofil. Lehrende sind für ihre eigene Professionalisierung verantwortlich, d.h. sie planen, führen durch und dokumentieren ihre Fort- und Weiterbildung.

Von Anfang an muss eine reflexiv-forschend-distanzierende Haltung gegenüber der eigenen Berufstätigkeit aufgebaut werden. Daran hat eine Fort- bzw. Weiterbildung anzuknüpfen.

Erfolgreich ist Fortbildung, wenn an subjektive Theorien und Alltagserfahrungen angeknüpft wird, Lehrende als handelnde Subjekte mitverantwortlich eingebunden sind ("ownership"), der Bezug zum Arbeitsalltag gegeben und die Fortbildung evident sowie die soziale und institutionelle Situierung im Prozess der Lehre bzw. des Unterrichts und der Entwicklung des Bildungssystems eingebunden ist (vgl. LIPOWSKY 2004, 462-479).

Subjektiv äußert sich Lehren und Lernen von Lehrenden in dem Berufsanteil, in den Inhalten des Lehrens, der Vermittlungsebene (Fachdidaktik), in der Beziehungsebene gegenüber Lernenden, Eltern, Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzten sowie der Ebene der Institution mit dem Arbeitsplatz, Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastungen (vgl. BAUER 2005, bes. 82).

In der Folge ist auf Lernprozesse in der und durch die Praxis einzugehen. Anzusprechen ist das Verhältnis von Workshop zum Workplace, Coaching, das Hospitationspraktikum, Lernen im Vergleich und "Partners in Leadership". Kollegiale Lernformen und Lernen durch Rückmeldungen sind ebenfalls anzusprechen.

6.8 Lernort Workshop - Lernort Seminar/ Lehrgang    

Eine optimale Teilnehmerorientierung mit Anwendungsbezug und Transfer in die Arbeitsrealität bedarf in einer Workshop-Umgebung? simulierter Situationen des Alltags und konstruierter Problemfälle in einem Team in kooperativen Problemlöse-Prozessen?("Problemorientiertes Lernen"; vgl. RENKL 1996; HUBER 2013, 795).

Entwickelt wurde das "Problemorientierte Lernen" im Bildungsbereich an der Vanderbilt University/ USA (vgl. BRIDGES-HALLINGER? 1997, 131-146). Ausgehend von konkreten und komplexen Problemen aus dem Alltag werden in kooperativen Problem-Löseprozessen? interaktive Lösungen angestrebt. Mitunter geht der Lernprozess vom Workshop zum "Workplace", also zum realen Arbeitskontext.

Mit Hilfe von Praktika und Begleitmaßnahmen - auch an mehreren Bildungsinstitutionen - werden die Beobachtungen/ Erkundungen gemeinsam reflektiert. Exemplarische Lernprozesse in der Wirklichkeit finden mit "Mentoring" statt.

6.8.1 Praktika-Projekte-Hospitationen?    

Praktika finden unterschiedlich statt. Mitunter können sie mit Beobachtungen viele Stunden dauern, ebenso können sie als Aspekterkundungen gezielt für einen Problembereich eingesetzt werden.

Projekte bedürfen in der Führungskräfteentwicklung einer Kleingruppenbildung, um Inhalte zu erarbeiten, Anwendungen zu überprüfen und in die jeweilige Bildungsinstitution zu adaptieren. Durch den Coaching-Ansatz? kann ein Projekt erfolgreich durchgeführt werden. Gerne werden Praktika auch in Form von Hospitationen (Kurzbesuche) durchgeführt.

Vorteile eines Lernens am "Workplace" ergeben sich

  • im Kennenlernen konkreter Bereiche (vgl. das Erkundungsverfahren),
  • dem begleitenden Beobachten in Form von "Shadowing" bzw. einer anteiligen Übernahme von Leitungsaufgaben (aktive Beteiligung),
  • einer individuellen Reflexion von Erfahrungen etwa dokumentiert als Lernjournal (Überprüfung des eigenen Verständnisses) und in
  • einer Orientierungshilfe für eigene Entscheidungen in einem Bewerbungsverfahren.
Ziel ist die Entwicklung von "technical skills", "human skills" und "conceptual skills". Differenziert bedeutet dies Kompetenzbereiche in Orientierungswissen, implizitem Wissen, Kulturwissen, moralisch-ethischem Wissen, Forschungswissen, Wissen über sich selbst, theoretischem Wissen, kritischem Wissen, politischem Wissen und Erfahrungswissen (vgl. ANDERSON 1989, 53-84).

6.8.2 Mentoring - Betreuung    

Im Vergleich zu "Shadowing" sind die zu Betreuenden aktiv Handelnde am "Workplace". Aus dem unterschiedlichen Erfahrungsniveau und Expertenwissen soll ein beruflicher und persönlicher Wachstumsprozess dynamisch und in verschiedenen Phasen angeregt werden.

Es bedarf einer Auswahl der Mentoren, ihrer Qualifizierung in Erwachsenenpädagogik, der Zusammenstellung der Mentor-Protége-Paare?, der Fixierung der Dauer des Prozesses, regelmäßiger Reflexionsgespräche und einer Evaluation.

Vorteile sind die Nutzung der Lernchancen, Einbringen anderer Sichtweisen und der aktiven Teilnahme der Praktikanten.

Die Gefahr kann in der rezeptartigen Belehrung, dem Transport eher konformer Handlungsweisen und einem Erhalt des Status quo liegen (vgl. THODY 1993, 74). Dies würde dem Infragestellen von Etabliertem, kritischem Denken, Wandel und Veränderung widersprechen. Von Professionalisierung könnte nicht mehr gesprochen werden.

6.9 Coaching    

Zunehmend wird Coaching in der Personalentwicklung verwendet und bezeichnet die Beratung bzw. Unterstützung und Erreichung von Zielen von Führungskräften und Mitarbeitenden in ihren beruflichen Aufgaben (vgl. KÖNIG-SÖLL? 2003, 11-13). Coaching ist eine besondere Form der Beratung durch einen Beratenden ("Coach") für einen ratsuchenden Klienten ("Coachee"). Wesentlich sind die verschiedenen Formen des Coaching (vgl. HUBER 806-808).

Im Folgenden werden solche Formen, zumeist auch als Mixformen und individuell auf Klienten abgestimmt, angesprochen.

  • Einzelcoaching - Coach berät Klient; im Expertencoaching wird der Klient entwicklungsorientiert geführt(Vorsprung an Wissen bzw. fachlicher Erfahrung);
  • Gruppencoaching - Begleitung einer Gruppe, die nicht in einem Funktionszusammenhang stehen muss; sinnvoll wird Gruppencoaching durch Einzelcoaching ergänzt;
  • Teamcoaching - als Sonderform von Gruppencoaching steht die Gruppe in einem Funktionszusammenhang; im verhaltensrelevanten Umfeld werden Problembereiche bearbeitet;
  • Konfliktcoaching - Konflikte werden professionell mit Analyse, Prävention, Bewältigung und Konfliktkonstellation aufgearbeitet(vgl. SCHREYÖGG 2003);
  • Strategiecoaching - Coaching setzt in einer Strategiefindungsphase ein und versucht klare Strukturen und Transparenz in Veränderungsprozesse zu bringen.
Für gelingendes Coaching benötigt man Freiwilligkeit, Veränderungsbereitschaft bei der Klientel, Verschwiegenheit und Objektivität des Coaches, gegenseitige Akzeptanz, Vertrauen und Offenheit der Klientel sowie klare Zieldefinition mi einem festen Zeitrahmen.

Der Zeitrahmen umfasst eine Orientierungsphase, Klärungsphase, Lösungs- bzw. Veränderungsphase und Abschlussphase.

6.10 Hospitationspraktikum    

Die Qualifizierung und das Absolvieren eines Praktikums folgt dem Ansatz des selbstverantworteten Lernens. Bestimmt wird es vom Nutzen eines Fortbildungselementes bzw. Moduls. Seminaristische Formen genügen nicht mehr, verschiedene Lernorte und Lernanlässe sind zu verbinden, damit Lernen als individueller Vorgang in Gang gesetzt wird.

Als "Workexperiences" geht es um Hospitationen, bei denen Einblick in andere Arbeitskontexte im Vordergrund stehen, etwa die Verwaltung, Wirtschaft und anderer Bildungspartner. Pädagogische Führungskräfte sehen Führung aus anderer Perspektive, etwa in der Vorbildfunktion, Unterrichtsfunktion, Elternarbeit und Öffentlichkeitsarbeit. Es geht um das Kennenlernen von vorrangig anderen sozialen Bereichen in der jeweiligen Bildungsinstitution (vgl. die Impulse einer Politischen Bildung) . "Erfolg" und "Ziel" erhalte eine andere Dimension. In unterschiedlichen Situationen wird die andere/ eigene Rolle unterschiedlich einzuordnen sein bzw. das Verhalten richtig eingeordnet werden können.

Kooperationen und Vernetzungen sollen gefördert werden, beispielhaft kann dies mit Wirtschaftsunternehmen im Bereich der Vorberuflichen Bildung initiiert werden. Interkulturelle Bildung vermag Kooperationen mit nationalen und internationalen Institutionen herzustellen. Ebenso kann dies zu Kooperationen im Rahmen von EU-Bildungsprogrammen? führen (vgl. EU-Lehrerfortbildungen? mit Zusatzqualifikationsangeboten).

Hospitation wird so Teil einer Qualifizierung von (kommenden) Führungskräften und bedarf der Unterstützung in Form einer Auswahl entsprechender Möglichkeiten und persönlicher Zielstellungen.

6.11 Lernen im Vergleich    

Von Interesse ist der didaktisch-methodische Ansatz mit Teilnehmenden aus den verschiedensten Bildungssystemen in heterogenen Lerngruppen.

  • "Lernen am Unterschied" etwa im Bildungsmanagement bringt Lernprozesse in Gang, in denen mit- und voneinander mit Vertretern der Wissenschaft, Politik und Sozialpartnern gelernt wird und Vergleiche ermöglicht werden..
  • Andere Handlungskontexte mit Vergleichen ergeben sich in Praktika, Hospitationen oder "Shadowing"-Programmen.
  • Ein weiterer Ansatz zeigt sich in Einladungen von Führungskräften aus anderen Handlungsbereichen, über Bildungsfragen zu referieren und in der Folge zu diskutieren (vgl. in Österreich Veranstaltungen des "Europäischen Forums Alpbach" zu Fragen der Bildungsreform).
Dieser Ansatz lehnt sich an Funktionen der "Vergleichenden Erziehungs-bzw. Bildungsforschung", jedenfalls pflegt er Interdisziplinarität (vgl. REISCHMANN 1997, ALLEMANN-GHIONDA? 2004).

Als Hauptintentionen gelten das simple "borrowing"/ "Anleihe" und die Überwindung ethnozentrischer Blindheit sowie eine Erweiterung von Wissen. EU-Bildungsprogramme? sind in diesem Zusammenhang hilfreich, insbesondere wenn sie eine Höherqualifizierung ermöglichen (vgl. Masterausbildungen in EU-Ländern?).

6.12 Partners in Leadership    

Nach HUBER(2013, 851) arbeiten beispielhaft "Partners in Leadership" Führungskräfte von Bildungsinstitutionen und Wirtschaftsunternehmen rund ein Jahr lang gemeinsam an Themen wie Führungskompetenz und Leitungshandeln.

Leitungen von Bildungsinstitutionen gewinnen neue Einsichten einer Führungspraxis in Unternehmen. Mit Hilfe von Feedback-Systemen?, Leitfäden für Gespräche und neue Formen des Lehrens und Lernens wird die Anwendbarkeit geprüft bzw. adaptiert.

Gleichzeitig gewinnen Führungskräfte aus Unternehmen Einsichten und entwickeln ihre Kompetenzen weiter.

  • Bildungsinstitutionen haben so gut wie keinen Rückgriff auf finanzielle Mittel, daher gewinnen Motivation, Anerkennung und Wertschätzung mit begleitenden Maßnahmen eine wesentliche Bedeutung.
  • Andererseits profitieren Unternehmen von einer gelingenden Kooperation mit Heranwachsenden, Eltern und/ oder Verwaltungen.
  • Aus der Sicht des Autors gewinnen beide Seiten in einer solchen Partnerschaft von Themenbereichen, in denen sich Bildungsinstitutionen und Unternehmen treffen bzw. überschneiden, etwa in der Wirtschaftspädagogik, Medienarbeit, Vorberuflichen Bildung, Interkulturellen Kompetenz und Politischen Bildung (mit Aspekten der ökonomisch-politischen Bildung). Dies gilt gleichermaßen für schulische und außerschulische Bildung (vgl. die IT-Autorenbeiträge? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Anregungen zur Schulentwicklung-Aspekte? neuer Lernkultur, Berufswahl in der Polytechnischen Schule, Europa als Lernfeld, Erwachsenenbildung, Erwachsenenbildung im ländlichen Raum, Globales Lernen, Interkulturelle Kompetenz, Lehrgang Politische Bildung in der Erwachsenenbildung, Medienarbeit, Ökonomische Grundbildung in der Erwachsenenbildung, Psychologische Aspekte in Unterricht und Erziehung, Vorberufliche Bildung in Österreich, Wirtschaftserziehung).
Für einen erfolgreichen Umgang mit dieser Komplexität bedarf es Partner, Unterstützer, Experten und Beratender, die hilfreich begleitend zur Seite stehen (vgl. HUBER 2013, 852).

Häufig wird die pädagogische Freiheit von Lehrenden als Widerspruch zu einer auf Teamarbeit/ Kollegialität beruhenden Arbeitsweise angesehen. Eine veränderte Lehr- und Lernkultur benötigt Teamstrukturen, mehr Dialog, Austausch, interdisziplinäres Denken bzw. Wissen und Fort- bzw. Weiterbildung. Auch hier kann "Partners in Leadership" hilfreich sein.

6.13 Kollegiale Lernformen    

Im Folgenden geht es um professionelle Lerngemeinschaften, kollegiale Beratung und Vorgesetzten-Feedback?. Allen drei Lernformen ist eine Abkehr vom Individualisieren, einem Austausch und nachhaltiger Kooperation typisch.

6.13.1 Professionelle Lerngemeinschaft    

Lerngemeinschaften liegt das folgende Konzept zugrunde (vgl. HUBER 2013, 863).

  • Unterricht als komplexes Handeln ist Grundlage lebensbegleitenden Lernens.
  • Lehrende können im kollegialen Diskurs für sich selbst Positives erfahren/ lernen.
  • Netzwerke verstärken solche Lerngemeinschaften und fördern den Austausch.
Der Ausdruck "Professionalität" unterstreicht, dass Gruppen von Fachleuten, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten aktualisieren und erweitern. Beispielhafte Kooperation verstärkt diese Bemühungen.

Nicht gemeint ist eine unverbindliche Zusammenarbeit im Austausch von Materialien, einer zufälligen Gestaltung eines Projekts und Aushilfen unter befreundeten Lehrenden. Vielmehr geht es im persönlichen Bereich um eine Grundhaltung und im Bereich der Bildungsinstitution um die Pflege einer Kultur in der Kooperation.

Professionalität beinhaltet eine ausgeprägte Orientierung auf

  • Lernende,
  • Wissenszuwachs in allen Bereichen,
  • Forschungsinteresse im Kontext mit Fort- bzw. Weiterbildung und
  • Praxis einer Reflexion (vgl. TOOL-SEASHORE? 2002, 245-279).
Selbstbestimmung im Lernprozess und Wirklichkeit mit Erfahrung und Bedürfnissen der Teilnehmenden bieten die Vorteile dieser Methode. Vorwissen und Anschlusslernen kennzeichnen die Elemente der Erwachsenenpädagogik. Netzwerke bzw. Lerngemeinschaften verstärken kommunikativen Wissenserwerb. Diese bewahren Lehrende vor Isolierung und garantieren Lebendigkeit und gegenseitige Anregung (vgl. den IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Netzbasiertes Lernen in Theorie und Praxis).

Der Beruf Lehrender ist gekennzeichnet von einer hohen Interaktionsdichte und kann nur an Berufszufriedenheit gewinnen, wenn diese inhaltsreich und effektiv bzw. effizient gestaltet wird (vgl. HUBER 2013, 865).

6.13.2 Kollegiale Beratung    

Kollegiale Beratung unterstützt sich wechselseitig und gleichberechtigt. Lernen von Kollegen lässt Wissen entstehen, das in dieser Form nirgends vorgeben werden kann. Ein Selbstlernpotenzial der Beteiligten kann sich entfalten (vgl. HUBER 2013, 873).

  • Im Handlungsfeld Schule kann diese Form in unterschiedlichen Kontexten wie Fachkonferenzen, Teambesprechungen und Projektbesprechungen angewendet werden. Übergreifend betrifft "Kollegiale Beratung" Lehramtskandidaten, die schulinterne Lehrerfortbildung (SCHILF), Führungskräfteentwicklung und Schulnetzwerke.
  • Im Handlungsfeld Außerschulische Bildungssysteme bilden Teambesprechungen, Fachkonferenzen, Fachtreffen, Führungskräfteentwicklung bzw. Personalentwicklung, Gruppenarbeiten bei Tagungen bzw. Wissenschaftlichen Konferenzen und Netzwerkarbeit beste Voraussetzungen.
Unterschiedliche Bezeichnungen kennzeichnen die Thematik, etwa Kooperative Beratung, Kollegiales Team, Reflecting Team, Kollegialer Denkservice, Intervision, peer coaching und peer consultation (vgl. SCHLEE 2004; HUBER 2013, 873).

Die Beratungsform zwischen Kollegen weist hohe Praxisorientierung und einen wesentlichen Erfahrungsaustausch mit Lösungsvorschlägen auf, oftmals eingebettet in Personalqualifizierungsmaßnahmen (vgl. etwa die Personalentwicklung der Universität Wien für ihre Mitarbeiter). Offene und kollegiale Arbeitsatmosphäre werden positiv aufgenommen.

Zu beachten sind Unterschiede zwischen Kollegialer Beratung und Coaching bzw. Supervision. Unter Anleitung eines Coaches bzw. Supervisors werden Lösungen in der beruflichen Praxis in Gruppen erarbeitet (vgl. TIETZE 2003, 39). Einzelcoaching findet grundsätzlich unter vier Augen mit der Behandlung von persönlichen Problemen statt.

Ähnlichkeiten mit Teamcoaching bzw. Supervision in Gruppen beinhaltet Kollegiale Beratung. Allerdings findet Kollegiale Beratung ohne spezialisierten Coach bzw. Supervisor statt. Grundsätzlich beraten gleichrangige Kollegen.

Kollegiale Beratung sollte nicht stattfinden (vgl. TIETZE 2003, 34-35),

  • wenn allgemeine Organisationsfragen behandelt werden,
  • wenn alle Teilnehmenden vom Problem betroffen sind und damit der Abstand zum Moderator/ Berater fehlt,
  • wenn Konflikte bzw. Spannungen unter den Teilnehmenden bestehen und
  • wenn private Themen eingebracht werden.
Kollegiale Beratung bietet die Möglichkeit der Lösung beruflicher Praxisprobleme. Der Fallerzähler hat die Rückendeckung der Gruppe. In der Folge geht es um die Reflexion der Praxis und der Berufsrolle. Eingebracht werden soziale und interaktionelle Kompetenzen, eine kollegiale Gesprächsführung und die Trennung von Problembeschreibung und Lösungsfindung. Als kostengünstige Maßnahme mit relativ geringem Aufwand einer Personalentwicklung ist Kollegiale Beratung positiv einzuschätzen (vgl. TIETZE 2003, 23-24). Modelle einer Kollegialen Beratung ergeben sich aus der Konzeption von Team Coaching, Kollegialer Beratung und Intervision (vgl. HUBER 2013, 877-879).

6.13.3 Feedback-Kultur?    

Wer sich weiterentwickeln will, benötigt Rückmeldungen. Dies kann durch kompetente Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzte und Fort- bzw. Weiterbildner geschehen. Jede Person hat Lücken in der Wahrnehmung (vgl. HUBER 2003, 885).

"Mangelnde Rückmeldung führt jedoch zu einer unrealistischen Selbsteinschätzung der eigenen Führungsfähigkeit und der vermuteten Zufriedenheit bei den Geführten" (BRINKMANN 1998, 25). Führungsprobleme entstehen weniger aus Böswilligkeit, vielmehr aus Unwissenheit.

Vorgesetzten geben Rückmeldungen die Chance, ihre selektive Wahrnehmung aufzuhellen und allen Beteiligten Offenheit zu zeigen.

  • Eine Ausweitung kann sich ebenso auf die Schulaufsicht und Schulverwaltung erstrecken.
  • Außerschulische Führungskräfte benötigen ebenso Rückmeldungen, wobei diese ebenso expertenorientiert sein müssen (vgl. den Aufgabenbereich von Personalmanagement in Bildungsinstitutionen am Beispiel der Schule bei BUHREN-ROLFF? 2009).
Rückmeldungen bedürfen jeweils einer konstruktiven Auseinandersetzung mit Führungsproblemen (vgl. BRINKMANN 1998, 18). Es bedarf einer Beteiligung am Konzept des Ablaufes und der Instrumente. Punktuelle Beobachtungen und Einschätzungen sind wertlos, eine Gesamtbeurteilung mit allen Bereichen lässt Rückschlüsse zu.

Anforderungsdimensionen (nach HUBER 2013, 900-904)

  • Leistungsbereitschaft - Motivation, Misserfolgsvermeidung, Einsatzbereitschaft
  • Leistungsfähigkeit - Planungskompetenz, Prozessdenken, analytisches Denken
  • Ressourcenumgang - Selbstbeobachtung, Stressresistenz, eigene Fähigkeiten
  • Umgang mit Veränderungen - Gestaltungsmotivation, Innovationsstreben
  • Umgang mit anderen - Kontaktfreude, Teamorientierung, Einfühlungsvermögen, Kritikbereitschaft
  • Führung - Führungsmotivation, Begeisterungsfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, soziale Akzeptanz, Meiden von Einflüssen, Machbarkeitsgrenzen
Phasen-Modell? einer Rückmeldung (nach HUBER 2013, 886)

  • Vorbereitung
  • Selbsteinschätzung
  • Fremdeinschätzung
  • Konsequenzen - Vereinbarungen von Leitsätzen, Maßnahmenabsprache
  • Wiederholung nach einem bzw. zwei Jahren
Bei der Vereinbarung von Regeln bedarf es mitunter einer neutralen Person bzw. eines externen Moderators, um Einigungen zu erzielen.

7 Weiterbildungsmodelle - Deutschland-Schweiz-Österreich?    

Im Folgenden wird beispielhaft auf Weiterbildungsmöglichkeiten für pädagogische Führungskräfte und Lehrende in Deutschland, der Schweiz und Österreich eingegangen.

Erwachsenen- bzw. Weiterbildung benötigt Professionalität und Handlungsfähigkeit in diesem Bereich, die zunehmend mit der Forderung nach lebensbegleitendem Lernen besetzt ist (vgl. MEMORANDUM der Europäischen Kommission, 2000, Brüssel).

7.1 Fernstudium Schulmanagement - Deutschland    

Für eine Weiterbildung im Sinne einer Professionalisierung und Qualifizierung von Schulleiter-Handeln? entstand der berufsbegleitende Studiengang "Schulmanagement" an der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern (vgl. GAJEWSKI-GRIESE? 2002, 201-214).

Das Fehlen von Direktstudienangeboten bietet diese Weiterbildungsmöglichkeit, Praxishandeln zu professionalisieren.

Der Master-Fernstudiengang? ist als berufsbegleitendes Studium zugeschnitten. Obligatorische Präsenzveranstaltungen von einem Wochenende pro Semester mit flexibel gestalteten und weitgehend zeit-und ortsunabhängigen Möglichkeiten ergeben einen Zeitrahmen von vier Semestern mit ca. 15 Stunden wöchentlicher Belastung

Inhalte des Studienganges (vgl. HUBER 2013, 970-972)

1. Semester - 3 Module: Grundlagen von Schulentwicklungsprozessen, Leadership und Managementtheorien-Organisationsentwicklung?, Schulpolitik (mit historischem Abriss)-Schulrecht

2. Semester - 3 Module: Sicherung der Unterrichtsqualität bzw. Unterrichtsentwicklung, Kommunikations-und Kooperationstechniken, Personalmanagement

3. Semester - 3 Module: Methoden bei der Gestaltung von Schulentwicklungsprozessen, nationale und internationale Schulevaluation, Qualitätssicherung-Qualitätsmanagement?

4. Semester - Abschlussklausur, Bearbeitung der Masterarbeit

Literaturhinweise:

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7.2 Schul- bzw. Bildungsmanagement - Schweiz    

Der "MAS Schulmanagement" will qualifizierte Fachleute für die Leitung und Entwicklung

  • von Bildungsorganisationen,
  • Beratende und
  • Personen der Bildungsverwaltung ausbilden (vgl. HUBER 2013, 984-985).
Elemente sind

  • die Schulleitung als Beruf,
  • Kompetenzen auf professionellem Niveau,
  • Professionswissen,
  • Wissenschaftsorientierung und
  • professionelle Netzwerke.
  • Der Master-Lehrgang? bietet auch Module an, die für Lehrende mit Interesse an Leitungsaufgaben offen stehen.
Didaktische Prinzipien sind

  • der spiralförmige Aufbau mit wiederkehrender Bearbeitung von zentralen Bildungszielen und Themen, wobei die Spezialisierungsmodule der Vertiefung dienen. Das Abschlussmodul ergänzt erweiternd und vernetzt Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten.
  • die Kompetenz- und Transferorientierung mit der Verknüpfung mit der Praxis. Theorien, Modelle, Methoden, Verfahren und Instrumente mit reflektierender Erfahrung im Kontext bilden die Grundlage für die praktische Umsetzung. Schwerpunktbildung ist der Input (was wird gelehrt?) mit dem Output (was wird erzielt?). Kompetenz wird als die Fähigkeit zum Handeln definiert.
  • kooperatives und individualisiertes Lernen mit Berücksichtigung unterschiedlicher Führungsvoraussetzungen und Führungsansprüchen.
  • die Synthese von bildungstheoretischer und konstruktivistischer Didaktik mit dem Ziel, interaktives Lernen mit den festgelegten Zielen zu ermöglichen.
  • der Aufbau des Studienganges, modular aufgebaut (Schulmanagement/ Basislehrgang, Spezialisierungsmodul, Abschlussmodul).
Studienaufbau nach HUBER (2013, 991)

  • Schulmanagement > Grundfragen Führen und Leiten, Schulentwicklung, Kommunikation, Personalführung/ Personalentwicklung, Teamleitung/ Teamentwicklung, Betriebswirtschaft und Recht
  • Spezialisierungsmodul > Personalmanagement, Unterrichtsentwicklung, Qualitätsmanagement, Betriebswirtschaft und Recht
  • Abschlussmodul > Schulmanagement, Abschlussarbeit und Kolloquien
Literaturhinweise:

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Huber St.G. (2013): Handbuch Führungskräfteentwicklung. Grundlagen und Handreichungen zur Qualifizierung und Personalentwicklung im Schulsystem, Köln

IT-Hinweis?: http://www.bildungsmanagement.net/MAS-SM (27.7.2014)

7.3 Erwachsenen- bzw. Weiterbildung - "Bildungsmanagement/wba" - Österreich    

Bemühungen um ein "lebensbegleitendes Lernen" im Rahmen der Europäischen Union wecken das Interesse in der Erwachsenenpädagogik um Weiterbildung, insbesondere im Bildungsmanagement (vgl. Memorandum zum "Lebenslangen Lernen/LLL" der Europäischen Kommission, Brüssel 2000).

In Österreich gibt es seit dem 1. Februar 2007 für die Standardisierung von Kompetenzen und die Fort- und Weiterbildung von Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildnern als Bildungsinstitution die "Weiterbildungsakademie Österreich/ wba", die in ihrer Ausbildung zwei Stufen der Zertifizierung vergibt und Möglichkeiten zu einem weiterführenden universitären Ausbildungsgang aufzeigt (vgl. http://www.wba.or.at).

Geforderte Kompetenzbereiche - Ausbildungsgang "Bildungsmanagement" - Diplom/ wba

  • Managementkompetenz
  • Fachkompetenz
  • Bildungstheoretische Kompetenz
  • Soziale Kompetenz
  • Personale Kompetenz
  • Wissenschaftsorientiertes Arbeiten
  • Fachliteratur - Rezensionen
  • Reflexive Kompetenz - Diplomarbeit
  • Verpflichtende Praxis
  • Fachspezifische Veröffentlichung
  • Abschlusskolloquium
- - -

IT-Hinweis?: http://www.wba.or.at > Diplomierter Erwachsenenbildner > Bildungsmanagement (27.7.2014)

7.4 Universitätslehrgang "Erwachsenenbildung/ Weiterbildung (adult education/continuing education)" - Österreich    

Der fünfsemestrige Universitätslehrgang (ULG) an der Alpen Adria Universität Klagenfurt wird in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Erwachsenenbildung St. Wolfgang angeboten.

Er trägt den Professonalisierungstendenzen in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung (EB/WB) Rechnung. Der Bedarf an qualifiziertem Personal mit der Bedeutungszunahme von lebensbegleitendem Lernen steigt. Die Evaluierung der Weiterbildungsakademie identifiziert einen starken Bedarf universitärerer Weiterbildung im Bereich der EB/WB. Der ULG versteht sich als Weiterführung der Qualifizierung von Tätigen in der EB/WB auf universitärem Niveau. Zudem wird versucht, zukünftigen Entwicklungen zu entsprechen und Themen aufzugreifen, die bisher nicht ausreichend wahrgenommen und bearbeitet wurden.

Zielgruppen des ULG kommen aus dem breiten Tätigkeitsfeld der EB/WB. Sie reichen von pädagogisch Planenden, Trainern, Beratenden, aus dem Bildungsmanagement, von Bibliotheken, aus der Personalentwicklung und öffentlichen Einrichtungen bis zu Lehrenden in der EB und WB. Einschlägige Praxiserfahrung ist notwendig, um das berufliche Handeln theoriegeleitet und forschungsorientiert reflektierten und begründen zu können.

Leitlinien sind/ ist

  • die kritische Reflexion auf der Basis von aktuell theoretischen Wisse und empirischer Forschung,
  • ein modularer, berufsbegleitender und wissenschaftsorientierter Lehrgang auf Basis aktueller erwachsenenpädagogischer Forschung,
  • die Vermittlung gesellschaftspolitischen, bildungspolitischen, nationalen und internationalen, kognitiven und emotionalen Zusammenhängen im Bereich der EB/WB,
  • die systematische Erweiterung und Vertiefung der Fach-und Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und kommunikativen Kompetenz zur Bewältigung erwachsenenpädagogischer Frage-und Problemstellungen,
  • die Anschlussfähigkeit an europäische und internationale Entwicklungen und
  • die Möglichkeit zur Bildung von Netzwerken auf persönlicher und institutioneller Ebene.
Mit sechs Modulen beträgt die Gesamtdauer 675 Unterrichtseinheiten (Seminare, Studienzirkel, E-Learningphasen?, Verfassen einer Masterthesis).

Modul 1 - Schlüsselfragen der EB/WB-Forschung?

Modul 2 - Zielgruppen und Handlungsfelder de EB/WB

Modul 3 - Lernen und Lehren in der EB/WB

Modul 4 - Steuerung und Organisation der in der EB/WB

Modul 5 - Kolloquium zur Masterthesis

Modul 6 - Masterthesis

Voraussetzung der Zulassung ist eine schriftliche Bewerbung auf der Grundlage eines Universitätsabschlusses bzw. postsekundären Bildungseinrichtung mit wba-Diplom und dem Nachweis von mindestens drei Jahren einschlägiger Berufserfahrung.

IT-Hinweis?: http://www.uni-klu.ac.at/ulg/eb/inhalt/1.htm (27.7.2014)

7.5 Leadership Academy - Österreich    

2004 wurde die "Leadership Academy/ LEA" des (damaligen) Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst/ bm:bwk unter Wilfried Schley (Universität Zürich) und Michael Schratz (Universität Innsbruck) gegründet.

Die Prämissen liegen in der Steigerung der Führungsqualität und Professionalität, der Verbindung zwischen Professionalität, Leadership und "Community of Practice".

  • Professionalität ist geübtes und reflektiertes Talent.
  • Leadership ist personale und mentale Kompetenz einer Führungsperson mit dem Ziel, Bildungsprozesse Lernender zu verbessern.
  • "Community of Practice" ist die jeweilige Bildungsinstitution, in diesem Fall Schule.
Leitideen sind

  • lösungsorientierte Arbeit an innovativen Projekten in der eigenen Organisation,
  • ein Neues Theorie-Praxis-Verständnis? durch Zusammenschluss von Lernen und Anwenden sowie Überwinden des Transferproblems von "situated lerning",
  • der Kompetenzerwerb durch begleitende Reflexion im Kollegialen Teamcoaching (KTC),
  • eine Netzwerkorganisation durch Verflechtung in der Lernpartnerschaft, Kollegialen Teamcoaching-Gruppe? und Regional- bzw. Fachgruppe,
  • das Zusammenspiel von unternehmersicher Verantwortung der Teilnehmenden bzw. Akteure mit der Verantwortungsleitung im Netzwerk,
  • die strategieunterstützende Umsetzung von Bildungsreformen, etwa Bildungsstandards, Individualisierung, innere Differenzierung, Ganztagsschule und Frühförderung,
  • Leadership mit Gestaltungslust und Vertrauen in menschliche Ressourcen und
  • professionelle Unterstützung und Führung durch die wissenschaftliche Leitung mit ihrem Team und den regionalen Netzwerk-Koordinatoren?.
Die Leadership Academy setzt sich aus Führungspersonen zusammen. Teilnehmende sind Vertreter aller Schulformen, der Schulaufsicht und des Ministeriums.

Vier Foren bilden die Academy.

Forum I - Auftakt, Start, Netzwerkbildung und Themenfindung

Forum II - Projektplanung, Projektmanagement und Coaching

Forum III - Steuerung, Projektentwicklung und Change Management

Forum IV - Präsentation und Zertifizierung

Die Arbeit der LEA geht von den Projekten aus. Sie sichern die Verbindung zur institutionellen Realität. Lewins Satz gilt nach wie vor, dass man eine Organisation erst daran kennt, wenn man sie verändert oder etwas an ihr neu entwickelt (vgl. SCHLEY-SCHRATZ? 2005, 953). Zentrale Fragen der Themenauswahl und Projektgestaltung sind die Verbindung von persönlichem und organisatorischem Lernen. Dies mündet in Glaubwürdigkeit, Überzeugung und Ausstrahlung.

"Führungspersönlichkeiten sind der Schlüssel für innovative Praxis, wenn sie lernen, ihre Arbeit als Teil eines Gesamtprozesses zu sehen und diesen in die Zukunft zu leben" (SCHLEY-SCHRATZ? 2005,935).

In der LEA haben sich drei Stoßrichtungen für Forschungsinitiativen als zukunftsfähig ergeben.

  • Mikro Arts - Erfassung kritischer Ereignisse aus der Arbeit von Führungspersonen
  • Leadership Kompetenz - Kompetenzerfassung von Führungspersonen (Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhaltensweisen)
  • Bilder der Organisation - mentale Muster über die Wahrnehmung von Personal und Organisationsentwicklung über die visuelle Dimension
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IT-Hinweis?: http://www.leadershipacademy.at (27.7.2014)

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Angeführt sind jene Titel, die direkt zitiert werden und/oder für den Beitrag verwendet werden.

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VIII Zukunftsfelder    

Zukunftsfähigkeit - Aspekte einer Gestaltung des Lebensraumes    

Vorbemerkung    

Die Erwartungen an die Zukunft ergeben sich allgemein in den Wünschen, es möge besser werden als die Gegenwart.

Aktuell laufen die Entwicklungen solchen Wünschen entgegen, man denke nur an die ökonomischen und ökologischen Bereiche. Der Konsum mit seinen Angeboten und Nachfragen wächst, die Ressourcen verringern sich, das Müllaufkommen steigt, das Klima verändert sich, neue Problembereiche durch einen Wandel der Gesellschaft kommen auf.

Das Kapitel - in Verbindung mit Politischer Bildung - beschäftigt sich mit den bestehenden Verhältnissen und will einen Beitrag für mehr Sensibilität für aktuelle Notwendigkeiten in zukünftigen Felder erreichen.

Die Gliederung besteht aus drei Hauptteilen Zukunftsgestaltung, Problemfeldern und bedeutende zukünftige Bildungsbereiche mit jeweiligen Untergliederungen, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und entspricht der persönlichen Interessenslage als politischer Bildner und Erwachsenenpädagoge.

Durch die Fülle der Fakten und Theorieansätze erscheint es sinnvoll, eine Auswahl der Themenbereiche und Theorieansätze zu treffen.

1 Zukunftsgestaltung    

1.1 Lebensgestaltung    

Eine künftige Lebensgestaltung besteht nur, das erreichte zivilisatorische Niveau in dem Bereich, Gesundheit, Sicherheit, Gleichheit, Bildung und Rechtsstaatlichkeit zu halten. Der Ressourcenverbrauch ist abzusenken.

Den bisherigen Lebensstil fortzusetzen, weniger Ressourcen zu verbrauchen, ist unglaubwürdig. Man denke nur an die Windräder, E-Autos?, Biosupermärkte, solare Energie, die Konsumkultur und das Mobilitätsverhalten.

Eine zukünftige Entwicklung wird weniger Produkte anbieten, weniger Mobilität bereitstellen, eine andere Modernität und eine andere Lebensqualität haben (müssen).

1.2 Krisensituationen    

Moderne und Natur in ihrem Verhältnis sind künftig in einem realistischen Verhältnis zu gestalten. Die wirtschaftlichen Krisen und technischen Katastrophen der letzten Jahrzehnte hatten eine demoralisierende Wirkung. Die TV-Berichte? zeigten die Grenzen von Modernität.

Schema - Krisensituationen der letzten Jahrzehnte

Erster Weltkrieg > Große Depression > Zweiter Weltkrieg > Erste Ölkrise > Zweite Ölkrise > Rezession

Zusammenbruch Ostblock > Japankrise > Asienkrise > Finanz- und Wirtschaftskrise

1.3 Konsumgesellschaft    

Das Wirtschaftssystem ermöglicht jeden Aspekt des Daseins in Waren bzw. Güter zu verwandeln und damit zugänglich zu machen, wenn man sie kaufen kann. Man spricht vom globalen Glück des Konsums. Alternativen gibt es keine.

Für die Politische Bildung von Interesse ist der Artikel 25 der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" (vgl. Recht auf einen Lebensstandard, Gewährleistung einer Familie, Gesundheit, soziales Wohl und Sicherheit). Im Rausch eines Konsumzwanges werden überschüssige Waren und Güter vergessen.

Die preisgekrönte Studie "Grenzen des Wachstums - im Auftrag des Club of Rome" über die Zukunft der Weltwirtschaft thematisiert 1972 bereits Aufklärung und Notwendigkeit eines Umweltschutz - Klimaschutz und einer Nachhaltigkeit (vgl. WELZER-RAMMLER? 2013, 21-22). Jahrzehnte später zeigen alle Daten immer noch nach oben.

Mehr Emissionen, ressourcenintensive Produkte, kurzlebige Konsumgüter, verkürzte Nutzungsdauer von Geräten kennzeichnen Produktionsprozesse.

In einer Wachstumswirtschaft funktioniert die Befriedigung der Bedürfnisse mit der pausenlosen Erfindung neuer Konsumwünsche.

Wenn man sich die Situation der Menschenrechte ansieht, richtet sich der Blick auf die Globalisierung. Allgemein heißt es, sie sorge für Wohlstand und reduziere soziale Ungleichheit und Armut. Sie lasse eine neue Mittelklasse entstehen (vgl. WELZER-RAMMLER? 2013, 24).

Nach den Daten der INTERNATIONAL LABOUR OFFICE (ILO) 2012 ist ein Siebtel der Menschheit aktuell unterernährt, zwei Milliarden haben keine ausreichende medizinische Versorgung, eine Milliarde haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, mehr als 200 Millionen Kinder sind Soldaten, Prostituierte, Wanderarbeiter und Teppichknüpfer (vgl. ILO 2012, 9, 11-13 > http://www.ilo.org [3.2.2012]).

Für diese Menschen ist der Artikel 25 der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" eine Utopie, die Ungleichheit vertieft sich. Ungefähr besitzen 1000 Menschen gegenwärtig drei Prozent des weltweiten Privatvermögens, die Hälfte der Menschheit dagegen nur ein Prozent (vgl. POGGE 2011, POHL 2011).

Aktuell spricht man von der Leitkultur des Verbrauchs und Verschwendung in den Industrieländern. Als Gegenargument hört man, man könne den kommenden Gesellschaften nicht den Lebensstandard verwehren, den man für sich selbst in Anspruch nimmt (vgl. die Aspekte eines zukunftsfeindlichen Lebensstils und wachsender Zerstörungswut der Konsumgesellschaft).

1.4 Politik einer Zukunftsfähigkeit    

Daraus ergibt sich die politische Aufgabe der Rückgewinnung von Zukunftsfähigkeit. Sie setzt eine Intoleranz gegenüber der Verletzung der Menschenrechte auf künftiges Überleben voraus.

Die erste Ökobewegung der siebziger Jahre war erheblich politischer als die heutige, gesellschaftliche Phänomene standen im Vordergrund. Gefordert war ein Wandel von Wirtschafts- und Lebensweisen (vgl. Ivan ILLICH, Hans JONAS, Carl AMERY).

Aus der Sicht Historischer Politischer Bildung bedurfte es politischer Entscheidungen, die gegen massive Widerstände getroffen wurden. Die Beispiele Österreich und USA weisen darauf hin.

  • Kinderarbeit wurde verboten und der Acht-Stunden-Tag? durchgesetzt.
  • Arbeits- und Sozialrechte wurden erkämpft (vgl. die Bedeutung der Sozialpartnerschaft in Österreich).
  • Betrachtet man die Abschaffung der Sklaverei und in der Folge die Erkämpfung der Bürgerrechte in den USA, zeigt sich eine Modernisierung mit Blick in eine gesellschaftliche Zukunftsfähigkeit als Resultat eines mühsamen Abbaues von Privilegien.
Die Zukunft bedarf einer Emanzipation von der Gegenwart. Das Projekt "nachhaltige Gesellschaft" besitzt demokratische Brisanz.

Demokratie lebt von der Abwägung von Strategien der Gestaltung künftigen Lebens.

1.5 Kultur der Zukunftsfähigkeit    

Ein zukunftsfähiges kulturelles Modell hat zu gewährleisten, dass kommende Generationen die Freiheit haben, wie sie leben wollen und entscheiden zu können.

Die gegenwärtige Praxis ermöglicht dies nicht.

  • Die traditionelle Nachhaltigkeits- und Klimaschutzbewegung begründet Veränderungen mit einem Notstand.
  • Die Begründungen laufen auf zeitliche begrenzte Maßnahmen, naturwissenschaftliche und nicht lebenswissenschaftliche Begründungen hinaus.
  • Der alltägliche Gebrauchswert ist damit gering. Man vergleiche beispielhaft Klimaschutz vs. schneller Einkauf mit dem Auto, Emissionen vs. verdienten Kurzurlaub, T-Shirt? vs. Pestizide in der Dritten Welt, iPad oder iPhone vs. Gewalt beim Abbau von Coltan. Wissen benötigt Gebrauchszusammenhänge zur Wirksamkeit.
Nachhaltigkeitsappelle haben keinen Wert und bieten nichts. Notstände aufzuzeigen verhindert nicht die Konsumchance des Augenblicks.

Das verfügbare Geld ermöglicht den Konsum und ergibt einen Eigenwert, dass eine Verpflichtung für kommende Generationen abstrakt und inhaltslos wirkt.

  • Die Sozialpsychologie lehrt, dass moralische Überzeugungen keinen praktischen Wert für Menschen haben.
  • Es bedarf immer klarer Anforderungen und konkreter Ziele, die Entscheidungen anleiten (vgl. die Phänomene wie soziales Ansehen, beruflicher Erfolg und Konsummöglichkeiten).
  • Soziale Beziehungen sind vielfältig, Überzeugungskraft erfolgt nicht durch Rechenbeispiele, Diagramme und Bücher.
1.6 Politik der Zivilgesellschaft    

Eine zukunftsfähige Welt entsteht nicht durch attraktive Gegenvorschläge zum Bestehenden. Zu bedenken sind machtvolle Interessen.

Ein klassisches Beispiel in der Politischen Bildung für eine solche Konstellation ist der bundesdeutsche Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg?), der weniger Konsum für notwendig sieht (vgl. das Beispiel der Autoindustrie), damit Ressourcenprobleme, ökologische Probleme und zukünftige Mobilität ansprach.

Zur Durchsetzung eines anderen Kulturmodells bedarf es einer Belebung der Demokratie (vgl. WELZER-RAMMLER? 2013, 39-43).

  • Zukunftsfähigkeit hat sich mit der Durchsetzung der Interessen der Bürgerinnen und Bürger auseinanderzusetzen, dem Gemeinwohl, Generationengerechtigkeit, Verantwortung und Nachhaltigkeit.
  • Damit ergibt sich ein Kontrast zu den Interessen der Wachstumswirtschaft.
    • Es geht um Argumente, die lebensweltlich anschlussfähig sind, also eine Verbindung zwischen Politik und Alltag sowie Chancengerechtigkeit ergeben.
    • Generationengerechtigkeit kann nämlich für die eigenen Kinder wünschenswert sein, ebenso für die folgenden Generationen. Politisch allgemein gesehen bedeutet dies, dass große Teile eines Altersjahrganges arbeitslos sind und ihnen Aufstiegschancen verschlossen bleiben.
    • Chancengerechtigkeit geht zudem weiter in den Werten einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, Bildung und Sozialisation, die eine Gesellschaft in ihrer Struktur maßgeblich beeinflussen. Zu beachten sind die kulturellen Einflüsse (vgl. die EU in ihrem Anspruch auch einer Wertegemeinschaft; interessant die Verfassung von Ecuador mit der Anerkennung des Rechtssubjekts "Natur").
    • Die Bedeutung von Verantwortung ist erweiterbar und lebensweltlich begründbar. Sie eignet sich für eine demokratiepolitisch engagierte Zukunftsbewegung.
Mit dem Begriff Achtsamkeit kommt die Bedeutung kontinuierlicher Prüfung und von Erwartungen und deren Überarbeitung in einen politischen Diskurs.

  • Ein ständiges Lernen in einer Umwelt von Veränderungen bedarf einer Kultur der Fehlerfreundlichkeit und Reversibilität.
  • Damit ergibt sich eine Öffnung von großen Freiheitsräumen für zukünftiges Handeln und individueller und gesamtgesellschaftlicher Entfaltung von Potentialen (vgl. HÜTHER 2011).
1.7 Lernende Gesellschaft    

Eine solche Gesellschaft wird andere Vorstellungen entwickeln müssen, was Lernen im 21. Jahrhundert sein kann.

  • In einer Zeit für eine Wiederherstellung von Zukunftsfähigkeit wird ein Rezeptwissen kein taugliches Mittel sein können.
  • Die Vorstellung, dass Lernen ein Vorgang sei, Wissende bringen Unwissenden etwas bei, ist überholt.
  • Lernen bedeutet in einer achtsamen Gesellschaft die aktive Aneignung und den sozialen Gebrauch von Wissen.
  • Das bedeutet die gemeinsame Entwicklung von Lernprozessen und Lernfortschritten. Notwendig sind Experimentierräume, Labore - Praktika des Produzieren, Wirtschaftens und sozialen Umgangs (vgl. ausführlich zu Projekten WELZER-RAMMLER? 2013, 47-422).
Die Praxis der Zukunftsfähigkeit mit den Erkenntnissen der Sozial- und Kulturwissenschaften und Dimensionen der Lehre, Lehrerbildung, Fort- bzw. Weiterbildung umzusetzen, verändert die Lebenswelt (vgl. DICHATSCHEK 2017, 2019). Der pädagogische Auftrag und die Herausforderung sind gegeben.

2 Problembereiche    

Basiswissen ("fundamentum") und Zusatzwissen ("addidivum") der folgenden Überlegungen sind neben der Lehre im tertiären und quartären Bildungsbereich in Politischer Bildung persönliche Schwerpunkte des Autors aus der Auseinandersetzung mit

  • einer Einordnung des demokratischen Systems (vgl. KOST-MASSING-REISER? 2020),
  • Erwartungen an die Zukunft und einer Zukunftsfähigkeit im Umgang mit der Welt mit Schwerpunkt Mobilität (vgl. WELZER-RAMMLER? 2023) und
  • Lernkonzepten im Wandel, Zukunftsfähigkeit der Bildung und Thesen einer umfassenden Bildungsreform (vgl. DIECKMANN-SCHACHTSIEK? 1998, RUPP-SCHEILKE-SCHMIDT? 2002).
2.1 Klimawandel    

Der Mensch verändert das Klima der Erde nicht gezielt und zu seinem Nutzen. Die Menge der Treibhausgase, zumeist CO2, in der Atmosphäre erhöht sich.

  • Bis zur industriellen Revolution hatte die CO2-Konzentration? während der Menschheitsgeschichte immer bei 285 Millionstel Volumenteile (ppm) gelegen.
  • Heute lautet der Messwert 390 ppm, also rund 40 Prozent höher. Der Wert steigt, allein zwischen 1984 und 2011 emittierte die Menschheit so viel CO2, wie in ihrer gesamten Geschichte zuvor (vgl. WELZER-RAMMLER? 2013, 266).
1992 haben sich im Kyoto-Protokoll? fast alle Staaten verpflichtet, eine gefährliche Störung des Klimasystems abzuwenden. Die Begrenzung von zwei Grad ist willkürlich gewählt und reicht möglicherweise nicht aus, etwa ein Abschmelzen des Grönlandeises zu verhindern.

Die heutige Erwärmung um nicht ganz ein Grad hat zu einer Zunahme von Extremwetterereignissen geführt, etwa zur Verschiebung von Monsunzeiten, hat Katastrophenwirkungen für Millionen Menschen.

Ohne griffige Maßnahmen bewegt sich die Welt auf eine Erwärmung um vier bis sechs Grad bis zum Ende des 21. Jahrhunderts.

Die Gefahren werden unterschätzt. Die Folgen übersteigen das Vorstellungsvermögen. Die Lösungsmöglichkeiten werden überschätzt (vgl. Ansätze bei Umweltproblemen).

Den Klimawandel zu stoppen ist einfach. Für den anthropogenen Klimawandel ist zu drei Viertel das CO2 verantwortlich. Es benötigt weniger fossilen Kohlenstoff, die Wälder erhalten, weniger Ressourcenverbrauch. Komplex ist die gegenwärtige Strategie ist der Emissionshandel (cap and trade), wie ihn die EU kennt. Er begrenzt die Emittierung (cap) und erlaubt in der Begrenzung mit Emissionsrechten zu handeln (trade).

In der internationalen Klimapolitik geht es um die Frage, wenn wie viel von dem Kohlenastoff, den man noch zulassen will, zustehen soll, sowie um die Frage, wie man die Lasten verteilen soll. Die Ungleichheit ist groß. Die OECD-Staaten? emittieren mit 18 Prozent der Weltbevölkerung über 40 Prozent der Treibhausgase. Die VR China emittiert heute, gemessen an ihrer Bevölkerungszahl, bereits deutlich zu viele Treibhausgase.

Die Klimapolitik der UN hat außer dem Kyoto-Protokoll? lediglich Absichtserklärungen gebracht. Ein globales Problem kann aber nur global gelöst werden.

Ausführlich zur Thematik der Autorenbeitrag in diesem Netzwerk > http://www.netzwerkgegengewalt.org/wiki.cgi?Klimawandel__und__Klimaschutz

2.2 Energie und Ressourcen    

"Nachhaltig" bedeutet heute nicht auf Kosten der Zukunft zu leben.

Herman DALY (1977/1991) als Doyen der "ecolocigal economics" definiert nachhaltig als eine Wirtschaft,

  • die erneuerbare Rohstoffe schneller verbraucht, als sie nachwachsen.
  • die Abfallstoffe nicht schneller produziert, als die Natur sie unschädlich zu machen vermag.
  • Der Verbrauch nicht-erneuerbarer Rohstoffe gilt als nachhaltig, wenn ein Teil des Gewinns aus deren Nutzung dazu verwendet wird, gleichwertigen Ersatz zu schaffen.
Was die verschiedenen Energierohstoffe angeht, gibt es keinen Kreislauf, doch die Erde befindet sich in einem steten von der Sonne gespeisten Energiefluss.

Eine nachhaltige Energiewirtschaft klinkt sich in diesen Fluss ein (vgl. WELZER-RAMMLER? 2013, 272).

Die industrialisiert Wirtschaft befindet sich außerhalb von Kreisläufen und natürlichen Energieflüssen. Man denke an die Bodenschätze, fossile Ressourcen und letztlich an die Abfallstoffe wie radioaktive Abfälle, Gifte und Plastik. Neben den biologischen und ökologischen Aspekten gibt es auch besondere politische Aspekte wie (bewaffnete) Konflikte und Gewaltfolgen beim Zugang zu natürlichen Ressourcen (vgl. etwa Erdöl/ "Golfkrieg" und Bodenschätze/ Gewaltfolgen/ Ostkongo-Coltan?, Chile-Kupfer?). Eine Macht über Energie fördert Ungleiohheiten und Machtkonzentration.

Mit der Erdölkrise 1973 ergab sich das Phänomen drohender Energielücken und Energiebedarf. Der globale Energieverbrauch hat sich mehr als verdoppelt, zu mehr als 80 Prozent wird er aus fossilen Quellen und zu sechs Prozent mit Atomkraft gedeckt. Zu bedenken sind die Subventionierungen fossiler Energie (vgl. WELZER-RAMMLER? 2013, 274-275).

Ausführlich zur Thematik der Nachhaltigkeit der Autorenbeitrag in diesem Netzwerk > http://www.netzwerkgegengewalt.org/wiki.cgi?Nachhaltigkeit

2.3 Konsum und Lebensstil    

Die Frage einer Veränderung betrifft in modernen Gesellschaften die Wachstumswirtschaft mit der Forderung auf Verzicht.

  • In Europa und in den USA hat es bisher keine Regierung gewagt, den Lebensstil der Konsumgesellschaft in Frage zu stellen (vgl. WELZER-RAMMLER? 2013, 282).
  • Zu hinterfragen ist die Wegwerfmentalität als Resultat von Marketing-Anstrengungen? und Voraussetzung der Wachstumswirtschaft.
  • Suffizienzpolitik zielt darauf ab, vorhandene Bedürfnisse effizient zu erfüllen.
    • Als Beispiel intelligenter Suffizienz dient die Mobilität.
    • Die Bedürfnisse blieben relativ konstant (Arbeitsplatz, Schule, Einkauf, Freizeit).
    • Allerdings gab es in der Folge auch ein unglaubliches Verkehrswachstum mit der Notwendigkeit des Wachstums der Verkehrswege (vgl. etwa trotzdem kein Mobilitätsgewinn/ Stau, Stoßzeiten, Lärm, Unfallgefahren).
    • Suffizienzpolitik bedeutet nicht Verzicht, sondern vor allem suffizientere Lebensweisen zu erleichtern (vgl. WUPPERTAL INSTITUT FÜR KLIMA, UMWELT, ENERGIE 2005).
2.4 Landwirtschaft - Ernährung - Ökologie    

Als Fritz HUBER und Carl BOSCH Ammoniak herstellen konnten, war die Grundlage der Herstellung für den synthetischen Stickstoffdünger geschaffen. Um ein Kilogramm Stickstoff zu fixieren, benötigt das Haber-Bosch-Verfahren? den Energiegehalt von einem Liter Erdöl.

Handelsdünger wurde die Basis der Agrarrevolution des 20. Jahrhunderts.

  • Neben der Erhöhung der Produktionsmenge, Sicherung der Ernährung und der landwirtschaftlichen Basis für die Industrie (Nahrungsmittel-und Maschinenindustrie)
  • Damit kam es aber auch zum Abbau von Arbeitskräften und in der Folge einer Umschichtung der Arbeitskräfte in Gewerbe, Industrie und den Dienstleistungssektor.
  • In der Folge wurde in den fünfziger Jahren in der "Grünen Revolution" von der Entwicklungshilfe die Agrarrevolution in die Dritte Welt exportiert.
  • Die Pfeiler der energieintensiven Entwicklung waren Handelsdünger, Unkraut- und Schädlingsbekämpfung, motorisierte Mechanisierung der Landarbeit und Zuchtversuche.
Der Agrarsektor entwickelte sich

  • nach einer Sicherung der Ernährungsbasis zu
  • einem Pfeiler der Ökologie (Umweltschutz) und des Tourismus (Landschaftserhaltung, Bildung von Urlaubsregionen).
2.5 Bauen und Stadtplanung    

Die gegenwärtigen Lebensstile ermöglichen keine zukunftsfähige Gesellschaft. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen ergeben Optionen der Ermöglichung, Blockade oder Erleichterung.

Am sichtbarsten und starrsten sind die Bedingungen der gebauten Umwelt.

Siedlungen und Verkehrsstrukturen organisieren den Raum. Wie dies geschieht oder geplant wird, hat entscheidenden Einfluss auf den Lebensstil. Wohnung, Arbeit, Freizeit, Gesundheit und Bildung sind bestimmende Faktoren.

  • Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden US-Vorstädte? aus Fertigelementen gebaut ("Levittowns").
  • In Europa wurden nach den Zerstörungen des Krieges Städte verkehrsgerecht aufgebaut (Straßenbahnen, U-Bahnen?, Stadtautobahnen)
  • Raumplanungen entstanden mit eigenen Raumkonzepten wie Gewerbegebieten, Wohngebieten, Einkaufszentren, Sport- und Erholungsgebieten
  • Zersiedelungen sollten vermieden werden im ländlichen Raum, Randgebiete um die urbanen Zentren entstanden (vgl. um Wien "Speckgürtel").
Beispielhaft als ökologisch und zukunftsfähig gilt die "Transition-Town-Bewegung?" von Rob Hopkins. Ausgehend von Großbritannien werden Schlüsse für eine Stadtplanung gezogen.

  • Verzahnung der Städte mit landwirtschaftlicher Produktion ihres Umfeldes
  • Organisation von Dienstleistungen in Gemeinschaft
    • Märkte - Banken - Gemeinschaftszentren - Gesundheitszentren - Kindergärten und Schulen
    • Sparen von Ressourcen und Gemeinwohlorientierung
2.6 Politisierung - Umbruchsituationen    

Im Zuge der zunehmenden Politisierung in Europa und angelsächsischem Raum ab den siebziger Jahren erhalten die Sozialwissenschaften, Politikwissenschaft, Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft und in der Folge die Kulturwissenschaften zunehmende Bedeutung.

Damit kommt es zu einem Schub von Entwicklungen, politischen Phänomenen, wirtschaftlichen Abläufen, Bildungsprozessen und kulturellen Entwicklungen, die es zu hinterfragen gilt.

Im Bereich der Gestaltung der Lebenswelt erhalten die Ökonomie-Ökologie-Politische? Bildung-Nachhaltigkeit? und EU-Bildungs-? und Sozialprogramme eine neue Bedeutung.

  • Mit dem Paradigmenwechsel von den Geistes- zu den Naturwissenschaften/ sechziger Jahre, Sozialwissenschaften/siebziger - achtziger Jahre und aktuell Kulturwissenschaften, veränderten sich Lern- und Lehrinhalte, Bildungsziele, Verhaltensweisen, Rollenbilder und gesellschaftliche Strukturen.
  • Zurecht wird von einer gesellschaftlichen Umbruchsituation gesprochen.
In der Folge ergeben sich künftige Zukunftsfelder wie Arbeit-Beruf?, Demokratie-Partizipation?, Lernen, Wissen, Kultur-Religion?, Nachhaltigkeit und Digitalisierung, die thesenartig in der Folge zu beschreiben und hinterfragen zu sind.

2.7 Arbeit - Beruf    

In Anlehnung an DIEKMANN-SCHACHTSIEK? (1998, 11-20) müssen Menschen ein Wissen und Können besitzen, damit sie nicht in Wirtschaft und beruflicher Gesellschaft überrollt werden. Vielmehr müssen sie aktiv gestalten können, wenn Arbeit durch Wissen und Kapital eingeschränkt bzw. ersetzt werden.

  • Man muss in die Lage versetzt werden, durch verbesserte Teilhabe selbst oder mit anderen Fähigkeiten und Vorstellungen zu entwickeln. Dies bedeutet zunächst in einer Bildungsreform mit zukünftigen Aspekten Vorstellungen bzw. Dimensionen, dem Anspruch auf Zukunftsfähigkeit, zu entwickeln. Dies stellt für die Politische Bildung im Teilbereich Berufspädagogik eine wesentliche Thematik dar.
  • Bedarfsorientierende Qualifikationen werden sich zunehmend relativieren. Falsche Weichen für die Zukunft sind die Ausrichtung von Ausbildungsgängen in Schulen und Hochschulen auf den Bedarf der Wirtschaft. Weder ein einzelner noch die Institutionen der Wirtschaft wissen, wie zukünftige Arbeitsplätze aussehen werden. Man denke nur aktuell an den Verlust von Vollarbeitsplätzen, die rasante Entwicklung der Informationstechnologie mit der Gestaltung der Arbeitsplätze und der Veränderung des Wirtschaftslebens mit der Entwicklung der Globalisierung.
  • Bildungspolitik ist dadurch nicht unmöglich geworden. Vielmehr bedeutet der rasche Wandel ein mehr an Bildung und Forschung. Wissen und Können bestimmen den Wohlstand einer Gesellschaft. Sie bilden das Kapital für eine Zukunftsfähigkeit. Traditionelle Formen verlieren an Einfluss. Schwierigkeiten zu überwinden verlangen Fähigkeiten, mit Unsicherheiten umzugehen.
    • Damit ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag aller Bildungsbereiche und Ausbildungszweige an das Schulsystem, Berufsausbildungen, Hochschulen und Universitäten sowie Weiterbildungssysteme mit der Belebung von Lernen und Lehren in "lebensbegleitenden Lernen" gegeben (vgl. ARNOLD-GONON-MÜLLER? 2016, 23-27). Bei wirtschaftlichem Bedarf ist zu unterscheiden zwischen gegenwärtigem und zukünftigem.
    • Die derzeitigen Formen der beruflichen Fortbildung und in Eigeninitiative aufgenommene Weiterbildung werden einen Kernbereich bilden. Sie überwinden nicht die Schwierigkeiten im privaten und beruflichen Bereich. Im Zentrum stehen der Erwerb von Informations-, Vermittlungs- und Problemlösungskompetenz. Ziel ist ein Gewinn an Produktivität und an Lebensenergie durch die ergänzenden Effekte.
Eine Selbstverantwortung der Schulen und Hochschulen bzw. Universitäten sollte gestärkt und die Fort-und Weiterbildung gefördert werden. Das bedeutet neue Formen des Lernens und Lehrens, die "Trichtermethode" funktioniert nicht. Schulisch geht es eine Beschleunigung bzw. Verstärkung von "Schulentwicklung", im tertiären Bildungsbereich um "Hochschuldidaktik" (vgl. DICHATSCHEK 2019, 2020, 2022).

Beide Bildungsprozesse setzen eine Aus- und Fortbildung der Lehrenden voraus. Wesentlich sind die Nutzung pädagogischer und didaktischer Freiräume mit pädagogischer Verantwortung, eine Dezentralisierung und Förderung von Kreativität, Eigeninitiativen und Forschungskultur.

Lernwelt und Arbeitswelt bedürfen wechselseitiger Vermittlung (vgl. Berufspädagogik - Vorberufliche Bildung-Berufliche? Bildung; DICHATSCHEK 2021b, ARNOLD-GONON-MÜLLER? 2016).

Lebensbegleitendes Lernen gleichzeitig zur und in Zwischenphasen der beruflichen Tätigkeit muss Praxis werden. Das Bildungswesen hat auf die Änderungen der Arbeitswelt und die neuen Formen der Arbeitszeitgestaltung vorzubereiten.

2.8 Demokratie - Partizipation    

Damit Menschen individuell und gesamtgesellschaftlich ihr Leben mitgestalten und demokratisch mitbestimmen können, brauchen sie eine urteilsfähige Allgemeinbildung.

Ziel ist eine Beherrschung elementarer Kulturtechniken wie Basiskenntnissen im gängigen Fächerkanon mit Schwerpunktbildungen und Möglichkeiten einer Persönlichkeitsbildung in seinen vielfältigen Dimensionen.

2.8.1 Prinzipien einer Demokratie    

Im Folgenden wird auf die grundlegende Prinzipien einer Demokratie eingegangen (vgl. KOST - MASSING -t REISER 2020, 141-156).

Die Verfassung (in Deutschland "Grundgesetz") hat die Entwicklung des Rechtsstaatsprinzips aufgenommen, den materiellen (formalen) und sozialen (liberalen) Rechtsstaat.

Diesem Modell entsprechend ist der Staat und sein Handeln zu organisieren, etwa in der

  • Anerkennung der staatsbürgerlichen Rechte als Schutz der persönlichen Freiheit, Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freizügigkeit, Presse- und Meinungsfreiheit, Vertrags- und Berufsfreiheit,
  • Gleichheit vor dem Gesetz,
  • unabhängigen Gerichtsbarkeit,
  • dem Parlament verantwortlichen verfassungsgemäßen Regierung,
  • dem Vorrang und Vorbehalt des Gesetzesrechts und
  • einer durch das Volk präsentierten Teilhabe an der Gesetzgebung.
Die Demokratie in der Wahrnehmung ihrer Bewohner bestätigt die Idee der Demokratie. Belegt ist dies in der Zufriedenheit und dem Funktionieren, wie der Möglichkeit der Beteiligung bei Wahlen und in der Zivilgesellschaft sowie der Praxis der Kritik an politischen Entscheidungen.

Das Konzept des Föderalismus beinhaltet eine Verteilung von Macht zwischen der Zentralgewalt und den Gliedstaaten (Bundesländern).

Die Vorteile einer dezentralen Machtausübung mit der Kenntnis der örtlichen Verhältnissen und deren Interessen sollten genützt werden. Dies zeigt sich in der Bundes- und Landesgesetzgebung in seinen Formen, der Balance zwischen Bundes- und Landespolitik sowie Verlagerung von Kompetenzen auf die teilstaatliche bzw. kommunale Ebene.

2.8.2 Migrationsbedingte Heterogenität    

Von Interesse sind die Herausforderungen in der gewachsenen migrationsbedingten Heterogenität westlicher Demokratien. Aspekte sind Dimensionen der Inklusion, politische Repräsentation und Partizipation.

  • Zum Tragen kommt in der Politischen Bildung die Notwendigkeit interkultureller Kompetenz (vgl. DICHATSCHEK 2021a). Dies zeigt sich in einer Gesellschaft, die von Pluralität, Wandel, Unterschiedlichkeiten und Universalität in Ethnien, Bildung und Erziehung, Politik und Wirtschaft, Kultur und Kunst, Religion und Recht gekennzeichnet ist. Problembereiche sind in bestimmten Gesellschaftsbereichen deutlich sichtbar und nicht isoliert vom gesellschaftlichen Kontext und der Entwicklung zu betrachten. Interkulturelle Kompetenz ist in einem demokratischen Leben mit Normen, Werten und Grundlagen einer Demokratie zu gestalten.
  • Als Beispiele für eine Übertragung multikulturalistischer Ideen auf die politische Agenda gelten Kanada und die Niederlande bis in die neunziger Jahre ("ethnischer Korporatismus"). Ziel ist eine Gleichstellung ("kollektive Emanzipation") durch Selbstorganisationen und Beratungsgremien (vgl. MÜNCH 2010, 154).
Demokratie als politische Form hat die Entscheidungen von Mehrheiten zu legitimieren und die Rechte von Minderheiten zu schützen. Als Lebensform hat Demokratie die Unterschiedlichkeit von Lebensweisen und Kulturen zu ermögliche und zu sichern. Der Mensch wird nicht als Demokrat geboren, Denken und Handeln muss erlernt werden (Politische Bildung, vgl. DICHATSCHEK 2017).

Politische Parteien haben kein Monopol zur Gestaltung der politischen Verhältnisse. Das Bildungssystem mit seinen verschiedenen Lernorten haben mehr Möglichkeiten der aktiven Einübung in die Zivilgesellschaft und ihrer Mitgestaltung zu bieten.

2.9 Lernen    

Das Bildungssystem erfüllt unterschiedlich seine Aufgabe mit der Trias Fordern - Fördern - Beraten. Neugier, Phantasie und Lernbereitschaft sollen von der der Kindheit an und in der Folge bis in das Berufsleben erhalten bleiben. Es bedarf der Vermittlung fachlicher, methodischer, personaler und sozialer Kompetenzen (vgl. DICHATSCHEK 2020, 2022a).

Eine wesentliche Ursache für Demotivation der vorhandenen Lernpraxis liegt in der disziplinären Verstreuung. Konzeptionelle Ansätze und Lernkonzepte für Interdisziplinarität fehlen nicht.

Es bieten sich an

  • eine Schulentwicklung mit schuleigenen Curricula-Organisationsformen-Fördermöglichkeiten?,
  • eine Hochschuldidaktik für die Lehre-Studium? im tertiären Bildungsbereich (vgl. PFÄFFLI 2005, DICHATSCHEK 2019) und
  • eine Erwachsenenpädagogik mit Lernkulturen (vgl. DICHATSCHEK 2018).
Ihre Wirkung bedarf einer geförderten Schwerpunktsetzung im Gesamtsystem.

Lernen und Lehren gehören zusammen.

2.10 Wissen    

Wissen und Bildung stehen in einem engen Zusammenhang, wobei Wissen nur durch Bildung erschlossen werden kann. Dies zeigt sich im Zugang und und Umgang durch Allgemeinbildung und Berufliche Bildung,

Das Bildungssystem trägt dem Rechnung in der Unterscheidung der Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) und Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) in ihrer Vielfalt. Die Nutzung einer kulturell-technischen Infrastruktur wie Bibliotheken und Datenbanken und jeweilige notwendige Fächer bzw. Fachverbindungen (vgl. etwa MINT) vermitteln die Notwendigkeit einer Abstimmung für einen zeitgemäßen Wissenskanon.

Der Einzelne benötigt bestimmte Kompetenzen und ein inhaltliches Basiswissen ("fundamentum"). Dies sollte zunehmend Grundlagen der Bildungsbereiche Biologie-Technik-Informatik?, Ökonomie, Geschichte-Geographie?, Philosophie-Religion?, Kunst-Musik? und aktueller Probleme ("additivum") umfassen.

Zu überprüfen sind in der Bildungspolitik die Bereiche Bildung-Erziehung-Qualifikation? auf ihre Tragfähigkeit im Hinblick ihrer Gewichtung und Zuordnung für künftiges Wissen, das in lebensbegleitendem Lernen als Fort- und Weiterbildung Bedeutung besitzt. Dies setzt einen Konsens in der Gesellschaft voraus.

2.11 Kultur - Religion    

Kultur im Kontext Religion ist wieder aktuell geworden. Dies wird als Krisensymptom bewertet, weil das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Kulturen und ihrer Ausdrucksformen im Alltagsleben die Notwendigkeit der Frage nach der eigenen Kultur und fremden Kulturen in dem Wert, Stabilität, Flexibilität und Zukunft aufwirft.

Die Furcht vor dem Verlust kultureller und religiöser Identität wird als Ausdruck eines Entfremdungsprozesses bewertet. Dies hat inzwischen zu Polarisierung und Kritik geführt und das Interesse der Politische Bildung gefunden (vgl. HIRSCHMANN 2017, FROUTAN-KARAKAYALI-SPIELHAUS? 2018).

2.11.1 Kulturell-religiöse Identität    

Damit liegt ein Aspekt für wachsendes Krisenbewusstsein vor, auf das Politik zu reagierten hat und mit ihr die Gesellschaft hätte. Gefordert ist das Bildungssystem mit der Bildung einer interkulturellen Kompetenz und religiösem Wissen. Dies bildet die Chance für das Bewusstwerden einer europäischen Kultur und eigener Religion.

Damit ergeben sich Überlegungen über kulturelle Bildungsgehalte in der Entwicklung eines wachsenden Europas.

Kultur in seiner Begrifflichkeit findet einen Zusammenhang mit dem Kulturprotestantismus während und nach der Jahrhundertwende. Die Besonderheit liegt in der kritischen Ausrichtung. Kultur wird als menschliche Leistung einerseits und Heil an den Menschen andererseits nicht präzise unterschieden (vgl. RUPP--SCHEILKE-SCHMIDT? 2002, 79).

Kultur im Sinne der europäischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts ist eine moralische Kategorie. In dieser Zeit wird Kultur als Sammlung der Errungenschaften produzierender Tätigkeiten von Menschen bezeichnet. Damit kommt der Begriff Zivilisation in die Diskussion. Es bedarf in der Folge einer Humanisierung des sozialen Lebens durch Werke bzw. Artefakte, denen ein Wert und Sinnstiftung in den Künsten, Wissenschaften, Religion und Rechtsformen zuerkannt wird.

Gründe für eine Änderung des Kulturbegriffs im Zusammenhang mit einer entsprechenden Anthropologie und Religionstheorie im letzten Jahrhundert hängen mit der politischen Vergangenheit zusammen. Die Frage bleibt offen, welche Gründe es gibt, dass nach den Weltkriegen mit ihren Folgen wieder Bemühungen um eine Belebung nicht umgehend versucht wurden.

Folgerichtig ist damit die Ambivalenz des Kulturbegriffs mit seinem Umfeld anzusprechen. Die Errungenschaften eben dieser Kultur kann auch zu ihrer Selbstzerstörung führen. Wissenschaft, Technik, auch Religion und Recht können als Kulturformen zugleich auch als Mittel der Kulturzerstörung werden. Das 20. Jahrhundert mit seinen totalitären Systemen einer Menschenverachtung in Europa führte dies vor. Kultur schlug um in Antikultur.

Der jüdische Kultur-, Wissenschafts- und Religionsphilosoph Ernst CASSIRER versuchte in seinem letzten Hauptwerk "Vom Mythus des Staates" Anfang der vierziger Jahre vor seinem Tod begreiflich zu machen, dass Kultur in Kunst, Wissenschaft, Technik und Sprache zur Barbarei auf hohem Niveau pervertiert.

Theodor W. Adorno von der "Frankfurter Schule" formuliert mit seinen Aussagen der Situation nach Auschwitz seinen Kulturpessimismus wohl nicht als letztes Wort, allerdings pädagogisch positiv in der Folge in einen Realismus und einem elementaren Erziehungsauftrag.

Die Aktualität in der Politischen Bildung bedeutet

  • aus der Nichtvorbereitung nach den Schrecken der Kriegszeit einen Wandel zu einer "Wissensgesellschaft" und
  • aus der Nichtvorbereitung einen Fahrplan zu einem "Europa" einzurichten (vgl. die politisch - kulturell -ökumenische Dimension/ Europarat - OECD - Weltrat der Kirchen) (vgl. DICHATSCHEK 2017, 2022b).
Wissen hat einen Stand erreicht, dem die pädagogische Vorbereitung nicht folgen konnte, denn Globalität und Komplexität sollen Kompetenzen erreichen, die zu weiterführenden Antworten mit einem Fortschritt führen.

Damit ist Bildung zur Organisation von Wissen angesprochen, Sach- und Lebenskompetenz erforderlich.

Die erforderlichen Kriterien sind wiederzuentdecken und umzusetzen. Die Trias Theorie-Praxis-Handlungsorientierung? auf allen Bildungsebenen ist erforderlich.

2.11.2 Politische und religiöse Bildung    

Anzusprechen ist das Verhältnis politische und religiöse Bildung (vgl. RUPP-SCHEILKE-SCHMIDT? 2002, 178-180).

Religiöse Bildung beinhalten kulturelle Erinnerungsfähigkeit, Lebensbedeutung, Lebensführung und Überzeugungen. Im öffentlichen Diskurs wird gerne von "Werten" gesprochen, die so etwas wie ein "kulturelles Gedächtnis" darstellen.

Schwerpunkte sind etwa die Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit, Hoffnung und Solidarität. Nicht ohne die in der Bibel überlieferten Erzählungen, Gleichnisse, Briefe und Gebete geht es um geistige Prinzipien, Erläuterungen oder Illustration. Es geht um Erfahrungen, die Menschen als ihre Begegnung mit Gott gedeutet und bezeugt haben. Wer damit angesprochen wird, umgeht und begegnet, kann diese Lebens- und Weltdeutung ausweiten und weitergeben.

Vor diesem Hintergrund wird man Bildungs- und Erziehungsprozesse unterscheiden müssen. Dies gilt gleichermaßen für eine politische Bildung.

Aus erziehungsethischen Gründen liegen die Einstellungen von Heranwachsenden im Unterschied zu ihrem moralischen Regelwissen und ihrer Urteilsbildung nicht im Bereich pädagogisch-didaktischer Handlungen. Man kann zwar Lernende dazu veranlassen, etwas zu tun, aber nicht das auch zu wollen.

Die unterrichtlich-didaktische Grenze ist für Lehrende die pädagogische Handlungsgrenze. Man beachte die unterschiedliche Professionalität zwischen Lehrenden und Erziehenden.

Intentionale Bildungsanstrengungen stehen zur Verfügung, wenn die verschiedenen sozialen und kulturellen Handlungsräume zum Zug kommen. Zu beachten sind die Erziehungswirkungen in der Familie, mit Gleichaltrigen und in Formen der Freizeitgestaltung.

Mit diesen Aspekten ist deshalb so wichtig, wenn Schule nicht nur als Unterrichtsveranstaltung, vielmehr auch als eigener Lebensraum bewusst gestaltet wird (vgl. die Bedeutung der Schulbauten und Gestaltung der Räumlichkeiten und des Geländes). Ohne diese beeinflussbare Erfahrungen in Verbindung mit dem pädagogischen Motivfundus im Kontext ethischer Bildung bleibt Erziehung und Bildung kraftlos (vgl. den Ausdruck "totes Wissen").

Die Bedeutung dieser Überlegungen gewinnt an Dringlichkeit, weil sich nirgendwo in einem öffentlichen Raum Menschen unterschiedlicher kulturell-religiöser Herkunft in gleicher Nähe und Intensität wie in der Schule begegnen. Hier findet eine interkulturelle, politische und ökumenische-interreligiöse Bildung statt.

Der Respekt vor vor dem Fremden ("Anderen") entwickelt sich und findet nicht ohne eigene Selbstvergewisserung statt. Eine interkulturell-religiöse Schulseelsorge findet ein großes Betätigungsfeld.

Für den Religionsunterricht stellt sich das Problem, wie der weltanschaulich neutrale Stat+at sein Interesse an kulturell-religiöser Bildung im Kontext mit Politischer Bildung gewährleisten kann.

Analog zur Politischen Bildung ist ebenso die weltanschauliche Neutralität zu wahren (vgl. den "Beutelsbacher Konsens"). Dennoch ist es Bildungziel, politisch urteilsfähige und handlungsfähige Menschen zu bilden.

Für einen konfessionellen Religionsunterricht gilt ganz ähnliches. Die Analogie hat aber einen Unterschied. Politische Bildung kennt an der Schule kein Recht auf Nichtteilnahme. Damit ist auch keine besondere Zurückhaltung gegenüber Meinungsunterschieden bedeutend. Takt und Behutsamkeit werden gleichermaßen in beiden Bildungsprozessen verlangt.

Eine öffentliche Erörterung ist ein wesentlicher Teil der Politik. Gleiches gilt für religiöse Fragen nicht. Eine öffentliche Diskussion über religiöse Fragen ist aber nicht schon eine religiöse Praxis. Religiöse Fragen benötigen besondere Sensibilität durch ihre individuelle Bedeutung im Glaubensleben und ihrer Umsetzung. Als solche letzte Fragen stehen sie unter besonderem verfassungsrechtlichem Schutz, ebenso sie als Menschenrecht kodifiziert.

2.12 Nachhaltigkeit    

Ein Mangel an der Bedeutung der Natur und ihren Abläufen kann über kurz oder lang die menschliche Zivilisation massiv beeinträchtigen. Die Bewahrung bzw. Wiederherstellung naturgemäßer Gleichgewichte und Kreisläufe ist ein zentrales Anliegen der Menschheit als Teil der Natur und ihrer Verantwortung.

Dazu bedarf es entsprechender Kenntnisse und spezifischer Handlungsanleitungen zur Ausbildung eines ökologischen Bewusstseins. Dies beginnt in einer Schule, die Ökologie in Verbindung mit Ökonomie nicht nur als ein Fach (zumeist in Kombination) unter anderem lehrt, vielmehr selbst ökologisch arbeitet, um für praktische Lösungen vorzubereiten. In der Folge ist die Vielfalt der Erwachsenenpädagogik vermehrt in der Pflicht.

2.13 Digitalisierung    

Zukunftsfähigkeit in der Thematik der Bildung betrifft "technologiegestütztes Lernen und Lehren". Das Themenfeld ist interdisziplinär angelegt.

Als Technologien gelten Präsentations-, Kommunikations-, Computer-, Internet- und Sensorentechnologien.

"Lernen mit neuen Medien" als Begriff verwendet, betrifft das Arbeitsgebiet Medienpädagogik. Zentrale Bereiche bilden die Medienerziehung und Mediendidaktik. Hier wird in Verbindung mit Medienarbeit eine Medienkompetenz vermittelt, die in der Vielfalt der Medienlandschaft und der Bedeutung der Digitalisierung zunehmend bedeutend wird.

Online-Lernen? und Blended Learning, Mischformen Wikis, Podcasts, Netzwerke und Medienplattformen sind zu nennen. Zunehmende Bedeutung erhält die Fernlehre in verschiedensten Varianten.

Für zukünftiges Lernen sind Formen von "distance learning" interessant. Der Kontext zur Politischen Bildung ist durch das gemeinsame Lernen im Web 2.0, die individuelle Lernumgebung, Anwendung medialer Unterstützungssysteme, mobiles Lernen und der Aktualität gegeben (vgl. ausführlich EBNER-SCHÖN? 2011).

3 Bedeutungsvolle zukunftsfähige Bildungsbereiche    

Im Folgenden wird auf zukunftsfähige Bildungsbereiche exemplarisch eingegangen. Eine Buchbesprechung und ein Pressespiegel von Autorenbeiträgen im Online-Leserform? der "Salzburger Nachrichten" folgt.

3.1 Interkulturelle Bildung und Politische Bildung    

In Publikationen findet man die Aussage, politische Konflikte kulturell oder ethnisch begründet seien. Samuel Huntington vertritt die umstrittene These in "The Clash of Civilisation". Im öffentlichen Bewusstsein ist der Balkan-Krieg? präsent, weniger gedacht wird an den Genozid in Ruanda und Burundi. Auch das Feindbild Islam mit dem zweiten Golfkrieg wird gerne verwendet. Gerade hier zeigt sich, dass in Politischer Bildung stärker als bei Interkultureller Bildung die neuen innergesellschaftlichen Fremdbilder und Grenzziehungen zum Thema werden.

3.1.1 Gemeinsame thematische Bereiche    

Die neue Art des Pluralismus, Modelle der Verständigung und Inklusion, multikultureller Gesellschaften und Globalisierungsprozesse im Kontext von Menschenrechten sind thematisch Bereiche Politischer Bildung und Interkultureller Bildung. Sie betreffen in ihrer Gemeinsamkeit die "Friedenspädagogik" und die "Bildung für Europa" (vgl. DICHATSCHEK 2021a, 2022b). Die Politische Bildung betrifft die Einsicht in den Konstruktionscharakter von kulturellen Differenzen, ihre Instrumentalisierung und den Umgang mit Situationen.

Rassismus besteht in der Hervorhebung von Unterschieden und in deren Wertung. Phänotypische und/ oder genetische Eigenschaften werden Bedeutungen zugeschrieben, indem ein System von Kategorisierung entsteht(vgl. MILES 1991, 9; BÜHL 2016, 55-64). Rassistische Ideologien kommen auch ohne biologische Begründungen aus, weil die Unterstellung von kulturellen Wesenszügen dieselbe Funktion erfüllen können. Die Behauptung kulturell bedingter Unverträglichkeit, etwa der abendländischen und orientalischer Kultur, wird zur Forderung nach Segregation oder Rückführung und Grenzschließung von Immigranten verwendet bzw. soll dies legitimieren. Damit werden Machtansprüche und Ausgrenzungspraktiken begründet.

Rassismus stützt sich auf stereotype Fremdbilder, auf soziale Konstrukte. Unterschiedliche Ausprägungen lassen sich in 15 verschiedenen Rassismen benennen wie Antisemitismus, Antinegrismus, Antiziganismus, antiindigener Rassismus, Klassismus, Kolonialrassismus, Kranken-und Behindertenfeindlichkeit, eugenischer Rassismus, Antiasiatismus, antiirischer Rassismus, Antislawismus, antimuslimischer Rassismus, Antifeminismus, Antiqueerismus und antimigrantischer Rassismus (vgl. AUERNHEIMER 2005, 91-102; BÜHL 2016, 64-80).

Unterschiede auch der Sprache und/ oder Religion sollen auf vermeintliche kulturelle Differenzen hinweisen. Wie man im Fall "Jugoslawien" ersehen kann, werden in krisenhaften Situationen von herrschenden Gruppierungen historische Konflikte zur Machterhaltung benutzt und kulturelle Unterschiede zu trennenden Kategorien und Gegensätzen umgedeutet.

Den Konstruktionscharakter von Differenzen und deren politische Bedeutung kann die Sprachpolitik vom ehemaligen Jugoslawien beispielhaft verdeutlichen. Das Serbokroatische wurde das einigende Band des neuen Staates "Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien" nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute will man davon nichts mehr wissen. Nicht immer ist eine Nationalsprache so deutlich ein Produkt von Experten.

Aus dieser Sicht ergibt sich die Frage einer Nationenbildung, die für eine Politische Bildung vorrangig von Interesse ist. Wie ANDERSON (1993) zeigt, sind Nationen nicht das Ergebnis einer kulturgeschichtlichen Entwicklung, vielmehr verdanken sie historischen Zufallskonstellationen, Interessen und einer Erfindung von Traditionen ihre Gründung.

Damit wird ein ethnisches Nationenverständnis problematisch, wie es etwa in Deutschland bestimmend gewesen ist. Ein solches Verständnis schließt die Entwicklung zur multikulturellen Gesellschaft aus, wenn man diese nicht nur an der Mehrsprachigkeit und Multikulturalität festmachen will (vgl. AUERNHEIMER 1999, 57-71).

3.1.2 Multikulturelle Gesellschaft    

Eine multikulturelle Gesellschaft ist ein normatives Konzept. Als gemeinsame Überzeugung gilt, dass alle Mitglieder der Gesellschaft das Recht haben müssen, ihre kulturellen-religiösen Werte und ihre Sprache lebendig zu halten (vgl. "Pluralismuskonzept" in der Verfassungstheorie).

Differenzen zeigen sich in der Rechtsverwirklichung, individualrechtliche und kollektivrechtliche Konzepte stehen sich gegenüber.

  • Individualrechtliche Regelungen betreffen zumeist Schutz-und Freiheitrechte, womit für Minderheiten diese Rechte ausgedehnt werden (vgl. minoritäre Sprachen mit dem Anspruch auf entsprechende Bildungsangebote und kulturellen Förderungen, Schutz religiöser Minderheiten). Zu beachten sind die Befürchtungen der Entwicklung von Parallelgesellschaften. Die Extremposition wäre eine "Kulturautonomie" (vgl. die frankophonen in Kanada)..
  • In der Multikulturalismus-Debatte? hat sich die Frage um die Prinzipien Gleichheit und Anerkennung ergeben (vgl. TAYLOR 2009).
  • Mit der Identitätsbildung als Entwicklungsaufgabe und den kulturellen Bezügen, haben auch Minderheiten die Möglichkeit, ihr Kulturgut zu erhalten und zu pflegen. Ein kultureller Konservatismus in der Minderheit droht allerdings bei starken Kollektivrechten zu einem Konflikt mit Individualrechten. Seila BENHABIB (1999) führt als Beispiel die mögliche Unterdrückung von Frauen an. Hier wird aus der Perspektive einer Diskursethik diskutiert und von Autonomie statt Authenzität bei TAYLOR ausgegangen. Das sprachliche und kulturelle Medium ist zwar Voraussetzung der Identitätsbildung, aber auch nicht mehr Voraussetzung (vgl. BENHABIB 1999, 53). Der Grundsatz der Anerkennung ist nicht vom Gleichheitsgrundsatz zu trennen, dass eine Politik der Anerkennung auch Mitbestimmungsrechte und gleichen Zugang zu Ressourcen einschließt und Rechtsverwirklichung ergibt.
  • In der Konsensbildung durch Dialog zur Entschärfung von Risiken und Sicherung gleicher und allgemeiner Rechte, können Mehrheitsentscheidungen in manchen Fragen nur bedingt helfen. Hier sind andere Einigungsverfahren gefordert, wobei in der Regel NGOs und/oder Institutionen eine tragende Rolle zukommt.
3.2 Innovative Strukturen einer Hochschuldidaktik    

Hochschuldidaktik in ihrer Struktur ist in ihren Merkmalen dynamisch gekennzeichnet (vgl. JÜTTE-WALBER-LOBE? 2017, 191-220).

In der Folge wird den Anlässen, Gestaltungsformen und Wirkungen innovativer Lehre nachgegangen. Erziehungswissenschaftliche Lehr-Lern-Erkenntnisse? dienen zukünftigen Perspektiven von Lehrenden und Studierenden fächerübergreifend.

Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen sind

  • die hochschulbezogene Lehr-Lern-Forschung? von Horst SIEBERT (1985, 54-55, 60) mit der Beschreibung der Lehr-Lern-Forschung? als Forschung zum "Lernen unter der Bedingung der Lehre",
  • die Absolvierung des 4. Internen Lehrganges Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg (2016).
  • die Auseinandersetzung mit der Fachliteratur neben SIEBERT (1985), von WEINBERG (2000) und/ oder LUDWIG (2012) mit der Betonung, dass Lernen/ Studium auch außerhalb und unabhängig von Lehrhandeln in didaktisierten Lehr-Lernsituationen? untersucht werden müsse (biographisches und soziokulturelles Umfeld).
Die nicht unumstrittenem pädagogischen Wirkungsforschung geht der Frage einer gelungenen Lehr-Lernsituation? nach und stellt sich damit einer zukünftigen "Hochschuldidaktik". Es geht um normative Orientierung, reflexives Lernen, Selbstbestimmung und Bildung.

Ein Blick in die Geschichte der Erziehungswissenschaft zeigt unterschiedliche Antworten (vgl. GUDJONS 2012, 29-31). Die geisteswissenschaftliche Pädagogik hatte das Primat der Theorie (vgl. WULF 1983, 16). Die empirisch ausgerichtete Erziehungswissenschaft nach der "realistischen Wende" sah dagegen sich in einer distanzierten beobachtenden Funktion mit der Funktion einer Analyse. Die Kritische Erziehungswissenschaft kritisierte bide Richtungen, die Frankfurter Schule sah die Aufgabe in erster Linie, Gesellschaft, Praxis und sich selbst zu kritisch reflektieren. Pädagogische Handelnde müssten über die Abhängigkeit des Bildungs-und Erziehungssystems, die herrschenden Gesellschaftsstrukturen aufgeklärt werden. Die normative Basis bestand aus Aufklärung, Vernunft, Emanzipation und Selbstbestimmung.

Heute bleibt die Verhältnisbestimmung zur pädagogischen Praxis auch eine nicht unumstrittene Identitätsfrage der jungen Erziehungswissenschaft als Nachfolge der Pädagogik. An dieser Stelle für die Hochschuldidaktik bleibt festzuhalten, dass die Zusammenhänge zwischen Lehren und Lernen bzw. Wirkungen pädagogisches Handeln aufzeigen (vgl. JÜTTE-WALBER-LOBE? 2017, 193).

Innovationen ergeben sich aus dem Bedarf und dem lehrbezogenen Interesse zur Förderung von Studierenden bis hin zur Institutionalisierung organisatorischer Strukturen. Es wird deutlich, dass innovative Lehrprojekte nicht losgelöst von Hochschulorganisation zu betrachten sind (vgl. BRAUN-THÜRMANN? 2005).

Die jeweilige Fachkultur prägt das Innovationsklima (vgl. besonders bei den Rechtswissenschaften wird die Implentierung von innovativen Lehrformaten als mühsames Unterfangen empfunden). Wesentlich ist die Einbettung des Impulses in ein "Lehr-Lern-Kultursystem?". Es zeigt sich, dass die Lehre von "non traditional teachers", die einige Zeit außerhalb der Hochschule tätig waren, von Studierenden als besonders innovativ empfunden wurde.

Beispielhafte hochschuldidaktische Innovationsmöglichkeiten beispielhaft ergeben sich in

  • Innovationen durch Projektförderung mit Förderprogrammen, Sichtbarkeit innovativer Lehrender, Veränderung der Kooperations- und Kommunikationsstrukturen, Vernetzung und Wissensaustausch,
  • Innovationen der Verbesserung der Qualität der Hochschullehre und Förderung der Lehrkompetenzen durch Angeboten mit Fortbildungs- und Qualifizierungslehrgängen und die Erweiterung des Lehrrepertoires VO und SE um multimethodische und didaktische Elemente,
  • Innovationen von Handlungsproblemen mit Studierenden in Lehrveranstaltungen, Prüfungs- und Bewertungsformen, Umgang mit neuen Medien, fehlenden Ressourcen und fehlender Praxisorientierung,
  • Innovationen der Subkategorien mit Eigenaktivität in Lehrveranstaltungen, Diversität-Interkulturalität?, Betreuung und Förderung Studierender mit Coaching und Beratung, kooperatives Lernen mit Integration von Tutoren, genutzte Medien, Handlungspraxis, Lehr-Lern-Interaktion? bzw. interaktive Lernsituation und Forschungsorientierung sowie
  • Innovationen der Förderung von Studierenden in Studienmotivation, Verstehensprozessen, Abfassung von wissenschaftlichen Arbeiten und Berufsvorbereitung.
3.3 Nachhaltigkeit und Bildung    

3.3.1 Umbruchsituation    

Die Welt befindet sich aktuell in einer vielschichtigen Umbruchssituation. Globalisation wurde dominierender Begriff, Hoffnungen und Ängste vor den Folgen bzw. Veränderungen werden geweckt (vgl. RUPP-SCHEILKE-SCHMIDT? 2002, 100). Veränderungen zeigen sich in der Wirtschaft, Finanzwelt, den Informationstechnologien und fordern für die Gesellschaft und Einzelnen die Frage nach Konsequenzen und der Fähigkeit, die Zukunft bestehen zu können.

Das Bildungssystem reagiert nur in Ansätzen bislang, das Interesse der Politischen Bildung ist gegeben.

Es gibt Memoranden zu "Zukünftiger Bildung" mit Analysen und Forderungen an eine Neuorientierung der Bildungspolitik. Die Diskussion über den weltweiten Wandel greift zu kurz. Die Grundlinien beruhen auf der politischen und ökonomischen Annahme, dass sich wirtschaftliches Wachstum national und global dauerhaft realisieren lässt. Für den globalen Bereich gibt es aber ein begrenztes Ökosystem mit begrenzten Ressourcen.

3.3.2 Konzept Nachhaltige Entwicklung    

Der Wandel zu einer nachhaltigen Welt erfordert ein Umdenken auf unterschiedlichen Ebenen. Benötigt werden globale politische Vereinbarungen über eine gerechtere Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen und über die Möglichkeiten von Lebenschancen. Veränderungen beginnen schon im Alltag (vgl. MEISCH 2014, 5).

Für die Politische Bildung ist das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung eine Herausforderung und Möglichkeit für einen Bildungsprozess.

Seit den ersten Diskussionen über Nachhaltige Entwicklung auf Grund des Brundtland-Berichts? "Unsere gemeinsame Zukunft" erhielt das Bildungssystem eine zentrale Rolle. Die Agenda 21 - Entwicklungs- und umweltpolitisches Aktionsprogramm für Nachhaltige Entwicklung 1992 der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCED) in Rio de Janeiro - sprach von einem Mentalitätswandel, herbeizuführen durch Bildung.

Lernende sollen sich mit Nachhaltiger Entwicklung auseinandersetzen können und befähigt werden, ein eigenständiges Leben zu führen sowie an der Gesellschaft zu partizipieren (vgl. AGENDA 21, Kap. 36).

Diese Zielstellung lässt das Wissenschaftssystem nicht nur interdisziplinäres und transformatives Wissen erarbeiten, sondern bildet in Lehr-Lern-Prozessen? Menschen.

Die Herausforderung für die Umsetzung liegt darin, dass das Leitbild als zu unbestimmt gilt. In der Folge entleert sich der Begriff Nachhaltig Entwicklung durch sine inflationäre Nutzung in der Nachhaltigkeitsliteratur eines spezifischen Sinnes (vgl. MEISCH 2014, 6). Das Konzept ist nicht so beliebig, wie oft behauptet wird. Allerdings gibt es Gründe, die es schwer machen, von dem nur einen Zustand der Nachhaltigkeit zu sprechen.

Der normative Kern "Nachhhaltiger Entwicklung" ist die Idee der inter- und intragenerationellen Gerechtigkeit im Blick schwindender natürlicher Ressourcen, abnehmender Fähigkeit von Ökosystemen, menschliche Emissionen aufzunehmen und einer zunehmender Umweltzerstörung.

Das Konzept verpflichtet sicherzustellen, dass jeder Mensch die Möglichkeit besitzt, ein gutes und autonomes Leben führen kann. In der Folge sind Basis die natürlichen Lebensgrundlagen für jetzt und die Zukunft, sie zu erhalten und sogar wiederherzustellen.

Irritierend ist jedoch, dass von nur einem genau zu definierenden Zustand Nachhaltiger Entwicklung zu sprechen. Es gibt viele unterschiedliche Ausformungen, die kultur-, ort- und zweitabhängig sind.

Zwei Prozesse ergeben die Gründe der Unterschiedlichkeiten, physische wie die Ökosysteme und der Klimawandel sowie soziokulturelle wie Gesellschaften, kulturelle Identitäten, soziopolitische Umbrüche und die Demographie. Zu beachten sind ebenfalls ethische Auffassungen wie das Gute und Gerechte. Die ethisch richtige Praxis ergibt sich aus den vorhandenen Sachumständen und Wert- und Normbezügen mit möglichen Alternativen (vgl. MIETH 1993, 33-45).

3.3.3 Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE)    

Eine Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft ist ein wissensbasierter, ethisch orientierter Such-, Lern- und Erfahrungsprozess (vgl. GRUNWALD-KOPFMÜLLER? 2012). Wissensformen und partizipative Bildung tragen Elemente dazu bei. Diese Befähigung steht im Mittelpinkt des Bildungsansatzes "Bildung für Nahhaltige Entwicklung (BNE)", der maßgeblich von Gerhard DE HAAN im Rahmen des Arbeitsbereiches "Erziehungswissenschaftliche Zukunftsforschung" der FU Berlin entwickelt wurde (vgl. DE HAAN 2003, 2007).

BNE bildet ein Lern- und Handlungsfeld im Zuge der AGENDA 21. Für die Politische Bildung decken sich die Ziele dieser Kompetenz im Wissen, über nachhaltige Entwicklung und der Anwendung und der Erkennung der Probleme.

Dies bedeutet Schlussfolgerungen aus der Gegenwartsanalyse und Zukunftsstudien Schlussfolgerungen über ökonomische, ökologische und soziale Entwicklungen zu ziehen.

Format einer Lehre für Nachhaltige Entwicklung

Inter- bzw. Transdisziplinäre Studienprojekte

Lernteam - Coaching, Service Learning, Studierende - Schüler - Mentoring

Kombination von Internet - Lectures (vgl. Virtuelle Akademie Bremen)

Virtuelle Lehr- und Studienwerkstätten

Nachhaltige-Entwicklung? - Veranstaltungen

Förderung von Studien und Abschlussarbeiten

Fernstudium "Nachhaltige Entwicklung" / Comenius Institut Münster

Quelle: MEISCH 2014, 23

3.4 Regionale Bildung    

3.4.1 Regionale Gegebenheiten    

Räumliche Zusammenhänge spielen im tertiären und quartären Bildungsbereich und der Fort- und Weiterbildung eher eine unbedeutende Rolle. Allerdings ist eine regionale, räumlich -differenzierte Sichtweise wesentlich. Es gilt komplexe Aspekte zu beachten.

So wie die Gesellschaft regionale Räume - Dörfer, Gemeindeverbände, Marktgemeinden und Kleinstädte - wahrnimmt, so wird auch das Bild von einer Lern- und Wissensvermittlung transportiert. Regionale und ländlich Räume werden mit Rückständigkeit und geringer Bildung bzw. Ausbildung verbunden. Hinzu kommt eine Abwanderung durch die Wahl von Ausbildungsstätten. In der Folge entstehen ein "Brain drain" und damit für die Lebens- und berufliche Laufbahn ungünstige Zukunftschancen.

Gegensätzlich werden Ursprünge von Bildung in der Regionalität gesehen. Kleinschulen werden als Orte einer Vermittlung von sozialer Kompetenz wahrgenommen, ökologisches Lernen findet im ländlichen Raum statt. Vermittlung von Werten verläuft in scheinbarer Homogenität und Harmonie. Überschaubarkeit und Individualität wird als gegeben bezeichnet. Persönliche Kommunikation kann in kleinen Räumlichkeiten leichter stattfinden.

Formen der Bildungsvermittlung sind zu beachten, insbesondere auf Grund der vorherrschenden Infrastrukturen durch die Erwachsenenpädagogik, im tertiären und quartären Bildungsbereich mit ihren Institutionen (vgl. NOLDA 2008, 91).

3.4.2 Bildungsträger    

Nicht-staatliche Bildungsträger verstehen sich hauptsächlich als Institutionen im quartären Bildungsbereich, vom Staat aber gefördert werden.

Formal findet Lernen im Bildungs- bzw. Ausbildungseinrichtungen statt, wird nach Lernzielen und Lernzeiten strukturiert und führt zu einem staatlich anerkannten Zertifikat.

Nonformale Bildung bedeutet ein Lernen außerhalb allgemeiner und beruflicher Bildung, das zu keinem formalen Bildungsabschluss führt. In der Verantwortung stehen zivilgesellschaftliche Gruppen, Vereine und Organisationen mit Freiwilligkeitscharakter.

Informell findet Bildung durch Personen bzw. Institutionen statt, die nicht als Bildungsträger sich bezeichnen, geringer bewertet und wo Bildungsvermittlung vermischt mit anderen Tätigkeiten entstehen (etwa bei Sportvereinen, in der Familie bzw. Familienbetrieben, am Arbeitsplatz und in Freizeitangeboten).

Eine Konzeption regionaler Bildung bedarf im tertiären (FH, Universitäten) und quartären Bildungsbereich (Allgemeine und Berufliche Erwachsenenbildung) zur Vermittlung von Lehr-, Lern- und Umsetzungsprozessen einer Vielzahl von Akteuren und Lehrenden.

Voraussetzung für eine Bildungslandschaft sind neben den Akteuren und Lehrenden, institutionelle Träger, Kooperationsmöglichkeiten und notwendigerweise ein Umfeld, das bildungsfreundlich und innovativ ist mit einem klaren Aufgabengebiet.

3.4.3 Modell Regionales Lernen    

Ein Modell "Regionales Lernen" umfasst regionale Identität, Partizipation und Gestaltungkompetenz. Dies bedarf erwachsenenpädagogischer Impulse (vgl. DICHATSCHEK 2021c).

Lernprozesse im regionalen Bereich sind in der Regel generationenübergreifend. Es betrifft den Zusammenhalt von sozialen Gruppen und verschiedenen Bildungsschichten, der Wohndauer und des Sozialstatus. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang die Ähnlichkeit mit dem Bildungsauftrag einer Politischen Bildung. Bildungsträger vermitteln in ihrem Rollenverständnis Wissen und Können zur Gestaltung lokaler und regionaler kultureller, sozialer, ökonomischer und ökologischer sowie wertorientierter Ansätze.

Lernen für regionale Räume umfasst die Förderung des Lebensraumes, also Wechselwirkungen erkennen, zu bewerten, antizipierend und reflektiert zu denken. Wissen und Gefühle sollen ein konkretes Handeln ergeben. Dies ist die Voraussetzung für ein künftiges Engagement.

Dieses Lernen umfasst Lernumgebungen mit Lerngegenständen, die eine originale Begegnung ermöglichen. Dies sind Räume und Zeiten für persönliche Erlebnisse, praktische Auseinandersetzungen, Ausprobieren für Ideen und Pläne in Verbindung mit Reflexionen.

Regionale Räume bieten viele Möglichkeiten. Regionale Phänomene ergeben Verknüpfungen mit überregionalen Entwicklungen und globalem Denken. Man denke an Verkehrsprobleme, Gewerbegebiete, Handel, Bildungsinstitutionen mit Angeboten, Netzwerkarbeit und den Tourismus.

Handlungsorientiertes Lernen umfasst neben den Originalbegegnungen ganzheitliches Lernen (Lernen mit allen Sinnen), Selbständigkeit und Selbsttätigkeit der Lernenden, planvolles und zielgerichtetes Lernen, Orientierung an Erfahrungen, Interessen und Neigungen der Teilnehmenden mit aktuellen und zukünftigen Handlungssituationen, Öffnung der Bildungsinstitution für Lernen in realen Problemsituationen ("komplexe Realität").

Eine Förderung der Partizipation findet durch Formen der Dokumentation von Ergebnissen, Reflexion von Zielen und Handlungsabläufen in Verbindung mit deren Bewertung statt.

Eine Verbindung von Lehrenden und Lernenden soll bereits im Vorfeld in Formen von Zielsetzung, Planung, Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung und Transfer stattfinden.

Als Element einer Politischen Bildung vermag Regionale Bildung einen Beitrag zur regionalen Identität, Persönlichkeitsbildung und pluralen Gesellschaft zu leisten. Angesprochen ist der Erwerb von Gestaltungskompetenz.

Lerntheoretische Grundlage ist das situative Lernen. Sozialpsychologisch bezieht das Konzept sich auf personale Identität bzw. Ich-Identität?.

Persönliche Voraussetzungen spielen eine Rolle. Bereits im Vorfeld können engagierte Personen bzw. Gruppen mit ihrem Vorwissen einen Beitrag leisten. Eine dauerhafte Beteiligung ist anzustreben Als didaktisches Element erweist sich eine Binnendifferenzierung als Förderung der Lernenden.

Originale Begegnungen in Form von Erkundungen, Teilnehmerbefragungen, aktiver Selbstaneignung und alltäglichem Erkenntnisgewinn weisen auf eine didaktische Gestaltung von Lernprozessen hin.

3.4.4 Umsetzung in der Praxis    

In der Wirksamkeit von Lernprozessen sollten verschiedenen Aktionsformen wie Projekte, Zukunftswerkstätten, Lernen an Stationen und Experimentieren verwendet werden. Gruppenarbeiten und kooperatives Lernen bieten sich als Sozialformen an.

Zu beachten sind Themen einer Politischen Bildung wie ein Lehrgang Politische Bildung, Interkulturelle Bildung, Vorberufliche Bildung, Medienbildung, der Lernort Europa und Friedenslernen.

Wiederholtes und dauerhaftes Lernen erzeugt stärkere Effekte als einmaliges und kurzfristiges Lernvorhaben. Langzeitprojekte, Kurse und Lehrgänge sollten daher realisiert werden. Das Konzept "Regionale Bildung" als Lernort für Fernstudien bietet sich mit Veranstaltungsort, Begleitung und Lernunterstützung an.

Lernvorhaben bedürfen nach Beendigung aus Grünen einer Reflexion Formen einer Dokumentation etwa in Netzwerken, der Presse, Präsentationen in Bildungsinstitution im Rahmen von Lehre oder Buchprojekten. Eine Koordinierung in Form einer Projektgruppe empfiehlt sich.

Eine Anbindung von Institutionen hochschulmäßiger Bildung sollte angestrebt werden. Das Beispiel dazu bietet das Land Vorarlberg mit Lehrgängen an der Verwaltungsakademie in Lochau als zentralem Ort von Bildungsveranstaltungen in Form von Kooperationen mit Instituten.

EU-Bildungs-und? Förderprogramme wie EASMUS und der "Europäische Sozialfonds" ergänzen Vorhaben regionaler Entwicklung.

3.4.5 Reflexive Phase    

Bildung konzentriert sich zunehmend durch allgemein bildende und berufsbildende Schulen und hochschulmäßige Bildungseinrichtungen sowie außeruniversitäre Institutionen auf den städtischen Bereich.

Zugleich ist Bildung ein Faktor für demokratisches Lernen und damit Entwicklungsprozesse, gerade für den Bereich regionales Lernens. Mit dem Entstehen von Wohnräumen außerhalb der urbanen Zentren in Dörfern, Gemeindeverbänden und Kleinstädten sind Bildungsentwicklungen gefordert, die notendigen Angebote benötigen vermehrt Beachtung.

Nicht-formale und informelle Bildung, zunehmend gefördert und gefordert von der EU und ihren Bildungsprogrammen, erhält Bedeutung. Regionales Lernen im Kontext mit erwachsenenpädagogischen Institutionen für speziell-gesellschaftliche Bedürfnisse und Gruppierungen hilft Potenziale für die verschiedenen Bereiche zu aktivieren.

Nicht zu übersehen sind in diesem Kontext auch formale Bildungsangebote. Angesprochen sind interessierte Schichten und die Klientel Engagierter für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Standorte für diese Interessenten können durchaus im nicht-urbanen Raum sich etablieren, wie Beispiele es zeigen. Das gilt für Einheimische und Zuwandernde, wie der Autor es am Beispiel von Salzburger Volkshochschule erlebte.

Migrantenspezifisch für die Türkische Community in Vorarlberg sind beispielhaft zehn Veranstaltungen zur Politischen Bildung, verteilt über das Bundesland 2015/2016 gewesen.

Im Diskurs um Bildungsintentionen um die Jahrtausendwende sind die Vermittlung persönlicher Schlüsselqualifikationen und formaler Kompetenzen wesentlich. Daneben sind Aspekte von Bildung als eine Art "Vorratslager" bedeutungsvoll (vgl. AHLHEIM 2004, 41).

"Just-in-time"-Lernen ist eine besondere Aufgabe Beruflicher Erwachsenenbildung bzw. Weiterbildung. Für die Allgemeine Erwachsenen- bzw. Weiterbildung sind die Vermittlung von kulturellen - spezifischen Lerninhalte mit Handlungsorientierung wichtig.

Institutionen der Allgemeinen Erwachsenenbildung haben hier die Chance, gerade oder auch als Orte für Bildung in regionalen Räumen.

3.5 Globalisierung    

Der Begriff "Globalisierung" gibt einer Epoche einen Namen.

  • In den fünfziger Jahren sprach man vom "Atomzeitalter".
  • In den sechziger und siebziger Jahren redete man von der "Industriegesellschaft", auch vom "Spätkapitalismus".
  • In den achtziger Jahren fand die "Risikogesellschaft" als Begriff viel Anklang. Von der "Postmoderne" wurde auch gerne gesprochen.
  • In der Folge kam "Globalisierung" als Begriff auf. Er schließt an die Erfahrung, die viele Menschen mit dem Konsum und der Kommunikation machten. Die Welt wird "kleiner" und stärker miteinander verknüpft. Zugleich wird sie immer "größer". Man konnte noch niemals so weite Horizonte übersehen (vgl. in der Folge OSTERHAMMEL-PETERSSON? 2020, 7-12) .
Historische Politische Bildung beschäftigt sich mit Weltentwicklung. Dabei beschreibt man Sachverhalte, Wirkungen und Ursachen. In der Folge kommt es zum Metabegriff "Modernisierung". Makroprozesse ergeben sich in globalen Entwicklungen. Zusammenhänge zwischen Völker, Staaten und Zivilisationen sind bemerkbar. Inter-National?, Inter-Kontinental? und Inter-Kulturell? weisen auf die Größe der Entwicklungen hin.

3.5.1 Bedeutung    

Viele Aspekte des heutigen Daseins können nur mit dem Zusammenhang weltweiter Verflechtungen verstanden werden.

In der heutigen Diskussion spielt eine zentrale Rolle die Ausweitung und Beschleunigung weltweiter Beziehungen.

Es geht auch um die neue Bedeutung

  • von Nationalstaaten bzw. Souveränität,
  • von kultureller Vereinheitlichung bzw. Kulturindustrie,
  • von Kommunikationstechnologie,
  • von neuartigem Sinn von Raum und Zeit sowie
  • von globale Herrschaftsformen im Kontext von Demokratie, Rechtsformen und eines globalen Ökonomie- und Ökologiesystems.
In anderer Weise wird von "Enttterritorialisierung" oder "Superterritorialität" gesprochen. In sozialen Beziehungen spielen Orte, Entfernung und Grenzen keine Rolle mehr. Globalisierung wird als Tendenz zur Auflösung von Territorialität verstanden.

In diesem Sinn ergibt sich ein Grundverständnis im Konzept Manuel CASTELLS der "Netzwerkgesellschaft". Nicht mehr bürokratisierte Großorganisation im sogenannten "Informationszeitalter" verändert die Verteilung von Ressourcen und dem Prinzip der Zugehörigkeit.

3.5.2 Politische Räume    

Für die Politische Bildung von wesentlichem Interesse brachte die zweite Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts die umfassendste Transformation von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur mit sich, die in wenigen Jahrzehnten sich ereignet hatte (vgl. OSTRERHAMMEL-PETERSSON? 2020, 85-92).

Die wichtigste politische Struktur der Nachkriegszeit war nicht geplant, die sich im "Kalten Krieg" ergab (vgl. STÖVER 2017).

Eine Teilung der Welt in zwei ideologische und machtpolitische Blöcke mit weltweiten politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen, etwa einer

  • bipolaren Struktur in Europa,
  • der Berlin-Krise?,
  • China Mao Tse Tung, Korea-Krieg?,
  • Kuba-Krise? und
  • Vietnam-Krieg?.
Ein Prozess der europäischen Integration mit einer Reorganisation Europas begann.

  • Kohle- und Stahlgemeinschaft,
  • Europarat,
  • Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und
  • Europäische Union.
Europa beruhte auf einem breiten Konsens, dass

  • machtstaatlicher Nationalismus gescheitert war und
  • Bedrohungen nur im gegenseitigen Zusammenhalt zu überstehen sind.
Der europäische Nationalstaat war ein post-imperialer Staat, die Kolonialreiche der Siegermächte überstanden das Kriegsende nicht lange (Unabhängigkeit Indien-Pakistan?, Burma-Ceylon?/ UK, Indonesien/ NL, Indochina-Algerien?/ F).

Mit dem Rückzug entstanden neue Nationalstaaten, 1950 gab es 81, 1960 90 und 1970 134 Staaten auf der Erde. Nicht alle Staaten erfüllten die Voraussetzungen für eine Souveränität, es entstanden Militärdiktaturen.

Als gegenteilige Entwicklung zu Machtblöcken entstand die "Bewegung der blockfreien Staaten".

Mit der Gründung der Vereinten Nationen (UNO) als Nachfolgeorganisation des Völkerbundes sollte eine Instanz der Gestaltung einer Nachkriegsordnung mit den Großmächten eingerichtet werden (Generalversammlung, Sicherheitsrat, Teilorganisationen). Die Prinzipien waren nationale Selbstbestimmung und die Grund- und Menschenrechte.

Der antikoloniale Freiheitskampf und die studentische Protestbewegung der sechziger Jahre ließen nationenübergreifende politische Räume entstehen. Verständlich wurden die Anliegen bei Betrachtung der ökonomischen und soziokulturellen Transformationen seit dem Zweiten Weltkrieg.

3.5.3 Weltwirtschaft    

Zwischen 1948 und 1958 wuchs die Weltwirtschaft jedes Jahr um rund 5,1 Prozent. Von 1958 bis 1970 wuchs sie sogar um 6,6. Prozent.

Zugleich nahm der Welthandel rascher zu als die Produktion, 6,2 Prozent und 8,3 Prozent lauteten die Durchschnittswerte (vgl. OSTERHAMMEL-PETERSSION? 2020, 92). In vielfacher Hinsicht war der Boom ein Globalisierungsschub.

Die politische Weltordnung der UNO sollte eine neue Weltwirtschaftsordnung ergeben. 1944 einigte man sich auf der Konferenz von Bretton Woods auf die Grundzüge eins rechtlichen und institutionellen Rahmens für eine freie Weltwirtschaft. Verhindert werden sollten wirtschaftliche Probleme mit Beschränkungen des Waren- und Kapitalverkehrs.

Grundprinzipien von Bretton Woods waren feste Wechselkurse, freier Waren- und Kapitalverkehr und nationale wirtschaftspolitische Handlungsfreiheit.

Eingerichtet wurden Institutionen, die bis heute eine ökonomische Globalisierung formen,

  • die Weltbank (BRD) mit Möglichkeiten von Krediten zur Modernisierung der Wirtschaft,
  • der Internationale Währungsfonds (IWF) als System fester Wechselkurse und
  • das "General Agreement on Tariffs an Trade" (GAT) als Forum für umfassende Zollsenkungen.
Die wirtschaftliche Nachkriegsplanung scheiterte schneller als die politische (vgl. OSTERHAMMEL-PETERSSON? 2020, 93-95) .

  • Die wirtschaftliche Zerrüttung Europas, Stärke der USA und der Kalte Krieg verhinderten eine neue weltwirtschaftliche Arbeitsteilung, ein Wiederaufbauprogramm (ERP-"Marshallplan") half den Wiederaufbau in Europa, den sozial stabilisierenden Konsum zu finanzieren und zwang zur Kooperation.
  • Die Institutionen von Bretton Woods funktionierten, schrittweise folgten langsam Währungskonvertibilität und Handelsliberalisierung. Dies zeigte sich mit der Europäischen Zollunion oder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.
  • Schließlich km es in diesem optimistischen Klima zu einem ungekannten wirtschaftlichen Wachstum ("Wirtschaftswunder").
Die anderen wirtschaftlichen Kanäle weltwirtschaftlicher Vernetzung blieben unter staatlicher Regulierung, etwa die Schiffahrt (Billigflaggenländer), Luftfahrt und Post mit Telekommunikation.

Multinationale Konzerne spiegelten die Gestaltungsmacht von Staaten mit der Gründung von Zweiwerken im Ausland. Natürlich hatten sie Einfluss auf die politischen Entscheidungen in kleineren und ärmeren Staaten, die oft in ihrer Wirtschaftsleistung hinter den Konzernen blieben.

Die ökonomischen Verflechtungen erbrachten eine Gliederung der Weltwirtschaft in Erste Welt- , Zweite Welt- und Dritte Welt-, aktuell Vierte Welt - Staaten. Voll integriert in die Weltwirtschaft waren die Ölstaaten des Nahen und Mittleren Ostens. Folgen waren der Niedergang der Kohle und der Aufstieg der Autoindustrie.

3.5.4 Jahrhundertwende    

Die Strukturen der Nachkriegszeit veränderten seit den sechziger Jahren ihre Form. Damit begann die neue und eigentliche Globalisierung.

Für die Politische Bildung ergeben sich sechs Aspekte (vgl. OSTERHAMMEL-PETERSSON? 2020, 105-107).

  • Der wichtigste Prozess in der internationalen Politik seit den siebziger Jahren war die Erosion und Zerfall des "Ostblocks" mit der Neugründung Russlands. Damit ging die Machstruktur des Kalten Krieges unter. Der "KSZE-Prozess?" wirksame Multilatereralismus erfasste weltweit Interdependenzenthemen wie die Menschenrechte, das Weltklima, den freien Handel und eine Anzahl internationale Abmachungen. Die Anzahl nichtstaatlicher Akteure in der internationalen Politik nimmt zu. Die Strukturen und Handlungsmuster von Machtpolitik blieben wie bei Russland, den USA und China.
  • Die Krise des Vorsorgestaates begann in den siebziger Jahren. Oft wird dies als Folge der Globalisierung gesehen. Sie ist auch eine wichtige Ursache eines neuen Globalisierungsschubs gewesen. Die Politik der Liberalisierung der Märkte, Privatisierung und Steuersenkung, zuerst ab 1979 im UK verwirklicht, schuf Voraussetzung für ökonomische Globalisierung, demnach für wenig regulierter globaler Interaktionsräume.
  • Auf die Liberalisierung folgten eine Ausweitung des internationalen Handels und der Finanzbeziehungen. Die Finanzmärkte entwickelten sich nach der Deregulierung der Zentrale der Londoner City 1986 und zu einer Weltwirtschaftskrise 2008.
  • Die Innovationen der Kommunikations- und Datenverarbeitungstechnologie waren Voraussetzungen für den Aufschwung globaler Finanzmärkte, die Organisation transnationaler Konzerne und den Aufstieg der "Tigerstaaten". Das Internet mit seiner Zugänglichkeit ab den neunziger Jahren auch im privaten Bereich wird einer Ursache für die beginnende Vernetzung der Welt mit umfassender Datenverarbeitung.
  • Die elektronischen Medien bewirken besonders eine gesteigerte Reflexivität des Globalen. Verfügbar sind überall wirtschaftliche Güter, kulturelle Muster und Informationen. Ein Denken in globalen Zusammenhängen verbreitet sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Digitalisierung und Interkulturalität erfordern zunehmend Kompetenzen. Informatik, Medienerziehung und Lernkompetenzen im Wandel werden erforderlich.
  • Vernetzungen ermöglichen legale und illegale Transfers. Für die Politische Bildung ergeben sich in Netzwerken, digitalen Magazinen und im Online-Lernen? und Lehren bisher ungeahnte Möglichkeiten.
3.6 Aspekte einer Herausforderung an Bildung    

Die zunehmenden Veränderungen in Politik, Wirtschaft, Umwelt, Technik, Kultur und gesellschaftliche Gemeinschaft bringen theoretische und praktische Herausforderungen in Bildung mit sich.

Die Voraussetzungen für eine Weltgesellschaft mit globalem Denken und Handeln angesichts der Komplexität ändern Möglichkeiten und stellen Fragen an neue pädagogischen Konzepte im Bildungsbereich. In Anlehnung an SCHEUNPFLUG und HIRSCH (2000, 47-64) bedarf es einer Analyse des unterschiedlichen Entwicklungsstandes von Bildung in den einzelnen Gebieten der Erde (vgl. LUHMANN 1997, 162).

Der Begriff Globalisierung bringt in einem Teilsystem der Weltgesellschaft die angeführten Beispiele in Beziehung. Gemeint wird das grenzenlose alltägliche Handeln in den verschiedenen Dimensionen.

Die Makrosysteme Politik-Wirtschaft-Umwelt-Technik-Kultur-Gesellschaft? sind verselbständigt, haben Internationalisierung und weltgesellschaftliche Bedeutung erlangt. Trotzdem verbleiben Teilinteressen und in der Folge Ungleichheiten. Gegenseitige Abhängigkeiten kennzeichnen das System und beeinflussen den Bildungsbereich.

Die Politische Bildung setzt sich mit den Austauschprozessen im Folgenden auseinander.

  • Das Wirtschaftssystem wirkt über Geld auf die Bildung mit seiner Qualifikationsleistung.
  • Das Politiksystem wirkt über Macht auf die Bildung mit seiner Legitimationsleistung.
  • Das Umweltsystem wirkt über den Lebensraum auf die Bildung mit seiner Lebensqualitätsleistung.
  • Das Kultursystem wirkt über kulturelle Tradition auf die Bildung mit seiner Interpretationsleistung.
  • Das Techniksystem wirkt über weltweite Systemschaltungen auf die Bildung mit seiner Informationsleistung.
  • Das Gesellschaftssystem wirkt über soziale Schichtung auf die Bildung mit seiner Allokationsleistung.
Es bedarf der Bildung, eine Verankerung auf die weltgesellschaftliche Ebene didaktisch in Lehr- und Lernprozessen umzusetzen.

Die folgenden vier Aspekte begründen die Notwendigkeit in der Forderung zukünftiger Bildung.

  • Bildung ist weltweit formal institutionalisiert in der Globalisierung von Schule (vgl. RAMIREZ-BOLI-BENNET? 1982, 15-36)
  • Schullehrpläne besitzen ein weltweit gültiges Muster (vgl. MEYER-KAMENS-BENAVOT? 1992, 165)
  • Säulen der Bildung der UNESCO weltweiter Bildungssemantik (vgl. UNESCO-Bericht? 1996 " Delors Kommission - Learning - the Treasure within")
  • Bildungsmonitoring weltweit in Weltbildungsberichten der UNESCO - Analphabetismus-Mädchen-/Frauenbildung-Bildung? für Demokratie/Frieden/Menschenrechte- Bildungsfinanzierung
Erziehungswissenschaftliche und damit für die Politische Bildung wesentliche aktuelle vier weltweite Bildungsaufgaben ergeben sich im Gegensatz zu einer soziologischen Betrachtung (vgl. SCHEUNPFLUG-HIRSCH? 2000, 56-62).

  • Berufsbildung als weltweite Aufgabe - Höherqualifizierung-neue Qualifikationen-berufliche Beschäftigungsstrukturen-Ausbildungsmodelle?
  • Menschenrechtserziehung als weltweite Aufgabe - Menschenrechtskatalog-Teilhabe? an Unterstützung und Hilfeleistungen
  • Friedenserziehung als weltweite Aufgabe - weltweite Konflikte-Kriegsszenarien-Konfliktmanagement?
  • Interkulturelle Bildung als weltweite Aufgabe - Einwanderungsgesellschaften-Minderheiten-Multikulturalität-Handlungsfelder/Interkulturelle? Kompetenz
3.7 Buchbesprechung "Schule mit Migrationshintergrund"    

Ursula Neumann - Jens Schneider (Hrsg.) Schule mit Migrationshintergrund

Waxmann Verlag Münster / New York/ München/ Berlin 2011, 307 Seiten ISBN 978-3-8309-2466-1

Der im Auftrag der Henrich-Böll-Stiftung? e.V. von Ursula Neumann und Jens Schneider herausgegebene Band widmet sich den vielfältigen Aspekten einer "interkulturellen Bildungspraxis" und dokumentiert eine internationale Tagung gleichen Titels 2008 in Hamburg.

Aktuelle Forschungsergebnisse werden zur Rolle des Spracherwerbs und zu den Anforderungen an die Schule in der Einwanderungsgesellschaft, zur schulischen Diskriminierung, Mentoring und Projekten der Elternbeteiligung vorgestellt. Beispiele ergänzen den produktiven Umgang mit kultureller Verschiedenartigkeit in der Schulpraxis. im Vorwort wird betont, dass "gute Schule auch und gerade in einer Einwanderungsgesellschaft möglich sind" (S. 10).

Kulturelle Vielfalt in den Klassen bedeutet keineswegs, dass Schulen "interkulturelle Institutionen" sind. Das Gegenteil zeigen die dokumentierten Ergebnisse der Tagung. Lediglich 1 Prozent aller Lehrkräfte hat eine Einwanderungsgeschichte (in Deutschland). Ernüchternd ist ebenfalls der Blick auf Ergebnisse schulischer Art und die Vermittlung von Kompetenzen, für Schülerinnen und Schüler sowie in der Lehreraus- und Lehrerfortbildung.

Besonders betroffen sind Migrantenkinder von dem Zusammenhang von sozialer Herkunft und schulischem Erfolg, der wesentliche Auswirkungen für eine soziale Integration und einem beruflichen Erfolg hat. Die Tagung weist deutlich auf den Umstand hin, dass Kinder der zweiten Generation unterschiedlich abschneiden. Im derzeitigen Bildungssystem gelten sie als "Problemkinder", wobei sie zu den 20 Prozent gehören, die Mindeststandards in Basiskompetenzen wie Lesen und Rechnen nicht erreichen. "Es sind diese Jugendliche, die später einer Vielzahl sich gegenseitig verstärkenden Risiken ausgesetzt sehen: Armut, Arbeitslosigkeit, soziale Marginalisierung. Die Größenordnung dieser 'Risikogruppe' ist ein veritabler gesellschaftlicher Skandal" (S.9).

Schulen werden lernen müssen, in einer modernen, kulturell und ethnisch vielfältigen Gesellschaft besser mit Heterogenität umzugehen. Schulische Strategien der Aussortierung, um homogene Klassen zu erreichen, sind ebenso pädagogisch unzeitgemäß wie die Ausrichtung des Unterrichts am Niveau des imaginären Durchschnittsschülers.

Das einleitende Kapitel geht mit drei Beiträgen auf den Einfluss nationaler und internationaler Schulsysteme und kultureller Unterschiedlichkeiten von Bildungsverläufen ein (S. 19-59).

Im zweiten Kapitel wird in fünf Themenfeldern die aktuelle Diskussion um eine Schule in der Einwanderungsgesellschaft geführt. Der Themenbereich "Sprache" betrachtet die unterschiedlichen Sprachförderkonzepte mit einem kritischen Blick auf andere Länder - Frankreich und Kanada - und ihre Förderpraxis (S. 60-120).

Das dritte Kapitel "Interkulturelle Schule" behandelt Konzepte und konkrete Möglichkeiten der "interkulturellen Öffnung" von Schulen mit deren Inhalten und Kompetenzen sowie der Schule als sozialer Raum und dem Umgang mit der heterogenen Schülerschaft. Die behördliche Sicht mit dem Züricher Programm QUIMS und die schulische Praxis einer Bremer Grundschule vervollständigt die Thematik (S. 121-155).

An dieser Stelle ist auf drei Beiträge mit Bezug auf eine notwendige Lehrerbildung hinzuweisen, denn jeder Paradigmenwechsel in der Schule beginnt mit der Ressource Lehrerin - Lehrer (S. 121-135, 196-209 und 232-244).

Im vierten Kapitel setzt sich die Thematik mit "Diskriminierung" auseinander. Strukturelle Benachteiligungen der migrantischen Schülerschaft können sich auch negativ auf die Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden auswirken. Beidseitige Erwartungshaltungen können auf die Schulleistungen und Leistungsbeurteilungen wirken. Zwei Beispiele - England und Hamburg - zeigen Strategien auf (S. 156-180).

Im Folgenden sind Beiträge von außerschulischen Förderprogrammen und Mentoring - Projekten für Jugendliche - zusammengestellt. Die Beispiele zeigen die Breite von funktionierenden Organisationsformen und Zielrichtungen als Anregung, selbst initiative zu werden (S. 210-231).

Das letzte Kapitel befasst sich mit "Eltern". Hier stellt sich die Frage nach der notwendigen und sinnvollen Intensität elterlicher Beteiligung etwa bei dem Schulerfolg der Kinder, der Kindererziehung und der Erwartungshaltung von Migrantenfamilien (S. 259-301).

Transkulturelles Lernen/ Transkulturelle Didaktik/ Pädagogik verstanden als Ausrichtung der Betonung der kulturell - religiösen Gemeinsamkeiten und bildungsmäßigen Anschlussmöglichkeiten bedarf gezielter Förderung von Personal-, Sozial-, Fach- und Handlungskompetenz unter Wahrung von gemeinsamen Werten und Normen im schulischen Bildungssystem in einer geordneten Lebens- und Erfahrungswelt mit einer intrinsischen Motivation und der Einbeziehung persönlicher Interessen.

Aus österreichischer Sicht sind neben einer Neuorientierung des Fächerkanons, wie etwa Politische Bildung und Vorberufliche Bildung, auch die Neugestaltung der Lehrpläne und individuelle Fördermöglichkeiten mit gezielter Bildungs- und Laufbahnberatung ("school counceling-system") als zunehmend bedeutungsvoll anzusehen. Neben dem notwendigen Sprachenerwerb in Deutsch als Zweitsprache, Muttersprachenförderung und Erweiterung der Sprachkompetenz gilt die Beachtung sozioökonomischer Faktoren als essentieller Bestandteil einer zeitgemäßen Schulentwicklung.

Der Blick über die Grenzen hilft dabei, die notwendigen Akzente besser zu verstehen, dokumentierte Praxisbeispiele zu hinterfragen, und damit nicht im eigenen Diskurs und Systemdenken verhaftet zu bleiben.

"Eine Schule, die für die Kinder von Einwanderern gut ist, ist für alle Kinder gut, aber es sind auch die viel versprechenden und vielfach erprobten neuen Schulmodelle, die am ehesten geeignet sind, für die schulischen Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft die passenden Konzepte bereitzuhalten" (S. 12).

3.8 Pressespiegel    

Aktuelle Autorenbeiträge im Online-Leserforum? der "Salzburger Nachrichten"/ SN im Kontext Politischer Bildung für zukünftige Entwicklungen

  • Regionale Bildung in ländlichen Kulturräumen, SN 4. Oktober 2021
Unsere Gesellschaft verbindet regionale und ländliche Räume mit Rückständigkeit und geringer Bildung. Die Folgen sind eine Abwanderung durch die Wahl von Ausbildungsstätten in großstädtischen Zentren. Es kommt damit für die Lebens- und berufliche Laufbahn zu ungünstigen Zukunftschancen. Dem entgegengesetzt fördert die EU Programme in der Erwachsenenbildung zur Belebung von Bildungsmöglichkeiten außerhalb urbaner Zentren in ländlichen europäischen Kulturräumen.

Die Erwachsenenpädagogik bietet so ein attraktives Lernfeld für die Vermittlung von Einsichten und Kenntnissen zur Hinführung von Projekten, Bildung flächenübergreifend in abgelegenen ländlichen Gebieten vermitteln zu können. Angedacht wären die Gründung, Beratung, Betreuung und Begleitung von Bildungsangeboten mit IT-Möglichkeiten? und Zweigstellen von Bildungsinstitutionen als Zentren in solchen Räumen. Damit wäre auch ein attraktives zusätzliches Berufsfeld für Lehrende in der Erwachsenenpädagogik vorhanden und die Regionalität erhält eine zusätzliche Bedeutung.

  • Europäische Bildung zukünftig, SN 5. Februar 2022
Ausgehend von den Themen des "Journal Bildung SN Spezial" als Beilage der SN vom 5.2. sollten Überlegungen für zukünftige Entwicklungen angestellt werden. Welche Bildung ist daher von Bedeutung? Es geht um Inhalte für bildungspolitische Entwicklungen, die für die nächsten fünf bis zehn Jahre relevant sind, die nicht im Geflecht der unterschiedlichen Institutionen untergehen. Europa muss sich noch politisch und kulturell aufstellen. Neue Situationen zeigen sich in sozialer Wirklichkeit. Beispielhaft betrifft es die Bereiche Demokratie, Arbeit, Kultur, Wissen, Nachhaltigkeit und Lernen.

Zu beachten sind die einzelnen Bildungssysteme mit ihren Teilnehmenden. Die Aufgabenstellung ist entsprechend verantwortungsvoll und herausfordernd. Der gesellschaftliche Konsens wird gesucht werden müssen. Mit dem Beginn eines "Bildungstalks" würde sich zunächst ein Rahmen regional und in der Folge überregional mit Schwerpunkten und einer gesamteuropäischen Initiative anbieten. Der Stellenwert von Bildung hat sich seit der "realistischen Wende" in den siebziger Jahren begonnen zu verändern. Die Frage nach der zeitgemäßen Änderung und entsprechenden Konsequenzen mit einer planvollen und praktikablen Fort- und Weiterbildung stellt sich höchst aktuell.

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Zum Autor    

APS-Lehramt? (VS-HS-PL? 1970, 1975, 1976), zertifizierter Schülerberater (1975) und Schulentwicklungsberater (1999), Mitglied der Lehramtsprüfungskommission für die APS beim Landesschulrat für Tirol (1993-2002)

Absolvent Höhere Bundeslehranstalt für alpenländische Landwirtschaft Ursprung-Klessheim?/ Reifeprüfung (1967), Maturantenlehrgang der Lehrerbildungsanstalt Innsbruck/ Reifeprüfung (1968) - Studium Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985), 10. Universitätslehrgang Politische Bildung/ Universität Salzburg-Klagenfurt?/ MSc (2008), Weiterbildungsakademie Österreich/ Wien/ Diplome (2010), 6. Universitätslehrgang Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/ Diplom (2012), 4. Interner Lehrgang Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg/ Zertifizierung (2016) - Fernstudium Grundkurs Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium, Comenius - Institut Münster/ Zertifizierung (2018), Fernstudium Nachhaltige Entwicklung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium, Comenius-Institut? Münster/ Zertifizierung (2020)

Lehrbeauftragter Institut für Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft/ Universität Wien/ Berufspädagogik - Vorberufliche Bildung VO-SE? (1990-2011), Fachbereich Geschichte/ Universität Salzburg/ Lehramt Geschichte-Sozialkunde-Politische? Bildung - SE Didaktik der Politischen Bildung (2026-2017)

Mitglied der Bildungskommission der Evangelischen Kirche Österreich (2000-2011), stv. Leiter des Evangelischen Bildungswerks Tirol (20004-2009, 2017-2019) - Kursleiter der VHSn Salzburg Zell/ See, Saalfelden und Stadt Salzburg/ "Freude an Bildung" - Politische Bildung (2012-2019) und VHS Tirol/ Grundkurs Politische Bildung (2024)

 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am 6. März 2024