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Schweden

Schweden    

Ein Beitrag zur Landeskunde in der Politischen Bildung    

Günther Dichatschek

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Schweden   
Ein Beitrag zur Landeskunde in der Politischen Bildung   
Einleitung   
1 Schwedische Geschichte   
1.1 Wikingerzeit - Germanentum   
1.2 Römerzeit   
1.3 Arabische Berichte - Christianisierung im Frühmittelalter   
1.4 Schwedische Staatsentwicklung im Mittelalter   
1.5 Entwicklung der Hanse   
1.6 Kalmarer Union 1397   
1.7 Bürgerkrieg und Aufstände   
1.8 Gründung der schwedischen Nation   
1.9 Staatsmacht im Ostseeraum   
1.10 Gustav III. - Absolutismus   
1.11 Napoleonische Epoche   
1.12 Dynastie der Bernadottes   
1.12.1 Reformen im 19. Jahrhundert   
1.12.2 Wirtschaft im 19. Jahrhundert   
1.12.3 Bevölkerungsentwicklung im 19. Jahrhundert   
1.12.4 Politische Bewegungen des 19. Jahrhunderts   
1.13 Konflikte vor dem Ersten Weltkrieg   
1.14 Zwischenkriegszeit   
1.15 Der Zweite Weltkrieg   
1.16 Nachkriegszeit   
1.16.1 Verfassungsrefom   
1.16.2 Weltpolitik   
1.16.3 Wirtschaftskrise   
1.16.4 EU-Beitritt   
2 Politische Entwicklungen im Sozialstaat   
2.1 Hohe Steuerbelastung   
2.2 Regierungswechsel   
2.3 Parteienlandschaft   
2.4 Globalisierung   
3 Die Minderheit der Saami   
3.1 Zwanghafte Integrationsbemühngen   
3.2 Urbevölkerung Skandinaviens   
3.3 Rentierzucht   
3.4 Leben, Sprachkultur und Bildung der Saami   
3.4.1 Samisches Leben   
3.4.2 Samische Sprachkultur   
3.4.3 Samische Bildung   
3.4 Politische Vertretung einer Minderheit   
4 Zuwanderung und Integration   
4.1 Einwanderungswellen   
4.2 Integrationspolitik   
5 Richtungswahl 2018   
6 Basisdaten des Landes 2007   
Literaturverzeichnis   
IT-Autorenbeiträge   
Zum Autor   

Einleitung    

Mit Schweden werden gerne Astrid Lindgrens Kinderbücher, die Popgruppe ABBA, Knäckebrot und IKEA verbunden. Das Land gilt als der Beweis, dass eine Gesellschaft frei und gerecht sein kann. Der aufgebaute Sozialstaat gilt als Vorbild.

Mit mehr als 1500 Kilometer Länge, maximal knapp 500 Kilometer Breite, dünner Besiedelung ist Schweden das fünfgrößte Flächenland Europas.

Gleichberechtigung ist Realität. Keine Schwedin muss wegen der Kinder auf eine berufliche Karriere verzichten.

Als Reiseziel bietet das Land Naturschönheiten, Wildnis, Möglichkeiten zu sportlicher Betätigung, Modernität im Alltag und Traditionen.

Das einst so homogene Land wandelte sich zu einer heterogenen Gesellschaft mit Einwanderern bzw. Kindern von Zugewanderten.

  • Waren es im 13. und 14. Jahrhundert Kaufleute, Handwerker und Baufachleute aus Norddeutschland, so war das schwedische Kunstleben immer von deutschen Nachbarn beeinflusst. Johann Helmich Roman als Vater der schwedischen Musik hatte deutsche Vorfahren, die Konzerthalle des schwedischen Radio-Symphonie-Orchesters ist nach Franz Berwald benannt.
  • Man lebte teilweise in Deutschland, Deutsch war die Sprache der Oberschicht.
  • Heute spricht man Englisch, als Folge einer Hinwendung zum angelsächsischen Raum nach dem Zweiten Weltkrieg. Filme im TV laufen in englischer Originalsprache.
  • Zusammen mit Österreich trat man 1995 der Europäischen Union bei und bekannte sich zu Europa.

Ausgangspunkt des Beitrages bilden die

  • Absolvierung des Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck,
  • Absolvierung des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung der Universität Salzburg,
  • Absolvierung des 6. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz der Universität Salzburg,
  • Absolvierung der Weiterbildungsakademie Österreich,
  • Teilnahme an EU-Bildungsprogrammen, mit Teilnahme von schwedischen Bildungseinrichtungen und
  • Auseinandersetzung mit der Fachliteratur.

Im Folgenden werden unter dem Aspekt der Politischen Bildung die schwedische Geschichte, Reformbestrebungen, die Minderheit der Saami, Zuwanderung und Integration sowie die Richtungswahl 2018 behandelt. Den Abschluss bilden Basisdaten des Landes.

1 Schwedische Geschichte    

Im Folgenden wird exemplarisch auf die Geschichte des Landes und seine Entwicklungen unter dem Aspekt Politischer Bildung eingegangen. Die entsprechende Fachliteratur dient als Grundlage (vgl. FINDEISEN 2003; BÜHRIG-BUDDE 2008, 11-47).

1.1 Wikingerzeit - Germanentum    

Um 800 blühte die Handelsmetropole Birka auf der Insel Björko am Mälarsee. Hier herrschte der Svear-König hinter dicken Burgmauern.

  • In den Lagerhäusern wurden Felle und Handschuhe, Trockenfisch und Silber aus dem Orient gestapelt.
  • Bootsbauer konstruierten seetüchtige und flache Segelschiffe.
Zwischen 870 und 880 entdeckten dänische und norwegische Wikinger Island und Grönland, Erik der Rote ging um 1000 in Nordamerika an Land. Schwedische Wikinger (Wäräger) erkundeten die Küste der Ostsee, besiedelte das heutige Finnland und ruderten mit ihren Booten auf der Newa und Wolga.

  • Handelsbeziehungen gab es mit Byzanz und der arabischen Welt. Angeboten wurden Felle, Bernstein und gefangene Sklaven, gekauft wurden Luxusgüter und Silbermünzen.
  • Die Männer waren monatelang auf See, die Frauen bewirtschafteten mit den Unfreien die Bauernhöfe.
Zahlreiche Runensteine weisen auf die Handelsfahrten und Raubzüge der Waräger hin. Die Texte auf den Steinen sind mitunter mit Tierdarstellungen verziert. Grabfunde in Birka erbringen arabische Münzen und Silberschmuck, ebenso auf der Insel Gotland, dem zweiten Stützpunkt der Waräger.

Am Ende der letzten Eiszeit vor rund 12 000 Jahren folgten die Wikinger den zurückweichenden Gletschern nach Norwegen. Hünengräber und Felsritzungen mit religiösen Motiven stammen aus dieser Zeit. Nachgewiesen ist Ackerbau und Viehzucht seit 2500 v. Chr.

1.2 Römerzeit    

Die Nordvölker blieben lange Zeit unter sich. Erst um 52 v. Chr. notiert Caesar in "De Bello Gallico" seine Vorstellungen zum Elch. Die Vorstellungen über die "Insel im Nordmeer" waren auch bei Tacitus gering. Falsche geographische und gesellschaftliche Vorstellungen beeinflussten die Meinungen der römischen Geschichtsschreibung.

1.3 Arabische Berichte - Christianisierung im Frühmittelalter    

Tatsächliche Begegnungen mit arabischen Handlungsreisenden im 10. Jahrhundert lassen die Wikinger als geldgierige Kaufleute mit schlechten Manieren und mangelhafter Körperpflege erscheinen.

Viele Berichte über die Wikinger(Germanen) stammen von fränkischen und angelsächsischen Missionaren, die vergeblich christlichen Glauben, feinere Bildung und kontinentale Lebensweise verbreiten wollten.

  • 829 reiste der Benediktiner Ansgar nach Birka, wo er im Auftrag des Svear-Königs Björn das Evangelium verkünden sollte.
  • Heidnische Bräuche lebten lange im Zuge einer Christianisierung weiter. Der Himmelsgott Thor und Odin als Beherrscher der Unterwelt wurden lange verehrt. Der Glaube an Zwerge, Elfen und Trolle blieb über die Reformation hinaus erhalten.
Germanische Stammesfürsten erkannten bald die Möglichkeiten, die ihnen das Christentum beim Aufbau feudaler Herrschaftsstrukturen und der folgenden Machtbefugnisse boten.

  • Im ausgehenden 10. Jahrhundert war das schwedische Königreich noch ein loser Verbund selbständiger Landschaften mit jeweils eigenen Gesetzen.
  • Im 13. Jahrhundert kam es zu einem strafferen Staatsgebilde. Mit Hilfe von Burganlagen, die später Schösser wurden, wurde die Zentralmacht gestärkt.
    • Eine kirchliche Organisation mit Bistümern und Klöstern mit Latifundien wurde aufgebaut. 1164 entsandte Rom den ersten Erzbischof nach Uppsala.
    • Gleichzeitig tobte ein Kampf zwischen den Geschlechtern der Sverkers und Eriks.
Um 1200 gewährt König Magnus Ladulas Rittern und Söldnern Steuerfreiheit.

  • Diese verlangten Privilegien wie am Kontinent.
  • Gefolgsleute erhalten Burglehen zum Lohn und erpressen von Bauern Steuern, um teure Rüstungen zu finanzieren.
In der Folge entwickelt sich ein weltlicher Adel mit ausgedehnten Besitzungen. Ladulas Idee einer Erbmonarchie scheitert, ein Reichsrat mit Männern der Kirche und des Adels wird gebildet.

1.4 Schwedische Staatsentwicklung im Mittelalter    

1248 übernimmt Birger Jarl als Reichsverweser die Staatsführung. Eine einheitliche Rechtsordnung findet die Unterstützung der Kirchenfürsten. Soziale Reformen werden durchgeführt, so die Abschaffung der Sklaverei. Der Ostsee-Handel wir belebt, deutsche Küstenstädte erhalten königliche Versicherungen als Zollprivilegien der Hanse.

Wanderbewegungen aus Norddeutschland im 13. und 14. Jahrhundert bringen Handwerker, Kaufleute und Baufachleute in das Land, die sich hier niederlassen. Gebaut wird etwa die Hafenstadt Stockholm und die Hanse-Hochburg Visby sowie Marktorte an der Ostsee.

Unter dem Schutz der Krone entwickelten sich die Städte. Es gab das Steuerrecht, eine eigene Verwaltung und Gerichtsbarkeit.

1.5 Entwicklung der Hanse    

Um 1250 kam es unter Birger Jarl zu einem Vertrag mit der Hansestadt Lübeck, der den deutschen Hanseaten im Lande großzügige Privilegien einräumte wie Gleichberechtigung mit den Einheimischen und Bildung von Gilden und Bruderschaften. In der Folge nahmen Deutsche gleichberechtigt an Sitzungen im Stadtrat teil und brachten es zu Ruhm und Ehre (Wappenerteilung).

Im Lande herrschte die Pest und entvölkerte ganze Dörfer, die Siedlungen an der Küste blühten auf.

Die Insel Gotland liegt günstig in der Ostsee. Deutsche Gotlandfahrer verbündeten sich 1161 in Visby zu einer Gilde, aus der die Hanse in der Folge wird. Die Kaufleute treiben in den folgenden 200 Jahren regen Handel mit den deutschen Hansestädten unter der Führung Lübecks bis nach Reval und Nowgorod. Umgeschlagen werden Teppiche, Tücher, Gläser, Krüge, Bier, Wein, Gewürze und Luxusgüter. Das Agrarland Schweden liefert Getreide, Flachs, Holz, in der Folge Eisenerz und Kupfer.

Die Führungsschicht in Visby erwirtschafteten ein beachtliches Vermögen, die Stadt schmückte such mit dem Beinamen "Königin des Meeres" (Regina Maris). Einmal im Jahr für acht Tage feiert noch heute die Stadt ihre mittelalterliche Bedeutung mit einem Fest.

Das Museum erinnert an den großen Brand 1361. Der Dänenkönig Waldemar Atterdag hatte mit deutschen Söldnern Skane, Blekinge und Halland erobert und das gotländische Bauernheer vernichtet.

  • Mit einem Lösegeld konnten die Kaufleute weiter Handel betreiben, allerdings sank die Bedeutung der Hanse durch die Entdeckung der Neuen Welt, Piratentum und den Untergang der Russen durch den Mongolensturm.
  • Die Ostsee wurde in der Folge ein regionales Binnenmeer.
1.6 Kalmarer Union 1397    

1363 tragen die Reichsstände Albrecht von Mecklenburg nach ständigen Streitereien unter den Folkunger die Krone an. Er besetzt sofort die Burgen mit deutschen Vögten und enttäuscht damit die Schweden. Dänenkönig Atterdag hat seine Tochter Margarete hinterlassen, die mit einem norwegischen Regenten verheiratet ist. Es gelingt die Vertreibung von Albrecht.

1397 unterzeichnen die Reichsräte von Dänemark, Schweden und Norwegen unter der Führung von Margarete einen Vertrag, der 150 Jahre die Länder vereint. In der "Kalmarer Union" regiert jedes Land nach den eigenen Gesetzen, gemeinsam verteidigt man das Unionsgebiet. Dies umfasst auch das heutige Finnland, das im 12. und 13. Jahrhundert unter schwedischer Herrschaft stand, Island und die Faröer, die zu Norwegen gehörten.

Die friedliche Eintracht wird bald von einem Bürgerkrieg der mächtigen Adelsgruppen abgelöst.

1.7 Bürgerkrieg und Aufstände    

Königin Margarete regiert erfolgreich zunächst als Vormund für ihren Großneffen Erich von Pommern.

In der Folge will König Erik die Union von Kopenhagen aus in einen Einheitsstaat umwandeln.

  • Deutsche und dänische Statthalter sollen die Verwaltung übernehmen, die Krone soll die Personalpolitik der Bistümer bestimmen.
  • Steuern werden erhöht, Gotland wurde erworben, der Kampf um Holstein erfordert hohe Geldsummen.
  • Zoll wird für die Durchfahrt des Öresund verlangt. Die Hanse reagiert mit Sanktionen. Die Blockade der Häfen erzeugt Unzufriedenheit, es kommt zu Aufständen der Bauern und Bergleute. Der Klerus und die adelige Opposition verbünden sich mit den Revoltierenden.
  • 1435 versammelt man sich in Arboga und bildet eine nationale Bewegung. Die Zusammenkunft wird im Lande bis heute als Keimzelle des späteren Parlaments gefeiert.
  • Schwedische Bauern bleiben bewaffnet und gewinnen vermehrt Einfluss.
  • 1436 wird Engelbrekt als Anführer der Aufständischen als Nationalheld gefeiert und in der Folge ermordet.
  • Der aufständische Edelmann und spätere schwedische König Karl Knutson schürt die antidänische Stimmung und ruft zum Widerstand auf.
    • Mitten im Chaos 1470 wird sein Neffe Sten Sture der Ältere Reichsverweser.
    • Mit einem Bauernheer zieht er gegen seinen dänischen Widersacher Christian I. zum Kampf und 1471 besiegt er die Dänen mit ihren Söldnern.
    • Das Denkmal des hl.Georg in der Stockholmer Altstadt Gamla Stan erinnert an den Sieg über die Fremdherrschaft.
  • Christian II. gelobt gezwungenermaßen dem schwedischen Reichsrat die Gesetze zu achten und keine Steuererhöhungen vorzunehmen. Christian will jedoch die Schmach der Niederlage zu sühnen.
    • Nach dem Sieg über die Sture-Partei will er seine schwedischen Gegner aus dem Weg räumen.
    • Mit der Hinrichtung von 82 Schweden - im Lande als "Stockholmer Blutbad" bezeichnet - geht das Verbrechen in das kollektive Gedächtnis der schwedischen Bevölkerung.
1.8 Gründung der schwedischen Nation    

Gustav Eriksson, bekannt als Gustav Wasa, sinnt auf Rache im Lübecker Exil. Ein Opfer der Hinrichtung war sein Vater. Der organisierte Widerstand, bis heute mit vielen Legenden behaftet, kann die Statthalter Christians besiegen(vgl. in Erinnerung an die Vorbereitung auf die Kämpfe der "Wasa-Lauf" zur Rückholung Gustav Erikksons).

  • Am 6. Juni 1523 wählt der Reichstag Gustav Wasa/Erikkson zum König Schwedens. Bis heute ist der 6. Juni der schwedische Nationalfeiertag in Erinnerung an den Gründervater der Nation. Der "Flaggentag" erinnert die erste moderne Verfassung des Landes 1809.
  • 1544 wird die Erblichkeit der Königsmacht eingeführt.
  • Zur Sanierung der Staatsfinanzen beschlagnahmt Gustav Wasa die Schlösser und Burgen mit den Ländereien des Klerus, die ein Viertel der Landesfläche ausmachen. Die Proteste Roms bleiben folgenlos. In der Domstadt Uppsala 1536 siegen die Anhänger Luthers und in der Folge wird Gustav Wasa Oberhirte der schwedischen Nationalkirche.
Außenpolitisch hat man mit den Bruch der "Kalmarer Union" auf eine Vorherrschaft im Ostsee-Raum hingearbeitet. Mit der Bedeutungslosigkeit der Hanse und des Deutschen Ordens als Führungskräfte im 16. Jahrhundert kam es zu einem Vakuum in Nordeuropa.

Mit dem Eingreifen Schwedens in den Dreißigjährigen Krieg erhält das Land die Bedeutung als Führungsmacht Nordeuropas.

1611 besteigt Gustav II. als Vertreter der Wasa-Dynastie den Thron, führt die Wehrpflicht ein und bildet die erste Volksarmeee.

  • Mit Reichskanzler Axel Oxenstierna reformiert man das Reichswesen, installiert das oberste Gericht/Tribunal(Svea Hovrätt) und führt weltliche Gymnasien ein.
  • Vieh- und Mühlenzoll bringen Geld für die Kriegskasse.
  • Eine Finanzverwaltung wird als Steuerbehörde eingeführt(Kronenvogt).
  • Zum Aufbau einer Flotte werden Wälder abgeholzt.
1.9 Staatsmacht im Ostseeraum    

Mit Gustav Adolf erhält ein Herrscher einen prominenten Platz durch seine Rolle im Dreißigjährigen Krieg. 1630 landete er mit seiner Streitmacht am Strand von Peenemünde und versetzte Europa in Schrecken("Bet, mein Kind, bet! Morgen kommt der Schwed' ").

  • Als milder Besatzer und weniger als "Kreuzritter des Protestantismus" ging es um handfeste Machtinteressen.
  • Der Siegeszug durch Deutschland mit beweglichen Kanonen und flexiblen Musketenschützen erbrachte Erfolge zunächst in Breitenfeld 1631. In der Schlacht bei Lützen 1632 wird Gustav Adolf bei einem Reiterangriff im Nebel getötet.
  • Im Stadtschloss in Stockholm wird der letzte Besitz des Königs als nationales Heiligtum aufbewahrt.
Seine Nachfolgerin Königin Christina gilt als leicht exzentrische Infantin, liebt Luxus, tritt zu katholischen Glauben über und hat keine Thronfolge. Der Hollywoodfilm "Königin Christina " mit Greta Garbo macht die Herrscherin berühmt. Hier endet auch die Geschichte des Hauses Wasa. Nunmehr folgen Könige aus den Häusern Pfalz-Zweibrücken, Hessen-Kassel und Holstein-Gottorf.

Mit dem Westfälischen Frieden 1648 erhielt das Königreich Vorpommern, die Städte Stettin und Wismar sowie die Ostseeprovinzen Livland und Ingermanland. In der Folge zog Karl X. Gustav neuerlich in den Krieg gegen Dänemark. 1658 kommt er bis Kopenhagen. Schonen kommt zum Reich, in der Folge kämpfen dänische Freischärler als Rebellen gegen die schwedischen Truppen. Diese versuchen den Widerstand einzudämmen, Höfe werden niedergebrannt und die Bewohner vertrieben.

Wirtschaftlich geht es dem Königreich im 17. Jahrhundert unterschiedlich.

  • Als Agrarstaat klagen die Bewohner über die wachsende Steuerlast und die dauernden Rekrutierungen von Soldaten.
  • Die Bergwerke erleben ihre Blütezeit. Aus Falun kommt damals rund zwei Drittel der weltweiten Kupferproduktion. Gold und Silber werden gewonnen.
  • Um die Metallschmieden siedeln sich Handwerker und Arbeiter an. Die Hüttenbesitzer bieten ihren Untergebenen billige Kredite in ihren Kaufläden und Magazinen. Es entstehen gutartige Großbetriebe mit Werksanlagen, Wohnhäusern und einer selbstversorgenden Viehwirtschaft.
  • Ein Abfallprodukt der Kupfermine in Falun wird ein billiges Anstreichmittel für Holz. Heute leuchten noch Holzhäuser im Lande in "faluröd" als schwedisches Symbol.
1667 folgt Karl XII. auf dem Thron. Dänen, Polen und Russen verbinden sich zu einer Koalition, um die schwedischen Eroberungen im Ostseeraum zurück zu gewinnen.

  • Als militärisches Talent behält Karl die Oberhand im "Großen Nordischen Krieg", als Diplomat versagt er allerdings. Angebote für einen Frieden lehnt er ab.
  • Ein Schuss in die Schläfe im Kampf an der Grenze zum dänischen Norwegen tötet ihn 1718.
Am Ende des Großen Nordischen Krieges hat Schweden alle Besitzungen außerhalb des Mutterlandes verloren. 1720 setzen die Stände eine neue Verfassung durch, die Alleinherrschaft des Königs wird abgeschafft, die politische Macht geht unter Aufsicht des Reichstages auf die Regierungsbehörden und Beamten über.

1.10 Gustav III. - Absolutismus    

1772 beendet Gustav III. mit der Verhaftung des Reichsrates eine Zeit der Freiheit mit Anfängen eines Parteiwesens und der Rolle des Monarchen als Repräsentanten. Nunmehr ist der König absolutistischer Herrscher.

  • Er verwirklicht aber die Reformen im Sinne der Bauern und des Bürgertums.
  • Er beschneidet die wesentlichen Adelsprivilegien.
Die US-Unabhängigkeitsbewegung beeinflusst den Herrscher, er will einen Umsturz mit der politischen Gleichstellung aller Stände verhindern.

Seine Mutter Luise Ulrike von Preußen kennt als Schwester Friedrich d. Gr. ein reges Kulturleben .

  • Gustav III. fördert daher die schönen Künste und das Geistesleben.
  • Es entstehen in dieser Epoche die Musikakademie(1771), er beginnt den Bau der Königlichen Oper(1772) und vollendet das Nationaltheater(1787).
  • Barocktheater entstehen in den Schlössern Drottningholm und Gripsholm in der Nähe Stockholms. Der König wirkt als Schauspieler, Bühnenbildner und Spielleiter mit.
  • 1786 gründet er nach französischem Vorbild die Schwedische Akademie, die er zur Pflege der schwedischen Sprache einsetzt. Mit 18 Mitgliedern entscheidet sie heute, wem der Nobelpreis für Literatur verliehen wird.
1792 begegnet der Kunstkönig auf einem Maskenball seinem Mörder. Giuseppe Verdi hat dies als Vorlage für sein Melodram "Ein Maskenball" verwendet.

1.11 Napoleonische Epoche    

Sein Sohn und Nachfolger Gustav IV. Adolf steht in einem aussichtslosen Kampf gegen Napoleon. Im Norden brechen russische Truppen über Finnland in das Land ein(Niederlage 1809, Sturz des Königs).

1809 tritt eine neue Verfassung unter Karl XIII. in Kraft. Die Macht wird zwischen König und Reichstag aufgeteilt, der König bleibt Staatsoberhaupt.

Karl XIII. ist kinderlos. Nunmehr wird dem Marschall Napoleons Jean-Baptist Bernadotte der Thron angeboten. Als Thronfolger tritt er die Nachfolge 1818 an.

In der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 befehligt er das schwedische Heer. Das Königreich ist seit dieser Zeit an keinem Krieg beteiligt.

1.12 Dynastie der Bernadottes    

Die neue Dynastie bringt Schweden aufgeklärte Monarchen, einen langen Frieden und ebnet den langen Weg zur Demokratie.

Im Traktat von Petersburg 1812 erhält Schweden Norwegen. Norwegens Parlament behält das Steuerrecht und entsendet eigene Staatsräte nach Stockholm. Schweden entscheidet über die Außenpolitik, Schwedens König führt den Oberbefehl über das norwegische Heer.

1.12.1 Reformen im 19. Jahrhundert    

Zunehmend gewinnt die liberale Opposition in Stockholm an Bedeutung.

  • Mit der Zeitung "Aftonbladet" erscheint 1830 erstmals ein regierungskritisches Blatt.
  • Gefordert wird ein politisches Mitspracherecht und eine Änderung des seit dem Mittelalter geltenden Wahlrechts.
  • Erik Gustaf Gejer(Philosoph und Historiker/ Universität Uppsala)beschwört die Ideen der Französische Revolution, den Ratschluss der freien Männer auf dem Thing und den Kampf der wehrhaften Bauern für König und Vaterland. Als Staatsrechtler unterrichtet er die Prinzen und genießt hohe Anerkennung.
  • Die Reformbestrebungen gewinnen durch die sozialen Konflikte und revolutionären Auseinandersetzungen in Frankreich und Deutschland für Schweden an Bedeutung.
Der Sohn und Nachfolger Oscar I. erfüllt mit der Gewerbefreiheit 1846 ein Hauptanliegen der Opposition.

  • Ihren Anfang nahm auch die Familien- und Gleichstellungspolitik in dieser Reformperiode.
  • 1842 wurde die allgemeine Schulpflicht eingeführt.
  • 1845 wurde das gleiche Erbrecht für Söhne und Töchter eingeführt.
  • Alleinstehende Frauen benötigten keinen gesetzlichen Vormund mehr.
1859 kam Karl XV. auf den Thron und setzte den Reformkurs fort.

  • Es fielen die letzten gesetzlichen Einschränkungen des Freihandels.
  • Gefordert wurde eine Reform der politischen Machtverhältnisse durch die Bauernpolitiker und Vertreter des Bürgertums.
    • Vorbereitet wurde die Verfassungsreform durch Justizminister Louis De Geer, der 1865 einen Zwei-Kammer-Reichstag mit einer Selbstauflösung der vier Stände - Bauern, Bürgertum, Klerus und Adel - vorschlug.
    • 1866 stimmte das adelige Oberhaus dem Vorschlag zu.
Nach 1866 formte sich im Land eine moderne Verwaltungsbürokratie in Anlehnung an Max Weber.

  • Eine parteifreie Beamtenklasse übernahm die Verwaltung des Staates.
  • Berufspolitiker des Unterhauses entschieden sich für einen radikalen Sparkurs in einer Monarchie gegen die Interessen des Adels.
1.12.2 Wirtschaft im 19. Jahrhundert    

Wirtschaftlich steckte das Land Anfang des 19. Jahrhunderts in einer Krise.

Als Agrarland kam der Handel unter den Folgen der Napoleonischen Kriegen zum Erliegen.

  • Die Bevölkerungszahl stieg gleichzeitig durch die Impfungen gegen Pocken, Cholera und Tuberkulose.
  • Der Kartoffelanbau beseitigte Hungersnöte.
  • Am Land herrschte Armut, insbesondere bei den Taglöhnern und Landlosen.
  • Wanderarbeiter waren monatelang auch als Baumfäller oder Flößer unterwegs, mitunter Knechte oder Gehilfen in Glashütten. Billiger Fusel wird als Lohn auch ausgeschenkt.
  • Die Migration vor allem nach Nordamerika nahm aus Verzweiflung und Perspektivenlosigkeit zu.
  • Das Land zu modernisieren hatte den nicht immer erhofften Erfolg. Das Beispiel der Verbindung durch einen Kanal zwischen Ostsee und Kattegatt("Götakanal") zur Umgehung der Schiffsmaut der Dänen weist darauf hin(vgl. die zu lange Bauzeit von 23 Jahre).
In der Mitte des 19. Jahrhunderts kommt es zur Industrialisierung des Landes.

  • Die Zellstoffindustrie erhält durch den weltweiten Papierbedarf eine zunehmende Bedeutung.
  • Die Rodung von Wäldern im Norden nimmt zu, Flüsse werden zu Seen aufgestaut.
  • Neue Bergwerke werden erschlossen, Eisenhütten gegründet. Erzfunde werden nun mit der Eisenbahn zu den Häfen transportiert.
  • Neue Technologien führen zur Gründung einer Schwerindustrie. Es kommt zu Vorstadt-Siedlungen der Fabriksarbeiter, in den noblen Stadtvierteln entstehen Villen und Paläste der Reichen.
  • 1885 verfügt Stockholm über das dichteste Telefonnetz der Welt.
1.12.3 Bevölkerungsentwicklung im 19. Jahrhundert    

In der Bevölkerungsentwicklung des Landes zeigt es sich, dass die rasante Entwicklung die vier Millionen Einwohnern nicht erreicht.

  • 1880 ist der Großteil der Bevölkerung noch in der Landwirtschaft tätig.
  • 15 Prozent leben in Städten.
  • Die Zeitungen haben ein Auflage von 10 000 Exemplaren.
  • 1872 beteiligt sich jeder fünfte der 200 000 Stimmberechtigten an Wahlen für die zweite Kammer.
1.12.4 Politische Bewegungen des 19. Jahrhunderts    

Um die Jahrhundertwende entstehen Volksbewegungen als Ausdruck zunehmender Demokratisierung, die bis heute die politische Kultur des Landes prägen. Zu benennen sind

  • die Verbindung von Ärzten, Pädagogen und Geistlichen gegen den Alkoholmissbrauch,
  • die Verbindung von Anhängern der Freikirchen und Pfingstbewegungen gegen das geistliche Monopol der Lutherischen Staatskirche,
  • Frauen kämpfen für ihre Gleichstellung in Beruf und Politik sowie
  • die Arbeiterbewegung streitet für gerechte Löhne und eine allgemeine und freie Wahl.
Um 1920 gibt es bereits eine Million Menschen in Organisationen. In politischen Diskussionen, bei Dichterlesungen und in Vorträgen zeigt man Solidarität und preist die harte Alltagsarbeit.

Die Schwedische Arbeiterpartei konstituiert sich 1889 aus ihrer Klientel der Armen und Unterdrückten(mehrheitlich nicht wahlberechtigtem Industrieproletariat).

  • Hjalmar Branting wird 1896 als erster Sozialdemokrat in den Reichstag gewählt.
  • Er plädiert als liberaler Vertreter der Arbeiterbewegung, später als Vorsitzender der Partei und Gewerkschafter, für eine friedliche Lösung gesellschaftlicher Konflikte durch politische und wirtschaftliche Reformen.
1889 verbinden sich auch die Gewerkschaften zum mächtige Dachverband "Landorganisationen i Sverige"(LO) zusammen. Vorbilder der schwedischen Sozialdemokratie sind die deutschen Theoretiker wie etwa Eduard Bernstein, Karl Kautsky, später Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

Partei und Gewerkschaft entdecken um die Jahrhundertwende den Generalstreik als Druckmittel und setzen soziale Reformen zur Verbesserung der Lebensbedingungen wie das Verbot der Kinderarbeit und die Öffnung der Volksschulen für Arbeiterkinder durch.

Auch die Unternehmer(Arbeitgeber) organisieren sich zu einem mächtigen Verband. 1909 kommt es zu einer Kraftprobe mit den Gewerkschaften. Mit Aussperrungen will man die Löhne drücken. Im Arbeitskampf hält zur Überraschung der Arbeitgeber wochenlang die Streikfront der Gewerkschaften.

1.13 Konflikte vor dem Ersten Weltkrieg    

Während die sozialen Konflikte im Inneren sich zuspitzen, zerbricht die Union mit Norwegen 1905.

  • König Oscar II. weigert sich, Norwegen die Selbstbestimmung zu geben.
  • 1893 weist der König einen Entwurf für ein norwegisches Konsularwesen im Ausland zurück.
  • Der "Storting" beschließt dagegen die Bildung eigener Konsulate("Flaggenstreit").
  • In einer Volksabstimmung beschließt Norwegen mit überwiegender Mehrheit die Unabhängigkeit. Das Säbelrasseln Schwedens macht keinen Eindruck.
  • Es zeigt die politische Reife beider Seiten, dass Norwegen und Schweden ein Krieg erspart geblieben ist(vgl. die Aufmarschpläne des Schwedischen Generalstabs).
Der Ruf nach einer Bewaffnung der Marine mit Panzerschiffen und Kolonien wird vor dem Ersten Weltkrieg laut. Im Zeichen eines aufstrebenden Imperialismus und der Reiseberichte von Sven Hedin werden die militärischen Leistungen von Karl XII. gerühmt.

Gustav V. erlangt mit seiner "Burghof-Rede" zweifelhaften Ruhm.

  • Gegen den Willen der Regierung plädiert er für eine Aufrüstung der Streitkräfte vor Beifall spendenden 30 000 Bauern.
  • In der darauf folgenden politischen Krise erfolgt erstmals der Ruf nach einer Abschaffung der Monarchie.
1.14 Zwischenkriegszeit    

In der Folge richtet sich die Außenpolitik Schwedens danach, in Friedenszeiten allianzfrei und im Krieg neutral zu bleiben. 1920 tritt das Land dem Völkerbund bei(1946 den Vereinten Nationen) und beteiligt sich an Aktionen zur Sicherung des Friedens. Schweden hindert es allerdings nicht, mit den kriegsführenden Mittelmächten Handelsverbindungen zu führen.

Reformwillige Kräfte in der Sozialdemokratie und bei den Liberalen setzten im Kampf um das Stimmrecht unter dem Eindruck der Novemberrevolution in Deutschland in den Jahren von 1918 bis 1921 Wahlrechtsreformen durch.

  • Die Einkommensanforderungen wurden aufgehoben.
  • Frauen durften wählen.
  • Der Achtstunden-Tag für Industriearbeiter wurde eingeführt.
1920 übernehmen die Sozialdemokraten mit Hjalmar Branting erstmalig die Führung der Regierung. In den kommenden Jahren steht er mit wechselnden Mehrheiten der Regierung vor.

Seit 1925 Vorsitzender der Sozialdemokraten und seit 1932 Ministerpräsident verhindert Per Albin Hansson die Konfrontation mit den Linken.

  • Die Weltwirtschaftskrise 1929 mit ihren Folgen trifft die Exportwirtschaft des Landes schwer.
  • In der Folge kommt es zu Streiks, das Militär schießt auf Streikende 1931. Die Gewerklschaften stürzen das Land in wilde Arbeitskämpfe.
  • Hansson setzt im Reichstag auf das Recht für Arbeit, Recht auf Krankheit ohne Entlassung, Elternurlaub und Sommerhäuschen. Der Traum der Schweden sollte lange dauern.
1.15 Der Zweite Weltkrieg    

Es gelingt, als Regierungsform eine Notkoalition aus Sozialdemokraten, Liberalen und Konservativen zu bilden und das Land aus dem Weltkrieg herauszuhalten.

Die Zusammenarbeit mit dem Nationalsozialismus wirft eine dunklen Schatten auf das Land.

  • 1939 verweigert Schweden Finnland Militärhilfe beim sowjetischen Überfall, liefert aber Waffen und Munition und nimmt finnische Kinder auf. Schwedische Freiwillige kämpfen im Winterkrieg gegen die Rote Armee.
  • Zur Vermeidung einer deutschen Invasion duldet die Regierung den Durchmarsch deutscher Truppen nach Norwegen und Finnland und unterstützt Deutschland mit großzügigen Krediten und Lieferungen von Eisenerz.
  • 1939 wird Hermann Göring von Gustav V. mit dem höhsten schwedischen Militärorden ausgezeichnet.
In den letzten Kriegsjahren kommt es zu einem Kurswechsel.

  • Widerstandsgruppen in Dänemark und Norwegen erhalten Unterstützung,
  • Flüchtlinge aus den baltischen Staaten und Nachbarländern werden aufgenommen.
  • Zu erwähnen ist der Einsatz zur Rettung jüdiscber Kriegsopfer durch Raoul Wallenberg und Folke Bernadotte.
Am Ende des Krieges gehört das Land zu den reichsten Industrienationen.

1.16 Nachkriegszeit    

Als 1946 Per Albin Hansson stirbt, kann sein Nachfolger Tage Erlander in den Rekordjahren des wirtschaftlichen Aufschwungs den Sozialstaat weiterführen und ausbauen (etwa Verkürzung der Arbeitszeit, Einführung eines staatlichen Schulgeldes, Gesundheitszentren, günstige Kredite, Wohnbaugenossenschaften).

1954 wird Erlander auf den Studnetenführer Olaf Palme aufmerksam und macht ihn zu seiner rechten Hand und zum Politikmanager. 1969 wird er dann Partei- und Regierungschef und reformiert ein selbstgefälliges System.

1.16.1 Verfassungsrefom    

Mit der überfälligen Verfassungsreform 1974 wird die Rechtsgrundlage des Staates von 1809 entrümpelt.

  • Das Oberhaus wird abgeschafft.
  • Der König verliert alle politischen Rechte, die royalen Befugnisse sind reduziert auf eine Repräsentation als Staatsoberhaupt. Politische Stellungnahmen sind untersagt.
1.16.2 Weltpolitik    

Olof Palme macht das neutrale Schweden zu einem Faktor der Weltpolitik. Er agiert als Kritiker und Kommentator, auch als Vermittler und Schlichter.

  • Zentrales Ziel der Politik ist die Ächtung der Atombombe.
  • Eine atomwaffenfreie Zone in Nordeuropa kommt nicht zustande.
  • Als UN-Schlichter im Iran-Krieg-Krieg erreicht er letztlich keinen Frieden.
  • Sowjetische U-Boote in schwedischen Gewässern können nicht verhindert werden.
  • 1986 wird Olof Palme auf dem Heimweg von zwei Schüssen getötet.
Ende der achtziger Jahre deutet sich an, dass der teure Sozialstaat und aufgeblähte öffentliche Sektor auf Dauer kaum finanzierbar sein wird. Sein Nachfolger Ingvar Carlsson verordnet ein Sparprogramm.

1.16.3 Wirtschaftskrise    

Mitten in der Wirtschaftskrise bildet Carl Bildt eine bürgerliche Koalition.

  • Diese verordnet weniger Sozialbeiträge und weniger Steuern.
  • Gespart wird bei öffentlichen Ausgaben, privatisierten Krankenhäusern und Wohnbaugenossenschaften.
  • Es gibt kaum Erfolge beim Abbau der Arbeitslosigkeit und der Staatsverschuldung.
Nach drei Jahren kehrt Ingvar Carlsson an die Macht zurück. Er holt mit Anna Lindh, Mona Sahlin und Margot Wallström ein dynamisches Frauenteam in die Regierung. Grüne und die Linkspartei stützen die Minderheitsregierung.

1.16.4 EU-Beitritt    

Eine Europa-Stimmung bewirken der Zusammenbruch der Sowjetunion, Mauerfall und die deutsche Wiedervereinigung.

  • Die Beziehungen zu den baltischen Staaten entwickeln sich positiv.
  • Das Vertrauen in die EU wächst.
  • 1994 spricht sich eine deutliche Mehrheit für einen EU-Beitritt aus(wie auch in Österreich).
Für das Land enttäuschend ist der Euro-Club mit der Tendenz zur Privatisierung und einem Sozialabbau als Mittel zur Lösung von Wirtschaftsproblemen. Allerdings konnte Schweden bei der EU Zeichen setzen mit Vorschlägen für mehr Transparenz und Bürgernähe(vgl. das Engagement von Margot Wallström in verschiedenen Positionen bei der EU; man denke an die Leitlinien für einen Umweltschutz).

Mir radikalen Maßnahmen des Finanzministers Göran Persson in einer Kombination der Kürzung der Sozialabgaben und einer Steuererhöhung konnten die Staatsfinanzen in eine Gleichgewicht gebracht und die Schulden getilgt werden.

Nach der Übernahme der Führungsfunktionen in Partei und Staat erhielten Frauen in der Politik und in der Regierung - hier mit der Hälfte der Ministerien - wichtige Positionen.

Mit Anna Lindh wurde eine Frau Außenministerin.

  • Im Konflikt um die Verfolgung weißer Farmer in Simbabwe verlangte sie den Rücktritt von Präsident Mugabe, tadelte den Krieg in Tschetschenien und kritisierte die israelische Palästina-Politik und die Unfähigkeit der Palästinensischen Autonomiebehörde.
  • Sie verwahrte sich gegen das US-Großmachtgehabe nach den Anschlägen des 11. September.
+ Das größte politische Gewicht hatte Schweden 2001 während der EU-Ratspräsidentschaft.

  • Lindt setzte sich für die Osterweiterung ein.
  • Begeistert setzte sie auch auch 2003 für die Einführung des Euro ein, allerdings wurde dies abgelehnt.
  • Im gleichen Jahr wurde sie mit Messerstichen niedergestochen und starb.

Zur Richtungswahl 2018 mit Änderungen in der politischen Landschaft des Landes Punkt 5.

2 Politische Entwicklungen im Sozialstaat    

2.1 Hohe Steuerbelastung    

Noch vor zwei bis drei Generationen waren die Schweden arme Bauern. Nunmehr sind sie wohlhabend und in den Rekordjahren des Sozialstaates sozial abgesichert worden. Neben den gleichen Sozialchancen gab es einen Wohlstand mit ersten Autos, Wohnungen in den Wohnbaugesellschaften, TV-Geräten und dem Sommerhäuschen.

Schwedische Sozialpolitiker und Gewerkschaftler knüpften ein Netzwerk aus Rechten, das jeden aufzufangen versprach. Aus dem schwedischen Modell wurde in der Folge eine Ideologie , die ein Eigenleben führte(vgl. BÜHRIG-BUDDE 2008, 73-89).

  • Astrid Lindgren traf 1976 beim Lesen ihres Steuerbescheids fast der Schlag. Mehr als 100 Prozent Steuern sollte sie nach ihrer Einstufung als Selbständige aus den Buchverkäufen an den Fiskus abliefern. Olof Palme rechnete ihr dann vor, dass sie als Rentnerin "nur" 85 Prozent Steuern abliefern musste. Als Leserbrief erschien in der eitung "Expressen" darauf ihre Fabel "Pomperipossa in Monismanien", eine bissige Satire auf die Selbstgerechtigkeit der Trias Sozialdemokratie-Gewerkschaften-Medien. Dabei traf sie den Nerv ihrer Landsleute. Bei den folgenden Wahlen wurden die Sozialdemokraten nach 44 Jahren abgewählt.
  • 1976 flüchtete Ingmar Bergman vor der drohenden Enteignung nach München.
  • Palme versuchte mit den Gewerkschaften, Teile von Gewinnen von börsenorientierten Unternehmen in einen Arbeitnehmerfonds einzahlen zu lassen. Der Plan scheiterte am Widerstand der Industrie und vermutlich an der Bürokratie.
  • Geschlechtergerechte Teilhabe("Gleichberechtigung")wurde von Palme gesetzlich als Gleichstellung im Berufsleben, zur Förderung der Kinderbetreuung und steuerlichen Gleichstellung verankert.
Anfang der neunziger Jahre war das Staatsdefizit mit mehr als zwölf Prozent der Wirtschaftsleistung das höchste aller Industrieländer. Die Inflationsrate lag bei zehn Prozent. Am Höhepunkt der Krise gab es viele Firmenpleiten, der Immobilienmarkt brach zusammen, die Arbeitslosenrate lag bei zwölf Prozent.

2.2 Regierungswechsel    

Unter Göran Persson kürzte in der Folge die Regierung das Arbeitslosengeld und die Sozialhilfe, lockerte den Kündigungsschutz und reformierte die Altersvorsorge.

  • Seither müssen die Schweden einen Teil ihrer Ruhegelder selbst ansparen.
  • Im Gesundheitwesen wurden die Leistungen reduziert, jedes vierte Krankenhaus geschlossen, Personal entlassen und ein Drittel der Betten eingespart.
  • Der Staat verlangt einen beachtlichen Selbstbehalt. Ein Karenztag wird bei Krankheit von Gehalt abgezogen, bei einem Arztbesuch sind 15 bis 30 Euro Selbstbehalt fällig. Bei Medikamenten ist eine Zuzahlung notwendig. Zahnbehandlungen wurden sehr teuer.
  • Die Bürger sahen die Notwendigkeiten ein, zumal alle Gesellschaftsschichten davon betroffen waren. Ein Sparen auf hohem Niveau bedeutet eine Leistungssteigerung im Modell der Familienförderung, des bezahlten Papa-Monats, ganztägige Kinderbetreuung und das Recht auf Teilzeitarbeit.
  • Die Bürger sind überwiegend heute der Meinung, dass ihr Sozialstaat eine Vorbildfunktion besitzt.
Mit der Übernahme der Regierungsverantwortung an die Konservativen unter Fredrik Reinfeldt zeigte sich ein Langzeiteffekt und Abnützungserscheinungen einer Sozialdemokratie(vgl. ähnliche Phänomene etwa bei Helmut Kohl).

  • Versprochen wurden zusätzliche Sozialleistungen in Milliardenhöhe.
  • Lohnnebenkosten sollen gesenkt werden, damit mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können.
  • Benotung in der Schule und bessere Lehrerbildung sollen für mehr Disziplin sorgen.
  • Steuerliche Anreize für Betriebe sollen mehr Arbeitsplätze für Jugendliche ergeben.
Für die Politische Bildung ist an dieser Stelle von Interesse, die Diskussions- und Politikkultur zu untersuchen.

  • In Wahlauseinandersetzungen fällt eine gewisse Gelassenheit auf.
  • Lieblingsthemen sind Schule, Gesundheitswesen und Altenpflege.
  • TV-Diskussionen leiden unter einem Effekt der Langeweile.
  • In Parlamentssitzungen fehlen seit Olof Palme brilliante Redner.
2.3 Parteienlandschaft    

Ausgehend von der Situation vor den Wahlen 2018, die von Themen der Zuwanderung gekennzeichnet waren, ergeben sich die folgenden Merkmale schwedischer Parteien.

  • Sozialdemokratische Konzepte in ihrer Breite - für alle Gesellschaftsschichten - werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auf absehbare Zeit bleiben.
  • Die Grünen sind der schwächste Bündnispartner der Sozialdemokraten. Die Kooperation in der Regierung hat ihrem Profil geschadet und Umweltthemen sind weit unten angesiedelt.
  • Dem zweiten Partner droht ebenfalls ein Absturz. Die Linkspartei unter Lars Ohly verprellt mit ganz linken Themen besonders die Jungwähler.
  • Im politischen Mittelfeld bewegt sich die liberale Volkspartei. Populistische Forderungen bringen eine gewisse Aktualität in der Parteienlandschaft. Skandale schaden wiederum den Liberalen.
  • Die Zentrumspartei ist bei der Landbevölkerung verwurzelt und war schärfster Gegner der Atomkraft. Heute verzichtet man auf diese Forderungen, das Vertrauen in die Technik ist ungetrübt.
  • Die kleine Fraktion der Christdemokraten hat ihre Anhänger besonders in den freikirchlichen Bewegungen. Alf Svensson versteht sich als Anwalt besonders der älteren Generation.
  • Als rechtspopulistische Partei versteht sich die Partei der Schwedendemokraten. Ihr Anliegen ist die Einwanderungspolitik. Dem Trend entsprechend bedeutet ihr Zuwachs einen Paradigmenwechsel in der schwedischen Politik.
2.4 Globalisierung    

Eine teure sozialstaatliche Absicherung lässt sich bei einer Abwanderung von Kapital und Arbeit nicht mehr finanzieren.

  • Vorzeigeunternehmen wurden von US-Konzernen geschluckt.
  • Schwedische Unternehmen haben sich gesund geschrumpft.
  • Enorme Gewinne wurden verbucht, ohne einen einzigen Arbeitsplatz zu schaffen.
  • Hohe Lohnkosten vertrieben Unternehmen in die baltischen Staaten oder nach Asien.
  • Ein von Interkulturalität gekennzeichnetes Zusammenleben ergibt im Einwanderungsland Schweden Probleme(vgl. Diskriminierungen, Kluft zwischen Arm und Reich, demographischer Wandel, Arbeitslosigkeit).
3 Die Minderheit der Saami    

3.1 Zwanghafte Integrationsbemühngen    

Über Jahrzehnte betrieben die skandinavischen Staaten eine zwanghafte Integration der samischen Minderheit. Behörden, Schulen und Kirchen bemühten sich angepasste Staatsbürger und Christen zu erziehen. Drill, Disziplin, Internatserziehung und schwedische Sprache waren Bildungsgrundsätze, Demütigungen und harte Strafen bildeten Sanktionen(vgl. BÜHRIG-BUDDE 2008, 176-194).

Vergleichbar mit der Situation der Inuit in Kanada und der "verlorenen Generation" der Aborigines in Australien zeigte sich das Trauma der entwurzelten Kinder bis in die dritte Generation. Folgen ergeben sich in der Zerschlagung der Familienstrukturen, Identitätsverlust, beruflichem versagen, Arbeitslosigkeit, Depressionen und erhöhter Selbstmordrate(vgl. das Fehlen einer Forschung in Schweden bis heute).

Heute sind Sprache, Kultur und ein gewisses Minderheitenschulwesen garantiert.

  • Mehr als kulturelle Autonomie haben die Saami nicht erreicht.
  • Politische Selbstbestimmung fehlt, saamische Sprachen sind laut OECD durch Assimilation und Abwanderung gefährdet.
3.2 Urbevölkerung Skandinaviens    

Die Vorfahren der Urbevölkerung Skandinaviens kamen etwa vor 10 000 Jahren an den Polarkreis. Schriftlich erwähnt wird 98 n. Chr. von Tacitus ein Volk, das mit Pfeilen aus Tierknochen jagt, in Tierhäute gehüllt lebt und auf blanken Boden schläft.

Zur Zeit der Wikinger berichtet Ottar 890 in einem Schreiben an König Alfred von England von einem Reichtum, den er den Saami verdankt. Als Steuer erhielt er Bärenfelle, Vogeldaunen und Renterhäute.

3.3 Rentierzucht    

Als Hirschart ist das Rentier in Nordeuropa und Kanda verbreitet. Die nomadisierenden Saami nützten es als Zug- und Packtier.

  • Zur Zeit des blühenden Bergbaues im 17. und 18. Jahrhunderts wueren die Saami gezwungen, die Rentiere vor die Erzschlitten zu spannen.
  • 1880 wurde das letzte wilde Ren in Nordschweden geschossen.
  • Heute ist die Rentierzucht ein Faktor der Industrie geworden(Fleischverarbeitung). Die riesigen werden mit Hubschraubern und Motorschlitten getrieben.
  • "Renskiljining"(Rentierscheide) wird das Verfahren benannt, bei dem die Tier auf eine runde Koppel getrieben werden, an die einzelne Gehege angeschlossen sind. So werden kleine Tiergruppen gebildet.
3.4 Leben, Sprachkultur und Bildung der Saami    

3.4.1 Samisches Leben    

Auf den alten Pfaden ziehen die Herden in der Tundra immer noch über die Landesgrenzen von Norwegen, Schweden, Finnland und Russland/Halbinsel Kola. "Sapmi" nennen die Saamen ihr benütztes Land mit dem heimischen Siedlungsgebiet.

Einige Zehntausende sind es, viele sind inzwischen sesshaft geworden.

Erschwerend für ein traditionelles Leben der Saami ist der inzwischen vorhandene Massentourismus in Nordeuropa mit Auto, Bussen und Flugzeugen.

1637 wurde die erste umfassende Monographie über das Gebiet von Johannes Schefferus lateinisch in seinem Werk "Lapponia" geschrieben. In 35 Kapiteln beschreibt der Gelehrte aus Straßburg die verschiedenen Aspekte des Lebens der Saami(damals bezeichnet als "Lappen").

Bedeutend ist Jokkmokk als Ort seit 400 Jahren als Handelsplatz der Saami.

  • Hier wurden mit Kaufleuten von der Küste und Handelsreisenden Tauschgeschäfte durchgeführt.
  • Das ist bis heute.
  • Am samischen Nationalfeiertag am 6. Februar erwacht der Ort zu einem Treffpunkt aus allen Teilen von Sapmi, heute auch mit Touristentrubel.
Über die Strukturförderprogramme der Europäischen Union flossen etwa zwischen 2000 und 2006 27 Millionen Euro nach Nordeuropa. Damit konnten samische Wirtschaftszweige und die überregionale Zusammenarbeit im gesamten Gebiet unterstützt werden.

3.4.2 Samische Sprachkultur    

Im Bereich samischer Sprachkultur wurde 2003 Samisch offiziell als Minderheitensprache anerkannt.

  • Der Europarat rügte Schweden wegen der mangelhaften Förderung des Samischen, sprechen doch nur rund 50 Prozent der Saami ihre Muttersprache.
  • Samisch gehört zur finno-ugrischen Sprachfamilie und ist in die drei Hauptdialekte Nord-, Lule- und Südsamisch eingeteilt. Au der Halbinsel Kola gilt Kola-Samisch als Umgangssprache.
3.4.3 Samische Bildung    

1980 erhielten die Saamen das Recht, Bildung und Ausbildung selbst zu steuern.

  • Seit 1989 gibt es in Kautokeino in Norwegen eine samische Hochschule mit Studierenden aus allen Teilen Sapmis.
  • In sechs Orten Schwedens gibt es samische Kindergärten(samische Früherziehung mit samischer Lebensweise).
3.4 Politische Vertretung einer Minderheit    

Als Halbnomaden gibt es kein Bedürfnis nach privatem Besitz.

  • Daher gibt es auch keine Forderung nach einem eigenen Staat mit nationalen Grenzen.
  • Eingefordert werden über Jahrhunderte abgesprochene Rechte.
  • Missionare trieben den Saamen ihren Naturglauben aus. Siedler aus dem Süden machten ihnen den Lebensraum streitig. Heute gibt es den Konflikt mit den Grund- und Waldbesitzern über die Weideflächen für die ihre Rentiere.
Für die samische Kultur begann erst sich ein Interesse zu bilden, als die Saamen für ihre politischen Rechte zu kämpfen begannen

  • 1956 wurde der nordische Saami-Rat gegründet, eine grenzüberschreitende Interessensvertretung.
  • 1973 bekamen die Saami eine eigene Volksvertretung in Finnland, 1989 in Norwegen und 1993 in Schweden.
  • Der schwedische "Sameting" als samisches Parlament hat beratende Funktion und ist dem Reichstag in Stockholm unterstellt, hat damit keine legislative Funktion.
    • In Schweden werden alle vier Jahre am dritten Sonntag im Mai 31 Abgeordnete gewählt.
    • Wahlberechtigt sind Einwohner mit nachzuweisenden samischen Wurzeln und aktivem samischen Sprachgebrauch.
4 Zuwanderung und Integration    

Mit der Zuwanderung und den Bemühungen um eine Integration der in Schweden genannten "Einwanderer" wird das Bild des Landes verändert. Wenn man so will, spricht man heute von einem neuen Schweden. Gut zwölf Prozent der Bevölkerung sind im Ausland geboren oder haben Eltern,. die eingewandert sind(vgl. BÜHRIG-BUDDE 2008, 195-217)

Verfolgt man die Geschichte des Landes, so gab es von je her Epochen einer Einwanderung(siehe Kap. 1).

  • Wachsende Zahlen weckten immer Ängste, weil man Benachteiligungen fürchtete.
  • In der Epoche der letzten Jahrzehnte holte man sich zur Erschließung des Landes "Einwanderer" und sie kamen als Asylanten und Flüchtlinge.

In diesem Kontext sind auch '"Auswanderer" zu sehen. Zwischen 1850 und 1930 in den "Hungerjahren" sind rund 1,2 Millionen Schweden in Richtung Amerika ausgewandert. Chicago etwa brachte es am Ende des 19. Jahrhunderts auf mehr schwedische Einwanderer als Göteborg an Einwohnern.


4.1 Einwanderungswellen    

1910 waren 0,4 Prozent der Bevölkerung als ausländische Einwohner registriert.

Mit der Einführung des Aslyrechts 1914 wurde mit der Machtergreifung in Deutschland 1933 das Gesetz auf die Probe gestellt.

Eine überwiegend ablehnende Haltung der Schweden in den Jahren um 1930 in Verbindung mit de Weltwirtschaftskrise ergab eine politische Linie eines protektionistischen Schutzes des Arbeitsmarktes.

1941 übernahm Schweden Zehntausende Kinder aus Finnland auf, in den letzten Kriegsjahren retteten sich mehr als 30 000 Balten über die Ostsee nach Schweden.

In den Nachkriegsjahren nahm Schweden großzügig als Industrieland Italiener, Jugoslawen und Griechen als Arbeitskräfte auf.

  • Die Statistik registriert vier Prozent Wirtschaftswachstum zwischen 1946 und 1975 im Durchschnitt.
  • Mitte der sechziger Jahre hatten die ausländischen Arbeitskräfte die gleichen Rechte bei der Ausbildung und im Gesundheitswesen.
  • Ebenso erhielten sie 1975 bei mindestens drei Jahren Aufenthalt im Lande das kommunale Wahlrecht.
Im gleichen Jahr wurde eine neue Einwanderungspolitik begründet.

  • Gleichberechtigung, Wahlfreiheit und Mitwirkung waren die drei Ziele.
  • Zugewanderte sollten gleiche Rechte und Pflichten erhalten, in gesellschaftlichen Fragen sollte kooperiert und eine schwedische Identität erworben werden.
  • Die ursprüngliche Kultur sollte nicht aufgegeben und der Kontakt zur Heimat nicht abgebrochen werden.
  • Ab den siebziger Jahren starteten Sendungen im Schwedischen Rundfunk zunächst auf Türkisch, heute strahlt das sechste Programm "SR International" in mehr als einem Dutzend Sprachen Sendungen aus.
  • Die Empörung über Verfolgung, Unterdrückung und Gewaltherrschaft machten das neutrale Schweden zum Fluchtpunkt für Regimekritiker und Verfolgte(vgl. die Brennpunkte der damaligen Zeit in Vietnam, Südafrika und Chile, in der Folge Iraner, Iraker, Kurden und Palästinenser).
2001 trat das Land dem Schengen-Abkommen bei, 2002 wurde das Asylrecht überarbeitet.

  • Die Anerkennungsrate reduzierte sich in den letzten 15 Jahren von 60 auf 15 Prozent.
  • Asylbewerber müssen in der Wartezeit bis zu zwei Jahren auf einen Bescheid Sprach- und Fortbildungskurse besuchen, ab vier Monate Wartezeit dürfen sie arbeiten.
Politische Ausländerfeindlichkeit ab 1991 kennzeichnete die Gründung der rechtspopulistischen Partei "Ny Demokrati"(Neue Demokratie).

  • Bei der Reichstagswahl 1991 errangen sie 6,7 Prozent der Stimmen.
  • Mit dem Brand 1993 der Moschee von Trollhättan kamen Erinnerungen an die Bilder von Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Solingen und Mölln auf.
4.2 Integrationspolitik    

Im Wahljahr 1994 wurde die Ny Demokrati-Partei abgewählt und in der Folge kam es zu einer sachlichen Diskurs über eine Integrationspolitik. Basis war eine Politik, die auf gleichen Rechten und Pflichten für Einheimische und Zugewanderte beruht.

Interkulturalität wurde ein Grundsatz festgelegt, das Beherrschen der schwedischen Sprache ist unabdingbar.

  • Es gibt das Recht für alle Zugewanderten auf kostenlose Sprachkurse während der Arbeitszeit.
  • Kritik wurde laut, weil viele Zugewanderte von den Arbeitsämtern in immer neue Integrations- und Sprachkurse vermittelt wurden, um lästige Sozialfälle aus der Statistik löschen zu können.
In den siebziger Jahren wurde der Muttersprachenkurs eingeführt.

  • In der Schule sollte die Sprache von zu Hause gepflegt werden. Einmal in der Woche bekommen Lernende in der Grundschule 45 Minuten Unterricht maximal sieben Jahr lang die Sprache ihrer Eltern vermittelt.
  • Verhindert werden soll der Umstand, wer keine Sprache richtig beherrscht, hat eher verstärkt Identitäts- und Anpassungsprobleme.
Gesetzlich wurde Rassismus und Diskriminierung verboten.

  • Ausgangspunkt ist die Situation, dass der "Andere" sich ändern soll. Das Schwedische ist die Norm und das Ziel.
  • 1986 wurde daher ein Gesetz gegen die Diskriminierung am Arbeitsplatz erlassen, in der Folge ein "Ombudsmannn gegen ethnische Diskriminierung" eingeführt.
  • Integration, so die schwedische Strategie, läuft über Arbeit und Sprache.
  • Fehlentwicklungen ergeben sich aus der Konzentration und Isolation, vor allem in großstädtischen Stadtteilen. Ein Wohnbauprogramm 1964 sollte in den nächsten zehn Jahren eine Million Wohnungen neu schaffen.
  • Allerdings erwies es sich, dass die Segregation bei der Schlechterbehandlung von Einwanderern bei Wohnbaugenossenschaften, Maklern und Bankangestellten vorkommt.
Wesentlich ist der Faktor Bildung.

  • Erfolgreiche Schulen in Schweden praktizieren Bildungsmodelle mit spezifischen Betreuungsmodellen mit Bezugspersonen(Mentorentätigkeit).
  • Beratung, Betreuung und Unterstützung der Lernenden und Eltern gehören zum Aufgabenbereich.
  • Zusätzlich je nach kommunaler Finanzkraft bieten die Schulen ausreichend Räumlichkeiten für die verschiedensten Bereiche(etwa Freizeitanlagen, IT-Aktivitäten, Bibliothek).
5 Richtungswahl 2018    

Rund 7,5 Millionen Wahlberechtigte konnten bis Sonntag, 9.9.2018, ihre Stimme abgeben.

  • Die Wahlbeteiligung ist traditionell hoch.
  • Das liegt an den Alternativen. Briefwahl und Wahlstuben, bereits 18 Tage vor der Wahl geöffnet, ermöglichen eine Stimmabgabe. Die Gemeinden entscheiden über die Öffnungszeiten. In Stockholm etwa kann man in allen Stadtteil-Bibliotheken zwischen 11 bis 18/19 Uhr wählen, ebenso in Einkaufspassagen und einigen Krankenhäusern.
Von Bedeutung war für die Wahlentscheidung die politische Lenkung über Jahrzehnte durch die Sozialdemokratie(vgl. ANWAR 2018, 6). Neoliberale Politik, Steuersenkungen, eine mangelhafte Gleichstellung sozialer Schichten und Vernachlässigung der Gewerkschaftsmitglieder als Wählerschaft brachten eine Stimmenverschiebung.

  • Von 1930 bis 1980 verringerten sich die Lohnunterschiede. Seit 2000 sind sie auf dem Niveau der vierziger Jahre. Ein halbes Jahrhundert Lohngerechtigkeit ist damit verloren gegangen.
  • Zudem kam es zu einer härteren Gangart in der Einwanderungspolitik und Kriminalität. Es gab keinen Unterschied zum bürgerlichen Block und den Schwedendemokraten.
  • Der Abbau des Wohlfahrtssystems und eine Privatisierung von Schulen und im Gesundheitswesen wurde von der rot-grünen Regierung nicht rückgängig gemacht.
  • Schweden hat das schlechteste Pensionssystem Skandinaviens, längere Arbeit ist notwendig. Altersarmut und Wohnungsmangel sind verbreitet.
  • Die Altenpflege funktioniert nicht, die Wartezeiten für Kranke sind zu lange.
  • Die Einkommensverteilung weist große Unterschiede auf.
OECD-Zahlen zeigen, dass der Beschäftigungsgrad von im Ausland Geborenen ein Stück über dem EU-Durchschnitt liegt.

  • Die Kosten für die Einwanderung 2018 liegen nach jüngsten Berechnungen auf 40 Mrd. Kronen(4,1 Mrd. €). Das sind 0,9 Prozent des schwedischen Nationaleinkommens.
  • Von der Steuer versteckte Vermögen im Ausland werden auf rund 500 Mrd. Kronen(51,6 Mrd. €) geschätzt.
  • Einwanderung kostet viel weniger als Steuerbetrug(vgl. die fehlende Debatte darüber im Wahlkampf).

IT-Hinweis

https://www.orf.at/stories/3033182/ > Misstrauen gegen Regierung (25.9.2018)

https://www.orf.at/stories/3108153/ > Regierungskrise beendet (18.1.2019)

6 Basisdaten des Landes 2007    

Fläche:ca. 450 000 km2
Einwohner:9 Millionen - 21 Einwohner pro km2
Staatsform:konstitutionelle Monarchie
Parlament:Einkammerparlament, 349 Abgeordnete
Gliederung:21 Regionen, 290 Gemeinden
Hauptstadt:Stockholm
Nationalfeiertag:6. Juni
Religion:84 Prozent evangelisch-lutherisch
Amtssprache:Schwedisch
Minderheitensprachen:Samisch, Finnisch, Tornedalsfinnisch, Romani und Jiddisch
Maximale Nord-Südausdehnung:1574 km
Höchster Berg:Kebnekaise 2111 m
Größter See:Vänern-See 5585 km2
Währung:1 Krone - 100 Öre, 1 Euro - 9,3 Kronen
Exportgüter:Holzerzeugnisse, Papier, Karton, chemische Erzeugnisse, Eisenerz/Stahl, PKW, LKW, Maschinen, Elektro- und IT-Ausrüstung, Design und Musik
Importgüter:Öl, Maschinen, Bekleidung, Obst
Kinder je Frau:1,7
Gewerkschaftsmitgliedschaft:ca. 80 Prozent
Steuerbelastung:51 Prozent

Quelle: Bührig-Budde 2008, 221

Literaturverzeichnis    

Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/oder direkt zitiert werden.


Anwar A.(2018): Richtungswahl in Schweden, in: Salzburger Nachrichten vom 10.9.2018, 6

Bührig A.-Budde A.(2008): Schweden. Eine Nachbarschaftskunde, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 708, Bonn

Findeisen J.-P.(2003): Schweden. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Regensburg

Weber M.(2001): Schweden und die Europäische Union: Europadebatte und Legitimität, Baden-Baden

IT-Autorenbeiträge    

Die Autorenbeiträge dienen der Ergänzung der Thematik.


Netzwerk gegen Gewalt

http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index:

Politische Bildung

Interkulturelle Kompetenz

Globales Lernen

Europa als Lernfeld

Zum Autor    

APS-Lehramt- VS, HS und PL(1970, 1975, 1976); zertifizierter Schüler-und Schulentwickungsberater(1975 bzw. 1999), Lehrbeauftragter am PI des Landes Tirol/ Berufsorientierung(1990-2002), Mitglied der Lehramtsprüfungskommission für die APS beim Landesschulrat für Tirol(1993-2002)

Absolvent des Instituts für Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/Doktorat?(1985), des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg-Klagenfurt/MSc(2008), der Weiterbildungsakademie Österreich/Wien/Diplome(2010), des 6. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/Diplom(2012), des 4. Internen Lehrgangs für Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg/Zertifizierung(2016), des Online-Kurses "Digitale Werkzeuge für Erwachsenenbildner_innen"/ TU Graz-CONEDU-Werde Digital at.-Bundesministerium für Bildung/ Zertifizierung(2017), des Fernstudiums Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium - Comenius Institut Münster/Zertifizierung(2018)

Lehrbeauftragter am Institut für Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft/ Universität Wien/Berufspädagogik-Vorberufliche Bildung(1990/1991-2010/2011), am Fachbereich Geschichte/ Universität Salzburg/Lehramt-Didaktik der Politischen Bildung(2015/2016, 2017/2018)

Kursleiter an den VHSn des Landes Salzburg Zell/See, Saalfelden und Stadt Salzburg(ab 2012), stv.Leiter im "Evangelischen Bildungswerk in Tirol"(2004-2009, 2017-2019)

Aufnahme in die Liste der sachverständigen Personen für den Nationalen Qualifikationsrahmen/NQR/ Koordinierungsstelle für den NQR/Wien(2016)


MAIL dichatschek (AT) kitz.net

 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am 28. September 2020