Netzwerk Gegen Gewalt - Ein Offenes WikiWeb - Jeder kann sich beteiligen!

Medienkompetenz

Grundwissen Medienkompetenz    

Historisch-theoretische Aspekte, Mediensozialisation und aktuelle Herausforderungen im Kontext Politischer Bildung    

Günther Dichatschek

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Grundwissen Medienkompetenz   
Historisch-theoretische Aspekte, Mediensozialisation und aktuelle Herausforderungen im Kontext Politischer Bildung   
Danksagung   
Einführung   
1 Historisch - theoretische Aspekte   
1.1 Wandel der Techniken   
1.1.1 Schrift - Buchdruck   
1.1.2 Online Datenspeicherung   
1.2 Zusammenhängende Aspekte   
1.2.1 Medienbildung   
1.2.2 Digitalisierung   
1.3 Zur Entwicklung von Medienkompetenz   
1.3.1 Paradigmenwechsel   
1.3.2 Medienpädagogik   
1.3.3 Medienkompetenz   
1.3.3.1 Medienkritik   
1.3.3.2 Medienkunde   
1.3.3.3 Mediennutzung   
1.3.3.4 Mediengestaltung   
1.3.3.5 Aufgabenfelder zur Medienkompetenzförderung   
1.3.4 Überblick über Medienkompetenzmodelle   
1.4 Politische Bildung als Bestandteil der Medienkompetenz   
1.4.1 Beutelsbacher Konsens   
1.4.2 Online-Netzwerke?   
1.4.2.1 Medienkompetenz   
1.4.2.2 Medienbildung   
1.4.3 Potenziale von Bildungsprozessen   
1.5 Lernen und Bildung   
1.5.1 Politische Bildung   
1.5.2 Medienkompetenz - Medienbildung   
2 Kontext zur Mediensozialisation   
2.1 Familie   
2.2 Kindertagesstätten   
2.2.1 Aufgaben früher Medienbildung   
2.2.2 Schwerpunkte   
2.3 Schule   
2.3.1 Digitale Welt   
2.3.2 Kompetenzen in Schulfächern   
2.3.3 Schulisches Potential   
2.3.4 Fachdidaktik   
2.3.5 Medienbereich Politische Bildung   
2.4 Jugendarbeit   
2.4.1 Psychosoziale Entwicklung   
2.4.2 Digitale Medien als Sozialraum   
3 Aktuelle Herausforderungen   
3.1 Journalismus   
3.2 Fake News, Missinformation und Desinformation   
3.2.1 Ansätze der EU   
3.2.2 Ansätze der Medienkompetenz   
3.3 Gesellschaftlicher Zusammenhalt   
Literaturverzeichnis   
Dokumentation Ausbildung   
Dokumentation Online-Weiterbildung?   
Zum Autor   

Danksagung    

Für die technische Hilfestellung bei der Manuskripterstellung danke ich Helmut Leitner.

Zu danken habe ich der Autorenbetreuung des Verlages für die jahrelange reibungslose Zusammenarbeit.

Einführung    

Medien spielen aktuell eine zentrale Rolle im Alltag über alle sozialen Schichten und Generationen hinweg. Angesprochen sind traditionelle und digitale Medien.

Verändert haben sich Kommunikationsverläufe, die Kanäle zur Information und die Art und Weise der Interaktion.

Einen Wandel durch die Digitalisierung haben etwa der Schulalltag, die Lehr- und Studienjahre und der Berufsalltag erfahren. Themen werden diskutiert, Vernetzungen finden statt und die Flut der Informationen benötigt eine Medienkompetenz. Notwendig ist eine Unterscheidung von wichtigen und falschen Informationen sowie Hintergründen und Interessen.

Dieter Baacke (1996/2007) etablierte den Begriff "Medienkompetenz". Sein Kompetenzmodell beinhaltet Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung.

Durch die Digitalisierung differenzierten sich neu entstandene Aspekte. Herausforderungen ergeben sich demnach für die Politik, Familien und Bildungsbereiche mit der jeweiligen Mediennutzung ihrer Verantwortung.

Medienkompetenz ist ein Faktor gesellschaftlicher Teilhabe und den Zusammenhalt in einer Demokratie. Ein Großteil der Kommunikation läuft über Informationsdienste und Social Media ab.

Ausgangspunkte der Studie sind

  • die Absolvierung des Universitätslehrganges Politische Bildung,
  • die Absolvierung des Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz,
  • die langjährige Tätigkeit im Pressewesen,
  • das Publizieren in Verbindung mit der Möglichkeit in Netzwerkarbeit verstärkte das Interesse an der Medienarbeit > http://www.netzwerkgegengewalt.org/wiki.cgi?Medienarbeit (24.8.2023).
  • Zusätzlich sind hilfreich die Fachliteratur und Online-Seminare? zur Weiterbildung von CONEDU/ BMBWF (2023).
Die Gliederung der Studie ergibt sich aus einem persönlichen Interesse im Kontext Politischer Bildung und biographischen Elementen.

1 Historisch - theoretische Aspekte    

Die Diskussion in der Antike, in dem über zweitausend Jahr alten platonischen Dialog zwischen Sokrates und einem seiner Freunde Phaidros in einem fiktiven Dialog, zeigt die Kontroversität von Medien. In der damals neuen Alphabetschrift sei es möglich, Reden von Philosophen aufzuschreiben und zu bewahren.

Sokrates war wenig angetan von dieser Möglichkeit, vielmehr wird von dieser Kunst eine Vernachlässigung der Erinnerung geschaffen. Die Abneigung gegen Schrift zeigt sich auch im Fehlen von Originaltexten von Sokrates.

1.1 Wandel der Techniken    

Der Wandel medialer Techniken erzeugt bis heute Skepsis, bis das Neue selbstverständlich wird und auch die Struktur der Gesellschaft bestimmt.

1.1.1 Schrift - Buchdruck    

In der Folge hat die Schrift und später der Buchdruck über Jahrhunderte eine typische "Textform" erhalten. Marshall Mc LUHAN (1911-1980) beschrieb dies in "The Gutenberg Galaxy" (1962). Man denke nur an die großen Bibliotheken mit der Sammlung von Wissen der jeweiligen Zeit (Stift Admont als größte Klosterbibliothek der Welt).

1.1.2 Online Datenspeicherung    

Inzwischen endet langsam die Gutenberg-Galaxis?, digital erfasste Daten in Online-Datenspeichern? halten nun Wissen und Daten virtuell fest. Damit fehlen sinnlich erfahrbare Bücher.

Der Wandel ist von einem dreiteiligen Prozess gekennzeichnet: Ablehnung - Annährung - Akzeptanz der Technologie. Es zeigt sich am Beispiel Schrift - Bücher - Presse und heute am Beispiel Radio-TV? - kommerzielles TV - digitale Medienformen.

Medien wie Bücher, Filme, TV und soziale Medien sind nicht nur mit technischen Funktionen verbunden, sie erfüllen Funktionen der Kommunikation und sind in ein soziales Umfeld und kulturelle Praktiken eingebunden (vgl. izpb 355 2/2023, 4-5).

1.2 Zusammenhängende Aspekte    

An den miteinander verbundenen Merkmalen zeigt sich nicht nur die technische Handhabung, pädagogische Herausforderung von Bildung mit, über und durch Medien in individueller - kollektiver bzw. selbstbestimmter - fremdbestimmter Medientechnik.

1.2.1 Medienbildung    

Medienbildung meint die Auseinandersetzung mit Mediensystemen und medialer Gestaltung. Schließlich ergibt sich im Bildungsprozess durch Medien eine Mediendidaktik durch Lernvorgänge und Lernhilfen.

Diese Aspekte einer Medienkompetenz durchdringen alle Altersschichten. Niklas LUHMANN ( 1927-1998) urteilte schon vor 25 Jahren, was wir heute über die Welt wissen, verdanken wir den Massenmedien (vgl. LUHMANN 1996). Mitunter wird die Realität verzerrt und die Realität aktiv beeinflusst wie politische oder Modeausrichtungen.

1.2.2 Digitalisierung    

Mit der Digitalisierung kommt es zu intensiveren Informationsrecherchen und der Handhabung von bürokratischen Strukturen (vgl. Estland als Vorbildfunktion in der EU). Beispiellos ist die Geschwindigkeit von Kommunikationsformen.

Fake News, Filterblase oder Hatespeech, Medienkompetenz wird häufig als Mittel für gelingende Kommunikation angesehen. Jürgen HABERMAS (2022) meint in diesem Zusammenhang, wie der Buchdruck alle zu Lesenden gemacht hatte, so macht die Digitalisierung heute alle zu möglichen Autoren.

In der Folge will die Studie zeigen, welche Bedeutung heute Medienkompetenz im Kontext Politischer Bildung besitzt.

1.3 Zur Entwicklung von Medienkompetenz    

Es dauerte bis in das 20. Jahrhundert, bis die Begriffe "Kompetenz" und "Medien" in einen Kontext gesetzt wurden.

Dieter BAACKE (1934-1999) hatte den Begriff Kompetenz erstmals eingeführt. Damit war ein medienpädagogischer Wandel verbunden, zentral wird nun die Frage gestellt "Was machen die Menschen mit den Medien?", nicht "Was die Medien mit den Menschen machen?" (vgl. im Folgenden izpb 355 2/2023, 6-8).

1.3.1 Paradigmenwechsel    

Grundlagen für diesen Paradigmenwechsel waren nach dem Zweiten Weltkrieg die praktizierte "Bewahrungspädagogik" und die "Bildungstechnologie" in Deutschland. Die Besatzungsmächte verwendeten im Rahmen der "re-education" - Maßnahmen die Massenmedien Radio, Film und Fernsehen/ TV.

Vor allem die jüngere Generation sollte durch gesetzliche Maßnahmen in der Nachkriegszeit in einer Bewahrungspädagogik vor Manipulation beschützt werden.

Ab den sechziger Jahren kam es zu kritischen Äußerungen der "Frankfurter Schule" - Theodor ADORNO (1903-1969) und Max HORKHEIMER (1895-1973) - zu Massenmedien in der "Kritischen Theorie". Man warnte vor kapitalistischen Inszenierungen einer besonders modern US-geprägten Medienindustrie.

Mit dem Begriff "Kulturindustrie" bezeichnete man den Warencharakter von Kultur und ihre Vermarktung.

1.3.2 Medienpädagogik    

Eine Änderung begann langsam durch den "Sputnikschock" (künstlicher Erdsatellit - Start 4.10.1957 durch die Sowjetunion) in der "bildungstechnologischen Medienpädagogik".

Die Kritik am Bildungswesen forderte Grundlagen für eine ökonomische Wettbewerbsfähigkeit und qualitätvolle Ausbildungen. Radio und TV in ihrer zunehmenden Bedeutung sollten die Zielvorgabe erreichen.

Eingeführt wurde auch schulisch die Nutzung des TV.

  • 1961 wurde in Hamburg erstmals Schulfernsehen probeweise, 1964 in Bayern, in NRW 1969 regelmäßig durchgeführt, flächendeckend wurde in Deutschland 1972 Schulfernsehen angeboten.
  • Österreich begann 1964 mit dem Schulfernsehen und stellte es 1990 ein.
  • Zu den komplexen Nutzungsbedingungen gehörten neben dem Anspruch an die Zielgruppe auch ein didaktisches Grundverständnis.
1.3.3 Medienkompetenz    

1973 legte Dieter BAACKE (Germanist und Theologe) mit seinem Werk "Kommunikation und Kompetenz" den Grundstein für eine Medienkompetenz in einer Verknüpfung des Themas Medien mit dem Fach Pädagogik. Menschen sollten in der Lage sein, aktiv und und sicher Medien zu nützen mit einer Erweiterung der Kommunikation.

Nicht als etwas Zerstörendes im Sinne der "Frankfurter Schule" sollten Medien betrachtet werden.

"Individualmedien" wie Tonbänder und Videokameras sind kommunikative Medien, mit denen Menschen sich aktiv in der Welt bewegen.

In den siebziger Jahren beginnen die Rezipienten/innen Medien und ihre Inhalte nach eigenen Motiven, Interessen und Einstellungen auszusuchen.

Bis es zu einer Medienkompetenz kommt, dauert es allerdings bis in die neunziger Jahre (vgl. im Folgenden izpb 355/2023, 9-10).

Es kommt zu einer Herausforderung mit verstärkter Auseinandersetzung um die Nutzung von Medien im privaten und gesellschaftlichen Leben sowie die Begrifflichkeit von Medienkompetenz.

In der zunehmenden Kommerzialisierung im Medienbereich mit privaten Fernsehkanälen und Anforderungen an eine Wissens- und Informationsgesellschaft sowie schließlich der Entwicklung zur "Mediengesellschaft" mit der zunehmenden Bedeutung technologischer Medien bekommt die Medienkompetenz eigene "Dimensionen" wie Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung.

Die Entwicklung des Konzepts fällt in die Phase, in der der Computer als Basistechnologie einer Digitalisierung aufkommt. Dies betrifft den rasanten Anstieg der PC-Ausstattung? (stationär und mobil) im privaten Bereich.

Hier wird der Computer ein bildungspolitischer Begriff. In den Bildungsbereichen werden wichtige Aufgaben beschrieben, Medienkompetenz wird inhaltlich schwerpunktmäßig auf die Digitalisierung ausgerichtet und kontrovers im Rahmen zukunftsorientierter Bildungsherausforderung diskutiert.

Zahlreiche Studien betonen zunehmend die hohe Bedeutung von Mediensozialisation bei der Aneignung von Technologien durch die soziale Herkunft und die Bedingungen des Heranwachsens.

Medienkompetenzmodell von Dieter Baacke

Medienkompetenz
Vermittlung Zielorientierung
MedienkritikMedienkundeMediennutzungMediengestaltung
- analytisch
- reflexiv
- ethisch
- informativ
- instrumentell-
qualifikatorisch
- rezeptiv-anwenden
- interaktiv-anbieten
- kreativ
- innovativ

Quelle:

izpb 355 2/2023, 10

1.3.3.1 Medienkritik    

In der analytischen Dimension werden die gesellschaftlichen Prozesse gedanklich erfasst und gegliedert. Zentral werden Gründe, Zusammenhänge bzw. Abhängigkeiten und Motive erfasst. Gefragt wird das "Warum". Das Beispiel "Wissen" weist etwa auf die Medienentwicklung, Strukturen und Zusammenhänge in ihrer Differenzierung hin.

Die reflexive Dimension betrifft sich selbst und das eigene/ persönliche Handeln analytisch zu erfassen und damit differenziert zu betrachten ( vgl. die Bedeutung von Reflexion in den persönlichen Lernprozessen/ Politische Bildung).

Die ethische Dimension betrifft den verantwortungsvollen und sozialen Umgang mit Medien. Es geht etwa im persönlichen Bereich um den altersgemäßen Gebrauch von Medieninhalten oder angemessene Aussagen in Netzwerken.

Zudem geht es um die Kompetenz Werturteile über Medien und ihre Inhalte fällen zu können.

1.3.3.2 Medienkunde    

Hier wird das Wissen über heutige Medien und ihre Systeme erfasst. Differenziert wird der Bereich informativ/ Medien und ihre Inhalte und instrumentell-qualifikatorisch/ Gerätebedienung und Verwendung gesehen.

1.3.3.3 Mediennutzung    

Hier bezieht man sich auf das Medienhandeln rezeptiv-anwendbar und interaktiv-anbietend. Wie verarbeitet man das Gesehene/ Rezeptionskompetenz. Interaktiv meint einen auffordernden Aspekt.

1.3.3.4 Mediengestaltung    

Hier wird die kreative und ästhetische Komponente angesprochen. Veränderungen und Weiterentwicklung im Mediensystem werden von Interesse.

1.3.3.5 Aufgabenfelder zur Medienkompetenzförderung    

Auswählen und Nutzen von Medienangeboten

Gestalten und Verbreiten eigener Medienbeiträge

Verstehen und Bewerten von Mediengestaltung

Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinflüssen

Durchsicht und Beurteilung von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung

Quelle:

Gerhard Tulodziecki (1997): Medien in Erziehung und Bildung, Bad Heilbrunn

1.3.4 Überblick über Medienkompetenzmodelle    

Die folgende Übersicht zeigt Weiterentwicklungen des Medienkompetenzbegriffs durch Bernd Schorb (1997), Stefan Aufenanger (1997), Heinz Moser (2000) und Norbert Groeben (2002).

Bernd Schorb (1997)Stefan Aufenanger (1997)Heinz Moser (2000)Norbert Groeben (2002)
Orientierungs- und StrukturwissenKognitive DimensionTechnische Kompetenzen-Handhabung?Medienwissen/ Medialitätsbewusstsein
Kritische ReflexivitätMoralische DimensionReflexive Kompetenzen-gesellschaftliche FunktionMedienbezogene Kritikfähigkeit
Handlungsfähigkeit und FertigkeitHandlungsdefinitionKulturelle Kompetenzen-Codes? der MedienSelektion/ Kombination von Mediennutzung
Soziale und kreative InteraktionSoziale DimensionSoziale Kompetenzen-Kommunikationsmuster?Medienspezifische Rezeptionsmuster
 Affektive Dimension Medienbezogene Genussfähigkeit

Quelle:

izpb 355 2/2023, 12

1.4 Politische Bildung als Bestandteil der Medienkompetenz    

Die vorgestellten Medienkompetenzmodelle weisen auf die Bedeutung einer Bewertung von Medien und Inhalten hin.

Politische Bildung als Bestandteil einer Medienkompetenz setzt sich aus Wahrnehmen, Verstehen und Entschlüsseln (Dekodieren) von Mediensprache und und Medieninhalten zusammen.

1.4.1 Beutelsbacher Konsens    

Der "Beutelsbacher Konsens" 1976 > https://www.bpb.de/die-bpb/ueber-uns/auftrag/51310/beutelsbacher-konsens/ (8.10.2023) gilt natürlich für ein Abschätzen der Konsequenzen von Medien und Medienhalten. Gefordert sind alle Bildungsbereiche, besonders wird im Folgenden auf den Sekundarbereich, den tertiären und quartären Bereich eingegangen.

Gesellschaftliche Veränderungen und mediale Darstellungen sollen erkannt werden. Exemplarisch sind hier rassistische und/ oder stereotypische Darstellungen in Kinder- und Jugendbüchern und geschlechterstereotypische Rollenbilder wie veraltete Hausfrauenbilder zu erwähnen.

Wesentlich ist der Prozess einer Entwicklung zur Medienkritik im Kontext der Politischen Bildung als einer des "lebensbegleitenden Lernens" angesehen wird.

  • Damit ist neben einer Ausbildung ("fundamentum") Fort- und Weiterbildung ("addidivum") in pädagogischer Verantwortung.
  • Eigenes Denken anregend zu betreiben, zu fördern und zu unterstützen ist auf allen Altersstufen bei der rasanten Entwicklung digitaler Medien wünschenswert.
1.4.2 Online-Netzwerke?    

Beispiele für ein soziales und mediales Phänomen sind aktuell die populären Online-Netzwerke? (Social Network Sites/ SNS) wie Instagram oder Tiktok (alternativ Pixlfeld oder Signal) mit ihrer vielfältigen Nutzung wie Kontakten, Informationen, Erkundungen und Teilhabe an einer Community.

1.4.2.1 Medienkompetenz    

Im Kontext zur Medienkompetenz ergibt sich die Frage nach den Fähigkeiten und Kenntnissen von Nutzenden und einer gegenwärtigen Mediengesellschaft.

  • Medienkritik - problematische Aspekte für den einzelnen und die Gesamtgesellschaft
  • Medienkunde - Wissen über die Plattformen/Geschäftsmodelle-Entstehungsgeschichte
  • Mediennutzung und Mediengestaltung - Fähigkeiten und Fertigkeiten für Inhalte/ Diskussionen eigener Beiträge
1.4.2.2 Medienbildung    

Im Kontext einer Medienbildung sind Bildungsprozesse und Bildungspotenziale im Zentrum der Betrachtung.

  • Bildung als Veränderung des Selbst- und Weltbildes
  • Verhältnis zum Anderen und Vorgaben der Gesellschaft
  • Interaktionen - Lernprozesse/ Erfahrungen
  • Reflexionen - Orientierungen im Wissen-Handeln-Grenzen-Biografie?
Begriffe der Medienbildung

Struktur - Veränderung des Selbst- und Weltbildes

Medialität - wechselseitiger Prozess

Artikulation - Reflexivität

Orientierung - offen-unbestimmt

Quelle:

izpb 355/ 2023, 19

1.4.3 Potenziale von Bildungsprozessen    

Besondere Potentiale (Möglichkeiten) für Bildungsprozesse und Politische Bildung liegen in der Begegnung mit dem "Anderen" (Fremden) und der verschiedenen Sichtweisen (Interkulturelle Bildung).

Bedeutend werden Sprachen, Kulturen, Religionen und Biografien (vgl. den Kontext zur "Interkulturellen Kompetenz").

  • Potenzial der Reflexion - Begegnungen mit anderen Sichtweisen bilden den Ausgangspunkt für Reflexion (persönliche Betrachtung) wie Ausbildungen, Erfahrungen mit Krisen und Problembereichen
  • Potenzial der Flexibilisierung - Veränderung, Weiterentwicklung und Differenzierung
  • Potenzial der Dezentrierung - weitere begründete Sichtweisen aus regionalen oder soziokulturellen Unterschieden
Gelingende Bildungsprozesse benötigen Impulse ("Auslöser") und Motivationen (extrinsische bzw. intrinsische) für Unbekanntes.

In der Politischen und Interkulturellen Bildung bei Bildungsprozessen einer Vereinfachung komplexer Inhalte werden simple bzw. exemplarische Antworten gegeben (vgl. "exemplarisches Lernen").

1.5 Lernen und Bildung    

Der besondere Faktor von "Bildung" verdeutlicht sich in der Abgrenzung zu "Lernen".

  • Wer etwas Neues erfährt und neue Erfahrungen macht und in sein bisheriges Wissen und seine Sichtweise einfügt lernt. Lernen führt in einem Prozess zu einer quantitativen Zunahme von Wissen.
  • Bildung ist dagegen der Prozess, das Wissen in seine bisherige Sichtweise einzubauen und qualitativ eine Veränderung herbeizuführen.
Beispielhaft zeigt sich dies in der Auseinandersetzung mit Neuem, das nicht einfach in das bestehende Wissen eingefügt werden kann, eine Veränderung aber notwendig macht.

1.5.1 Politische Bildung    

In dem Begriff "Politischen Bildung" wird der Schwerpunkt auf Bildung gesetzt, weil in der Themenbreite bisherige Sichtweisen Veränderungen und Weiterentwicklungen notwendig machen (vgl. beispielhaft Themen wie Politik, Gesellschaft, Medien, Nachhaltigkeit, Umwelt, Ernährung, Gesundheit, Konflikte, Frieden und Klima).

1.5.2 Medienkompetenz - Medienbildung    

Im Begriff "Medienkompetenz" und "Medienbildung" werden unterschiedliche Sichtweisen zur Medienrealität angeführt (vgl. technologische Entwicklungen und Bedeutung der Medien in der Gesellschaft).

  • Medienkompetenz - Ansatz der Lerntheorie > Pädagogik (Handlungsmöglichkeiten)
  • Medienbildung - Ansatz der Bildungstheorie > Gesellschaft (Konsequenzen)
2 Kontext zur Mediensozialisation    

Sozialisationskontexte wie die Familie, Jugendtagesstätten, Schule und Jugendarbeit beeinflussen bzw. fördern die Medienkompetenz und die Lebenswelten der Akteure unterschiedlich.

2.1 Familie    

Im Familienalltag gehört die Mediennutzung zu den Selbstverständlichkeiten und beeinflusst die Familienkommunikation (vgl. izpb 355 2/2023, 22-27).

Der Kontext ergibt sich aus der gesellschaftlichen Entwicklung, die als "Mediatisierung" mit der vielfältigen Nutzung bezeichnet wird und praktisch überall zur Kommunikation mit nicht anwesenden Personen führt (Konnektivität). Sie hinterlassen auch Daten, die gesammelt und ausgewertet werden können (Datafizierung).

Studien etwa des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest 2016 (mpfs) zeigen die Folgen bei Familien in Deutschland. Oft werden die neusten Medientrends aufgenommen, aktive Kinder erschließen spielerisch ihre Umwelt, wobei die Medien attraktiv gesehen werden. Heranwachsende nutzen die sozialen Medien, Eltern werden dadurch wiederum zu mehr aktiver Mediennutzung angeregt.

Bis in die achtziger Jahre war das Fernsehen das wichtigste Familienmedium, ergänzend dazu kamen Videos, PCs, Spielekonsolen und mobile Geräte (Smartphones, Tablets und Smartwatches).

Aktuell verfügen unabhängig von der ökonomischen Situation über einen PC oder Laptop. Die KIM (Kindheit, Internet, Medien) Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest zeigt, dass auch die meisten Kinder ab bzw. ungefähr von zehn Jahren über Smartphons verfügen. Ab 12 Jahren werden die Geräte meist täglich benützt.

Chancen bieten die Medienentwicklungen den Familien für gemeinsame Erlebnisse und Gesprächsformen, eine Organisation des Familienlebens über Smartphones.

Digitale Medien verändern das Familienleben, sie bereichern es und bereiten auch Konflikte und Probleme. Wenn ungünstige Familienverhältnisse bestehen, kann es zu gefährdenden Nutzungsformen kommen.

Bei den vielfältigen medialen Herausforderungen ergibt sich das Erfordernis einer Medienkompetenz als

  • Fähigkeit einer Bedienung der Medienangebote,
  • Einsetzung einer zielgerichteten Nutzung, Zuordnung, Reflexion und
  • Verantwortlichkeit für eigene Nutzung.
Untersuchungen zur Kompetenz der Eltern ergeben bei hoher Kompetenz können Kinder und Heranwachsende bei der Anschaffung und Nutzung unterstützt, beraten und sicher sich fühlen.

Zu verweisen ist auf die Bedeutung in der Aus -und Fortbildung Erwachsener ("Elternbildung") und die zunehmende Verantwortlichkeit von digitaler Erwachsenenbildung (vgl. die Möglichkeiten eines "Online-Lernens?" in zeitlicher und räumlicher Unabhängigkeit).

Erwachsenenpädagogische Ziele ergeben sich in der

  • Steuerung der Geräteverfügung > Handlungsorientierung
  • Nutzung spezieller Programme, gemeinsamen Anwendung ("co-use") mit Kindern und Gesprächsführung > Medienpädagogik
Wie in anderen Lernbereichen fördert es die intrinsische Motivation, wenn strukturiert Eltern eigene Aktivitäten der Kinder, unterstützt etwa von Schule, Bibliotheken und Bildungsträgern, ermutigt und unterstützt werden (vgl. die Bedeutung von Netzwerken in regionaler Bildung).

2.2 Kindertagesstätten    

Frühe Medienbildung zählt zu den Bildungsaufgaben von Kindertagesstätten. Kinder wachsen von Geburt an in digitalen Lebenswelten auf. Sie beobachten Eltern in der Mediennutzung, sie sind von bunten Bildern und Videos fasziniert (vgl. izpb 355 /2023, 27-29).

Kinder haben oft Lieblingsfiguren in den Medien, die positive Auswirkungen auf die Entwicklung haben können (vgl. Vorbildfunktion, weil sie mutig sind und anderen helfen)

2.2.1 Aufgaben früher Medienbildung    

Aufgaben früher Medienbildung/ Kindergarten:

  • Pädagogische Begleitung - Reflexion/ altersgemäße Nutzung
  • Verknüpfung mit anderen Bildungsträgern/ Erforschen-Kreativität?
Neben dem Elternhaus ist es auch Aufgabe von Kindertagestätten frühe Medienerziehung umzusetzen. Angesprochen ist eine Altersgruppe von Kindern ab ungefähr drei Jahren mit pädagogischer Begleitung. Mit negativen medialen Erlebnissen sollte man umgehen können.

Aufgabe ist es auch, Elternarbeit zu aktivieren und Ratschläge im Bezug Programmauswahl, Mediendauer und Mediennutzungsregeln zu geben.

2.2.2 Schwerpunkte    

Schwerpunkt von Medienbildung bei Kindern ist eine kreative und gestaltende Auseinandersetzung in der Mediennutzung.

  • Audio-, Foto- und Videoprojekte - etwa Trickfilme, digitales Bilderbuch, Audiorätsel, aufgenommene Geräusche, Kinderzeichnungen und Verkleidungen
  • Musik, Sprachförderung - Übergang zur Schule
2.3 Schule    

Der Erziehungs- und Bildungsauftrag umfasst bei Kindern und Heranwachsenden auf das Leben und den Alltag zu einer selbstbestimmten und sozialverantwortlichen Teilhabe vorzubereiten bzw. zu befähigen.

Dazu gehören in einer digitalisierten Umwelt Medien und ihre Erscheinungsformen reflektieren zu können und eine Handhabung von Medienkompetenz als Kulturtechnik zu erwerben (vgl. izpb 355 2/2003, 29-35).

2.3.1 Digitale Welt    

Digitale Welt - Erscheinungsformen-Gegenstände-Situationen?

Technologischer Aspekt-Funktion? > Produktion und Präsentation

Soziokultureller Aspekt-Wirkung? > gesellschaftlich-kultureller Stellenwert

Anwendungsaspekt-Nutzung? > persönliche Gewohnheiten

2.3.2 Kompetenzen in Schulfächern    

An Kompetenzen ergeben sich in einem Lern- und Lehrprozess in allen Schulfächern

Verarbeiten und Aufbewahren

Kommunikation und Kooperation

Produktion und Präsentation

Problemlösen und Handeln

Analyse und Reflektion

2.3.3 Schulisches Potential    

Schaffung eines Umfeldes - Medien als Unterrichtsmittel/ Fachinhalte

Medienhandeln - Erfahrungs- und Entwicklungsräume -Handlungsmöglichkeiten

Wandel von Lernkulturen < Überfachliche Kompetenz - Erfahrungen- Bedeutungen-Einflüsse? < Auseinandersetzung in Schul- und Unterrichtsentwicklung/ Verbesserungspotential

2.3.4 Fachdidaktik    

Digitale Medien ermöglichen eine spezifische Fachdidaktik für Lehr-Lehrprozesse? im Unterricht

  • Fachinhalte können durch Erklärvideos bzw. aktive Medienarbeit der Lernenden mit Lehrenden erfahrbar werden.
  • Historische Entwicklungen können mit Virtual Reality-Brillen? oder 360 Grad-Videos? erfahrbar werden.
  • Lernfortschritte können über digitale Lernplattformen dokumentiert und zum Ausgangspunkt für individualisierten Unterricht werden.
  • Individuelle Lernstände können mit multimedialen Lernquellen neben Texten, Lernvideos oder sonstigen Lernaufgaben berücksichtigt werden.
  • Es besteht die Möglichkeit von Interaktionen zwischen Lernenden und Lehrenden für Austausch und Feedback sowie Kooperation unter Lernenden kann genützt werden. Gemeinsame Lernprozesse und Lernprodukte können entstehen.
Der Wandel der Lernkulturen in den einzelnen Schulfächern verändert somit die Didaktik. Medien benötigen die Förderung von überfachlichen Kompetenzen und ergeben etwa die Möglichkeiten von selbstgesteuertem Lernen.

Es geht nicht nur um die technische Ausstattung der Schulen, es geht vielmehr um die Ziele des Lernens und Lehrens, die durch die Verwendung digitaler Medien mit einer Integration in den Unterricht/ Unterrichtsinhalte und die Schule eine entscheidende Entwicklung ergeben.

2.3.5 Medienbereich Politische Bildung    

In den themenbezogenen Schulfächern Deutsch, Geographie, Geschichte und Ethik/ Religion zeigen sich spezifische Fragestellungen wie Fake News und algorithmische Systeme für Information und eine Meinungsbildung.

Auch im MINT-Unterricht? / Mathematik-Informatik-Naturwissenschaften-Technik? sind digitalisierungsbezogene Inhalte aufzugreifen.

Chancen und Risiken Künstlicher Intelligenz/ KI, Anforderungen des Umweltschutzes/ Ökologie und der Gesundheitsförderung mit Nutzung digitaler Medien im Kontext Politischer Bildung und transportierter Geschlechterrollenbilder in Verbindung mit Identitätsbildung/ Persönlichkeitsbildung ergeben mit der Nutzung digitaler Medien Themenfelder/ fächerverbundene Unterrichtsinhalte.

Politische Bildung als Querverbindung/ Unterrichtsprinzip erweist sich als bedeutender Beitrag schulischen Lernens und Lehrens.

2.4 Jugendarbeit    

Als Erziehungsfeld und Sozialisationsinstanz umfasst die persönliche und soziale Entwicklung Heranwachender zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten.

Medienkompetenz und Kommunikationsfähigkeit nehmen eine zentrale Stellung ein.

Die Angebote von Jugendarbeit beruhen auf dem Freiwilligkeitsprinzip und finden in der Freizeit statt.

Das anscheinende Sinken Interesse an Angeboten wird mit dem Alltag Jugendlicher/ Heranwachsender neben der Schule begründet. Von Interesse sind die Entwicklungsstufen/ Konflikte in der Bewältigung der Anforderungen Jugendlicher (vgl. ERIKSON 1950; KRAPPMANN 1997, 66-92).

2.4.1 Psychosoziale Entwicklung    

Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung nach Erikson (1950)

StufeAlter
Ur-Vertrauen? vs. Ur-Misstrauen?1
Autonomie vs. Scham und Zweifel2-3
Initiative vs. Schuldgefühl4-5
Werksinn vs. Minderwertigkeitbis Pubertät
Identität vs. IdentitätsdiffusionJugendliche
Intimität und Solidarität vs. IsolationJunge Erwachsene
Generativität vs. StagnationErwachsene
Ich-Identität? vs. VerzweiflungReife Erwachsene

2.4.2 Digitale Medien als Sozialraum    

Jugendarbeit als Orientierung an der Lebenswelt und dem Alltag ist es von Interesse, die Freizeitinteressen Jugendlicher/ Heranwachsender zu betrachten. Jedenfalls ist der Alltag stark durch Mediennutzung bestimmt (vgl. OPASCHOWSKI 2006, 54-55).

Dominierend sind die Nutzung von Handy, Internet und Fernsehen. Die Treffen mit dem Freundeskreis sind stark bestimmt vom Smartphone als Kommunikationsmedium. Ebenso bestimmend ist das Internet durch seine vollständige Verbreitung in den Lebenswelten von Jugendlichen. Sozialpädagogisch ist das Ziel Chancengleichheit im Netz, in der Realität gibt es allerdings soziale Ungleichheiten.

Das Internet ist ein soziokultureller Ort junger Menschen geworden, ein virtueller Lebensraum mit Teilhabe an der Kultur. Die Selbstverständlichkeit einer Nutzung bedarf einer Kritik. Risiken für Jugendliche (und Erwachsenen) ergeben sich in den Bereichen informationeller Selbstbestimmung (Datenschutz) und im Schutz der Privatsphäre (vgl. Online-Dienste? verweigern ein Löschen von Informationen über sich). Weiterhin ist ein möglicher Missbrauch beim Cyberbullying und Cybermobbing zu beachten. Damit ergibt sich die Förderung von Medienkompetenz als ein Aspekt des Handelns und Nutzens von Medien.

Jugendarbeit hat sich an den gesellschaftlichen Veränderungen zu orientieren. Neben den schulischen Aufgabenfeldern sind ebenfalls außerschulische Bildungsbereiche vermehrt zu berücksichtigen.

Das Aufgabenfeld Politischer Bildung ist in seiner Breite am Beispiel der Mediennutzung eindrucksvoll und gesamtgesellschaftlich bedeutungsvoll. Ein Grundwissen versteht sich als eine Notwendigkeit.

3 Aktuelle Herausforderungen    

3.1 Journalismus    

Eine Kenntnis der Funktionsweise des Journalismus in der liberalen Demokratie gehört zu einem Verständnis der komplexen Bedingungen.

Sich mit praktischem Journalismus auseinanderzusetzen soll im Folgenden das Verständnis für journalistische Arbeit in der Medienvielfalt von Presse, Radio, Fernsehen und Digitalisierung fördern (vgl. PÜRER 1996, MEIER 2018; AUS POLITIK UND ZEITGESCHICHTE 40-41/2018, 27-28/2019).

In den letzten Jahrzehnten ist die Öffentlichkeit geradezu mediensüchtig geworden. Die Zahl der Aufgabengebiete, die abzudecken sind, stieg stetig und erforderte Spezialisierungen. Zudem entstanden in der Phase der zunehmenden Digitalisierung die Möglichkeiten eigenverantwortlicher und wirtschaftlicher Unternehmungen.

Um ein Bild der Realität entstehen zu lassen, bedarf es einer Orientierung des komplexen Verhältnisses von Kommunikation und Konstruktion der Realität. Vorgeschlagen werden vier Kontexte des gesellschaftlichen Gebildes (vgl. izpb 355 2/2023, 47).

  • Mediensystem < Normenkontext - Rahmenbedingungen/ Gesetze, Presserat
  • Medienorganisationen < Strukturkontext - Pressehäuser, Verlage, TV-Anstalten?
  • Medienaussagen < Funktionskontext - Recherche, Selektion, Präsentation -Relevanz der Themen
  • Medienakteure < Rollenkontext - Journalisten/innen
IT-Hinweis?

Medienvertrauen 2022/ Universität Mainz > https://de.statista.com/statistik/daten/studie/827571/umfrage/entwicklung-des-medienvertrauens-in-deutschland/ (22.10.2023)

3.2 Fake News, Missinformation und Desinformation    

Fake News, Missinformation und Desinformation werden als falsche oder irreführende Medienhalte bezeichnet (vgl. izpb 355 2/2023, 49). Ihre Verbreitung führen Politik, Forschung und besonders aktive Medienbenützende zu einer falschen Verbreitung von Informationen. Geringes Vertrauen in Informationen spielen eine Rolle bei der Glaubwürdigkeit von Fake News.

Als Auslöser der Debatte um Fake News und Desinformation gelten die Wahl von Donald Trump 2016 zum 45. US-Präsidenten? und das Brexit-Referendum? im UK kurz zuvor. Beide Fälle lösten eine Suche von Gründen für das jeweilige Abstimmungsverhalten aus, wobei das Mediennutzungsverhalten der Bürger/innen mit den vorhandenen unzuverlässigen und irreführenden Informationen als ein Erklärungsansatz gefunden wurde. Geschlossene Online-Gruppen? und eine personalisierte Werbung erleichterten die Verbreitung solcher Informationen.

3.2.1 Ansätze der EU    

Das Interesse an solchen Wirkungen bewirkte Forschungsprojekte und internationale Bemühungen zur Kennzeichnung und Bekämpfung von Desinformationskampagnen.

Die Europäische Union etwa etablierte 2019 mit dem "European Digital Media Observatory" ein EU-weites Netz von Medien und Forschungsinstitutionen.

IT-Hinweis?

Europäische Beobachtungsstelle für digitale Medien/ EDMO > https://digital-strategy.ec.europa.eu/de/policies/european-digital-media-observatory (23.10.2023)

3.2.2 Ansätze der Medienkompetenz    

Die vier Ansätze der Fake News-Bekämpfung? sind begrenzt wirksam. Befürwortet wird ein kombinierter Ansatz (vgl. izpb 355 2/2023, 51).

  • Faktencheck - Richtigstellung durch Korrektur des Wissens
  • Genauigkeitsabfrage (" Accuracy Prompts") - Meldungen über Inhalte
  • Spiele zu Eigenschaften von Fake News ("Serious Games") - Sensibilisierung
  • Kritische Reflektion von Medien - Qualität und Nutzung
Wichtig ist bei der Förderung der Medienkompetenz, dass die Gesellschaft das Vertrauen in das Mediensystem nicht verliert. Ein differenzierter Zugang erleichtert den Umgang mit der Problematik, dennoch bleibt Medienkompetenz nur ein Bestandteil.

3.3 Gesellschaftlicher Zusammenhalt    

Eine bedeutende Ressource in einer liberalen Demokratie neben

  • freien Wahlen,
  • dem Rechtsstaat mit Gewaltenteilung,
  • Menschenrechten und einer Verfassung
besteht in einem gesellschaftlichen Zusammenhalt mit einer medialen Öffentlichkeit, die demokratische Institutionen stärkt und Partizipation ermöglicht.

Medien sichern eine Diskussionskultur/ politischen Diskurs und die verschiedenen Funktionen der Öffentlichkeit (vgl. izpb 355 2/2023, 55-56).

  • Forumsfunktion - Themenbereiche als Orientierung, Entscheidungsprozesse und Reflexion
  • Legitimationsfunktion - Repräsentanten und Repräsentierte - Entscheidungen/ Massenmedien
  • Integrationsfunktion - Teilnahme der Bürger/innen - Partizipation - Kommunikation
Literaturverzeichnis    

Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/ oder direkt zitiert werden.

Baacke D. (1996): Medienkompetenz - Begrifflichkeit und sozialer Wandel, in: Rein A. v. (Hrsg.): Medienkompetenz als Schlüsselbegriff, Bad Heilbrunn, 112-124

Baacke D. (2007): Medienpädagogik, Tübingen

Betz J.- Schluchter J.-R. (Hrsg.) (2023): Schulische Medienbildung und Digitalisierung im Kontext von Behinderung und Benachteiligung, Weinheim

Brüggemann M.- Eder S.- Tillmann A. (Hrsg.) (2019): Medienbildung für alle. Digitalisierung-Teilhabe-Vielfalt?, München

Bundeszentrale für politische Bildung - Informationen zur politischen Bildung/ izpb 355 2/2023, Medienkompetenz in einer digitalen Welt, Bonn

Bundeszentrale für politische Bildung - Reihe Aus Politik und Zeitgeschichte: Medienpolitik 40-41/2018, Digitalisierung 27-28/2019 > http://www.bpb.de/apuz (22.10.2023)

Erikson E.E. (1950): Childhood and Society, New York

Gapski H. - Oberle M.- Staufer W. (Hrsg.) (2017): Medienkompetenz. Herausforderungen für Politik, politische Bildung und Medienbildung, Bonn (vergriffen) > https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/medienkompetenz-schriftenreihe/ (22.10.2023)

Habermas J. (2022): Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit und die deliberative Politik, Berlin

Haselbrink U.- Schmidt J.-H. - Loosen W.- Schulz W. ( (2020): Medien und gesellschaftlicher Zusammenhalt, in: Deitelhoff N.- Groh-Samberg?. O. - Middell M. (Hrsg.): Gesellschaftlicher Zusammenhalt. Ein interdisziplinärer Dialog, Frankfurt/M., 333-348

Herzig B.- Alexander M. (2018): Lehrerbildung in der digitalen Welt. Konzeptionelle und empirische Aspekte, in. Ladel S.- Kopf J.- Weinberger A. (Hrsg.): Digitalisierung und Bildung, Wiesbaden, 89-113

Hessischer Rundfunk https://www.hr.de/bildungsbox/unterrichtsmaterial/index.html (19.10.2023)

Hessischer Rundfunk (19.10.2023): Übernehmen jetzt die Maschinen?! > https://www.ardmediathek.de/video/NTIxMDNlMWItNDI2Zi00MWQ5LTlmNGYtYWYwZTk5YTA1MWYy (19.10.2023)

Iske St. (2015): Medienbildung, in: Gross Fr. v.- Meister D.- Sander U. (Hrsg.): Medienpädagogik - ein Überblick, Weinheim, 247-272

Jörissen B.- Marotzki W. (2009): Medienbildung - eine Einführung: Theorie-Methoden-Analysen?, Bad Heilbrunn

Krappmann L. (1997): Die Identitätsproblematik nach Erikson aus einer interaktionistischen Sicht, in: Höfer R. (Hrsg.): Identitätsarbeit heute: Klassische und aktuelle Perspektiven der Identitätsforschung, Frankfurt/M., 66-92

Krüger U. (2016): Mainstream - Warum wir den Medien nicht mehr trauen, München

Luhmann N. (1996): Die Realität der Massenmedien, Opladen

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2017): FIM Studie 2016. Familie, Interaktion, Medien. Untersuchung zur Kommunikation und Mediennutzung in der Familie, Stuttgart

Meier Kl. (2018): Journalistik, Konstanz

Opaschowski H.W. (2006): Einführung in die Freizeitwissenshaft, Wiesbaden

Pürer H. (1996): Praktischer Journalismus in Zeitung, Radio und Fernsehen Salzburg

Sander U. - Gross Fr. v. - Hugger K.U. (Hrsg.) (2022): Handbuch Medienpädagogik, Wiesbaden

Schill W.- Röllecke R. (Hrsg.) (2018): Inklusiv Medienbildung. Ein Projektbuch für pädagogische Fachkräfte, Düsseldorf

Süss D.- Lampert Cl. - Trültzsch-Wiljnen? Cr.W. (Hrsg.) (2018): Medienpädagogik: Ein Studienbuch zur Einführung, Wiesbaden

Dokumentation Ausbildung    

Weiterbildungsakademie Österreich/ Allgemeine Erwachsenenbildung




EKD/ Comenius-Institut? Münster/ Konfessionelle Erwachsenenbildung



Universität Salzburg/ Hochschuldidaktik




EKD/ Comenius-Institut? Münster/ Konfessionelle Erwachsenenbildung




Dokumentation Online-Weiterbildung?    

CONEDU BMBWF > http://www.erwachsenenbildung.at

Zum Autor    

APS-Lehramt? VS-HS-PL?/ 1970, 1975, 1976; Schülerberater (1975), Schulentwicklungsberater (1999) / Zertifizierung; Mitglied der Lehramtsprüfungskommission für die APS beim Landesschulrat für Tirol (1993-2002)

Absolvent des Studiums Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985), des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg-Klagenfurt?/ Master (2008), der Weiterbildungsakademie Österreich/ wba/ Diplome (2010), des 6. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg / Diplom (2012), des 4. Internen Lehrganges für Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg/ Zertifizierung (2016), des Fernstudiums Grundkurs Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium/ EKD/ Comenius - Institut Münster/ Zertifizierung (2018), des Fernstudiums Nachhaltige Entwicklung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium/ EKD/ Comenius -Institut Münster/ Zertifizierung (2020)

Lehrbeauftragter am Institut für Erziehungswissenschaft bzw. Bildungswissenschaft/ Universität Wien - Berufspädagogik - Vorberufliche Bildung/ VO-SE? (1990-2011), am Fachbereich Geschichte/ Universität Salzburg - Lehramt Geschichte-Sozialkunde-Politische? Bildung-Didaktik? Politische Bildung/ SE (2016-2017)

Mitglied der Bildungskommission der Evangelischen Kirche Österreich (2000-2011), stv. Leiter des Evangelischen Bildungswerks in Tirol (2004-2009, 2017-2019), Kursleiter an der VHS Salzburg Zell/ See, Saalfelden und Stadt Salzburg / "Freude an Bildung" (2012-2019)

- - -

MAIL dichatschek (AT) kitz.net

 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am 28. Oktober 2023