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Anthropologie

Anthropologie    

Aspekte einer Wissenschaft zwischen Ethik und Hochschulbildung    

Günther Dichatschek

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Anthropologie   
Aspekte einer Wissenschaft zwischen Ethik und Hochschulbildung   
Vorbemerkung   
1 Einleitung   
2 Zum Begriff der Anthropologie   
2.1 Antike   
2.2 Kant   
TEIL 1 Teilbereiche   
3 Theologische Anthropologie   
3.1 Emanzipation der Anthropologie   
3.2 Grundstein einer Auseinandersetzung   
4 Kultur- und Sozialanthropologie   
4.1 Vormärz vs. vorindustrieller Entwurf   
4.2 Industrielle Revolution - Systemarchitektur   
5 Pädagogische Anthropologie   
5.1 Theorie der Bildsamkeit   
5.2 Bildungstheorie als Gesellschafts- und Ideologiekritik   
5.3 Reflexion   
Literaturhinweise Anthropologie   
TEIL 2 Menschenbilder   
6 Menschenbilder   
6.1 Vorbemerkung   
6.2 Aspekte einer Ideengeschichte   
6.3 Aspekte einer Geschichte der Religionen   
6.4 Christentum   
6.5 Säkulare Strömungen   
6.6 Französische Revolution   
6.7 Menschenbild des Nationalsozialismus   
6.8 Doktrin einer "Erneuerung"   
6.9 Organisation des Alltags   
6.10 Menschenbild des Sowjetkommunismus   
6.11 Revolutionäres Bewusstsein - Ernesto Che Guevara   
6.12 Studentische Protestbewegung   
7 Human Enhancement   
7.1 Human Enhancement   
7.2 Gesellschaftliche Aspekte   
8 Selbstoptimierung im Neoliberalismus   
8.1 Veränderungsprozesse   
8.2 Gouvernementalität   
9.3 Handlungsfelder einer Selbstoptimierung   
10 Digitalisierung des Menschenbildes   
10.1 Änderung des Menschenbildes   
10.2 Der Mensch als Objekt   
10.3 Ökonomische Aspekte   
10.4 Zusammenfassung   
Literaturhinweise Menschenbild   
TEIL 3 Persönlichkeitsbildung   
11 Einführung   
12 Einleitung   
13 Theoretische Perspektiven   
13.1 Verlagerung der Lebenswelten   
13.2 Handlungsfeld Persönlichkeitsbildung   
13.3 Problemlagen   
14 Didaktische Aspekte   
14.1 Didaktische Dimensionen   
14.2 Didaktische Umsetzung   
14.3 Methodische Elemente   
15 Persönlichkeitsbildung in der Politischen Bildung   
15.1 Ziele   
15.2 Soziale Aufgabe   
15.3 Schulsystem und Gesellschaftsordnung   
16 Rolle der Schule   
16.1 Bildung eines Selbstkonzepts   
16.2 Grenzen des Sozialkonzepts   
17 Zusammenfassung   
Literaturhinweise Persönlichkeitsbildung   
Zum Autor   

Vorbemerkung    

Anthropologie als Wissenschaft vom Menschen versteht sich als Bemühen, als philosophische Teildisziplin Erkenntnisse vom Menschen zwischen Ethik - Pädagogik zurückzugewinnen.

Anzusprechen sind einzelne Bereiche der Anthropologie wie

Das Interesse des Autors bezieht sich auf die angegebenen Teildiszipline der Thematik.

In der Fachliteratur wird ausführlich auf die philosophische Disziplin verwiesen (vgl. REITEMEYER 2019, 38-90).

Ziel ist es, die Grund- und Freiheitsrechte des Menschen methodisch zu begründen und in Verbindung mit einer Politischen Bildung die anthropologische Wissenschaft in ihrem Erkenntnisstand auf einen Anerkennung der Würde des Menschen zu verpflichten. Dies soll zunächst historisch - systematisch begründet werden.

Der Kontext zur Politischen Bildung ist damit gegeben.

Ausgangspunkt der Überlegungen sind die

  • Absolvierung des Studiums der Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck,
  • Absolvierung der Universitätslehrgänge Politische Bildung und Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg bzw. Klagenfurt,
  • Absolvierung der Weiterbildungsakademie Österreich/ Wien und des Fernstudiums Grundkurs Erwachsenenbildung/ Comenius - Institut Münster sowie
  • die Auseinandersetzung mit der Fachliteratur.
1 Einleitung    

Anthropologie in praktischer Absicht versteht sich als Reflexion aus den Teildisziplinen einer aus der Philosophie abgewanderten Wissenschaft vom Menschen.

  • Der Beitrag ergibt sich aus dem Bemühen, Anthropologie für eine praktische Anwendung zu gewinnen und damit auf eine Anerkennung des moralischen Gesetzes zu verpflichten.
  • Die Anthropologie als eigenständige Disziplin untersucht die zentralen Fragen des menschlichen Denkens bzw. den Erkenntnisprozess mit menschlichen Eigentümlichkeiten, sich seiner selbst bewusst zu sein.
Mit dem Aufstieg der Naturwissenschaften, in der Folge des Dritten Reiches und dessen Zusammenbruch bedarf es anthropologischer Folgerungen in den Sozial- und insbesondere Bildungswissenschaften (vgl. REITEMEYER 2019, 7-11).

  • Die Anthropologie kümmert sich um eine Begründung der Menschenwürde als Realitätsprinzip.
  • Damit ist Menschenbildung, Persönlichkeitsentwicklung und Politische Bildung in einer erziehungswissenschaftlichen Hochschulbildung angesprochen.
2 Zum Begriff der Anthropologie    

Im Folgenden soll auf die antike Entwicklung und den Erkenntnisstand von KANT näher eingegangen werden (vgl. KANT 1968, 677; MARQUARDT 1971, 365; REITEMEYER 2019, 21-30).

2.1 Antike    

In der Antike gab es eine Lehre vom Menschen (Ethik), auch von der Natur (Physik).

  • Beschrieben wurde die Natur des Menschen aus der Erfahrung der Lebenswelt, in normativer Sucht und Biographien bzw. Heldensagen. Gab es mangelhafte Eigenschaften, war man nicht gesellschaftsfähig.
  • Nach ARISTOTELES war der Mensch ein zoon politikon, ein soziales und den Staat erstrebenswertes Wesen (vgl. ARISTOTELES 1958, I 2, 5 bzw. III 6, 88).
  • Tatsächlich ist die Lehre vom Menschen in der Antike eine Lehre vom Bürger und vom Staat in Form der polis, also eine politische Ethik.
2.2 Kant    

Als Wissenschaft von der menschlichen Natur war es KANT, der der Anthropologie ein eigenes Gebiet in der Philosophie zusprach.

  • Vorarbeiten waren die Vorlesungen zur "Kritik der reinen Vernunft" und zur "Pädagogik".
  • Erst in den Jahren 1796/ 1797 ging es der Frage nach, ob der menschliche Verstand anspreche, den Menschen vernünftig und moralisch zu machen.
  • In der "Kritik der reinen Vernunft" werden die bekannten drei Fragen gestellt: Was kann ich wissen? Was soll ich wissen? Was darf ich hoffen? In seiner Vorlesung zur Logik kommt die vierte Frage: Was ist der Mensch?
  • Kants Anthropologie folgt der Methodenlehre des systematischen Denkens. Der Mensch ist ein Weltwesen.
So wird Anthropologie als eine systemische Wissenschaft vom Menschen - zusammengesetzt aus philosophisch, spekulativen und empirischen Teilen.

  • Die Frage, was der Mensch von Natur aus mitbringt, steht im Zusammenhang, was er sein soll: vernünftig, frei und moralisch.
  • Spekulativ bedeutet zugleich normativ, bezieht sich also auf den moralischen Handlungsraum.
  • Empirisch bezieht sich auf die biologische Ausstattung, also vergleichend (vgl. die Bedeutung von "Menschenbildern" für die Politische Bildung).
Im deutschsprachigen Raum hat sich nicht nur der empirische, vielmehr auch der spekulative Teil mit der naturwissenschaftlichen Richtung seit dem 19. Jahrhundert und bis in die sechziger Jahre eher durchgesetzt (vgl. etwa die Rassentheorie). Es zeigt sich, dass die philosophische Anthropologie anders gestaltet ist.

Kants Ausdifferenzierung der Anthropologie steht im Bemühen, die Würde des Menschen in Zeiten eines wissenschaftlich -technischen Fortschritts zu sichern.

  • Die Würde des Menschen ist ein Geltungsanspruch.
  • Demnach soll die Anthropologie in diesem praktischen Sinne in die Philosophie zurückgeholt werden.
  • Sie soll sich von sozialbiologischen Ansätzen unterscheiden.
TEIL 1 Teilbereiche    

3 Theologische Anthropologie    

Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen sind Elemente der Theologie im Hinblick auf eine Lehrtätigkeit im "Kirchlichen Ausbildungslehrgang für Religionslehrer in der APS"/ 2018 - 2020 der Superintendenz Salzburg - Tirol.

In der Scholastik entstand in der Philosophie als Theologie eine Lehre vom Menschen als unvollkommenenes Ebenbild Gottes. Als dem Wesen Gottes nächstes Geschöpf verfügt der Mensch eine unsterbliche Seele, einen freien Willen und eine besondere Würde (vgl. REITEMEYER 2019, 31-37).

Bis zur Aufklärung versperrte der geoffenbarte Schöpfungsglaube in der Philosophie eine anthropologische Forschung.

3.1 Emanzipation der Anthropologie    

Im 19. Jahrhundert emanzipierte sich die Anthropologie von der Theologie.

  • Anthropologie ist eine Wortschöpfung der spätmittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Theologie. Magnus HUNDT (1501) publizierte erstmals den Begriff und schließt damit an die neuplatonische Lehrte von Menschen als Ebenbild Gottes an, denn der Mensch sei als Geistes- und Seelenwesen Gottes Ebenbild.
  • Gott lasse den Menschen an seiner Freiheit teilhaben, dies sich in in der Willensfreiheit erweise.
  • Damit wird der Mensch Mittler zwischen Gott und der Welt. Daraus ergibt sich die herausragende Stellung des Menschen in der Natur.
  • Der Mensch darf und ist berufen, die Natur nach dem Willen Gottes zu formen.
  • Die Theologie betont demnach die Besonderheit des Menschen gegenüber anderen Lebewesen.
  • In der Scholastik wird die Würde des Menschen herausgehoben.
3.2 Grundstein einer Auseinandersetzung    

Damit ist der Grundstein für eine philosophische Auseinandersetzung gelegt (vgl. Thomas von AQUIN in "Summa Theologica" mit der Einteilung Natur - Recht - Moral -Staat).

  • Der Mensch wird kraft seiner Würde Herr über seine Natur und zum bestallten Herren der Schöpfung.
  • Da die Freiheit nicht absolut ist, ergibt sich eine eigene Wissenschaft, die Anthropologie.
  • Aus dieser Perspektive bedeutet die Lehre vom Menschen ihn als Kreatur zu sehen.
  • Gleichzeitig bedeutet die Lehre auch den Menschen in der Unsterblichkeit der Seele zu betrachten.
Daraus ergibt sich eine Sonderstellung des Menschen in der Spitze der Schöpfung als Vernunftwesen.

4 Kultur- und Sozialanthropologie    

4.1 Vormärz vs. vorindustrieller Entwurf    

Im Vormärz wird der Mensch als selbstbewusstes Gattungswesen gesehen, indem das Selbstbewusstsein zum Merkmal wird (vgl. als Vormärztheoretiker Ludwig Feuerbach und Karl Marx).

  • Es entsteht damit die Vorstellung, dass die Menschen in diesem Bewusstsein miteinander kooperieren.
  • Der Mensch ist ein "Gemeinmensch" und nach dieser Theorie von Natur aus ein Kommunist (vgl. REITEMEYER 2019, 115).
  • Er ist angewiesen auf Intersubjektivität und Interaktion sowie sein Ich entfaltet sich nur in Einheit mit einem Du (vgl. ein Mensch ist zugleich ein Mitmensch).
  • Der Mensch ist nicht nur eine normative Kategorie aus vernünftigen Überlegungen, sondern beinhaltet ein Wesensmerkmal der unmittelbaren Natur.
  • Dies führt zur Überlegung, dass eine Gesellschaft mit Kooperation und Gemeinschaft zur menschlichen Natur am besten passt, wobei ein Staat, der diese Säulen tragfähig macht, notwendig ist. Anthropologie wird zu einem Politikum (vgl. ROUSSEAU mit dem Menschenbild im Naturzustand [friedlich, genügsam und mitleidend]).
Rousseau ging es um die Zukunft der bürgerlichen Gesellschaft und des bürgerlichen Rechtsstaates, also um die Gleichstellung aller Menschen naturrechtlich begründet als Rechtssubjekte (vgl. Rousseaus Argumentation, Privateigentum sei der Sündenfall in der Menschheitsgeschichte. Recht ist daher ein Instrument der Macht und weniger eines Interessensausgleichs).

  • Mit der Wiederherstellung der natürlichen Gleichheit oder der natürlichen Rechte müsste konsequenterweise die Abschaffung des Privateigentums verbunden sein.
  • Damit war eine Gesellschaft ohne Privateigentum als vorindustrieller Entwurf und nicht als sozialromantische Utopie geboten.
4.2 Industrielle Revolution - Systemarchitektur    

Erst mit der industriellen Revolution, großer Kapitalanhäufungen und Verteilungsungerechtigkeiten ging es ökonomisch und politisch um soziale Ungleichheiten und Mangelerscheinungen in der sozioökonomischen Entwicklung (vgl. MARX 1867, 486).

Arbeit sei dem Menschen so natürlich wie Schlaf und Stoffwechsel. Durch Arbeit wird der Mensch ein 'Kulturprodukt.

  • Industrielle Produktion verändert die gesellschaftlichen Strukturen und technische Entwicklungen. Erstmals erscheint es möglich, dass der Mensch die Natur beherrscht (vgl. die Möglichkeiten einer Verhinderung von Seuchen, Hunger und Verwahrlosung).
  • Es bedarf der Konstruktion einer vernünftigen gesellschaftlichen Systemarchitektur (Kooperation, natürlicher Interessenausgleich; vgl. der Übergang von der bürgerlichen Klassengesellschaft zur kommunistischen Parteien- bzw. Kadergesellschaft, in der Folge auch umgekehrt).
5 Pädagogische Anthropologie    

Im Folgenden wird die Stellung der Anthropologie zwischen spekulativer und empirischer Forschung als Vertiefung eines bildungswissenschaftlichen Studiums im Kontext Politischer Bildung angesprochen.

Anzusprechen ist eine bildungswissenschaftliche Perspektive, die eine eigene Disziplin sieht.

Seit der Aufklärung sind anthropologische Fragestellungen ein Herzstück erziehungstheoretischer Entwürfe.

Pädagogische Anthropologie gibt es erst als Namen im Übergang von der geisteswissenschaftlichen zur empirischen Pädagogik. Erst in der sog. "realistischen Wende" im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts kommt es zu einer Aktualisierung.

Von Interesse ist die Selbstbeschreibung der "Deutschen Gesellschaft für Erziehung", die sich mit pädagogischen Implikationen von Menschenbildern auseinandersetzt (vgl. REITEMEYER 2019, 158).

5.1 Theorie der Bildsamkeit    

Eine Anthropologie jenseits einer Theorie der Bildsamkeit ist keine Anthropologie. So verwundert es auch nicht, dass die pädagogische Anthropologie aus der geisteswissenschaftlichen Pädagogik und nicht aus der philosophischen Anthropologie sich entwickelte (vgl. REITEMEYER 2019, 162-163).

Es sind in der Folge die empirischen Wissenschaften, die der Anthropologie die Themen und Perspektiven vorgeben.

Es war die Pädagogik, die in der geisteswissenschaftlichen Ausrichtung die Bildsamkeit und geistige Tätigkeit beleuchtete.

  • Menschliche Fähigkeiten entstehen nur in Interaktivität und Intersubjektivität, also auf der subjektiven Seite in Erziehung und in der objektiven Seite in Sozialisation.
  • In der Folge entstanden Erziehungs- und Bildungspläne.
  • Mit der Definition von Moral, in der Folge mit der Auseinandersetzung ethischer Maßstäbe unter Beachtung von Vernunft und Freiheit, gewinnen Teildiszipline wie Politische Bildung, interkulturelle Bildung, Ethik und Persönlichkeitsbildung an Bedeutung.
  • Zunehmend rücken die Kulturwissenschaften, hier die Interkulturelle Kompetenz, in den Vordergrund.
  • Schulische und erwachsenenpädagogische Maßnahmen ergänzen die pädagogischen Herausforderungen.
5.2 Bildungstheorie als Gesellschafts- und Ideologiekritik    

Bildungstheorie als Gesellschafts- und Ideologiekritik in Form einer Forschungsdisziplin ergänzen den Blick auf eine relevante pädagogische Praxis, wobei Resultate der empirischen Sozialwissenschaften aufgenommen wurden.

  • Die Auseinandersetzung mit Menschenbildern steht im Kontext einer Ideengeschichte der Politischen Bildung, also sozialwissenschaftlicher Lehr- und Lerninhalte.
  • Es zeigt sich, dass in den Nachbardisziplinen der Erziehungswissenschaft - etwa Psychologie, Soziologie und Fachdidaktiken - ein Spezialwissen ansammelt.
  • Streng genommen gibt es keine erkennbare Rolle einer pädagogischen Anthropologie im gegenwärtigen pädagogischen Diskurs. Damit zeigt sich auch hier einer der weißen Flecken im gegenwärtigen Bildungsgeschehen (vgl. als Ausnahme WULF 2004, 33-57).
5.3 Reflexion    

Anthropologie ist Teildisziplin erziehungswissenschaftlicher Hochschulbildung und gewinnt im Kontext von Ethik mit Politischer Bildung angesichts aktueller Entwicklungen zunehmend an Bedeutung.

  • Für den Autor sind in der Folge Menschenbilder und Persönlichkeitsbildung Bereiche von besonderem Interesse geworden. Ausgespart auf Grund mangelnder Kompetenz bleibt eine Betrachtung der Philosophischen Anthropologie.
  • Politische Bildung als sozialwissenschaftliche Disziplin benötigt sozialwissenschaftliche Elemente, die sich in der Anordnung des Beitrages ergeben.
  • Im Hinblick auf Lehrelemente in der Religionslehrerausbildung ergibt sich folgerichtig eine Behandlung der Theologischen Anthropologie.
Literaturhinweise Anthropologie    

Aristoteles (1958): Politik, Hamburg

Dichatschek G. (2017a): Erwachsenen - Weiterbildung. Ein Beitrag zu Theorie und Praxis von Fort- bzw. Weiterbildung, Saarbrücken

Dichatschek G. (2017b): Interkulturalität. Ein Beitrag zur Theorie, Bildung und Handlungsfeldern im Kontext Interkultureller Öffnung und Politischer Bildung, Saarbrücken

Dichatschek G. (2018): Didaktik der Politischen Bildung. Theorie, Praxis und Handlungsfelder der Fachdidaktik der Politischen Bildung, Saarbrücken

Jörke D. (2005): Politische Anthropologie: eine Einführung, Wiesbaden

Horkheimer M. (1937): Nachtrag - Traditionelle und kritische Theorie, Gesammelte Schriften, Bd. 4

Jörke D. - Ladwik B. (Hrsg.) (2009): Politische Anthropologie, Geschichte - Gegenwart - Möglichkeiten, Baden - Baden

Kant I. (1968): Kritik der reinen Vernunft/ 1781-1787, in: Weischedel W.(Hrsg.): Frankfurt, Bd. IV, 677, B 833

Marquardt O. (1971): Anthropologie, in: v. Ritter J.(Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 1, 365

Marx K. (1867): Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, MEW Bd. 23

Reitemeyer U. (2019): Praktische Anthropologie oder die Wissenschaft vom Menschen zwischen Metaphysik, Ethik und Pädagogik, Münster - New York

Wulf Ch. (2004): Anthropologie, pädagogische, in: Benner D. - Oelkers J.(Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Pädagogik, Weinheim - Basel, 33-57

TEIL 2 Menschenbilder    

6 Menschenbilder    

6.1 Vorbemerkung    

Die Idee, dass der Mensch sich zum Besseren und damit zu etwas Neuem findet, gibt es bereits in der früheren Religionsgeschichte. Über das Christentum hat die Idee in die säkularisierte Moderne gefunden (vgl. ABU AYYASH -FRIEDEL - PIEPENBRINK - SEIBRING 2018, 8; BRIEF DES PAULUS AN DIE EPHESER 4,22-24).

Schwerpunkt des Diskurses über Menschenbilder und einen neuen Menschen finden sich Ende des 19. und im 20. Jahrhundert. Ziel sind neue Sozialutopien.

Im Faschismus und Sowjetkommunismus radikalisieren sich die Ideen und Vorstellungen, gehen bis zur Ausgrenzung und Vernichtung minderwertig betrachteter Menschen.

In der Studentenbewegung der westlichen Industriestaaten findet die Konzeption von Ernesto "Che" Guevara Anhänger.

Mit der Wende 1989/ 1990 schien ein Ende des Diskurses sich anzubahnen."Neuroenhancement" versucht, Leistungen medizinisch zu steigern. Die Kontroverse Leistungsprinzip vs. Sozialprinzip wird reaktiviert.

Sozialtechnologie wie Erziehung und Politik werden durch Sachtechnologien wie Digitalisierung oder genetische Modifikationen verdrängt. Die Digitalisierung bewirkt eine räumliche Ausdehnung durch technische Geräte. Humanistische Zukunftsvorstellungen richten sich an biotechnologische Eingriffe in den Körper des Menschen. Ziel ist der "homo superior".

Abhängig ist dies vom sozialen System und den verfügbaren Technologien.

6.2 Aspekte einer Ideengeschichte    

Die Idee von Menschenbildern ist uralt. Menschen haben immer schon an Neu - Sein bzw. Anders - Sein gestrebt, kennzeichnend dafür waren Hoffnungsziele und Heilsversprechungen.

Anthropologische Voraussetzungen begründen dies (vgl. KÜENZLEN 1997, 25-40; 2018, 13).

  • Der Mensch besitzt die Fähigkeit zur Selbsttransdendenz, also der Fähigkeit, sich zu sich selbst zu verhalten.
  • In dieser Fähigkeit, die Frage nach sich selbst zu stellen, ist die Suche nach einem Anders- und Neu - Sein, nach einem Neuen Menschen, begründet. In der Kulturgeschichte hat ihn diese Frage immer begleitet.
  • Es geht um ein umformendes Geschehen im menschlichen Sein.
6.3 Aspekte einer Geschichte der Religionen    

Religionsgeschichte war immer eine Geschichte nach einem Streben nach einem neuen Menschenbild. Den Gläubigen ging es um einen neuen Daseinszustand, der augenblicklich bzw. auf Dauer erstrebt oder erlebt wurde. Zu beobachten war dies etwa in

  • der Heldenverehrung, in der Gemeinschaft von Kriegern,
  • in einer Kultgemeinschaft, im Gebet oder in Verehrungsgewohnheiten von Göttern,
  • in Sakramentalsbräuchen, Weihefeiern und wichtigen Abschnitten des Gemeinschaftslebens oder
  • in Initiationsriten, im Streben nach einer persönlichen Prüfung nach einem neuen Wesen.
6.4 Christentum    

Die neuzeitlich - abendländische Kultur ist ohne die christliche Herkunft nicht zu verstehen. Mit der christlichen Herkunftsgeschichte ist die Vorstellung nach einem neuen Menschenbild verbunden.

  • Bereits der Glaube im Urchristentum bestimmte ein neues Menschenbild, etwa in Christus als Neuen Menschen.
  • Christliche Verkündigung verheißt ein Kommen eines neuen Menschen und einer neuen Gesellschaft. Die urchristliche Gemeinde lebte von der Zukunft her.
  • Geblieben ist das christliche Verständnis vom Neuen Menschen, von Verheißung und Erfüllung, vom Streben nach Einsicht (vgl. Martin LUTHER mit seiner Formulierung "Wir sollen Menschen und nicht Gott sein: das ist die summa!"; KÜENZLEN 2018, 16).
6.5 Säkulare Strömungen    

6.6 Französische Revolution    

In den Revolutionswirren nach 1789 beschreibt der Marquis de Condorcet den Kern der Idee den Menschenbildes mit der Freiheit des Menschen, den Wegen der Wahrheit, Tugend und des Glücks, seinen Rechten und der Würde seiner Natur.

  • Dies kann als Bekenntnis zu einem säkularen Glauben bzw. Grundsatz verstanden werden.
  • Dazu kommt der Glaube an die Wissenschaft.
Geistes- und Sozialwissenschaften erforschen die Verhaltensweisen vom Menschen.

Zu ergänzen ist der Glaube an die Politik,

  • das Bekenntnis durch politisches Handeln menschliches Dasein zu sichern und zu verbessern sowie das Heil des Menschen zu verwirklichen (vgl. die Macht der Revolution; die Bedeutung von Proletariat, Nation, Volk und später "Rasse"). Es geht um eine diesseitige Realisation.
  • Das Menschenbild wird durch gesellschaftliches Handeln gedacht.
Revolutionäre Bewegungen des 19. und besonders des 20. Jahrhunderts sind von neuen Menschenbildern bzw. einem neuen Menschentypus angetrieben. Die folgenden Beispiele zeigen die unterschiedlichen ideellen und ideologischen Kontexte.

6.7 Menschenbild des Nationalsozialismus    

Die Sehnsucht nach einer Gemeinschaft, nach Autonomie, Abenteuern und Erlebnissen erfasste zu Beginn des 20. Jahrhunderts viele junge Menschen in Deutschland. Der Übergang vom Kaisertum zur demokratischen Republik lässt sich an Gemeinsamkeiten festmachen.

  • Eine geradezu religiöse Erhöhung, wie es KÜENZLEN ausführt, erfährt die Bedeutung der Gemeinschaft, der Körperkult, die Vorstellung eines Führers, Hingabe, Pflichtbewusstsein und Wahrheitswille.
  • Nach der Wandervogelbewegung und des Freideutschtums kam es in einer bündischen Phase zu strafferen Bewegungen mit militärischen Gruppenformen. Ziele der Bündischen Jugend deckten sich mit denen der Hitlerjugend (vgl. völkisches Denken, Führertum, Gefolgschaft).
6.8 Doktrin einer "Erneuerung"    

Mit der nationalsozialistischen Doktrin einer "Erneuerung" kam es zu rassistischen Grundannahmen, etwa einer sozial-biologischen Unterscheidung von Menschen nach ihrer Herkunft und Wertigkeit mit einem unterschiedlichen Anspruch auf ein Leben, der Fiktion einer erbbiologisch gesunden Volksgemeinschaft, der Vorstellung einer auf Führer - Gefolgschaft vorhandenen Volksordnung und dem Anspruch eines "Herrenvolkes" auf "Lebensraum".

Daraus resultierten in der Folge Erziehungsgrundsätze wie die Erhaltung und Pflege der besten rassischen Elemente, deren Züchtung zu wertvollen Gliedern sowie die Neubewertung einer geistigen, körperlichen und charakterlichen Erziehung (vgl. KNOPP 1999, PIPER 2018).

  • Die staatliche Erziehung der Schule war ausgerichtet auf die Doktrin des Nationalsozialismus. Nachschulische Erziehung gipfelte für die männliche Jugend in militärischer Ausbildung.
  • Ausdrucks- und Interaktionsformen wie Paraden, Demonstrationen und Rituale wurden in verschiedene gesellschaftliche Bereiche getrennt (Militär, Arbeiterbewegung, Kirche, Werbung).
  • Die Muster dienten in der Folge anderen Organisationen mit einem politisch-ideologischen Anspruch, etwa der Hitler -Jugend (HJ), dem Bund Deutscher Mädel/ Mädchen (BDM) und dem Reichsarbeitsdienst (RAD).
6.9 Organisation des Alltags    

In allen Bereichen wurde das Leben des Einzelnen organisiert.

  • Dies umfasste die Sozialisation der Kinder und der Heranwachsenden mit dem Alleinvertretungsanspruch in der Erziehung durch den Staat bzw. die Partei, durch die Aufnahme in der Folge in den Verband des Jungvolkes bzw. der Jungmädel, in die HJ und dem BDM. 1939 kam es zur Bildung von Sondereinheiten, etwa die Marine - HJ, die Motor- HJ, die Flieger - HJ und Nachrichten - HJ.
  • Ebenso wurde das Leben der Erwachsenen durch den Staat bzw. die Partei organisiert, etwa in der Parteimitgliedschaft, in Aktionen der Partei und in der rigorosen Kontrolle im Alltag und Berufsleben.
Der Einzelne war von einem Netz von Organisationen umgeben.

  • Die Ausbildung individueller Identität wurde verhindert.
  • Alle Menschen sollten "gleichgeschaltet" werden.
6.10 Menschenbild des Sowjetkommunismus    

Auch die Revolution von 1917 in der kommenden Sowjetunion und in der westeuropäischen Arbeiterbewegung hatte als Ziel ein neues Menschenbild'.

Bereits in Dostojewskis "Dämonen" (1872) zeigten sich Motive eines sozialpolitischen Umbruchs, entstanden aus dem unterdrückten und ungebildeten Volk (vgl. TETZNER 2013).

  • In der Gestalt des jungen Ingenieurs Kirillow - als Vorläufer eines neuen Menschenbildes - wird in der "Vernichtung Gottes" der Weg zum "Neuen Menschen" bereitet.
  • Bereits die russischen Vorrevolutionäre übernahmen die Verknüpfung von ethischem Rigorismus und revolutionärer Praxis (vgl. HARING 2018, 32-33).
Andrej SINJAWKIJ (1989, 19-25) beschreibt die ersten Jahre nach der Revolution, etwa die Laufbahnen jenseits der Klassenstrukturen, allgemeines Angebot von Bildung, Kunst der Futuristen und Wert an sich. Der Sowjetmensch ist mit dem Begriff Überlegenheit verbunden.

Abgelöst wird die Aristokratie vom Bolschewismus.

  • Die Bolschewiki bilden das neue Menschenbild.
  • Wichtig ist das, was im Klassenkampf dem Proletariat hilft (vgl. FIGES 2008, 82).
Die Sozialisierung des Kindes bedeutete, eine rationale Liebe mit einer erweiterten sozialen Familie einzusetzen.

  • Vermittelt wird dies durch die Pioniere und den Komsomol.
  • Im Erwachsenenleben geschah dies durch Arbeitskommunen und neue technische Berufe für den Aufbau eines Industriestaates, immer im Kontext der Lehre des Marxismus - Leninismus.
6.11 Revolutionäres Bewusstsein - Ernesto Che Guevara    

Als begabter Taktiker des Guerillakrieges gegen den kubanischen Diktator Fulgencio Batista und Begleiter von Fidel Castro entwickelte er eine eigene Vision für die Zeit nach der Revolution in Kuba und wurde nach seinem Tod zur Ikone der weltweiten Studentenbewegung der sechziger und siebziger Jahre. Er verkörpert bis heute den sozialrevolutionären Typ (vgl. JUCHLER 2018, 67-80).

Neben einem Entwurf als Theoretiker der kubanischen Revolution im militärischen Bereich entwirft Guevara ein wirtschaftspolitisches Konzept in Verbindung mit der Konzeption eines neuen Menschenbildes.

  • Angestrebt wird ein Finanzierungssystem mit Unternehmen als Konglomerat von Fabriken und Produktionseinheiten mit gemeinsamen Bestimmungen.
  • Das Geld/ Kapital gilt lediglich der Kontrolle.
  • Die Unternehmen verfügen über eigene Fonds bei Banken. Es gibt eine staatliche Verfügungsgewalt.
  • Unternehmen unterliegen einer zeitlichen Arbeitsnorm, ein egalitärer Zeitlohn kann bezahlt werden.
  • In einem gewissen Zweitraum verdient jeder den gleichen Lohn, unabhängig von der Art der Tätigkeit.
  • An die Stelle des materiellen Anreizes ist ein moralischer Anreiz erforderlich, als Erfüllung der vom Plan vorgegebenen Arbeitsnormen.
Das zentralisierte Planungssystem bzw. Finanzierungssystem scheitert letztlich an unrealistischen Planzielen, wirtschaftlicher Desorganisation und dem Absinken einer Arbeitsproduktivität.

Die folgenden Aspekte in einem Brief an einen Freund gelten als politisches Vermächtnis (vgl. JUCHLER 2018, 69).

  • Der Guerillakampf galt als Pflicht (vgl. die altruistische Haltung Moral der Kämpfer).
  • In der Haltung der Kämpfer war bereits der Mensch der Zukunft zu erkennen.
Ziel sei ein neues Bewusstsein zu erzeugen. Das derzeitige Bewusstsein sei noch vom feudalen kapitalistischen System korrumpiert. Für ein neues Bewusstsein soll das Volk in bestimmter Weise erzogen werden.

  • Vor allem sollte dies in der Arbeitsstelle bzw. im Produktionsprozess geschehen.
  • Die revolutionären Führer sind Lehrer und Beispiel.
  • Im Prinzip sei der Neue Mensch ein Guerillero in ziviler Kleidung.
6.12 Studentische Protestbewegung    

Für die studentische Protestbewegung der westlichen Industriestaaten war die Selbststilisierung Guevaras als säkularer Heilsbringer für die Dritte Welt entscheidend.

Die historische Parallele in der Faszination bestimmter Intellektueller in Europa und Nordamerika liegt in den Anstrengungen zur Verwirklichung eines neuen Menschenbildes in der Sowjetunion der zwanziger und dreißiger Jahre.

7 Human Enhancement    

Den zeitgemäßen Ausdruck eines neuen Menschenbildes findet in den Sozialutopien der Moderne statt. Kollektive Werte und Normen bilden die Grundlage. Ziel ist eine Wende zum Besseren (vgl. DICKEL 2018, 85-95).

In den Staatsromamen der frühen Neuzeit wurde eine utopische Ordnung noch auf ferne Inselreiche verlagert (vgl. MORUS 2014).

In den Sozialtechnologien der Moderne gelten als Instrumente für neue Menschenbilder politische Maßnahmen und erzieherische Methoden.

  • Erst die Gesellschaft bildet ein neues Menschenbild.
  • Die daraus folgende Erziehung bzw. Bildungsphase bildet den neuen Menschen.
7.1 Human Enhancement    

Mit Francis FUKUYAMA (1999) werden uns Werkzeuge an die Hand gegeben, die uns durch Sachtechnologien Leistungen erbringen können, die durch vergangene Sozialtechnologien nicht gelingen konnten.

Das neue utopische Projekt, von Fukuyana mahnend skizziert, lautet "Human Enhancement", also die Verbesserung des Menschen durch technologische Eingriffe in den Körper wie durch Pharmaka, Implantate, Prothesen, Bio- und Nanotechnologie (vgl. COENEN - GAMMEL - HEIL - WOYKE 2010; zur ethischen Debatte SCHÖNE - SEIFERT/ TALBOT 2009).

  • Enhancement bedeutet den gesundheitlichen Normalzustand zu verändern.
  • Dies bedeutet die Konstruktion von Verbesserungsmöglichkeiten, also etwa ästhetische Eingriffe, leistungssteigernde Pharmaka und Implantate für eine Steigerung menschlicher Fähigkeiten anzuwenden.
Das gegenwärtig körperlich Unmögliche soll technologisch möglich gemacht werden. Im bioethischen Diskurs werden derzeit die drei Pfade Designerbabies, Cyborgs und Uploads behandelt.

Das "genome editing" - Methode zum Entfernen, Einfügen und Verändern der DNA - erneuert einen Diskurs über biotechnische Interventionen im Rahmen einer "liberalen Eugenik". Keineswegs muss der genetisch Neue Mensch ein Produkt staatlicher Kollektiventscheidungen sein, vielmehr kann er als ein Produkt einer Vielzahl von elterlichen Entscheidungen gedacht werden.

Bestimmt war die Debatte vom der Idee einer Selektion, in der liberalen Fassung einer Selektion der besseren Nachkommen auf der Basis der Präimplantationsdiagnostik. Durch neue Methoden des genome editing gibt es die Möglichkeit genmanipulativer Eingriffe in die Keimbahn.

Utopisten hoffen und Gegner fürchten, dass in solchen Manipulationstechniken Menschen entstehen, die völlig andere Eigenschaften aufweisen wie der Mensch der Gegenwart.

Seit Jahrzehnten ist eine andere transhumane Vision in Diskussion, die Prothesen und Implantate verwendet. Der Zusammenschluss von Bio-, Nano- und Informationstechnologie führt zu Verbesserungsmöglichkeiten, die ein Mensch in seinem Leben nutzen kann.

  • Neuro - Implantate sollen zur Steigerung der Kognition führen.
  • Ein künstliches Auge kann die Sehkraft steigern und Teile des elektromagnetischen Spektrums wahrnehmen.
  • Ein künstliches Ohr kann bisher nicht hörbare Töne vermitteln.
  • Denkbar wäre eine Vernetzung künstlicher Sinnesorgane verschiedener Personen.
  • Bioelektronik könnte dem Körper zusätzliche Kraft verleihen.
Der implantierte Mensch kann schrittweise zum Cyborg werden, ein Hybrid aus Mensch und Maschine (vgl. DICKEL 2016, 101 -115).

Eine radikale Form eines neuen Menschenbildes bzw. eines Neuen Menschen bildet die vollständige Digitalisierung des menschlichen Bewusstseins (Uploading oder Whole Brain Emulation). Die Prämisse geht davon aus, dass sich das Gehirn letztlich als austauschbare Hardware für die Software des Bewusstseins beschreiben lässt. Die Möglichkeit eine Neuroscans scheint gegeben.

Es geht, so die Vorstellung, um eine umfassende Entgrenzung. Der digitale Mensch soll frei von der Biologie seine geistigen Fähigkeiten verbessern und umgestalten können. Er wird so zur sich selbst formenden künstlichen Intelligenz (vgl. KURZWEIL 1999).

7.2 Gesellschaftliche Aspekte    

In der Wissenschaft stoßen die drei transhumanen Pfade auf Ablehnung bzw. Skepsis. Ein Paradigmenwechsel von den Naturwissenschaften zum informationstechnischen Denken bzw. ein Umbruch im wissenschaftlichen Weltbild scheint nicht vorhanden zu sein.

Auch wenn das Uploading noch als Phantasie angesehen wird, einige Technikvisionäre sehen diese Technologie in diesem Jahrhundert als Wirklichkeit an. Als der prominenteste Vertreter gilt Ray KURZWEIL, Träger der "National Medal of Technology" und "Director of Engineering" bei Google (vgl. KURZWEIL 1999).

Welche Bedeutung dieser Diskurs besitzt, zeugt sich in den Schlagworten "Industrie 4.0", "Smart Cities", "autonomes Fahren", "künstliche Intelligenz" und "synthetische Biologie".

Im deutschsprachigen Raum ist der Diskurs naturgemäß von der Belastung durch die Eugenik bestimmt (vgl. WEINGART -KROLL - BAYERTZ 1992). Allerdings läuft auch ein Diskurs über "liberale Eugenik" (vgl. HABERMAS 2005).

  • Damit drängt sich die Vorstellung auf, dass Menschenbilder bzw. der Neue Mensch auch ein Produkt der Gesellschaft sind.
  • Dies ist eine Gesellschaft, die als primäres Mittel ihrer Selbstgestaltung und Selbsttransformation begreift (vgl. DICKEL 2018, 95).
8 Selbstoptimierung im Neoliberalismus    

Menschenbilder bedürfen einer prozesshaften Optimierung, demnach kontinuierlich in einem Veränderungsprozess in den verschiedenen Bereichen des Lebens.

8.1 Veränderungsprozesse    

Nicht ein Idealzustand ist anzustreben, vielmehr das Bestmögliche.

  • Individualisierung und Vielfältigkeit sind in kulturelle Wertsysteme, Normen und Wunschbilder eingebettet.
  • Dem Einzelnen ist die Ausformung überlassen, denn es gibt keinen allgemein gültigen Maßstab.
  • Eine Optimierung des Selbst gestaltet sich zumeist Schritt für Schritt in Modifikationen der Varianten der täglichen Lebensführung (vgl. DUTTWEILER 2018, 107).
8.2 Gouvernementalität    

In Anlehnung an die Analysen vom Michel FOUCAULT zur Gouvernementalität (Regierungstechnologie) der Gegenwart zeigen sich die Wünsche und Interessen der Einzelnen mit politischen Zielen (vgl. FOUCAULT 1993, 24-62).

Für die Politischen Bildung sind diese von wesentlicher Bedeutung.

  • Praktiken menschlichen Handelns zielen auf den Zusammenhang von Wissen, Macht und Technologie.
  • Mit "Gouvernementalität" wird der Macht- und Wissenskomplex bezeichnet, in dem die Formen der politischen Regierung auf Formen der Selbstführung zurückgreifen. Der Fokus liegt auf der Führung anderer und der Führung des Selbst. Regierung bedeutet demnach die Verbindung von Selbst- und Fremdführung.
  • Foucault sieht Regierungstechnologien als spezifische Machtbeziehung zwischen Freiheiten und Herrschaftszuständen.
  • Damit man dies umsetzen kann, bedarf es einer Vielfalt von Möglichkeiten. Regierungstechniken in diesem Verständnis beziehen sich nicht nur auf das Politische, vielmehr auch auf die Führung jeder Art einer Institution bzw. eines Unternehmens (vgl. Bildungsinstitutionen, Verwaltung, Betriebe oder Vereine).
  • Gouvernementalität der Gegenwart knüpft an den Liberalismus an, die Freiheit für Markt und Individuum, den Bezug zum Leben des Einzelnen und der Bevölkerung, ihre Sicherheit, der Alters- und Armutsvorsorge (vgl. BRÖCKLING - KRASMANN -LEMKE 2000).
Die Verschiebung zum Neoliberalismus ergibt sich aus dem Verhältnis von Staat und Markt.

  • Bildung, Gesundheit und Soziales werden als Marktgeschehen gefasst.
  • Neoliberale Regierungsrationalität produziert und bezieht sich auf ein Wissen vom Menschen, das ihn als Unternehmer sieht.
  • Die Logik des Unternehmerischen und der Selbstverwirklichung bezieht sich auf das Wissen um eine Menschenführung (vgl. Führung auf Distanz mit Anreiz-, Aktivierungs- und Ermächtigungsprogrammen).
  • Zu sorgen ist folgerichtig sich um die eigene Gesundheit, Sicherheit, Risikominimierung, Armutsvermeidung, Leistungs- und Arbeitsfähigkeit (vgl. LESSENICH 2008).
9.3 Handlungsfelder einer Selbstoptimierung    

Ein Dauerbrenner der Selbstoptimierung ist die Suche nach Glück.

  • Es stellt eine Augenblickserfahrung dar, die nur subjektiv bestimmbar ist. Glück kann alle Bereiche des Lebens umfassen.
  • Es verändert das Menschenbild, indem es die Freiheit und Selbstverwirklichung fördert und zu Selbstvertrauen und sozialer Anerkennung führt.
Das Menschenbild benötigt aber nicht zwingend solche subjektive Momente. Es geht auch mit sanften Eingriffen.

Ein Beispiel dafür ist der Begriff "Wellness".

  • "well being" und "Fitness" ist eine Sehnsuchtsformel geworden.
  • Stress gilt als Antagonist. Hier ist man unfähig, mit negativen Bedingungen zufriedenstellend umgehen zu können.
Die Arbeit an der eigenen Balance an seinem Menschenbild verlangt umfassende Selbstführungskompetenz, also Selbstverantwortung, Freiheit und Entscheidungsfähigkeit.

  • Es bedarf der Verfügung von Ressourcen.
  • Die alltägliche Selbsttechnologie ist gesellschaftlich bedeutend.
  • Das Selbst kann zu einem Modell der Rückkoppelung, Regulation und Optimierung führen.
Solche soziokulturelle Ressourcen sind

  • ökonomisch verwertbar,
  • stellen Momente einer gesellschaftlichen Integration dar und
  • tragen zu einer Selbstbestimmung bei, die politisch, kulturell und ökonomisch einsetzbar ist.
10 Digitalisierung des Menschenbildes    

Die Digitalisierung ist die jüngste Kulturleistung des Menschen. Die Welt des 21. Jahrhunderts' ist von Einrichtungen der Informationstechnologie (IT) im täglichen Leben bestimmt.

  • Alltägliche Einrichtungen werden von Sensoren mit Datenspeicherung bestimmt.
  • Messdatenmengen werden gesammelt, die Umwelt des Menschen wird mit einer Umgebungsintelligenz vernetzt. Menschen werden beobachtet, analysiert und prognostiziert, damit man ihnen immer einen Schritt voraus zu scheinen ist.
  • Die großen Unternehmen der Computerindustrie streben Internetfähigkeit an, präsentieren zunehmend mobile Kleincomputer an und vernetzen die Nutzer (vgl. HOFSTETTER 2018, 135-150).
10.1 Änderung des Menschenbildes    

Die Technik verändert das Menschenbild in einem Ausmaß, das schwer einschätzbar ist.

  • Es vollziehen sich weltweit Umbrüche in der Mobilität, Kommunikation, in den Kulturleistungen und in gesellschaftlichen Normen.
  • Mitunter wird von einem Diktat der Digitalisierung mit einem Verlust der Privatautonomie gesprochen (vgl. HOFSTETTER 2018, 139).
Ein neues technologisches Element stellt das "quantifying" dar, das eine zahlenmäßige Bewertung von Menschen, Gegenständen und Verfahren durchführen kann. Diese Messfühler ergeben eine große Datenmenge.

  • Smartphones sind solche Messinstrumente, die etwa Helligkeit und Schwerkraft messen, mit Kamera, Mikrofon und GPS ausgerüstet und mit Hilfe von Apps Schlaf, Akustik, Blutdruck und Blutzucker messen (können).
  • Manche Beobachter meinen, ein mit Smartphone erweiterter Mensch sei als Cyborg zu bezeichnen.
  • Solche Ausdehnung von Daten erfolgen auch in der virtuellen Welt in Form etwa von Nachrichten, Netzwerken, Fotos, Videoaufnahmen, Geopositionen und sonstigen Aktivitätszeiten.
  • Die Erfassung von Datenströmen sind für Technologiezentren von zentraler Bedeutung für ihre Geschäftsmodelle und erbringen enorme finanzielle Gewinne.
  • Die Zentren erstellen Profile der Nutzer, in der Industrie werden Verbesserungen und neue Produkte entworfen.
Der Mensch soll optimiert werden. Gemeint ist damit die Erfassung und Fusion von menschlichen Daten.

  • Zur Disposition stehen damit die Selbstbestimmung des Einzelnen und eine technologische Steuerung.
  • Diese künstliche Intelligenz wird von so manchem schlimmer als die Kernspaltung angesehen.
10.2 Der Mensch als Objekt    

Die Menschenwürde zeigt sich in den Freiheitsrechten einer Person. Ein Synonym für die Würde des Menschen ist die Unabhängigkeit. Diese umfasst die Selbstbestimmung.

  • Nur der freie Mensch ist jener, der Demokratie leben kann.
  • Die geisteswissenschaftliche Erkenntnis weit darauf hin, dass der Mensch mehr als eine Maschine ist.
  • Im Dualismus der europäischen Rechtsordnung wird zwischen Rechtssubjekten und Objekten unterschieden.
    • Nur Subjekte, also Personen, können Träger von Rechten und Pflichten sein.
    • Objekte verfügen über keine Rechte und damit gerechte Behandlung.
Diametral steht den digitalen Technologieriesen die Trennschärfe von Person und Sache entgegen.

  • Quantifying ist die technologische Kraft der Digitalisierung.
  • Der Mensch wird zu einem Algorithmus, ein deterministischer vorgeschriebener Handlungsablauf.
  • So gut wie kritiklos werden die Angebote und Geräte genutzt, das Menschenbild der Technologiekonzerne wird legitimiert.
  • Die Angebote sind keinesfalls wertfrei oder neutral. Wer sie nutzt, kauft die Werte von Quantifying, also Überwachung und Technosteuerung mit ein.
10.3 Ökonomische Aspekte    

Schon 1961 kritisierte Erich FROMM die Objektivierung des Menschen, die den Menschen zur Ware macht (degradiert) und ausbeutet (vgl. FROMM 1961/1999, 276).

  • Finanzielle Bewertungen des menschlichen Profils sind ein Ausdruck von Markt und Wettbewerb.
  • Mehr Likes, mehr Retweets und mehr Followers steigern den finanziellen Wert des modernen Menschen.
Die Logik des freien Markts ist "Liberty", das zentrale Recht einer Ablehnung staatlicher Einmischung in die Marktdisziplin (vgl. HOFSTETTER 2018, 147-148). Der Neoliberalismus ist ein Kennzeichen für das Menschenbild eines "Kapitalismus ohne Maske" (vgl. CHOMSKI 2006, 9).

10.4 Zusammenfassung    

Konstruiert man das Bild eines typischen Mannes in den dreißiger Jahren, wie ihn Sabine HARING (2008 bzw. 2018, 27) schildert

  • vom Weltkrieg erschüttert,
  • von Ordnung und Gesetz in Form entweder von Kommunismus oder Nationalsozialismus beeinflusst - zeigt sich die Motivation der Suche nach einem neuen Menschenbild.
Die Übernahme der Ideengeschichte bei der Suche nach dem Menschenbild und dessen Konstruktion weist auf Gottfried KÜENZLENs These - als Theologe, Religions- und Kultursoziologe - einer anthropologischen Voraussetzung auf Selbsttranszendenz.

  • Die Suche nach einem neuen Menschenbild bzw. einem "Neuen Menschen" wirkt als Befreiung von Daseinsunsicherheit und Daseinsohnmacht.
  • Wenn das Christentum vom Jenseits ausgeht, so wirken Säkularisierungsprozesse bereits im Diesseits.
    • Nicht länger wird eine Realisierung auf das Jenseits verschoben.
    • Die von der Menschheit konstruierte neue Menschenbildung bzw. der Neue Mensch soll als ein irdisches Wesen entstehen lassen.
Die Suche kann als Reaktion auf eine Krise des 19. und 20. Jahrhunderts interpretiert werden.

Gesellschaftliche Umbrüche im 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit Phänomenen einer Globalisierung und Digitalisierung lassen neue Menschenbilder entstehen.

Für die Politische Bildung sind unterschiedliche Formen und Interpretationen von Menschenbildern bzw. des Neuen Menschen von wesentlichem Interesse.

Literaturhinweise Menschenbild    

Abu Ayyash L./ Friedel A.-S./ Piepenbrink J./ Seibring A. (2018): Der Neue Mensch, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10274, Bonn

Bröckling U. - Krasmann S. - Lemke Th. (Hrsg.) (2000): Gouvernementalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen, Frankfurt/M.

Chomski N. (2006): Profit Over People - War Against People. Neoliberalismus und globale Weltordnung, Menschenrechte und Schurkenstaaten, München

Coenen Chr. - Gammel St. - Heil R. - Woyke A. (Hrsg.) (2010): Die Debatte über "Human Enhancement". Historische, philosophische und ethische Aspekte der technologischen Verbesserung des Menschen, Bielefeld

Dichatschek G. (2017a): Didaktik der Politischen Bildung. Theorie, Praxis und Handlungsfelder der Fachdidaktik der Politischen Bildung, Saarbrücken

Dichatschek G. (2017b): Geschichte und Theorieansätze der politischen Bildung in Österreich. Besondere Berücksichtigung vorberuflicher Bildung im Kontext mit Politischer Bildung, Saarbrücken

Dichatschek G. (2017c): Interkulturalität - Ein Beitrag zur Theorie, Bildung und Handlungsfeldern im Kontext von Interkultureller Öffnung und Politischer Bildung, Saarbrücken

Dickel S. (2016): Utopische Technologien in technologisierten Gesellschaften, in: Liessmann K.P. (Hrsg.): Neue Menschen! Bilden, optimieren, perfektionieren, Wien, 101-115

Dickel S. (2018): Der Neue Mensch . ein (technik) utopisches Upgrade. Der Traum vom Human Enhancement, in: Abbu Ayyash L./ Friedel A.-S./ Piepenbrink J./ Seibring A. (Hrsg.): Der Neue Mensch, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10274, Bonn, 85-95

Duttweiler St. (2018): Nicht neu, aber bestmöglich: Alltägliche Selbstoptimierung in neoliberalen Gesellschaften, in: Abbu Ayyash L./Friedel A.-S./Piepenbrink J./Seibring A. (Hrsg.): Der Neue Mensch, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10274, Bonn, 107-117

Figes O. (2008): Die Flüsterer. Leben in Stalins Russland, Berlin

Foucault M. (1993): Technologien des Selbst, in: Luther H.M./ Huck Gutman/ Hutton P.H. (Hrsg.): Technologien des Selbst, Frankfurt/ M., 24-62

Fromm E. (1961): Der moderne Mensch und seine Zukunft, in: Funk R. (Hrsg.) (1999): Erich - Fromm - Gesamtausgabe, 12 Bände, Band XI, München, 276

Fukuyama F.: Bald schon wird die nachmenschliche Zeit beginnen, 19.6.1999 > http://www.welt.de/printwelt/article574272/Bald_schon_wir_die_nachmenschliche_Zeit_beginnen.html

Habermas J. (2005): Die Zukunft der menschlichen Natur - Auf dem Weg zu einer liberalen Eugenik?, Frankfurt/ M.

Haring S. (2008): Verheißung und Erlösung. Religion und ihre weltlichen Ersatzbildungen in Politik und Wissenschaft, Wien

Haring S. (2018): Der Neue Mensch im Nationalsozialismus und Sowjetkommunismus, in: Abu Ayyash L./ Friedel A.-S./ Piepenbrink J./ Seibring A. (Hrsg.): Der Neue Mensch, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10274, Bonn, 27-37

Hofstetter Y. (2018): Neue Welt. Macht. Neue Menschen. Wie die Digitalisierung das Menschenbild verändert, in: Abu Ayyash L./ Friedel A.-S./ Piepenbrink J./ Seibring A. (Hrsg.): Der Neue Mensch, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10274, Bonn, 135-150

Juchler I. (2018): Ernesto Che Guevaras Konzeption des Neuen Menschen - Revolutionäres Bewusstsein, Pflicht und Opfertod, in: Abu Ayyash L./ Friedel A.-S./ Piepenbrink J./ Seibring A. (Hrsg.): Der Neue Mensch, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10274, 67-80

Kurzeil R. (1999): Homo Sapiens. Leben im 21. Jahrhundert - was bleibt vom Menschen?, Köln

Knopp G. (1999): Hitlers Helfer. Täter und Vollstrecker, München

Küenzlen G. (1997): Der Neue Mensch. Zur säkularen Religionsgeschichte der Moderne, München

Küenzlen G. (2018): Der alte Traum vom Neuen Menschen: Ideengeschichtliche Perspektiven, in: Abu Ayyash L./ Friedel A.-S./ Piepenbrink J./ Seibring A. (Hrsg.): Der Neue Mensch, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10274, Bonn, 13-23

Lessenich St: (2008): Die Neuerfindung des Sozialen. Der Sozialstaat im flexiblen Kapitalismus, Bielefeld

Morus Th. (2014): Utopia (De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia 1516), Stuttgart

Piper E. (2018): Geschichte des Nationalsozialismus. Von den Anfängen bis heute, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 10291, Bonn

Schöne - Seifert B./ Talbot D. (Hrsg.) (2009): Enhancement. Zur ethischen Debatte, Paderborn

Sinjawoskij A. (1989): Der Traum vom Neuen Menschen oder die Sowjetzivilisation, Frankfurt/ M.

Tetzner Th. (2013): Der kollektive Gott. Zur Ideengeschichte des "Neuen Menschen" in Russland, Göttingen

Weingart P. - Kroll J. - Bayertz K. (Hrsg.) (1992): Rasse, Blut und Gene. Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland, Berlin

TEIL 3 Persönlichkeitsbildung    

11 Einführung    

Die Verlagerung von Lebenswelten von Lernenden in die Schule ergibt den pädagogischen Auftrag, neben einer zeitgemäßen fachlichen Bildung auch erzieherische Aufgaben in Form einer Persönlichkeitsbildung wahrzunehmen.

Es kommt zu Spannungen zwischen der institutionellen Logik von Schule und Sozialpädagogik.

Politische Bildung mit ihrem Anspruch von Individualität und Kollektivität in der Gesellschaftsform der Demokratie steht in diesem Spannungsfeld, will sie einen erfolgreichen Beitrag zu Erziehung und Unterricht im pädagogischen Selbstverständnis der österreichischen Schule leisten.

Der Beitrag beschäftigt sich mit

12 Einleitung    

Persönlichkeitsbildung erweist sich als eine Zielperspektive pädagogischer Bemühungen im gesellschaftlichen und (gesellschaftlich-)politischen Bereich(vgl. BUDDE - WEUSTER 2016, 1-15; DICHATSCHEK 2017a, 17-18).

  • Gute Schule bietet nicht nur guten Unterricht.
  • Guter Unterricht benötigt auch entsprechende schulkulturelle Voraussetzungen.
  • Unterricht und Schulkultur beeinflussen das Schulklima.
  • Damit können ressourcenstärkende und persönlichkeitsbildende Funktionen eingenommen werden.
Politische Bildung erweist sich als Themenfeld mit den Teilbereichen Soziales Lernen, Erziehung zur Demokratie und Persönlichkeitsbildung (vgl. BUDDE - WEUSTER 2016, 2).

  • Eine Entfaltung der Persönlichkeit als Ziel von Erziehung zum mündigen Bürger gehört zum Standard für die Lehrerbildung.
  • Dies bedarf einer theoretischen Abklärung von Persönlichkeitsbildung.
  • Zu beachten ist die Rekonstruktion von Möglichkeitsräumen und die Klärung institutioneller Logiken.
13 Theoretische Perspektiven    

Schon Humboldts Bildungskonzeption (1903, 282-285) mit dem Bezug zu Vernunft und Emanzipation versteht Bildung weniger als Selbstzweck und oder Wissensvermittlung, vielmehr Bildung der Persönlichkeit und Individualität (vgl. auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, Art. 26 > http://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf [15.8.2018]).

Damit ist auch das Ziel Politischer Bildung angesprochen, neben einer gesellschaftlichen Funktion (vermittelt durch die Schule) und einer individuellen Funktion (in Form von Mündigkeit durch Fachdidaktik) zu erlangen(vgl. FEND 2006, DICHATSCHEK 2017a).

13.1 Verlagerung der Lebenswelten    

In der Folge wird die Umsetzung kaum bearbeitet, vielmehr eine zunehmende Sozial - Pädagogisierung mit neuen Lehr -Lern - Kulturen bearbeitet (man beachte den Paradigmenwechsel von den Geistes- zu den Sozialwissenschaften; vgl. HELSPER - BÖHME - KRAMER - LINGKOST 2001, DEINET 2001). Zu vermerken ist die zunehmende Notwendigkeit der Kulturwissenschaften bzw. Interkulturalität (vgl. DICHATSCHEK 2017c, 21-32).

  • Es gilt die Vorstellung, dass neben dem Lebensraum auch die Verlagerung der Lebenswelten Lernender in die Schule mit persönlichkeitsbildenden Erziehungsprozessen eine wesentliche Bedeutung erhält.
  • Mit der Ganztagsschul - Entwicklung ergibt sich eine Ausweitung der Aufgaben von Schule (vgl. OTTO 2005; HOLTAPPELS 2008, 495-512; THIEL 2014). Damit kommt es zu einer Annäherung von Schul- und Sozialpädagogik bzw. der Institution von Schule und Sozialinstitutionen.
  • Neben dem fachlichen Bildungsauftrag nimmt das Verständnis von Allgemeinbildung zu (vgl. Gesundheitsbildung, Medienerziehung, interkulturelle Erziehung).
  • Erzieherische Aufgaben und die Vermittlung von Kompetenzen kommen dazu (vgl. Sexualerziehung, Mobilitätserziehung - Soziale Kompetenz, Lernen lernen).
  • Für die Sozialpädagogik und außerschulische Bildungsbereiche etabliert sich eine Verschulung (vgl. die Diskussion um eine Verschulung im universitären Studium; man beachte Tendenzen einer Verschulung in der Weiterbildung). Damit ist Persönlichkeitsbildung betroffen.
  • Gekennzeichnet ist eine Spannung von Schulpädagogik und Sozialpädagogik.
    • Schule steht für eine Organisation mit gesamtgesellschaftlichen Vorstellungen mit exemplarischer Vermittlung von Gegenständen und Öffentlichkeit im Kontext gesellschaftlicher Funktionen ( Reproduktion - Selektion - Partizipation; vgl. FEND 2006).
    • Sozialpädagogik steht für Aspekte einer Einzelfall- und Subjekt-Orientierung?, Lebenswelt- und Sozialraumbezug, Freiwilligkeit und Vertrauensbeziehungen (vgl. COELEN 2007, 43-72). Damit ist der Bezug zu einer stärkeren Persönlichkeitsbildung gegeben.
13.2 Handlungsfeld Persönlichkeitsbildung    

  • Bildung - Gegenstände: Geschichte - Sozialkunde - Politische Bildung, Lebenskunde, Berufsorientierung; Sprachgegenstände, Kunstfächer, Ethik, Religion - Fächerübergreifende Bildungsprinzipien: Soziales Lernen - Demokratieerziehung - Interkulturelle Erziehung
Beratung: Bildungsberatung, Erziehungsberatung

Coaching: Kids - Coaching, Lern - Coaching, Konflikt - Coaching, Bewerbungs - Coaching, Gender - Coaching, Diversity -Coaching - Elterncoaching

  • Fachdidaktik - Didaktiken der Politischen Bildung, des Sprachunterrichts, der Kunstgegenstände, der Religionspädagogik/ Diakonisches Lernen, des Ethikunterrichts
  • Lehrerausbildung - Lehrerfortbildung - Lehrerweiterbildung
  • Sozialpädagogik - Erlebnispädagogik, Sozialkompetenztraining
  • Soft Skills - Identität - Subjektorientierung
  • Personale Kompetenz - Soziale Kompetenz - Fach- und Methodenkompetenz - Medienkompetenz - Interkulturelle Kompetenz
  • Unterricht - Erziehungsstil
  • Fördermaßnahmen - Anerkennung - Wertschätzung - Beratung (Bildungs-, Erziehungs-) - Coaching
  • Pädagogisches Dreieck: Schüler_innen - Lehrer_innen - Eltern
Quelle: modifiziert nach BUDDE - WEUSTER 2018, 18; vgl. zum Bereich "Bildung und Kompetenz" GRUNERT 2012, 19-78

13.3 Problemlagen    

Es bestehen zwei Problemlagen, die zu beachten sind.

Zwischen Lernenden und Lehrenden gibt es eine Symmetrie- und Machtantinomie.

  • Lernende sehen Partizipation als eine Art schulische Handlungsaufgabe.
  • Lehrende sind im Spannungsfeld der Eröffnung von Partizipationsmöglichkeiten und einer Einschränkung realer Möglichkeiten durch institutionelle Vorgaben, allerdings mit Möglichkeiten einer standortbezogenenen Schulentwicklung.
Im Folgenden geht es um didaktische Möglichkeitsräume/ Aspekte, um Begrenzungen und Trennlinien.

14 Didaktische Aspekte    

Es empfehlt sich, Persönlichkeitsbildung aus erziehungswissenschaftlicher Sicht als kritisch - reflexiver Prozess zwischen Selbst- und Sozialkonzept zu verstehen (vgl. BUDDE - WEUSTER 2016, 5).

In der folgenden Dimensionen bzw. Konzeption widerspiegelt sich auch die Grundsätzlichkeit von Politischer Bildung, wobei über ein Selbstkonzept ein Sozialkonzept und durch Analyse- und Urteilsfähigkeit ein persönliches Politikkonzept entstehen sollte.

14.1 Didaktische Dimensionen    

Aus diesem Verständnis ergeben sich vier Dimensionen, wozu

  • das Selbstkonzept (eigene Wahrnehmung, Bedürfnisse, Interessen, Vorstellungen und Erwartungen),
  • das Sozialkonzept (Strukturierung des Selbstkonzepts),
  • die Urteilsfähigkeit (Verhältnisbildung von Selbst- und Sozialkonzept) und
  • die Partizipationsstruktur (intersubjektiver Erfahrungsraum mit Eigen- und Fremdwahrnehmung) gehören.
Im Zusammenwirken der vier Dimensionen entsteht das Verhältnis zwischen Individuum und Umwelt, wodurch ein Selbst- und Sozialkonzept sich bilden kann (vgl. KANNING 2002, 154-163).

14.2 Didaktische Umsetzung    

Zur didaktischen Umsetzung zur Persönlichkeitsbildung bieten sich im schulischen Alltag

  • alle pädagogischen Angebote der Fächer bzw. Fachkombinationen Sozialkunde - Politischen Bildung, Berufsorientierung und Lebenskunde, Sprach- und Kunstfächer, Ethik, Religion
  • der Berufs- und Lebensplanung bzw. Vorberufliche Bildung/ Berufsorientierung und
  • Projekte mit (Aspekt-) Erkundungen, Exkursionen und Projektwochen mit Dokumentation und Präsentation an.
  • Anzustreben sind begrenzte Bereiche schulischer Selbstverwaltung, möglicherweise in Form einer standortbezogenen Schulentwicklung (vgl. RIHM 2008).
  • Notwendig ist in der Leistungsbeurteilung der Abbau des Notendrucks.
    • Als Elemente erweisen sich etwa Projekte, ein Lerndialog und/ oder die Dokumentation von zunehmendem Lernfortschritt sowie das Anlegen eines Portfolios (vgl. WINTER 2015).
    • Schulrechtlich sind "Verbindliche Übungen " zunehmend von pädagogischem Interesse.
  • Möglichkeiten im Bereich des Coachings für Lernenden und ggf. bei Bedarf Eltern - Coaching sind anzubieten (vgl. THIEL 2014).
14.3 Methodische Elemente    

Methodisch für eine Persönlichkeitsbildung sind von Interesse

  • die teilnehmende Beobachtung,
  • die Feldbeobachtung mit Feldprotokoll,
  • themenzentrierte Interviews (vgl. FRIEBERTSHÄUSER 2010, 371-395) und
  • Selbstauskünfte der Befragten.
15 Persönlichkeitsbildung in der Politischen Bildung    

Für eine schulische Politische Bildung ist die gesellschaftliche und individuelle Dimension von Interesse (vgl. DICHATSCHEK 2017a).

Politische Bildungsarbeit in der Schule, aufbauend auf der didaktischen Struktur der Politischen Bildung, ist Bestandteil der Gesamtbildung des Menschen, denn die sogenannte Allgemeinbildung und Berufsbildung bzw. ein Fachmenschentum garantieren noch nicht ein menschenwürdiges Dasein (vgl. FISCHER - HERRMANN - MAHRENHOLZ 1978, 14).

15.1 Ziele    

Ziel des politischen Unterrichts bzw. einer Politischen Bildung ist

  • eine Erziehung zur Demokratie bzw. Partizipation (vgl. HIMMELSMANN 2007, 42-70; BUDDE - WEUBSTER 2018, 351-355),
  • zu kritischer Urteilsfähigkeit und
  • zum Erkennen der politischen, sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhänge.
  • Ziele, die auf einen Ausgleich sozialer Unterschiede ausgerichtet sind, geraten in Einzelfällen in Widerspruch zu vorhandenen gesamtgesellschaftlichen Zielvorstellungen. In der Folge ist davon auszugehen, dass eine kritische Politische Bildung ein lang dauernder Prozess der Rationalisierung politischer Fragen ist.
15.2 Soziale Aufgabe    

Es ist eine soziale Aufgabe des Bildungssystems eines Staates bzw. einer Gesellschaft,

  • Heranwachsende auf ein Leben in der Gesellschaft vorzubereiten.
  • Dies bedeutet, dass jede Erziehungs- und Bildungsfunktion sozial bedingt ist. Damit ist eine Persönlichkeitsbildung gegeben.
Bildung und das Bildungswesen sind von der Gesellschaft abhängig, Erziehung wirkt wiederum auf die Gesellschaft.

15.3 Schulsystem und Gesellschaftsordnung    

Das Schulsystem ist Repräsentant der jeweiligen Gesellschaftsordnung, daher reproduziert sie auch diese, wenn auch in einer veränderten Form.

  • Bildung und das Bildungswesen können nicht anders als die Grundstruktur der bestehenden Organisation der Gesellschaft sein.
  • Dies widerspiegelt sich in der Entwicklung der jeweiligen Persönlichkeiten bzw. Persönlichkeitsbildung.
16 Rolle der Schule    

Eine zeitgemäße Schule wird eine Schule sein müssen, die sich auch die Bildung der Persönlichkeit ihrer Lernenden zur Aufgabe macht (vgl. BUDDE - WEUSTER 2016, 12-13; 2018, 33-45).

Unterschiedliche schulpädagogische Angebote der Schule, auch in der Möglichkeit einer standortbezogenen Schulentwicklung, lassen die Aufgabe, die ihre Begründung im Übergang zur Weiterbildung und in der Folge in das Berufsleben findet, einer zeitgemäßen gesellschaftlichen Transformation erfüllen.

16.1 Bildung eines Selbstkonzepts    

Die Bildung eines Selbstkonzepts der Lernenden gelingt nur in der Gelegenheit zur Perspektivenübernahme.

  • Dazu bedarf es schulischer Angebote im Unterricht und in der Beratung (vgl. BREIDENSTEIN 2010, 869-887).
  • Notwendig ist eine Fort- und Weiterbildung Lehrender (vgl. BREIDENSTEIN - HELSPER - KÖTTERS 2002, 67-86; HELSPER 2011, 149-171; DICHATSCHEK 2017d, 42-49, 50-51) .
16.2 Grenzen des Sozialkonzepts    

Das Sozialkonzept der Schule ist begrenzt, weil Schule und die Schulklasse öffentlich-rechtlich handelt. Partizipationsmöglichkeiten lassen sich anbieten, die allerdings durch schulische Logiken eingeschränkt werden (vgl. PONGRATZ 2008, 243-259).

  • Ganztägige Bildungssysteme können sich ungleich besser einbringen (vgl. OTTO 2005).
  • Zunehmend von Bedeutung sind Wissen und Handlungsmöglichkeiten im Bereich der Interkulturalität, sowohl bei Lernenden und Lehrenden(vgl. DICHATSCHEK 2017b).
  • Ein notwendiger Freiraum gilt als wünschenswert.
    • Bildungs- und Erziehungspotenziale, die Schule als Institution besitzt, können nur genützt werden, wenn individuelle Entwicklungsprozesse in Form von individuellen Orientierungen, Einstellungen und Handlungen entstehen können (vgl. FUCHS 2001).
    • Es bedarf spezieller Formen einer Subjektivierung, etwa in Projekten unter Einbeziehung externer Lehrender bzw. Berater_innen (Modellernen; vgl. FREY 2007), Projektwochen (vgl. KLIPPERT 1994), Übernahme von leistbaren schulischen Verwaltungsaufgaben und (begrenzte) Mitbestimmung bzw. Mitverantwortung) (vgl. BUDDE 2010, 384-402; unter dem Aspekt der Berufsorientierung und informeller Kontexte BAUER - BITTINGMAYER 2007, 59-79; KAHLERT - MANSEL 2007, 7-16).
    • Nicht zu übersehen ist ein Angebot von Coaching zu Förderung, Unterstützung bzw. Begleitung persönlichkeitsfördernder Maßnahmen (vgl. THIEL 2014).
17 Zusammenfassung    

Neben dem qualifizierten Fachunterricht und standortbezogenen Schulentwicklungsprojekten sind Schulen gefordert, persönlichkeitsbildende Elemente in ihren Bildungsauftrag aufzunehmen. Daraus entsteht ein eigenständiges Handlungsfeld.

Das Kapitel dokumentiert das Themenfeld Persönlichkeitsbildung im Kontext mit Politischer Bildung, die als vernachlässigte Disziplin zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Im österreichischen Kontext ist Politische Bildung mit dem Fach Geschichte - Sozialkunde verbunden und entsprechend positioniert. Andere Unterrichtsgegenstände wie etwa die Sprachfächer und Geographie/ Länderkunde - Wirtschaftskunde oder Fächer mit Wert- und Normvorstellungen wie Lebenskunde, der Religions-, Ethik- oder Rechtskundeunterricht ergeben den Bezug zu einem Unterrichtsprinzip.

Kontrovers stellt sich die Frage, ob Schule vorrangig Bildung oder Erziehung zu vermitteln hat.

  • Im Selbstverständnis der österreichischen Schule steht jedenfalls die Vermittlung beider Elemente.
  • Dass dem nicht immer so ist, zeigt sich am Handlungsfeld der Persönlichkeitsbildung. Die vermehrte Nutzung didaktischer Elemente im Kontext einer standortbezogenen Schulentwicklung erscheint wünschenswert.
  • Zunehmend sind Kompetenzen der Lehrenden und Lernenden erforderlich.
  • Für Lehrende sollten Angebote in der Fort- und Weiterbildung vorhanden sein.
    • Für den Unterricht etwa psychologische Aspekte in Unterricht und Erziehung, Politische Bildung, Vorberufliche Bildung/ Berufsorientierung,
    • Für die Beratung etwa eine Einführung mit Fortbildungsangeboten in der Bildungs- und Berufsberatung sowie für ein Coaching.
    • Vermehrt zu beachten wäre die interkulturelle Komponente mit einer "Interkulturellen Kompetenz".
Schule vereint gesellschaftliche und individuelle Funktionen. Hier setzt auch die Begründung der pädagogischen Bedeutung der Politischen Bildung an.

Literaturhinweise Persönlichkeitsbildung    

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Zum Autor    

APS - Lehramt (VS - HS - PL/ 1970, 1975, 1976), zertifizierter Schüler- und Schulentwicklungsberater (1975, 1999), Lehrbeauftragter am PI des Landes Tirol/ Berufsorientierung (1990 - 2002), Mitglied der Lehramtsprüfungskommission für die APS beim Landesschulrat für Tirol (1993 - 2002)

Absolvent des Instituts für Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985), des 10. Universitätslehrganges für Politische Bildung/ Universität Salzburg - Klagenfurt/ MSc (2008), der Weiterbildungsakademie Österreich/ Wien/ Diplome (2010), des 6. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/ Diplom (2012), des 4. Internen Lehrganges für Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg/ Zertifizierung (2016), des Online - Kurses "Digitale Werkzeuge für Erwachsenenbildner_innen"/ TU Graz - CONEDU - Werde Digital at.-Bundesministerium für Bildung/ Zertifizierung (2017), des Fernstudiums Grundkurs Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium - Comenius - Institut Münster/ Zertifizierung (2018)

Lehrbeauftragter am Institut für Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft/ Universität Wien - Berufspädagogik -Vorberufliche Bildung (1990/ 1991 - 2010/ 2011), am Fachbereich Geschichte/ Universität Salzburg/ Lehramt - Didaktik der Politischen Bildung (2015/2016 - 2017)

Mitglied der Bildungskommission der Evangelischen Kirche A. und H.B. (2000 - 2011), stv. Leiter des Evangelischen Bildungswerks in Tirol (2004 - 2009, 2017 - 2019) - Kursleiter an den Salzburger VHSn Zell/See, Saalfelden und Stadt Salzburg (2012 - 2019)

Aufnahme in die Liste der sachverständigen Personen für den Nationalen Qualifikationsrahmen/ NQR/ Koordinierungsstelle für den NQR/ Wien (2016)

MAIL dichatschek (AT) kitz.net

 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am 30. Juni 2024