Sammelband-7
Aspekte eines Fachbereichs im Kontext einer Schulpädagogik | |
Günther Dichatschek
| Inhaltsverzeichnis dieser Seite | |
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Einleitung | |
Mit internationalen Bildungsevaluationen, Aspekten von Lehre und Forschung der universitären Lehrerbildung, Bildung nach Bologna und einem Lehrermange ist die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung Gegenstand kontroverser Auseinandersetzungen geworden (vgl. LEMMERMÖHLE - JAHREIS 2003, 3; ARNOLD 2015).
- Experten, Evaluationen und Kommissionen bestätigen fast übereinstimmend mangelhafte Qualifikationen und Effektivität.
- Internationale Leistungsvergleiche weisen auf Mängel hin, wenngleich unterschiedlich argumentiert wird.
- Hochschulreformer wollen Instrumente, um internationale Aspekte vermehrt - im Einklang mit der Bologna - Erklärung - umsetzen können.
- Die Bildungspolitik wünscht sich eine schnelle Rekrutierung von Lehrenden und
- Universitäten/ Hochschulen stehen unter erhöhten Studierendenzahlen unter dem Druck einer Lehramtsausbildung.
Einigkeit besteht über die Notwendigkeit einer Reform.
Die übrigen Fragen wie etwa die Wirkung, Intensität und Nachhaltigkeit von Lehren und Lernen an Hochschulen (nicht nur in der Lehrerbildung), nationale und internationale Lehrerbildungskonzepte umzusetzen, der Zusammenhang zwischen Lehrerbildung und Lernleistungen in der Schule oder Praxisanteile einer notwendigen Professionalisierung vermehrt zu beachten, erweisen sich als wesentlich.
Ausgangspunkt der Überlegungen zur Professionalisierung einer Lehrerbildung sind für den Autor
- die Lehraufträge in Aus- und Weiterbildung/Vorberuflicher Bildung/ Universität Wien (1990/1991-2010/2011; vgl. IT -Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Vorberufliche Bildung in Österreich)und in Geschichte -Sozialkunde - Politische Bildung (Lehramt)/ Universität Salzburg (2016, 2018, vgl. DICHATSCHEK 2017a),
- die Lehraufträge in "Berufsorientierung" am Pädagogischen Institut des Landes Tirol/ Lehramtsprüfungskommission für die APS (1993-2002),
- das Absolvieren des Instituts für Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985), der Seminare I und II des BMUK/ Wissenschaftliche Landesakademie für Niederösterreich "Didaktik der Lehrer/ innen-Bildung/ Europaorientierte Lehrer/innen - Bildung"/ Krems/ Zertifizierung (1993-1994), des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg/ Master (2008), des 6. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/ Diplom (2012), der Weiterbildungsakademie Österreich/ Diplome (2010), der Personalentwicklung für Mitarbeiter der Universität Wien/ Bildungsmanagement/ Zertifizierung (2008-2010), der Personalentwicklung der Universität Salzburg/ 4. Interner Lehrgang für Hochschuldidaktik/ Zertifizierung (2015/2016), des Fernstudiums Grundkurs Erwachsenenbildung und Nachhaltige Entwicklung / Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium am Comenius - Institut Münster/ Zertifizierung (2018, 2020)
- die Auseinandersetzung mit Erwachsenenpädagogik und Weiterbildung (Hochschuldidaktik) (vgl. DICHATSCHEK 2017b) und
- die Auseinandersetzung mit der Fachliteratur.
Der Beitrag versteht sich als persönliche Auseinandersetzung mit der eigenen Tätigkeit in der Lehrerbildung.
Österreich - EU | |
Als Reaktion auf PISA entstand ein Bekenntnis zu "Standards", die bisher als "Ziele" bezeichnet wurden. Es geht um Forderungen in einer neuen Semantik, ohne dass eine Evaluation klar wäre (vgl. OELKERS 2003, 54).
Drei zentrale Forderungen ergeben sich:
- die Erfüllbarkeit,
- eine Beschränkung und
- die Überprüfbarkeit.
Innerhalb einer bestimmten Zeit muss man lernen können, was voraussetzt, dass nach Prioritäten geordnet wird (eine begrenzte Lernzeit mit der Möglichkeit einer Überprüfung).
Im Folgenden geht es um eine Begriffseingrenzung für eine Reform der Lehrerbildung, um allgemeine Probleme der Standardisierung und die Entwicklung von Standards in der Lehrerbildung im bestehenden System.
1.1 Begriffseingrenzung - Notwendigkeit | |
Standards können nur formuliert werden, wenn sie Festlegungen ergeben, sie ergeben Entscheidungen, was verbindlich ausgeschlossen wird. Es ergeben sich demnach Festlegungen, was nicht fehlen darf, um eine bestimmte Qualität zu erreichen (vgl. in der Arbeitswelt die Qualität eines Hotels oder Autos).
Für die Ausbildung gelten ebenso verlässliche Kriterien, die zunehmend von Assessment - Centers beurteilt werden (vgl. in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung gelten für eine Zertifizierung als Lehrender und Planender ein Assessmentverfahren im Rahmen der Qualifizierung der Weiterbildungsakademie Österreich). In der Lehrerbildung scheut man Standards, weil sie als Einengung der Freiheit wahrgenommen werden (vgl. OELKERS 2003, 56).
Für deren Notwendigkeit spricht die Praxis.
- Einschätzungen berufsqualifizierter Effekte während des Studiums ("Schulpraktika"), erziehungswissenschaftliche Studieneffekte, die Fachdidaktik und das Studium der Unterrichtsfächer sind zu beachtende Kriterien (vgl. beispielhaft die Online - Autorenbeiträge http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Schule, Fachdidaktik Geschichte, Lehre an der Hochschule).
- Kritik kommt bei der fehlenden Kooperation zwischen Universität und schulischem Unterrichtspraktikum.
- In der Schulpädagogik gewinnt man den Eindruck, dass spezifische Angebote für Lehramtsstudierende fehlen (vgl. die Trias Pädagogik - Schulpädagogik -Fachdidaktik).
Nach TENORTH (2000, 77), SCHAEFERS (2002, 65-88)und TERHART (2002) versteht sich die heutige Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft nicht als Berufswissenschaft für angehende und praktizierende Lehrkräfte, obwohl sie aus diesem Grund an Universitäten etabliert und ausgebaut worden ist.
- Dies betrifft die einzelnen Bereiche der Fachdidaktik in ihrer Vielfalt als Praxisvorbereitung.
- Ebenso geht es um lernpädagogische und sozialpädagogische Inhalte.
- Aspekte eines Bildungsmanagements (schulpraktische Kenntnisse, Organisation, Verwaltung, Stunden- und Lernplanung, Elternarbeit), der Beratung und Selbstreflexion gehören ein- bzw. ausgebaut.
- Neue Teilbereiche der Schulpädagogik wie beispielhaft Politische Bildung, Vorberufliche Bildung, Interkulturelle Kompetenz und Globales Lernen sind vermehrt zu berücksichtigen (vgl. die entsprechenden IT - Autorenbeiträge in diesem Netzwerk).
Offensichtlich geht es um Systemprobleme, womit Inhaltsprobleme auf die Studierenden abgewälzt werden (vgl. die damit entstehenden Konsequenzen der notwendigen Fort- und Weiterbildung nach den ersten Berufsjahren im Rahmen einer beruflichen Selbstreflexion als Resultat von Ausbildung - Erwartungen - Notwendigkeiten).
1.2 Probleme der Standardisierung | |
Die Unterschiedlichkeit der Lehrveranstaltungen und methodisch - inhaltlichen Leistungsanforderungen macht es notwendig, sich drei Problemen zu stellen.
- Worauf bezieht sich die Ausbildung?
- Was sind die Ziele?
- Wie wird die Wirksamkeit überprüft?
Kritisch ist zu bemerken, dass in der Lehrerbildung das Theorie - Praxis - Problem augenfällig betont wird.
- Die gegenseitige Abhängigkeit von Theorie und Praxis kommt kaum bis zu wenig vor.
- Zudem ist die Feedback - Kultur zwischen Universität und Schule zu gering ausgebildet.
- Schule als "lernendes System" ist kaum geläufig (vgl. KLEICKA 2002, 60).
- Zu bemängeln ist die Anpassung im Schulpraktikum an das Schulniveau, nicht aber ein Niveau, das durch Ausbildung sich erneuert. Jeder Ausbildungsteil bezieht sich auf sich selbst, Transfereffekte werden kaum bis gar nicht angestrebt. Damit ist eine Standardisierung im Berufsfeld unerlässlich.
- Als Berufsfeld ist der Unterricht, die Unterrichtsinhalte, die Organisation Schule und das gesellschaftlich -politische Umfeld zu verstehen.
- Belastend für Studierende sind die Erziehungsarbeit, Beurteilungen, Konfliktsituationen, Beratung, individuelle Förderung, Umgang mit heterogenen Klassen, Elternarbeit, Weiterbildung, ein guter Zeitrahmen und Schulentwicklung (vgl. die Reihenfolge der Tätigkeitsbereiche; KLEICKA 2002, 28).
- Alle Ziele bzw. Standards beziehen sich auf eine bestimmten Zeitrahmen, müssen sich überprüfen lassen und umsetzbar sein (vgl. die Möglichkeit der Umsetzung bei TERHART 2002, 22-24).
1.3 Entwicklung von Standards im System | |
Zu unterscheiden sind fachliche (Fachbezug) und überfachliche Standards (fachübergreifend).
Als Kerncurriculum kann man von Bildung, Erziehung, Gesellschaft - Lernen, Verstehen, Entwicklung - Schule, Unterricht, Lehrerberuf - Lernplanung, Lerndiagnose, Beratung ausgehen (vgl. OELKERS 2003, 66).
Da ein Kerncurriculum nicht ausreichend ist, gibt es Vorschläge (vgl. TERHART 2002, 30-32)
- für Standards für Ausbildungssituationen/ Prüfungs- und Einstellungsbedingungen,
- für Standards für ausgebildete Lehrende und
- für Standards für das Steuerungssystem der Lehrerbildung (Steuerung durch Wissen und eigene Organisation).
Merkmale sollten die Festlegung der Inhalte, Leistungsniveaus und Ressourcen sein. Zu bedenken ist die Notwendigkeit eines Controlling, das über die kommunikative Abstimmung hinausgeht (Festlegung von Zielen, Zeitrahmen und Überprüfungsrahmen).
Zu bedenken ist die Kontroverse mit der Konzeption eines "offenen Unterrichts".
In Österreich kommen unterschiedliche Konzeptionen und teilweise unterschiedlichen Organisationsstrukturen zum Tragen. Für die Grundausbildung sind - mit Ausnahme von Sonderfällen - zwei Institutionen zuständig (vgl. MAYR - TEML 2003, 133-156).
2.1 Pädagogische Akademien - Pädagogische Hochschulen | |
Pädagogische Akademien (PA) bildeten ab 1968 in sechssemestrigen Studiengängen Lehrende für Pflichtschulen (Grundschulen, Hauptschulen, Polytechnische Lehrgänge/ Schulen, Sonderschulen - Berufsschulen) aus. Als verbindende Ausbildung boten sie eine einphasige, theoretische und praktische Lehrerbildung an. Nach Abschluss konnten die Absolventinnen und Absolventen als "Diplompädagoginnen / Diplompädagogen" sofort einen Dienstposten/ Stelle antreten.
PA haben eine "Übungsschule", um Studierenden von Beginn an einem Tag der Praxis Hospitation und Unterricht zu vermitteln.
Alle Lehrenden der PA müssen ein Lehramt für Pflichtschulen mit besonderer Qualifikation einer Lehrtätigkeit an Pflichtschulen nachweisen. Professoren der PA haben zudem ein Studium vorzuweisen. Lehre und Betreuung der Studierenden gehören zu ihrem Lehramt.
In einem längeren Prozess der Umwandlung in "Pädagogische Hochschulen (PH)" ab 2007 wird ein Bakkalaureat vergeben, wobei sich die Praxisausbildung von der PA nicht substantiell unterscheidet.
2.2 Universitäten | |
Künftigen Lehrenden für allgemein und berufsbildende mittlere und höhere Schulen (AHS - BMS) wird eine neunsemestrige universitäre Berufsvorbildung in zwei Fächern mit Praktika an Schulen vermittelt. Abschluss des Studiums ist der Master, ein externes einjähriges Unterrichtspraktikum (mit Betreuungslehrern und pädagogisch - didaktischen Seminaren) und in der Folge die Lehrberechtigung im Schuldienst.
Das Studium "Lehramt" kennt individuell unterschiedliche "Unterrichtsfächer". Herausgestellt wird dabei das Gemeinsame des Lehrens und die Zuständigkeit einer eigenen Studienkommission (früher gab es für jedes Lehramtsfach eine eigene Studienkommission). Die pädagogische Ausbildung beginnt bei Studienbeginn mit "praxisbezogenen Lehrveranstaltungen".
2.3 School of Education | |
Am Beispiel der Universitäten Innsbruck und Salzburg werden die derzeitigen Modelle vorgestellt.
Gegründet wurde die School of Education am 1. Mai 2012. Die Universität Innsbruck koordiniert die Lehrer - Ausbildung durch eine eigene Fakultät. Zwei Institute beinhalten einerseits die Lehrerbildung bzw. Schulforschung und andererseits thematische Arbeitsbereiche der Fachdidaktik.
Das Modell der "School of Education" beinhaltet die Federführung der Ausbildung durch die Universität. Pädagogische Hochschule und Universität sind in der Fakultät verbunden.
Pressehinweis
http://derstandard.at/1334796191679/Lehrer-Ausbildung-Uni-Innsbruck-besiegelt-School-of-Education (25.4.2012)
2.3.2 Universität Salzburg | |
Entstanden ist die "School of Education" aus dem Interfakultären Fachbereich "Fachdidaktik - Lehrerbildung". Die School of Education wurde am 1. Mai 2012 gegründet.
Die Ausbildung Lehrender der AHS, BMS und BHS erfolgt für 17 Studienfächer in enger Kooperation mit den universitären Fachbereichen, für fünf künstlerische Studienfächer mit der Universität Mozarteum. Zudem besteht eine enge Kooperation mit Schulen in den Bundesländern Salzburg und Oberösterreich sowie der Pädagogischen Hochschule Salzburg
IT - Hinweis
http://www.uni-salzburg.at/index.php?id=49279 (13.9.2015)
Im Folgenden soll verkürzt die Entwicklung in Zehnjahresschritten dargestellt werden.
- Mit der Einführung der PA 1968 wurde - als Abgrenzung zur damaligen universitären Lehrerbildung mit marginaler pädagogischer und schulpraktischer Ausbildung - mit dem Prinzip der Einphasigkeit an einem Tag der Woche bzw. externen mehrwöchigen geblockten Praktika Hospitation und Unterrichtstätigkeit vermittelt. Von Anfang an im Kontext mit theoretischen Studienveranstaltungen sollten die Studierenden auf eine Lehrtätigkeit im Schuldienst vorbereitet werden. Organisatorisch konnte man auf die Tradition der "Lehrerbildungsanstalten" (LBA) zurückgreifen. Erziehungswissenschaftlich fundierte Theorie und Praxis waren der Bildungsauftrag. "Unterrichtsanalyse" waren der Ort der Reflexion der Hospitation und des eigenen Unterrichts. "Schulpraktische Ausbildung" bezog sich auf eine Operationalisierung des Lehrerverhaltens in Beobachtung, Training und Beurteilung. In der Praxis kam der damalige Theorie - Praxis - Konflikt der siebziger Jahre deutlich zu Tage.
- Zu Beginn der achtziger Jahre betonte der neue Lehrplan der PA die curriculare Dimension einer theoretischen und schulpraktischen Ausbildung. Statt Einzelveranstaltungen sollte ein integrierendes Studium treten, das durch überlegten Methodeneinsatz und geplante Abfolge von Lerninhalten einen Kompetenzzuwachs ermöglichen. Akademieeigene Studienpläne sollten die Vorgaben konkretisieren. Geblockte Praktika ersetzten die Tagespraktika, mitunter kam es schon zu Studienbeginn zu einem einwöchigen Praktikum. In der Folge sollte es einem methodisch - didaktischen Repertoire an Handlungsmöglichkeiten kommen (vgl. die Sequenzierungsvorschläge und Materialien bei BUCHBERGER - RIEDL 1987). Die verordneten Ausbildungsschwerpunkte blieben vielen Praxislehrenden und Studierenden innerlich fremd und wurden als additiv hinzugefügt angesehen.
- Die Probleme von Theorie und Praxis als Koppelung rückten zu Beginn der neunziger Jahre in den Blickpunkt der Ausbildungslehrenden (vgl. an Universitäten bei Betreuungslehrenden). Eine Professionalisierung dieser Lehrenden erwies sich aus Rückmeldungen der Studierenden als notwendig (vgl. MAYER -TEML 2003, 139). In der Schulpraxis sollte nach dem "4 K - Modell" gearbeitet werden - kooperativ (miteinander), kontinuierlich (längerfristig), kriterienbezogen (schwerpunktmäßig) und kontextbezogen (berufspraktisch).
- Neben Versuchen der Ausbildung für ein Lehramt für Lehrerbildner kam es zu einem Handlungsforschungsprojekt zur Förderung der Beratungskompetenz für Praxisbetreuer und Übungsschullehrender. Das 4 K - Modell wurde mit der Dimension "Kreativität" erweitert.
- Reflexiv betrachtet ergibt der beachtliche Aufwand, insbesondere an PA, die Frage nach der Wirksamkeit.
- Praxisanteile in der Ausbildung weisen darauf hin, dass ein Berufseinstieg leichter gelingen kann, wenngleich eine Betreuung im Anfangsstadium der Lehrtätigkeit sich als notwendig erweist.
- Es zeigt sich ebenso, dass beträchtliche Unterschiede in der Qualität der einzelnen Lehrerbildungsinstitutionen vorhanden sind. Zielführend ist jedenfalls die Beseitigung von Schwachstellen und vorhandene Stärken abzusichern und auszubauen (vgl. die Bedeutung einer persönlichen Reflexion mit einer Auseinandersetzung in der notwendigen Fortbildung mit der Thematik "wissenschaftliche Theorien vs. subjektive Theorien"; vgl. MAYR -TEML 2003, 141-142).
Im Folgenden soll verkürzt die Entwicklung in Zehnjahresschritten dargestellt werden.
- Mit der Einführung der PA 1968 wurde - als Abgrenzung zur damaligen universitären Lehrerbildung mit marginaler pädagogischer und schulpraktischer Ausbildung - mit dem Prinzip der Einphasigkeit an einem Tag der Woche bzw. externen mehrwöchigen geblockten Praktika Hospitation und Unterrichtstätigkeit vermittelt. Von Anfang an im Kontext mit theoretischen Studienveranstaltungen sollten die Studierenden auf eine Lehrtätigkeit im Schuldienst vorbereitet werden. Organisatorisch konnte man auf die Tradition der "Lehrerbildungsanstalten" (LBA) zurückgreifen. Erziehungswissenschaftlich fundierte Theorie und Praxis waren der Bildungsauftrag. "Unterrichtsanalyse" waren der Ort der Reflexion der Hospitation und des eigenen Unterrichts. "Schulpraktische Ausbildung" bezog sich auf eine Operationalisierung des Lehrerverhaltens in Beobachtung, Training und Beurteilung. In der Praxis kam der damalige Theorie -Praxis - Konflikt der siebziger Jahre deutlich zu Tage.
- Zu Beginn der achtziger Jahre betonte der neue Lehrplan der PA die curriculare Dimension einer theoretischen und schulpraktischen Ausbildung. Statt Einzelveranstaltungen sollte ein integrierendes Studium treten, das durch überlegten Methodeneinsatz und geplante Abfolge von Lerninhalten einen Kompetenzzuwachs ermöglichen. Akademieeigene Studienpläne sollten die Vorgaben konkretisieren. Geblockte Praktika ersetzten die Tagespraktika, mitunter kam es schon zu Studienbeginn zu einem einwöchigen Praktikum. In der Folge sollte es einem methodisch - didaktischen Repertoire an Handlungsmöglichkeiten kommen (vgl. die Sequenzierungsvorschläge und Materialien bei BUCHBERGER - RIEDL 1987). Die verordneten Ausbildungsschwerpunkte blieben vielen Praxislehrenden und Studierenden innerlich fremd und wurden als additiv hinzugefügt angesehen.
- Die Probleme von Theorie und Praxis als Koppelung rückten zu Beginn der neunziger Jahre in den Blickpunkt der Ausbildungslehrenden (vgl. an Universitäten bei Betreuungslehrenden). Eine Professionalisierung dieser Lehrenden erwies sich aus Rückmeldungen der Studierenden als notwendig (vgl. MAYER - TEML 2003, 139). In der Schulpraxis sollte nach dem "4 K - Modell" gearbeitet werden - kooperativ (miteinander), kontinuierlich (längerfristig), kriterienbezogen (schwerpunktmäßig) und kontextbezogen (berufspraktisch).
- Neben Versuchen der Ausbildung für ein Lehramt für Lehrerbildner kam es zu einem Handlungsforschungsprojekt zur Förderung der Beratungskompetenz für Praxisbetreuer und Übungsschullehrender. Das 4 K - Modell wurde mit der Dimension "Kreativität" erweitert.
- Reflexiv betrachtet ergibt der beachtliche Aufwand, insbesondere an PA, die Frage nach der Wirksamkeit.
- Praxisanteile in der Ausbildung weisen darauf hin, dass ein Berufseinstieg leichter gelingen kann, wenngleich eine Betreuung im Anfangsstadium der Lehrtätigkeit sich als notwendig erweist.
- Es zeigt sich ebenso, dass beträchtliche Unterschiede in der Qualität der einzelnen Lehrerbildungsinstitutionen vorhanden sind. Zielführend ist jedenfalls die Beseitigung von Schwachstellen und vorhandene Stärken abzusichern und auszubauen (vgl. die Bedeutung einer persönlichen Reflexion mit einer Auseinandersetzung in der notwendigen Fortbildung mit der Thematik "wissenschaftliche Theorien vs. subjektive Theorien"; vgl. MAYR -TEML 2003, 141-142).
2.5 Entwicklungsbereiche | |
Nach diesen Diskussionsthemen soll auf das Berufsfeld, die Laufbahnberatung, die Beurteilung von Praxisleistungen und die Begleitung/ Betreuung von Berufsanfängern eingegangen werden.
2.5.1 Berufsfeld - Laufbahnberatung | |
Wie bei vorberuflichen Beratungsmaßnahmen wird gerne von der Annahme ausgegangen, dass Berufseinsteigende über das Anforderungs- und Tätigkeitsprofil und von einem Laufbahnkonzept bereits Bescheid wissen. Allerdings müssen auch Studierende wissen, dass es kaum attraktive Alternativen zur Tätigkeit im Schuldienst gibt (vgl. die Lehrtätigkeit und das Bildungsmanagement in der Erwachsenenbildung, universitäre Lehrtätigkeit und die geringen Karrierelaufbahnen im Bereich der Schulleitung und Schulaufsicht sowie als Verwaltungspädagogen).
Daraus ergeben sich notwendige Maßnahmen.
- Zunächst müssen Studienbedingungen so gestaltet werden, dass ein Berufseinstieg mit den notwendigen Berufsanforderungen möglich ist. Damit werden Studienabbrüche vermieden.
- Erkundungsmöglichkeiten wie Besuch von Lehrveranstaltungen, Praktikumsmöglichkeiten und Expertengespräche gehören zum Angebot.
- Ebenso gehört dazu eine Laufbahnberatung für Interessenten eines Lehramtsstudiums (vgl. die notwendige Ausbildung von Beratenden; internetgestütztes Material["Titel Career Counselling for Teachers/ CCT"]).
2.5.2 Praxisbeurteilung | |
Zur Praxisbeurteilung gehören selbstgesteuertes Lernen, Kooperationsfähigkeit, Reflexionsbereitschaft und forschendes Lernen.
Ziel ist ein Prozess einer professionellen Kompetenzentwicklung.
Ebenso ist zu wissen, dass Praxisleistungen einer Leistungsbeurteilung unterliegen (verbal - Ziffernbenotung). Problembehaftet ist für Studierende, dass nur das zählt, was auch benotet wird (vgl. das Problem der Fortsetzung der schulischen Zensurenmentalität im künftigen Berufsleben; zur Förderung der Lernförderung in der Praxisausbildung mit Lerntagebücher, Entwicklungsberichten, Selbst- und Fremdeinschätzungen SCHRATZ - TSCHEGG 2001, 17-25).
2.5.3 Berufseinführung | |
Begleitung bzw. Betreuung sind hilfreich für den Übergang in eigene Unterrichtstätigkeit.
- Genützt werden sollen Lernchancen, die sich in dieser Phase einer Neuorientierung ergeben. Hier entscheiden sich bereits künftige Haltungen und Tendenzen im Bezug auf Innovationen und dynamischen Haltungen bzw. einer Resignation (vgl. BECK - HUTTEL - SCHRATZ 2001, 83-87).
- Zu sprechen ist von einem Professionalisierungskontinuum, das auf lebensbegleitendes Lernen - besser auf die Notwendigkeit planmäßiger Fort- und Weiterbildung - zielt. Es bedarf demnach der Erstellung solcher Konzepte, die neben einer Fortbildung von Lehrenden am Beginn ihrer Berufslaufbahn auch qualifizierte Weiterbildung mit dem Ziel einer Höherqualifizierung aufweisen.
- Lehrerbildung als Begriff umfasst demnach eine Basisausbildung (Grund-), regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen und Weiterbildung (etwa Kurzstudien, Universitätslehrgänge und Lehramtszusatzstudiengänge).
Die Schule und mit ihr die Hochschulen ist zukünftig für die Gesellschaft mindestens so wichtig wie der Markt der IT -Technologien für die Ökonomie. Was Lehrende leisten müssen, um den Bildungsauftrag und die gesellschaftlichen Erwartungen zu erfüllen, bedarf des Tätigkeitsfeldes für zeitgemäße Studiengänge.
Zeitgemäß bedeutet in der Lehrerbildung die Verbindung eines fachwissenschaftlichen Studiums in mindestens zwei Fächern, ein fachdidaktisches Studium in mindestens zwei Fächern, ein erziehungswissenschaftliches Studium und schulpraktische Studien (vgl. HILLIGUS 2003, 157).
Diese Komplexität unterscheidet ein Lehramtsstudium von anderen Studiengängen, in denen ein Hauptfach studiert wird und in denen sich Studierende einer einzigen Fakultät zugehörig fühlen.
Für Österreich gilt zudem die Zweifachausbildung einerseits für Pflichtschullehrer an Pädagogischen Hochschulen und andererseits für Lehrende der AHS, BMS und BHS an Universitäten.
Als Kritikpunkte werden genannt
- die Beliebigkeit des erziehungswissenschaftlichen Studiums,
- der mangelhafte Berufsfeldbezug der Lehrerausbildung,
- die mangelhafte Verzahnung von Erziehungswissenschaft, Fachwissenschaften und Fachdidaktiken,
- der geringe Stellenwert der Fachdidaktik und schulpraktischer Studien an Universitäten.
Im Folgenden wird auf die europäische Bildungspolitik, die Lehramtsausbildung und Lehrerausbildungssysteme in Ländern der EU eingegangen (vgl. HILLIGUS 2003, 163-179).
3.1 Europäische Bildungspolitik | |
Kennzeichnend für die Bildungspolitik in der EU sind
- die dürftigen finanziellen Mittel, bezogen auf die gesteckten Ziele und
- die Weisungsbefugnisse bei den Mitgliedsstaaten (vgl. für Österreich die Aufsplitterung der bildungspolitischen Zugehörigkeit für die Pädagogischen Hochschulen beim Bundesministerium für Bildung und für Universitäten beim Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft[Stand 2024]).
Gleichzeitig erkennt man im Rahmen der Europäischen Union (EU) die Notwendigkeit im Bildungssektor, die Mobilität und Freizügigkeit zu fördern (Austausch von Schülern und Studierenden, Fremdsprachenerwerb, Behandlung europäischer Themen, Übergang von Schule in die Berufswelt und gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen[Nostrifikation]).
Relativ spät wurde die allgemeine Bildung berücksichtigt, dies dann, weil deren Förderung wirtschafts- und sozialpolitisch von Bedeutung ist (vgl. die von der EU wiederholt angesprochene Förderung des "humanen Kapitals").
Im Gründungsvertrag der EU von Maastricht (1992) wird die Entwicklung einer europäischen Dimension im Bildungswesen als Ziel genannt.
- Artikel 126 nennt als Auftrag, dass die Gemeinschaft zur Entwicklung einer hochstehenden Bildung dadurch beiträgt, dass sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten fördert und deren Tätigkeit unterstützt und ergänzt.
- Als eine Zielsetzung der Qualitätsentwicklung der Bildung steht die Förderung der Mobilität der Lehrenden (und Lernenden) sowie der Ausbau eines Erfahrungsaustausches über Probleme im Bildungssystem.
Eine Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften wurden ausgeklammert, Fördermaßnahmen wurden in Verbindung mit Empfehlungen dafür gesetzt.
1995 gaben die EU - Kommissionen für Bildung und Soziale Angelegenheiten unter dem Thema "Lehren und Lernen. Auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft" ein Weißbuch zur allgemeinen und beruflichen Bildung heraus. Man müsse die erreichten Fortschritte bei der wirtschaftlichen Integration durch Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten ergänzen (vgl. WEISSBUCH 1995, 5).
Mit fünf Zielen wurde über die Ausbildung hinaus auch die Weiterbildung angesprochen (vgl. die Formulierung der EU ohne Unterscheidung von Fort- und Weiterbildung; WEISSBUCH 1995, 46-47).
- Förderung der Aneignung neuer Kenntnisse,
- Annäherung von Schule und Unternehmungen,
- Bekämpfung von Ausgrenzungen,
- Beherrschen von drei Gemeinschaftssprachen und
- Gleichbehandlung von materiellen und berufsbildungsspezifischen Investitionen
Die EU - Gipfel von Lissabon (2000) und Stockholm (2001) unterstrichen die Initiativen und lösten den Begriff "kognitive Gesellschaft" durch "Wissensgesellschaft" ab. Als Ziele wurden formuliert
- die Erhöhung der Wirksamkeit allgemeiner und beruflicher Bildung in der EU,
- der leichtere Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung für alle und
- die Öffnung allgemeiner und beruflicher Bildung gegenüber der Welt.
In der Bologna - Erklärung von 1999 vereinbarte die EU - Bildungsminister Ziele eines "Europäischen Hochschulbildungsraumes".
- Einführung eines Systems leicht verständlicher Abschlüsse,
- Einführung eines Leistungspunktesystems (ECTS),
- Förderung der Mobilität,
- Förderung der europäischen Zusammenarbeit bei der Qualitätssicherung (ENQUA) und
- Förderung der erforderlichen europäischen Dimension im Hochschulbereich.
Für Österreich hat die Erklärung eine wesentliche Bedeutung erhalten. Für die Lehrerbildung - obwohl nicht angesprochen in der Erklärung - gelten demnach Bachelor/ Master - Studiengänge (vgl. die in der Erklärung angesprochenen zwei Hauptzyklen mit einem ersten Abschluss nach drei Jahren[mit Bachelor] und einem zweiten Zyklus [mit Master und/oder Promotion]).
Im Jahr 2000 erschien von BUCHBERGER - CAMPOS - KALLOS -STEPHENS0N das "Green Paper on Teacher Education in Europe", das den Schwerpunkt auf die Entwicklung der Professionalität in der Lehrerbildung legt (vgl. die im Green Paper ausgedrückte geringere Bedeutung von Strukturen der Lehrerbildung). Aspekte sind demnach
- Funktionen und Aufgaben einer Lehrerbildung in sich wandelnden Gesellschaften,
- die Verbindung von Lehrerausbildung - Lehrerprofession - Schule und
- die Funktion einer Forschung zur Verbesserung der Lehrerbildung sowie die Rolle von Lehrerausbildung und Lehrberuf im europäischen Integrationsprozess (ebd., 7).
- Die Autoren betonen als Reform - Empfehlungen eine Erhöhung der Autonomie und der Verantwortung lehrerausbildender Institutionen, die Bereitstellung personeller und finanzieller Ressourcen für Projekte zur Reform von Ausbildungsprogrammen und Ausbildungscurricula sowie Konzepte für Forschungs- und Entwicklungsprofile. Aktionspläne für berufsbegleitende Fortbildung, Gründung von Partnerschaften und die Steigerung der Professionalität werden ebenso genannt.
Auf der Aktionsebene werden Reformbestrebungen durch das "Leonardo - Programm" unterstützt, das sich in Programmteilen und Aktionsbereichen gliedert.
- Ob eine Nutzung für Entwicklung von Curricula und Lehr- und Lernmaterialien für die Lehrerbildung genützt wird, entzieht sich der Kenntnis des Autors.
- Bedeutung kommt dem "Thematic Network on Teacher Education in Europe"/ TNTEE mit Untersuchungen zur Lehrerausbildung und Best - Practice - Beispielen.
3.3 Lehrerausbildungssysteme in der EU | |
Beeindruckend ist zweifelsohne die Vielfalt der Systeme in den Mitgliedsstaaten. Es gibt etwa in Deutschland noch Unterschiede im Staat auf Grund der Kulturhoheit der 16 Bundesländer. Durch das nationale Gefüge stehen die Lehrerbildungssysteme in den einzelnen Staaten unter dem Einfluss der (bildungs-)politischen Diskussionen.
Lehrerbildungsinstitutionen sind in der EU im Informationsnetzwerk Eurydice vorzufinden > http://www.eurydice.org, wobei nach Zielen, Inhalten, Lernkulturen, Prüfungsmodalitäten und Organisationsstrukturen unterschieden wird.
Es geht demnach beispielhaft um den/ die/ das
- Grad der Professionalisierung - forschendes Lernen, Selbstorganisation, Selbsttätigkeit, Problemlösungskompetenz, Beurteilungs- und Bewertungsfähigkeit (SF), Orientierung an "skills" (UK),
- Institutionalisierung - Universitäten (SF), Pädagogische Hochschulen (CH), Pädagogische Hochschulen und Universitäten (A),
- Ausbildungsmodell - Ausrichtung am Berufsfeld Schule (Theorie und Praxis) (D, SF, ES), konsekutive Modelle (F, I), beide Systeme in England,
- Ausbildungsphasen - Abschlussprüfung mit Lehrbefugnis (DK, F, A, D),
- Steuerungsmechanismen - Autonomie in Hochschule - Schule - Lehrende (SF), staatliche Anordnungen (D, A), rigide Vorgaben und Kontrollen/ "National Curriculum" -OFSTED (England), Ausrichtung an Standards (CH),
- Ausbildungslänge - Mindestlänge in der EU in der Grundschulausbildung drei Jahre, Sekundarausbildung vier Jahre.
3.4 Internationalisierung in der Lehrerausbildung | |
Wenig verbreitet sind Auslandserfahrungen und internationale Perspektiven in der Phase der Ausbildung von Lehramtsstudierenden.
- Internationalisierung versteht sich als Maßnahmen, die Mobilität Studierender zu erhöhen, Auslandserfahrungen zu ermöglichen und Beratung bzw. Förderung bereitzustellen.
- Darüber hinaus bedeuten für die Lehrerbildung Verbindung zu interkulturellem, globalem Lernen und der Einbau internationaler Perspektiven (vgl. KNIGHT 2008).
- Wesentlich ist das Kennenlernen anderer Lernkonzepte und Lernkulturen, um Diversität im Klassenraum umsetzen zu können. "Diversity" ist das leitende Handlungsmotiv in dieser ersten Phase der Ausbildung.
Neben dem Zuwachs von Kenntnissen und Erfahrungen der Lehramtsstudierenden bezieht sich Internationalisierung auch auf eine generelle Haltungskomponente in der Gesellschaft.
- Diversität und Inklusion - in Schulen und gesamtgesellschaftlich - sind Aufgaben von Hochschulen geworden.
- Interkulturelle Öffnung ist dringend notwendig, geht es doch neben Studierenden auch um Mitarbeitende mit Zuwanderungsgeschichte an Hochschulen.
Internationalisierung umfasst alle Ebenen einer Lehramtsausbildung wie die Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Schulpädagogik (vgl. Vergleichende Erziehungswissenschaft). Wesentlich ist demnach die Verzahnung von Theorie und Praxis (vgl. Möglichkeiten von EU - Lehrerbetriebspraktika/ ERASMUS, begleitende Praktika an Auslandsschulen)
Stellenwert der Internationalisierung in der Lehramtsausbildung
Perspektivenerweiterung
Sensibilisierung
Empowerment
Förderung interkultureller Handlungskompetenz
"diversity education"
soziokulturelles Bewusstsein
Internationalisierung von Lehr- und Lerninhalten
Reflexionsfähigkeit
Förderung fremdsprachlicher Kompetenz
3.5 Beispiel Island | |
Ein Blick auf das Beispiel Island lässt Erfahrungen erkennen, die auf Land, Leute und das Verständnis von Schule hinweisen (vgl. KARLSSON 2015, 172-183).
Voraussetzung ist
- die Kenntnis interkultureller Kompetenz und des ausländischen Schulsystems bzw. seiner Schulkultur in seinen Grundzügen.
- Nordeuropäische Staaten sind für ihre gute Schulbildung bekannt.
- Grundvoraussetzung ist bei einem Praktikum, dass an der Schule Deutsch unterrichtet wird.
Das isländische Schulsystem beinhaltet vier Ausbildungsstufen. Zumeist sind Schulen staatlich organisiert und verwaltet. Schulbeginn ist der August, das erste Semester endet mit dem Kalenderjahr. Im Mai endet das zweite Semester, anschließend werden nur noch Abschluss - Schularbeiten geschrieben (vgl. als Überblick über das isländische Schulsystem > http://eng.menntamalaraduneyti.is [24.9.2016]).
- Die Leikskoli ist Krippe, Kindergarten, Vorschule und Schule. Es besteht keine Verpflichtung zum Besuch.
- Die Grunnskoli ist verpflichtend, absolviert werden zehn Klassen. Eingeschult wird in der Regel mit dem vollendeten fünften Lebensjahr in Jahrgangsklassen. Die Grunnskoli ist einer Gesamtschule ähnlich mit einem staatlich - zentralen Lehrplan.
- Die Framhaldsskoli hat jene Lernenden, die in freier Wahl die Schullaufbahn fortsetzen. Die Angebote richten sich nach den Stärken der Lernenden. In der Regel dauert diese Schulform vier Jahre. Aufnahmekriterien sind die Noten der Grunnskoli.
- Die Menntaskolinn ist mit der gymnasialen Oberstufe vergleichbar. Dort wird das studentsprof (Reifeprüfung) erreicht. Schwerpunkte sind Technik oder/und Sprachen.
- Als weitere Form gibt es die Fjölbrautaskoli (Berufskollegs).
- Hochschulen (Haskoli) gibt es derzeit vier staatliche und drei private.
Kennzeichnend ist der technisch perfekte IT - Einsatz und die Whiteboards in den Klassen.
- Eine WLAN - Verbindung ist frei verfügbar, entsprechend sind Mobiltelefone erlaubt und teilweise in den Unterricht integriert.
- Ab der Grunnskoli sind als Sprachen Isländisch, Dänisch und Englisch obligatorisch, in der Folge kann Deutsch als Viert- bzw. Folgesprache gewählt werden (vgl. die Notwendigkeit von Fremdsprachkenntnissen auf Grund der Insellage).
- Wesentlich ist der Bezug im Unterricht zum persönlichen Lernstatus.
- Eigeninitiative wird erwartet, eigenständiges Lernen mit unterstützenden Rahmenbedingungen gefördert.
Im Folgenden werden Autorenbeiträge zur Lehrerbildung vorgestellt. Zu beachten ist jeweils der Kontext zur Politischen Bildung.
Politische Bildung im Kontext mit dem Teilbereich Politikwissenschaft ist deswegen von Interesse, weil die Politikwissenschaft als Leitwissenschaft wesentlich und durchaus ausbaufähig ist. Fachwissenschaftliches Wissen ist als Vermittlungsprozess von politischen Sachverhalten und Erkenntnissen notwendig (vgl. SANDER 2014, 47-48).
Der Beitrag bezieht sich auf die Auseinandersetzung mit den Inhalten, die für eine zeitgemäße Politische Bildung relevant sind. Bereits 1980 hat Anton PELINKA in einem Beitrag des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck zur "Politischen Bildung in der Schule" Modellvorstellungen, Grundsätze und deren Anwendung, Organisationsformen, Möglichkeiten und Grenzen dargelegt (vgl. PELINKA 1980a, 59-69).
Aus heutiger Sicht geht es um ein Grundwissen, das eine Gesamtschau des Faches Politikwissenschaft beinhaltet. Behandelt werden demnach
- Politikbegriffe,
- Demokratie,
- Mehr- und Einparteiensystem,
- Wahlen,
- öffentliche Meinung,
- Parteisysteme,
- Verbände und Bürokratie,
- internationale Konflikte und deren Prävention,
- internationale Organisationen,
- Außenpolitik und
- politische Ideengeschichte.
Beiträge zur Thematik ergeben sich aus der Liste der IT - Autorenbeiträge.
Wesentliche Impulse ergeben sich aus der
- Absolvierung des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg - Klagenfurt,
- Absolvierung des 7. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg,
- Absolvierung des 4. Internen Lehrganges Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg,
- Lehrtätigkeit in der Erwachsenen- und universitären Weiterbildung sowie
- der Auseinandersetzung mit der Fachliteratur und Tagungen.
4.1.1 Politikwissenschaft | |
Als Sozialwissenschaft unterscheidet sich Politikwissenschaft von anderen Teildisziplinen durch den Untersuchungsgegenstand. Das Interesse bezieht sich auf Erkenntnisse über gesellschaftliche Zusammenhänge, deren Beobachtung, Beschreibung und Analyse.
Empirisch ist der Gegenstand, weil die Ergebnisse an der Wirklichkeit messbar sein müssen. Dies unterscheidet von der Spekulation. Theoretische Aussagen und Zusammenhänge der Praxis müssen zur politischen Wirklichkeit rückgekoppelt werden können. Sie müssen an der Wirklichkeit überprüfbar und veränderbar sein. Damit ist Politikwissenschaft die Lehre vom tatsächlichen Zustand gesellschaftlicher und politischer Verhältnisse (vgl. PELINKA - VARWICK 2010, 14).
Forschung ist um Wertfreiheit bemüht. Allerdings gibt es im Forschungsvorgang Wertvorstellungen und Interesse.
Forschungsobjekt ist die Politik. Fließend ist die Grenze zwischen reinen politischen Objekten und Objekten anderer sozialwissenschaftlicher Teilbereiche, wobei es selbstverständlich ist, dass bestimmte Gebiete von mehreren Sozialwissenschaften untersucht werden (vgl. die verschiedenen Teilbereiche in den Forschungsgebieten etwa der Bildungsreform, Sozialpartnerschaft und Gewaltphänomenen).
Hauptrichtungen dieser thematischen Auseinandersetzung sind die empirisch - analytische, normativ - praktische und kritisch - dialektische Richtung. Diese drei Richtungen sind miteinander verbunden. Als Trias bilden sie die Nutzung empirischer Sozialforschung, einer direkten Verwertung und Politik sowie einer kritischen Distanz zu vorhandenen Verhältnissen.
Politikbegriffe und Definitionen sind die Begrifflichkeiten
- gouvernementale Politik (staatsbezogen),
- normative Politik (wertbezogen),
- konfliktorientierte Politik (Politik und Auseinandersetzung),
- historisierende Politik (Abhängigkeit und Veränderbarkeit),
- partizipatorische Politik (Individuum und Politik ohne Staat),
- deskriptive Politik (beschreibend),
- konsensbezogen (Ausgleichs- und Friedensfunktion) und
- ahistorische Politik (Zeitlosigkeit und Unveränderbarkeit).
Eine Fülle von Einzeldefinitionen zeigt, dass die verschiedenen Aspekte im Spannungsfeld der Begrifflichkeiten.
Der angelsächsische Bereich kennt für das deutsche Wort "Politik" drei Begriffe:
- "polity" - formale Organisation (Verfassung, Normen, Institutionen),
- "policy" - Inhalte (Ziele, Programme) und
- "politics" - Prozesse (Interessen und Gestaltung).
Merkmale des Politischen sind die drei Phänomene
- Knappheit - nicht alle Interessen können befriedigt werden,
- Konflikte - Entstehung aus der Knappheit der Güter. Unterschiedliche Interessen ergeben sich in der Verteilung der Güter (Wirtschaftsverbände, Eliten - Masse, Großmächte - Kleinstaaten, unterschiedliche Wertvorstellungen) und
- Macht - Politik mündet in Macht zur Durchsetzung des eigenen Willens (physische Macht, eigene Überzeugungskraft, Gewohnheit, Gesetz). Gestaltung und Veränderung der Machtverhältnisse sind Gegenstand der Politikwissenschaft. Als immanentes Phänomen ist Macht in der Gesellschaft vorhanden (Familie, Betrieb, Freizeit, Wirtschaftsverflechtungen). Ziel ist, gesellschaftliche Machtverhältnisse bzw. Konflikte - beispielhaft in den Bereichen Kultur, Wirtschaft und Recht - verbindlich zu regeln.
Politik stößt an Grenzen im gesellschaftlichen Zusammenleben bei
- der Umsetzung der Menschenrechte als Produkt der Politik (vgl. 1776 und 1789; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) und
- den Grenzen der Machbarkeit - Gestaltungsfähigkeit, Raum und Zeit, Partizipation und gesellschaftlichen Arbeitsteilung (etwa Gender, Erfahrung mit Politik und Inklusion; vgl. ROSENBERGER - SAUER 2004, REICH 2014).
Politikwissenschaft kann dem politischen Interesse nicht ausweichen. Dies gilt für jeden Wissenschaftsbetrieb. Umgekehrt hat die Wissenschaft auch ein grundsätzliches Interesse an der Politik (vgl. bei der Finanzierung und Legitimation, PELINKA - VARWICK 2010, 26).
Formen der Beziehung zwischen Politik und Wissenschaft ergeben sich im
- dezisionistischen Modell - Trennung von Politik und Wissenschaft, als Entscheidungshilfe,
- technokratischen Modell - Vorrangigkeit der Wissenschaft und im
- diskursiven Modell - Diskurs zwischen Politik und Wissenschaft, keine Trennlinie.
Von Interesse ist der Missbrauch von Wissenschaft durch die Politik. Eine politisch gesteuerte Wissenschaft drückt eine Missbrauchsneigung aus.
Aktuelle Beispiele dieser Schwierigkeit sind das Verhältnis
- Politik und Genforschung,
- Politik und Sterbehilfe und
- Terror und Todesstrafe anzusprechen.
Die analytische Dimension zeigt sich im Verhältnis policy - polity - politics und deren Gestaltung.
4.1.2 Demokratie | |
Anzusprechen sind Formen der direkten und indirekten Demokratie, von Konkurrenz/ Konflikt und Konkordanz, Wahlen und dem Parlamentarismus, den Entscheidungsprozessen und der Verfassung und Gewaltenteilung.
Der Begriff "Demokratie" ist deswegen so unscharf, weil er unterschiedliche Bedeutungen in unterschiedlichen politischen Systemen beinhaltet. Zu unterscheiden ist zwischen direkter (plebiszitärer) und indirekter (repräsentativer) Demokratie, wobei eine Demokratie beide Elemente zu beinhalten hat.
- Die direkte Demokratie entspricht dem Wortverständnis, dass das Volk direkt herrscht. Entwickelt wurde diese Form vor allem in kleinen Einheiten (etwa der attischen Polis, Kantone/ Halbkantone der Schweiz, in Kibbuzim Israels). Aktuell werden plebiszitäre Elemente der Demokratie durch die technologische Entwicklung (IT, e-voting) in großen Einheiten auch gefördert.
- Plebiszit (Volksabstimmung),
- Volksinitiative (Volksbegehren),
- Wahlen und
- Demoskopie (Meinungsforschung).
- Repräsentative (indirekte) Formen sind
- Parlamentarismus (Parlament und Verfassungsorgane/ Regierung und Verwaltung),
- Parteien (wahlwerbende Gruppen),
- Verbände (Kammern, Vereinigungen, Gewerkschaften) und
- Neokorporatismus (Sozialpartner) als Kooperation von Verbänden und Verfassungsorganen (vgl. TALOS 2008).
Neben dem Mix von direkter und indirekter Demokratie benötigt eine Demokratie ebenso Elemente aus Konflikt und Konsens, also aus dem Wechselspiel von Konkurrenz und Konkordanz.
Erst der politische Konflikt erlaubt die Mitwirkung des Volkes mit Machtzuweisung, Machtkontrolle und Machtablösung. Es bedarf bestimmter Grundwerte in Form von Regularien in der Verfassung (formaler Konsens) und ihren Organen, um den Mechanismus einer demokratischen Kontrolle und Machtablöse funktionieren zu lassen. Mit "bestimmten Grundwerten" sind Regularien ("Spielregeln") eines bestimmten Menschen- und Gesellschaftsbildes gemeint, die die Anerkennung von Grund- und Freiheitsrechten (Menschenrechten) beinhalten.
Politische Konflikte beinhalten in der Regel mehrere Alternativen, die für den Wähler zur Auswahl stehen. Dies bedeutet einen Konkurrenzkampf von zwei oder mehreren Parteien bzw. Kandidaten. Liegt ein Defizit an Konsens vor, werden Regularien nicht eingehalten, verschiedene Interessen ein Kampffeld, kann eine Demokratie daran zugrunde gehen.
Moderne Politsysteme bevorzugen entweder Aspekte eines Konflikts (Konkurrenzmodell) oder des Konsens (Konkordanzmodell). Konkurrenz bedeutet eine Auseinandersetzung mehrerer Parteien, Konkordanz Zusammenarbeit der politischen Eliten(vgl. etwa die Unterschiedlichkeiten daher in den angelsächsischen Politsystemen und den kleinen europäischen Demokratie wie der Schweiz, Österreich und den Niederlanden).
Ein Konsens kann in der Verfassung verankert sein, ebenso auch in der politischen Praxis (Verfassungswirklichkeit; vgl. die Schweizer Konkordanzdemokratie mit der derzeitigen "Vier-Parteien-Koalition?"). Neue Verfassungen bevorzugen eine Präambel mit einer allgemeinen Erklärung oder einem Grundrechtskatalog, der wesentliche politische Rechte außer Streit stellt.
Als beispielhaft gilt etwa das Wahlrecht mit den Grundsätzen unmittelbar und direkt, frei und geheim sowie allgemein und gleich (vgl. in diesem Kontext die Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz 1971, die Aufhebung des Kurienwahlrechts in Österreich 1907, der Ausschluss vom Wahlrecht in einigen arabischen Staaten; zu vermerken ist ebenso der Ausschluss von einer demokratischen Mitbestimmung von Zugezogenen/Migranten bei legalem langjährigen Aufenthalt).
Ausschlusskriterien müssen genau definiert sein (etwa Alter, Behinderungsgründe, Handlungsfähigkeit).
Demokratischer Parlamentarismus hat als Kriterien eine
- direkte Bestellung durch das Volk bzw. einer Kammer des Parlaments nach einem demokratischen Wahlrecht,
- Gesetzgebung,
- Kontrolle der Regierung,
- Öffentlichkeit und ein
- freies Mandat.
Die Praxis relativiert mitunter allerdings die Grundsätze.
- Die Bestellung nehmen die Parteien vor, die intern über das Mandat entscheiden.
- Die entscheidenden Phasen einer Gesetzgebung werden im vorparlamentarischen Raum vorgenommen. Damit wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
- Die Kontrolle der Regierung übernimmt die Minderheit im Parlament (Opposition).
- Parlamentarier verdanken ihr Mandat einer Partei bzw. Interessensgruppe.
- Nationale Parlamente haben einen eingeengten Handlungsraum infolge der Internationalisierung und Europäisierung.
Parlament und Regierung haben eine gegenseitige Verantwortung. Dies betrifft rechtlich bei Vorwürfen der Verletzung von Gesetzen und politisch bei einem Misstrauensvotum.
Parlamentarische Entscheidungen werden arbeitsteilig getroffen, indem es eine
- Trennung zwischen (öffentlichem) Plenum und (zumeist nichtöffentlichen) Ausschüssen und eine
- Trennung zwischen vorparlamentarischem und parlamentarischem Bereich gibt.
Im Spannungsfeld zwischen Regierung und Opposition gibt es verschiedene Erscheinungsformen.
- Fundamentalopposition - Ablehnung des Politsystems (etwa die Verfassung),
- Alternativopposition - Konkurrenz und Konsens,
- Scheinopposition - Inhalte weitgehend identisch,
- Bereichsopposition - Kontrolle des anderen Koalitionspartners.
Eine Verfassung regelt die Machtzuweisung, Machtablösung und Machtkontrolle.
- Hauptaufgabe der Verfassung ist die Machtbegrenzung.
- In einer Demokratie sind Verfassung (Verfassungstheorie) und Realität (Verfassungswirklichkeit) nie ganz zur Deckung zu bringen (vgl. PELINKA - VARWICK 2010, 43).
Verfassungsarten sind
- Normative Verfassungen - Übereinstimmung von Theorie und Praxis > Idealfall,
- Nominale Verfassungen - teilweise Übereinstimmung zwischen Theorie und Praxis sowie
- Semantische Verfassungen - Theorie und Praxis haben nichts gemeinsam > Unvereinbarkeit mit einer Demokratie (vgl. "Stalin-Verfassung?" der Sowjetunion, NS - Ermächtigungsgesetz 1933).
Moderne Verfassungen sind vom Aspekt der Gewaltenteilung geprägt. Mit der Verteilung von Macht (Gewalt) auf mehrere Personen und Institutionen wird eine Machtkonzentration vermieden. Zeitgemäße Demokratien kennen drei Formen von Gewaltentrennung.
- Institutionelle Gewaltenteilung - Gleichgewichtigkeit von Legislative, Exekutive und Judikative (vgl. die US -Präsidialform),
- Zeitliche Gewaltenteilung - Trennung von Regierungsmehrheit und Opposition,
- Föderative (vertikale) Gewaltenteilung - Verteilung auf mehrere Ebenen (Bundesstaat, Gliedstaaten/ Bundesländer und Gemeinden).
4.1.3 Mehrparteiensysteme | |
Im Folgenden werden politische und parlamentarische Systeme sowie präsidentielle und gemischte Systeme angesprochen (vgl. NASSMACHER 2004, 107-125, 164-207).
Politische Systeme als Ordnung von dauernder Macht (Herrschaft) weisen verschiedene Kriterien auf.
- Sozioökonomische Infrastruktur - Zwischen Systemen der Ersten, Zweiten und Dritten Welt gibt es verschiedenste Voraussetzungen. Allein schon die Unterscheidung von "kapitalistisch" und "sozialistisch"("kommunistisch") weist auf Unterschiede im Privateigentum und Staatsaufbau hin.
- Soziopolitische Infrastruktur - Systeme mit mehreren Parteien als kompetitive Systeme lassen einen Wettbewerb um Wählerstimmen zu (vgl. Parteienmonismus als Einparteiensysteme bzw. Nullparteiensysteme).
- Verfassungsstruktur - Zu unterscheiden sind Systeme mit institutioneller Gewaltenteilung(präsidentielle Systeme) und zeitlicher Gewaltenteilung mit Mischsystemen(parlamentarische Systeme).
Ohne Beachtung der Dritten Welt für das 20. Jahrhundert sind drei politische Systeme in der "Industriegesellschaft" zu unterscheiden.
- Liberale Systeme - Parteienpluralismus, kapitalistisches Wirtschaftssystem, demokratisch-egalitäre Grundform
- Kommunistische Systeme - monistisches Parteiensystem, sozialistisches Wirtschaftssystem, antidemokratisch-antiegalitäre Grundform
- Faschistische Systeme - monistisches Parteiensystem, kapitalistisches Wirtschaftssystem, antidemokratisch-antiegalitäre Grundform
Kennzeichen sind Spannungsverhältnisse zwischen Legitimität und Effektivität.
Sie ergeben sich aus dem Kontext zwischen einer Verflechtung von Parlament und Regierung. Dies zeigt sich nicht nur in der Gesetzgebung und Kontrollfunktion, ebenso auch in der Zusammensetzung der Regierung. Damit beherrscht die Regierung mit den beiden Apparaten des Staates und der Parteien im Grunde genommen das Parlament, was zu einer Entmachtung des Parlaments führt.
Sieben Merkmale kennzeichnen parlamentarische Systeme.
- Regierung und Opposition sind unterscheidbar.
- Es gibt eine Verknüpfung von Parlament und Regierung durch das Misstrauensvotum.
- Als Gegenstück gibt es das Auflösungsrecht der Regierung mit Neuwahlen.
- Eine Doppelmitgliedschaft in Parlament und Regierung ist zulässig und üblich.
- Führungspositionen gibt es daher in Personalunion, mit Fraktionsdisziplin im Parlament und damit stabiler Mehrheiten und Entwertung des Misstrauensvotums.
- Das Staatsoberhaupt hat eine reduzierte Stellung, der Regierungschef (bzw. Parteichef) besitzt die staatliche Macht. Das Staatsoberhaupt bestätigt durch Ernennung den Regierungschef und besitzt Kompetenzen bei Notstandsmaßnahmen.
- Die zweite Kammer des Parlaments hat eine reduzierte Stellung (allgemein nicht direkt gewählt, Ausnahme Italien).
Eine Sonderstellung des Misstrauensvotums besitzt Deutschland in Form des "konstruktiven Misstrauensvotums". Mit der Abwahl des Regierungschefs und damit der Regierung bedarf es einer gleichzeitigen Neuwahl eines neuen Regierungschefs.
Kennzeichnend sind die weitgehende Trennung von Regierung und Parlament, also eine institutionelle Gewaltentrennung und damit voneinander unabhängige Bestellungsvorgänge. Ebenso kommt es zu einer getrennten direkten Wahl des Parlaments und des Staatsoberhaupts.
- Fehlen einer Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament, daher kein Misstrauensvotum,
- Fehlen eines Auflösungsrechts,
- Ausschluss einer Doppelmitgliedschaft in Regierung und Parlament ("Inkompatibilität"),
- Führungspositionen sind nicht identisch mit der Parlamentsmehrheit,
- die Opposition gefährdet nicht die Stellung des Staatsoberhaupts und damit der Regierung,
- das Staatsoberhaupt ist gleichzeitig Regierungschef und damit gibt es eine Konzentration der Macht der Exekutive sowie
- einem Zweikammer-System? mit echter Aufgabenaufteilung und Aufwertung des Parlaments gegenüber der Regierung("Bipolarität").
Beispielhaft ist das Modell präsidentieller Systeme der USA (vgl. LÖSCHE 2008, 120-130; PELINKA - VORWICK 2010, 56-57).
- Abgeschwächt ist die Trennung zwischen Legislative und Exekutive durch die Notwendigkeit der Kooperation (Budgetrecht des Parlaments, Veto des Präsidenten/ Zwei- Drittel - Mehrheit Parlament, Bestellungsrecht mit Zustimmung des Senats, Ratifizierung von völkerrechtlichen Verträgen durch Senat). Es ergibt sich ein Plus des Senats, etwa in außenpolitischen Kompetenzen.
- Die Amtsdauer des Repräsentantenhauses beträgt zwei Jahre, des Senats sechs Jahre.
- Gewählt wird der Präsident von einer Versammlung von Wahlpersonen ("electoral college").
- Bei Ausscheiden des Präsidenten vor Ablauf der Amtszeit folgt der Vizepräsident.
- Ein Abberufungsverfahren ("impeachment") ist ein gerichtsähnliches Verfahren - Anklage durch das Repräsentantenhaus, Senat mit Zwei - Drittel - Mehrheit zustimmen - Verlust des Amts.
- Als Besonderheit gilt die politische Macht der Gerichtsbarkeit ("supreme court"/ Oberster Gerichtshof). Mit der Ernennung durch den Präsidenten und der Zustimmung durch den Senat interpretieren die Mitglieder ständig die Verfassung der USA (vgl. beispielhaft die Rassentrennung, Todesstrafe und Abtreibung).
Merkmale des parlamentarischen und präsidentiellen Systems werden verbunden. Beispiele sind die Fünfte Republik in Frankreich (seit 1958), Deutschland (Weimarer Republik 1919-1933), Österreich (seit 1929), Portugal (seit 1976) und Russland (seit 1919).
- Bipolarität des Wahlvorganges - Wahlvolk wählt unabhängig voneinander ein Parlament und ein Staatsoberhaupt.
- Fusion von Exekutive und Legislative - Präsident und Parlamentsmehrheit bestimmen die Regierung.
Als Besonderheit gilt, dass in einem Konfliktfall zwischen dem Staatsoberhaupt und der Parlamentsmehrheit eine Pattstellung entsteht. Damit es nicht zu einem politischen Stillstand kommt, hat eine Partei auf die Nutzung ihrer Rechte zu verzichten (vgl. der Rollenverzicht des österreichischen Bundespräsidenten und der Rückzug das französischen Präsidenten 1986-1988, 1993-1995 und 1997-2002["cohabitation"]). In Russland widersetzte sich gewaltsam der Präsident 1993 gegen das Parlament. Die Verfassung gibt dem Präsidenten eine stärkere Position.
Als Sonderfall gilt die Schweiz (vgl. MOECKLI 2007).
- Der Bundesrat (Regierung) legitimiert sich durch Parlamentsmehrheit. Beide Kammern - Nationalrat (direkte Wahl) und Ständerat (indirekte Wahl über Kantone) - wählen den Bundesrat.
- Das Staatsoberhaupt (Bundespräsident) besitzt nur repräsentative Funktionen.
- Parlamentarische Ämter und Regierungsamt sind unvereinbar.
- Es gibt kein Misstrauensvotum und kein Auflösungsrecht.
- Es gibt noch Einrichtungen der direkten Demokratie als Verfassungspraxis, etwa Initiativen und Abstimmungen auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene.
- Konkordanzmechanismen sind die Konzentrationsregierung (Bundesrat) mit Verschränkung der Parteien, Sprachgruppen und Konfessionen.
- Das Kollegialitätsprinzip im Bundesrat ergibt volle Gleichheit der Mitglieder, lediglich der Bundespräsident besitzt einen Ehrenvorrang (für ein Jahr).
4.1.4 Einparteiensysteme | |
Besprochen werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Systeme im Kommunismus und Faschismus, in Entwicklungs- und Schwellenländern sowie eine Grauzone zwischen Demokratie und Diktatur in Form von defekten Demokratien und hybriden Regimen.
Allgemein wird festgehalten, Vertreter aller Systeme dienen dem Gemeinwohl.
- In Mehrparteiensystemen geht man davon aus, dass unter Gemeinwohl nicht von vornherein feststeht, was gemeint ist. Daher werden in pluralistischen Gesellschaften alle politischen Kräfte eingeladen, ihren Beitrag zu leisten (vgl. allerdings dazu, ob wirklich alle Interessen am Wettbewerb beteiligt werden können).
- In Einparteiensystemen wird das Gemeinwohl von vornherein festgestellt. Der Nutzen für die Klasse, das Volk und den Staat benötigt keinen Wettbewerb.
Einparteiensysteme haben keine Kontrolle, freie Ablösbarkeit der Regierenden und keine Opposition.
In Nachfolgefragen kommt es in der Regel zu Machtkämpfen (vgl. Stalins Tod 1953 und nach Maos Tod 1976). Festzuhalten ist auch, dass nach dem Tod eines Diktators Einparteiensysteme zusammenbrechen(können) (vgl. Spanien 1976, Jugoslawien 1980).
Im 20. Jahrhundert haben sich kommunistische und faschistische Einparteiensysteme herausgebildet.
- In der Faschismustheorie werden die Unterschiede zwischen kommunistischen und faschistischen Theorien und die Gemeinsamkeit zu liberalen Mehrheitsparteisystemen betont (vgl. das Schwergewicht der Theorieauseinandersetzung über die sozioökonomische Infrastruktur/ Kapitalismus vs. Sozialismus; vgl. Reinhard KÜHNL).
- Die Totalitarismustheorie hebt wiederum Gemeinsamkeiten zwischen kommunistischen und faschistischen Systemen hervor. Als Gegensatz werden die liberalen Mehrheitsparteisysteme gestellt (vgl. Hannah ARENDT).
- Einheitsparteisysteme tendieren zur Unterdrückung Andersdenkender und sind totalitär strukturiert. Totalitär bedeutet, wenn alle Gesellschaftsbereiche unterdrückt werden (vgl. etwa Einheitspartei, Einheitskultur und Einheitsweltanschauung).
- Die Zeitgeschichte weist auf Entwicklungen hin, dass Einheitsparteisysteme an Totalität verlieren und autoritäre Systeme annehmen (vgl. die Entstalinisierung, Spanien 1975, Jugoslawien 1980).
- Kennzeichnend für Totalität sind der absolute ideologische Wahrheitsanspruch, abweichende Meinungen gelten als Verrat und der Monopolanspruch.
Länder der Dritten Welt haben anders geartete Rahmenbedingungen wie ein(e)
- geringere Lebenserwartung,
- geringeres Pro - Kopf -Einkommen,
- höhere Analphabetenrate,
- geringere Arbeitsproduktivität,
- höhere Agrarquote und
- höheres Bevölkerungswachstum.
Gewisse Merkmale sind seit den siebziger Jahren nicht mehr vorhanden (vgl. das Pro - Kopf - Einkommen von erdöl -exportierenden Ländern und das Senken der Analphabetenrate in Kuba).
Der europäische Kolonialismus hat auch die Entwicklung einer nachkolonialen Ära beeinflusst. Beispielhaft ist dies im indischen Parlamentarismus zu sehen, in dem es eine autochthone indische Tradition gibt, aber die Verfassungsstruktur Indiens dem Muster des britischen Systems folgt ("Westminster Demokratie").
Zu unterscheiden sind acht politische Systeme.
- Feudale Systeme mit alten aristokratischen Strukturen (vgl. Saudi - Arabien, Marokko).
- Pseudorepublikanische Systeme mit Parteien mit demokratischem Anspruch und geringer Opposition (vgl. Tunesien).
- Konservative Militärdiktaturen mit der Dominanz des Militärs in Partei(en) und geringen bis keinen demokratischen Ansprüchen (vgl. Chile bis 1989, Südkorea bis in die achtziger Jahre).
- Radikale Militärdiktaturen mit massiver Veränderung sozioökonomischer Verhältnisse und Befreiungskämpfen (vgl. Algerien bis 1990, Äthiopien bis 1991).
- Mehrparteiensysteme mit Formen einer liberalen Verfassung und Anspruch auf Demokratie (vgl. Indien, Costa Rica).
- Kommunistische Einparteiensysteme mit Formen wie kommunistische Einparteiensysteme der Industrieländer (vgl. Kuba, Vietnam, Nordkorea).
- Eigenständige Einparteiensysteme mit der Zielsetzung spezifischer Bedürfnisse und Traditionen des eigene Landes sowie einem Modernisierungsanspruch(vgl. Uganda).
- Fundamentalistische Systeme mit religiöser Tradition und Rückgriff auf vergangene Herrschaftsformen sowie einem politischen System mit konfessionellen Zielen (vgl. Iran, Sudan).
Von Besonderheit sind Übergangsformen im Sinne einer "Erziehungsdiktatur". Ziel ist die Überführung eines Einparteiensystems in eine Demokratie (vgl. die Versuche der Türkei unter Kemal Pascha Atatürk und Mexikos).
Die Frage, ob eine "Erziehungsdiktatur" einen Übergang zu einer Demokratie in solchen Ländern geeignet ist, zeigt sich an den Beispielen von China und Indien. Mit der Verbesserung von Effizienz nimmt man Verluste an Legitimität in Kauf (vgl. PELINKA - VARWICK 2010, 74-76). China (und ähnlich Vietnam) ist/ sind die Ausnahme eines umfassenden Reformprozesses im Versuchsstadium eines nominell kommunistischen Einparteiensystem mit einem marktwirtschaftlich -kapitalistisch organisierten Wirtschaftssystem.
Liberale Systeme haben sich weltweit (auch) in unterentwickelten Staaten durchgesetzt, etwa in Portugal und Spanien (1974 bzw. 1976), 1989 und 1991 in den kommunistischen Systemen Europas (mit Ausnahme von Weißrussland, in Militärdiktaturen Asiens (Philippinen, Südkorea, Taiwan) und Lateinamerikas (Brasilien, Argentinien, Chile) und in Afrika (Nigeria). Der Systemwechsel/ Transformation wird zu einem Übergang zu anderen Kriterien in Politik, Ökonomie und Pluralismus.
Der innere Zustand eines politischen Systems ist auch für die internationale Politik von Bedeutung. Politisches Verhalten, das regionale Umfeld und sozioökonomische Verhältnisse spielen eine Rolle.
Demokratie bedeutet konkurrierende Akteure, Verantwortung politischer Entscheidungen vor der Bevölkerung und Öffentlichkeit. Autokratische Systeme haben/ benötigen diese Voraussetzungen nicht.
Allerdings gibt es genügend Systeme in einer Grauzone zwischen Demokratie und Diktatur. Die Transformationsforschung bezeichnet dies mit den Begriffen "defekte Demokratie" und "hybride Regime". Es gibt wohl Wahlen, Defizite gibt es allerdings in den Bürger- und Menschenrechten sowie in der Rechtsstaatlichkeit. Das Gewaltmonopol einer legitimen Gewaltausübung ist ebenfalls ein Kriterium (vgl. die Demokratische Republik Kongo, teilweise den Irak oder Afghanistan).
Noch lange ist es nicht globaler Standard ein leistungsfähiger, marktwirtschaftlicher und demokratischer Rechtsstaat zu sein. Mitunter haben Autokratien sogar eine Vorbildfunktion.
4.1.5 Wahlen - Medien | |
Anzusprechen sind Wahlsysteme, Inhalte und Methoden der Wahlforschung, Probleme in der Umfrageforschung und Medien als Meinungsgestalter (vgl. NASSMACHER 2004; 34-63; NOHLEN 2009).
Parlamentswahlen und in der Regel Personalwahlen sind nach den außer Streit gestellten Grundsätzen eines demokratischen Wahlrechts direkt und unmittelbar, frei und geheim.
Kontrovers ist die Form der Umrechnung der abgegebenen Stimmen in Mandate, die in Mehrheitsparteisystemen von Bedeutung ist (vgl. NOHLEN 2009).
- Bei der Verhältniswahl ist eine genaue und spiegelbildliche Umrechnung des Stimmenanteils einer Partei in einen Mandatsanteil zu erreichen. Voraussetzung sind demnach Parteien, nicht aber Wahlkreise. Um in den Genuss der Verhältniswahl kommen zu können, muss ein Mindestanteil von Stimmen erreicht werden. Regierungsbildungen sind in Form von Koalitionsbildungen bzw. Verhandlungen mit einem Regierungsprogramm langwieriger. Allerdings kann die Basis einer Regierung erweitert werden, das Regierungssystem repräsentativer gemacht und die Macht einer allein regierenden Partei verhindert werden.
- Bei der Mehrheitswahl soll jeder Wahlkreis ein Mandat in das Parlament entsenden (vgl. den Umstand einer Persönlichkeitswahl). Voraussetzung sind hier (möglichst gleich große) Wahlkreise, nicht aber Parteien (die sich aber bilden). Gewählt ist das Mandat, das die meisten Stimmen erreicht, womit kleinere Parteien Mehrheiten erreichen können. Bei der relativen Mehrheitswahl ist der stimmenstärkste Kandidat gewählt (UK, USA), im absoluten Mehrheitswahlrecht benötigt der Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen (womit es oftmals zu Stichwahlen kommen kann). Regierungsbildungen sind bei klaren Mehrheiten einfacher und demnach schneller (vgl. im UK das Faktum eines "Schattenkabinetts").
- Verhältniswahl und Persönlichkeitswahl zu verbinden gibt es
- in Form der "personalisierten Verhältniswahl" in Deutschland. Jeder Wähler hat zwei Stimmen - die Erststimme wählt man den nach den Grundsätzen der relativen Mehrheitswahl einen Abgeordneten. Mit einer Zweitstimme wählt man die Liste einer Partei. Die Mandatsverteilung geht ausschließlich über die Zweitstimme (5 Prozent - Klausel). Bei der Verteilung der Mandate werden jedoch die in den Wahlkreisen von den einzelnen Parteivertreter gewonnenen Mandate auf die endgültige Mandatszahl angerechnet - wobei die Zahl der Wahlkreise 50 Prozent der Gesamtzahl der Mandate ausmacht. Dadurch herrscht zwar, bei der Vergabe der Mandate nach den Zweitstimmen selbst, der Grundsatz der Verhältniswahl - aber die Wählenden haben durch die Erststimme einen gewissen Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Bundestages" (PELINKA - VARWICK 2010, 84).
- In Italien werden 75 Prozent der Abgeordneten in beiden Kammern nach dem Grundsatz der relativen Mehrheitswahl gewählt (Persönlichkeitswahl), 25 Prozent nach dem Grundsatz der Verhältniswahl.
Die Wahlforschung zeigt Zusammenhänge der Beeinflussung von Wählenden zwischen gesellschaftlichen Faktoren und der Stimmabgabe auf. In Mehrparteiensystemen sind solche Zusammenhänge von wesentlichem Interesse (vgl. FALTER - SCHOEN 2005). Gefragt wird in der Wahlforschung, wer wen warum wählt.
Bestimmungsfaktoren (Determinanten) werden auf verschiedenen Ebenen festgestellt.
- Sozioökonomische Determinanten sind Lebensumstände, die mit ökonomischen Bedingungen direkt oder indirekt zusammenhängen. Einkommen, Vermögen, Beruf und sonstige Lebensumstände können das Wählerverhalten beeinflussen.
- Sozialpsychologische Determinanten sind nicht ökonomisch bedingt, etwa Familientradition, Konfession und gesellschaftliche Gruppierung wie Volksgruppenzugehörigkeit und Minderheiten.
- Institutionelle Determinanten beeinflussen insofern, wie etwa ein ungünstiges Wahlsystem für kleinere Parteien.
Zu beachten sind für ein wirkungsvolles Feststellen von Wahlverhalten Mehrfachbefragungen einer repräsentativen Gruppe, Befragungen einer Kontrollgruppe zur Vermeidung von Intervieweffekten (Abweichungen) (vgl. den in der Fachliteratur beschriebenen Modellfall Erie Country/ Studie von LAZARSFELD - BERELSON - GAUDET 1940 im Bundesstaat Ohio).
Ein Index der politischen Prädispositionen weist auf Wahrscheinlichkeiten hin. Die Stimmabgabe ist deswegen prognostizierbar, weil Determinanten in Richtung einer Partei hinweisen.
Widersprechen sich Determinanten ("cross pressures"/ Mehrfachbindungen), ist eine Prognostizierbarkeit kaum bzw. gar nicht gegeben.
- Die Wahrscheinlichkeit einer Nichtwahl bzw. Meinungsänderung im Wahlkampf steigt (Hinweis auf Bindungslosigkeit).
- Die Wahrscheinlichkeit einer anderen Wahlentscheidung steigt.
- Die Wahrscheinlichkeit, im letzten Moment eine andere Entscheidung zu treffen, steigt.
Bei Mehrfachbindungen als Zeichen einer gesellschaftlichen Mobilität kommt es erst in Endphasen der Wahlauseinandersetzung zu Beeinflussungen.
Konfliktlinien bei parteipolitischen Konstellationen ergeben sich, wenn Befürworter und Gegner bei Abstimmungen sich trennen ("Cleavage - Theorie"). Kernaussage der Cleavage - Theorie ist, dass gesellschaftliche Grundkonflikte bereits vor längerer Zeit im Parteisystem vorhanden sind.
Neue Wählergruppen bzw. neue Parteien sind nur dann möglich, wenn soziale Veränderungen einer Gesellschaft stattfinden und damit neue Konfliktlinien entstehen (vgl. PELINKA - VARWICK 2010, 88).
Von Interesse sind die Stamm- und Wechselwähler, die Gründe des Nichtwählens und die Meinungsführer und Meinungsübernehmer als Multiplikatoren.
Die vielfältigen Formen der Gewinnung von Daten lassen verschiedene Methoden verwenden.
- Die Umfrageforschung gehört zur Verhaltensforschung. Ein kleiner Teil der Wählerschaft (Stichprobe/sample) wird befragt, um Rückschlüsse über die Einstellung und das Verhalten zu ziehen. Die Determinanten müssen auf die gesamte Wählerschaft verteilt sein. Wenn man mit Zeitreihen arbeitet, können Ergebnisse verglichen werden.
- Fokusgruppen (Zielgruppen) erheben die Wünsche bestimmter Zielgruppen, etwa Studierende, berufstätige Frauen über 40 Jahre oder Männer überdurchschnittlichen Bildungsniveaus. Qualitative Methoden wie intensive Gruppengespräche erheben Hinweise.
- Bei der Wahlökologie werden alle Umweltfaktoren für das Wahlverhalten geprüft. Als Summe verschiedener Methoden gibt es etwa die Wahlgeographie (vgl. in den USA Erhebungen der Stimmabgabe von weißen Wählenden in Nachbarschaft von schwarzen Wählenden; in Deutschland beim Aufstieg der NSDAP die Verbindung mit dem Faktor Konfession und Beruf).
- Wahlkampfmonographien liefern eine Darstellung einer kurzen Zeitspanne unmittelbar vor der Wahl.
- Die Wahlstatistik wird etwa im Kontext mit Wahlökologie und der Umfrageforschung verwendet. Je mehr Daten vorhanden sind, desto umfangreicher ist die Statistik. Hochrechnungen aus vorliegenden Ergebnissen kleiner Wahleinheiten auf das Endergebnis sind eine besondere Form der Wahlstatistik.
Parteien versuchen aus unmittelbarem Interesse, Ergebnisse der Wahlforschung zum Instrument der Wahlauseinandersetzung zu machen, wobei Ergebnisse der Wahlforschung dazu benutzt werden.
Die Umfrageforschung einer vorzeitigen Veröffentlichung löst zwei mögliche Effekte aus.
- Der Mitläufereffekt ("bandwagon") soll eine Sogwirkung erzeugen, also sich der voraussichtlich stärkeren Partei anzuschließen.
- Der Mitleidseffekt ("underdog") erhofft bei ungünstigeren Ergebnissen ein Gleichgewichtsdenken der Wählenden, ebenso ein Sicherheitsdenken der anderen Partei(en).
Je größer die Stichprobe, desto größer der Annäherungswert an das Verhalten der Wählenden. Die Bandbreite ergibt mögliche Abweichungen.
Wesentlich sind die Antwortverweigerungen. Es gibt immer Wählende, die keine Antworten geben (wollen). Erste Ergebnisse einer Befragung (Rohdaten) ergeben immer Antworten ohne Zuordnungsmöglichkeit. Frühere Erfahrungen werden eingerechnet, besonders bei Annahmen größerer Wählerbewegungen.
Von Interesse ist eine Form der Umfrageforschung, die mit exit polls bezeichnet wird. Befragt werden Wählende, wie sie gerade gewählt haben. Bei entsprechender Größe der Stichprobe erhält man unter Umständen vor der Auszählung der Stimmen ein genaues Ergebnis.
Zudem können rasche Analysen über das Wahlverhalten abgegeben werden (Wählerstromanalyse).
Medien als Träger öffentlicher Meinungsbildung beinhalten Print- und elektronische Medien (vgl. NASSMACHER 2004, 52-57).
Sie erfüllen eine
- Informationsfunktion (Wissen),
- Artikulationsfunktion (Beeinflussung der politischen Meinung und Entscheidung)und
- Kontrollfunktion (Aufzeigen von Entwicklungen).
Als Massenmedien sind sie für das politische System von Interesse. In einer Demokratie sind im Sinne der Marktwirtschaft die Medien dem Pressegesetz verpflichtet und hängen von Angebot und Nachfrage ab.
In Privatbesitz befinden sich in der Regel die Printmedien (Zeitungen), staatlich bzw. in öffentlich - rechtlichem Besitz in Europa teilweise sind die elektronischen Medien (Hörfunk, TV, Internet).
Das Demokratieproblem zeigt sich im Form des Wettbewerbs verschiedener Medien.
- In öffentlich - rechtlichen Medien bedarf es einer inneren Mediendemokratie (etwa Redakteursstatute).
- In Privatmedien ist ein Ausgleich mit einer Dominanz ökonomischer Interessen zu suchen, damit Meinungsvielfalt garantiert wird.
- Meinungs- und Pressefreiheit ist ein Menschenrecht und steht nicht zur Disposition.
Eine Herausforderung für die Demokratie ist das Internet.
- Als medialer Ausdruck einer Globalisierung entzieht sich das Internet einer traditionellen Kontrolle.
- Es erweitert den Zugang zur Nutzung von Massenmedien (vgl. Online - Ausgaben der Tageszeitungen mit weltweiter Verbreitung).
- Als neue Kommunikationsform ermöglicht es den Zugang zur Politik und deren Beeinflussung. "e - voting" und "cyber democracy" werden Effekte einer Demokratiequalität beschrieben. Problembereiche sind etwa die Wahrung des Wahlgeheimnisses und die Vermittlung von Wirklichkeit.
Kontrovers ist die Form der Beeinflussung von Medien.
- Medien können Bewusstsein und Meinung erzeugen ("Verursacherhypothese") (vgl. Medienkampagnen).
- Medien können vorhandene Bewusstseinsinhalte und Meinungen abschwächen bzw. verstärken ("Verstärkerhypothese").
Die folgenden allgemein gehaltenen Entwicklungstendenzen im deutschen Sprachraum sollen zeigen, dass der mediatisierte Bürger Realität ist.
- Elektronische Medien haben das Benutzerverhalten verändert.
- Die Verbreitungsdichte des Hörfunks ist höher als die des Fernsehens. Zu beachten ist das Autoradio mit seiner Verbreitung in so gut wie allen Autos.
- Das Aufkommen privater TV - Sender brachte kaum eine Ausweitung des TV - Konsums.
- Bedeutungsvoll für den Medienkonsum ist eine Orientierung an der Elite der Medien, etwa an bedeutungsvollen Tageszeitungen und TV - Sendungen (vgl. im deutschen Sprachraum etwa Der Spiegel, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit, Die Welt, Der Standard, Salzburger Nachrichten - n - tv, Euro News).
- Zunehmend bedeutend werden im Internet Bereiche wie Facebook und Twitter, die soziale Bereiche abdecken. Der Gedanke von "communities" fördert politische Impulse.
- Bedenklich sind lokale Zeitungsmonopole. Hier erhält der Konsument ein relativ unkritisches Bild regionaler Ereignisse.
- Die Informationsbeschaffung für überregionale und weltweite Ereignisse erfordert kommerzielle Fremdangebote von Nachrichtenagenturen, die die Nachrichtenselektion vornehmen (vgl. etwa AP, UPI, AFP, Reuter, dpa, APA).
- Medienangebote werden zunehmend auf den Konsumenten zugeschnitten (vgl. den Unterhaltungsanteil von Medien mit den Elementen von Personalisierung, Simplifizierung und Emotionalisierung -"Human Touch").
- Durch Werbung finanzierte Programme führen zu einer Homogenisierung, wobei sich die Frage ergibt, wie viel mediale Vereinfachung die Demokratie verträgt.
- Zur Erreichung von Aufmerksamkeit und höheren Einschaltquoten ist ein Neuigkeitswert erforderlich, wobei zu beachten wäre, dass langfristig ein verzerrtes Bild in der Berichterstattung entsteht. Zusammenhänge werden nicht aufgezeigt. Hintergrundinformationen werden eher im Internet angeboten.
4.1.6 Parteien - Parteisysteme | |
Anzusprechen sind die Funktion und Arten politischer Parteien, die innerparteiliche Demokratie, Parteiprogramme und deren Personalisierung, die Finanzierung und Parteisysteme (vgl. NASSMACHER 2004, 90-106; NIEDERMAYER - STÖSS - HAAS 2006; ANDERSEN 2009).
Demokratien benötigen ein Parlament, dieses benötigt Parteien. Schon im antiken Rom gab es Patrizier und Plebejer, in Byzanz grüne und blaue Parteien (Farbe nach populären Wagenlenkern).
Moderne Parteien sind das Ergebnis eines Parlamentarismus . Abgeordnete mit ähnlichen Meinungen, Interessen und Handlungsfeldern schließen sich zu Fraktionen (Gruppen) und diese zu einer Partei zusammen.
Das Europäische Parlament gliedert sich in Fraktionen, denen sich die Abgeordneten der auf nationaler Ebene gewählten Parteien zuordnen (vgl. etwa EVP - christlich - demokratisch, PES -sozialdemokratisch und sozialistisch, liberale und grüne Abgeordnete). In der Folge bilden sich Parteisysteme.
Drei Aufgaben erfüllen politische Parteien:
- Integration - Parteien bilden einen überschaubaren Rahmen einer Vielzahl von Wertvorstellungen und Interessen (vgl. dagegen Flügelkämpfe in Parteien).
- Rekrutierung - Auswahl von Personen für politische Positionen für politische Entscheidungen.
- Legitimation - Machtanwendung soll allgemein akzeptiert werden und zu einer legitimen Herrschaft werden (vgl. die Notwendigkeit von Wahlen).
Die Geschichte moderner Parteien beginnt im britischen Parlament des 17. Jahrhunderts mit den Tories (später Konservative) und Whigs (später Liberale). In Europa entwickelten sich mit dem allgemeinen und gleichen Wahlrecht im 19. und 20. Jahrhundert Massenparteien mit der Notwendigkeit von Organisationsmodellen ( vgl. Parteimitgliedschaft, Mitgliedsbeiträge, Parteifunktionär).
Massenparteien unterscheiden sich in Mitgliederparteien und Wählerparteien. Die Mitgliederzahl zeigt sich im Kriterium der Organisationsdichte von Parteien.
Es zeigt sich, dass diese Entwicklung zu einer Konzentration auf Wahlkämpfe führt. Massenparteien sehen dies als Mittelpunkt ihrer Orientierung, wobei der Wahlerfolg das eigentliche Ziel darstellt. Politisches Marketing wird so immer bedeutender und erhält eine Aufmerksamkeit.
Abweichend davon bildete sich nach der Oktober - Revolution 1917 in Russland eine Kaderpartei (vgl. die politische Qualität der Mitglieder mit Qualifikationen und Vorleistungen).
Zwei Grundformen innerparteilicher Demokratie zeigen im Kontext einer wählerorientierten und mitgliederorientierten Partei die Unterschiede.
- Mitgliederorientierte Parteien machen das Parteimitglied zum Parteibürger, zu einer Person im Entscheidungsprozess - in den Parteiorganen mit Hilfe der Parteidelegierten mit freiem Mandat, in der Regel bei Parteitagen (vgl. Parteibefragungen von Mitgliedern im Entwicklungsprozess eines Parteiprogrammes).
- Nicht beachtet wird in der Regel die entscheidende Gruppe der Wechselwählenden, die für einen Wahlsieg allgemein entscheidend ist. Damit geht man für gewöhnlich an der Realität des Mehrparteiensystems vorbei (vgl. PELINKA - VARWICK 2010, 103).
- Wählerorientierte Parteien geben diese Entscheidung bei/ in einer Wahl dem Wählenden weiter. Innerparteilich versucht man hier durch Vorwahl demokratische Elemente einzubringen (vgl. die USA in ihrem Gesamtwahlsystem). Geschlossene Vorwahlen kennen nur registrierte Parteimitglieder, offene Vorwahl sind für alle Parteien wahlberechtigt. Das demokratische Defizit besteht in der finanziellen Abhängigkeit der Kandidaten für Vorwahlen. Vorwahlen verlängern die interne Wahlauseinandersetzung, weshalb der Parteitag ("convention") immer mehr nur zur Bestätigung von Entscheidungen dient.
Parteien haben Programme, um ihre Ziele und Vorhaben zu formulieren.
- Grundsatzprogramme bieten langfristige Orientierung mit Innen- und Außenfunktion.
- Aktionsprogramme bieten kurzfristige Orientierung, die Außenfunktion dominiert.
Die Innenfunktion hat als Auftrag, verschiedene Flügel einer Partie zu integrieren und eine Identifikation mit dem Parteiprogramm zu erreichen. Die Außenfunktion hat bestimmte Wählerschichten anzusprechen und die Öffentlichkeit für eine Partei zu gewinnen (vgl. den Ausdruck "Schaufensterfunktion").
In Mehrparteisystemen ist davon auszugehen, dass Parteien nicht Wahlen gewinnen, um Parteiprogramme zu verwirklichen. Vielmehr formulieren Parteien Programme, um Wahlen zu gewinnen.
Die Personalisierung von Parteien konkurriert mit Parteiprogrammen. Personen übertreffen oft Programme bzw. treten an ihre Stelle. Sie können auch selbst zum Programm werden.
- Internationale Beispiele dafür sind die italienische "Democrazia Cristiana/DC" und die japanische "Liberal -Demokratische Partei/ LDP". Beide Parteien bestanden jeweils primär um eine Person und nicht um ein bestimmtes Programm (personenbezogene Gruppierung).
- Das indische Parteiensystem zeigt, dass nach dem Tode Pandit Nehrus 1964 die Dominanz der Kongress - Partei geringer wurde. Andere indische Parteien ordneten auch Personen zu und versuchten Loyalitäten zu erreiche.
Für Wahlauseinandersetzungen und zur Führung bzw. ständigen Organisation benötigen Parteien finanzielle Mittel. Zu unterscheiden sind Eigen- und Fremdfinanzierung'.
- Eigenfinanzierungsmittel sind Mitgliedsbeiträge, Parteisteuern (Abgaben aus Einnahmen aus Schlüsselfunktionen/ indirekte staatliche Finanzierung)und Parteibetriebe.
- Fremdfinanzierungsmittel betreffen Spenden (Abhängigkeit von Geldgebern)und staatliche Finanzierung (Budgetmittel für eine Parteiarbeit).
In den USA wurde durch die "Watergate-Affäre?" (1974) eine Kontrolle der Einnahmen eingeführt, wobei (Wahlkampf-) Kosten nach wie vor außer Kontrolle geraten können. Insbesondere durch die Vorwahlen entstehen hohe finanzielle Belastungen, so dass Kandidaturen finanziell gut ausgestattet sein müssen.
Das britische Modell der Kontrolle von Ausgaben, auch in Kanada praktiziert, bewirkt relativ billige Wahlauseinandersetzungen. Der Kontext von Ökonomie und Politik wird so relativiert.
Solche Systeme werden nach der Zahl der bedeutenden Parteien geordnet, etwa im UK als Muster eines Zweiparteiensystems (obwohl im UK mehr Parteien existieren und an Wahlauseinandersetzungen teilnehmen).
- Zweiparteiensysteme weisen auf ein Kopf - an - Kopf - Rennen bei Wahlen mit Mehrheitswahlrecht hin, wobei eine dritte Partei in der Regel chancenlos ist.
- Zweieinhalb - Parteisysteme geben ein dritten Partei die Chance, das Zünglein an der Waage zu sein(etwa die FDP in Deutschland, früher die FPÖ in Österreich).
- Vielparteiensysteme mit einer dominierenden Partei weisen auf eine traditionell führende Rolle einer Partei (etwa früher der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Schwedens).
- Vielparteiensysteme ohne eine dominierende Partei weisen auf keine Führungsrolle einer Partei hin. Die Parteien besitzen ungefähr den gleichen Stimmenanteil (etwa die Schweiz).
- Nullparteiensysteme wie Saudi - Arabien und Chile bis 1989 kennen keine Partei(en).
Wahlsysteme bestimmen die Parteienlandschaft. Das Mehrheitswahlrecht bevorzugt jedenfalls den Trend zu einem Zweiparteiensystem (etwa in den USA und im UK). Die Verhältniswahl lässt eher Vielparteiensysteme entstehen.
Das Entstehen von vorhandenen ethnischen Strukturen - sprachlich, kulturell und religiös - lässt Schwierigkeiten aufkommen (etwa in Afrika/ Nigeria). Am Beispiel der EU zeigt es sich, dass eine europäische politische Integration nur dann gelingen kann, wenn ohne nationale Parlamente mit ihren Parteisystemen ein eigenes europäisches Parteisystem etabliert wird - ohne nationale Loyalitäten.
Der Zustand der einzelnen Parteien zeigt sich in funktionierenden Demokratien im Verhalten der zwischenparteilichen Demokratie. Dies bedeutet Wettbewerb um Wahlstimmen, innerparteiliche Demokratie und ein Mehrparteiensystem.
4.1.7 Verbände - Neokorporatismus - Mitbestimmung | |
Im Folgenden werden Funktion und Arten der Verbände, Zielgruppen, der Neokorporatismus, die Mitbestimmung und Verwaltung angesprochen (vgl. TALOS 2008).
Wichtige Organisationsformen in gegenwärtigen politischen Systemen sind Parteien und Verbände. Diese versuchen, die Entscheidungsträger zu bestimmten Handlungen zu bringen.
Verbände halten eine gewisse Distanz zu den zentralen Stellen von Regierung und Parlament. Verbände erfüllen eine Integrationsfunktion.
Im österreichischen politischen System erweist sich dies bei der Bundeswirtschaftskammer mit ihren Landesorganisationen (BWK), der Kammer für Arbeiter und Angestellte mit ihren Landesorganisationen (AK), der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und den Landesorganisationen (LK), dem Österreichischen Gewerkschaftsbund und seinen Teilorganisationen (ÖGB) sowie der Industriellenvereinigung mit den Landesorganisationen (IVG).
Zudem kommen noch konfessionelle Verbände und Dachverbände humanitärer, sportlicher und anderer Art. Daraus ergibt sich eine Gliederung von wirtschaftlichen Verbänden und ideellen Verbänden.
Fließende Übergänge ergeben sich etwa bei Bürgerinitiativen und konfessionellen Verbänden, wenn es auch um ökonomische Ziele geht.
Verbände sehen sich in liberalen Systemen auch als "Druckgruppen" ("pressure groups"). Mit Interessenszielen versucht man, diese durchzusetzen und ein Gleichgewicht im politischen System zu erreichen bzw. zu erhalten.
Eingeteilt werden können Verbände in
- freie Verbände mit freiwilligem Beitritt und Austritt (Vereine mit ihren Dachverbänden aller Art, NGOs, der ÖGB und die IVG) und
- Pflichtverbände mit automatischer Zugehörigkeit (Pflichtmitgliedschaft bei Kammern durch bestimmte Berufstätigkeit).
- Als besondere Rechtsform gelten konfessionelle Verbände. Diese sind mit Verträgen der jeweiligen Religionsgemeinschaft verbunden, wobei gleichzeitig der Status der Religionsgemeinschaft geregelt ist. In liberalen Systemen widerspricht der Fundamentalismus dieser Vorgangsweise.
Der englische Ausdruck "pressure groups" weist auf die Tätigkeit von Verbänden.
Verbände agieren mittels Expertentum, das politische System reagiert mittels politischer Impulse. Umgekehrt kann man auch davon ausgehen, dass das politische System Verbände entwickelt, die in der Folge reagieren.
Adressaten/ Zielgruppen der Verbände sind
- Parlamente, insbesondere wenn sie in präsidentiellen Systemen eigenständig agieren können (vgl. die USA als beispielhaftes Zusammenspiel beider Institutionen/ "Lobbyismus"). Von einem internen Lobbyismus spricht man, wenn Verbändevertreter als Parteivertreter im Parlament sitzen. Externer Lobbyismus drückt sich in der Arbeit von außen aus.
- Regierungen, in denen Verbändevertreter in Schlüsselpositionen sitzen.
- die Verwaltung mit Anhörungsrecht bei anstehenden Entscheidungen und
- politische Parteien. Hier gibt es vom Monopolcharakter mit einer einzigen Partei bis zur Zusammenarbeit mit mehreren Parteien Möglichkeiten der Kooperation.
Instrumente für einen Einfluss von Verbänden sind
- Geld als Zuwendungen bzw. Entzug von Geld und
- die Zahl von Wählenden als Anhänger von Verbänden, um politische Akteure zu beeinflussen.
Verbände neigen auch dazu, Kooperationen mit anderen Verbänden einzugehen und so Interessen durchzusetzen (vgl. die Sozialpartnerschaft in Österreich; TALOS 2008). In liberalen Systemen zeigt sich dies in der Zusammenarbeit von Arbeitgeber-, Arbeitnehmerverbänden und dem Staat als Einflussmöglichkeit ("Neokorporatismus").
Korporatismus ist ein Begriff in der Politikwissenschaft, der Formen der Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen an politischen Entscheidungsprozessen beschreibt (vgl. PELINKA - VARWICK 2010, 121).
Neo-Korporatismus? wird seit den siebziger Jahren die Theorie bezeichnet, weil man sich als Instrument vom klassischen Korporatismus abgrenzen will (Beteiligung an der Umsetzung politischer Entscheidungen, Ergänzung des Parlamentarismus). Damit kommt es zu einer Trias von Staat (Regierung), Arbeit (Gewerkschaften) und Kapital (Arbeitgeberverbände). Im Neokorporatismus und seinen Einrichtungen sollen grundsätzlich Spannungsfelder von Arbeit und Kapital gemildert werden. Arbeitskämpfe werden tatsächlich in Ländern mit solcher Einrichtung weniger durchgeführt.
In Österreich mit dem am stärksten entwickelten Neokorporatismus haben Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände in Form der "Paritätischen Kommission für Lohn- und Preisfragen" eine Einrichtung geschaffen, die ohne Staat von den Verbänden Konfliktbereiche lösen. Als Sozialpartnerschaft sind auch Aspekte der Mitbestimmung Aufgabenbereiche. Dies stellt den Versuch dar, in liberalen Systemen Arbeitsnehmern Mitsprache und Mitverantwortung zu geben (vgl. die Mitsprache als Parität).
- Mitbestimmung im Arbeitsprozess und auf Betriebsebene (etwa Betriebsräte),
- Mitbestimmung auf Unternehmensseite (Betriebsräte und Gewerkschaften) und
- überbetriebliche Mitbestimmung (durch Gewerkschaften).
Neben der nationalen Mitbestimmung und Gleichberechtigung der Arbeitnehmer in Österreich gibt es die "Montan -Mitbestimmung" in Deutschland in der Eisen- und Stahlindustrie.
In den USA gab es vor dem Zweiten Weltkrieg im Reformprogramm des "New Deal" neokorporative Züge.
Verschiebungen und damit eine Abwertung des Neokorporatismus ergeben sich aus den Aspekten einer ökonomischen Globalisierung (vgl. die Aufhebung von Grenzen, der Rückzug von Regierungen aus der Sozialpolitik/ "Neoliberalismus" mit dem freien Spiel der Kräfte des Marktes - in den USA "Reagonomics", im UK "Thatcherismus").
Damit kam es zu einem Rückgang der Organisationsbemühungen der Gewerkschaften. Die Unternehmerverbände setzen Direktverbindungen mit dem politischen System ein ("Lobbyismus"), ohne Absprachen mit den Gewerkschaften. In der Lohnpolitik besteht nach wie vor die Sinnhaftigkeit, Absprachen zwischen den Partnern durch Kollektiv- bzw. Lohnverträge zu regeln.
Verwaltungen dienen einer Regierung als bürokratische Hilfsapparate, um den politischen Willen durchzusetzen. Sie sind demnach ein neurales Instrument im Sinne legitimer politischer Interessen, einsetzbar für jede regierende politische Partei.
Die Praxis zeigt jedoch, dass eine vollständige Neutralität der Beamtenschaft nicht gegeben ist. Beamte bzw. Verwaltungsorgane beeinflussen politische Entscheidungen, durch erhaltende Informationen und Entscheidungen.
Der politische Charakter zeigt sich, dass im Parlamentarismus der vorparlamentarische Raum durch die Verwaltung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wesentlich beeinflusst wird. Eine zeitgemäße Verwaltung gibt sich großteils die Gesetze selbst, die sie dann vollzieht (vgl. PELINKA - VARWICK 2010, 125).
Die Verwaltung ist der Regierung mit ihrer Weisungsbefugnis direkt unterstellt. Das Primat der Politik über die Verwaltung widerspricht sich in der politischen Rolle der Verwaltung, etwa an der Mitwirkung der Verwaltung an der Gesetzgebung, am Ermessensspielraum der Verwaltung und der Interpretation der Gesetze und Verordnungen, die unvermeidlich politisch sind.
International weist sich dies einerseits im US - System des politischen Beamtentums (Besetzung der Spitzenpositionen vom jeweiligen US - Präsidenten auf Zeit) und andererseits im unpolitischen System des UK (Berufsbeamtentum im britischen "Civil Service").
In europäischen Regierungen neigt man dazu, diesem Dilemma mit einem politischen Beamtentum in Form eines "Ministerbüros" aufzuweichen.
Anzusprechen sind internationale Beziehungen, der West - Ost - Konflikt, Neutralität und Blockfreiheit, der Nord - Süd - Konflikt und die Globalisierung (vgl. NASSMACHER 2004, 399-427, 456-488; RITTBERGER - KRUCK - ROMUND 2010; SCHIMMELFENNING 201O; PELINKA - VARWICK 2010, 128-150; ASBRAND - SCHEUNPFLUG 2014, 401-412).
Diese beziehen sich auf die Zusammenarbeit und Konflikte zwischen Akteuren über nationale Grenzen hinweg. Es betrifft zwischenstaatliche und nichtstaatliche Beziehungen sowie internationale Organisationen und die Außenpolitik von Staaten.
Von Bedeutung sind Konzepte in der
- Geopolitik (geographische Faktoren),
- das Gleichgewicht der Mächte (Interessen der Akteure, Entspannungspolitik),
- nationale Interessen (interne Antriebskräfte, Erhaltung von Handlungsspielräume von Staaten etwa in Phänomenen einer Globalisierung und Supranationalität) und
- Interdependenz bzw. Anarchie (wechselseitige Abhängigkeiten, Herrschaftslosigkeit bzw. Autoritätslosigkeit).
Theoretische Schulen bzw. Denkschulen unterscheiden sich in ihren Auffassungen.
- Die realistische Schule ist gekennzeichnet durch Eigeninteressen der Staaten, Sicherung der eigenen Handlungsspielräume und Bedrohung des Gleichgewichts der Kräfte.
- Die idealistische Schule ist gekennzeichnet durch internationale Organisationen mit internationalen Beziehungen (vgl. den Vorteil von Kooperationsformen mit friedensstiftendem Charakter).
- Die internationale Schule ist gekennzeichnet durch stabile internationale Zusammenarbeitsformen mit normativen Regeln. Notwendig sind gemeinsame Interessen und gemeinsamer Nutzen (vgl. die Schwierigkeiten bei der Initiierung und Erhaltung solcher Kooperationsformen).
- Der Konstruktivismus ist gekennzeichnet durch die Erkenntnis, dass die Wirklichkeit als Erfahrungswirklichkeit konstruiert wird. In der Folge sind Grundlagen Ideen, normativen Grundlagen und kulturelle Hintergründe für politischen Handeln. Politische Realität ist das Ergebnis von sozialen Konstruktionsprozessen. Akteure bringen diese selbst hervor und können sie mit neuen Ideen, Normen und Werten verändern (vgl. Interkulturalitätsdiskurs).
Diese Denkschulen sind als ergänzende Zugänge zu einer internationalen Politik zu verstehen.
Von 1945 bis 1989/ 1990 war dieser Konflikt beherrschend in den internationalen Beziehungen. Auf vier Ebenen fand die Auseinandersetzung statt.
- Militärisch zwischen der NATO (Nordatlantik - Pakt) und dem Warschauer Pakt,
- politisch zwischen dem westlich - liberalem System und dem kommunistischen System Osteuropas,
- ideologisch zwischen dem Westen als "freie Welt" und dem Osten als "Weltrevolution" als Aufhebung der Klassengesellschaft und
- ökonomisch westlich wirtschaftlicher Kooperation (OECD, EG) und östlich wirtschaftlicher Zusammenarbeit (COMECON).
Die Sowjetunion versuchte nach 1945 die sie umgebenden Staaten ihr politisches System einzuführen (vgl. europäische "Volksdemokratien"; 1949 Sieg Maos im chinesischen Bürgerkrieg vs. die USA unterstützende politische Systeme - "Truman - Doktrin" 1947, Politik der Eindämmung).
- 1947 - 1953 erste Phase des Kalten Krieges mit der Blockade Berlin 1948/ 1949 und dem Korea - Krieg 1950 - 1953,
- 1953 Tod Stalins mit erster Entspannungsphase und der Beendigung des Korea - Krieges, Ende europäischer Streitfragen wie Triest und dem österreichischen Staatsvertrag 1955,
- 1956-1962 neue Phase des Kalten Krieges mit Ungarn-Aufstand? 1956, Berlin - Ultimatum 1958 und Kuba - Krise 1962,
- Entspannungsphase mit Abkommen im Rüstungsbereich wie das Atomtestabkommen 1963, der Atomsperrvertrag 1968, 1972 SALT I und der ABM - Vertrag sowie 1979 SALT II,
- 1965-1973 Vietnam - Krieg der USA,
- 1975 Unterzeichnung der "Schlussakte von Helsinki" (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa/ KSZE -einschließlich der USA und Kanada ohne Albanien,
- neuerliche Verschärfung nach den KSZE - Nachfolgekonferenzen in Belgrad, Madrid und Wien mit dem Bürgerkrieg in Afghanistan (Einmarsch sowjetischer Truppen 1979) und der NATO - Nachrüstung,
- ab 1985 radikale Änderung sowjetischer Politik unter Gorbatschow, erfolgreiche Abrüstungsverhandlungen (INF - Vertrag 1987, START - Verträge 1991 und 1993), Rückzug sowjetischer Truppen aus Osteuropa, 1990 Deutsche Vereinigung, 1991 weltpolitische Kooperation am Golf-Krieg? und Auflösung des Warschauer Pakts, des COMECON und der Sowjetunion mit Nachfolgestaaten.
Westliche Bündnisse waren
- die OECD als internationale Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit der westlichen Industriestaaten einschließlich Japans in der Nachfolge des Marshall - Planes,
- die NATO als militärische Organisation mit der unverbindlichen Art einer "Partnerschaft für den Frieden" (ehemalige Warschauer Pakt - Staaten und neutraler Staaten) und
- die ab 1951 wirtschaftliche und folgende politisch - europäische Integration mit verschiedenen Institutionen der "Europäischen Union/ EU". Ab 1995 kommt es zur "Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (OSZE).
Mit dem Ende der Epoche des West - Ost - Konflikts wird die internationale Politik zu Beginn des 21. Jahrhunderts von den USA bestimmt. Militärschläge weisen darauf hin.
- 1991 Golf Krieg mit Zustimmung des UN - Sicherheitsrates,
- 1995 Bosnien - Herzegowina mit Zustimmung,
- 1999 Kosovo - Konflikt ohne Zustimmung,
- 2003 Irak ohne Zustimmung.
Afghanistan 2001 zeigt, dass die USA ohne Zustimmung von wem auch immer militärisch agieren (können) (vgl. US -Unilateralismus).
Folgen des Ost - West - Konflikts zeigen sich bis heute in den Konzepten der Neutralität und Blockfreiheit. Bestimmte Länder können sich so aus militärischen Konflikten heraushalten.
- Neutralität als Konzept europäischer Länder ist in liberalen politischen Systemen entstanden. Die vier europäischen Länder Schweiz, Schweden, Finnland und Österreich (EU - Mitglied) betonten die Nichtteilnahme an militärischen Bündnissen, in der Folge nicht die Teilnahme an der EG. Der Zerfall der östlichen Bündnisse bringt mit sich eine Teilnahme an der EU (ohne Schweiz), aber auch eine Unschärfe zwischen Neutralität und europäischer Integration (vgl. die offenen Fragen wie Auslaufen der Neutralität mit neuen europäischen Sicherheitskonzepten[Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU]). Im Falle der Neutralität Irlands spielte der Ost - West - Konflikt keine Rolle. Heute bevorzugen Schweden und Finnland bei Aufgabe ihrer Neutralität den Begriff "paktungebunden" (inzwischen NATO - Mitglieder).
- Blockfreiheit als Konzept von Ländern der Dritten Welt hat andere politische Systeme. 1961 gründete man in Belgrad die Konferenz der Blockfreien mit fast 100 Staaten und nahm im Ost-West-Konflikt? keine Stellung, hielt sich neutral und versuchte in der UNO-Generalversammlung? möglichst einen geschlossenen Block zu bilden. Hauptziel war die globale ökonomische Umverteilung zugunsten der Entwicklungsländer ("Neue Weltwirtschaftsordnung"). Internationale Konflikte trennten die Blockfreien, etwa der Krieg zwischen dem Irak und Iran 1980 bis 1988, die Konflikte um Afghanistan und Kambodscha sowie der Golfkrieg 1991. Gleiche Distanz zu den Großmächten verlangte Jugoslawien, Kuba sah dagegen die Sowjetunion als Partner. - Im Nord - Süd - Konflikt war man dagegen Partei.
Dieser Konflikt ist eine ökonomische Auseinandersetzung zwischen dem Norden als industriell entwickelte Gesellschaft mit Wohlstand, Lebensqualität und Lebenschancen und dem Süden als "Armenhaus der Erde" (vgl. die Unterschiedlichkeit an Bevölkerungswachstum). Als Problemfeld internationaler Beziehungen bildet es die Auseinandersetzung zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern.
Trotz Verbesserungen in einzelnen Bereichen ist die Gesamtsituation negativ einzustufen, man denke allein an die sozioökonomischen Verhältnisse wie die Lebenserwartung, Kindersterblichkeit, Alphabetisierungsrate und Ernährungsfaktoren ("globale Apartheid").
Viele Begriffe wurden in der entwicklungspolitischen Diskussion verwendet. "Entwicklungshilfe" wurde inzwischen durch "Entwicklungszusammenarbeit" abgelöst. Der Begriff "Dritte Welt" ist hinfällig geworden, neue Begrifflichkeiten sind durch die Heterogenität der Entwicklungsländer notwendig.
Als Merkmale einer unterschiedlichen Ausprägung gelten etwa
- ökonomische Merkmale wie niedriges Pro - Kopf - Einkommen mit ungleicher Einkommensverteilung, geringe Produktivität, geringe Infrastruktur, außenwirtschaftliche Abhängigkeiten von wenigen Produkten, dominante Selbstversorgung und hohe Auslandsverschuldung,
- soziodemographische Merkmale wie niedrige Lebenserwartung, schlechte medizinische Versorgung, schlechter (Aus-) Bildungsgrad, hohes Bevölkerungswachstum und starke Wanderungsbewegungen in Ballungsräume,
- ökologische Merkmale wie armutsbedingter Raubbau und Zerstörung anfälliger Ökosysteme sowie
- soziokulturelle und politische Merkmale wie Orientierung an Primärgruppen (Großfamilien, ethnische Gruppen), geringe Loyalität gegenüber Institutionen und ihren Strukturen, geringe Mobilität, autoritäre Staatsstrukturen, geringe politische Legitimation von Führungskräften, mangelhafter Menschenrechtsschutz, hohe Korruptionsrate und gewaltsame Konfliktaustragung.
Nur einmal waren die sich verschlechternden Handelsbeziehungen ("terms of trade") mit abnehmenden Preisen, zumeist Rohstoffen, erfolgreich in der Bildung eines Rohstoffkartells, als Erdöl - exportierende Länder sich zur OPEC zusammenschlossen.
Kommunikationsstrukturen weisen immer noch auf alte koloniale Strukturen wie kulturelle Beziehungen anglophoner Teile in Afrika dichter zu dem UK als zum frankophonen Teil sind und umgekehrt. Solche Abhängigkeiten zu überwinden weist auf notwendige Strategien.
- Ankoppelung baut auf eine Verflechtung zwischen Entwicklungsländern und entwickelten Staaten (Modernisierungsschub, Nutzung der Globalisierung["Modernisierungstheorie"]).
- Abkoppelung baut auf eine Entflechtung zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern zu einer Eröffnung eines unabhängigen Weges (behindern bzw. verhindern der Globalisierung["Dependenztheorie"]).
Der Streit um Schlüsselfragen heute geht eher
- um einen Freihandel und marktwirtschaftliche Strukturen zum Abbau von Entwicklungsunterschieden oder einem Nutzen ohnehin der leistungsfähigen Wirtschaftselemente.
- In diesem Zusammenhang stellt sich im Nord-Süd-Konflikt? die Frage der Umweltproblematik. Als wesentliche Zukunftsfrage stellt sich der Schutz der globalen Umwelt. Das westliche Wohlstandsmodell ist nicht globalisierungstauglich(Überschreitung der Grenzen der Belastungsfähigkeit). Allerdings sind auch die Überschreitungen bzw. Steigerungsraten des Energiebedarfes mancher Entwicklungsländer erheblich. "Kollektive Weltgüter"("global public goods") wie die Ozonschicht, Artenvielfalt und das Weltklima können nicht aufgeteilt werden, sie werden allerdings ohne einen direkten Preis von einzelnen Akteuren benutzt bzw. verbraucht ("Trittbrettfahrerverhalten").
Als ein Prozess zunehmender Verbindungen von Gesellschaften und Problembereichen betreffen Globalisierungsphänomene alle Teile der Welt. Sie weisen auf eine quantitative Zunahme, qualitative Intensivierung und eine räumliche Ausdehnung hin. Nationale Elemente wie Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsmacht verlieren an Bedeutung.
Transnationale Konzerne und eine transnationale Zivilgesellschaft sind neue Akteure in der Weltpolitik.
Im Globalisierungsdiskurs unterscheidet man den Globalisierungsgrad.
- Ungleich war das Maß der Globalisierung je nach Raum und Zeit. Zunächst betraf es vorherrschend den ostasiatischen Raum.
- Die Weltwirtschaftskrise 2008/ 2009 beschleunigte geopolitische Gewichtungen, die Dominanz des OECD - Raumes nahm ab.
- Eine kulturelle Diversifikation kann als Reaktion verstanden werden.
- Neue supraterritoriale Räume wurden erschlossen und ergänzten Globalisierungsbemühungen.
- Bezugspunkte wie technischer Fortschritt, Modernisierung, vermehrte Produktionskräfte und Deregulierung greifen zu kurz.
- Staatsräume werden abgelöst durch Wirtschaftsräume.
Mit der Einbindung der Schwellenländer in die "Gruppe der 20" entstanden Grundrisse einer neuen internationalen Finanz- und Wirtschaftspolitik. Ökonomisch muss heute die Globalisierung in Unterdimensionen eingeteilt werden (Handel, Investitionen, Finanzmärkte und Akteure).
Transnationale Konzerne ("global players") gestalten Wirtschaftsprozesse, Produkte und Dienstleistungen für einen weltweiten Bedarf, Kapital fließt weltweit und richtet sich in seinem Fluss an günstigen Anlagebedingungen.
Der Verflechtungsgrad der Ökonomien und die Ausweitung des Welthandelns mit neuen Produktionen sowie der Bedeutungsverlust von Zeit und Raum erzeugen Folgewirkungen für Kulturen, Identitäten und Lebensstilen
(vgl. den IT - Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Interkulturelle Kompetenz; vgl. den Begriff "McDonaldisierung?" der Welt).
- Es zeigt sich eine Relativierung von Kulturen.
- Die Bedrohung historischer Identitäten begünstigt Tendenzen eines Partikularismus (vgl. fundamentalistische Strömungen und ethno - nationalistische Bewegungen).
- Ökologische Problembereiche entstehen, eine hohe Belastungsfähigkeit des globalen Ökosystems zeigt sich.
- Nationalstaatliche Entscheidungsmacht und in der Folge Wirkungen und Konsequenzen gehören der Vergangenheit an. Internationale Kooperationsformen gewinnen an Bedeutung, supranationale Entscheidungsmechanismen entwickeln sich zunehmend.
Eine Sektoralisierung von internationalen Politik in internationale Problemfelder wie Sicherheitspolitik, Umweltpolitik, Finanzpolitik, Gesundheitspolitik, Migrationspolitik und Bildungspolitik kennzeichnet die Tendenz globaler Bereiche in der Politik.
IT-Hinweise?
IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Globales Lernen
Anzusprechen sind Frieden, Krieg, Gewalt, Konflikte und ihre Ursachen sowie neue Perspektiven einer Sicherheitspolitik (vgl. GALTUNG 1975; NASSMACHER 2004, 370-383; IMBUSCH - ZOLL 2006; PELINKA - VARWICK 2010, 151-166).
Die Grundfrage einer Konfliktlösung mit friedlichen Mitteln hat zunächst Philosophen beschäftigt - Niccolo Machiavelli, Immanuel Kant und Jürgen Habermas - und unterschiedliche Antworten ergeben.
Zwei Aspekte ergeben sich bei einer Friedenssicherung und Kriegsverhinderung.
- In Europa gibt es die Vorstellung, dass man auf das Gute und die Vernunft bzw. Lernfähigkeit von Menschen setzt. Zur Konfliktvermeidung in einer Demokratie gelten die innere Verfassung eines Staates und sein Außenverhalten.
- Der Gegenentwurf beinhaltet eine anarchische Struktur mit eigener Stärke und das Prinzip der Selbsthilfe (vgl. "Wer den Frieden will, der rüste für den Krieg").
War ehedem die Unterscheidung von Krieg und Frieden im Völkerrecht einfach (Kriegserklärung, feindliche Handlungen), so ist heute "Krieg"'' zunächst im Kontext von Handlungen als Bürgerkrieg, Stellvertreter - Krieg und/ oder Befreiungskrieg zu sehen (vgl. Vietnam - Krieg, Afghanistan - Krieg der Sowjetunion und Angola - Krieg ohne Kriegserklärung).
Eine massive Veränderung ergab sich nach dem 11. September 2001, als die USA einen "Krieg gegen den Terrorismus" begannen (man beachte einen Krieg nicht gegen eine bestimmte Regierung und ein bestimmtes Territorium).
Mit einem Wandel des Kriegsbegriffes nach 1945 endeten militärische Auseinandersetzungen durch einen Waffenstillstand - Deutschland und die Alliierten, Israel und die arabische Staaten, Korea - Krieg, USA und Nordvietnam Iran und Irak, Irak und die US - Allianz - oder ein Verhalten ohne eine Vereinbarung - Abzug der Sowjetunion aus Afghanistan, Besetzung des Iraks durch die US - Allianz.
Der Begriff "Frieden" hängt eng mit dem Begriff "Gewalt" zusammen.
- Personelle Gewalt beinhaltet die von Menschen ausgeübte Gewalttätigkeit mittels Technik (etwa Krieg).
- Strukturelle Gewalt beinhaltet Formen gesellschaftlicher Zustände gegen Menschen, ohne dass Menschen Auslöser der Gewalt sind (vgl. der Gegensatz von Industriestaaten und Schwellenländern mit Folgen etwa einer geringen Lebenserwartung/ Seuchen, Elend, Tod).
Zwei Denkschulen unterscheiden sich in der Friedens- und Konfliktforschung, die sich gegenseitig nicht ausschließen.
- Die realistische Friedensforschung mit einem Zustand frei ohne persönliche Gewalt ("negativer Friede") und zwischenstaatlichen Beziehungen (vgl. Ost - West - Konflikt).
- Die kritische Friedensforschung mit einem Zustand frei ohne strukturelle Gewalt ("positiver Frieden") und gesellschaftlich- zwischenstaatlichen Konflikten (vgl. Nord - Süd - Konflikt).
Konflikte entstehen durch Unvereinbarkeiten in Interessen und Wertvorstellungen. Für eine Konfliktlösung sind die Arten des Konflikts wesentlich. In internationalen Beziehungen gibt es Unterscheidungen (vgl. GALTUNG 1975, 33 bzw. 47).
- Antagonistische Konflikte weisen auf unversöhnliche Konfliktpartner hin (vgl. die marxistische Auffassung in "Klassenkampf").
- Nicht antagonistische Konflikte sind durch Kompromisse lösbar. Der Vorteil einer Seite muss nicht der Nachteil der anderen Seite sein.
Weitere Dimensionen von Konflikten sind
- symmetrische Konflikte mit zwei annähernd gleich starken Konfliktpartner (vgl. Ost - West - Konflikt) und
- asymmetrische Konflikte mit ungleichen Partner (vgl. Konflikte mit Großmächten und Kleinstaaten[Invasion des Warschauer Paktes in der CSSR 1968, Invasion der USA in Panama 1989 bzw. Staaten und Personen). Eine Dominanz bzw. Hegemonie führt zunehmend zu Kriegen ohne Rücksicht auf die UNO (vgl. USA 1995 in Bosnien - Herzegowina, 1999 im Kosovo und damit in Serbien; 2002 die Formulierung einer "Sicherheitsdoktrin"/ "Präventivschlagdoktrin" der USA mit dem Irakkrieg 2003). Ursachen dafür liegen in der Unfähigkeit der anderen politischen Systeme, die bestehende Asymmetrie der Weltpolitik zu gestalten.
Lösungsansätze bieten sich in zwei Techniken an.
- Die dissoziative Konfliktlösung zielt das Konzept des Gleichgewichts und die wechselseitige Garantie von Einflusssphären mit Kommunikationsunterbrechung (vgl. Berliner Mauer, Eiserner Vorhang, Zypern).
- Die assoziative Konfliktlösung zielt auf die Aufhebung eines Konflikts mit der Bildung eines neuen Akteurs (vgl. Bildung der europäischen Integration als politische Entwicklung des deutsch - französischen Gegensatzes).
Zumeist sind Konflikte auf zwei Ursachen zurückzuführen.
- Endogene Ursachen liegen im politischen System (nationale Faktoren/ politische Instabilität, ökonomische Misserfolge, öffentliche Meinung).
- Exogene Ursache liegen in den Außenbeziehungen des politischen Systems (internationale Faktoren/internationale Bündnissysteme, weltwirtschaftliche Faktoren, geopolitische Gegebenheiten).
Das Bemühen um Frieden erzwingt eine Beschäftigung mit Kriegsursachen, also ihrer Entstehung. Sechs Theorien können unterschieden werden.
- Hegemonialstreben liegt dann vor, wenn ein bestimmter Staat die Vorherrschaft anstrebt, es kein Gleichgewicht der Kräfte gibt (vgl. Peloponnesischer Krieg, Dreißigjähriger Krieg, Erster und Zweiter Weltkrieg).
- Anarchie ist das Fehlen internationaler Autoritäten. Krieg wird zum Normalzustand, Frieden zum Ausnahmezustand (vgl. den "Kalten Krieg" als Ausnahmesituation nach 1945).
- Nützlichkeit ist das fehlende Gleichgewicht der Kräfte, ein Krieg wird zur Maximierung des eigenen Nutzens verwendet (asymmetrischer Konflikt) und erklärt Bündnissysteme bzw. Neutralität (vgl. Panama 1989).
- Innenpolitik weist auf die fehlende Instabilität, das politische Innensystem und ökonomische Interessen hin. Vorurteile und öffentliche Meinung sind wesentlich (vgl. Zypernkonflikt 1974 und Falkland - Krieg 1982).
- Fehlkalkulation betrifft eine Fehleinschätzung der politischen Realität, insbesondere der potentiellen Gegner (vgl. Fehleinschätzungen im Ersten und Zweiten Weltkrieg, Fehleinschätzungen Nordkoreas 1950 und des Iraks 1990 der militärischen Entschlossenheit der USA).
- Krisen hängen mit zugespitzten politischen Konflikten zusammen, die in der Folge nicht kontrollierbar werden. Eine militärische Auseinandersetzung ist nicht geplant und ungewollt (vgl. Ultimatum Österreich - Ungarn 1914 an Serbien, Indien - Pakistan - Konflikt 1971).
Die Theoriemodelle ergänzen sich und schließen sich nicht aus.
Prävention ist eine neue Perspektive auf Politik. Dabei handelt es sich um
- ein Prinzip/ Querschnittsaufgabe mehrerer Politikbereiche, die wesentlich sind und sich ergänzen. Krisenherde zeigen an, dass neben militärischen Elementen zur Friedenssicherung auch zivile Kapazitäten notwendig sind (vgl. Kosovo, Afghanistan).
- eine Kooperation verschiedener Akteure wie internationale Organisationen, NGOs und nationalstaatliche Akteure. Multilaterale Konzepte sind in der Regel erfolgreich (vgl. die rein nationalen Strategien im Krisenmanagement in den neunziger Jahren am Balkan in ihrer Unwirksamkeit).
- ein Beginnen von Präventionsstrategien in mehreren Ebenen - politische Eliten, Militär und gesellschaftliche Gruppen. Aus einer solchen Koordination entsteht eine Vermeidungsstrategie und eine effiziente Arbeitsteilung.
Gegenstand einer friedlichen Transformation von Lösungen ist die Beeinflussung der Prozesse, die zu Gewalt und Eskalierung führen (können).
- Zu unterscheiden sind die Entstehungsprävention in einer frühen Phase von der Eskalationsprävention als Gewaltkonflikt.
- Bei einer Beendigung eines Konflikts in einer Friedensphase wird von Konsolidierungsprävention gesprochen.
Unterscheiden kann man auch die Begriffe operative und strukturelle Prävention.
- Operativ beziehen sich auf kurzfristige zivile (etwa Vermittlung, Sanktionen, Anreize) und militärische Maßnahmen.
- Strukturell bezieht sich auf längerfristige Maßnahmen, die grundlegende Ursachen betreffen (etwa Armutsbekämpfung, Entwicklungspolitik, Umweltpolitik, Rüstungskontrolle, regionale Integration, Sicherheitspolitik/ UN - Intervention).
Prävention setzt den Willen zu Handlungen voraus (etwa die Interessenslage, Kosten - Nutzen - Rechnung, inner -gesellschaftliche Unterstützung, Souveränitätsanspruch).
- Nicht ein Mangel an Wissen von Konflikten und Krisen ist wesentlich, vielmehr ein Mangel an politischem Handlungswillen zur Abwendung von Krisen ist essentiell.
- Mitunter wird das Erkennen von Frühwarnungen und in der Folge einem Ausbruch eines Konflikts übersehen (vgl. Völkermord im ostafrikanischen Zwischenseengebiet/ Ruanda mit verspäteter Präsenz von UNO - Truppen. Im Kosovo -Konflikt mangelte es einer gemeinsamen Strategie. Das Eingreifen der NATO war nur mehr eine Reaktion auf eine humanitäre Katastrophe, die sich ankündigte).
Anzusprechen sind Merkmale internationaler Organisationen, die UNO und EU (vgl. NASSMACHER 2004, 456-488; POLLAK -SLOMINSKI 2006; WEIDENFELD 2010; PELINKA - VARWICK 2010, 167-187).
Von den etwa weniger als 200 Staaten im internationalen politischen System sind etwas mehr als 60 Prozent als Demokratien zu bezeichnen. Rund 26 000 internationale Verträge, 5 200 Regierungsorganisationen, rund 15 000 NGOs und rund 40 000 transnationale Konzerne zählt die "Union of International Associations" (UIA).
Zu unterscheiden ist zwischen Regierungsorganisationen/ IGO (Mitglieder sind Staaten/ etwa die WTO, UNO) und Nichtregierungsorganisationen/ INGO (Mitglieder sind die NGOs). IGOs umfassen eigene Organe, Kompetenzen, Verträge und Themenbereiche (etwa die Weltkonferenzen der UNO zur Umwelt, Menschenrechten, Bevölkerungsfragen und Ernährung). Der Transfer schwankt zwischen den verschiedenen OGOs beträchtlich.
- Einerseits werden keine staatlichen Souveränitätsrechte abgegeben, es verbleibt die alleinige Entscheidungsbefugnis ("intergouvernemental").
- Andererseits treten Staaten teile ihrer Souveränität an supranationale Gremien ab und bindende Beschlüsse sind umzusetzen ("supranational").
Zu unterscheiden sind drei Funktionsmöglichkeiten in diesem multilateralen Politikstil.
- Es geht einmal um Instrumente staatlicher Diplomatie, um die Durchsetzung eigener Interessen.
- Es geht auch um Standorte der internationalen Politik, also um einen Rahmen für die Durchsetzung politischer Ziele.
- Internationale Organisationen besitzen eine eigene Qualität als Akteure, um politische Muster zu verändern.
Im Zeichen einer zunehmenden Globalisierung soll zwischenstaatliche Politik in verbindlichen Regelungen geschaffen werden (vgl. den Leistungsbedarf in der internationalen Politik mit Steuerungsmodellen in einer globalen Welt). Ausgedrückt wurde dieses Bemühen als "Global Gouvernance" in einer von Willy Brandt angeregten "Kommission für Weltordnungspolitik" mit ihrem Abschlussbericht 1995.
- Bei "Global Gouvernance" geht es um eine Neudefinition staatlicher Souveränität.
- Es geht um eine Verdichtung und Verrechtlichung internationaler Beziehungen durch Organisationen und Regime, um eine institutionalisierte Form der Bearbeitung von Konflikten und den Aufbau von gemeinsamen Prinzipien, Normen, Regeln und Entscheidungsverfahren.
- Es geht auch um eine Erweiterung der Akteure über die internationalen Organisationen hinaus und
- um eine Entwicklung eines neuen Politikstils.
- Zudem geht es um das System der UNO, anderer internationaler Organisationen wie beispielhaft die WTO, Regime zur Nichtverbreitung von Atomwaffen und Klimaschutz, regionale Zusammenschlüsse (etwa die EU) und globale Netzwerke (also NGOs). Die internationale Zivilgesellschaft ist angesprochen.
- Neben einer "global public policy" soll die Kooperation mit Unternehmen der Privatwirtschaft beachtet werden ("Business international non - gouvernemental organizations").
- Politikfelder, auch nach Weltregionen, sollen differenziert werden.
Die UNO - gegründet 1945 in San Francisco von 51 Staaten - ist inzwischen auf 192 Mitgliedsstaaten angewachsen und von einer Nachkriegsorganisation zu einem globalen Forum geworden. Grundlegende Weltprobleme werden diskutiert und teilweise einer Lösung näher gebracht. Insbesondere die Teilorganisationen sind nicht mehr wegzudenken.
Konsens besteht darin, dass die Strukturen und Verfahren nicht mehr der weltpolitischen Realität entsprechen.
Aufgabenbereiche bestehen in/ im
- der Sicherung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit,
- Bereich des Menschenrechtsschutzes und Fortentwicklung des Völkerrechts sowie
- Bereichen der Ökonomie, Entwicklung und Ökologie.
Die Bereiche in ihrem Umgang sind nach den Erfahrungen des Völkerbundes kaum mehr vergleichbar, zumal bei der Gründung der UNO mit drei Hauptzielen umfassende Ziele definiert wurden.
- Weltfrieden und internationale Sicherheit,
- Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker sowie
- internationale Zusammenarbeit bei der Lösung wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Probleme unter Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Allerdings ist der Grad der Verbindlichkeit und die Folgen bei Verstößen nicht präzise beschrieben. Flexible Formulierungen der Ziele und Grundsätze sind Chance und Gefahr zugleich.
Um dem Aufgabenbereich gerecht zu werden, hat die UNO ein realistisches und egalitäres Prinzip.
- Realistisch sind die ungleichen Möglichkeiten zur Durchsetzung der Interessen, womit der UN - Sicherheitsrat angesprochen ist. Dieser besitzt einen seit 1945 für die damaligen Großmächte entsprechenden Machtvorsprung.
- Egalitär ist das Prinzip der Gleichheit der Mitgliedsstaaten in der Generalversammlung mit einer Stimme für ein Land.
Die Kernorganisation der UNO ist für Entscheidungsprozesse bedeutungsvoll.
- Die Generalversammlung entscheidet über die Zusammensetzung der anderen Hauptorgane, die Kontrolle des Haushalts und die Administration der Sonder- bzw. Teilorganisationen.
- Der Sicherheitsrat mit 15 Mitgliedern, fünf Ständigen (mit Veto - Recht) und zehn Nichtständigen (zweijährigem Wechsel), ist für die Wahrung des Weltfriedens zuständig.
- Der Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) mit 54 Mitgliedern bearbeitet wirtschaftliche, soziale, kulturelle und humanitäre Fragen und gibt Empfehlungen für die Generalversammlung, den Sicherheitsrat und die Sonderorganisationen ab.
- Die Sonderorganisationen mit eigenen Statuten und Mitgliedsbeiträgen sind mit Abkommen mit der UNO verbunden (etwa die WHO, ILO, UNESCO, der Weltpostverein und die FAO).
- Der Internationale Gerichtshof besitzt eine unabhängige Stellung (15 unabhängige Richter). Die Staaten müssen seine Gerichtsbarkeit anerkennen. Rechtsgutachten der UN-Organisationen? mit Genehmigung der Generalversammlung können angefordert werden. Seit 2002 besteht ein internationaler Strafgerichtshof (Völkermord, Kriegsverbrechen und schwere Menschenrechtsverletzungen).
- Das Sekretariat ist ebenfalls ein Hauptorgan. Der Generalsekretär als höchster Verwaltungsbeamter erstattet jährlich einen Bericht über die Tätigkeit der UNO, lenkt die Aufmerksamkeit auf die Wahrung des Weltfriedens im Sicherheitsrat.
Inwieweit die UNO reformierbar ist bzw. reformiert werden muss, richtet sich an die Mitgliedsländer. Jedenfalls sind die Hürden hoch. Der Druck auf eine Veränderung von globalen Zuständen ist enorm gewachsen und bedeutet öffentliche Rechtfertigung.
Eine rund fünfzigjährige Geschichte kennzeichnet die EU, die aus der "Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl/ EGKS/ Montanunion", der "Europäischen Wirtschafsgemeinschaft/ EWG" 1957, der "Europäischen Atomgemeinschaft/ EAG" 1957 mit dem Vertrag von Maastricht 1992 begründet wurde.
Mit Maastricht wurde die "Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)" und "Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit(PJZS)" in Strafsachen ergänzt. Mit dem "Vertrag von Lissabon" 2009 wurde die EU Rechtspersönlichkeit und die EG mit ihren Organen Rat-Kommission-Parlament-Gerichtshof?, GASP und PJZS in der Union zusammengeführt.
Mit dem stark angewachsenen Regelungsumfang ist die EU über eine internationale Organisation im herkömmlichen Sinne hinaus gewachsen. Es entstand eine institutionelle Eigendynamik in einem Gebilde eigener Art.
Das politische System der EU betrifft ein Mehrebenen - System, das sich vorrangig auf Handlungssysteme und neue Entscheidungsprozesse bezieht.
- Exklusive nationalstaatliche Kompetenzen sind kein Monopol mehr (vgl. die Verlagerung von Entscheidungen an die EU -Gemeinschaftsorgane).
- Mit dem Scheitern des "Verfassungsvertrages" - ablehnende Referenden in Frankreich und den Niederlanden - kam es zum "Vertrag von Lissabon" 2009 und einer umfassenden Neuordnung. Die Grundsätze sind im "Vertrag über die Europäische Union" (EUV) und dem "Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union" (AEUV) festgelegt (Primärrecht der Union). Der Besitzstand der EU ist äußerst umfangreich und umfasst den Inhalt, die Grundsätze und politischen Ziele der Verträge, deren Anwendung und Rechtsvorschriften sowie Rechtsakte (Sekundärrecht).
Institutionell stellt sich die EU in fünf Organen dar.
- Der Europäische Rat mit den Staats- und Regierungschefs sowie dem EU - Kommissionspräsidenten und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik gibt Impulse und legt politische Ziele fest. Unabhängig ist die Arbeit des Europäischen Gerichtshofes. Verträge unterliegen ausdrücklich der Zustimmung der Ratsmitglieder.
- Der Rat der EU (früher Ministerrat) ist ein Gremium der nationalen Fachminister. Als Vertreter der Exekutive stellen sie in der EU ein Organ der Legislative mit zehn Ratsformationen dar. In mehr als 100 Arbeitsgruppen behandeln nationale Experten Aufgaben bzw. bereiten Sitzungen vor.
- Das Europäische Parlament stellt das einzige EU - Organ durch direkte Wahl dar. Beteiligungsmöglichkeiten gibt es im Gesetzgebungsverfahren (und der Gleichstellung mit dem Rat), der Steuerharmonisierung und dem Budgetrecht.
- Die Europäische Kommission besitzt Verwaltungsvollmacht und sorgt für die Anwendung und Umsetzung des Unionrechts ("Hüterin der Verträge", Klagerecht vor dem Gerichtshof). Die Mitglieder (Kommissare) des Kollegiums sind allein dem EU - Gemeinwohl verpflichtet und werden vom Parlament kontrolliert.
- Der Gerichtshof der EU ist Unionsinteressen verpflichtet und sichert die Auslegung und Anwendung der Verträge. Ausgenommen ist der Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik der EU.
Neben den Organen gibt es andere EU-Ausschüsse? bzw. Organe, etwa der Rechnungshof, der Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Ausschuss der Regionen, die Europäische Investitionsbank und Europäische Zentralbank.
Zu beachten sind Akzeptanzprobleme , die insbesondere beim Zustandekommen von Entscheidungen sich ergeben und Legitimationsbedarf notwendig machen.
Zur Diskussion steht in der EU etwa
- der Mangel an kollektiver Identität,
- europaweiter Diskurse und
- Abwesenheit europaweiter Infrastruktur politischer Parteien und Interessensverbänden.
Die EU versteht sich als Konkordanz - System mit Mehrheitsregeln als Maßstab für Demokratie mit Verhandlungen, Kompromiss und Proporz.
Der EU stehen ohne Zweifel schwierige Debatten über die Zukunft der Integration und Rolle europäischer Staaten in einem internationalen System bevor (vgl. etwa die Bereiche Machtverschiebung und Notwendigkeiten für Europa in der internationalen Politik wie Sicherheit, Ökonomie, Migration, Ökologie, Kultur/ Bildung und Wertesystem).
IT-Hinweis?
IT - Autorenbeitrag > http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Europa als Lernfeld; Migration in Österreich 1,2
4.1.11 Politische Ideengeschichte | |
Das abschließende Kapitel ist politischen Ideen und Ideologien, der Antike, dem Mittelalter und der Renaissance sowie der Anfängen der Neuzeit gewidmet. Es geht in der Folge um bürgerliche Revolutionen, Konsequenzen und das 20. Jahrhundert mit seiner Vielfalt.
Der historische Blick gehört zur Politikwissenschaft, damit zum Verständnis politischer Theorien, politischer Systeme und internationaler Politik (vgl. NASSMACHER 2004, 288-368; SCHWAABE 2007; PELINKA - VARWICK 2010, 192-239).
Politische Ideengeschichte ist Reflexionsgeschichte (vgl. etwa den Ausschluss von Frauen aus der Politik, der Dominanz Europas in der Neuzeit/ "Eurozentrismus" und der Rechtfertigung von Macht).
Ideen zeigen Veränderungen auf. Damit ist Gesellschaftsgeschichte auch angesprochen, naturgemäß auf den Kernbereich der Politikwissenschaft bezogen - also Organisation und Legitimation von Macht.
Damit ist der Begriff Ideologie angesprochen.
- Negativ ist Ideologie ein Konstrukt zur Rechtfertigung von Macht und dient als Überbau für politisches Handeln. Die Ideengeschichte ist immer ideologiekritisch.
- Wertfrei ist Ideologie in allen Zielvorstellungen, wobei der Kontext zu politischen Interessen und ihrem Gedankengut hergestellt wird.
Anfänge der Menschheit werden in der Politikwissenschaft mit der Antike begonnen. Konzepte und Theorien im Kontext mit der Polis Athen haben auch die Neuzeit beeinflusst, wobei kritisch festzustellen ist, dass hier eurozentrisch vorgegangen wird (vgl. den Ansatz von US - Universitäten einer "african civilisation").
Hier erkennt man eine Hegemonie Europas, ausgehend von der Antike Athens und Roms, die auch außereuropäische Gesellschaften beeinflusst hat.
- Demokratie wurde in der attischen Polis als allen Vollbürgern offen stehende Volksversammlung mit generellen Entscheidungen verstanden (vgl. plebiszitäre Komponente, Einengung der Aktivbürgerschaft - etwa 15 bis 20 Prozent Teilnahmeberechtigung[Ausschluss von Frauen, männlichen Sklaven und Halbfreien]). Wichtigste Vertreter waren Platon und Aristoteles.
- Platon kritisiert in seinen Hauptwerken "Politeia" (Staat), "Politikos" (Staatsmann) und "Nomoi" (Gesetze) die attische Demokratie. Die Antithese heißt Idealstaat mit einem aristokratischen Dreistände - System (mit der Spitze Philosophen - Krieger - Ordnungshüter und als Unterstufe die Erwerbstätigen). Die Begabung ist entscheidend für die Zugehörigkeit.
- Aristoteles relativiert diese Position mit zwei Arbeiten zur Politischen Theorie ("Nikomachische Ethik" und "Politik"). Er gibt eindeutige Stellungnahmen gegen die Demokratie mit einer vermittelnden Position von Demokratie und Diktatur. Der Mensch ist ein Wesen der Gesellschaft("zoon politikon"). Seine Ziel ist eine gemischte Verfassung (Regierungsformen sind Monarchie, Aristokratie und Bürgerbeteiligung["politie"] mit einer Tendenz zur Tyrannis, Oligarchie und Demokratie). Eine Kombination sei eine optimale gemischte Verfassung.
Es zeigt sich ein methodischer Gegensatz. Platon vertritt einen normativen Zugang (kritisiert als Verständnis für eine Unfreiheit mit Sachzwängen). Aristoteles vertritt das Streben nach einer dem Menschen gerechten Verfassung.
- Roms Entwicklung zeigt sich vom Stadtstaat zum Weltreich und ist in bestimmten Aspekten auch für die Gegenwart von Interesse.
- Der Stadtstaat besitzt eine aristokratisch - republikanische Verfassung mit der Zusammenkunft einer politischen und sozialen Elite (Senat) für politische Entscheidungen.
- Parteiähnliche Gruppen vertraten sozioökonomische Schichten (Patrizier und Plebejer).
- Die republikanische Verfassung wurde um 100 v. Chr. von einer absoluten Monarchie abgelöst ("Cäsarismus"), die als Fassade eine republikanische Verfassung behielt.
- Soldatenkaiser erweiterten und sicherten das Römische Reich, das Militär erhielt die politische Herrschaft.
Für die Moderne sind von Interesse Elemente wie soziale Schichten, politische Effektivität mit Entscheidungskompetenzen (Personalisierung) und politische Vorstellungen sowie letztlich die Gefahr, wenn Politik vom Militär abhängig wird.
In der Folge kommt es zum Einfluss des Christentums mit der jüdisch - christlichen Individualethik. Beispielhaft sind die Imperative des Paulus in seinen Briefen an die Epheser, Kolosser und an Titus. Diese Individualethik begründet den Vorrang vor politischen Konzepten (Sozialethik).
Dies zeigt sich auch bei Augustinus in "De civitate Dei" mit der Gleichgültigkeit gegenüber einer Politik (vgl. der Gottesstaat gerichtet auf das Jenseits mit Christus, der Staat als System der Machtzuweisung und Machtkontrolle).
Mit der Dominanz des Christentums mussten gesellschaftliche Probleme angesprochen werden. Spätere historische Entwicklungen zeigen dies (vgl. die deutsche Geschichte der Reformation mit Martin Luthers Stellungnahme zur weltlichen Obrigkeit, der man Gehorsam schuldet und Thomas Münzers Bündnis mit politisch protestierenden sozial Schwachen, der das Christentum als soziale und politische Botschaft sah).
Die mittelalterliche Gesellschaft war gekennzeichnet durch eine (relative) soziale, politische und religiöse Geschlossenheit, die sich im Naturrecht ausdrückte.
- Es liegt nicht am Menschen, die gottgewollte Ordnung/ Hierarchie zu verändern bzw. in Frage zu stellen.
- Das Naturrecht setzt der Politik Grenzen (vgl. die Ähnlichkeit mit den Menschenrechten). Thomas von Aquin sah in der "Summa theologica" alle Autorität bei Gott (göttlicher Willen). Im Kontext mit Aristoteles sah er einen gewissen politischen Freiraum. Die Politik hat als Aufgabe das Glück des Menschen zu gewährleisten, über der Politik steht jedoch die Erlösung.
Die Geschlossenheit mittelalterlicher Strukturen wurde durch die Renaissance am Beginn der Neuzeit abgelöst.
- Das ständische Bürgertum beendete eine gewisse Geschlossenheit, Entdeckungen und Erfindungen ergaben neue ökonomische Möglichkeiten.
- Sozialkonservative Tendenzen der Reformation von Luther, Calvin und Zwingli entwickelten den europäischen Protestantismus mit einer Ablehnung der Interpretation der Ableitung von Macht aus einem einheitlichen Ordnungssystem.
- Das bisherige Weltbild wurde durch die Entdeckungen um 1500 gesprengt. Die Dominanz Europas und Errichtung von Kolonialreichen drückt sich in politischen, ökonomischen und kulturellen Dimensionen aus (vgl. die Interkulturalität und den Eurozentrismus mit seinen Wirkungen und Gegenwirkungen - US-Unabhängigkeit? 1776, gewaltloser Widerstand Gandhis).
- Thomas Morus verlegte die "Utopia" nicht zufällig in die Neue Welt.
- Letztlich begann um 1500 dies, was rund 500 Jahre später mit Globalisierung umschrieben wird.
Niccolo Machiavelli formuliert in "Il Principe" ein neues säkularisiertes Verständnis von Politik. Es ist ihm kein Bedürfnis, Macht zu rechtfertigen. Mit einem pessimistischen Menschenbild in Form von Eigeninteressen wird Politik als ständiges Konfliktfeld gesehen. Der ständige Konkurrenzkampf ist ein erster Schritt für eine modernen Elitentheorie. Natürlich begründetes Gemeinwohl gibt es nicht, Politik ist beobachtbare Tatsache. Der Begriff "Machiavellismus" in seiner negativen Prägung ist (daher) eine Verkennung des theoretischen Ansatzes.
Mit der "Utopia" von Thomas Morus werden Zukunftsvorstellungen in der westlichen Hemisphäre verbunden, die über die bestehenden Zustände hinausgehen. Utopien sind extreme Vorstellungen, als literarischer Kunstgriff, um als Gegenbilder bzw. Wirklichkeiten etwa auszusagen - als Rechtfertigung (etwa bei Hobbes), Kritik (etwa bei Rousseau) oder Bedrohung (etwa bei Orwell).
Methodisches Hilfsmittel sind bei Thomas Hobbes und Jean - Jacques Rousseau der
- utopischen Rückgriff auf eine vorgeschichtliche Gesellschaft, um Aussagen über die Gegenwart bzw. Zukunft zu machen.
- Ausgangspunkt ist eine Säkularisierung. Beide gingen von einer bestimmten Anthropologie aus und kommen zu verschiedenen Schlussfolgerungen.
- Hobbes hilft damit dem englischen Absolutismus (beeinflusst von den Wirren des Bürgerkriegsjahrhunderts). In "Leviathan" wird der Absolutismus gerechtfertigt, eine starke Zentralgewalt verhindert einen gnadenlosen Konkurrenzkampf. Der Mensch ist des Menschen Wolf. Es bedarf eines Gesellschaftsvertrages als freiwillige Vereinbarung, der eine Herrschaftsausübung an eine Ordnungsgewalt überträgt. Ein Herrscher ist auf Grund eines nicht kündbaren fiktiven Vertrages eingesetzt. Betont wird das bürgerliche Eigeninteresse von Menschen, damit auch die Grundlage einer bürgerlichen Gesellschaft (vgl. eine Gesellschaft mit Vorstufen eines Privateigentums und Marktmechanismen).
- Rousseau untergräbt den französischen Absolutismus (beeinflusst von der Reformunfähigkeit des französischen Königtums). In "Contract social" greift er auf den Naturzustand zurück, sieht den (männlichen) Menschen der Natur nach als Gemeinschaftswesen in einer plebiszitären direkten Demokratie, etwa in der Größe von Stadtstaaten (vgl. die mangelhafte Gleichstellung von Frauen).
Deutlich werden nun politische Theorien dargelegt, wie sie im Kontext mit der Realität stehen. In der Neuzeit löst sich das Weltbild des Mittelalters auf, von einer göttlichen Ordnung zu einer säkularen Vorstellung trotz unterschiedlicher Auffassungen (vgl. eine Emanzipation der Politik von der Religion).
Die Bürgerkriege im 17. Jahrhundert in England waren Ausdruck einer Veränderung der Gesellschaft. Zwischen Absolutismus und radikaler Republik entstand in der Folge mit der "Glorreichen Revolution" 1688 ein System des Gleichgewichts zwischen Thron und Parlament.
Hatte Hobbes eine Theorie zur Rechtfertigung von königlicher Herrschaft geliefert, formulierte Oliver Cromwell die Gegenposition mit der ökonomischen Realität einer Republik als Ausdruck breiter politischer Mitbestimmung.
- Die Levellers verfügten über eine Zustimmung in ärmeren Schichten und der Armee. "The True Levellers" als radikale Gruppe hatte ein agrar - kommunistische Konzeption. Mit Berufung auf Gott und die Vernunft wurde Privateigentum abgelehnt. 1649 gründete man eine Siedlung nach dieser Konzeption, deren Vorgangsweise bis in das 19. Jahrhundert sich wiederholen sollte.
- Die Republikaner brachen naturgemäß mit der Monarchie, nicht aber mit dem Privateigentum.
John Locke versuchte einen Brückenschlag zwischen Monarchie und bürgerlicher Mitbestimmung. In "Two Treatises of Government" 1681 wird der Naturzustand als bürgerliche Gesellschaft, ökonomisch definiert, mit individuellen Freiheiten im Gleichgewicht mit staatlicher Macht gesehen. Dies ist das System der Gewaltenteilung.
John Locke ist der Theoretiker einer bürgerlichen Revolution mit weiterführender Entwicklung. Die Weichen für eine bürgerliche Demokratie wurden gestellt.
Mit den Ideen von Charles Louis Montesquieu wurden John Lockes politische Theorien in Frankreich weitergeführt. Im Kontext mit den Ideen von Aristoteles sollte eine gemischte Staatsform mittels Gewaltenteilung erreicht werden - republikanische Legislative, monarchische Exekutive und oligarchische Judikative.
Mit der Unabhängigkeit der USA 1776 wurde die Lehre von der Gewaltenteilung eingeführt und entsprechend den Verhältnissen Nordamerikas weiterentwickelt. Dies galt besonders für die Form einer demokratischen Exekutive (gewählter Präsident). Die amerikanische Revolution war ein massiver politischer Eingriff.
In der Formulierung der Unabhängigkeitserklärung von Thomas Jefferson ist eine Erklärung der Menschenrechte enthalten. Alle Menschen sind frei und gleich geboren (vgl. die damalige Gesellschaft mit ihren rechtlichen Beschränkungen bei Frauen und Sklaven). Ebenso ist von Interesse die Grundtendenz der "Federalists" mit ihrem pessimistischen Menschen - und Gesellschaftsbild. Demokratie wird negativ definiert, der Staat wird zum Schutz konzipiert.
In den Anfängen der USA kommt es zu einer Gegentradition ("Populistische Demokratie"). Jefferson hatte ein positives, von Rousseau beeinflusstes Bild von Demokratie mit weniger Staat und Zentralgewalt. Begünstigt wurden lokale Selbstverwaltungen, kleine politische Einheiten mit Selbstkontrolle ("Populismus"). Weiterentwickelt wurde diese politische Idee von Andrew Jackson, der den Kontext von Besitz (und Privilegien) und Wahlrecht allmählich auflöste.
Mit der Entwicklung der USA von einer Konföderation als Zusammenschluss unabhängiger Staaten zu einer Föderation mit bundesstaatlicher Verfassung 1787 gibt es eine Analogie zur EU. Föderalisten setzen auf die Stärkung eines bundesstaatlichen Prinzips (Zentralgewalt der Union).
Ausgehend von einer Unfähigkeit einer Bildung einer konstitutionellen Monarchie in Frankreich brach 1789 eine Revolution aus. Ein ökonomisch starkes Bürgertum ("Dritter Stand") verlangte politische Mitsprache.
- Bürgertum und Bauerntum erhielten politische Vorherrschaft.
- Die Kluft zwischen Armut und Reichtum, Besitz und Nicht-Besitz?, war immer noch zu spüren. Politische Freiheit bedeutet noch nicht die Beseitigung von ökonomischen Ungleichheiten und Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern.
- Der Anspruch auf eine Aufhebung geschlechtsspezifischer Diskriminierung blieb bis in die nächsten Jahrhunderte bestehen.
- Den weitesten Schritt in Richtung Revolution unternahmen die Jakobiner mit der "Konventsverfassung" 1793. Der Demokratiebegriff von Rousseau wurde mit Wirtschaftsliberalismus verbunden (vgl. ein großes Parlament ["Nationalversammlung"], kurze Gesetzgebungsperioden, häufige Wahlen, Öffentlichkeit, Garantie für Privateigentum und Freizügigkeit im ökonomischen Handeln).
- Mit dem Sturz von Robespierres 1794 kam es in der Folge zur "Direktorialverfassung" von 1795 mit einem Zensuswahlrecht.
- Napoleons Staatsstreich 1799 beseitigte die Errungenschaften der politischen Demokratie.
Beispielhaft ist der Ablauf der Französischen Revolution für die Entwicklung einer allgemeinen Revolutionstheorie.
- Aufschaukeln eines Potentials mit anschließender Radikalisierung ("Die Revolution frisst ihre Kinder").
- An einem bestimmten Punkt kippt das Potential, die Resultate werden weitgehend zurückgenommen (vgl. die Ähnlichkeit von Frankreich 1789 und Russland 1917).
- Mit der zunehmenden Intensität einer Revolution über die allgemeine Politik hinaus und die gesamte Gesellschaft wächst der Widerstand gegen eine Revolution.
Die angesprochenen Revolutionsausrichtungen bilden
- ein Spannungsfeld im 19. Jahrhundert, das den Widerspruch zwischen Liberalismus (Freiheitsziel) und Sozialismus (Gleichheitsziel) betrifft. Francois Babeuf zeigt dieses Spannungsverhältnis auf. Im "Manifest der Plebejer" 1795 wird der Übergang vom Jakobinismus zum Frühsozialismus dargestellt.
- den Anspruch, dass alle Menschen frei sind und gleich geboren werden (gleichsam ein natürlicher Zustand). Weil Menschenrechte nicht verwirklicht wurden/werden, sind sie der Motor für weitere Entwicklungen.
Die Anfänge des Liberalismus weisen auf die Interessenslage des Bürgertums hin. Die Anfänge des Konservatismus weisen auf die Reaktionen der bürgerlichen Revolution hin. Im 19. Jahrhundert sind beide politische Richtungen wegweisend für politische Traditionen.
- Liberale Theorien sind gekennzeichnet für eine Verbindung von politische und ökonomischen Ideen.
- David Hume und Adam Smith strebten ein politisches und ökonomisches Gleichgewicht an.
- Hume bejaht monarchisches und republikanisches Gleichgewicht, die Regierungsgewalt soll möglichst berechenbar sein. Die politische Autorität soll möglichst genau umschrieben sein und der Freiheit des Bürgers dienen. der Einzelne sterbt nach Verbesserungen, der Egoismus wird Motor der gesellschaftlichen Gestaltung.
- In der Folge kommt es zum Konzept des Rechtsstaates, der Politik werden Grenzen gesetzt. Der Staat in seiner Gewaltenteilung hat sich an gesetzliche Normen in Form der Verfassung zu halten.
- Das Konzept der Marktwirtschaft baut auf Angebot und Nachfrage. Mit Smith kommt es zum ausbalancierten Verhalten von Eigeninteressen - Wirtschaft und Konsumenten - in einem Ordnungssystem.
- Der Utilitarismus Jeremy Benthams steht in liberaler Tradition. Staatliche Handeln darf nur dem individuellen Nutzen dienen. Utilitaristisches Denken will mit staatlichen Maßnahmen persönlichen Nutzen maximieren. Dies verlangt eine egalitaristische und sozialstaatliche Ausrichtung, damit der persönliche Nutzen des Einen durch den Schaden des Anderen ausgeglichen werden kann. Der Utilitarismus vernachlässigt den Vorteil des Einzelnen zugunsten eines kollektiven Vorteils.
- John Stuart Mill formuliert das Dilemma mit einem ökonomischen und politischen Liberalismus. Individuelle Freiheit vs. soziale Konsequenzen eines ungebremsten Kapitalismus bedarf demnach einer Ergänzung einer sozialen Gleichheit. Soziale Eingriffe des Staates zugunsten Schwacher und eine Ausweitung des Wahlrechts werden gefordert.
- Der Liberalismus beschäftigt sich in der Folge mit dem Verfassungsstaat, der Gewaltenteilung und der Trennung von Kirche und Staat. Dies betrifft auch den Konservativismus.
- Der moderne Konservativismus mit Edmund Burke vertritt die eine schrittweise Anpassung des politischen Systems an die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse (Theorie der Evolution).
- Alexis de Tocqueville mit seinem Werk "Über die Demokratie in Amerika" analysiert die Zukunft der Demokratie im Kontext von Freiheit und Gleichheit (von ihm als zentrales Merkmal einer Demokratie bezeichnet).
- Mit der beginnenden Demokratiekritik wird auf die Schwierigkeit einer Verfolgung langfristiger Ziele hingewiesen (Beobachtung von Tocqueville). Aufgeworfen wird die Frage nach der Vereinbarkeit von Demokratie und Zeit (vgl. die Problematik von zukünftigen Weichenstellungen, etwa in ökologischen Lebensfragen). Konservative Demokratiekritik formuliert die Skepsis, dass es ein Zuviel an Demokratie geben und die gewonnenen Freiheit wieder vernichten könnte.
Für den modernen Sozialismus waren die Ergebnisse der bürgerlichen Revolution enttäuschend. Der Widerspruch zwischen Besitzinteressen (industrielle Produktion) und Zielvorstellungen (Verbesserung der Verhältnisse Lohnabhängiger) verstärkte den Eindruck einer gespaltenen Gesellschaft.
Der Sozialismus nahm Partei für die Lohnabhängigen.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte der Sozialismus eine utopische Komponente (vgl. die Tradition der "True Levellers").
Den Denkern des frühen Sozialismus war gemeinsam, dass sie sich mit zukünftigen Aspekten bzw. Alternativen zum Kapitalismus beschäftigten. Allerdings fehlte ihnen eine Analyse und Strategie, wie die des marxistischen Sozialismus.
- Louis Blanc und Ferdinand Lasalle entwarfen anders als die frühen Sozialisten einen staatsbezogenen Sozialismus. Dieser Ansatz nahm viel von dem späteren postmarxistischen Sozialdemokratie vorweg. Beide wollten schrittweise mehr soziale Gleichheit und gesellschaftliche Bedingungen verändern.
- Mit Karl Marx und Friedrich Engels wurde die sozialistische Theoriebildung bedeutend. Im von beiden veröffentlichten "Manifest der Kommunistischen Partei" und von Marx publizierten ersten Band von "Das Kapital" wurde der harte Kern dieses Sozialismus dargelegt. Beschrieben und analysiert wurden gesellschaftliche Abläufe und zukünftige Entwicklungen als Parteinahme. Fünf Merkmale erweisen sich in diesen vielfältigen Deutungen ist wesentlich.
- Im Materialismus wird der Mensch aus seinem gesellschaftlichen Umfeld erklärt. Abgelehnt werden außergesellschaftliche metaphysische Interpretationen.
- Im Historizismus wird die gesellschaftliche Entwicklung als Ablauf bestimmter Gesellschaftsformationen gedeutet. Die Abfolge unterliegt Gesetzmäßigkeiten(vgl. Feudalismus > Kapitalismus > Sozialismus > Kommunismus).
- Im Ökonomismus werden die Entwicklungsstufen von den Produktionsverhältnissen und damit den Klassengegensätzen bestimmt. Die zukünftigen Herrschaftsverhältnisse weisen auf eine Herrschaftsaneignung durch die Unterdrückten.
- In der Revolution erfolgt der Übergang von einer zur anderen Klassenherrschaft. Notgedrungen kommt es zu personaler Gewalt, wobei die Französische Revolution als Modell das marxistische Verständnis beeinflusst.
- Im Internationalismus zeigt es sich, dass die Arbeiterklasse nationale Grenzen überwindet. Die nationalen Ketten der Unterdrückung werden abgeworfen.
Die Stärke des Marxismus liegt wohl in der bestehenden Analyse, nicht aber in der Prognose zukünftiger gesellschaftlicher Verhältnisse.
Mit der Entwicklung von sozialistischen Massenparteien am Ende des 19. Jahrhunderts änderte sich die politische Theorie. Aus Opposition wurde eine Arbeiterbewegung mit dem Zwang einer politischen Rechtfertigung (vgl. PELINKA 1980b).
Zwei Hauptrichtungen entwickelten sich, wobei die russische Oktoberrevolution 1917 die Spaltung erzwang.
- Mit dem Marxismus- Leninismus stand eine Variante als sozialistische Revolution fest.
- Die andere Variante stand der Oktoberrevolution kritisch bis ablehnend gegenüber und entwickelte sich als Sozialdemokratie.
- Der Bruch in beide Richtungen zeichnete sich 1903 bereits ab. Im Exil trennten sich die russischen Sozialdemokraten. Der Mehrheitsflügel ("Bolschiwiki"/ Kaderpartei - Berufsrevolutionäre) folgte der Theorie Lenins, der Minderheitsflügel ("Menschiwiki") entwickelte sich als Sozialdemokratie.
1917 übernahmen die Bolschiwiki die Macht in Russland. Ohne parlamentarische Regeln einer bürgerlichen Demokratie kam es zu einem Revolutions- bzw. Kader - Parteiverständnis.
- Mit dem Tod von Lenin kam es zu einer Spaltung. Stalin forcierte einen "Sozialismus in einem Staat", Trotzki die "Weltrevolution" und ständige Revolution.
- Abweichungen gab es in eigenständigen Entwicklungen wie etwa in China und Jugoslawien. Tito brach 1948 auch in der politischen Theorie mit der Einführung der Arbeiterselbstverwaltung mit der Sowjetunion, Mao - Tse - tung 1949 betonte die eigenständige bäuerlich - revolutionäre Rolle ("Marsch auf Peking"). Der Eurokommunismus in Italien und Frankreich war eine zusätzliche Variante.
- Mit dem Ende der kommunistischen Systeme in Europa begann auch das Ende der Attraktivität für den Marxismus-Leninismus?. Ab 1991 kann man vom Ende marxistisch-leninistischer Theorieentwicklung sprechen.
- Für die Sozialdemokratie bedeutete dies Integration in demokratisch - politische Systeme, mit Berufung auf Marx, Lassalle, Blanc und Lehren sozialdemokratischer Richtungen.
Die Bandbreite erstreckt sich hauptsächlich auf zwei Theorietraditionen.
- Im Oppositionssozialismus wird eine Änderung der Eigentumsverhältnisse betont (vgl. den Austromarxismus 1900 - 1934/ Otto Bauer, Max Adler, Karl Renner; "orthodoxe Sozialdemokratie" Karl Kautskys).
- Im Regierungssozialismus - beeinflusst von Lasalle und Blanc - zeigt sich die Notwendigkeit eines pragmatischen Sozialismus (Parlamentarismus, schrittweise Reformen; vgl. den Revisionismus von Eduard Bernstein um 1900 mit einer Anpassung an die geänderten Verhältnisse aus den Erfahrungen der britischen Gewerkschaftsbewegung). Hier gehören die sozialdemokratischen Parteien nach 1945 dazu, die als Regierungsparteien zur Stabilisierung liberaler politischer Systeme beitrugen.
Eine Sonderform der politischen Entwicklung schon zur Zeit von Marx war der Anarchismus. Merkmale waren die Ablehnung jeder Autorität und staatlichen Organisation (vgl. Proudhon, Bakunin; vgl. die Spontaneität der Massen mit direkten Aktionen, etwa als Generalstreik - ein gewisser Einfluss zeigte sich auf die Arbeiterbewegung in Frankreich und Spanien zu Beginn des 20. Jahrhunderts).
Mit dem Ende des 20. Jahrhunderts wurde der Begriff "Sozialismus" unscharf.
- Mit dem Ende des sowjetischen Systems ist die kommunistische Variante des Sozialismus ausgelaufen.
- Die Regierungsform des Sozialismus wurde zu einer Praxis der Sozialdemokratie mit einer oftmals mangelhaften Unterscheidung zu anderen demokratischen Parteien (vgl. den Anteil aller Parteien am Sozial- und Wohlfahrtsstaat im 20. Jahrhundert; die Budgetpolitik mit einem sanften Interventionismus/ John M. Keynes).
Im 19. Jahrhundert kam es zu einer Integration liberaler und konservativer Positionen. In der Folge entwickelte sich - hauptsächlich in Italien - eine politische Theorie mit einem konservativen Beitrag zur Elitentheorie (vgl. Vilfredo Pareto; Gaetano Mosca; Robert Michels, "Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie" 1911).
Der Skeptizismus der konservativen Elitentheorie zeigt sich nach 1945 in bestimmenden ähnlichen politischen Ideen.
- Die Totalitarismus- Theorie von Hannah Arendt unterstreicht den totalitären Charakter moderner Massenbewegungen und die Gemeinsamkeiten von Kommunismus und Faschismus (vgl. die Bedeutung der Vernichtungslager im NS und Stalinismus als "Laboratorien für das Experiment totaler Herrschaft").
- Die "enge" Demokratietheorie - J.L. Talmon und Wilhelm Hennis - weist auf die Beschränkung der Demokratie auf den Staat und das politische System hin. Eine Aufhebung dieser Beschränkung wird als Weg zur Zerstörung der Demokratie beurteilt.
Die Christliche Soziallehre als Lehre der Römisch - Katholischen Kirche am Ende des 19. Jahrhunderts ist keineswegs als konservativ einzustufen. Betont wird das evolutionäre Prinzip und die Ablehnung radikaler Konzepte. Der Versuch eines dritten Weges zwischen Marxismus und liberalem Kapitalismus beginnt mit "Rerum novarum" 1891 zur Lösung der sozialen Frage (vgl. die Grundlage für christliche Parteien und Gewerkschaften).
Grundgedanke ist die Vorstellung einer Kooperation zwischen Arbeit und Kapital, also Arbeitnehmern und Arbeitsgebern. Verschiedene Aspekte zeigen jedoch mögliche Interpretationsmöglichkeiten.
- Der gesellschaftsverändernden Charakter der Soziallehre stellt das liberal - kapitalistische System mit Hinweis auf das Gerechtigkeitsgebot in Frage.
- Betont werden einerseits die christlich - demokratischen Traditionen und deren Bündnisse, andererseits konservative und liberale Positionen.
Die Katholische Soziallehre hat lange Zeit kaum mit Fragen der Demokratie beschäftigt (vgl. die Gleichgültigkeit zum Faschismus in Italien und Spanien; zu bedenken ist der Abschluss des Lateranvertrages 1929 mit der Festigung staatlicher Autorität des Hl. Stuhls und dem politischen Einfluss in Italien; umstritten ist die Haltung zum NS - Staat in Deutschland).
Das Verhalten der Päpste gegenüber Diktaturen im 20. Jahrhundert änderte sich erst nach 1945 und hier besonders im Zweiten Vatikanischen Konzil 1962-1965 durch die Konstitution "Gaudium et Spes" mit einer positiven Sichtweise der Katholischen Kirche zur liberalen Demokratie.
Der Liberalismus des 19. Jahrhunderts steht für den Rechts- bzw. Verfassungsstaat und Marktwirtschaft. Aus der Marktwirtschaft schöpfte in der Folge im 20. Jahrhundert der Liberalismus wesentliche Impulse.
Joseph Schumpeter wandte sich gegen die klassische Lehre der Demokratie. Für ihn war die normative Demokratietheorie mit der Identität von Herrscher und Beherrschten ein Instrument der Vernebelung von Herrschaftszuständen. Er definierte bescheidener indem er die Methode ansprach. Die Demokratie als Marktmechanismus war in seinem Buch "Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie" 1940 der Kerngedanke, der die politischen Akteure in die Abhängigkeit der politischen Konsumenten bringt.
Diese Demokratietheorie wurde in der Folge von Anthony Downs 1957 zu einer umfassenden ökonomischen Theorie der Demokratie. Im Sinne des Wettbewerbs kommt es in der Wahlauseinandersetzung zu einer Wettbewerbspolitik, die sich über politische Inhalte stellt. Anzupassen wäre die Überzeugung der für die Erringung des Wahlsieges erforderlichen Wählermeinung. Demokratie ist nach diesem Verständnis ein Prozess der ständigen Anpassung an die politische Nachfrage.
Die Theorie des Rational Choice will politisches Verhalten als Reaktion auf Anreize deuten. Wählende entscheiden sich für Parteien mit bestimmten Präferenzen. Politische Akteure ordnen ihre Handlungsmöglichkeiten nach einem Präferenzschema. Politisches Verhalten wird so standardisiert, ähnlich wie ökonomisches Verhalten.
In der Folge wird nach 1945 der politische Liberalismus von John Rawls, Ernst Fraenkel, Robert Dahl und Amitai Etzioni weiter geführt bzw. entwickelt.
- John Rawls entwarf eine "Theorie der Gerechtigkeit" als Dimension für einen sozialen Liberalismus mit Annahmen des Utilitarismus. Wesentlich ist die Kombination von Freiheit und Gleichheit, die jedem offen steht. Ungleichheiten beziehen nicht auf die Grundrechte und politische Freiheiten (vgl. den Unterschied zum Utilitarismus). Grundlage der Überlegungen ist ein rationaler Akteur mit Interessen und dem Ziel eines Wohlergehens für jedermann.
- Ernst Fraenkel geht von einer Theorie des Pluralismus aus, der den Verfassungs- bzw. Rechtsstaat im Kontext mit politischen Organisationen sieht. Diese sind für die Freiheit der Menschen wünschenswert und Voraussetzung dieser Freiheit.
- Robert Dahl geht vom Konzept des "citizenship" aus, das sich in der liberalen Demokratie in Form einer Beteiligung am politischen Prozess ergeben soll. Als demokratietheoretisches Defizit gilt eine Nicht-Beteiligung? am politischen Prozess (vgl. etwa der Ausschluss von EU-Bürgern? bei Wahlen, Ausschlüsse am Arbeitsmarkt und Teilnahmeverweigerung an Wahlen).
- Amitai Etzioni formuliert das Konzept des "Communitarismus" in der politischen Theorie, das eine Selbstorganisation der Zivilgesellschaft vorsieht, weil der Staat überfordert ist (vgl. auf lokaler Ebene etwa die Erziehung und Bildung sowie die Kultur mit ihren Einrichtungen).
Es zeigt sich in der Folge, dass nicht nur der politische Liberalismus, vielmehr auch die Sozialdemokratie die theoretischen Ansätze beansprucht. So verbreiten sich diese Theorien weniger in liberalen Parteien als in liberalen Systemen.
Verbunden mit dem Begriff Diskurs im 20. Jahrhundert sind zwei Denker , die politisch - theoretische Grundsätze vertreten.
- Michael Foucault versucht, gesellschaftliche Machtverhältnisse zu erklären und zu verstehen. Wissen ist nicht Macht, Wissen ist Ausdruck von Macht. Was wir für Wissen halten, ist ein Ergebnis eines Konstruktionsprozesses in einem Machtverhältnis. "Wahrheiten" werden in Selektionsprozessen in Gesellschaften produziert.
- Jürgen Habermas als Mitarbeiter von Theodor Adorno gilt als Vertreter der kritischen delibarativen Theorie, die den öffentlichen Diskurs über politische Themen fordert. In der "Theorie des kommunikativen Handelns" 1981 argumentiert Habermas, dass der prozesshafte öffentliche Diskurs die Grundlage einer aktiven Zivilgesellschaft sei und dieser für jedermann zugänglich sein muss.
Neoliberalismus wird als Begriff am Ende des 20. Jahrhunderts für eine Deregulierung der Ökonomie verwendet. Margret Thatcher und Ronald Reagan zielen in ihrer politischen Orientierung auf die Rücknahme der sozialen Ungleichheiten korrigierenden politischen Eingriffe in die Marktwirtschaft. Einrichtungen des Sozial- bzw. Wohlfahrtstaates werden teilweise zurückgenommen. Man beruft ich auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Es zeigt sich, wie vielschichtig und auch unscharf der Begriff "Liberalismus" wurde.
Der Faschismus deutet die Elitentheorie als Absage an jede Form der Demokratie. Verschiedene Strömungen und Bewegungen kennzeichnen den Begriff.
Gemeinsam ist mit Hinweis auf die Elitentheorie
- das politische Recht des Stärkeren (vgl. den Sozialdarwinismus),
- die Rechtfertigung einer expansiven Außenpolitik und
- das Führer - Prinzip.
Faschistische Strömungen zeigen sich als
- autoritäre Elitentheorie (vgl. Italien 1922-1945) und
- totalitäre Rassentheorie, gleichgesetzt etwa mit dem deutschen Nationalsozialismus und Antisemitismus.
- Kennzeichnend ist ein Kulturpessimismus. Oswald Spenglers "Untergang des Abendlandes" gilt als ältere Tradition.
- Ebenso zeigt sich eine Ungleichheit zwischen Führer und Masse, Völkern und Nationen, hochwertigem - minderwertigem -unwertigem Leben (vgl. Parasitentum).
In der Faschismustheorie werden
- in der liberalen Form die antidemokratischen, antiliberalen und totalitären Dimensionen des Faschismus betont (vgl. Ernst NOLTE) und
- die marxistische Form mit dem kapitalistischen Charakter sowie der Abhängigkeit vom Kapital (vgl. Reinhard KÜHNL).
Der Begriff "Faschismus" hat auch seine Trennschärfe verloren. Mit dem Ende des Faschismus 1976 in Spanien verlor der Begriff seine aktuelle Bedeutung in der politischen Theorie.
Autoritäre Systeme in Lateinamerika wurden in der Folge mit dem Begriff "Linksfaschismus" - etwa der Peronismus in Argentinien - bezeichnet.
4.1.12 Reflexion - Ausblick | |
Eine politische Ideengeschichte ist wesentlich eine europäische und männliche Geschichte.
Simone de Beauvoir hebt die weibliche Wahrnehmung von Politik und Gesellschaft in "Das andere Geschlecht" 1949 hervor. Typisch für den Feminismus als politische Theorie ist der weite politische Begriff mit Lebenserfahrung, Naturerlebnis, Diskriminierung und weibliche Sichtweise von Politik.
Betty Friedan setzt mit dem "Weiblichkeitswahn" eine anderen Aspekt. Die (besondere) Rolle der Frau behindert ihre volle Entfaltung (vgl. die scheinbar freiwillige Ghettoisierung).
Der Eurozentrismus ist in der theoretischen Auseinandersetzung mit der Abhängigkeit der Entwicklungsländer konfrontiert.
Angesprochen werden
- die Imperialismus - Theorie ausgehend von Lenin als Folge des Expansionsstrebens kapitalistischer Staaten,
- die Dependenztheorien der Dritten Welt mit einer nachkolonialen Abhängigkeit,
- die Theorien des Multi - Kulturalismus in Form der Massenmigration als Aufhebung der kulturellen Differenz und damit einem außereuropäischen Einfluss auf Europa und Nordamerika (vgl. Trans- und Interkulturelle Kompetenz vorrangig in Wirtschaft, Bildung, Politik und Kultur) sowie
- die Theorie des Postmaterialismus (Postmodernismus) in der Unterschiedlichkeit der ökologischen Folgen des Wirtschaftswachstums.
- Wesentlich scheint als außereuropäischer Beitrag im 20. Jahrhundert die Theorie der gewaltfreien Aktion von Mahatma Gandhi (1869-1948). Der Verzicht auf personale Gewalt und gewaltfreie Kampfmaßnahmen In Form von Protest-legaler Nichtzusammenarbeit-zivilem Ungehorsam hatte Auswirkungen auf die Bürgerrechtsbewegung der USA (vgl. Martin Luther Kings Verweis auf die Lehren Gandhis, TV-Berichte? über die Rassentrennung, Druck auf Politiker).
- Gegensätzlich ist die Theorie des Befreiungskampfes, also die gewaltsame Konfrontation mit den Kolonialmächten bzw. Vertretern der herrschenden Eliten einer postkolonialen Ära. Angeknüpft wird an die Theorie des gerechten Krieges, der in der Dritten Welt weiterentwickelt wurde.
Politische Ideen bzw. Theorien führ(t)en zu einer Internationalisierung. Die Globalisierung von Wirtschaft, Umwelt, Politik, Kultur, Medien, Weltanschauungen bzw. Religion und Sitten bzw. Werten hat ihre Auswirkungen auf globale politische Problembereiche (vgl. beispielhaft die Universalität der Menschenrechte, Klima, Konfliktlösungsmechanismen, Finanzierungsprobleme, Börsenkurse, Wirtschaftsabkommen, Bildungsvergleiche und den Nachrichtenverkehr).
4.1.13 Literaturverzeichnis/Lernfeld Politik | |
Andersen U. (Hrsg.) (2009): Parteien - Parteisysteme - Parteiforschung, Schwalbach/ Ts.
Asbrand B. - Scheunpflug A.(2014): Globales Lernen, in: Sander W.(Hrsg.): Handbuch politische Bildung, Schwalbach/ Ts., 401-412
Beauvoir S. de (1949): Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau, Reinbek
Dahl R.H. (1976): Vorstufen zur Demokratie - Theorie, Tübingen
Dichatschek G. (2015): Warum lernen wir was und wie wir lernen? Impulse für den Unterricht. Unterrichtsbeispiele für die Sekundarstufe 1, in: Globales Lernen in Geschichte, Sozialkunde und Politischer Bildung, Südwind, Wien, 38-50
Falter J. - Schoen H.(2005): Handbuch Wahlforschung, Wiesbaden
Galtung J. (1975): Strukturelle Gewalt. Beiträge zur Friedens- und Konfliktforschung, Reinbek
Imbusch P. - Zoll R. (Hrsg.) (2006): Friedens- und Konfliktforschung. Eine Einführung, Wiesbaden
Ismayer W. (Hrsg.) (2003): Die politischen Systeme Westeuropas, Opladen
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Lazarsfeld P.F. - Berelson B. - Gaudet H.(1969): Wahlen und Wähler. Soziologie des Wahlverhaltens, Neuwied
Lemke Chr.(2000): Internationale Beziehungen. Grundkonzepte, Theorien und Problemfelder, München - Wien
Lösche P. (Hrsg.) (2008): Länderbericht USA, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 690, Bonn
Maier H. (Hrsg.) (2003): Totalitarismus und Politische Religionen, Bd. III: Deutungsgeschichte und Theorie, Paderborn
Moeckli S. (2007): Das politische System der Schweiz verstehen. Wie es funktioniert - Wer partizipiert - Was resultiert, Altstätten
Naßmacher H. (2004): Politikwissenschaft, München - Wien
Niedermayer O. - Stöss R. - Haas M. (Hrsg.)(2006): Die Parteisysteme Westeuropas, Wiesbaden
Nohlen D. (2009): Wahlrecht und Parteiensystem, Opladen
Pelinka A. (1980a): Politische Bildung in der Schule, in: Weiss R.(Hrsg.): Probleme der österreichischen Schule. Mit Beiträgen von Anton Pelinka und Hansjörg Walter - Aus dem Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck, Innsbruck, 59-69
Pelinka A. (1980b): Sozialdemokratie in Europa. Macht ohne Grundsätze oder Grundsätze ohne Macht?, Wien
Pelinka A. (2005): Vergleich politischer Systeme, Wien
Pelinka A. - Varwick J. (2010): Grundzüge der Politikwissenschaft, Wien - Köln - Weimar
Pollak J. - Slominski P.(2006): Das politische System der EU, Wien
Reich K.(2014): Inklusive Didaktik, Weinheim - Basel
Rittberger V. - Kruck A. - Romund An(2010): Grundzüge der Weltpolitik: Theorie und Empirie des Weltregierens, Wiesbaden
Rosenberger S. - Sauer Br.(Hrsg.) (2004): Politikwissenschaft und Geschlecht. Konzepte - Methoden - Perspektiven, Wien
Sander W. (Hrsg.) (2014): Handbuch politische Bildung, Schwalbach/ Ts.
Schimmelfenning F. (2010): Internationale Politik, Paderborn
Schmidt M.G. (2010): Demokratietheorien, Wiesbaden
Schwabe Chr. (2007): Politische Theorie, Bd. 1-2, Paderborn
Talos E. (2008): Sozialpartnerschaft. Ein zentraler politischer Gestaltungsfaktor in der Zweiten Republik, Innsbruck -Wien - Bozen
Weede E. (2000): Asien und der Westen, Baden - Baden
Weidenfeld W. (2010): Die Europäische Union, Paderborn
Willms B. (1970): Die Antwort des Leviathan. Thomas Hobbes' politische Theorie, Neuwied - Berlin
Willms B. (1971): Die politischen Ideen von Hobbes bis Ho Tschi Minh, Stuttgart
5 Schulpädagogik | |
Als Teildisziplin der Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaften beinhaltet die Schulpädagogik die Bildungs- und Erziehungsprozesse in Schule und Unterricht.
Aufgabe ist die Beschreibung und der Diskurs
- der Geschichte, Bildungs- und Schulwahl,
- des Zwecks,
- der Gestaltung und gesellschaftlichen Funktion der Schule,
- Lerninhalte,
- deren Begründung,
- die Lehr - Lern - Prozesse und
- die Profession Lehrender sowie
- die Unterrichtsentwicklung.
Mit der Akademisierung der Lehrerbildung in den sechziger Jahren wurde die Schulpädagogik als Fach gefestigt (vgl. APEL - SACHER 2007, 7-25).
Die heutige schulpädagogische Literatur beschäftigt sich schwerpunktartig mit Schultheorie, Lehrplantheorie und Unterrichtstheorie.
5.1 Schultheorien | |
Schultheorien beschreiben die Aufgaben von Schule und Unterricht.
Dies geschieht in der Darstellung von
- Schulgeschichte,
- Funktion der Schule in der Gesellschaft und
- der Bedeutung der Schule für die individuelle Biografie (vgl. GERSTNER - WETZ 2008; ESSLINGER - HINZ/ SLIWKA 2011, 157-164).
Die folgenden vier Schultheorien ergeben die theoretische Grundannahmen (vgl. den IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Schule, Kap. 1).
- Geisteswissenschaftliche Schultheorie - Betrachtung der Schule im historischen Wandel und aktueller Bedeutung (vgl. ESSLINGER - HINZ/ SLIWKA 2011, 158-160)
- Empirisch-analytische Schultheorie - Anwendung der Methoden der empirischen Forschung-Messbarkeit? schulischer Leistungen/qualitative und quantitative Zugänge (vgl. HÄDER 2015)
- Strukturell-funktionale Schultheorie - gesellschaftliche Funktionen der Schule/ soziale Reproduktionsaufgabe (vgl. FEND 2008, 49-53)
- kulturelle Reproduktion - Enkulturalisationsfunktion
- Qualifikationsfunktion
- Allokationsfunktion
- Integrations- und Legitimationsfunktion
- Kritische Schultheorie - Veränderung der Schul- und Erziehungspraxis - emanzipatorisches Interesse
Die Erscheinungsformen von Schule und die theoretische Basis sind historisch, gesellschaftlich und politisch bedingt (vgl. GUDJONS 2012, 328-330).
5.2 Lehrplan | |
Der Lehrplan definiert Ziele und Inhalte des Unterrichts und gilt als Basis der Arbeit Lehrender.
- Die Aufteilung in Fächer stützt sich auf akademische Tradition.
- Jedes Fach hat einen wissenschaftlichen bzw. systematischen Hintergrund.
- Schulische Lehrpläne haben eine gesetzlich Grundlage und geben landesspezifische Kultur und Werte wider.
- Kerncurricula definieren das Wissen und Können der Lernenden am Ende der schulischen Laufbahn und tragen zur Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit der Bildung bei (vgl. ESSLINGER - HINZ/ SLIWKA 2011, 38) .
- Der Paradigmenwechsel von Lerninhalten zu Kompetenzen - Input- zu Output - Orientierung - hat weitreichende Konsequenzen (vgl. ESSLINGER - HINZ/ SLIWKA 2011, 40).
5.3 Unterricht | |
Organisierten Unterricht gibt es seit der Antike (vgl. sokratischer Dialog). Damals war der Lehrer der Vermittler des Grundwissens und es war seine Aufgabe, die Kinder für die Erziehung und Bildung vorzubereiten (vgl. SILJANDER 2016, 54).
Heute beruht ein Unterricht auf den Erkenntnissen des 17. Jahrhunderts.
Johann Amos COMENIUS forderte Allgemeinbildung unabhängig von Geschlecht und Stand.
- Er entwarf ein gestuftes Schulwesen für alle Kinder (vgl. Didacta Magna 1657 mit der Berücksichtigung der Entwicklungsphasen der Kinder im Unterricht).
- Von ihm stammt die Idee des Klassenunterrichts.
- Mit der Aufklärung begann die gezielte schulpädagogische Reflexion, die Ausbildung eines öffentlichen Schulwesens und der Lehrerbildung (vgl. APEL-SACHER? 2007, 8-9).
5.3.1 Unterricht als Interaktion | |
In der Interaktion von Lehrenden und Lernenden werden verschiedene Ziele in einem Lernprozess gleichzeitig angestrebt (vgl. kognitive, affektive und psychomotorische Ziele). Ein bedeutender Teil geschieht allerdings unter den Lernenden im Unterricht.
Ausgangspunkt der Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden bildet
- die Verpflichtung der Lernenden zum Schulbesuch und
- die Verpflichtung der Lehrenden zum Unterrichten, wobei die Unterrichtspflicht genau definiert ist (vgl. Vorbereitung - Durchführung - Nachbereitung - Korrekturen - Leistungsbeurteilung - Evaluierung).
5.3.2 Didaktik | |
Ziel des Unterrichts ist die Förderung des Lernens mittels den Inhalten des Unterrichts und der Förderung des Lernprozesses. Dazu bedarf es neben der Interaktion der Lehrenden und Lernenden eine "didaktische Beziehung".
- Lehrende leiten die Lernenden durch Inhalte zu einem Lernprozess an.
- Mit Hilfe der jeweiligen spezifischen Lerntechnik, verbunden mit entsprechenden Lerninhalten und Methoden, wird in einer Didaktik der entsprechende Lernerfolg angestrebt.
- Didaktik als die Kenntnis des Lehrens und Lernens unterscheidet sich in "Allgemeine Didaktik" und "Fachdidaktik" (vgl. CORIAND 2017).
Lernen versteht sich als Prozess, der zu einer Änderung des Könnens, Wissens, der Denkweise und des Handelns führen soll.
Die Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft bezieht sich bei den Lerntheorien hauptsächlich auf Theorien der Psychologie (vgl. den Beitrag der Pädagogische Psychologie; EDELMANN - WITTMANN 2012; IT - Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Psychologische Aspekte in Unterricht und Erziehung, Kap. 1.2).
Klassische Lerntheorien sind der
- Behaviorismus - Veränderung des Verhaltens und Handelns durch äußere Faktoren (vgl. Übungsphasen im Unterricht)
- Kognitivismus - Aktivitäten durch Denken, Erinnern und Erfahrungen der Lernenden (vgl. Sinnerfassung, Komplexität)
- Humanismus - Förderung der Individualität, Unterstützung und Begleitung von Lernprozessen (vgl. Fördern und Fordern, Lernhilfen)
- Konstruktivismus - Selbstregulation des Lernprozesses - selbständige Selektion, Interpretation und Verarbeitung (vgl. Selbsttätigkeit, Eigenkonstruktionen, Kreativität)
5.4 Unterrichtsqualität | |
5.4.1 Qualitätskriterien | |
In der Unterrichtsforschung sind die Qualitätskriterien ein zentrales Thema (vgl. GRÄSEL - MANDEL 2007, 241-259).
- Empirisch wird Unterrichtsqualität als "Lernwirksamkeit" betrachtet (vgl. guter Unterricht ist lernwirksamer Unterricht).
- Die deutschsprachige Literatur unterscheidet fächerübergreifende und kriterienkatalogisierte Unterrichtsqualität (vgl. HELMKE 2009, 168-169; MEYER 2015, 177).
Wesentliche fächerübergreifende Kriterien sind die Klassenführung, Strukturiertheit, Sicherung des Unterrichtsertrages, Aktivierung, Motivation, lernförderliches Klima, Schülerorientierung, Kompetenzorientierung, Umgang mit der Heterogenität und eine Angebotsvariation (vgl. HELMKE 2009, 168-169 > Handeln der Lehrenden).
Der Kriterienkatalog Unterrichtsqualität umfasst die Strukturierung des Unterrichtsverlaufes, hoher Anteil echter Lernzeit, lernförderliches Klima, sinnerfassendes Kommunizieren, Methodentiefe, individuelle und gemeinsame Förderung, intelligentes Üben, transparente Leistungserwartung und vorbereitende Umgebung (vgl. MEYER 2015, 177 > Lernen und Lernorganisation).
Weltweit bekannt ist die Publikation von John HATTIE (AUS) "Visible Learning" (2009) mit der Betonung der Bedeutung Lehrender für eine Qualitätsverbesserung an Schulen und für die Leistung Lernender.
- Grund für den Bekanntheitsgrad der Studie ist die handliche Art der Darstellung der komplexen Prozesse von Lehren und Lernen.
- Kritik ergibt sich aus dem Fehlen eigener empirischer Befunde, vielmehr werden unzählige quantitative Vorarbeiten - alle in englischer Sprache - herangezogen (vgl. STEFFENS - HÖFER 2016, 156-161). Damit werden zahlreiche zusammengefasste Daten nochmals zusammengefasst. Es stellt sich dabei die Frage, ob noch Aussagen über einen Unterrichtsprozess abgeleitet werden können oder ob es sich nicht vielmehr um statistische Artefakte handelt (vgl. BÖHM - DÖLL 2018, 31).
- Gert BIESTA (NL) kritisiert nach das einseitige Fragen nach Effektivität/ Output - Orientierung in der Unterrichtsqualität (vgl. BIESTA 2009, 41).
- Vielmehr sollte man nach dem Ziel des Unterrichts fragen.
- Er plädiert für die drei Funktionen des Unterrichts, die Qualifikation (Ausbildung - Skills), Sozialisation (soziale Funktion) und Subjektifikation (Subjektwerdung)sind (vgl. ESSLINGER - HINZ/ SLIWKA 2011, 16-28).
- Aufgabe der Schule sei die Förderung Lernender zu Autonomie und Selbstständigkeit im Denken und Handeln.
- Gefordert wird ein ständiger Diskussionsprozess über Ziele und Zweck des öffentlichen Schulwesens in einer demokratischen Gesellschaft (vgl. die Forderung demnach einer ständigen Neudefinition von Unterricht).
5.4.2 Entwicklung einer Unterrichtsqualität | |
Von Interesse ist die Darstellung von Ilona ESSLINGER - HINZE und Anne SLIWKA von gutem Unterricht (2011, 99-108).
- Die Reformpädagogik zu Beginn des 20. Jahrhunderts war kinderorientiert als Gegensatz zu der Formalstufentheorie von Herbart gekennzeichnet.
- Nach 1945 knüpfte man an diese Tradition an. In Österreich war eine Unterrichtswissenschaft gering ausgeprägt.
- Mitte der sechziger Jahre kam es zur "realistischen Wende" mit einer genauen Definition von Lehrzielen.
- In den siebziger Jahren setzte sich die Zielorientierung durch, die Lehrpläne definierten die Lehrziele genau und vielseitig (vgl. die Lehrplankommentare, in denen die Lehrplanautoren ihre Intentionen festhielten). Man ging davon aus, dass die zu lehrenden Inhalte durch genaue methodisch-didaktische Vermittlung auch als Lerninhalte bei den Lernenden ankommen.
- In den achtziger Jahren wurde die Bedeutung eines "bildenden Unterrichts" hervorgehoben.
- In den neunziger Jahren wird guter Unterricht am Output gemessen.
Die angesprochenen Merkmale von Unterrichtsqualität bzw. gutem Unterricht beziehen sich auf Vorbereitung, Planung und Organisation des Unterrichtsgeschehens. Sie gelten als Voraussetzung für einen aktiven Lernprozess im Unterricht.
Lehrende benötigen ein spezifisches Wissen (Fachwissen) und Können (Handlungsorientierung), um einen Unterricht gestalten zu können. Aktuell sollen sie weniger Wissensvermittler, vielmehr Lernarrangements planen und anbieten. Gefragt ist die Herstellung von Lernsituationen (vgl. TERHART 2000, 48; KIPER 2002, 24-35).
5.5 Qualitätsmerkmale Lehrender und Studierender | |
5.5.1 Qualitätsmerkmale Lehrender | |
Nicht nur Merkmale einer Unterrichtsqualität ("guter Unterricht") sind zu untersuchen, ebenso bedarf es der Sichtweise von Qualitätsmerkmalen Lehrender ("gute Lehrperson").
- Lehrende entwickeln eine eigene Didaktik und eigene Vorstellungen des Unterrichts.
- Zu beachten sind die persönliche Biografie, Erfahrungen der Lehrerausbildung, des eigenen Unterrichts und einer notwendigen Fort- und Weiterbildung (vgl. DICHATSCHEK 2017b).
- Unterricht kann immer verbessert werden, wobei verschiedene Sichtweisen in der Lehrerfort- bzw. Weiterbildung hilfreich sind (vgl. die Möglichkeiten des ERASMUS - Programmes im Rahmen von Lehreraustauschprogrammen bzw. Lehrerbetriebspraktika in der EU).
- Die hohe Dichte an Entscheidungen im Unterrichtsgeschehen kennzeichnet die Unterrichtsrealität (vgl. BÖHM - DÖLL 2018, 34). Hier manifestiert und übt sich pädagogisches Denken.
- Es zeigt sich explizites und implizites Wissen (vgl. SILJANDER 2016, 103-104).
- Mit Wilfried PLÖGER ist die praktische Theorie eines Lehrenden das Spiegelbild seiner Kompetenz (vgl. PLÖGER 2006, 46).
Nach EINSIEDLER (2017, 281) werden als Merkmale einer "guten Lehrperson" Enthusiasmus, Geduld, Empathie und Optimismus diskutiert.
- Hier stellt sich die Frage, ob Lehramtsstudierende über bestimmte Persönlichkeitsmerkmale verfügen sollten und welche Kompetenzen und Merkmale im Studium angeeignet werden können (vgl. EINSIEDLER 2017, 281-202).
- Eine Möglichkeit normativer Bestimmung erwünschter Lehrereigenschaften ist deren Ableitung aus verschiedenen Erziehungslehren. Deren enthaltene Merkmale sind vielfältig (vgl. IT - Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Erziehung). Ironisch kommentiert schon DIESTERWEG, zit. nach LUKESCH 1975, 28 den "idealen Lehrer": "Mit Recht wünscht man dem Lehrer die Gesundheit und die Kraft eines Germanen, den Scharfsinn eines Lessing, das Gemüt eines Hebbel, die Begeisterung eines Pestalozzi, die Wahrheit eines Tillich, die Beredsamkeit eines Salzmann, die Kenntnis eines Leibniz, die Weisheit eines Sokrates und die Liebe Jesu Christi."
- Wenn es eine pädagogische Begabung geben sollte, wie kann man Personen für ein Lehramtsstudium interessieren und wie kann man die entsprechenden Lehrenden auswählen?
5.5.2 Qualitätsmerkmale Studierender | |
Wenn Wissen, Haltungen und Werte mit Handlungen im Unterricht übereinstimmen, spricht man von innerer Kongruenz. Äußere Kongruenz betrifft die Übereinstimmung eines Handeln Lehrender mit neuen Erkenntnissen (vgl. AALTONEN 2003, 88-90).
Bei Lehramtsstudierenden kann/ muss man davon ausgehen, dass praktische Theorien und Handlungen durch geringe Erfahrungen inkongruent sind (vgl. das Phänomen des "Praxisschocks"; allerdings kann es auch umgekehrt sein, dass hohe Motivation und hohes Engagement bei Quereinsteigern ein idealisiertes Bild erzeugen und durch Lernarrangements in einer Form einer verkürzten Lehrerausbildung zu einem positiven Berufseinstieg führen > http://www.teachforaustria.at [9.12.2018]).
Neben der notwendigen Ausbildung bedarf es im Laufe des Berufseinstieges und in der Folge Maßnahmen einer Lehrerfortbildung, möglichst planend, unterstützend und und begleitend.
- Für die Laufbahnplanung erweist sich eine Weiterbildung als höchst sinnvoll (vgl. interne Lehrgänge wie der Schulentwicklung, des Schulmanagements und fachspezifischer Universitätslehrgänge).
- Mitunter wird auch betont, dass Studierende im Laufes des Studiums sich mit ethischen bzw. moralischen Aspekten auseinandersetzen sollten, insbesondere bei bestimmten Fächern (vgl. IT-Autorenbeitrag? > http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Ethik).
- Jedenfalls soll das Ethos der Schule hinterfragt werden, statt es unkritisch zu stärken und zu reproduzieren (vgl. die Bedeutung von Reflexion für das eigene Tun; VEIJOLA 2013, 24).
Festzuhalten ist, dass
- Lehramtsstudierende ein theoretisches und praktisches Grundwissen über Unterricht, Lernen und Praxiserfahrung aufbauen,
- Räume, Lernumgebungen und Angebote gestaltet und angeboten werden sowie
- Reflexionsprozesse ermöglicht und unterstützt werden (vgl. die Notwendigkeit ab den ersten Semestern).
Von Interesse für die Schulstandorte, die schulische Aus-, Fort- und Weiterbildung und Bildungspolitik sind die Fragestellungen der Schulentwicklung. Ergänzt wird das Interesse des Autors durch seine Ausbildung zum "Schulentwicklungsberater für eine standortbezogene Schulentwicklung" (1998/1999).
Das Aufgabenfeld erstreckt sich auf die unterschiedlichen Schulbeteiligten. Wenn es um die Verortung bzw. Umsetzung der Schulentwicklung geht, stellen sich vielfältige Aufgabenstellungen und Herausforderungen (vgl. ROLFF 2007; BOHL -HELSPER - HOLTAPPELS - SCHELLE 2010; BÖHM - DÖLL 2018, 43-68).
Ausgehend von der Tatsache, dass es sich um eine junge Disziplin handelt, die sich in der Zeit der Schulversuche (für Österreich das "Zentrum für Schulversuche"/ Klagenfurt) und in der Folge einer Schulentwicklungsforschung (für Deutschland die "Arbeitsstelle für Schulentwicklungsforschung"/ PH Ruhr, später "Institut für Schulentwicklungsforschung/ Universität Dortmund) entwickelt hat, verwundert es nicht, dass der Bekanntheitsgrad und eine Umsetzung in der Schulrealität alles andere als einheitlich ausfällt.
ALTRICHTER und ROLFF (2000, 5) sprechen von "Moden der Bezugstheorie", wobei systemische oder systemtheoretische Ansätze dominieren.
Mitunter verleitet der Begriff auch zu falschen Vorstellungen. Dazu gehören etwa historische Veränderungen der Schule oder Einzelprojekte. Solche und andere Beliebigkeiten haben die Diskussion im letzten Jahrzehnt angeregt (vgl. ALTRICHTER-ROLFF? 2000, ROLFF 2007, FEND 2008a).
Durch die unterschiedlichen kulturellen, ökonomischen und politischen Zugänge in Europa verläuft die Diskussion nicht einheitlich (vgl. DALIN 1999).
Im deutschsprachigen Raum widerspricht eine
- zentralistische Schulpolitik,
- bürokratische Organisation, Verwaltung und
- Kontrolle mit Dienstbehörden
dem Verständnis um eine Weiterentwicklung bzw. Erweiterung einer autonomen Gestaltung von Schulen.
Es geht um gesellschaftliche Entwicklungen - man denke nur an Individualisierung, Pluralisierung, Globalisierung und Digitalisierung - die ein Verständnis von Schulentwicklung erfordern.
Mit ROLFF (2007, 16) geht es um einen zielgerichteten, systematischen und reflexiven Gestaltungsprozess mit einer Koppelung der Entwicklung von Einzelschulen und dem gesamten Schulsystem (vgl. die Notwendigkeit der Hinwendung zur Einzelschule/Standortgebundenheit und Rückbindung auf Systemebene). Demnach ist eine Veränderung der Schulabläufe nicht gemeint, die sich im Laufe der Zeit von selbst einstellen.
Von Interesse sind die Tendenzen einer Entwicklung von Schulentwicklung.
- In den sechziger und siebziger Jahren zielten Reformen und Entwicklungen auf die Makroebene - Chancenungleichheiten, Bildungsbenachteiligungen, geringer Anteil an Mädchen und Kindern von Arbeiterfamilien,
- in der Folge erwies sich die Erkenntnis, dass eine Qualität der Schule nicht von strukturellen Merkmalen der Schulform bzw. Schultype abhängt (Mesoebene).
- Mit diesem Paradigmenwechsel erfolgte eine deutliche Tendenz zur Deregulierung und Dezentralisierung, also das Zugeständnis von Gestaltungsspielräumen an Schulen.
- Allerdings fehlte die Rückanbindung der Initiativen und Entwicklungen auf der Systemebene.
- Mit der Zunahme der Bedeutung von international vergleichenden Schulleistungstests in den neunziger Jahren - man denke an PISA und TIMSS - begann eine Wende in der Schulentwicklungsdiskussion.
- Es verschob sich die Diskussion auf eine "Evidenzbasierung" (vgl. die zunehmende Bedeutung des "Output", also messbarer Leistungen am Schulende; Wandel vom Input zum Output).
- Fragen der Effektivität des Bildungssystems und ökonomische Überlegungen der Nutzung öffentlicher Gelder rücken in den Vordergrund.
- Die Folge war eine Diskussion und Einführung von Bildungsstandards, grundlegender Kompetenzen der Lernenden und Evaluierungsmaßnahmen mit verpflichtender Rechenschaft(vgl. Entwicklungspläne, Schulprogramme).
Gegenwärtig wird das schulische Geschehen in Form einer "Mehrebenentheorie" verstanden (vgl. FEND 2008b).
- Makroebene - Gesetze, institutionelle Vorgaben und Regelungen,
- Mesoebene - Einzelschule mit Besonderheiten und
- Mikroebene - reales Unterrichts- und Interaktionsgeschehen.
Eine Ausweitung der Schulautonomie bedarf
- klarer Verantwortungsübertragung an Schulen in relevanten Bereichen,
- Abgrenzung der Zuständigkeiten auf der Systemeben,
- Unterstützungssysteme zur Vertiefung der Kompetenzen zur Selbstorganisation und Professionalisierung sowie
- schulische Steuerungsstrukturen und Führungskräfteentwicklung.
Die angeführte Definition von Schulentwicklung mit bewusster, zielgerichteter und systematischer Weiterentwicklung von Einzelschulen beinhaltet Aufgabenfelder und Themenbereiche, die in dem Titel "Trias der Schulentwicklung" umschrieben und bekannt wurden (vgl. ROLFF 2010, 29-37).
Gemeint sind die drei Kernbereiche Organisationsentwicklung, Unterrichtsentwicklung und Personalentwicklung (vgl. IT -Autorenbeiträge http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Personalentwicklung, Organisationsentwicklung).
Organisationsentwicklung nimmt in der Schulentwicklung eine besondere Rolle ein.
- Kein anderer Ansatz hat die Hinwendung zur Einzelschule so grundlegend beeinflusst, weshalb von einem Ausgangspunkt gesprochen werden kann (vgl. ROLFF 2007, 24).
- Es bedarf bei Änderungen immer einer passenden Form, die organisatorischer Art sein muss (vgl. die Notwendigkeit von Rückbindungen und institutionellen Stützen; der aus der Organisationsentwicklung entlehnte Begriff "lernende Organisationen" [Lernfähigkeit] umschreibt die Bedingungen und Notwendigkeiten).
Im Folgenden wird auf die drei Aufgabengebiete und Entwicklungsdimensionen eingegangen.
- Organisationsentwicklung - schulische Organisationsebenen, Strukturen - Schulmanagement, Schulprogramm, Schulkultur -Kooperationsmöglichkeiten, Zuständigkeiten, Teamentwicklung, Steuergruppen und Kommunikationsebenen - Aushandlungskultur
- Unterrichtsentwicklung - Kerngeschäft Unterricht - Didaktik und Methodik - Kooperationsmöglichkeiten, Netzwerke und Arbeitsgemeinschaften
- Personalentwicklung - berufliche und professionelle Weiterentwicklung - Kommunikationswege der Akteure - Umgang mit eigenen Ressourcen, Kompetenzen und Möglichkeiten - Fort- und Weiterbildung, Reflexionstätigkeit/ Reflexionskultur -Feedback - Beratung - Coaching - Intervision - Supervision, Rolle der Schulleitung
Der Blick auf den schulischen Regulärbetrieb eröffnet unausgesprochene Regeln eines Eigenlebens in der schulischen Organisation. Eine Reflexion eröffnet eine gute Ausgangslage für pädagogische Herausforderungen und neue schulische Arrangements.
- Unterschätzt wird der "heimliche Lehrplan" ("hidden curriculum"), mitunter auch unheimlicher Lehrplan benannt. Gemeint sind sozialisatorische Wirkungen für die handelnden Personen, die von der Schule als Institution ausgehen. Diese Wirkungen und Grundannahmen erzeugen Reibungen bzw. Konflikte und fordern zu schulischen Innovationen.
- Ebenso unterschätzt und nicht hinterfragt wird etwa die Aufteilung des Schullalltages mit einem bestimmten Stundentakt, die Einteilung in Jahrgangsklassen, die zeitliche Gliederung von Lektionen, die Hausaufgabenpraxis oder die fehlende Mitarbeit bzw. Kooperationsfähigkeit.
- Weil Schule häufig veränderungsresistent ist, wird das Eigenleben als Reformbremse angesehen (vgl. ROLFF 2007, 132).
- Zu hinterfragen ist in diesem Zusammenhang, wie viel Reform Schule verträgt.
- Zu beachten ist jedenfalls der Doppelcharakter Institution und Organisation.
- Schule gilt neben Krankenhäusern und Universitäten als "Expertenorganisation" (vgl. hohe Autonomie in der Berufsausübung, starke Identifikation mit der eigenen Expertise, Prinzip der Kollegalität gleichrangiger Experten; vgl. BÖHM-DÖLL? 2018, 57).
Schulentwicklung kommt mit diesen Grundorientierungen in Berührung, wobei Neugestaltung und Veränderung mitunter auf Ablehnung bzw. Gegenwehr stößt.
6.4 Problembereiche | |
Die angeführten Bereiche sollen verkürzt angesprochen werden.
- Einzelkämpfertum vs. Kooperation - gemeinsame Verantwortung, Teamteaching, Furcht vor einem Verlust persönlicher Autonomie
- Rückfall in vertraute Muster - Übernahme von Neuerungen nach vertrauten Mustern, leichte Vereinbarkeit mit bestehender Kultur (vgl. ALTRICHTER - WIESINGER 2004, 220-233)
- Aspekte und Berücksichtigung der Perspektiven Lernenden - Überdenken der Rolle Lernender als Teilnehmende bzw. Zielgruppe von Lernprozessen und Interaktionsformen/ Unterricht - Lehrinhalte - Methodenwahl/ gegenseitiger Umgang/ Etablierung einer Feedback - Kultur/ Haltungsformen aller Beteiligten (vgl. FEICHTER 2015, 409-426)
7 Migrationspädagogik | |
In der schulischen Bildung ist Migration (Wanderung, Wanderbewegung) relevant, wenn Lernende bzw. ihre Eltern grenzüberschreitend den Wohnort wechseln bzw. überschritten haben (vgl. DICHATSCHEK 2017c; BÖHM - DÖLL 2018, 139-162; IT-Autorenbeiträge? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Migration in Österreich).
Dies kann in verschiedenen Formen vorkommen.
- Binnenmigration - Wanderbewegung in Österreich und in der EU
- internationale bzw. transnationale Migration - Wanderbewegung über die EU - Grenze hinaus
Anlässe für Wanderbewegungen können sein
- Arbeitssuche,
- politische bzw. gesellschaftliche Krisen und
- soziale Beziehungen.
Von Interesse ist die die Zunahme von Mehrsprachigkeit und damit verbunden eine Steigerung der gesellschaftlichen Bedeutung. Mobilität und Mehrsprachigkeit weisen einen Kontext auf, wobei ein Verständnis für Mehrsprachigkeit vorhanden sein muss.
- Innere Mehrsprachigkeit beschreibt die die Fähigkeit einer Person bzw. Gruppe, Variatäten einer Sprache - etwa Dialekte, Umgangs- und Standardsprache des Deutschen - zu verwenden.
- Sprachübergreifende Mehrsprachigkeit beschreibt dagegen das Beherrschen zweier oder mehrerer Einzelsprachen (vgl. die Bedeutung von Englisch als internationale Verkehrssprache).
7.1 Migration in Österreich heute | |
Internationale Migration ist ein stabiler Faktor in Österreich. Der Wanderungssaldo ist seit mehr als 30 Jahren positiv, es wanderten demnach mehr Personen nach Österreich ein als aus.
- Der Zuzug findet überwiegend aus anderen EU - Ländern statt (vgl. das Grundrecht der EU - Bürger_innen einer Binnenmigration nach Art. 45 der Grundrechtecharta).
- 2015 wurden 14.9 Prozent der Bevölkerung im Ausland geboren ("Erste Zuwanderungsgeneration") (vgl. Statistik Austria 2015, 23).
- Die "zweite Zuwanderungsgeneration" umfasst Personen, die in Österreich geboren sind und deren Elternteil beide im Ausland geboren wurden (2015 lt. Statistik Austria 5,5 Prozent).
Beide Gruppen zusammen werden im Mikrozensus 2008 als "Personen mit Migrationshintergrund" bezeichnet, wenn mindestens ein Elternteil oder sie selbst im Ausland geboren wurden bzw. wenn bei der Geburt im Inland mindestens ein Elternteil eine ausländische Staatsbürgerschaft besaß.
Zu dieser Gruppe zählen auch Wiener Pensionisten_innen, die in der Donaumonarchie außerhalb der österreichischen Grenzen geboren wurden.
7.2 Mehrsprachigkeit in Österreich | |
Formal handelt es sich in der Republik Österreich um einen einsprachigen Staat mit Minderheitenregionen und Immigration, damit gibt es in der Mehrsprachigkeitssituation
- autochthone sprachliche Minderheiten (Burgenlandkroatisch, Romani, Slowenisch, Slowakisch, Tschechisch, Ungarisch und Gebärdensprache),
- unzählige allochthone Sprachen durch Zuzug und Migration, schulisch in den sog. "Brennpunktschulen" der urbanen Zentren (vgl. die Angebote der Sprachkurse in der Allgemeinen Erwachsenenbildung; vgl. IT-Autorenbeitrag? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Interkulturelle Kompetenz).
Schulisch geben die jährlichen Erhebungen des Bildungsministeriums Auskunft über die Zahl der Lernenden mit anderer Erstsprache als Deutsch und aktuell der Nationale Bildungsbericht.
- 2015/2016 - Österreich 23,8 Prozent - VS 28,7 Prozent, APS 28,8 Prozent, AHS 19,4 Prozent
- 2015/2016 - Wien 50,0 Prozent - VS 57,2 Prozent, APS 61,8 Prozent, AHS 38,2 Prozent
Der Nationale Bildungsbericht 2012 erhebt etwa 75 Prozent aller APS - Schulklassen als mehrsprachig (vgl. BRUNEFORTH -LASSNIGG 2012, 139). Mehrsprachigkeit ist demnach keine Ausnahme, weder schulisch noch in der Gesellschaft.
7.3 Migrationsforschung | |
Als junge Disziplin ist sie eigenständig seit rund 25 Jahren im deutschsprachigen Raum angesiedelt (vgl. REUTER -MECHERIL 2015, 1). Die Anfänge sind mit der Anwerbung und Einwanderung der ausländischen Arbeitskräfte ("Gastarbeiter"), ihrer Arbeitstätigkeit und dem Familienzuzug mit den folgenden gesellschaftlichen Diskursen verbunden.
Es entwickelten sich in der Folge spezifische Teilbereiche, wie die Migrationssoziologie und interkulturelle Pädagogik.
Migrationswissenschaftliche Ansätze und Aspekt lassen sich unterscheiden (vgl. CASTRO VARELA - MECHERIL 2010, 43).
- Immigrationsperspektive - Prozesse und Bedingungen der Ein- und Auswanderung
- Push - Pull - Modell/etwa Armut, soziale Ungleichheit, Arbeitslosigkeit; Krieg, Diskriminierung; Klima, Umweltverschmutzung - hohe Konjunktur, Frieden, Gesundheitsvorsorge, Bildungsmöglichkeiten
- Modell der Angleichung in der "Race Relation Cycle" (vgl. Park - Miller - Thompson 1969/ "Chicago Modell") - contact - competition - accomodation - assimilation
- Multikulturelle Gesellschaft - Gegebenheiten unterschiedlicher kultureller und ethnischer Gruppen und Existenz von Minderheiten; Kritikpunkte sind die Essentialisierung (Festschreibung seiner Andersartigkeit) der kultureller Identität und Verhüllung struktureller Benachteiligungen
- Transmigration - Dieses Konzept geht davon aus, dass Migration nicht nur eine geographische, vielmehr auch eine sozial-räumliche Dimension beinhaltet (vgl. PRIES 1997).
- Wesentlich ist die Gestaltung der migrationsbedingten Lebenswelt.
- Neue Medien und IT - Technologien ermöglichen Mobilitätsstrukturen und bilden transnationale soziale Räume.
- Das Leben wird plurilokal gestaltet, es ergibt sich eine mehrfache Identifizierung und Zugehörigkeit.
- Es entwickeln sich hybride Formen von Identität.
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Teil III Beratung | |
Beratung von Erwachsenen ist keine einheitliche und klar definierte Aufgabe. Sie hat verschiedene Beteiligte und unterschiedliche Themenfelder. In der Folge wird versucht, eine Systematik der Aufgaben und Felder zu erstellen (vgl. SCHNEBEL 2017, 67-145).
8 Formale Einteilung | |
Einzelberatung
Gruppenberatung
Institutions- bzw. Organisationsberatung
9 Beratungsfelder | |
| Ratsuchende/ Klienten |
Einzelberatung Erwachsene - Gruppe nach Schulabschluss: |
Lehrlinge |
Studierende |
Eltern |
Kurs- bzw. Lehrgangsteilnehmende |
Lehrende |
Gruppenberatung |
jeweilige Klientel in Gruppierung |
Institutionenberatung Einheiten des Bildungsbereichs wie |
Berufsschule |
Universität - Fachhochschule/ Studienseminare |
Elternvereinigung |
Lehrergruppierung |
Schulaufsicht |
|
|
| Themenfelder |
Lern- und Bildungsprozesse |
Lern- und Leistungsprobleme |
persönliche Entscheidungen |
Interaktions- und Beziehungsprobleme |
Innovationen |
Evaluation |
|
|
10 Beratung Lehramtsstudierender | |
Studium und Probejahr - Beratungsgespräche mit Seminarleitenden und Begleitlehrenden
Beziehungsebene - Konfliktsituation zwischen Berufseignung (Beratungskompetenz) und persönlicher Solidarität (Rollenkonflikt)
Unterstützung - Steuerung
Wesentlich ist der Aspekt, Lehre ist dann besonders effizient, wenn Studierende außerhalb der Lehrveranstaltung selbst mitarbeiten. Eigenarbeit bedarf einer genauen Planung, ggf. der Unterstützung und Steuerung. Lernberatung im Rahmen von Beratungskompetenz gilt als effizientes Mittel einer Verbesserung von Lehre.
10.1 Lernberatung | |
Lehrende, die sich als "Lernberater" verstehen, haben ein anderes Selbstverständnis als Informationsvermittler. Sie unterstützen die Studierenden selbst zu lernen.
Die Studierenden erwerben so das maßgebliche Wissen in Eigenarbeit aus Texten oder verschiedenen Aufgaben. Lernberater reservieren einen Teil der Lehrveranstaltung, unklare Punkte der Pflichtlektüre zu erläutern, zu vertiefen und lebendig zu veranschaulichen.
Mit Aufgaben, die das Erinnern der Lehrinhalte unterstützen, bezieht man sich auf die Pflichtlektüre (vgl. BRAUER 2014, 12).
10.2 Aufgabenbereich | |
Das Aufgabenspektrum des Lernberaters umfasst demnach (vgl. FERGUSON 1990, 127-134)
- Wissen und Kenntnisse weitergeben,
- Texte finden, die den Wissensstand der Studierenden angemessen sind,
- Lernmethoden vermitteln,
- Aufgaben finden, die das Behalten des Lernmaterials fördern,
- Fertigkeiten vermitteln,
- motivieren und anspornen und
- Kritikfähigkeit der Studierenden heranbilden.
Aus der Professionalisierung der Lehrenden und der Qualitätssteigerung des Bildungssystems ist "Schulentwicklung" notwendig.
Die Beteiligten fallen in die Gruppe der Erwachsenen in Form Lehrender (Lehrkräfte), Leitender ( Schulleiter, ggf. Schulaufsicht), Elternvertreter und Schulerhalter (vgl. KLIPPERT 2000, BUHREN - ROLFF 2016).
11.1 Formaler Ablauf in Phasen | |
Sammlung von Daten
Klärung und Vereinbarung von Zielen
Prüfung der notwendigen Ressourcen
Planung und Umsetzung der Entwicklungsvorhaben
Evaluation des Entwicklungsprozesses und der Ergebnisse
11. 2 Beratungsverlauf | |
Vorinformation - Kontaktaufnahme
Möglichkeiten einer Zusammenarbeit - Aufgabenspezifizierung
Klärung von Erwartungen und Aufgaben
Kooperationsvereinbarung - Aufgaben, Ziele - Umfang
Arbeit im Entwicklungsprozess
Zwischenberichte je nach Vereinbarung
Metareflexionen
Dokumentation
Abschluss
12 Migrantenberatung | |
12.1 Zielsetzung und Klientel | |
Beratung und Begleitung von Zuwandernden ("Migranten") betreffen eine heterogene Klientel, bestehend besonders aus der Personengruppe der EU - Binnenwanderung, Asylanten, Flüchtlingen und Zuwandernden aus Drittstaaten.
Verstanden wird Beratung und Begleitung, Ratsuchende zu unterstützen und ermutigen, sich aktiv mit den Veränderungen auseinander zu setzen und eine entsprechende Lösung zu finden.
Die Thematik ist so vielfältig wie die Klientel, etwa die Rechtsberatung, Sozialberatung, Berufsberatung und Bildungsberatung. Zentrale Intention ist eine "Hilfe zur Selbsthilfe".
Der Autor bezieht sich im Folgenden auf die Bildungsberatung und hier differenziert auf die Laufbahnberatung als ein Gegenstand der weiteren Lebensgestaltung. Als Berufsberatung ist die Beratung Jugendlicher bzw. junger Erwachsener bei der ersten Berufswahl.
Zu berücksichtigen sind die Voraussetzungen, das soziale Umfeld und vorhersehbare inklusive Veränderungen in der Zukunft.
- Ratsuchende sind zu befähigen, selbst Kompetenzen für berufliche Entscheidungen zu erwerben.
- Im Vordergrund stehen Sprache, das familiäre Umfeld, Werthaltungen und Kenntnisse des alltäglichen Lebens sowie ein Aufbau eines Bekanntenkreises.
Die Klientel bzw. Ratsuchende besteht vorrangig aus Berufstätigen, Arbeitslosen, jungen Erwachsenen und Studierenden.
Wesentlich ist die Qualifikation Migrantenberaternder in dem vielfältigen Spektrum dieses Beratungsgegenstandes.
- Beratergrundhaltung - Achtung vor der Klientel, Einfühlungsvermögen und Aufbau eines Vertrauensverhältnisses
- Berufsstrukturen - Berufsfelder - Arbeitsmarkt
- Bildungs- und Beschäftigungsstruktur, Rechtsgrundlagen, Gesundheitsgrundlagen und Interkulturalität
12.2 Rahmenmodell einer Bildungsberatung | |
Der folgende Autorenentwurf versteht sich als Basis einer Beratung von Zuwandernden mit vier Schwerpunkten, ausgehend von der Konzeption einer Berufsorientierung bzw. Vorberuflichen Bildung (vgl. DICHATSCHEK 2021) .
1 Personale Determinanten
- kognitive Determinanten - Intelligenz, Fähigkeiten, Schulbildung
- affektive Determinanten - Bedürfnisse, Interessen, Werthaltungen, Einstellungen, Selbstwertgefühl
2 Situative Determinanten
- soziale Herkunft
- familiäre Bedingungen
- Bezugsgruppen
- Anforderungen Bildungs- und Arbeitsmarkt
3 Selbstkonzept
- Selbsteinschätzung
- Informationsstand
- Bildungssystem - Berufswelt - Arbeitsmarkt
- Laufbahnplanung/ "Karriereplanung"
4 Berufsorientierung - Beratung
- Laufbahnberatung
- Erwartungshaltung
- Realisierungsaktivitäten
12.3 Literaturverzeichnis Beratung | |
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Zum Autor | |
APS - Lehramt (VS - HS - PL 1970, 1975, 1976), zertifizierter Schülerberater (1975) und Schulentwicklungsberater (1999), Mitglied der Lehramtsprüfungskommission für die APS beim Landesschulrat für Tirol (1993-2002)
Absolvent Höhere Bundeslehranstalt für alpenländische Landwirtschaft Ursprung - Klessheim/ Reifeprüfung, Maturantenlehrgang der Lehrerbildungsanstalt Innsbruck/ Reifeprüfung - Studium Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985), 1. Lehrgang Ökumene - Kardinal König Akademie/ Wien/ Zertifizierung (2006); 10. Universitätslehrgang Politische Bildung/ Universität Salzburg - Klagenfurt/ MSc (2008), Weiterbildungsakademie Österreich/ Wien/ Diplome (2010), 6. Universitätslehrgang Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/ Diplom (2012), 4. Interner Lehrgang Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg/ Zertifizierung (2016) - Fernstudium Grundkurs Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium, Comenius - Institut Münster/ Zertifizierung (2018), Fernstudium Nachhaltige Entwicklung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium, Comenius - Institut Münster/ Zertifizierung (2020)
Lehrbeauftragter Institut für Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft/ Universität Wien/ Berufspädagogik - Vorberufliche Bildung VO - SE (1990-2011), Fachbereich Geschichte/ Universität Salzburg/ Lehramt Geschichte - Sozialkunde - Politische Bildung - SE Didaktik der Politischen Bildung (2026-2017)
Mitglied der Bildungskommission der Evangelischen Kirche Österreich (2000-2011), stv. Leiter des Evangelischen Bildungswerks Tirol (2004 - 2009, 2017 - 2019) - Kursleiter der VHSn Salzburg Zell/ See, Saalfelden und Stadt Salzburg/ "Freude an Bildung" - Politische Bildung (2012 - 2019) und VHS Tirol/ Grundkurs Politische Bildung (2024)
MAIL dichatschek (AT) kitz.net
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