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Erwachsenenbildung in der Volkshochschule

Erwachsenenbildung in der Volkshochschule    

Theorie, Praxis und Weiterbildung    

Günther Dichatschek

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Erwachsenenbildung in der Volkshochschule   
Theorie, Praxis und Weiterbildung   
Vorbemerkung   
1 Einleitende Bemerkungen   
2 Erwachsenenpädagogik im nationalen Bereich   
2.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen   
2.2 Ziele und Zielkonflikte   
Kernauftrag - Konsequenzen   
Persönliche Fragen zur Weiterbildung   
2.3 Institution, Organisation und Organisationswandel   
2.4 Persönliche Arbeiten und Veranstaltungen   
2.4.1 Führung von ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen(Diplom "Bildungsmanagement"/wba) - Kurzzusammenfassung der schriftlichen Arbeit   
2.4.2 Vorberufliche Bildung in der Erwachsenenbildung (Diplom "Lehren-Gruppenleitung-Trainung"/wba) - Kurzzusammenfassung der schriftlichen Arbeit   
2.4.3 Politische Bildung - Migration/Vortrag bzw. Gespräch Evangelische Hochschulgemeinde Klagenfurt (2009) - VHS Zell/See "Freude am Lernen" (2011-2013)   
2.4.3.1 Politische Bildung   
2.4.3.2 Migration   
2.4.4 Österreichische Zeitgeschichte - VHS Zell/See   
2.4.4.1 Erste Republik 1918 - 1938   
2.4.4.2 Nationalsozialismus 1938-1945   
2.4.4.3 Zweite Republik 1945 - 1995   
Besatzungszeit 1945-1955   
Große Koalition 1955 - 1966   
Alleinregierung ÖVP 1966-1970   
Alleinregierung SPÖ 1970-1983   
Koalitionsregierungen 1983-1994   
Volksabstimmung - Mitgliedschaft in der Europäischen Union 1994-1995   
2.4.5 "Freude an Bildung": Lehrgang Politische Bildung - VHS Zell/See 2011-2013 - Zusammenfassung   
3 Bildungspolitische Aspekte für eine Erwachsenenpädagogik in der EU   
3.1 Förderungspolitische Ebene   
3.2 Nachfolgestrategie 2020   
3.3 Kritische Bemerkungen   
4 Lernen in der Erwachsenenpädagogik   
4.1 Lernfähigkeit - Lerntechniken   
4.2 Selbständiges Lernen   
4.3 Lernformen in Dokumenten der EU   
5 Lernkulturen in der Allgemeinen Erwachsenenbildung   
5.1 Theorie und Praxis   
5.2 Anfänge einer Theoriediskussion   
Anfänge   
Kant   
Humboldt   
Grundtvig   
Gesellschaftlich-antikapitalistische Bildungsarbeit   
Hohenrodter Bund   
5.3 Vergesellschaftung der Erwachsenenbildung   
Lebenslanges Lernen   
Forschungsfragen   
Forschungsziele   
5.4 Allgemeine Erwachsenenbildung und Weiterbildung   
Erwachsenenpädagogik im nationalen Bereich   
Gesellschaftliche Rahmenbedingungen   
Ziele und Zielkonflikte   
Institution, Organisation und Organisationswandel in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung   
Bildungspolitische Aspekte für eine Erwachsenenpädagogik in der EU   
5.5 Lernen in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung   
Lernfähigkeit – Lerntechniken   
Thorndike   
Houle   
Olechowski   
Lehr   
Illeris   
Holzkamp   
Negt   
Sozialisation   
Selbständiges Lernen   
Lernformen   
Verborgenes Lernen   
Lernen just in time - Netzwerke   
Störfaktoren   
5.6 Weiterbildung von Lehrenden   
Berufsfeld Weiterbildung   
Aufgreifen von Teilnehmervorstellungen   
Konzeption, Inhalte, Didaktik und Ablauf eines Weiterbildungsprojekts   
Konzeption   
Inhalte   
Lernziele   
Didaktik   
Teilnehmerorientierung   
Diskussion   
5.7 Qualifikation - Kompetenz – Bildung   
Qualifikationen   
Kompetenzen   
Bildung   
5.8 Lernen als Konstruktion von Wirklichkeit   
Konstruktivismus   
Politische Bildung   
5.9 Lernen in Netzwerken   
5.10 Biographische Didaktik   
5.11 Lernbarrieren – Lernwiderstände – Lernstörungen   
5.12 Lernen in Milieus   
Göttinger Studien   
Soziale Milieus als Konstruktion   
Inklusion - Exklusion   
Milieu-Studien   
6 Fortbildung von Lehrkräften - Erfahrung mit einem unterrichtsbezogenen Konzept   
6.1 Aufgreifen von Teilnehmervorstellungen - Weiterentwicklung   
6.2 Konzeption, Inhalte, Didaktik und Ablauf eines Fortbildungsprojekts   
6.3 Buchbesprechung   
6.4 Diskussion   
7 Ausblick   
7.1 Prozess der Professionalisierung   
7.2 Weiterbildung   
7.3 Partizipation in der Weiterbildung   
7.4 Verbindungen einer Erwachsenenpädagogik und Hochschuldidaktik   
7.5 Begrifflichkeit Erwachsenenbildung - Weiterbildung   
7.6 Buchbesprechung   
8 40 Jahre Konferenz der Erwachsenenbildung Österreich - 5 Jahre Weiterbildungsakademie, Strobl 2012   
8.1 Ziele - Aufgaben   
8.2 Entwicklungsfelder   
9 Ehrenamtlichkeit/ Freiwilligkeit in der Erwachsenenbildung - Wien 2013   
9.1 Notwendigkeit von besseren Förderstrukturen   
9.2 Freiwilligenmanagement   
9.3 Zielvoraussetzungen - Ziele   
9.4 Reflexion des Workshops   
10 Tagung "Community Education in Österreich"   
10.1 Tagung 2013   
10.2 Bildungspolitische Akzente für gemeinwesenorientierte Erwachsenenbildung   
Literaturhinweise   
IT-Autorenhinweise/Auswahl   
Fort- und Weiterbildung/Auswahl   
Zum Autor   


Vorbemerkung    


"Wer lernt, dazulernt und nicht stehen bleibt, wirkt auf andere jung - egal, ob er zwanzig oder achtzig Jahre alt ist" (Elke GRUBER 2007, 27).

"Ausbildung ohne Bildung führt zu Wissen ohne Gewissen" (Daniel GOEUDEVERT 2001, 5).


Die Auswahl und Anordnung der Themen beruhen auf persönlicher beruflicher Sozialisation und stellen persönliche Schwerpunktbildungen und Interessenslagen dar.

Die Begriffe Erwachsenenbildung und Erwachsenenpädagogik werden gerne synonym verwendet. In der Studie wird für einen pädagogischen Schwerpunkt der Begriff Erwachsenenpädagogik bevorzugt, im Bildungsmanagement eher der Begriff Erwachsenenbildung.

Basis der Beiträge und des Erkenntnisstandes ist die Literatur der Erziehungswissenschaft, Organisationsentwicklung ("Organisation und Pädagogik"), Politischen Bildung, Vorberuflichen Bildung und interdisziplinärer Ansätze, exemplarisch vom Autor in Vorberuflicher Bildung, Politischer Bildung, Bildungsmanagement, Interkultureller Kompetenz und Migration mit eigenen Arbeiten ausgeführt (vgl. LENZ 1998, SEIVERTH 2002, SCHRÖER 2004, PFÄFFLI 2005, WAHL 2006, WITTPOTH 2006, SANDER 2007, GRUBER-KASTNER-BRÜNNER-HUSS-KÖLBL 2007, SCHEMMANN 2007, NOLDA 2008, DÖRING 2008, TIPPELT-HIPPEL 2009, NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, FLEIGE 2011; DICHATSCHEK 2005 a,b, 2007, 2008 a,b,c, 2017, 2021, 2022, 2023).

Einrichtungen und Organisation müssen in einer sich ständig ändernden Gesellschaft bestehen können, um Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen durchführen zu können. Dies bedeutet eine zunehmende nationale (AT) und internationale Bedeutung (EU) des quartären Bildungsbereiches (vgl. WITTPOTH 2006, 107-173).

Der Autor bezieht sich in seinen Ausführungen auf

  • seine postgraduale Ausbildung im 10. Universitätslehrgang "Politische Bildung" / Universität Salzburg bzw. Klagenfurt/ Modul 6 "Die EU und Österreich" - 8 "Normen, Werte, geistige und weltanschauliche Grundlagen der Demokratie"/Masterstudium (vgl. DICHATSCHEK 2008a, 133-136; FLEIGE 2011, 70),
  • den 7. Universitätslehrgang "Interkulturelle Kompetenz" / Universität Salzburg/ Diplom mit einer Abschlussarbeit zur "Interkulturellen Erwachsenenbildung in der Vorberuflichen Bildung" sowie
  • seine Qualifizierung in der "Weiterbildungsakademie Österreich/ wba" , in Verbindung mit Bildungsmaßnahmen der Personalentwicklung der Universität Wien in "Change Management", "Führung und Management" und "Didaktischen Kompetenzen" und in der Folge in der Personalentwicklung der Universität Salzburg in Hochschuldidaktik sowie
  • seine jahrelange Tätigkeits- bzw. Erfahrungsbereich im Bildungsmanagement - als Mitglied der Bildungskommission der Generalsynode der Evangelischen Kirche A. und H.B. (2000-2012) und als stv. Leiter des "Evangelischen Bildungswerks in Tirol" (2004-2009, 2017-2019) bzw. als Bildungsbeirat(seit 2010) - und im Bereich von Lehren-Gruppenleitung-Training als Lehrbeauftragter der Universität Wien, Lehrerbildner und Lehrender an der Volkshochschule Zell/See konnte/kann Praxis in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung/EB/WB umgesetzt werden.
Elemente erwachsenenpädagogischer Lehre werden auch im universitären Bereich als Lehrender verwendet (vgl. WAHL 2006, 6-7).

Die Diskussion - insbesondere unter der Prämisse eines "lebensbegleitenden Lernens" - wird hochschuldidaktisch unterschiedlich bis zurückhaltend geführt. Damit wird auch unterschiedlich das Segment Weiterbildung praktiziert.

Unterschiedlich wird mitunter die Thematik von Parallelstrukturen in der Didaktik von Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung behandelt (vgl. NOLDA 2008, 15; PFÄFFLI 2005; DUMMANN-JUNG-LEXA-NIEKRENZ 2007; FLEIGE 2011, 53; BOLDER 2011, 53-66).

1 Einleitende Bemerkungen    

Erwachsenenpädagogik stellt Theorie und Praxis vor besondere Herausforderungen.

Die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden ist eine Beziehung zwischen Mündigen (vgl. FLEIGE 2011, 65). Es gibt keine Erziehung, die Adressaten*innen sind Teilnehmer*innen (vgl. SCHRÖER 2004, 9).

Zudem gibt es den Unterschied zur schulischen Bildung in der Teilnehmerorientierung, im Lehren/Lernen und Erwerb von Wissen ohne Belehrung sowie der Programmplanung, Bildungssystem-Modernisierung und Landeskultur (vgl. MEUELER 2009, 985-986; FLEIGE 2011, 11-12, 64).

Es geht um Bildung, Qualifikationen und Erwerb von Kompetenzen. Zu bedenken ist neben einer nationalen auch die internationale (EU-) Perspektive der Erwachsenenbildung (vgl. LENZ 1998, 329-342; NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010).

Die Organisation ist pluralistisch, es geht um ein Bestehen auf dem Bildungsmarkt (vgl. SCHRÖER 2004, 23). Den gesetzlichen Rahmen regelt der Staat (vgl. dazu die Überlegungen zur Weiterbildung als "gouvernementale Machtpraktik" bei NOLDA 2008, 64-66).

In Lehre-Gruppenführung-Training geht es um Bereiche der Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft (Lehren und Trainieren in der Fort- und Weiterbildung) im Rahmen des von der EU geforderten "lebensbegleitenden Lernens" in Form der Allgemeinen, Beruflichen Erwachsenenbildung und Betrieblichen Weiterbildung (vgl. NOLDA 2008, 56, 104).

Vernachlässigt wird die Politische Erwachsenenbildung (vgl. HUFER 2007) .

Damit sind komplexe Fragen im quartären Bildungssektor für Lehrende und Lernende gestellt.

2 Erwachsenenpädagogik im nationalen Bereich    

Erwachsenenbildung ist mit der Allgemeinenen EB der Volkshochschulen/ VHS, der ARGE Bildungshäuser, dem Büchereiverband und dem Ring Österreichischer Bildungswerke (mit den konfessionsgebundenen Bildungswerken) sowie der Beruflichen EB mit den großen Bildungsträgern der Sozialpartner wie dem Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung, der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft, dem Ländlichen Fortbildungsinstitut/ LFI, dem Wirtschaftsförderungsinstitut/ WIFI und dem Berufsförderungsinstitut/ bfi sowie seinen Bildungsinstitutionen - dem "Bundesinstitut für Erwachsenenbildung " und der "Weiterbildungsakademie Österreich" - Bestandteil des quartären Bildungssektors (vgl. dazu die verschiedenen Institutionen und Lernorte sowie den Lernort Betrieb bei NOLDA 2008, 104, 109-110; FLEIGE 2011, 53; SCHÄFTER 2007, 355).

Nach ZEUNER (2010) ist es Aufgabe einer Erwachsenenbildung in einer Demokratie, sachliches Verständnis der Wirklichkeit und wachsame Kritik zu bilden. Verantwortung und Kritik sollen vorgelebt werden. Eine Demokratie lebt aus dem wachsamen Mut ihrer Bürger, aus der Bereitschaft zur Opposition, zur Alternative (vgl. ZEUNER 2010, 59; BORONSKI 1986, 64).

Damit wurde die Hauptaufgabe der Erwachsenenpädagogik in einer alltags- und lebensorientierenden und Politischen Bildung gesehen. Erst mit dem Eintritt in die Europäische Union hat sich die Zielsetzung mit einer beruflichen Qualifikation erweitert, die politisch-ökonomische Dimension bleibt aktuell.

Mit der theoretischen Diskussion ist die Entwicklung eines spezifischen professionellen Bewusstseins und Handelns der in der Praxis tätigen Personen notwendig. Die verschiedenen Handlungsfelder, die unterschiedliche berufliche Primärsozialisation und die verschiedenen Arbeits- und Beschäftigungsformen erschweren bisher ein theoretisch begründetes professionelles Selbstverständnis und Handeln (vgl. ZEUNER 2010, 62).

Von Interesse sind daher die Bemühungen der Universitäten Graz und Klagenfurt sowie des Bundesinstituts für EB um eine Erwachsenenpädagogik bzw. Erwachsenenbildung sowie der Universitätslehrgang Erwachsenenbildung - Weiterbildung der Universität Klagenfurt bzw. des Bundesinstituts für Erwachsenenbildung Strobl. Der Aufgabenbereich erwachsenenpädagogischer Kompetenzerfassung und Qualifikation der Weiterbildungsakademie Österreich/ wba ist europaweit vorbildlich.

Seit den siebziger Jahren gibt es zwei fundamentale gesellschaftliche Neuerungen mit einer gesamtgesellschaftlichen Bildungsverantwortung, zum einen eine weltanschauliche Offenheit und zum anderen eine Orientierung an der Lebenswelt/ Beruflichkeit der Adressaten.

Zunehmend wird der Bereich der Beruflichen EB forciert, wobei Änderungen auf dem Arbeitsmarkt, die Nachfrage nach Qualifikationen und einem Weiterbildungsangebot eine Rolle spielen (vgl. NOLDA 2008, 33 und 48).

In der Folge kommt es zur Einbeziehung von Qualifikationslernen und Weiterbildung/ Höherqualifizierung mit beruflichen, politischen und lebensweltorientierten Bildungsaspekten, das sich in Berufs- und Persönlichkeitsbildung mit Qualifikationen und Kompetenzen (Personalkompetenz/Selbst-, Fach- und Methodenkompetenz, Sozial- und Handlungskompetenz) darstellt (vgl. HEYSE-ERPENBECK 2009).

Oskar NEGT unterscheidet aus kritischer Perspektive eher bildende Aspekte der EB mit alternativen Kompetenzen/ "gesellschaftliche Schlüsselqualifikationen" wie Identitätskompetenz, ökologische -, technologische -, historische -, Gerechtigkeitskompetenz und ökonomische Kompetenz (vgl. NEGT 1991, 11-15 und 1997, 227; LENZ 1999, 72).

Erwachsenenbildung benötigt demnach heute

  • Professionalisierungsprozesse und Weiterbildungsmaßnahmen des Weiterbildungspersonals (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 86-93; Punkt 5)
  • Profitbildung des Programmangebots und Kenntnisse von Betriebswirtschaft (vgl. BUSSE VON COLBE-COENENBERG-KAJÜTER-LINNHOFF-PELLENS 2011) sowie
  • Verbesserung der Ressourcennutzung mit Qualitätssicherung durch Kooperationen in Form von Erfahrungsaustausch, gemeinsames Marketing, Berücksichtigung der Anforderungen und Wünsche der Gesellschaft und des Trägers, der freien Mitarbeiter/innen und der Adressaten (vgl. NOLDA 2008, 117-118).
2.1 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen    

Zu den zentralen Veränderungen der demokratischen Gesellschaft gehört die Veränderung der Arbeitsgesellschaft.

  • Die Bedeutung immatrieller Arbeit wächst. Freiwilligkeit gewinnt an Bedeutung und ist insbesondere im Sozial-, Sport- und Kulturbereich nicht wegzudenken.
  • Die subjektiven Interessen der Arbeitenden gewinnen an Bedeutung.
  • Die Arbeitsverhältnisse werden zunehmend dereguliert, damit die Arbeitskräfte flexibler eingesetzt werden(können).+
  • Die klassische Form der Berufstätigkeit löst sich auf, die Bedeutung beruflicher Orientierung i.w.S. nimmt zu. SCHMIDT fasst diese Entwicklung mit der Formel zusammen: vom Produkt zum Projekt > von der Erledigung zum Erfolg > vom Schweiß zum Adrenalin (vgl. SCHMIDT 2000, 59; SCHRÖER 2004, 23).
Die bisherigen Formen von Arbeit - fixer Arbeitsplatz, Arbeitszeitregelungen, Sozialansprüche, Tariflöhne - verändern sich zu anderen Formen wie Telearbeit, mobiler Arbeitsplatz und virtuelle Büros und damit zu einer verschärften Ökonomisierung mit einer Reihe von wirtschaftlichen und sozialen Unsicherheiten. Es ist davon auszugehen, dass künftige Arbeitnehmer/innen voraussichtlich mehrere Arbeitstätigkeiten in mehreren Berufen auszuüben haben(Berufsausbildung > Startberuf > Folgeberufe > ggf. Umschulungen bzw. Folge- und Weiterbildungsmaßnahmen, geänderte Arbeits- und Berufsbedingungen). Arbeitsunterbrechungen - bei Frauen im hohen Ausmaß bereits lange schon eine gesellschaftliche Realität - werden keine Ausnahme sein (vgl. SCHMIDT 2000, 60; SCHRÖER 2004, 23; BEINKE 2006, 11-16; NOLDA 2008, 32-34). Freiwilligenarbeit und soziales Engagement mit Anerkennung werden zunehmend von Bedeutung werden. Der Wert des generationenübergreifenden Engagements mit Hilfsbereitschaft steigt (vgl. OPASCHOWSKI 2006a, 84-107).

Dies hat auf EB/WB-Einrichtungen Konsequenzen.

  • Zunächst wird ihre Rolle aufgewertet, weil Bildungsmaßnahmen in Form lebensbegleitendem Lernen künftig verstärkt notwendig sein werden. Dieses Lernen soll, so die EU-Forderung, für unterschiedliche Arbeitsmöglichkeiten fit halten, also in verlängerter erwerbsarbeitszeitfreier Zeit auf neue Beschäftigungsfelder vorbereiten (vgl. NOLDA 2008, 12-14). Dies hat für die Allgemeine EB zunächst kaum Konsequenzen.
  • Bildung wird als Dienstleistung auf einem "Bildungsmarkt" verstanden. Ökonomische, inhaltliche und methodische Konkurrenzsituationen sind vorhanden.
  • Gefragt und gefordert ist durch die Pluralisierung der Arbeitsformen und Berufsbilder, Individualisierung von Arbeitsbedingungen und geringe Halbwertzeiten berufsspezifischen Wissens eine berufliche Grundbildung.
  • Bildungseinrichtungen verändern sich durch neue Arbeitsmodelle sowie flexible Lernstile und Lernformen.
Nach TIETGENS/WEINBERG (1971) lernt man, was etwas ist, aber nicht, was es bedeutet (TIETGENS-WEINBERG 1971, 86).

KOLB (1984, 77) geht im ""experiential learning" vom

  • divergierendem Stil (Betrachtung konkreter Situationen aus unterschiedlichen Blickwinkeln/konkrete Erfahrung - reflektierendes Beobachten),
  • konvergierendem Stil (Lösen von Problemen und praktische Umsetzung/abstrakte Begriffsbildung - aktives Experimentieren) und
  • assimilierendem Stil (Entwicklung theoretischer Modelle/abstrakte Begriffsbildung - reflektierende Beobachtung)und akkomodierendem Stil(Handeln und Umsetzen von Plänen/Bereitschaft neuer Erfahrungen)aus.
Neben diesen Kennzeichen und Notwendigkeiten stellt sich das Problem der Qualitätssicherung (Qualitätsmanagement) (vgl. NOLDA 2008, 108). Anzustreben ist im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Anbieter in der EB/WB eine Zertifizierungsmöglichkeit.

Probleme bestehen ebenso in den Kompetenzanforderungen, den Tätigkeitsprofilen der Erwachsenenbildner mit unklaren Qualifikationsvoraussetzungen - man denke etwa an die Bezeichnungen Dozent, Coachs, Trainer*innen, Unternehmensberater*innen, Lehrer*innen, Berater*innen und Kursleiter*innen - und den verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen beim Personal (vgl. BEER-CREMER-MASSING 1999, 289-323; WITTPOTH 2006, 175-196; NOLDA 2008, 113; ZEUNER 2013, 82 bzw. 85-87).

2.2 Ziele und Zielkonflikte    

Aus dem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang ergibt sich eine Begründung für eine EB/WB.

  • Schulen haben eine selbstverständliche gesamtgesellschaftliche Legitimation für die Vermittlung von Allgemein- und beruflicher Bildung vorrangig im Rahmen von Schulpädagogik und Lehrerbildung(mit Vergabe eines Lehramtes). ist
  • In der EB ist die Zielsetzung und Orientierung vorrangig an gesellschaftspolitische und bildungspraktische Belangen ausgerichtet.
  • WB' orientiert sich an den weiteren Bildungswegen der Klientel, also an Höherqualifizierung.
Fort- und Weiterbildung sind die Kernaufgabe einer EB/WB, insbesonders unter EU-Bildungsaspekten geworden (LISSABON 2001).

Bezugswissenschaften sind vorrangig die Erwachsenenpädagogik/Erwachsenenpsychologie (Erwachsenenbildungswissenschaft), Soziologie, Geschichte, Berufspädagogik und Politische Bildung sowie Ökonomie (vgl. WITTPOTH 2006, 36-39; ZEUNER 2010, 55). In der konfessionellen EB spielt die Theologie/Religionspädagogik eine Rolle.

Betriebswirtschaftliche Überlegungen spielen seit der zunehmenden Ökonomisierung und Kommerzialisierung in den neunziger Jahren eine Rolle. Entsprechend kommen verstärkt Aspekte wie Professionalisierungsstrategien, Organisationsentwicklung und Bildungsmarketing zur Geltung.

Kernauftrag - Konsequenzen    

Trotz der Reichhaltigkeit des inhaltlichen Angebots und ihrer Breite - Individuum, Beruf und Gesellschaft - gibt es einen Kernauftrag.

  • Basis ist die Fortsetzung der Elementarbildung/Basisqualifikationen mit dem pädagogischen Auftrag einer (besseren) Bewältigung des Lebens- und Berufsalltags und
  • der Hinführung zu Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, wobei EU-bildungspolitisch berufliche Bildungsmaßnahmen verstärkt werden sollen.
Demnach sind drei pragmatische Konsequenzen zu ziehen:

  • EB/WB versteht sich als Zugang zu einer fort- und weiterbildungswilligen Klientel, wobei Bildung auch außerhalb tradierter Formen traditioneller Bildungsinstitutionen stattfindet (vgl. den von FLEIGE eingeführten Begriff "Angebote beigeordneter Bildung"/FLEIGE 2011, 55; die Bemühungen der EU um einen offenen Fernunterricht, formale, non-formale und informelle Bildung; WITTPOTH 2006, 110; NOLDA 2008, 105-106; NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 21, 55-57).
  • Andere Methoden und Konzepte bilden eine Herausforderung (Methodenvielfalt).
  • Themen einer EB sind dem Lernmilieu der Klientel entsprechend aufzuarbeiten.
Persönliche Fragen zur Weiterbildung    

  • Soll ich mich weiterbilden? - Wer eine Höherqualifizierung anstrebt, erweitert sein Wissen und seine Kompetenzen. Weiterbildung bereichert persönlich, das Unternehmen, den Wirtschaftsstandort und die Gesellschaft.
  • Was brauche ich? - Als Folgefrage stellt sich die Brauchbarkeit bzw. Nützlichkeit. Neben der beruflichen Notwendigkeit muss der Umfang, die Intensität und die Breite dieses Lernumfanges bzw. der Lernprozesse hinterfragt werden. Vom kostenlosen Wochenend- bzw. Abendkurs bis zum universitären Masterlehrgang über vier Semester mit entsprechender Teilnehmergebühr und Aufenthaltskosten bedarf es einer persönlichen Analyse und des potentiellen Nutzens. Fragen des Warum, der Ziele, des Fehlens von Wissen bzw. Kompetenzen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der Finanzierung sind zu beantworten.
  • Beratung und Hilfestellung? - Wenn der Bedarf und das Ziel festgelegt sind, sollte man den Bildungsmarkt beobachten. Um eine Übersichtlichkeit zu erhalten, sind Einrichtungen wie Berufsinformationszentren(BIZ/AMS), der Erwachsenenbildung und der Netzwerke von Bildungsberatung hilfreich. Universitäre bzw. hochschulmäßige Einrichtungen sollten über das Internet abgerufen werden. Die Sozialpartner verfügen über eine Bildungsberatung.
  • Welches Angebot ist für mich geeignet? - Die Qualität der Anbieter kann variieren, weshalb zusätzliche Fragen nach dem Ruf, dem Bekanntheitsgrad und den Erfahrungen auftreten können. Das Medienecho und ein Gütesiegel sind ebenso von Bedeutung. Erfahrungsgemäß ist eine persönliche Erkundung wünschenswert.
  • Welches Angebot ist richtig für mich? - Voraussetzungen, das Umfeld und die Kenntnis eigener Stärken bzw. Schwächen sind wichtig. Fragen treten immer noch auf: Welche Faktoren sind für mich wichtig? Stimmt das Preis-Leistungsverhältnis? Wie nahe ist das Angebot an meinem Wohn- bzw- Arbeitsort? Wie ist das Zeitmanagement (abends, Wochenende, Block; Module)? Wie werden die Lerninhalte vermittelt?
2.3 Institution, Organisation und Organisationswandel    

"Der neue - betriebswirtschaftliche - Blick auf Institutionen der Erwachsenenbildung sieht diese als Organisationen, d.h. als soziale Systeme, die das Verhalten ihrer Mitglieder z.B. durch Arbeitsteilung und Hierarchien auf das Verfolgen bestimmter Ziele ausrichten" (NOLDA 2008, 107).

Organisationen der EB sehen sich demnach verändernden Bedingungen ("Umwelteinflüssen") ausgesetzt. Dazu gehören etwa

  • die Faktoren der Umwelt (Infrastruktur, Gebäude),
  • Werte/Normen (Kundenorientierung),
  • gesetzliche Vorschriften (Subventionen),
  • andere soziale Systeme (Universitäten, Fachhochschulen),
  • Finanzierungsmodelle (Budgetkürzungen),
  • demographische Entwicklungen/Gesellschaftsstruktur und
  • die Adressaten (veränderte Ansprüche).
Institutionen der EB/WB stehen unter starkem Veränderungsdruck, dies betrifft etwa eine mögliche oder/und notwendige Änderung der Rechtsform, Fusionierung mit Bildungs- und Kultureinrichtung, einer Neupositionierung auf dem Bildungsmarkt oder/und einem Zusammenschluss in Netzwerken (vgl. KÜCHLER 2007, 7-29).

Mit der Einführung des Qualitätsmanagements entwickeln sich inzwischen Qualitätskonzepte auf dem Prinzip einer Selbstevaluation oder einer externen Kontrolle. Von Bedeutung ist das EFQM ("European Foundation for Quality Management")- Modell als Orientierungslinie oder sogar als handlungsanleitende Vorgabe geworden, ebenso auch die lernorientierte Qualitätstestierung (LQT) mit den Bereichen des Leitbilds, der Bedarfsanalyse, Evaluation der Bildungsprozesse, Qualität des Lehrens und der Lerninfrastruktur, der Führung/Leitung/Entscheidung, Personalentwicklung, Controlling, den Geschäftsbedingungen und Kundenkommunikation, der Angebotsinformation und den strategischen Entwicklungszielen. Das Modell dient weniger einer Lernkontrolle, vielmehr der Organisationsentwicklung, also Lernprozesse selbstgesteuert zu vollziehen (vgl. EHSES/HEINEN-TENRICH/ZECH 2001, 32; ZECH 2003; NOLDA 2008, 108).

2.4 Persönliche Arbeiten und Veranstaltungen    

2.4.1 Führung von ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen(Diplom "Bildungsmanagement"/wba) - Kurzzusammenfassung der schriftlichen Arbeit    

Im Jahre 2004 wurde der Autor anlässlich der Reaktivierung eines Bildungswerks in den Vorstand gewählt und nahm seit diesem Zeitpunkt bis 2009 die stellvertretende Leitung eines kirchlichen Bildungswerks ein.

Der 10. Universitätslehrgang Politische Bildung der Universität Salzburg in Verbindung mit den Zusatzseminaren der Universität Klagenfurt/ Masterabschluss (2006-2008), der 1. Lehrgang Ökumene der Kardinal König-Akademie Wien (2006-2007) und die Auseinandersetzung mit Aus- und Weiterbildung im Rahmen des Lehrauftrages "Vorberufliche Bildung" am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien sowie die Angebote der Personalentwicklung der Universität Wien (Change Management - Führung und Management) waren Anlass, sich mit einer ehrenamtlichen Berufsrolle intensiv auseinanderzusetzen.

Ziel der Fallstudie ist es, die persönliche Führungsrolle und den Führungsstil im Vorstand zu hinterfragen. Von Interesse ist die Ehrenamtlichkeit, die im Unterschied zum universitären Lehrauftrag in unterschiedlicher Art und Weise in der EB eines kirchlichen Bildungswerks den Autor beschäftigt.

Die Fallstudie zeigt in verschiedenen Schritten auf, welche Bedürfnisse ehrenamtliche Mitarbeiter*innen haben und wie diese durch Leistungs-, Struktur- und Organisationsmaßnahmen in einem kleinen Bildungswerk mit geringen materiellen Ressourcen angemessen abgedeckt werden sollen.

Die reflexive Auseinandersetzung, insbesondere bezogen auf die eigene Rollengestaltung, bildet den wesentlichen Bestandteil der Fallstudie, wobei die Durchführung und Auswertung von Mitarbeiter/innen-Gesprächen Hinweise auf die professionelle Gestaltung der Führungsrolle von Bildungsmanagern gibt.

Literaturhinweise/Auswahl:

Beher K.-Liebig R.-Rauschenbach Th. (2000): Strukturwandel des Ehrenamts. Gemeinwohlorientierung im Modernisierungsprozess, Weinheim-München

Breit-Keßler S./Vorländer M. (2008): Ehrenamtliche in der Kirche. Wiederentdeckung-Zusammenarbeit-Begleitung, in: AMT und GEMEINDE, Heft 11/12 2008, 227-237

Dichatschek G. (2005a): Evangelisches Bildungswerk neu organisiert, in: SAAT Nr. 2, 20. Februar 2005, 6

Dichatschek G. (2005b): Theorie und Praxis evangelischer Erwachsenenbildung, in: AMT und GEMEINDE, Heft 7/8 2005, 126-130

Höher F.-Höher P. (1999): Handbuch Führungspraxis Kirche. Entwickeln-Leiten-Moderieren in zukunftsorientierten Gemeinden, Gütersloh

Müller U.-Schweizer G.-Wippermann S. (Hrsg.) (2008): Visionen entwickeln. Bildungsprozesse wirksam steuern. Führung professionell gestalten - Dokumentation zum Masterstudiengang Bildungsmanagement der Landesstiftung Baden-Württemberg, Bielefeld

Studie: Schlechter Umgang mit Personal wird toleriert

Das Thema Personalführung wird von deutschen Chefs klar unterschätzt. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der Hochschule Osnabrück. Das Thema Führung gleicht häufig einem bloßen Lippenbekenntnis. Nicht selten wird schlechtes Führungsverhalten der oberen Führungskräfte sogar wissentlich von der Leitung geduldet, sofern das operative Ergebnis stimmt (vgl. STEINERT-HALSTRUP 2011, 38-41).

Nach Carsten STEINERT/ Dominik HALSTRUP ist der Stellenwert der Personalführung gering. Eine Folge seien "innere Kündigungen" von Mitarbeitern*innen, was für Unternehmen mit hohen Kosten verbunden sei.

Zwischen Oktober und November 2010 hatten STEINERT und HALSTRUP Entscheidungsträger von 118 deutschen Unternehmen mit mehr als 400 Mitarbeitern befragt. In der Studie sind Dienstleister (32 Prozent) ebenso wie Unternehmen aus den Bereichen Finanzen und Beratung (17 Prozent), Industrie und produzierendes Gewerbe (41 Prozent) und Handel (8 Prozent) berücksichtigt.

Internethinweis: http://www.orf.at/stories/2073795

Literaturhinweis: Steinert C.-Halstrup D. (2011): Schlechte Führung wird toleriert, wenn die Zahlen stimmen. Stellenwert der Personalführung in deutschen Unternehmen, in: Personalführung - Das Fachmagazin für Personalverantwortliche, Ausgabe 07/2011, 38-41

Studie: Frauen in Führungspositionen

Führen Frauen schlechter oder besser? Ist die Akzeptanz gegeben, wie geht man in Führungsetagen damit um? Diese und andere Fragen, mit denen sich die Wissenschaft umfassend befasst hat, zeigen an, dass es keine einfachen Antworten darauf gibt. Das Haupthindernis für Frauen auf ihrem Weg in Führungspositionen liegt nach MÖLDERS/VAN QUAQUEBEKE (2011) vor allem in den Köpfen aller Beteiligten, denn der mentale Prototyp der Führungskraft ist nach wie vor der Mann.

Literaturhinweis: Mölders Chr.-Van Quaquebeke N. (2011): Frauen in Führungspositionen. Prototypen von Führung hinterfragen, in: Personalführung - Das Fachmagazin für Personalverantwortliche, Ausgabe 07/2011, 42-47

2.4.2 Vorberufliche Bildung in der Erwachsenenbildung (Diplom "Lehren-Gruppenleitung-Trainung"/wba) - Kurzzusammenfassung der schriftlichen Arbeit    

Der Schwerpunkt der Arbeit sind didaktische und methodische Aspekte der Vorberuflichen Bildung in der EB in Verbindung mit berufswahltheoretischen Überlegungen.

Vorberufliche Bildung - definiert als Orientierung über berufliche Bildung und die Arbeits- und Berufswelt (Berufswahltheorien; Schul-, Studien- und Berufswahl/Unterricht - Realbegegnungen - Beratung; Einführung in die Arbeitswelt; Randgruppen, Migration; Arbeitslosigkeit) - ist als Teil der Berufspädagogik und Politischen Bildung der EB verpflichtet. Angelpunkt aller (berufs-) pädagogischen Bemühungen sind die Orientierungslosigkeit Heranwachsender und Eltern, Umzuschulender und Arbeitsloser und die notwendigen Hilfestellungen, in Verbindung mit Kooperationsmodellen des AMS und der Sozialpartner in Form eines regionalen Netzwerkes.

Der Kurs/Lehrgang ist variabel gestaltet. Die Teilnehmer/innen werden ständig in aktive Rollen versetzt, teils allein, teils in Gruppen, teils mit Hilfestellungen und/oder Medien. Hauptaufgabe ist das Einbringen einer regionalen Bezogenheit. EB hat nach heutigem Verständnis die von der EU eingeforderte zusätzliche Berufsorientierung in Form "lebensbegleitendem Lernen" zu praktizieren. Die Themen werden mit den Klienten festgelegt. Entsprechend ist ihre Aktualität, Hilfestellung und Realisierung auf die Adressaten abgestimmt.

Die drei Elemente "Berufswahl/Berufsfeld", "Berufliche Grundbildung/Berufskunde (Grundbegriffe, Realbegegnungen)" und "Vorberufliche Sozialisation (Elternhaus, Familie, Freundes-/Kollegenkreis; Unterricht - Beratung)" verlangen eine situationsspezifische Handhabung. Dazu dient das didaktisch-methodische Repertoire vorberuflicher Bildung.

Ohne eine Kooperation mit dem AMS und den Sozialpartnern sowie den Bildungsinstitutionen der Sekundarstufe II (BS; BMS, BHS) ist der Kurs nicht durchführbar.

Das Leistungs- und Förderprinzip ergänzen in der Vorberuflichen Bildung einander. Damit wird auch dem diakonischen Prinzip evangelischer EB Rechnung getragen.

Literaturhinweis/Auswahl:

Beinke L.(2006): Berufswahl und ihre Rahmenbedingungen. Entscheidungen im Netzwerk der Interessen, Frankfurt/M.-Berlin-Bern-Bruxelles-New York-Oxford-Wien

Decker F. (1981): Berufswahl, Berufsvorbereitung und Berufsberatung im Unterricht. Ein Handbuch zur Didaktik der vorberuflichen Bildung und beruflichen Grundbildung, Braunschweig

Dichatschek G. (2008a): Aspekte der vorberuflichen Bildung in Schule und Hochschule, in: Erziehung und Unterricht 5-6/2008, 445-451

Dichatschek G.( 2008b): Geschichte und Theorieansätze der politischen Bildung/Erziehung in Österreich - unter besonderer Berücksichtigung vorberuflicher Bildung/Erziehung. Master Thesis: Universitätslehrgang Master of Science - Politische Bildung, Universität Klagenfurt/Fakultät für Kulturwissenschaft

Döring K.W. (2008): Handbuch Lehren und Trainieren in der Weiterbildung, Weinheim-Basel

Klippert H. (1991): Berufswahlunterricht. Handlungsorientierte Methoden und Arbeitshilfen für Lehrer und Berufsberater, Weinheim-Basel

Ostendorf H. (2005): Steuerung des Geschlechterverhältnisses durch eine politische Institution. Die Mädchenpolitik der Berufsberatung, Opladen

2.4.3 Politische Bildung - Migration/Vortrag bzw. Gespräch Evangelische Hochschulgemeinde Klagenfurt (2009) - VHS Zell/See "Freude am Lernen" (2011-2013)    

Im Folgenden werden als Zusammenfassung die beiden Veranstaltungen dokumentiert.

2.4.3.1 Politische Bildung    

Ausgehend von der Ausgangssituation der Politischen Bildung/Erziehung in Österreich erkennt man ein Defizit im pädagogischen Standort.

Politische Bildung/Erziehung hat keine historischen Wurzeln. Im Gegensatz zu Deutschland wurden nach 1945 keine Maßnahmen für eine "re-education" gesetzt. Dies spielt eine Rolle für die späte Implementierung der Politikwissenschaft. Es fehlt auch eine Parallele zur "Bundeszentrale für politische Bildung" mit den Landeszentralen.

Als eigenständiger Fachbereich mit einer Zwischenstellung von Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft, Kulturwissenschaften, Kultur- und Sozialanthropologie/ anthropologische Migrationsforschung, Ethnologie, Ökonomie, Ökologie, Medienkunde und Politikwissenschaft wird Politische Bildung - nur bedingt - für eine Stärkung der Demokratie angesehen.

Entsprechend haben in Österreich die politischen Parteien ihre beherrschende Rolle in der politischen Sozialisation übernommen. Eine solche Politische Bildung gerät in den Verdacht der Ideologisierung oder (gar) Indoktrination.

Im Gegensatz dazu gibt es in Deutschland den "Beutelsbacher Konsens" (1976) mit den drei Grundsätzen

  • des "Überwältigungsverbotes" (kein Zwang der Meinung durch den/die Lehrenden)
  • des "Kontroversitätsgebotes" (kontroverse Sachverhalte müssen kontrovers diskutiert werden können) und
  • der "Schülerorientierung (bzw. Teilnehmer-)" (alterstufengemäß, eigene Interessenslage) (vgl. SANDER 2007, 18, 128; SCHERB 2010, 31-39).
In Österreich gibt es ab 1978/1994 einen Grundsatzerlass zur Politischen Bildung als Unterrichtsprinzip in allen Schulformen (Erlass des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 11.4.1978, Zl.33.464/6-19a/197; vgl. WOLF 1998, 45-48).

Politische Bildung hat sich mit Besonderheiten des Fachbereichs zu beschäftigen.

  • Differenzierung von politischem Alltagswissen und politischen Begriffen/Inhalten
  • Politische Sozialisation findet etwa in Familie, Schule, peer groups und Medien sowie sozialen Gruppierungen statt. Der Staat besitzt das Machtmonopol.
  • Neben dem Monopol der Macht gibt es Konflikte, Mangel an Gütern und Phänomene von Knappheit.
Der Teilbereich Politikwissenschaft hat sich mit den folgenden Dimensionen zu beschäftigen:

  • Policy: Inhalte, Wünsche, Bedürfnisse/Gestaltung - Ziele, Programme und Maßnahmen/einzelne Politiken (Gesundheit, Soziales, Verkehr, Landwirtschaft...)
  • Politics: Beschreibung der politischen Prozesse, Prozeduren, Willensbildungen und Entscheidungsprozesse - Arten der Konfliktanstrengungen - Konsensbildungen, Kampf um Macht; Schlüsselfrage: Welche Akteure stehen im Mittelpunkt? Welche Mitwirkungschancen, Konfliktlinien und Interessenslagen sind vorhanden?
  • Polity: beschreibt die formale Dimension (Verfassung und Institutionen sowie Normen und Werte); Schlüsselfrage: Welche Gesetze und Institutionen mit welchen Kompetenzen spielen eine Rolle?
Fallen von Politischer Bildung sind in der Schule die Kombination des Fachbereiches mit anderen Fächern (etwa Geschichte-Sozialkunde und Geographie-Wirtschaftskunde/Schulautonomie) sowie die Stellung als Unterrichtsprinzip.

Nur in der Polytechnischen Schule/ APS und Berufsschule/ BPS ist Politische Bildung ein eigenständiges Fach.

An der Universität Wien gab es ein Department für Politische Bildung (bis 2012) sowie ein Didaktikzentrum sowie in der Unterrichtsverwaltung im zuständigen Bundesministerium eine Abteilung und das zentrum polis mit der Aufgabe der Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien.

In der Erwachsenenpädagogik wird Politische Bildung als Lehraufgabe benannt, aber unverbindlich praktiziert.

In der Didaktik gibt es die

  • Wissensfalle mit der Vermittlung von reinem Wissen, womit der Problemgehalt von Politik verschwindet.
  • Moralfalle mit Politischer Bildung als "Schwafelfach", wobei die Gefahr einer moralische Sichtweise mit dem Hang zu Personalisierung und Skandalisierung sowie einem Trend zur Empörung statt Analyse gegeben ist.
  • Kontextfalle mit dem Verschwínden des Problemgehaltes. Vorrangig ist eine Beurteilung durch Fachwissen und die
  • Parallelisierungsfalle mit Erfahrungen und Deutungen aus dem Alltag und dem Mangel an der Möglichkeit des Hinterfragens.
Kompetenzen der Lehrenden wären demnach eine Urteils- und Handlungsfähigkeit mit Kenntnis von fachspezifischer Methodik/ Didaktik sowie der Fach-, Personal-, Sozial-, Handlungs- und Urteilskompetenz.

Fachwissen und Fachdidaktik bedingen sich gegenseitig und benötigen fachwissenschaftliche Elemente, etwa aus der Politikwissenschaft, Medienwissenschaft, Zeitgeschichte, Ökonomie, Umweltkunde, Gesundheitswissenschaft und Bildungswissenschaft (Methodik-Didaktik).

Lehrende müssen ihr Wissen interdisziplinär verbinden können, auf aktuelle Fragestellungen und Problemlagen anwenden können, damit die konkrete Lebensrealität der Lernenden angesprochen werden kann (vgl. SANDER 2007).

Demokratie braucht Politische Bildung. Demokraten werden nicht geboren. Demokratie lebt von Mitbestimmung und Mitverantwortung.

Politische Bildung hat die Aufgabe, entsprechende Kompetenzen zu vermitteln: kognitiv das Fachwissen, affektiv Einstellungen und Einsichten und pragmatisch Verhaltensweisen zu erziehen ("civic education"/EU), um zu einem verantwortungsvollen Handeln zu führen.

Ziel ist der/die mündige Bürger/in, pragmatisch wird man wohl von politischem Interesse sprechen müssen.

Literaturhinweis/Auswahl:

Esterl U.- Wintersteiner W. (Hrsg.) (2008): Politische Bildung, Heft 4/2008, 32. Jahrgang, Innsbruck-Wien-Bozen

Sander W. (Hrsg.) (2007): Handbuch politische Bildung. Lizensausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 476, Bonn

Wolf A. (Hrsg.) (1998): Der lange Anfang. 20 Jahre "Politische Bildung an den Schulen", Wien

2.4.3.2 Migration    

Hintergrund einer Bearbeitung der Migrantenproblematik ist

  • die Vermeidung von Gewaltphänomenen,
  • die Förderung einer zeitgemäßen gesellschaftlichen Integration mit einer Bearbeitung kulturell-religiöser Aspekte unter Beachtung migrationspädagogischen Elemente und
  • Hinweise für bildungspolitische Konsequenzen.
Österreich hat eine lange Tradition im Zusammenleben verschiedener Ethnien. Wien ist historisch multikulturell. Benötigt wird ein Einwanderungskonzept auf nationaler und EU-Basis.

Nach 1945 kam es zu bedeutenden Migrationsbewegungen in Österreich mit Flüchtlingen auf Grund des Zweiten Weltkrieges, 1956 den Ungarnflüchtlingen, 1964 der Anwerbung türkischer und 1966 der Anwerbung jugoslawischer Arbeitskräfte, 1968 Flüchtlingen des "Prager Frühlings", 1980 Flüchtlingen der Aufstände in Polen und letztlich dem Versuch einer gesetzlichen Regelung 1976 mit dem Ausländer-Beschäftigungsgesetz und 1989/90 der Einreise-Einzugsregelung/TU-YU.

Entsprechend spricht man von einer 1. Generation ("Gastarbeiter"), einer 2. Generation, einer "between"-Generation(Kinder/Jugendliche, die während der Schul- bzw. Ausbildungszeit nach Österreich kamen) und einer 3. Generation (Kinder der 2. Generation).

Unter religiös-kulturellen Aspekten entstanden christliche Migrationsgemeinschaften, hauptsächlich in Wien: ca.30 fremdsprachige katholische Gemeinden und serbisch-orthodoxe, russisch-orthodoxe, koptische, syrisch-orthodoxe sowie äthiopisch-orthodoxe Gemeinden. Nach Artikel 25 Kirchenverfassung i.d.g.F. kommt es zur Bildung von "Personalgemeinden" in der Evangelischen Kirche (u.a. Koreanische -, Finnische -, Schwedische -, Ungarische -, Ghanaische -, Japanische -, Taiwanesische- und Afrikaans Evangelische Gemeinde).

1912 kam es zu einem eigenen Islamgesetz, 1979 zur Gründung der "Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich/IGiÖ" und 1989 zur Anerkennung der Sunnitischen und Schiitischen Rechtsschulen durch den Obersten Gerichtshof. In Österreich gibt es über 150 Moscheen/Gebetsstätten, zumeist als "Kulturvereine" organisiert. Durch die staatliche Anerkennung gibt es islamische Bildungseinrichtungen mit konfessionellem Status (und staatlicher Schulaufsicht).

Mit der Diskussion um die Aufnahme der Türkei in die EU ist der Islam öffentlich in das Interesse gerückt (vgl. die Kopftuch-Debatte ohne Relevanz in Österreich, Parallelgesellschaften im EU-Vergleich in Österreich unauffällig). Bezeichnend ist die Unwissenheit über Islam/Koran auf Seiten der Nicht-Muslims, auf Seiten der Muslims das Desinteresse an der Religion/Weltanschauung? der österreichischen Wohnbevölkerung.

Nur in der Schule gibt es eine geregelte Sprachpolitik in Form von "Deutsch als Zweitsprache", "Muttersprachlichem Unterricht"/ Bikulturalität und dem Unterrichtsprinzip "Interkulturelles Lernen". Eine Sprachförderung für Migrationskinder mit Eltern wurde im Bundesland Vorarlberg begonnen.

Eine spezifische Beratung für Migrantinnen und Migranten gibt es in Wien und den Landeshauptstädten (mit Mädchenberatung). In ländlichen Regionen versucht das Arbeitsmarktservice/ AMS mit gezielter Beratung zu helfen.

Das pädagogische Prinzip der Transkulturalität betont im Gegensatz zur Interkulturalität - mit dem Kennzeichen der Betonung von Differenzen/ Unterscheidungen - Gemeinsamkeiten, Anschlussmöglichkeiten und Fremdverstehen. Der Terminus bezeichnet eine Kulturgrenzen überschreitende Kooperation und Gestaltung von EB/WB.

Transkulturalität kann demnach sowohl Kennzeichen transnationaler Staatenbünde als auch benachbarter Regionen oder verschiedenster Bevölkerungsgruppen innerhalb einer nationalstaatlichen Gesellschaft/Minderheit sein. Von Bedeutung ist die heutige Durchmischung von Kulturformen unterschiedlicher Landeskulturen. Ziel ist ein Erreichen einer entsprechenden Handlungskompetenz für das Individuum (vgl. WELSCH 1997, 67-90; DATTA 2005; ROBAK 2009, 138; ESS 2010; FLEIGE 2009, 170 und 2011, 49). Transkulturelle Kompetenz gewinnt angesichts der laufenden Pluralisierungsprozesse an Bedeutung. Kulturelle Vielfalt, unterschiedliche Werte und Normen bedürfen qualifizierter Basisqualifikationen, also eines Fachwissens, einer geordneten Lebens- und Erfahrungswelt, einer Motivation und der Einbeziehung persönlicher Interessen

Der Wert von Bildung steigt zunehmend in der Gesellschaft, d.h. schulische und berufliche (Aus-) Bildung entscheidet über die Lebensqualität. Vorberufliche Bildung/Erziehung ("Berufsorientierung") mit Unterricht, Realbegegnungen und Beratung sind Lebenshilfen und Lebensberatung. Die Studie "Analyse der Kunden*innen-Gruppe/ Jugendliche mit Migrationshintergrund am Wiener AMS Jugendliche" (AMS Wien 2007) weist auf ein Überdenken der bisherigen Maßnahmen hin. So stammen 66 Prozent der arbeitslosen Heranwachsenden aus Zuwandererfamilien. Große Nachteile durch Sprachdefizite hat die zweite Generation. Die Deutsch-Noten stimmen nicht mit den tatsächlichen Sprachkenntnissen überein. Äußerliche Merkmale diskriminieren Heranwachsende bei der Kontaktaufnahme mit künftigen Arbeitsgebern. Traditionsbewusste Migrantenvereine hemmen mitunter bei der Laufbahnplanung (Mädchen). Eltern (wie Kinder) haben mitunter ein niedriges Bildungsniveau. Notwendig ist eine zusätzliche Ausbildung/ Schulung für AMS-Mitarbeiter/innen.

Vorberufliche Bildung für Migranten benötigt Migranten*innen als Berater*innen, mehrsprachige Folder/ Filme und Netzwerke für Migranten. Folgerungen wären etwa eine Stärkung der Ressourcen bei der Ausbildung, im Beruf, in Familien, Nutzung der Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit und Karriereplanung, Aufbau von Jugendaktivitäten mit inter-ethnischen Freundschaften und einer realistischen Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten wie Ethnie-Kultur, Religion und Nationalität.

Ebenso notwendig ist ein Abbau von Sprachbarrieren, Erkennen gemeinsamer Interessen/ "Transferstellen", Strategien von Ausgrenzungserfahrungen/Abbau von Rassismus, der Respekt von Unterschieden und letztlich eine Aufwertung der Migrationspädagogik (vgl. PRIEL 2001, 2006; MECHERIL 2004; GÖHLICH 2006).

Literaturhinweis/Auswahl:

Amt und Gemeinde (2010): Schwerpunktnummer "Migration einst und heute", Heft 3/2010

Aslan E .(Hrsg.) (2009): Islamische Erziehung in Europa, Kap. "Muslime in Österreich und das Modell Österreich", Wien-Köln-Weimar, 325-350

Boss-Nünning U./Karakasoglu Y. (2005): Viele Welten leben. Zur Lebenssituation von Mädchen und jungen Frauen mit Migrationshintergrund, Münster-New York-München-Berlin

Datta A. (Hrsg.) (2005): Transkulturalität und Identität. Bildungsprozesse zwischen Exklusion und Inklusion, Frankfurt/M.

Dichatschek G. (2023): Grundwissen Migration. Theorie und Konzeption einer Migrationsgesellschaft im Kontext Politischer Bildung, Saarbrücken

Eß O. (Hrsg.) (2010): Das Andere lehren. Handbuch zur Lehre Interkultureller Handlungskompetenz, Münster-New York-München-Berlin

Fischer V.-Springer M. (Hrsg.) (2011): Handbuch Migration und Familie. Grundlagen für die Soziale Arbeit mit Familien, Schwalbach/Ts.

Hempelmann R. (Hrsg.)(2006): Leben zwischen den Welten. Migrationsgemeinschaften in Europa, EZW-Texte Nr. 187/2006, Berlin

2.4.4 Österreichische Zeitgeschichte - VHS Zell/See    

Die VHS-Veranstaltung "Österreichische Zeitgeschichte"/Kurs "Freude an Bildung" versteht sich als Beitrag zur Politischen Bildung in der Erwachsenenpädagogik.

Die Aktualität des Zeitabschnitts mit den Eckpunkten 1918 (Erste Republik), 1938/1939 (Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg), 1945 (Zweite Republik, Besatzungszeit), 1955 (Staatsvertrag, Neutralität) und 1995 (EU-Beitritt) - exemplarisch aufbereitet - ergibt den Wunsch der Teilnehmer*innen zu dieser Veranstaltung, die als Ziel ein besseres Verständnis für die jüngste Epoche der österreichischen Geschichte mit ihren politischen Abläufen entwickeln will.

Der Text dient als Beispiel einer exemplarischen Informationsgrundlage für die Adressaten.

2.4.4.1 Erste Republik 1918 - 1938    

Mit der Ausrufung der Republik Deutschösterreich 1918 und dem Verzicht Kaiser Karl I. kam es zu einer Konzentrationsregierung unter Karl Renner. Ein Anschluss an das Deutsche Reich wurde von der Pariser Friedenskommission untersagt.

Als erste parlamentarische Bundesverfassung 1920 regelte das Gesetzeswerk die demokratischen Abläufe in der Republik (Gewaltenteilung/ Gesetzgebung-Verwaltung-Rechtssprechung).

Als wesentlicher Einschnitt in die Entwicklung der Ersten Republik gilt der Friedensvertrag von St. Germain 1919 (Verlust des Großteils der Gebiete der Monarchie, Kriegsschulden, Burgenland an Österreich, Kärtner Volksabstimmung/Abwehrkampf - wirtschaftliche Probleme, Hunger, Kohlenmangel, Arbeitslosigkeit, Spannungen innerhalb der Parteien).

Mit der Aufnahme in den Völkerbund 1920 und der Völkerbundanleihe (mit internationaler Finanzkontrolle bis 1926/Krone-Kreuzer) war eine Sanierung der Wirtschaft möglich (Bau von Wasserkraftwerken, Straßenbauten, Elektrifizierung der Eisenbahn, sozialer Wohnbau/Wien, Produktionserhöhungen in Industrie und Landwirtschaft, Fremdenverkehr als Devisenbringer, Wiener Messe und Export von Fertigwaren). Die Schilling-Währung wird 1924 eingeführt.

Dennoch war die Wirtschaft schweren Belastungen ausgesetzt (Entlassung von 100 000 Beamten, Devisenaufnahme für Bahn-Kohle).

Beachtlich war die Sozialgesetzgebung (8 Stunden-Tag, Betriebsräte, Arbeitslosenversicherung und Altersversorgung, Mieterschutz; Beschäftigungsgesetze für Arbeiter und Angestellte, Hausgehilfinnen und Invaliden; Mutterberatungsstellen, Schulzahnkliniken, Fürsorgestellen, Sportanlagen, Bäder und Kindergärten).

Wien als Metropole und Österreich waren Zentrum von Kunst, Bildung und Wissenschaft (Burgtheater, Oper, Salzburger Festspiele - Landsteiner/Blutgruppen, Schrödinger/Physik, Wagner-Jauregg/Medizin, Glöckel/Schulreform).

Die Volksbildungsarbeit wurde durch die Volkshochschulen und Volksbüchereien weiten Kreisen der Bevölkerung zugänglich.

Landwirtschaftliche Berufsschulen wurden eingeführt.

Die Gegensätze zwischen den Parteien verschärften sich von Jahr zu Jahr. Bewaffnete Wehrverbände (Schutzbund vs. Heimwehr). Das "Linzer Programm", der Austromarxismus und Austrofaschismus kennzeichnen die Lage. Der Freispruch im "Schattendorfer Prozess" hatte als Folge den Brand des Justizpalastes und die Juli-Revolte 1927.

Mit der Änderung der Bundesverfassung 1929 wurden dem Bundespräsidenten mehr Anerkennung und Rechte eingeräumt (Direktwahl, Ernennung der Bundesregierung, Auflösung des Parlaments, Ausschreibung von Neuwahlen).

Die Weltwirtschaftskrise 1929 brachte neue Schwierigkeiten (hohe Arbeitslosigkeit, Zusammenbruch von Fabriken, hohe Zahl von nicht unterstützten Personen/"Ausgesteuerte", Zusammenbruch der CA 1931).

Die Haager Konferenz 1930 brachte Österreich die Befreiung von Reparationspflichten, den Forderungen der Nachfolgestaaten und dem Generalpfandrecht. Im Vertrag von Lausanne 1932 kam es zu einer neuen Völkerbundanleihe.

Der Versuch einer Zollunion mit Deutschland 1931 scheiterte am Einsprüchen von F, I und der CZ.

1933 kommt es zum Rücktritt der drei Nationalratspräsidenten. Damit war die parlamentarische Demokratie der Ersten Republik beendet, Dollfuß verhindert ein Zusammentreten des Nationalrates und regiert auf Grund des "kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes" autoritär mit Hilfe von Regierungsverordnungen.

Die NSDAP, die KPÖ, der Schutzbund und Steirische Heimatschutz wurden verboten. Die Vaterländische Front wurde gegründet. Bei einer Durchsuchung des Linzer Schutzbund-Heimes durch Polizei und Heimwehr kommt es im Februar 1934 zu Kämpfen (in der Folge Bürgerkrieg/Februarkämpfe).

1934 ruft Dollfuß in der Maiverfassung den "Christlichen deutschen Bundesstaat Österreich auf berufsständischer Grundlage" aus. Die Vaterländische Front wird "alleiniger Träger der politischen Willensbildung", gesetzgebende Körperschaften sind nunmehr ein Staatsrat, Bundeskulturrat, Bundeswirtschaftsrat und Länderrat ("Ständestaat").

Im Zeichen einer Gefahr des Nationalsozialismus für Österreich erlässt 1933 Deutschland die "1000 Mark-Sperre", eine Welle von Sabotageakten und Terror der NSDAP setzt in Österreich ein.

Beim misslungenen Putschversuch der NS 1934 wird Bundeskanzler Dollfuß ermordet ("Juliputsch"). Die Eigenstaatlichkeit Österreichs wird in den "Römischen Protokollen" fixiert (Dreimächte-Garantie von GB, I und F). 1936 verpflichtet sich bereits Österreich im österreichisch-deutschen Verständigungsabkommen zu einer "Außenpolitik als zweiter deutscher Staat" ("Juliabkommen").

1936 löst Kurt Schuschnigg als Nachfolger von Dollfuß alle Wehrverbände auf, ein Gesetz über die Einführung der allgemeinen Dienstpflicht gibt es nunmehr. Es entsteht die "Achse Berlin-Rom". Beim Treffen Hitler-Schuschnigg 1938 in Berchtesgaden droht Hitler mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich (Forderung nach Amnestie für verhaftete NS-Personen, Aufnahme von NS-Ministern in die Regierung).

Hitlers Ultimaten - als Antwort auf einen Aufruf Schuschniggs zu einem Volksentscheid - beugt sich Österreichs Regierung. Schuschnigg verzichtet auf Widerstand, tritt zurück und übergibt die Regierung dem von Deutschland bestimmten NS Arthur Seyß-Inquart. Es folgt der Einmarsch deutscher Truppen in der Nacht vom 11.-12.3. 1938, einen Tag später verkündet Hitler in Linz die "Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich". Bundespräsident Wilhelm Miklas muss abdanken. Die Garantiemächte und der Völkerbund schweigen, lediglich Mexiko protestiert.

Literaturhinweis/Auswahl

Weinzierl E.-Skalnik K. (Hrsg.) (1983): Österreich 1918-1938, 2 Bd., Graz-Wien-Köln

2.4.4.2 Nationalsozialismus 1938-1945    

1918 nannte sich die 1904 in der Tschechei gegründete "Deutsche Arbeiterpartei" DNSDAP (Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei). Die Bezeichnung "sozialistisch" sollte zur bürgerlichen deutschnationalen Bewegung abgrenzen.

1919 hatte die Partei im Salzburger Landtag 2 Mandate. Ab 1920 führte man das Hakenkreuz als Zeichen und nahm Kontakte zur Münchner Partei auf. Nach einer Spaltung der österreichischen DNSDAP 1924 in den "Deutschsozialen Verein" und die "Schutzgruppe" wurde 1926 die NSDAP(Hitlerbewegung) neu gegründet, die sich der Partei in Deutschland unterordnete. Ab 1927 wurde in jedem Bundesland ein Gauleiter bestellt.

1932 errang die Partei bereits bei Landtags-/Gemeinderatswahlen in Wien, NÖ und Salzburg Erfolge (Wien 15, NÖ 8, Salzburg 6 Mandate). Durch das Verbot 1933 ging die NSDAP in die Illegalität'' und versuchte durch Sabotageakte und Terror Österreich zu destabilisieren. Nach der Ermordung von Dollfuß 1934/ "Juliputsch" wurde aus geflüchteten NSen in Deutschland die "Österreichische Legion" gebildet.

Die "1000 Mark-Sperre" wurde 1935 gemildert (Franz v. Papen), die illegale NSDAP war jedoch der stärkste Gegner des Ständestaates. In der Folge gewann die Partei vor allem bei der arbeitslosen Jugend, Akademikern und Lehrern, im Bundesheer (Berufsheer) und in der Beamtenschaft, in der Wirtschaft und auch bei Arbeitern und Bauern Anhänger. Ab 1936 war die NSDAP weitgehend legalisiert. Noch vor der staatlichen Angleichung wurde die NSDAP nach deutschem Vorbild organisiert. Straff geführte Großveranstaltungen waren üblich.

Da mit der Mitgliedschaft große Vorteile verbunden waren, stieg die Mitgliederzahl rasch. Waren rund 38 000 Illegale anerkannt, so zahlten 1938 127 056, 1942 688 478 Personen Mitgliedsbeiträge. Der NS war eine vorwiegend von Männern getragene Bewegung, nur 15 Prozent der Parteimitglieder waren Frauen. Mit den Familienangehörigen der Mitglieder umfasste sie jedoch rund 25 Prozent der Bevölkerung.

Mit Gründung der Zweiten Republik 1945 wurde die NSDAP durch Verfassungsgesetz - völkerrechtlich durch Art. 10 des Staatsvertrages - verboten. Die Mitglieder verloren das Stimmrecht, das NS-Gesetz ("Entnazifizierung") von 1946 regelte die weitere Behandlung. Eine Wiederbetätigung wurde unter Strafe gestellt.

Literaturhinweis/Auswahl

Pauley B.F. (1988): Der Weg in den Nationalsozialismus. Ursprünge und Entwicklung in Österreich, Wien

Talós E.-Hanisch E.-Neugebauer W.-Sieder R. (Hrsg.) (2000): NS-Herrschaft in Österreich, Wien

2.4.4.3 Zweite Republik 1945 - 1995    

1945-1955 Besatzungszeit

1955-1966 Fortsetzung der Großen Koalition

1966-1970 Alleinregierung der ÖVP

1970-1983 Alleinregierung der SPÖ ("Ära Kreisky")

1983-1994 Koalitionsregierungen

1994-1995 Volksabstimmung - Mitgliedschaft in der Europäischen Union

Besatzungszeit 1945-1955    

27. April 1945: Provisorische Regierung (Bundesregierung) aus SPÖ (11), ÖVP (9) und KPÖ (7), Wiedererrichtung der Republik Österreich, Verfassung von 1920/1929, Verbot der NSDAP - Rechtsüberleitung, Anerkennung zunächst nur durch die Sowjetunion - Kriegsende 7. bzw. 9. Mai 1945

Festlegung der vier Besatzungszonen/Wien - USA-GB-F anerkennen die Regierung Renner im Oktober 1945

Nationalratswahlen (1945): ÖVP (85), SPÖ (76), KPÖ (4) - BP: Karl Renner, BK: Leopold Figl

Entnazifizierung, Sicherung des Lebens (Hungerwinter 1946/47), Amnestie für NS-Minderbelastete, Flüchtlings- und Vertriebenenprobleme, erste Rückkehr von Kriegsgefangenen - Beginn des Wiederaufbaues - 1946: Südtirol-Autonomie/Gruber-De Gasperi-Abkommen - Staatsvertragsverhandlungen ohne Ergebnis (Gebietsansprüche YU) - Ablöseforderungen der Sowjetunion für deutsches Eigentum - Beginn des Kalten Krieges (Volksdemokratien in Ungarn-Tschechoslowakei) - 1949: 4. Partei in Österreich/Verband der Unabhängigen

ÖGB, Kammern/Beginn der Sozialpartnerschaft

Meinungsvielfalt/ Presse mit Lizenz der Alliierten - Wiederaufbau mit Hilfe des Marshall-Plans

Verstaatlichung der Grundstoffindustrie, Energieversorgung und Banken

Kultureller Aufbau mit Beseitigung der Kriegsschäden beim Stephansdom, Staatsoper, Burgtheater/Theater, Museen, Schulen und Universitäten - Salzburger Festspiele, Bregenzer Festspiele, Wiener Festwochen - Wiener Philharmoniker, Wiener Symphoniker

1951 Wahl von Theodor Körner als BP, 1953 Ablöse Leopold Figls durch Julius Raab als BK, Raab-Kamitz-Kurs brachte Steuersenkungen, Budget-Konsolidierung, soziale Marktwirtschaft mit Ausbau der verstaatlichten Industrie, Einsetzen des Fremdenverkehrs in den westlichen Bundesländern

1953 Tod Stalins - Abbau der Spannungen mit der sowjetischen Besatzungsmacht, Abbau der Zollkontrollen, leichter Wohlstand in Österreich

15.5.1955: Unterzeichnung des Staatsvertrages nach jahrelangen Verhandlungen, 26. 10.1955: Neutralitätserklärung (1965: Nationalfeiertag) - Aufnahme Österreichs in die UNO

Große Koalition 1955 - 1966    

1956 Beitritt Österreichs zum Europarat, Ungarnaufstand/Flüchtlingswelle, Grenzeinsatz des Bundesheeres - 1960 Beitritt zur EFTA (Europäische Freihandelsassoziation)

1961 Treffen Kennedy-Chruschtschow/Wien, Sprengstoffanschläge in Südtirol (drei Jahre später kommt es zur Erweiterung der Autonomie)

1962 Schulgesetzwerk nach Einigung auf ein Konkordat mit dem Hl. Stuhl (Einführung des 9. Pflichtschuljahres und Polytechnischen Lehrganges sowie die Umgliederung der Mittelschule in die AHS, neue APS-Lehrerbildung/Pädagogische Akademien) - Errichtung von Kulturbauten (Wiener Stadthalle, Salzburger Festspielhaus)

Veränderung der Sozialstruktur mit Folgewirkungen des Verlustes von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft (Mechanisierung - Aufnahme in Industrie und später im Dienstleistungsbereich), vermehrte Frauenerwerbstätigkeit, Zunahme der Urbanisierung, Ausbau des Sozialsystems (ASVG, neue Krankenkassen, bessere Pensionsansprüche) - große Wohnbauprojekte/Satellitenstädte, Siedlungen, Zunahme von Zweitwohnsitzen

Ende der Legislaturperiode 1965 nach Krisen in der Großen Koalition (Fall Habsburg, Bemühungen um eine kleine Koalition SPÖ-FPÖ, Olah-Krise, Fall Fußach) - 1966 absolute Mehrheit der ÖVP/Josef Klaus

Alleinregierung ÖVP 1966-1970    

Regierung BK Josef Klaus - erstmals eine Frau in einer Regierung/Grete Rehor - Bruno Kreisky wird SP-Parteivorsitzender, Distanzierung von der KPÖ - Otto Habsburg wird die Einreise gestattet.

"Koren-Plan" 1967/68 mit Steuererhöhungen - Anstieg der Studentenzahlen und Universitätsneubauten in Salzburg, Linz und Wien - Erweiterung der Universität Innsbruck - Schaffung eines staatliches Stipendienwesens

1968 Jugendkrawalle - CSSR-Krise/ "Prager Frühling"

Alleinregierung SPÖ 1970-1983    

1970 SP-Minderheitsregierung/Duldung der FPÖ- Wahlrechtsreform (Erhöhung der NR-Abgeordnetenzahl)- 1971 absolute Mehrheit der SPÖ/Alleinregierung - Gründung der Universität Klagenfurt - Wissenschaftsministerium - Übernahme der Kunsthochschule Linz durch den Bund - 1978 Erlass "Politische Bildung in den Schulen" - Förderung der Volksbildung/VHS und der Jugendkultur/Arenabewegung Wien - Landesausstellungen in fast allen Bundesländern - Dorferneuerung

Einrichtung eines Gesundheitsministeriums - Reformen im Rechtsbereich/Fristenregelung (Konflikt mit Kath. Kirche) und Familienrechtsreform

Hochkonjunktur 1970-1974 erhöht den Bedarf an Arbeitskräften - einsetzende Zuwanderung durch "Gastarbeiter" aus TU und YU - Stärkung der verstaatlichten Industrie durch Zusammenschlüsse/ÖIAG, VOEST-Alpine, VEW und ÖMV - Ausbau der Donaukraftwerke - 1978 Volksabstimmung über das AKW Zwentendorf/Verschärfung der Energieversorgung (Erdölkrise 1973/74) - Zunahme des Pendlerwesens/Motorisierung, längere Urlaube, Zweitwohnsitze

Fertigstellung der UNO-City - PLO-Büro in Wien - UN-Einsätze des Bundesheeres im Nahen Osten/ Golanhöhen - Kärntner Ortstafelkonflikt/ Volksgruppengesetz

Nahostkontakte machen Österreich zum Ziel des internationalen Terrors/ Marchegg, OPEC-Überfall, Entführung des Industriellen Palmers, Ermordung Stadtrat Nittel, Anschlag EL-Al-Maschine Flughafen Wien-Schwechat

1977 Einführung der Volksanwaltschaft - Konflikt Kreisky-Androsch, Bundesheerreform unter Lütgendorf/ Verkürzung der Wehrdienstzeit

Ansiedelung großer Unternehmen mit Hilfe von Subventionen/ Motorenwerk Wien-Aspern, Philips-Videowerk Wien-Liesing, Insolvent Eumig 1978 vernichtet Arbeitsplätze - verstärkte ausländische Konkurrenz bei der ÖIAG - Skandale machen Korruption und Kriminalität sichtbar/AKH, Wohnbau Ost, Lucona-Skandal

1980 Wahl von Rudolf Kirchschläger zum BP/80 Prozent Zustimmung

1982 Höhepunkt der Budgetkrise/Rückgang der Bauwirtschaft und Verschlechterung der Außenhandelsbilanz verstärken die Arbeitslosigkeit - Ausbau von Spitälern/hohe Kosten im Gesundheitswesen - neue Parteien "Vereinte Grüne" und "Grün-Alternative"

Koalitionsregierungen 1983-1994    

Bildung einer kleinen Koalition Sinowatz-Steger/SPÖ-FPÖ - Generationenwechsel in der SPÖ/Blecha, Zilk, Moritz, Fischer - 1984 Besetzung der Hainburger Au -weiterer Widerstand gegen Kraftwerksbauten - 1986 Reaktorkatastrophe in Tschernobyl (heute Ukraine) - Bau eines kalorischen Kraftwerks in Dürnrohr (Tullnerfeld)

Fehlspekulationen der VOEST-Tochter Intertrading - Krise der ÖIAG

1986 Ablösung Steger/Neuwahl Haider - Bundespräsidentenwahlkampf um die Vergangenheit von Kurt Waldheim/Aufnahme in die "watchlist" der USA, Reduktion der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel-Österreich - 1987/1988 Entlastung Waldheims durch eine internationale Historikerkommission/Isolierung Waldheims - Kündigung der Koalition mit der FPÖ/Neuwahlen - große Koalition

Zunahme der Tendenz zum Zivildienst - 1989-1991 Auflösung des Ostblocks und Jugoslawienkrieg

U-Bahnbau in Wien - Verbesserung des Bahnverkehrs - Ausbau des Flughafens Wien-Schwechat

1988/1989 Konjunkturaufschwung - stabile Währungspolitik/Orientierung an der D-Mark - Steuerreformen - Anstieg der Beschäftigungszahlen/Zugriff auf ausländische Arbeitskräfte

1989 Tod Herbert v. Karajans - neuer Impulse durch G. Mortier - zusätzliche Großveranstaltungen (Carinthischer Sommer, Ars Electronica/Klangwolke, Donaufestival, steirischer herbst, Festwoche Alte Musik

1990 Nationalratswahl mit Fortsetzung der großen Koalition/Vranitzky-Busek - Jörg Haider LH von Kärnten/Abwahl 1991

1991 Golfkrieg - Überflüge bei UN-Einsätzen

1992 haben 94 Prozent der Haushalte mindestens ein Farb-TV-Gerät - Wahl von Thomas Klestil als BP

Zunahme der Boulevardpresse - STANDARD tritt in Konkurrenz zur "Presse" und Bundesausgabe der "Salzburger Nachrichten"

1993 Abspaltung des Liberalen Forums von der FPÖ - Einführung der Pflegeversicherung und Mülltrennung/Abfallwirtschaft - Spaltung der Tschechoslowakei in Tschechien und Slowakei - Aktion Nachbar in Not schafft wirkungsvolle Hilfsmaßnahmen -Zustrom von Flüchtlingen aus YU, verstärkte illegale Zuwanderung - FPÖ-Volksbegehren "Österreich zuerst"

1994 ÖBB wird eigener Wirtschaftskörper - Bemühungen um "Neue Bahn" - Bankenzusammenschlüsse (Bank Austria-Konzentrationen bei Sparkassen) Nationalratswahl mit Verlust der Zweidrittelmehrheit der Regierungsparteien

Demographische Veränderungen durch höhere Lebenserwartung, geringere Geburtenzahlen, hohe Zuwanderungsrate - zunehmende Frauenerwerbstätigkeit, hohe Scheidungsraten, Ansteigen von Single-Haushalten/Veränderungen traditioneller Familienstruktur - Zunahme von Frühpensionen

Veränderungen in der Katholischen Kirche - Priestermangel, fehlender Ordensnachwuchs - 1985 Rücktritt Kardinal Königs/Ernennungen Kardinal Groer-Erzbischof Eder-Bischof Küng-Bischof Krenn

Literaturhinweis/Auswahl

Dachs H.-Gerlich P.-Gottweis H.-Kramer H.-Lauber V.-Müller W.C.-Talós E. (Hrsg.) (2006): Politik in Österreich. Ein Handbuch, Wien

Volksabstimmung - Mitgliedschaft in der Europäischen Union 1994-1995    

1993 Aufnahme von Verhandlungen um den EU-Beitritt - 1994 Abschluss der Verhandlungen - Volksabstimmung mit mehr als 65 Prozent Zustimmung

1.1.1995 Beitritt zur EU - Franz Fischler erster österreichischer EU-Kommissar/Landwirtschaft, später auch Fischerei

1996 Wahl der Abgeordneten zum Europäischen Parlament - 1998 erstmals Vorsitz im Rat der EU

1999 Übernahme des Euro als Währung

2.4.5 "Freude an Bildung": Lehrgang Politische Bildung - VHS Zell/See 2011-2013 - Zusammenfassung    

Block 1: Einführung in die Politische Bildung/Erziehung

Entwicklung ab 1945

"Beutelsbacher Konsens" (1976)

Grundsatzerlass "Politische Bildung in Schulen"/Bundesministerium für Unterricht und Kunst (1978/1994)

Besonderheiten des Fachbereichs

Dimensionen der Politikwissenschaft (policy-politics-polity)

Fallen der Politischen Bildung (Wissen-Moral-Meinung-Kontext-Parallelisierung)

Kompetenzen der Lehrenden

Block 2: Österreichische Zeitgeschichte (1918-1995)

Erste Republik (1918-1938)

Nationalsozialismus in Österreich(1938-1945)

Zweite Republik (1945-1995/EU-Beitritt)

Block 3: Interkulturalität in Österreich

Tradition in Österreich/Monarchie

Migrationsbewegungen nach 1945 (Flüchtlinge-Ungarnaufstand -Anwerbung von Arbeitskräften-"Prager Frühling"-Polenaufstände-Ausländerbeschäftigung/Einreise- und Einzugsregelungen)

Christliche Migrationsgemeinschaften

Islam in Österreich

Interkulturalität/Situation - Schulen - Beratung - Transkulturalität

Vorberufliche Bildung von Migrantinnen und Migranten

Block 4: Medienarbeit bzw. Netzwerkarbeit - Theorie und Praxis

Massenmedien (Presse-Zeitschriften-Bücher; IT-gestützte Netzwerke)

Netzwerkmanagement

Presse- und Publikationsarbeit(Aktualität-Irrtumswahrscheinlichkeit-Berufshandeln/Berufsethos-publizistische Macht/Ökonomie-Unterhaltung/Boulevardisierung-Manipulation-Bildmaterial)

Tagespresse/Textanalyse

Block 5: Grundsätze von Demokratie - Politische Systeme

Grundsätze eines demokratischen Wahlrechts

Parlamentarismus

Arten der Verfassung

Formen der Gewaltenteilung

Typen/Merkmale politischer Systeme

"Prager Frühling 1968"

Präsidiale Systeme/USA; Schweiz

Faschismusideologie

Block 6: Wahlen - öffentliche Meinung

Wahlsysteme(Verhältniswahl-Mehrheitswahl-Listen- bzw. Persönlichkeitswahl)

Wahlprogramme

Wahlforschung

Block 7: Parteien - Verbände - Verwaltung

Parteien (Mitglieder- und Wählerparteien)

Parteiprogramme

Verbändearten (Ideelle Verbände - Wirtschaftsverbände)

Neokorporatismus

Verwaltung - Beamtenschaft/USA-UK

Block 8: Internationale Beziehungen - Internationale Organisationen

Analyse internationaler Beziehungen (Geopolitik-Gleichgewicht der Mächte-nationale Interessen-Integration/Bundesstaaten-internationale Dachverbände)

West-Ost-Konflikt (Militär-Politik-Ideologie-Wirtschaft)

Nord-Süd-Konflikt

"Dritte/Vierte Welt"

Interkulturalität/kulturelle Kommunikation

Neutralität/Blockfreiheit

Internationale Organisationen (staatliche-nichtstaatliche, globale-regionale, supranationale-intergouvernementale Organisationen; Abtritt von Hoheitsrechten)

Block 9: Friedensbemühungen - Konfliktentschärfung

Krieg - Friedensbegriff

Konfliktarten - Lösungsansätze

Alternativen zum Krieg

Friedensmodelle

Vereinte Nationen/UNO

Block 10: Europäische Union (EU)

Entwicklung Europas als Gemeinschaft - USA

Europarat

Block 11: Gender - Gleichstellung - Geschlechtergerechtigkeit

Gender/Bildung? in Österreich

Antidiskriminierungspolitik der EU

Der geteilte Arbeitsmarkt

Wahrnehmung von Geschlechterrollen

Veränderung der Männerrolle

TV-Hinweis: http://www.orf.at/stories/2135042/2135030

Block 12: Beispielhafte Praxisfelder - Handlungsebenen/Auswahl

Wählen mit 16

Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partner

Stellenwert der Religion

Warum man arbeitet

Bundespräsidentenwahl in Österreich/Direktwahl

Frauen und Männer im Parlament

Olympische Spiele

Ein Konflikt in Österreich/Lösungsansätze

- - -

Die Konzeption des Lehrganges beruht auf der erwachsenenpädagogischen Intention von generationenübergreifendem Lernen.

  • Voraussetzung ist ein Bildungsmanagement einer Institution der Allgemeinen Erwachsenenbildung mit einer heterogenen Lerngruppe mit Interesse für Politische Bildung.
  • Grundlegende Bedingungen sind eine entsprechende Räumlichkeit und technische Ausrüstung sowie eine Auswahl von Lehrenden mit Schwerpunktbildungen und themenspezifischen Qualifikationen.
3 Bildungspolitische Aspekte für eine Erwachsenenpädagogik in der EU    

Grundsätzliche bildungspolitische Aktivitäten der EU finden sich

  • im Weißbuch "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung - Herausforderungen der Gegenwart und Wege in das 21. Jahrhundert" (1993) mit der Bezeichnung der Probleme eines Mangels an wissenschaftlichen Qualifikationen, der hohen Zahl junger Menschen ohne Grundbildung, einem unzureichendem Ausbau der Weiterbildung und Zugangs zu der Weiterbildung sowie einem mangelhaften Angebot offenen Unterrichts und der Fernlehre.
  • Im Weißbuch "Lehren und Lernen - auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft"(1995) geht man von den angeführten Problembereichen aus und empfiehlt eine Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit ("employability") als zentrales Anliegen einer Bildungs- und Berufsbildungspolitik durch(Weiter-)Bildung zu machen. Stichworte sind hier Schlüsselkompetenzen und Mobilität in der Ausbildung. 1996 kommt es zur Ausrufung des "Europäischen Jahres des lebensbegleitenden Lernens". Auf Grund der bisherigen Analysen und künftigen Zielsetzungen werden Schlussfolgerungen in Form von Entwicklungsfeldern benannt, die Positionen für ein lebensbegleitendes Lernen definieren(allgemeines Schulwesen, wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Relevanz von Bildung, allgemeine und berufliche Fort- und Weiterbildung, Übergänge/Verbindungen zwischen allgemeiner und beruflicher (Aus-)Bildung, Zugang zu Bildung, Anrechenbarkeit von Kompetenzen und Weiterbildung von Lehrenden).
  • als Höhepunkt einer diskursiven EU-Bildungspolitik im "Memorandum über Lebenslanges Lernen" (2000) mit der Benennung potenzieller Partner wie dem Bund, den Bundesländern und Gemeinden, den Betrieben, den Sozialpartnern, Bildungseinrichtungen mit ihren Zusammenschlüssen, den Parteien und Einzelpersonen (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 27-29). Ziel ist, Europa zum leistungsfähigsten Wissensraum im globalen Wettbewerb zu machen. Im Memorandum heißt es zudem, dass Bildung i. w. S. der Schlüssel sei, um lernen und begreifen zu können, wie mit der kulturellen, ethnischen und sprachlichen Vielfalt umzugehen ist und wie das Individuum den hohen und komplexen Anforderungen des politischen und sozialen Umfelds begegnen kann (vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2000, 6). Ebenso werden als "gleichermaßen wichtige Ziele" des lebensbegleitenden Lernens die Förderung der aktiven Staatsbürgerschaft("active citizenship") und die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit benannt (vgl. dazu die Ziele der Politischen Bildung). Als zentrale Bildungsfragen gelten demnach ein umfassender und ständiger Zugang zum Lernen als Teilhabe an der "Wissensgesellschaft", eine Erhöhung der Investitionen in Humanressourcen, die Entwicklung effektiver Lehr- und Lernmethoden und Lernkontexte für ein lebensbegleitendes Lernen, bessere Methoden zur Bewertung von Lernbeteiligung und Lernerfolg (vor allem bei non-formalem und informellen Lernen), die Gewährleistung eines besseren Zugangs zu hochwertigem Informations- und Beratungsangebot über Lernmöglichkeiten und eine Schaffung von Möglichkeiten für lebensbegleitendes Lernen in unmittelbarer Nähe mit Nutzung der neuen Techniken (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 31-32).
Es versteht sich von selbst, dass es hier um mehr als Erwachsenen- und Weiterbildung geht, erkennt man doch das von der EU eingeforderte formale, non-formale und informelle Lernen und berufliche, allgemeine, politische und kulturelle Elemente.

Unter der Maßgabe der Freiwilligkeit und der Unterschiedlichkeit der Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten ("Methode der offenen Koordinierung"/EU 2000) kommt es zu einer eigenen Dynamik in der EU (Nord- und Westeuropa vs. Osteuropa).

3.1 Förderungspolitische Ebene    

In der förderpolitischen Ebene wurden in der dritten Phase ab 2007 die Programme LEONARDO und SOKRATES in einem gemeinsamen Programm für lebenslanges Lernen zusammengefasst (PLL/2007-2012). Das Teilprogramm GRUNDVIG befasst sich demnach mit "EB", Querschnittsprogrammen mit politischer Zusammenarbeit/Innovation, Sprachen, neuen Technologien, Verbreitung und Nutzung von Ergebnissen europäischer Integration.

Leistungen der Programme sind ein "europäischer Mehrwert" (EU-Kooperation), Innovationen (neue Möglichkeiten für Zielgruppen, Lehrende/Anbieter, Vernetzung, Nutzung von Potenzialen an Wissen, Erfahrungen und Kapazitäten), Übertragbarkeit (Transfermöglichkeiten) und Nachhaltigkeit (dauerhafte Nutzbarkeit mit Einfluss auf die EU-Erwachsenenbildungsdiskussion).

Defizite zeigen sich nach wie vor in der geringen Verbreitung, bei Sprachproblemen und unterschiedlichen Weiterbildungssituationen in den nationalen Bereichen (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 36).

3.2 Nachfolgestrategie 2020    

Die bis 2020 reichende Nachfolgestrategie "Europa 2020" mit dem Ziel, die Wirtschafts- und Finanzkrise zu überwinden, besitzt auch einen bildungspolitischen Rahmen. Die vier strategischen Ziele mit breiten Handlungsmöglichkeiten und Maßnahmen mit der Kurzbezeichnung "ET 2020" ("education and training") bilden das inhaltliche Gerüst einer künftigen EU-Bildungspolitik.

  • Verwirklichung des lebensbegleitenden Lernens (Schaffung-Umsetzung, Europäischer Qualifikationsrahmen, flexible Lernwege und Übergänge zwischen den Bildungsbereichen, Anerkennung von Lernergebnissen, Förderung der EB/WB und der Beratungssysteme, bessere Gestaltung des Lernens und Ausweitung der Mobilität der Akteure)
  • Verbesserung von Qualität und Effizienz der Allgemeinen und Beruflichen Bildung (Verbesserung der Schlüsselkompetenzen, Sprachkompetenz und Unterrichtsqualität sowie Verwaltung und Leitung von Bildungseinrichtungen, angemessene Grund- und Fortbildung für Lehrkräfte, Steigerung der Attraktivität von Lehrberufen, wirksame Qualitätssicherungssysteme und Förderung der Methodenvielfalt)
  • Förderung der Gerechtigkeit, des sozialen Zusammenhalts und aktiven Bürgersinns (Erwerb von Kenntnissen und Kompetenzen, gezielte Maßnahmen für Personen mit Benachteiligungen und Migrationshintergrund, Bildungsangebote für Kleinkinder und Förderung von integrativer Bildung, interkultureller Kompetenzerwerb, Achtung der Grundwerte-Umwelt-demokratische Werte/Normen und Bekämpfung von Diskriminierung)
  • Förderung von Innovation und Kreativität sowie unternehmerischem Denken (Erwerb von bereichsübergreifenden Schlüsselkompetenzen/IT, Lernkompetenz, Kulturbewusstsein; Funktion des Wissensdreieck Bildung-Forschung-Innovation/Partnerschaften, Ausrichtung des Lernens auf arbeitsmarktförderliche Kompetenzen und Qualifikationen und Erzeugung eines Klimas für bessere berufliche Anforderungen-soziale Bedürfnisse-persönlichem Wohl des Einzelnen/Lerngemeinschaften mit Interessensgruppierungen).
3.3 Kritische Bemerkungen    

Kritisch vermerkt wird von pädagogischer Seite die starke Ausrichtung der bildungspolitischen Inhalte und Ziele an Wirtschafts- und Arbeitsmarktinteressen. Beklagt wird die Betonung von (Weiter-) Bildung und lebensbegleitendem Lernen mit Blick auf die Entwicklung von "employability", die ökonomische Ausrichtung in Verbindung mit globaler Bildung und der Vernachlässigung anderer Ziele aus gesellschaftlicher und individueller Sicht wie die Ermöglichung von sozialer Teilhabe und persönlicher Entfaltung (vgl. u.a. soziale -, politische - und kulturelle Kompetenz; SCHEMMANN 2007, 159, 226, 233-240).

Allerdings betont fast jedes EU-Dokument auch den sozialen Zusammenhalt, demokratische Werte, allgemeine Bildungsmöglichkeiten/-ziele und den interkulturellen Dialog sowie "active citizen" (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 39-40).

Seit dem Jahr 2000 prägt das Paradigma des "Lebenslangen Lernens" die EU-Bildungspolitik. Die Kommission versteht darunter "[....]alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, bürgergesellschaftlichen, sozialen bzw. beschäftigungsbezogenen Perspektive erfolgt" (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2001, 9).

Erscheint der Paradigmenwechsel zunächst für die EB/WB günstig, so haben dennoch die bildungspolitischen Aktivitäten der EU für Schule, Hochschule/Universität und berufliche Bildung einen höheren Stellenwert als die EB.

Mit der Kommissionsmitteilung "Erwachsenenbildung: Man lernt nie aus" (2006, 2007) werden Handlungsbereiche definiert wie Auswirkungen anderer Bildungsbereiche auf die EB, Qualitätsverbesserung des Angebots, Erreichen eines nächsthöheren Qualifikationsniveaus für Erwachsene, Anerkennung/Bewertung non-formalen und informellen Lernens und eine Verbesserung der Überwachung des Sektors EB (vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006; 2007, 8).

Zunehmend gewinnt daher die EB/WB seit einigen Jahren politische Aufmerksamkeit (vgl. BECHTEL-LATTKE-NUISSL 2005, SCHEMMANN 2007).

Die EU weist in der Mitteilung "Erwachsenenbildung: Man lernt nie aus" darauf hin, dass unter EB bzw. Weiterbildung nicht immer und überall in der EU dasselbe verstanden wird (vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006, 2).

Geht man vom Alter aus, so schlägt die UNESCO vor, als Erwachsene jene anzusehen, die "zu Hause" als solche gelten (vgl. verschiedene Volljährigkeit in der EU; UNESCO 2010, 2).

Als Bildungsabschnitt im Verhältnis zu vorausgehenden Bildungsphasen ist allgemein die abgeschlossene Schulbildung zu verstehen. Nachgeholte Schulabschlüsse gehören in der Regel nicht zur EB, auch wenn die Absolventen mitunter Erwachsene sind.

Ob die Hochschulbildung zur Erwachsenbildung gehört, wird unterschiedlich bewertet. "Der Trend geht dabei in die Richtung, sie einzubeziehen" (NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 51; vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006, 2).

Im förderpolitischen Kontext zum "Lebenslangen Lernen" wird EB explizit als nicht-beruflich definiert und steht damit der beruflichen (Aus- und Weiter-) Bildung gegenüber, was wiederum dem Trend der Programme und allgemein ausgerichteter Dokumente der EU-Bildungspolitik entspricht.

4 Lernen in der Erwachsenenpädagogik    

Bildungsaufgaben und lebensbegleitendes Lernen erfordern eine Auseinandersetzung mit dem Lernen von Erwachsenen (vgl. den IT-Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Psychologische Aspekte in Unterricht und Erziehung, Pkt. 1.8).

Es scheint, es kommt langsam zu einem Übergang von "adult education" zu "adult learning", wobei das Interesse sich auf altersbedingte Lernstile, Wissensvermittlung, erwachsenentypische Lernerfahrungen und Lernerwartungen sowie Lernanforderungen bezieht (vgl. NOLDA 2008, 81-94). Für den Lernbegriff in der Erwachsenenbildung bzw. Weiterbildung sind die Bereiche Veränderung, Erfahrung und Reflexion wesentlich.

Es ist davon auszugehen, dass vor dem 60. Lebensjahr kein genereller Abbau von kognitiven Fähigkeiten nachzuweisen ist (vgl. FALTERMAIER-MAYRING-SAUP-STREMEL 2002, 22). Das intellektuelle Leistungsvermögen zwischen Altersgruppen darf nicht am Leistungsprofil jüngerer Erwachsener gemessen werden. Ältere Menschen benötigen allgemein mehr Zeit bei der Lösung gestellter Aufgaben, sind aber bei deren Ausführung meistens genauer als jüngere (vgl. NOLDA 2008, 83).

Zu bedenken bei Vergleichen sind auch der Ausbildungsstand und die Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt.

Bedeutungsvoll ist die Unterscheidung von kristallisierter Intelligenz und fluider Intelligenz.

  • Kristallisierte Intelligenz bedeutet die Ausgestaltung des Denkens und Wissens (Wissensinhalte für eine Gesellschaft und Kultur, in der man lebt), gemessen etwa in Sprache, Kommunikationsfähigkeit und beruflichem Wissen.
  • Fluide Intelligenz umfasst die biologische Lernkapazität. Dazu gehören Basisprozesse der Intelligenz, gemessen etwa in kulturfreien Aufgaben wie bildhafte Darstellungen und einfache Symbole (vgl. KRUSE-RUDINGER 1997, 50).
4.1 Lernfähigkeit - Lerntechniken    

Gegen ein frühes Nachlassen der Lernfähigkeit spricht in zahlreichen Studien die Sinnhaftigkeit einer geistigen Beanspruchbarkeit älterer Mitarbeiter*innen, allerdings gibt es eine Reihe scheinbarer Defizite, die sich ausgleichen und/oder verhindern lassen - beispielhaft das Lernen im Ganzen als leichteres Lernen in Teilen, zu schnell dargebotener Lernstoff als Behinderung Älterer (daher Bedeutung des Zeitfaktors), Einsetzen von bestimmten Lerntechniken ("Eselsbrücken"/Einsetzen von Codierungstechniken), Übersichtlichkeit des Stoffes, der besonderen Bedeutung eigenständiger Lernaktivität (Selbsterarbeitung) und dem Vermeiden von Unsicherheiten (Lerntraining/Präsentationstechniken)(vgl. LEHR 2005, 23).

In der EB/WB geht es vor allem um didaktische Überlegungen, zu denen das Prinzip der Teilnehmerorientierung und das Konzept des Lehrenden als "facilitator" (Unterstützer des Lernens/"Lerncoachs") gehören. Im Bereich der Personalentwicklung werden diese Prinzipien verwendet (vgl. KNOWLES-HOLTON-SWANSON 2007, 149-165; zu Maßnahmen der betrieblichen Weiterbildung KASPER-MAYERHOFER 2002, 502-505).

ILLERIS Modell des "Lerndreiecks" spiegelt die Spannung interner (Kognition/Lerninhalte) und externer(Emotionen/Gefühle-Motivationen) Lernprozesse wider. Soziale Lernprozesse dienen der Teilnahme, Kommunikation und Kooperation (vgl. ILLERIS 2006, 29-41; NOLDA 2008, 85-86).

In der subjektwissenschaftlichen Lerntheorie von HOLZKAMP wird aus der subjektiven Perspektive der Lernenden und seiner individuellen Lernbegründungen ein Prozess der Aneignung und Orientierung in Gang gesetzt. Aus einer Handlungsproblematik wird eine Lernproblematik, die mit einer "Lernschleife" eingebaut wird. Ein solches Lernen mit Hilfe einer Lerntechnik mit Lebensnähe und unter Einbeziehung von Erfahrungen wird als expansives Lernen bezeichnet. Die Lernbegründung findet der Einzelne für sich. Der Lerngegenstand hat gesellschaftliche Bedeutung und wird vom Einzelnen subjektiv realisiert. Angesichts von Lernwiderständen bei Erwachsenen aus schulischer Erfahrung werden Chancen expansives Lernens in der Politischen Bildung, in virtuellem Lernen und in betrieblichen Projekten eingesetzt (vgl. NOLDA 2008, 87-88; FAULSTICH-ZEUNER 2006, 31). "So wird beispielsweise vermutet, dass die sinkende Teilnehmerzahlen in der politischen Erwachsenenbildung mit Lernbedingungen zu erklären sind, die denen der Schule nicht unähnlich sind"(NOLDA 2008, 88).

In den siebziger Jahren wurde der Erfahrungsbezug eng mit der Idee von Emanzipation verbunden. Oskar NEGT hat für die gewerkschaftliche Bildungsarbeit das Konzept des exemplarischen Lernens entwickelt. Fälle einer Situation am Arbeitsplatz werden in Verbindung mit Widersprüchen als Beispiele (exemplarisch) behandelt (vgl. NEGT 1971, 30; NOLDA 2008, 89). In der beruflichen EB wird dieses erfahrungsorientiertes Lernen etwa bei "Lerninseln/Inselbildungen" eingesetzt, wobei Erfahrungslernen mit organisiertem Lernen als fallorientiertes Vorgehen didaktisiert wird (vgl. DÖRING 2008, 173-174).

4.2 Selbständiges Lernen    

Die Bedeutung selbständigen Lernens weist auf den Umstand hin, dass Erwachsene nur bedingt durch Bildungsinstitutionen geprägt werden und sich Lernen und Bildung in diesem Alter überwiegend außerhalb von Institutionen abspielt.

Der kanadische Bericht über "Lernprojekte Erwachsener" (1979)zeigt, dass so gut wie jeder Befragter ein bis zwei Lernanstrengungen im Jahr unternommen hat, ungefähr 70 Prozent aller Projekte von Lernenden selbst geplant wurden. Folgeuntersuchungen haben die Tendenz der Aussagen für Kanada bestätigt. Selbständiges und informelles Lernen haben inzwischen in der beruflichen EB/WB Bedeutung erlangt (vgl. NOLDA 2008, 90; DIETRICH 2001, 22).

"Die Raffinesse der Selbstlernparole besteht darin, dass sie dem Selbstbewusstsein schmeichelt, negative Assoziationen, die Erinnerungen an schlechte Schulerfahrungen auslösen können, nicht aufkommen lässt und dazu die öffentliche Hände entlastet" (TIETGENS 1997, 161). "Wenngleich eine Selbststeuerungseuphorie zu verzeichnen ist, gibt es diesbezüglich auch kritische Stimmen: Mit der soziologischen Figur des 'Arbeitskraftunternehmers', der seine Erwerbsarbeit und seine Kompetenzentwicklung selbst organisiert, sich in den Dienst politischer Forderungen stellt und sich selbst vermarktet, wird an der fortschreitenden Forderung nach Selbststeuerung Kritik geäußert - wenngleich die unbestrittene Zunahme an Autonomie als Begleiterscheinung gewürdigt wird (vgl. BAETHE 1999; PONGRATZ/VOSS 2003; FORNECK/WRANA 2005; FORNECK 2009)"(FLEIGE 2011, 43).

Eine zu starke Fokussierung auf Selbstorganisation ist in politischer, ethischer und bildungstheoretischer Hinsicht, möglicherweise mit steigenden individuellen finanziellen und zeitlichen Eigenleistungen, zurückzuweisen (vgl. FLEIGE 2011, 51). KLINGOVSKY kommt in seiner Analyse, ausgehend von einem machttheoretischen und poststrukturalistischen Theoriehorizont, zu der Einschätzung, dass diese neue Lerntheorie zwar eine Subjektivierung von Lernen ermögliche, aber nicht machtfrei sei. Das Subjekt werde ähnlich der klassischen Lernkultur in einer bestimmten Hinsicht konzipiert. Arbeitskraft- und Lernkraftunternehmertum kann daher nicht im Interesse pädagogisch-didaktisch gestalteter Lernkultur und ihrer theoretischen und empirischen Betrachtung sein(vgl. KLINGOVSKY 2009, 52, 59, 205; FLEIGE 2011, 51). Nach dieser Betrachtung leiste eine "Entgrenzung" des Lernens von der institutionalisierten EB einer De-Institutionalisierung Vorschub. "So wie der Diskurs um 'neue Lernkulturen' geführt wurden ist, hat er zumindest der öffentlichen EB vielleicht eher geschadet als genützt"(FLEIGE 2011, 51).

4.3 Lernformen in Dokumenten der EU    

Die Dokumente europäischer Bildungspolitik unterscheiden als Lernformen formal, non-formal und informal learning, also bezeichnen die Lernformen je nach Ausbildung und Bildungsinstitution (Einrichtung-Arbeitsplatz/Freizeit-Alltag, Familie; Strukturierung nach Lernzielen und Lernzeiten; Zertifizierung; vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2001). Damit wird verborgenes Lernen angesprochen und erworbene Kompetenzen - etwa für Ehrenamtlichkeit und Anerkennungen bei Bewerbungsverfahren - sichtbar gemacht.

Neue Medien und Netzwerke scheinen eine Lernhaltung zu bevorzugen, die zur Bereitschaft zum Lernen führt. Dies führt weniger zu einem "Lernen auf Vorrat", vielmehr zu einem "Lernen just in time". Neben flüchtigem und vielfältigem Wissen wird mitlaufendes Lernen - losgelöst von Orts- und Zeitgrenzen - zur Selbstverständlichkeit (vgl. NOLDA 2004, 29-42; NOLDA 2008, 93; SCHUBERT 2008, 179-187).

5 Lernkulturen in der Allgemeinen Erwachsenenbildung    

Die Überlegungen, Erkenntnisse und Folgerungen beruhen auf der Auseinandersetzung von Wissenschaftswissen und Erfahrungswissen, also einer Perspektivenverschränkung von Theorie und Praxis der Allgemeinen Erwachsenenbildung(Stand 2016).

Es ist dies, wie es Horst SIEBERT vereinfacht feststellte, ein Merkmal von Professionalität (vgl. SIEBERT 2012, 12).

Aspekte zum Forschungsstand ergeben sich

  • aus den Überlegungen zum Verhältnis von Theorie und Praxis, den Anfängen einer Theoriediskussion, der Vergesellschaftung der Erwachsenenbildung und einer (möglichen) Theorie des "lebensbegleitenden Lernens".
  • Einflussreiche Beiträge kommen von Jürgen WITTPOTH (2003), Peter FAULSTICH (2003), Ekkehard NUISSL (2006/2016 mit ARNOLD und ROHS), Joachim KNOLL (2008), Sigrid NOLDA (2008), Christiane HOF (2009), Hermann J. HEINZ (2010), Susanne KRAFT (2010), Rudolf TIPPELT – Aiga von HIPPEL (2010), Christine ZEUNER (2010), Bernd SCHRÖDER (2012) und Horst SIEBERT (2012).
5.1 Theorie und Praxis    

Es gibt keine Theorie ohne eine Praxis in der Erwachsenenbildung. Ebenso basiert Bildungspraxis auf theoretischen Annahmen und Zielsetzungen. Erkennbar ist dieser Zusammenhang bei Innovationen, Alternativprojekten und Modellversuchen. Eine Theorie besitzt (zumeist) Perspektiven, die über bestehende Zustände hinausweisen (vgl. SIEBERT 2012, 183).

Jürgen WITTPOTH (2003, 35-36) bemerkt dazu, dass Theorien als „Sehhilfen“ zu verstehen wären. Sie eröffnen in Handlungszusammenhängen einen anderen Blick auf die Realität. Wesentliches Merkmal theoretischer Arbeit ist ein Ausgangspunkt, sich von verschiedenen Standpunkten mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten und unterschiedlichen begrifflichen Instrumentarien Gegenständen zu nähern.

In der Erwachsenenbildung gibt es unterschiedliche Theorie und metatheoretische Theorieansichten, über Sinn und Zweck einer Theorie, Gütekriterien und Qualitätsmaßstäbe, Allgemeingültigkeit und Wissenschaftlichkeit sowie Alltagstheorien und wissenschaftsorientierten Theorien. Nicht eindeutig geklärt ist die Frage, ob Erwachsenenbildung ein eigenständiges System – mit spezifischen Fragestellungen, Funktionen und eigener Theorie – besitzt oder ein Teilbereich des Bildungssystems oder eine Funktion des ökonomischen Systems darstellt. Es scheint, dass mit der Professionalisierung die Theoriebildung verstärkt und die Eigenständigkeit betont wird. Eingebettet ist dies jedenfalls in das Gesellschaftssystem mit Kultur und Ökonomie, Normen und Werten sowie einem biografischen Prozess (vgl. SIEBERT 2012, 184).

Mit zunehmender Professionalisierung und Differenziertheit entstehen Spezialgebiete und Spezialtheorien, „Basistheorien“ als Erkenntnis-, Gesellschafts- und Kulturtheorien, „pädagogische Bezugstheorien“ als Bildungs-, Lern- und Organisationstheorien. „Bereichstheorien“ sind etwa Politische Bildung, Interkulturelle und Medienkompetenz sowie Ökonomische Grundbildung (vgl. SIEBERT 2012, 184).

Als Teildisziplin der Erziehungswissenschaft bezieht sich Erwachsenenbildung auf Bezugswissenschaften wie Soziologie, Philosophie, Psychologie, Geschichte, Politikwissenschaft, Ökonomie und Medienkunde sowie den Kulturwissenschaften (vgl. ZEUNER 2010, 55).

5.2 Anfänge einer Theoriediskussion    

Anfänge    

Die Anfänge einer institutionalisierten Erwachsenenbildung werden um 1800 datiert (vgl. ZEUNER 2010, 55). Historisch lässt sich die Zeit zuordnen zu den demokratischen Idee der Französischen Revolution, technischen Erfindungen, der Entstehung eines sozial und ökonomisch benachteiligten Industrieproletariats und privilegierten Bildungsbürgertums, einer beginnenden Urbanisierung mit neuen gesellschaftlichen Formen wie Vereinsgründungen, einem Erkennen der Notwendigkeit von Bildungsreformen zunächst mit Alphabetisierung Erwachsener und einer Ausbreitung einer Säkularisierung.

Mit der Zunahme von Wissen kommt es zu einem hohen Obsoleszenstempo, d.h. einer Veralterungsrate des deklarativen Wissens (vgl. SIEBERT 2010, 185). Bekannt ist bereits GOETHEs Feststellung 1810 in den „Wahlverwandtschaften“: „Unsere Vorfahren hielten sich an den Unterricht, den sie in ihrer Jugend empfangen; wir aber müssen jetzt alle fünf Jahre umlernen, wenn wir nicht ganz aus der Mode kommen wollen“ (GOETHE 1810/1960, 29).

Kant    

Bedeutungsvoll ist ideengeschichtlich für die Entwicklung der modernen Erwachsenenbildung die Aufklärungsphilosophie KANTs mit der Definition: „Aufklärung ist der Ausgang der Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit[…] Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ (KANT 1783, zit. nach BAHR 1974, 9).

Untrennbar ist damit der Begriff „Freiheit“ verknüpft. „Freiheit ist nicht nur ein anthropologischer, sondern auch ein demokratischer Schlüsselbegriff. Deshalb ist Kants Aufsatz eine zukunftsweisende politische Forderung“ (SIEBERT 2012, 186; vgl. KANT 1783, zit. nach BAHR 1974, 11).

Humboldt    

Wilhelm von HUMBOLDT ergänzt 1793 die Trias Aufklärung – Vernunft – Freiheit mit dem neuhumanistischen Begriff „Bildung“. Als Reformator der Berliner Universität kann sein Fragment „Theorie der Bildung der Menschen“ als Grundlagentext der Erwachsenenbildung gelesen werden (vgl. SIEBERT 2012, 186; bemerkenswert ist das Fehlen Humboldtscher Bildungsreform bei ZEUNER 2010). Bildung wird als „Kräftebildung“ angesehen. Bildung wird als Wechselwirkung von Subjekt und Welt, weniger als individualistischer, vielmehr als universeller Begriff verstanden (vgl. HUMBOLDT 1793/1996; zit. nach KNOLL-SIEBERT 1969, 71). Humboldt schlägt vor, berufliche Qualifizierung von einer allgemeinen Menschenbildung zu trennen. Spezialbildungen sollen erst nach einer fundierten Allgemeinbildung vermittelt werden.

Grundtvig    

Als erster „Volksbildner“ des 19. Jahrhunderts ist der Theologe, Historiker, Dichter, Politiker und Erwachsenenpädagoge Nikolai Frederic GRUNDTVIG (1783-1872) zu nennen. Mit dem dänischen Heimvolkshochschulkonzept ist theoretisch eine Verknüpfung von Aufklärung und Romantik bekannt geworden. Das Denken wird mit der Begrifflichkeit Lebendigkeit, Leben und Lebenswirklichkeit verbunden (vgl. SIEBERT 2012, 186).

HUMBOLDT und GRUNDTVIG haben die bürgerlich-liberale Volksbildung beeinflusst, die eine nationale Volkserziehung beabsichtigte.

Gesellschaftlich-antikapitalistische Bildungsarbeit    

Eine andere Theorieströmung, beginnend mit der Mitte des 19. Jahrhunderts, zeigt sich als gesellschaftlich - antikapitalistische Bildungsarbeit. Dazu gehören gewerkschaftliche -sozialdemokratische und marxistische Positionen. Gemeinsam sind ihnen bei allen Differenzen das Bestreben von politökonomischen Veränderungen und die Bewusstseinsbildung der Arbeiterschaft.

Klassische Theoriebeiträge bilden Wilhelm LIEBKNECHTS Festvortrag im Dresdner Arbeiterbildungsverein über „Wissen ist Macht – Macht ist Wissen“ (1872) und Theodor ADORNOs „Theorie der Halbbildung“ (1959) sowie Oskar NEGTs „Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen“ (1971)(vgl. OLBRICH 2001).

Hohenrodter Bund    

In der Zwischenkriegszeit kam es zu einem zunehmenden Selbstverständnis der Erwachsenenbildung, das sich von der Schulpädagogik in didaktisch-methodischen Fragen des Lehrens und Lernens zu unterscheiden begann. Arbeitsgemeinschaften und interaktives Erarbeiten waren erste Bemühungen einer Keimzelle, eine Demokratie zu etablieren.

Prominente Vertreter einer Volksbildung gründeten den „Hohenrodter Bund“ als Freundeskreis, der politische, gesellschaftliche, kulturelle und pädagogische Fragen diskutierte. Kontrovers wurde das Verhältnis von wissenschaftlicher und volkstümlicher Bildung angesprochen. Arbeitslosigkeit und die Weltwirtschaftskrise problematisierten den Bereich „Zweckfreiheit von Bildungsarbeit“ und plädierten für eine Aufwertung eines berufsbezogenen Unterrichts. Es zeigt sich, dass spätestens in der Zwischenkriegszeit neben einem Bildungsbegriff, der theoretisch mit der Idee der Aufklärung begründet wurde, ein Bildungs- und Qualifizierungsbegriff eingeführt wurde, der einen funktionalen bzw. instrumentalen Charakter hervorhob.

Die Geschichte der Erwachsenenbildung zeigt, dass nach dem Zweiten Weltkrieg die Dichotomie der beiden Bildungsrichtungen ein durchgehendes Motiv ist (vgl. ZEUNER 2010, 57).

Aus heutiger Sicht ist zu fragen, ob nicht trotz aller Bemühungen um einen teilnehmerorientierten Unterricht, aktiver Methoden der Gesprächsführung und Gruppenarbeiten sowie Etablierungen von Vereinen und Büchereien Politische Bildung in einer Zeit zunehmender politischer Radikalisierung notwendig gewesen wäre.

5.3 Vergesellschaftung der Erwachsenenbildung    

Mitte der sechziger Jahre beginnt eine neue Phase der Professionalisierung. Das Gutachten des „Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen“ zur „Situation und Aufgabe der deutschen Erwachsenenbildung“ (1960) und der „Strukturplan des Deutschen Bildungsrates“ (1970) forderten einen Ausbau der Erwachsenenbildung zum quartären Bildungssektor bzw. Bildungsbereich. In Österreich kam es zur gesetzlichen Etablierung 1973. Deutschland etablierte dagegen entsprechende Gesetze bereits 1970 in Niedersachsen, Hessen und im Saarland, die Einstellung hauptamtlicher pädagogischer Mitarbeitender und den ersten Lehrstuhl für Erwachsenenbildung an der Pädagogischen Hochschule Hannover. „Gebildet im Sinne der Erwachsenenbildung wird jeder, der in der ständigen Bemühung lebt, sich selbst, die Gesellschaft und die Welt zu verstehen und diesem Verständnis gemäß zu handeln“ (DEUTSCHER AUSSCHUSS 1964, 20).

Damit wurde Erwachsenenbildung im deutschsprachigen Raum zum Instrument gesellschaftlicher Steuerung, besonders sozialpolitisch und sozioökonomisch, womit von einer Phase der Vergesellschaftung der Weiterbildung gesprochen wurde (vgl. WEYMANN 1980). Theorien erhalten so mit wissenschaftlichem Anspruch Bedeutung.

Nach SIEBERT (2012, 190-195) wird von „Konzeptionen“ gesprochen.

  • In personalistischen Konzeptionen steht im Vordergrund eine idealistische Persönlichkeitsentwicklung mit einer zweckfreien Allgemeinbildung. Betont wird eine Vermittlung traditioneller Kulturwerte und Bildungsgüter, vor einem zu großen Einfluss von Massenmedien wird gewarnt.
  • In marktorientierten Konzeptionen gewinnt die Nachfrage der Adressaten an Bedeutung. Auf normative bildungstheoretische Ziele bzw. Zielsetzungen wird verzichtet, Themen von Interesse werden bevorzugt (vgl. das Angebot „Freude an Bildung“ der Salzburger Volkshochschulen).
  • Reformerische Konzeptionen bevorzugen den Abbau von Bildungsbenachteiligungen bei bestimmten Zielgruppen. Beispiele dafür sind sozialpartnerschaftliche und gewerkschaftliche Einrichtungen. Mit mitbestimmenden Lehr- Lernmethoden werden autoritäre Strukturen aufgeweicht und Mitbestimmungsmodelle angeboten.
  • Politökonomische Konzeptionen wollen den Abbau von undemokratischen Strukturen des Wirtschaftssystems. Berufliche Qualifizierung wird mit Systemkritik und politischer Mitbestimmung verbunden. Zur Diskussion steht die Integration beruflicher und politischer Bildung.
  • Neomarxistische Konzeptionen fordern Kritik an kapitalistischen Systemen. Erwachsenenbildung erhält die Aufgabe, das (Klassen-) Bewusstsein der Arbeiterschaft zu sensibilisieren und Widerstandspotential gegen das System zu stärken. Grundlage der Bildungsarbeit ist die marxistische Gesellschaftstheorie.
Diese Klassifizierung spiegelt den Zeitgeist und die politischen Kontroversen der siebziger Jahre wider. Der Gliederungsversuch wird in der Folge nicht mehr als zeitgemäß angesehen.

Die achtziger und neunziger Jahre mit sozioökonomischen und soziokulturellen Entwicklungen – ökologische Problemstellungen, Frauenbewegung, Interkulturalität, Neugestaltung Europas, Verbreitung des Internets, Globalisierung und demographischer Wandel - erfordern andere Theorieansätze mit einer Berücksichtigung dieser Entwicklungen.

Damit entsteht der technologische, identitätstheoretische, integrative, sozialökologische, genderspezifische und konstruktivistische Ansatz. Die wissenschaftliche Theoriediskussion wird stärker von der Soziologie als von der Erziehungswissenschaft geprägt.

Man orientiert sich vermehrt an den Bezugswissenschaften als an den Leitbildern der Bildungspraxis. Bernd DEWE, Günter FRANK und Wolfgang HUGE (1988) publizierten eine Übersicht über solche wissenschaftliche Theorieansätze. Didaktische Fragen spielen kaum eine Rolle.

Unterschieden werden system- und wirtschaftswissenschaftliche Theorieperspektiven (Bildungsökonomie, politische Ökonomie der Ausbildung, systemtheoretische Perspektive), lern- und verhaltenstheoretische Perspektiven (behavioristische Lern- und Verhaltenstheorien, feldtheoretische Ansätze) und kultur- und sozialisationstheoretische Ansätze. Hier dominieren strukturalistische Zugänge. Im Behaviorismus wird die Vielfalt der Lerntheorien reduziert. Veränderungen der Bildungswirklichkeit wie die Vernetzung der Erwachsenenbildung mit ihren Bezugswissenschaften bzw. Teilbereichen kommen nicht vor.

Mit der zunehmenden Institutionalisierung der Erwachsenenbildung kommt es auch zur Relativierung dieses institutionellen Blicks mit einer Berücksichtigung des informellen und damit außerinstitutionellen Lernens.

Zudem werden vermehrt Organisationsformen des Lernens zur Typologisierung des Lernens herangezogen (vgl. KADE-NITTEL-SEITTER 2007). Unterschieden wird zwischen einem bildungszentrierten (S. 65), institutionszentrierten (S.75), lebenslaufzentrierten (S. 78), subjektorientierten Zugang(S. 84) und einer modernisierungstheoretischen Einschätzung (S. 85). Generell betonen die Autoren eine Entgrenzung und Universalisierung des Pädagogischen und empfehlen die Re - Interpretation des Professionalisierungskonzepts (vgl. SIEBERT 2012, 193).

Peter FAULSTICH (2003) plädiert für die Berücksichtigung von Theorietraditionen. Man neige dazu, zu schnell externe wissenschaftliche Moden zu rezipieren. Es käme häufig zu „Wenden“ („Faszination des Neuen“; vgl. FAULSTICH 2003, 82). Einige „Wenden“ könnten allerdings nachvollzogen werden, so vom Berufsbezug zum Wissenschaftsbezug und umgekehrt, von der Handlungswissenschaft zur Rekonstruktionswissenschaft, von einer Gesellschaftsorientierung zu einer Subjektorientierung, von einer Herstellungsdidaktik zu einer Animationsdidaktik , von einer Fachorientierung zu einer Lernorientierung, von einer „harten“ Empirie zu einer „weichen“ Interpretation und vom Wissen zur Deutung (vgl. FAULSTICH 2003, 85).

Die Begründungsansätze orientieren sich an unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen Positionen.

  • Das hermeneutisch-phänomenologische geht von der Geschichtlichkeit und Sprachlichkeit von Wissenschaft aus.
  • Das empirisch-analytische Modell betont die Beobachtung und Erfahrung, erreicht aber nur einen engen Ausschnitt von Wirklichkeit.
  • Die kritische Theorie öffnet über die Faktenlage hinaus Möglichkeiten der Entwicklung. Nicht beachtet wurde das „technische Interesse“.
  • Das konstruktivistische Modell bzw. die Sichtweise vermeidet einen naiven Objektivismus.
  • Der Pragmatismus beinhaltet das Subjekt-Objekt-Schema mit einer Verknüpfung zum Handeln. Allerdings leistet er Vorschub für eine Tendenz zum Utilitarismus und Individualismus (vgl. FAULSTICH 2003, 153). Die Protagonisten dieser unterschiedlichen theoretischen Positionen traten jedoch nie in einen Diskurs darüber ein (vgl. ZEUNER 2010, 60).
Letztlich soll auf Sigrid NOLDA (2008) mit ihrem Gliederungsvorschlag eingegangen werden. Hier werden deutungsanalytische Sichtweisen mit symbolischem Interaktionismus und systemisch-konstruktivistische Ansätze, modernisierungstheoretische Sichten der Risikogesellschaft, Individualisierung und Pluralisierung sowie die Wissensgesellschaft, systemtheoretische Sichten mit Systemtheorien unterschieden.

Von besonderem Interesse scheinen die wenig beachteten diskursanalytischen und machttheoretischen Sichten mit dem Diskurs und der gouvernementalen Machtpraktik zu sein (vgl. NOLDA 2008, 62-67). Bezugsperson ist Michel FOUCAULT (1926-1984), der sich allerdings nicht zur Erwachsenenbildung geäußert hat.

An dieser Stelle soll auf den Begriff „Diskurs“ eingegangen werden, der für die Erwachsenenbildung von Bedeutung ist. Damit ist das in der Sprache aufscheinende Verständnis von „Wirklichkeit“ der jeweiligen Epoche gemeint. Die Regeln des Diskurses definieren sich für ein bestimmtes Wissensgebiet bzw. den bestimmten Zusammenhang, demnach was gesagt werden soll, was sagbar ist, was nicht gesagt werden darf und von wem es wann in welcher Form gesagt werden darf. Die diskursive Praxis beinhaltet die sprachlichen Aspekte (Diskurs) und nicht sprachliche Aspekte wie politische Institutionen und Architektur. Es werden auch körperliche Darstellungsweisen als Teil einer diskursiven Praxis verstanden. Im Sinne Foucaults ist Diskurs ein sprachlicher Zusammenhang mit bestimmten Vorstellungen, die Machtstrukturen und Interessen zur Grundlage haben und erzeugen. Ein Diskurs erzeugt demnach Realität, ist also mit „Diskussion“ nicht zu verwechseln.

Bekannt ist das Beispiel des Begriffes „Ausländerflut“ im Immigrationsdiskurs. Er impliziert, Immigranten träten in Fluten auf, also als Naturphänomene und Naturkatastrophen. In der Diskursanalyse zeigt es sich, dass das Phänomen der Überschreitung von Grenzen in Verbindung mit Flut als Katastrophe in unserem Denken und Reden verwendet wird und so eine tiefgehende bestimmte Bedeutung erlangt.

Von Interesse ist eine Diskursanalyse der Managementsemantik. Die Weiterbildung ist davon betroffen, wird doch hier der Begriff eher inflationär verwendet (vgl. SIEBERT 2012, 196). Mit Begriffen wie Bildungs-, Beziehungs-, Konflikt- und Diversity - Management werden sprachlich Wirklichkeiten geschaffen, in denen alles hergestellt, kontrolliert und organisiert werden kann. Die Diskursanalyse hat eine metatheoretische Dimension.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die vielfältigen Theoriebezüge sich vor allem in der Frage des Gesellschaftsbezugs unterscheiden.

  • Einerseits stehen Positionen wie die Kritische Theorie oder der kritische Pragmatismus als Gegenstand und Begründung vereint.
  • Andererseits werden systemtheoretische und konstruktivistische Positionen in ihrer Wechselwirkung zwischen Gesellschaft und Individuum nur unter bestimmten eingeschränkten Bedingungen in den Blick genommen.
  • Ausgeblendet werden weitgehend Kategorien wie Interessen, Macht und Herrschaft, die politisch und gesellschaftlich das Leben bestimmen (vgl. ZEUNER 2010, 61).
Lebenslanges Lernen    

Lebenslanges Lernen – vom Autor begrifflich als „lebensbegleitendes Lernen“ verwendet – ist als Notwendigkeit eine Kernthese der Erwachsenenbildungsforschung. Die Forderung der Europäischen Union (2001) enthält neue Akzente und Perspektiven, bildungspolitisch und theoretisch.

Christiane HOF (2009) weist institutionell und biographisch auf eine neue Lernkultur hin, die neue Lernkontexte erschließt (vgl. HOF 2009, 138). Traditionelle Einrichtungen der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung sind nicht mehr ausschließlich gefordert, vielmehr ergibt sich eine Vielzahl von Lerngelegenheiten und damit neuer Lerninhalte und Lernziele. Zwei zentrale Perspektive lassen sich unterscheiden. Einerseits stellen sich die bildungspolitische Frage der Gestaltung von sozialen und institutionellen Bedingungen und andererseits die pädagogisch-didaktische Frage von Lernumgebungen und damit individuellem Lernen (vgl. HOF 2009, 12).

Von Interesse ist die theoretische Diskussion in mehrfacher Hinsicht (vgl. SIEBERT 2012, 198-199). International hat die Empfehlung den Begriff öffentlich gemacht und eine Diskussion belebt. Institutionell werden neben den traditionellen Einrichtungen außerinstitutionelle Lernorte und Lerngelegenheiten stärker beachtet. Organisatorisch gilt die Notwendigkeit lebensbegleitenden Lernens nicht nur für Personen, vielmehr auch für Kollektive bzw. Teams wie Betriebe, Unternehmen und Bildungseinrichtungen sowie Regionen (vgl. den IT-Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Erwachsenenbildung im ländlichen Raum).

Ein solches organisatorisches Lernen benötigt ein Wissensmanagement und eine Lernbereitschaft aller Mitglieder. Pädagogisch erfordert lebensbegleitendes Lernen eine neue Interpretation bzw. Aufgabenstellung der Schule und ihrer Lern- und Bildungsziele. Nach wie vor wird die Unterscheidung von Schulpädagogik und Erwachsenenpädagogik kaum zur Kenntnis genommen. Wissenssoziologisch ist von Interesse, dass mit dem neuen Wissen das Nichtwissen zunimmt und die Handlungsfähigkeit bei dieser Ungewissheit eine neue Kompetenz ist. Anthropologisch ist die Teilnahme an solchen Veranstaltungen typisch für eine Minderheit (vgl. DEUTSCHER AUSSCHUSS 1960/1964). Die Vision lebensbegleitenden Lernens verlangt dagegen einen „homo discens“ (lernenden Menschen), d.h. ein begleitendes Lernen bzw. Umlernen als Notwendigkeit für alle. Psychologisch erkennt man auch die Schattenseiten. Erwachsenenbildung wird als freiwillig angesehen, lebensbegleitendes Lernen wird als unvermeidlich und zwangsläufig eingestuft. Schulische Erinnerungen treten auf, weshalb die Forderung einer Schulreform mit einer Neuinterpretation von Schule als dringend notwendig erscheint.

Forschungsfragen    

Als Forschungsfragen ergeben sich:

  • Welche Ursachen und Gründe haben erwachsenenpädagogische und religionspädagogische Erwachsenenbildungskonzepte im Kontext mit Erwachsenen- bzw. Weiterbildung?
  • Welche EU-Aspekte ergeben Folgerungen in der Allgemeinen Erwachsenenbildung bzw. Weiterbildung und Evangelischen Erwachsenenbildung?
  • Welche Faktoren charakterisieren Allgemeine Erwachsenbildung und Evangelische Erwachsenenbildung?
  • Welche speziellen Handlungsherausforderungen ergeben sich aus der Verbindung von Theorie und Praxis?
Daraus ergibt sich das Methodenrepertoire der Arbeit mit

  • Literaturrecherche und Literaturanalyse,
  • Analyse und Auswertung von Erkenntnissen,
  • Analyse von Merkmalen der Bildungsinstitutionen,
  • Umsetzung in Lehre, Gruppenführung und Kommunikation mit Lernenden/Lehrenden und
  • Analyse der Umsetzung eigener Publikationstätigkeit.
Forschungsziele    

Forschungsziele der Arbeit ergeben sich aus der Anwendbarkeit und Umsetzbarkeit. Dabei ist der Bezug zur Realität relevant (vgl. NUISSL 2010, 45).

  • Welchen Stand hat die Forschung zum Lehren und Lernen bzw. den Lernkulturen in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung und Evangelischen Erwachsenenbildung?
  • Welche pädagogischen Tätigkeiten können verbessert und professionalisiert werden?
  • Welchen Forschungs- und Praxisbedarf gibt es in den Handlungsfeldern?
Ziel der Arbeit ist, den Gesamtzusammenhang von Wissenschaft und Praxis im Kontext eines Universitätslehrganges und einer Auseinandersetzung mit Wissen, Erkenntnissen und persönlichen handlungsspezifischen Herausforderungen mit Erwachsenen- bzw. Weiterbildung professionell zu reflektieren. Die persönliche Erwartungshaltung ist zu reflektieren und überprüfen.

5.4 Allgemeine Erwachsenenbildung und Weiterbildung    

Erwachsenenbildung stellt Theorie und Praxis vor besondere und andere Herausforderungen.

  • Die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden ist eine Beziehung zwischen Mündigen(vgl. FLEIGE 2011, 65).
  • Es gibt keine Erziehung, vielmehr geht es um Bildung und gegebenenfalls Qualifikation.
  • Die Bezugspersonen sind Teilnehmende (vgl. SCHRÖER 2004, 9). Zudem gibt es den Unterschied zur schulischen Bildung in der Teilnehmerorientierung, im Lehren und Lernen und Erwerb von Wissen ohne Belehrung sowie der Programmplanung, der Modernisierung des Bildungssystems und der Landeskultur (vgl. FLEIGE 2011, 11-2, 64).
  • Es geht um Bildung, Qualifikationen und Erwerbe von Kompetenzen. Zu bedenken ist neben der nationalen auch die internationale (EU-) Perspektive der Erwachsenenbildung (vgl. LENZ 1998, 329-349; NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010).
  • Die Organisation von Erwachsenenbildung ist pluralistisch, es geht um ein Bestehen auf dem Bildungsmarkt (vgl. NOLDA 2008, 64-68).
  • Konfessionsgebundene Erwachsenenbildung hat eine andere Aufgabenstellung.
    • Theologie erfordert Verkündigung bzw. Mission.
    • Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft fordert Mündigkeit, Organisationsentwicklung und Konkurrenz (vgl. DICHATSCHEK 2005, 126).
    • In dem interdisziplinären Fachbereich des Bildungsmanagements von Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft/Erwachsenenbildung und Betriebswirtschaft/Organisationsentwicklung bzw. Theologie bei konfessionsgebundener Erwachsenenbildung geht es um Herausforderungen der jeweiligen Situation (Situationsanalyse), die Darstellung veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen (Gesellschaftsanalyse), den sich ändernden Wirtschaftsrahmen (Wirtschaftsanalyse) und um Ziele und Zielkonflikte im Verhältnis der Fachbereiche (Lernzielanalyse).
Gefordert sind demnach eine Abklärung der klassischen und modernen Organisationstheorien, die Besonderheit einer Bildungsorganisation im quartären Bereich mit ihren spezifischen Merkmalen und Ergebnisse, die zu pragmatischen Entwicklungsperspektiven führen. Damit sind komplexe Fragen im quartären Bildungssektor für Lehrende und Lernende gestellt.

Erwachsenenpädagogik im nationalen Bereich    

Erwachsenenbildung ist mit der Allgemeinen Erwachsenenbildung mit den Volkshochschulen, der ARGE Bildungshäuser, dem Büchereiverband und dem Ring Österreichischer Bildungswerke (mit den konfessionsgebundenen Bildungswerken) sowie der Beruflichen Erwachsenenbildung (auf die nicht näher eingegangen wird) Bestandteil des quartären Bildungssektors.

Nach ZEUNER (2010) ist es Aufgabe einer Erwachsenenbildung in einer Demokratie, sachliches Verständnis der Wirklichkeit und wirksame Kritik zu bilden. Verantwortung und Kritik sollen vorgelebt werden. Eine Demokratie lebt aus dem wachsamen Mut ihrer Bürger, aus der Bereitschaft zur Opposition und Alternative (vgl. ebda., 59). Damit wurde die Hauptaufgabe der Erwachsenenbildung in einer alltags- und lebensorientierten und Politischen Bildung gesehen. Erst mit Eintritt in die Europäische Union hat sich die Zielsetzung mit einer beruflichen Qualifikation erweitert, wobei die politisch –ökonomische Dimension aktuell bleibt. Mit der theoretischen Diskussion der Erwachsenenbildung ist die Entwicklung eines spezifischen professionellen Bewusstseins und Handelns der in der Praxis tätigen Personen notwendig. Die verschiedenen Handlungsfelder, die unterschiedliche berufliche Primärsozialisation und die verschiedenen Arbeits- und Beschäftigungsformen erschweren bisher ein theoretisch begründetes professionelles Selbstverständnis und Handeln (vgl. ebda., 62).

Seit den siebziger Jahren gibt es zwei fundamentale gesellschaftliche Neuerungen mit einer gesamtgesellschaftlichen Bildungsverantwortung, zum einen eine weltanschauliche Offenheit und zum anderen eine Orientierung an der Lebenswelt bzw. Beruflichkeit der Adressaten. Zunehmend wird der Bereich der Beruflichen Erwachsenenbildung forciert, wobei Änderungen auf dem Arbeitsmarkt, die Nachfrage nach Qualifikationen und einem Weiterbildungsangebot eine Rolle spielen (vgl. NOLDA 2008, 33, 48). In der Folge kommt es zur Einbeziehung von Qualifikationslernen und Weiterbildung bzw. Höherqualifizierung mit beruflichen, politischen und lebensweltorientierten Bildungsaspekten, die sich in Berufs- und Persönlichkeitsbildung mit Qualifikationen und Kompetenzen (Personalkompetenz/Selbst-, Fach- und Methodenkompetenz, Sozial- und Handlungskompetenz) darstellt (vgl. HEYSE-ERPENBECK 2009). Oskar NEGT (1991/1997) unterscheidet aus kritischer Perspektive eher bildende Aspekte der Erwachsenenbildung mit alternativen Kompetenzen/“gesellschaftlichen Schlüsselqualifikationen“ wie Identitätskompetenz, ökologische –, technologische - , historische - , Gerechtigkeitskompetenz und ökonomische Kompetenz (vgl. NEGT 1991, 11-15 und 1997, 227).

Erwachsenenbildung benötigt daher heute Professionalisierungsprozesse und Weiterbildungsmaßnahmen des Weiterbildungspersonals (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 86-93), Profitbildungen des Programmangebots und Kenntnisse von Betriebswirtschaft (vgl. BUSSE VON COLBE-COENENBERG-KAJÜTER-LINNHOFF-PELLENS 2011) sowie Verbesserung der Ressourcennutzung mit Qualitätssicherung durch Kooperationen in Form von Erfahrungsaustausch, gemeinsames Marketing, Berücksichtigung der Anforderungen und Wünsche der Gesellschaft und des Trägers, der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Adressaten (vgl. NOLDA 2008, 117-118).

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen    

Zu den zentralen Veränderungen der demokratischen Gesellschaft gehört die Veränderung der Arbeitsgesellschaft. Die Bedeutung immaterieller Arbeit wächst. Freiwilligkeit gewinnt an Bedeutung und ist insbesondere im Sozial-, Sport- und Kulturbereich nicht wegzudenken (vgl. DICHATSCHEK 2012/2013, 688-692). Die subjektiven Interessen der Arbeitenden gewinnen an Bedeutung. Die Arbeitsverhältnisse werden zunehmend dereguliert, damit die Arbeitskräfte flexibler eingesetzt werden (können). Die klassischen Formen der Berufstätigkeit lösen sich auf, die Bedeutung beruflicher Orientierung nimmt zu (vgl. SCHRÖER 2004, 23; vgl. den IT-Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Vorberufliche Bildung in Österreich).

Die bisherigen Formen von Arbeit – fixer Arbeitsplatz, Arbeitszeitregulierungen, Sozialansprüche, Tariflöhne – verändern sich zu anderen Formen wie Telearbeit, mobiler Arbeitsplatz und virtuelle Büros und damit zu einer verschärften Ökonomisierung mit einer Reihe von wirtschaftlichen und sozialen Unsicherheiten. Es ist davon auszugehen, dass künftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehrere Arbeitstätigkeiten in mehren Berufen auszuüben haben, beginnend mit einer Berufsausbildung, einem Startberuf, Folgeberuf, ggf. Umschulungen bzw. Folge- und Weiterbildungsmaßnahmen und geänderte Arbeits- und Berufsbedingungen. Arbeitsunterbrechungen – bei Frauen im hohen Ausmaß bereits lange eine gesellschaftliche Realität - werden keine Ausnahme sein (vgl. SCHRÖER 2004, 23; BEINKE 2006, 11-16; NOLDA 2008, 32-34). Freiwilligenarbeit und soziales Engagement mit Anerkennung werden zunehmend von Bedeutung werden. Der Wert des generationenübergreifenden Engagements mit Hilfsbereitschaft steigt (vgl. OPASCHOWSKI 2006, 84-107).

Das hat auf Erwachsenenbildungseinrichtungen Konsequenzen. Zunächst wird ihre Rolle aufgewertet, weil Bildungsmaßnahmen in Form eines lebensbegleitenden Lernens verstärkt notwendig sein werden. Dieses Lernen soll, so die EU-Forderung, für unterschiedliche Arbeitsmöglichkeiten fit halten, also in verlängerter erwerbsarbeitsfreier Zeit auf neue Beschäftigungsfelder vorbereiten (vgl. NOLDA 2008, 12-14). Für die Allgemeine Erwachsenenbildung hat dies zunächst kaum Konsequenzen. Bildung wird als Dienstleistung auf einem Bildungsmarkt verstanden. Ökonomische, inhaltliche und methodische Konkurrenzsituationen sind vorhanden. Gefragt und gefordert ist durch die Pluralisierung der Arbeitsformen und Berufsbilder, Individualisierung von Arbeitsbedingungen und geringere Halbwertzeiten berufsspezifischen Wissens eine berufliche Grundbildung. Erforderlich ist damit eine solide Allgemeinbildung. Für die Bildungseinrichtungen gilt, dass sie sich durch neue Arbeitsmodelle sowie flexible Lernstile und Lernformen verändern.

Nach TIETGENS-WEINBERG (1971) lernt man, was etwas ist, aber nicht, was etwas bedeutet (vgl. TIETGENS-WEINBERG 1971, 86).

KOLB (1984, 77) geht im „experiential learning“ vom divergierendem Stil (Betrachtung konkreter Situationen aus unterschiedlichen Blickwinkeln/konkrete Erfahrung, reflektierendes Beobachten), konvergierendem Stil (Lösen von Problemen und praktische Umsetzung/abstrakte Begriffsbildung, aktives Experimentieren) und assimilierendem Stil (Entwicklung theoretischer Modelle/abstrakte Begriffsbildung, reflektierende Beobachtung) und akkomodierendem Stil (Handeln und Umsetzen von Plänen/Bereitschaft neuer Erfahrungen) aus.

Neben diesen Kennzeichen und Notwendigkeiten stellt sich das Problem der Qualitätssicherung (Qualitätsmanagement) (vgl. NOLDA 2008, 108). Anzustreben ist im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Anbieter in der Erwachsenenbildung eine Zertifizierungsmöglichkeit. Probleme bestehen ebenso in den Kompetenzanforderungen, den Tätigkeitsprofilen der Lehrenden mit unklaren Qualitätsanforderungen – man denke etwa an die Bezeichnungen Dozent, Coach, Trainerin bzw. Trainer, Unternehmensberaterin bzw. Unternehmensberater, Beraterin bzw. Berater und Kursleiterin bzw. Kursleiter – und den verschiedenen den verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen beim Personal (vgl. WITTPOTH 2006, 175-196; NOLDA 2008, 113; ZEUNER 2013, 82 bzw. 85-87).

Ziele und Zielkonflikte    

Aus dem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang ergibt sich eine Begründung für eine Erwachsenenbildung bzw. Weiterbildung. In der Erwachsenenbildung ist die Zielsetzung und Orientierung vorrangig an gesellschaftspolitische und bildungspraktische Belange ausgerichtet. Weiterbildung orientiert sich an den weiteren Bildungswegen der Klientel, an Höherqualifizierung.

Fort- und Weiterbildung sind die Kernaufgaben einer Erwachsenen- und Weiterbildung besonders unter EU-Bildungsaspekte geworden (vgl. LISSABON 2001).

Bezugswissenschaften sind vorrangig die Erwachsenenpädagogik/-psychologie (Erwachsenenbildungswissenschaft), Soziologie, Geschichtswissenschaft, Berufspädagogik und Politische Bildung sowie Ökonomie (vgl. WILLPOTH 2006, 36-39; ZEUNER 2010, 55). In der konfessionellen Erwachsenenbildung spielt die Theologie mit der Religionspädagogik eine Rolle. Betriebswirtschaftliche Überlegungen spielen seit der zunehmenden Ökonomisierung und Kommerzialisierung in den neunziger Jahren eine Rolle. Entsprechend kommen Aspekte wie Professionalisierungsstrategien, Organisationsentwicklung und Bildungsmarketing zur Geltung.

Trotz der Reichhaltigkeit des inhaltlichen Angebots und ihrer Breite – Individuum, Beruf und Gesellschaft - gibt es einen Kernauftrag. Basis ist die Fortsetzung der Elementarbildung (Basisqualifikation) mit dem pädagogischen Auftrag einer (besseren)Bewältigung des Lebens- und Berufsalltages und die Hinführung zu Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, wobei EU-bildungspolitisch berufliche Bildungsmaßnahmen verstärkt werden sollen.

Demnach sind drei pragmatische Konsequenzen zu ziehen. Erwachsenen- und Weiterbildung versteht sich als Zugang zu einer fort- und weiterbildungswilligen Klientel, wobei Bildung auch außerhalb tradierter Formen traditioneller Bildungsinstitutionen stattfindet (vgl. den von FLEIGE eingeführten Begriff „Angebote beigeordneter Bildung“/FLEIGE 2011, 55; die Bemühungen der EU um einen offenen Fernunterricht, formale, non - formale und informelle Bildung; WITTPOTH 2006, 110; NOLDA 2008, 105-106; NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 21, 55-57). Andere Methoden und Konzepte bilden eine Herausforderung (Methodenvielfalt). Themen einer Erwachsenenpädagogik sind dem Lernmilieu der Klientel bzw. Zielgruppe entsprechend aufzuarbeiten.

Persönliche Fragen zur Weiterbildung

Soll ich mich weiterbilden? – Wer eine Höherqualifizierung anstrebt, erweitert sein Wissen und seine Kompetenzen. Weiterbildung bereichert persönlich, das Unternehmen, den Wirtschaftsstandort und die Gesellschaft.

Was brauche ich? –Als Folgefrage stellt sich die Brauchbarkeit bzw. Nützlichkeit. Neben der beruflichen Notwendigkeit muss der Umfang, die Intensität und die Breite dieses Lernumfanges bzw. der Lernprozesse hinterfragt werden. Vom kostenlosen Wochenend- bzw. Abendkurs bis zum universitären Masterlehrgang über vier Semester mit Teilnehmergebühr und Aufenthaltskosten bedarf es einer persönlichen Analyse und des potentiellen Nutzens. Fragen des Warum, der Ziele, des Fehlens von Wissen bzw. Kompetenzen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der Finanzierung sind zu beantworten.

Beratung und Hilfestellung ? – Wenn der Bedarf und das Ziel festgelegt sind, sollte man den Bildungsmarkt beobachten. Um eine Übersichtlichkeit zu erhalten, sind Einrichtungen wie Berufsinformationszentren(BIZ/AMS), der Erwachsenenbildung und Netzwerke der Bildungsberatung hilfreich. Universitäre bzw. hochschulmäßige Einrichtungen sollten über das Internet abgerufen werden. Die Sozialpartner verfügen über eine Bildungsberatung.

Welches Angebot ist für mich geeignet? – Die Qualität der Anbieter kann variieren, weshalb zusätzliche Fragen nach dem Ruf, dem Bekanntheitsgrad und den Erfahrungen auftreten können. Das Medienecho und ein Gütesiegel sind von Bedeutung. Erfahrungsgemäß ist eine persönliche Erkundung wünschenswert.

Welches Angebot ist für mich richtig? - Voraussetzungen, das Umfeld und die Kenntnis eigener Stärken bzw. Schwächen sind wichtig. Fragen treten immer auf: Welche Faktoren sind für mich wichtig? Stimmt das Preis-Leistungsverhältnis? Wie nahe ist das Angebot an meinem Wohn- bzw. Arbeitsort? Wie ist das Zeitmanagement (abends, Wochenende, Block, Module)? Wie werden die Lerninhalte vermittelt?

Institution, Organisation und Organisationswandel in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung    

„Der neue – betriebswirtschaftliche – Blick auf Institutionen der Erwachsenenbildung diese als Organisationen, d.h. als soziale Systeme, die das Verhalten ihrer Mitglieder z.B. durch Arbeitsteilung und Hierarchien auf das verfolgen bestimmter Ziele ausrichten“ (NOLDA 2008, 107).

  • Organisationen sehen sich demnach verändernden Bedingungen ausgesetzt.
    • Dazu gehören etwa die Faktoren der Umwelt (Infrastruktur, Gebäude),
    • Werte und Normen (Kundenorientierung),
    • gesetzliche Vorschriften (Subventionen),
    • andere soziale Systeme (Fachhochschulen, Universitäten),
    • Finanzierungsmodelle (Budgetkürzungen),
    • demographische Entwicklungen bzw. Gesellschaftsstrukturen und
    • Adressaten (veränderte Ansprüche).
Institutionen der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung stehen unter starkem Veränderungsdruck. Dies betrifft etwa eine mögliche und/oder notwendige Änderung der Rechtsform, Fusionierung mit Bildungs- und Kultureinrichtung, eine Neupositionierung auf dem Bildungsmarkt oder/und einem Zusammenschluss in Netzwerken (vgl. KÜCHLER 2007, 7-29).

Mit der Einführung des Qualitätsmanagements entwickeln sich Qualitätskonzepte auf dem Prinzip einer Selbstevaluation oder einer externen Kontrolle.

  • Von Bedeutung ist das EFQM(„European Foundation for Quality Managment“) - Modell als Orientierungslinie oder sogar als handlungsanleitende Vorgabe geworden,
  • ebenso auch die lernorientierte Qualitätstestung(LQT) mit den Bereichen des Leitbildes, der Bedarfsanalyse, Evaluation der Bildungsprozesse, Qualität des Lehrens und der Lerninfrastruktur, der Führung bzw. Leitung und Entscheidung, Personalentwicklung, Controlling, den Geschäftsbedingungen und Kundenkommunikation, der Angebotsinformation und den strategischen Entwicklungszielen. Das Modell dient weniger einer Lernkontrolle, vielmehr der Organisationsentwicklung, also Lernprozesse selbstgesteuert zu vollziehen(vgl. EHSES/HEINEN-TENRICH/ZECH 2001, 32; ZECH 2003; NOLDA 2008, 108).
Bildungspolitische Aspekte für eine Erwachsenenpädagogik in der EU    

Grundsätzliche bildungspolitische Aktivitäten der EU finden sich im Weißbuch „Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung – Herausforderungen der Gegenwart und Wege in das 21. Jahrhundert“ (1993) mit der Bezeichnung der Probleme eines Mangels an wissenschaftlichen Qualifikationen, der hohen Zahl junger Menschen ohne Grundbildung, einem unzureichenden Ausbau von Weiterbildung und Zugangs zu der Weiterbildung sowie einem mangelhaften Angebot offenen Unterrichts und der Fernlehre.

Im Weißbuch „Lehren und Lernen – auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft“ (1995) geht man von den angeführten Problembereichen aus und empfiehlt eine Verbesserung der Beschäftigungspolitik(„employability“) als zentrales Anliegen einer Bildungs- und Berufsbildungspolitik durch (Weiter-)Bildung zu machen. Stichworte sind hier Schlüsselkompetenzen und Mobilität in der Ausbildung. 1996 kommt es zur Ausrufung des „Europäischen Jahres des lebensbegleitenden Lernens“. Auf Grund der bisherigen Analysen und künftigen Zielsetzungen werden Schlussfolgerungen in Form von Entwicklungsfeldern benannt, die Positionen für ein lebensbegleitendes Lernen definieren (allgemeines Schulwesen, wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Relevanz von Bildung, allgemeine und berufliche Fort- und Weiterbildung, Übergänge bzw. Verbindungen zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung, Zugang zu Bildung, Anrechenbarkeit von Kompetenzen und Weiterbildung von Lehrenden).

Als Höhepunkt einer diskursiven EU-Bildungspolitik findet sich das „Memorandum über Lebenslanges Lernen (2000) mit der Benennung potenzieller Partner wie dem Bund, den Bundesländern und Gemeinden, den Betrieben, den Sozialpartnern, Bildungseinrichtungen mit ihren Zusammenschlüssen, den politischen Parteien und Einzelpersonen (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 27-29).

  • Ziel ist, Europa zum leistungsfähigsten Wissensraum im globalen Wettbewerb zu machen. Im Memorandum heißt es zudem, dass Bildung im weiten Sinn des Wortes der Schüssel sei, um lernen und begreifen zu können, wie mit der kulturellen, ethnischen und sprachlichen Vielfalt umzugehen ist und wie das Individuum den hohen und komplexen Anforderungen des politischen und sozialen Umfelds begegnen kann.
  • Ebenso wird als „gleichermaßen wichtige Ziele“ des lebensbegleitenden Lernens die Förderung der aktiven Staatsbürgerschaft („active citizenship“) und die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit benannt (vgl. die Ziele einer Politischen Bildung/Erziehung).
  • Als zentrale Bildungsfragen gelten demnach ein umfassender und ständiger Zugang zum Lernen als Teilhabe an der „Wissensgesellschaft“, eine Erhöhung und Investitionen in Humanressourcen, die Entwicklung effektiver Lehr- und Lernmethoden bzw. Lernkontexte für ein lebensbegleitendes Lernen, bessere Methoden zur Bewertung von Lernbeteiligung und Lernerfolg (vor allem bei non – formalem und informellem Lernen) , die Gewährleistung eines besseren Zugangs zu hochwertigem Informations- und Beratungsangebot über Lernmöglichkeiten und eine Schaffung von Möglichkeiten für lebensbegleitendes Lernen in unmittelbarer Nähe mit Nutzung der neuen Techniken (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 31-32).
Es versteht sich von selbst, dass es hier um mehr als Erwachsenen- bzw. Weiterbildung geht, erkennt man doch das von der EU eingeforderte formale, non – formale und informelle Lernen sowie allgemeine, berufliche, politische und kulturelle Elemente.

Unter Maßgabe der Freiwilligkeit und Unterschiedlichkeit der Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten –„Methode der offenen Koordinierung“ - kommt es zu einer eigenen und unterschiedlichen Dynamik in der EU (vgl. Nord- und Westeuropa vs. Osteuropa).

Von Interesse ist die förderpolitische Ebene der EU ab 2007, bei der die Programme LEONARDO und SOKRATES in einem gemeinsamen Programm für lebenslanges Lernen zusammengefasst wurden (PLL/2007-2012).

  • Das Teilprogramm GRUNDVIG befasst sich demnach mit „Erwachsenenbildung“, Querschnittsprogrammen mit politischer Zusammenarbeit/Innovation, neuen Technologien, Verbreitung und Nutzung von Ergebnissen europäischer Integration.
  • Leistungen der Programme sind ein europäischer Mehrwert(EU-Kooperation), Innovationen (neue Möglichkeiten für Zielgruppen, Lehrende/Anbieter), Vernetzung, Nutzung von Potentialen an Wissen, Erfahrungen und Kapazitäten, Übertragbarkeit (Transfermöglichkeiten) und Nachhaltigkeit(dauerhafte Nutzbarkeit mit Einfluss auf die EU-Erwachsenenbildungsdiskussion).
  • Defizite zeigen sich nach wie vor in der geringen Verbreitung, bei Sprachproblemen und unterschiedlichen Weiterbildungssituationen in den nationalen Bereichen (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 36).
Die bis 2020 reichende Nachfolgestrategie „Europa 2020“ mit dem Ziel, die Wirtschafts- und Finanzkrise zu überwinden, besitzt auch einen bildungspolitischen Rahmen. Die vier strategischen Ziele mit breiten Handlungsmöglichkeiten und Maßnahmen mit der Kurzbezeichnung „ET 2020“ („education and training“) bilden das inhaltliche Gerüst einer künftigen EU-Bildungspolitik:

  • Verwirklichung des lebensbegleitenden Lernens (Schaffung -Umsetzung, Europäischer Qualifikationsrahmen, flexible Lernwege und Übergänge zwischen den Bildungsbereichen, Anerkennung von Lernergebnissen, Förderung der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung und der Beratungssysteme, bessere Gestaltung des Lernens und Ausweitung der Mobilität der Akteure),
  • Verbesserung von Qualität und Effizienz der Allgemeinen und Beruflichen Bildung (Verbesserung der Schlüsselkompetenzen, Sprachkompetenz und Unterrichtsqualität sowie Verwaltung und Leitung von Bildungseinrichtungen, angemessene Grund- und Fortbildung für Lehrkräfte, Steigerung der Attraktivität von Lehrberufen, wirksame Qualitätssicherungssysteme und Förderung der Methodenvielfalt),
  • Förderung der Gerechtigkeit, des sozialen Zusammenhalts und aktiven Bürgersinns (Erwerb von Kenntnissen und Kompetenzen, gezielte Maßnahmen für Personen mit Benachteiligungen und Migrationsvorgeschichte, Bildungsangebote für Kleinkinder und Förderung von integrativer Bildung, interkultureller Kompetenzerwerb, Achtung der Grundwerte – Umwelt - demokratischen Werte/Normen und Bekämpfung von Diskriminierung),
  • Förderung von Innovation und Kreativität sowie unternehmerischem Denken (Erwerb von bereichsübergreifenden Schlüsselkompetenzen/IT, Lernkompetenz, Kulturbewusstsein; Funktion des Wissensdreiecks Bildung – Forschung – Innovation/Partnerschaft, Ausrichtung des Lernens auf arbeitsmarktförderliche Kompetenzen und Qualifikationen sowie Erzeugung eines Klimas für bessere berufliche Anforderungen – soziale Bedürfnisse – persönlichem Wohl des Einzelnen/Lerngemeinschaften mit Interessensgruppierungen).
Kritisch wird von pädagogischer Seite die starke Ausrichtung der bildungspolitischen Inhalte und Ziele an Wirtschafts- und Arbeitsmarktinteressen vermerkt. Beklagt wird die Betonung von (Weiter-) Bildung und lebensbegleitendem Lernen mit Blick auf die Entwicklung von „employability“, die ökonomische Ausrichtung in Verbindung mit globaler Bildung und der Vernachlässigung anderer Ziele aus gesellschaftlicher und individueller Sicht wie die Ermöglichung von sozialer Tilhabe und persönlicher Entfaltung (vgl. soziale, politische und kulturelle Kompetenz; SCHEMMANN 2007, 159, 226, 233-240).

Allerdings betont fast jedes EU-Dokument auch den sozialen Zusammenhalt, demokratische Werte, allgemeine Bildungsmöglichkeiten bzw. Ziele und den interkulturellen Dialog sowie „active citizen“ (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 39-40). Seit dem Jahr 2000 prägt das Paradigma des „Lebenslangen Lernens“ die EU-Bildungspolitik. Die Kommission versteht darunter „[…] alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, bürgergesellschaftlichen, sozialen bzw. beschäftigungsbezogenen Perspektive erfolgt“ (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2001, 9).

Erscheint der Paradigmenwechsel zunächst für die Erwachsenen- bzw. Weiterbildung günstig, so haben dennoch die bildungspolitischen Aktivitäten der EU für Schule, Hochschule bzw. Universität und berufliche Bildung einen höheren Stellenwert als die „Erwachsenenbildung“. Mit der Kommissionsmitteilung „Erwachsenenbildung: Man lernt nie aus“ (2006, 2007) werden Handlungsbereiche definiert wie Auswirkungen anderer Bildungsbereiche auf die Erwachsenenbildung, Qualitätsverbesserung des Angebots, Erreichen eines nächst höheren Qualifikationsniveaus für Erwachsene, Anerkennung bzw. Bewertung non –formalen und informellen Lernens und eine Verbesserung der Überwachung des Sektors „Erwachsenenbildung“ (vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006; 2007, 8). Die EU weist in der Mitteilung darauf hin, dass unter Erwachsenen- bzw. Weiterbildung nicht immer und überall in der EU dasselbe verstanden wird (vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006, 2).

Zunehmend gewinnt daher die Erwachsenen- bzw. Weiterbildung seit einigen Jahren politische Aufmerksamkeit (vgl. SCHEMMANN 2007).

Geht man von Alter aus, so schlägt die UNESCO vor, als „Erwachsene“ jene anzusehen, die „zu Hause“ als solche gelten (vgl. verschiedene Volljährigkeit in der EU; UNESCO 2010, 2). Nach SIEBERT (2012, 14-15) ist Erwachsenensein letztlich eine anthropologische Frage. Unterschiedliche Kriterien kennzeichnen die Wahrnehmung bei Medizinern, Juristen, Psychologen, Soziologen, Historikern und Pädagogen. Pädagogisch war Kindheit und Erwachsenenalter relativ eindeutig zu unterscheiden. Kinder werden erzogen und unterrichtet (Schul- bzw. Unterrichtspflicht), Erwachsenen sind berufspflichtig. Lehrende in der Schule vermitteln Werte und Interessen der Erwachsenenwelt, Erwachsene haben „ausgelernt“ und erhalten durch die Erwachsenenpädagogik Bildung. Lebensbegleitendes Lernen relativiert dies. Nach KADE-NITTEL-SEITTER (2007, 29) hat die Pädagogisierung der Lebensführung die kulturellen Grenzen zwischen Kindheit und Jugend sowie Jugend und Erwachsenenleben durcheinander gewirbelt. Erwachsenensein definiert sich nicht nur durch das Lebensalter, es ist auch eine soziale, kulturelle und individuelle Konstruktion. Die Lebenssituation, das Lebensgefühl, die Selbst- und Fremdwahrnehmung und gesellschaftliche Verhältnisse spielen eine Rolle (vgl. etwa die Rolle der Kindersoldaten in Bürgerkriegen; die Rolle von jugendlichen Lehrlingen im Arbeitsleben mit der Übernahme von Verantwortung an hoch technisierten Maschinen).

  • Das Modell der Kontinuität im Kontext mit Franz PÖGGELERs Werk „Der Mensch in Mündigkeit und Reife“ (1964) steht im Umbruch. Zäsuren, Schnittstellen, kritische Lebensereignisse und Identitätskrisen sowie gesellschaftliche Umbrüche (kritische Situationen) weisen darauf hin.
  • Das Konzept der Individualisierung einer „Risikogesellschaft“ weist auf die Ungültigkeit eines Phasenmodells (vgl. BECK 1986).
Trotz dieser Veränderungsprozesse spricht einiges dafür, dass am Begriff „Erwachsener“ und „Erwachsenenbildung“ festzuhalten. Mit dem Begriff „adult education“ aus dem angloamerikanischen Raum wird die Bildung des Einzelnen betont. James R. KIDD (1959/1979) veröffentlichte den US-Klassiker „How Adults Learn“. Betont wird die Unterschiedlichkeit des Lernens in der Kindheit und dem Erwachsenenalter (vgl. KIDD 1979, 36).

Im Verhältnis zu vorausgehenden Bildungsphasen ist rechtlich allgemein die abgeschlossene Schulbildung zu verstehen. Nachgeholte Schulabschlüsse gehören in der Regel nicht zur Erwachsenenbildung, auch wenn die Absolventen Erwachsene sind. Ob die Hochschulbildung zur Erwachsenenbildung gehört, wird unterschiedlich bewertet. „Der Trend geht dabei in die Richtung sie mit einzubeziehen“ (NUISSL- LATTKE-PÄTZOLD 2010, 51; vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006, 2).

Im förderpolitischen Kontext zum „lebenslangen Lernen“ wird „Erwachsenenbildung“ explizit als nicht–beruflich definiert und steht damit der beruflichen (Aus- und Weiter-) Bildung gegenüber. Dies entspricht dem Trend der Programme und allgemein ausgerichteter Dokumente der EU-Bildungspolitik.

5.5 Lernen in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung    

Bildungsaufgaben und lebensbegleitendes Lernen erfordern eine Auseinandersetzung mit dem Lernen von Erwachsenen. Es scheint, es kommt langsam zu einem Übergang von „adult education“ zu „adult learning“, wobei das Interesse sich auf altersbedingte Lernstile, Wissensvermittlung, erwachsenentypische Lernerfahrungen und Lernerwartungen sowie Lernanforderungen bezieht (vgl. NOLDA 2008, 81-94). Für den Lernbegriff in der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung sind die Bereiche Veränderung, Erfahrung und Reflexion wesentlich.

Es ist davon auszugehen, dass vor dem 60. Lebensjahr kein genereller Abbau von kognitiven Fähigkeiten nachzuweisen ist (vgl. FALTERMAIER-MAYRING-SAUP-STREMEL 2002, 22). Das intellektuelle Leistungsvermögen zwischen Altergruppen darf nicht am Leistungsprofil jüngerer Erwachsener gemessen werden. Ältere Menschen benötigen allgemein mehr Zeit bei der Lösung gestellter Aufgaben, sind ab bei deren Ausführung meistens genauer als jüngere (vgl. NOLDA 2008, 83). Zu bedenken bei Vergleichen sind auch der Ausbildungsstand und die Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt.

Bedeutungsvoll ist die Unterscheidung von kristallisierter Intelligenz und fluider Intelligenz (vgl. KRUSE-RUDINGER 1997, 50).

  • Kristallisierte Intelligenz bedeutet die Ausgestaltung des Denkens und Wissens (Wissensinhalte für eine Gesellschaft und Kultur, in der man lebt), gemessen etwa in Sprache, Kommunikationsfähigkeit und beruflichem Wissen.
  • Fluide Intelligenz umfasst die biologische Lernkapazität, gemessen etwa in kulturfreien Aufgaben wie bildhafte Darstellungen und einfache Symbole.
Lernfähigkeit – Lerntechniken    

Thorndike    

Ein Klassiker der empirischen Lernforschung ist Edward THORNDIKEs „Adult Learning“ (1928). Vergleiche von Testergebnissen jüngerer und älterer Erwachsener in Maschinschreiben und Esperanto, die Lernerfolge Älterer in Abendschulen und Lernleistungen 25- bis 50jähriger Erwachsener zeigten 1924, dass die Älteren weniger Zeit für den Erwerb des Unterrichtsstoffes benötigen, aber langsamer im Lerntempo als der normale Lernende sind. Bei motorischen Fertigkeiten waren Jüngere überlegen. Im Gesamtergebnis war für die Älteren das Ergebnis positiv. „Bis zum Alter von 50 Jahren ist fast alles lernbar. Das biologische Alter ist weniger von Bedeutung als Übung und Motivation“ (SIEBERT 2012, 18). Verlernt werden die Fähigkeiten, die nicht bzw. selten angewendet werden. Das Interesse am Lernen nehme im Alter ab. Zu unterscheiden sei zwischen unterschiedlichen Lernleistungen und Einflussfaktoren. Thorndikes Lernkurve als „Adoleszenz-Maximum-Kurve“ ist allerdings undifferenziert.

Houle    

1961 unterscheidet Cyril HOULE in seinem Buch „The Inquiring Mind“ drei Lerntypen, bezeichnet als „“goal-oriented learners“, „activity-oriented learners“ und „“learning-oriented learners“ (vgl. KNOLL 2007, 394). Hier werden etwa das Anstreben beruflicher Ziele, das Interesse an sozialen Kontakten und das persönliche Lernen als Lernziele von Lerntypen angesprochen.

Olechowski    

Richard OLECHOWSKI (1972) weist auf die „Lernfähigkeit“ als abstraktes theoretisches Konstrukt hin, das sich nicht exakt feststellen lässt. Allenfalls lassen sich Lernleistungen messen, diese seien aber auch vielschichtig.

Faktoren sind die Motivation des Individuums, die psychische Gesundheit und eine unter Umständen vergrößerte Reaktionslatenz (vgl. OLECHOWSKI 1972, 207). Genauigkeit und Lerntempo müssen beachtet werden. Ältere lernen genauer, brauchen mehr Zeit, die Variabilität der Lernleistung nimmt im Alter zu. Regelmäßiges Training verbessert geistige Leistungen, Transfereffekte aus früheren Lernprozessen fördern oder hemmen, bewährte Problemlösungen können übertragen werden, Interferenzen können helfen.

Olechowski warnt vor generalisierten Thesen.

Lehr    

Gegen ein frühes Nachlassen der Lernfähigkeit spricht die Sinnhaftigkeit einer geistigen Beanspruchung älterer Mitarbeitender, allerdings gibt es eine Reihe scheinbarer Defizite, die sich ausgleichen und/oder verhindern lassen – beispielhaft das Lernen im Ganzen als leichteres Lernen in Teilen, zu schnell dargebotener Lernstoff als Behinderung Älterer (daher die Bedeutung des Zeitfaktors), Einsetzen von bestimmten Lerntechniken („Eselsbrücken“, Einsetzen von Codierungstechniken), Übersichtlichkeit des Lernstoffes, der besonderen Bedeutung eigenständiger Lernaktivitäten (Selbsterarbeitung) und dem Vermeiden von Unsicherheiten (Lerntraining, Präsentationstechniken) (vgl. LEHR 2005, 23).

Illeris    

In der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung geht es vor allem um didaktische Überlegungen, zu denen das Prinzip der Teilnehmerorientierung und das Konzept der Lehrenden als „facilitator“ (Unterstützer des Lernens/“Lerncoach“) gehören. Im Bereich der Personalentwicklung werden diese Prinzipien verwendet (vgl. KNOWLES-HOLTON-SWANSON 2007, 149-165). Das Modell des „Lerndreiecks“ von ILLERIS spiegelt die Spannung interner (Kognition/Lerninhalte) und externer (Emotionen/Gefühle, Motivationen) Lernprozesse wider (vgl. ILLERIS 2006, 29-41; NOLDA 2008, 85-86).

Holzkamp    

In der subjektwissenschaftlichen Lerntheorie von HOLZKAMP wird aus der subjektiven Perspektive der Lernenden und seiner individuellen Lernbegründungen ein Prozess der Aneignung und Orientierung in Gang gesetzt. Aus einer Handlungsproblematik wird eine Lernproblematik, die mit einer „Lernschleife“ eingebaut wird. Ein solches Lernen mit Hilfe einer Lerntechnik mit Lebensnähe und unter Einbeziehung von Erfahrungen wird als expansives Lernen bezeichnet.

Die Lernbegründung findet der Einzelne für sich. Der Lerngegenstand hat gesellschaftliche Bedeutung und wird vom Einzelnen subjektiv realisiert. Angesichts von Lernwiderständen bei Erwachsenen aus schulischer Erfahrung werden Chancen expansiven Lernens in der Politischen Bildung, im virtuellen Lernen und in betrieblichen Projekten eingesetzt (vgl. FAULSTICH-ZEUNER 2006, 31). „So wird beispielsweise vermutet, dass die sinkende Teilnehmerzahl in der politischen Erwachsenenbildung mit Lernbedingungen zu erklären sind, die denen der Schule nicht unähnlich sind“ (NOLDA 2008, 88).

Negt    

In den siebziger Jahren wurde der Erfahrungsbezug eng mit der Idee von Emanzipation verbunden. NEGT hat für die gewerkschaftliche Bildungsarbeit das Konzept des exemplarischen Lernens entwickelt. Fallbeispiele einer Situation am Arbeitsplatz werden in Verbindung mit Widersprüchen als exemplarische Beispiele behandelt (vgl. NEGT 1971, 30; NOLDA 2008, 89). Erfahrungslernen wird (auch) mit organisiertem Lernen als fallorientiertes Vorgehen didaktisiert (vgl. DÖRING 2008, 173-174).

Sozialisation    

Nicht zu übersehen ist Lernen als Sozialisationsprozess. Das Lernen Erwachsener erhielt durch die Sozialisationsforschung neue Impulse. Im Folgenden ist auf BRIMM-WHEELER (1974), GRIESE (1979), ILLERIS (2004) und MEZIROW (1997) einzugehen.

  • 1974 erschien das Buch „Erwachsenensozialisation“ von Orville BRIM und Stanton WHEELER.
    • These 1 besagt, dass sich Kenntnisse und Verhalten im Alter ändern, kaum aber Fähigkeiten, Werte und Motivation. Ergänzungen bei der Deutung und Motivation werden allerdings, so der heutige Stand, kaum in Kursen gelernt.
    • These 2 besagt, dass im Alter weniger neue Kenntnisse erworben. Vielmehr alte Kenntnisse werden „synthetisiert“ (vgl. BRIM – WHEELER 1974, 30). Hier muss auch relativiert werden. Es wird immer wichtiger, auch neues Wissen zu erwerben, wobei die Anschlussfähigkeit die Nachhaltigkeit des Wissenserwerbs steigert.
    • These 3 besagt, der Idealismus wird durch Realismus ersetzt (ebd., 30). Es zeigt sich ein gewisser Pragmatismus, Sozialisation wird als gesellschaftliche Rollenerwartung gesehen.
    • Beide Autoren haben im Gegensatz zum Lernbegriff den Blick auf gesellschaftlich, soziokulturelle und sozioökonomische Bedingungen biographischer Entwicklung gerichtet. Zudem schließt Sozialisation das ungeplante und unbewusste Lernen mit ein (vgl. SIEBERT 2012, 22).
  • Hartmut GRIESE (1979) verknüpfte den Begriff „Erwachsenensozialisation“ mit dem Konzept des „lebenslangen Lernens“. Griese machte entgegen der bisherigen Ansicht einer Kontinuität des Lebenslaufes auf die Brüche, Zäsuren und Schaltstellen aufmerksam, die oftmals mit Lernanforderungen verbunden sind. Dazu gehören Änderungen („Wandlungen“) in der Einstellung, Motivation und Wertorientierung, die eine veränderte zwischenmenschliche Beziehungen bzw. Interaktionen ergeben (vgl. GRIESE 1979, 187).
  • „Phasenmodelle des Lebenslaufes sind in der Sozial- und Biographieforschung selten geworden“ (SIEBERT 2012, 22). Gesellschaftliche Veränderungen, eine Individualisierung der Lebensläufe und die Auflösung von Normalbiographien ergeben keinen Sinn für Phaseneinteilungen. Knud ILLERIS (2004) versucht (trotzdem) es mit vier Phasen einer Lernbiographie: „Children want to capture their world“ (ebda., 208), „Young people want to construct their own identities“ (ebda., 215), „Adults pursue their life goals“ (ebda., 219) und „Mature adults seek richness and harmony“ (ebda., 222). So sehr die Phasen einsichtig und selbstreflexiv sind, eine empirische Verifizierung ist kaum möglich. Abstrakte Merkmale („to capture the world“) und idealistisch-normative Elemente („to seek the harmony“) zeigen an, dass Illeris’ Modell konstruiert ist.
  • Die „Kontinuitätsthese“ mit dem Lernen als Anschlusslernen ist gültig, ergänzt werden muss Lernen an den Schaltstellen und kritischen Lebensereignissen. Die Bewältigung solcher „critical life events“ erfordert ein Umdenken (Paradigmenwechsel). Jack MEZIROW (1997) spricht in diesem Verständnis von einer „transformativen Erwachsenenbildung“. Beachtet werden muss der Wandel von Wahrnehmungen, Werten und Bedeutungsperspektiven. Mezirow sieht seine Theorie als konstruktivistisch. Er sieht die Wirklichkeit im Lebenslauf im Kontext einer biographischen Zäsur und/oder gesellschaftlicher Veränderungen neu konstruiert (vgl. ebda., 5). Die Lernfähigkeit wird als ständige Verbesserung der Fähigkeit verstanden, früher Gelerntes durch reflexiven Diskurs zu validieren (vgl. ebda., 6). Typische Transformationsphasen von Mezirow bei Frauen ergaben die folgenden Problembewältigungsphasen (vgl. ebda., 143): Wahrnehmung des Problems, Selbstprüfung, Bewertung des Problems, Kontakte mit Betroffenen, Suche nach neuen Rollen bzw. Lösungen, Planungen für eine Veränderungen, neue Wissensaneignung, Erprobung neuer Rollen, Entwicklung von Selbstvertrauen und neue Lebensperspektiven. Notwendig sind nicht nur Veränderungen mit intellektuellem Verständnis und Wissen, ebenso werden emotionale Kraft und Willensanstrengung benötigt (ebda., 145). Für den deutschsprachigen Raum fehlen empirische Untersuchungen. Einiges spricht dafür, dass sich Interessen, Handlungsfelder und Werteordnungen ändern können. Im Normalfall sollten Lern- und Denkstile stabil bleiben (vgl. SIEBERT 2012, 24). Aus der Lern- und Lehrerfahrung des Verfassers können sich sehr wohl kritisches, reflexives und/oder analytisches Denken, ein Emotionswandel und ein Einfluss institutionalisierter Erwachsenen- bzw. Weiterbildung, etwa durch ein Studium, einstellen.
  • Von Interesse ist der Beitrag von Gabi REINMANN-ROTHMEIER und Heinz MANDL (1997) in der Psychologie der Erwachsenenbildung zum Instruktionslernen und Konstruktionslernen in der Erwachsenenbildung.
    • Traditionelles Lernen ist vorrangig Instruktion in Form von Vermittlung von fertigen Wissensinhalten („Wissenstransport“), rezeptivem und fremd gesteuertem Lernen.
    • Lernen wird zumeist gemessen interpretiert. Es entsteht in der Regel, bedingt durch eine passive Haltung, ein Mangel an Aktivität, intrinsischer Motivation und Eigenverantwortung (vgl. ebda., 363). Es ergibt sich ein „träges Wissen“, theoretisch erworben und praktisch nicht angewendet (vgl. ebda., 364).
    • Im konstruktivistischen Konzept tritt das Lehren zugunsten eines aktiv-konstruktiven Lernens in den Hintergrund. Lehre wird als Anregung gesehen, Lernen ist „situiert“, in wesentliche Situationen eingebunden, selbstgesteuert und Wissen individuell erzeugt (vgl. SIEBERT 2012, 25). Gleichzeitig ist aber auch Wissen gesellschaftlich „geteilt“, also gesellschaftlich verankert(vgl. REINMANN-ROTHMEIER/MANDL 1997, 368).
    • Unterstützt werden solche Lernprozesse, wenn Lernende ein Überblickswissen und Lerntechniken besitzen (vgl. SIEBERT 2012, 25).
    • Je geringer die Lernvoraussetzungen sind, desto mehr Steuerung und Instruktion ist notwendig (vgl. REINMANN-ROTHMEIER/MANDL 1997, 379).
  • Für die Erwachsenenbildung ist die Milieuforschung ebenfalls von Interesse.
    • Seit den neunziger Jahren werden neben der schichtenspezifischen Sozialforschung mit Sozialstrukturen und einem Sozialstatus – basierend auf schulischer Bildung, Einkommen und Berufsposition - auch Mentalitäten, Alltagsästhetik und die Pluralisierung der Lebensstile untersucht.
    • Hintergrund dieses Forschungsgegenstandes sind der Wertewandel und die Diversitäten der Lebenswelten. Damit sind Inklusion (Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppierung/soziale Identitäten) und Distinktion (Unterscheidungen, Abgrenzungen) angesprochen.
    • Theoretisch orientiert sich die Milieuforschung an dem Habituskonzept von Pierre BOURDIEU und auch an der Theorie des sozialen Konstruktivismus. Im Folgenden soll auf das Habituskonzept zum besseren Verständnis von Bildungschancen und sozialem Status eingegangen werden.
  • Nach BOURDIEU und PASSERON (1978) gibt es eine enge Verknüpfung von Bildungschancen und sozialem Status.
    • Bildungsunterschiede zwischen den Sozialschichten ergeben sich aus gesellschaftlichen Reproduktionsprozessen, die über schichtenspezifische Sozialisationspraktiken vermittelt werden. Verinnerlichte Einstellungsmuster, ausgehend von der sozialen Herkunft, bei BOURDIEU als „Habitus“ bezeichnet, zeigen sich als Bildungszurückhaltung.
    • In der Theorie der feinen Unterschiede (BOURDIEU 1982) wird der Habitusbegriff konzeptualisiert und in einer „Theorie des Kulturkapitals“ operationalisiert in inkorporiertes Kulturkapitel (Vermittlung der kulturellen und sozialen Praxis), institutionalisiertes Kulturkapital (formale Zertifikats- und Positionszuweisungen) und objektiviertes Kulturkapital (dauerhafte Dispositionen mit entsprechendem Individualverhalten) unterschieden. Eine erfolgreiche Bildungsteilnahme hängt damit von der Familie ab, wie sie ihr objektives Kulturkapital in ein inkorporiertes Kulturkapital der nachfolgenden Generation umsetzt.
      • Möglicherweise entstehen Bildungsungleichheiten nach BOURDIEU weniger als Folge von Selektionsmechanismen von Bildungssystemen, vielmehr auch von Transmissionsprozessen innerhalb der Familie (vgl. WATERMANN-MAAZ-SCZCESNY 2009, 96-97).
      • Kritisch an der Theorie von BOURDIEU ist zu vermerken, dass die Frage nach dem Wie des kulturellen Transformationsprozesses weitgehend unbestimmt bleibt. Offensichtlich wird der Effekt des kulturellen Kapitals auf den Kompetenzerwerb überschätzt, da in differenzierten Bildungssystemen von einem institutionellem Vermittlungsmodell mit Selektion und Förderung auszugehen ist (ebd., 97).
  • Für die Erwachsenenbildung sind von Interesse die Milieu-Untersuchungen von Heiner BARZ und Rudolf TIPPELT (2004). Sie lassen sich auch als Lernforschungen interpretieren (vgl. SIEBERT 2012, 26).
    • Es geht um milieuspezifische Schulabschlüsse, Lernbiographien, Lernstile, Lerninteressen, und Lernmotive. Bildungsthemen, affektive Nähe bzw. Distanz zu Kultur- und Bildungseinrichtungen, erwünschte Lernorte und Lehr- bzw. Lernmethoden.
    • Unterschiedlich ist auch informelles und selbstgesteuertes Lernen in verschiedenen Milieus ausgeprägt. Allerdings bedarf es einer Relativierung. Es gibt milieuübergreifende Merkmale wie das Alter, Geschlecht und Krankheiten. Eine Milieuzuordnung ist mitunter nicht eindeutig. Man kann durchaus mehreren Milieus zugeordnet werden.
    • Zu beachten ist auch im Erwachsenenalter eine Zunahme der Individualisierung (vgl. SIEBERT 2012, 26).
Selbständiges Lernen    

Die Bedeutung selbständigen Lernens weist darauf hin, dass Erwachsene nur bedingt durch Bildungsinstitutionen geprägt werden und sich Lernen und Bildung in diesem Alter überwiegend außerhalb von Institutionen abspielt.

Der kanadische Bericht über „Lernprojekte Erwachsener“(1979) zeigt, dass so gut wie jeder Befragte ein bis zwei Lernanstrengungen im Jahr unternommen hat, ungefähr 70 Prozent aller Projekte von Lernenden selbst geplant wurden. Folgeuntersuchungen haben die Tendenz der Aussagen für Kanada bestätigt. Selbständiges und informelles Lernen haben inzwischen für die Weiterbildung Bedeutung erlangt (vgl. DIETRICH 2001, 22; NOLDA 2008, 90).

„Die Raffinesse der Selbstlernparole besteht darin, dass sie dem Selbstbewusstsein schmeichelt, negative Assoziationen, die Erinnerung an schlechte Schulerfahrungen auslösen können, nicht aufkommen lässt und dazu die öffentliche Hände entlastet“ (TIETGENS 1997, 161).

„Wenngleich eine Selbststeuerungseuphorie zu verzeichnen ist, gibt es diesbezüglich auch kritische Stimmen: Mit der soziologischen Figur des ‚Arbeitskraftunternehmers’, der seine Erwerbsarbeit und seien Kompetenzentwicklung selbst organisiert, sich in den Dienst politischer Forderungen stellt und sich selbst vermarktet, wird an der fortschreitenden Forderung nach Selbststeuerung Kritik geäußert – wenngleich die unbestrittene Zunahme an Autonomie als Begleiterscheinung gewürdigt wird“ (FLEIGE 2011, 43). Eine zu starke Fokussierung auf Selbstorganisation ist in politischer, ethischer und bildungstheoretischer Hinsicht, möglicherweise mit steigenden individuellen finanziellen und zeitlichen Eigenleistungen, zurückzuweisen (vgl. FLEIGE 2011, 51).

KLINGOVSKY (2009) kommt in seiner Analyse, ausgehend von einem machttheoretischen Theoriehorizont, zu der Einschätzung, dass diese neue Lerntheorie zwar eine Subjektivierung von Lernen ermöglicht, aber nicht machtfrei sei. Das Subjekt werde ähnlich der klassischen Lernkultur in einer bestimmten Hinsicht konzipiert. Arbeitskraft- und Lernkraftkraftunternehmertum kann daher nicht im Interesse pädagogisch – didaktisch gestalteter Lernkultur und ihrer theoretischen und empirischen Betrachtung sein (vgl. KLINGOVSKY 2009, 52, 59, 205). Nach dieser Sichtweise leiste eine „Entgrenzung“ des Lernens von der institutionalisierten Erwachsenenbildung einer De- Institutionalisierung Vorschub. „So wie der Diskurs um ‚neue Lernkulturen’ geführt wurden ist, hat er zumindest der öffentlichen Erwachsenenbildung vielleicht eher geschadet als genützt“ (FLEIGE 2011, 51).

Lernformen    

Verborgenes Lernen    

Die Dokumente europäischer Bildungspolitik unterscheiden als Lernformen formal, non–formal und informelles Lernen. Sie bezeichnen demnach je nach Ausbildung und Bildungsinstitution (Einrichtung, Arbeitsplatz, Freizeit–Alltag, Familie; Strukturierung nach Lernzielen und Lernzeiten; Zertifizierung; vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2001). Damit wird verborgenes Lernen angesprochen und erworbene Kompetenzen – etwa für die Freiwilligenarbeit („Ehrenamtlichkeit“) und Anerkennung bei Bewerbungsverfahren – sichtbar gemacht.

Lernen just in time - Netzwerke    

Von Interesse sind Neue Medien und Netzwerke. Sie scheinen eine Lernhaltung zu bevorzugen, die zur Bereitschaft zum Lernen führt. Dies führt weniger zu einem „Lernen auf Vorrat“, vielmehr zu einem Lernen „just in time“. Neben flüchtigem und vielfältigem Wissen wird mitlaufendes Lernen – losgelöst von Orts- und Zeitgrenzen – zur Selbstverständlichkeit(vgl. NOLDA 2008, 93; SCHUBERT 2008, 179-187).

An dieser Stelle soll als Beitrag zu einer erwachsenenpädagogischen Lernkultur beispielhaft auf ein vom Verfasser praktiziertes Wiki-Netzwerk eingegangen werden (vgl. http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Günther Dichatschek). Ein Wiki ist ein asynchrones webbasiertes Kommunikationsinstrument. Es bildet eine Sammlung eine Sammlung stark verlinkter Seiten, die über das World Wide Web nicht nur gelesen, sondern auch online im Browser ediert werden können (vgl. KLAMPFER 2005, 4-10; EBNER-SCHÖN 2011, 51 ). Als hawaiianisches Wort steht es für „schnell“ oder „sich beeilen“. Ward Cunningham entwickelte 1995 sein klassisches WikiWikiWeb? „Postland Pattern Repository“ als Dokumentationssystem. Zentrale Prinzipien sind (1) die Änderung des Textes von jedem, (2) das Verändern und Erzeugen von Seiten wird so weit wie möglich vereinfacht, (3) die Nutzer schaffen Ordnung und Strukturen und (4) die Inhalte sind nicht fertig, können also immer aktualisiert werden. Wikis – hier das Netzwerk gegen Gewalt – setzen auf offene und faire Diskussion bzw. die Möglichkeit, Beiträge komplikationslos online zu setzen und einer breiten Öffentlichkeit nutzbar zu machen. Typische Wiki - Seiten enthalten Querverweise zu anderen Seiten, in unserem Fall Hinweise auf die Fachliteratur bzw. Links mit Abrufdatum. Durch die Einfachheit des Mediums können die Strukturen sofort „on the fly“ verändert werden, was eine dynamische Struktur zur Folge hat. Problembehaftet sind Wikis bei Interesselosigkeit, Vandalismus und Selbstdarstellung. Bei einer gewissen Größe ist Vandalismus unbedeutend (vgl. EBERSBACH-GLASER-HEIGL 2005, 29). Störungen werden schnell erkannt. Bedenken gibt es beim Mangel an schönen Schriften, Farben und Layouts. Die Stärke ist die Qualität des Inhalts. Zusammenfassend sind also die Einfachheit des Erstellens von Webinhalten, der offene Zugang und eine uneingeschränkte Zusammenarbeit die Stärken. In der Erwachsenenbildung können Wikis gut verwendet und als Teil eines pädagogischen Repertoires eingesetzt werden. So können etwa Arbeitsergebnisse, Gruppenarbeiten, Projekte und wissenschaftliche Arbeiten sowie Tagungen, Rezensionen, Diskussionsergebnisse und Kurse bzw. Lehrgänge dokumentiert werden. Der Verfasser arbeitet seit 2004 mit Wiki als Dokumentationsplattform (vgl. KLAMPFER 2005, 17-32).

Störfaktoren    

Störfaktoren in Form von Drop out-Phänomenen sind in mehrfacher Hinsicht gravierende Probleme.

  • Eine Rolle können ökonomische Faktoren (Angebotskosten, Einrichtungsimage, Angebotsnutzen), organisatorische Aspekte (Angebotsorganisation), pädagogische Aspekte (Atmosphäre, Gruppenstruktur, Überforderung/Unterforderung) und individuelle Aspekte (Misserfolgserlebnisse, Motivation, Ausdauer, Lernvoraussetzungen) spielen. Unterschieden werden kann auch zwischen Teilnehmerfluktuation („Taubenschlagmentalität“), einem endgültigen Kursabbruch („drop out“) und Teilnehmerschwund (immer geringere Nachfrage) (vgl. SIEBERT 2012, 34).
  • Zufälligkeiten oder Kleinigkeiten in Form von Verärgerungen oder Enttäuschungen, aber auch berufliche Veränderungen oder plötzliche Krankheit können einen Abbruch ergeben. Die Wahrscheinlichkeit, eine Veranstaltung bis zum Ende zu besuchen, ist umso größer, je mehr Interesse an der Sache und soziale Bedürfnisse vorhanden sind. Motivkonflikte sollten nicht vorhanden sein. Die zeitliche Belastung sollte richtig eingeschätzt werden. Nach der persönlichen Erfahrung gehören Teilnehmende mit höherer Schulbildung eher zu den Abbrechern, weil diese Gruppe glaubt, Inhalte auch zu Hause bearbeiten zu können.
  • Eine Teilnahme beruht in der Regel auf attraktiven Faktoren (Ermutigung, Freude) und aversiven Faktoren (Belastungen). Eine ausgewogene Gewichtung erscheint deswegen notwendig zu sein, wobei der Verlauf der Veranstaltung zumeist Veränderungen ergibt. Pädagogische Maßnahmen sind demnach die Eindeutigkeit der Veranstaltungsankündigung, eine Angemessenheit der Veranstaltungszeiten mit der Erklärung des Zeitaufwandes, die Abstimmung des Bildungsangebots und der Teilnehmervoraussetzungen. Erwartungsgespräche sollten zu Beginn geführt werden.
  • Bei Abwesenheit sollte Teilnehmenden ein inhaltlicher Anschluss ermöglicht werden. Informelle Kontakte können das Befinden fördern. Konkurrenzdenken und Rivalitäten müssen verhindert werden.
5.6 Weiterbildung von Lehrenden    

Qualitätsmerkmale von Seminaren, Kursen, Blockveranstaltungen, Lehrgängen, Abendveranstaltungen und Diskussionsreihen mit gutem Unterricht und in der Folge guten Lernerfolgen der Teilnehmenden stehen im Zusammenhang mit der fachdidaktischen Expertise von Lehrenden. Entwicklung und Evaluation von theoretisch fundierten und an der Praxis orientierten Weiterbildungsmaßnahmen haben daher Bedeutung in der aktuellen Bildungsforschung (vgl. TERHART 2003, 8-19; LIPOWSKY 2004, 462-479).

Es kommt daher dem Berufsfeld Weiterbildung, den Teilnehmervorstellungen, der Konzeption, den Inhalten und der Didaktik sowie dem Ablauf eines Weiterbildungsprojekts eine Bedeutung zu. Der Themenbereich wird mit einer Diskussion abgeschlossen.

Berufsfeld Weiterbildung    

Der Weiterbildungsbereich ist kein klar strukturierter und abgrenzbarerer Bereich, sind doch die institutionellen Strukturen stark differenziert. Dies betrifft die Zahl der Institutionen und der rechtliche Status, die inhaltliche Ausrichtung und das Selbstverständnis. Weiterbildung als Höherqualifizierung ist damit nicht einheitlich ausgerichtet und genau zu beschreiben(vgl. KRAFT 2009, 405). In Österreich betrifft dies zunächst vorrangig die Berufliche Erwachsenenbildung, wohl aber auch die Allgemeine Erwachsenenbildung, wenn sie Seminare und Kurse bzw. Lehrgänge zertifiziert und damit Qualifikationen vergibt (vgl. Sprachkurse, Basisbildung).

Mit dem Profil des Lernangebots und der thematischen Breite sowie der Zielgruppe ergeben sich Aspekte des Berufsfeldes.

  • Faktoren sind das formale Beschäftigungsverhältnis (freiberuflich, angestellt; nebenberuflich, ehrenamtlich/freiwillig), der berufliche Status (planend, leitend - lehrend) und die institutionelle Struktur. Mit der Vielfalt und Unterschiedlichkeit hat sich auch keine einheitliche Berufsbezeichnung durchgesetzt. Dies zeigt sich in den Bezeichnungen Erwachsenenbildner/in, Weiterbildner/in, Bildungsmanager/in, Dozent/in, Lehrende, Kursleiter/in, Trainer/in, Coach, (Lern-)Berater/in, (Lern-)Begleiter/in und Moderator/in. Keine Bezeichnung stellt eine geschützte Berufsbezeichnung im deutschen Sprachraum dar.
  • Die Qualifizierung der Beschäftigten zeigt einen hohen Akademisierungsgrad. Von Interesse ist der pädagogische Bildungshintergrund, der sich als heterogen darstellt (Lehramtsstudium, anderer pädagogischer Abschluss, interne Aus- bzw. Fortbildung, Quereinsteiger/keine pädagogische Ausbildung; vgl. bei „Dozenten/innen“ die fachspezifische Qualifikation ohne erwachsenenpädagogische Kenntnisse). Im Kontext einer Qualitätsdiskussion in der Weiterbildung wird dies teilweise sehr kritisch gesehen und erwachsenenpädagogische Standards gefordert (vgl. NUISSL 2006, 209-216; KRAFT 2009, 408).
  • In der Weiterbildung Tätige arbeiten im Management, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, der Programm- und Angebotsplanung, der Lehre und Beratung sowie den Verwaltungstätigkeiten. Unbestritten ist hier Aus-, Fort- und Weiterbildung angezeigt(vgl. die Kompetenzprofile von Weiterbildner/innen; allein Kursleiter/innen benötigen Fachwissen und Fachdidaktik und erwachsenenpädagogische Grundlagen wie die Lehr- bzw. Lerngestaltung, das Management und Grundlagen der Beratung; vgl. KRAFT 2009, 414-415). Festzuhalten ist, dass bislang für das Berufsfeld „Weiterbildung“ keine standardisierte und verbindliche Qualifizierung vorhanden ist.

Ein Blick in EU-Länder zeigt an, dass auch hier das Berufsfeld wenig strukturiert ist. Eine Vergleichbarkeit ist auf Grund historischer Entwicklungen, der sozioökonomischen Situation und bildungspolitischer Zuordnungen jeweils unterschiedlich begründet. Während in Nord- und Westeuropa institutionelle Abgrenzungen vorhanden sind, fehlt dies in Süd- und Osteuropa (vgl. hier die Angliederung an soziale Bewegungen, Betriebe, Verbände und Organisationen) (vgl. NUISSL 2005, 47-56; KRAFT 2009, 423).

Kennzeichnend ist in allen EU-Ländern das breite Spektrum von Berufsgruppen im Weiterbildungssektor. Eine berufliche Identität der Lehrenden fehlt häufig. Nur eine Minderheit ist fix beschäftigt. In keinem EU-Land ist der Zugang zur beruflichen Tätigkeit generell geregelt. Für eine Qualifizierung gibt es verschiedene Anbieter im öffentlichen, privaten (CH) und universitären (NL, Serbien) Bereich. Mit dem „Bologna-Prozess“ werden in immer mehr Ländern universitäre BA- und MA-Programme eingeführt. Es zeigt sich, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Zertifikate auf dem Bildungsmarkt vorhanden sind – innerhalb eines Landes und auch Europas. In Österreich wurde mit der „Weiterbildungsakademie“ ein nationales Qualifikationssystem eingeführt.

Aufgreifen von Teilnehmervorstellungen    

In der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung ist Teilnehmerorientierung mit Vorwissen und (Berufs-) Alltagserfahrung Voraussetzung für einen Unterrichtsentwurf. Erweitert werden solche pädagogischen Muster, wenn es gelingt, Lernenden Gründe für die Lehr- und Lerninhalte zu vermitteln. Daher gilt ein entsprechender Umgang mit Teilnehmerinteressen und Vorstellungen bei der Planung und Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen als eine Erfolgsbedingung für gelingenden Unterricht. Einzelmaßnahmen wie das Erzeugen eines kognitiven Konflikts oder das Abfragen von Vorwissen reichen dafür nicht aus.

Auszugehen ist daher von einer sach-, kontext- und erwachsenenpädagogischen Strukturierung der Lerninhalte, Schaffung problemhaltiger und handlungsintensiver Lerninhalte und einsichtiger und nachvollziehbarer Argumentation für das angestrebte Konzept mit einer praktizierbaren Erfahrbarkeit. Dies bedarf eines komplexen Zusammenspiels von fachlichen und fachdidaktischen Kenntnissen mit motivationaler Orientierung und selbstregulativen Fähigkeiten (vgl. WAHL 2006).

Konzeption, Inhalte, Didaktik und Ablauf eines Weiterbildungsprojekts    

Konzeption    

Als Konzept hat ein solches Projekt hat den Anspruch, Teilnehmenden eine unterrichtsorientierte Auseinandersetzung mit Inhalten bieten zu können. Dafür wird in Anlehnung an WAHL (2006) ein Kombinationsmodell mit Lernphasen mit einer Internet-Plattform, Präsenztagen und Lernpartnerschaften bzw. Praxistandem angeboten. Damit wechselt der Lernprozess in bzw. als Praxisphasen, Lernpartnerschaften bzw. Praxistandems, Selbststudium und Arbeit mit der Website. In den Präsenzterminen erhalten Lernende Angebote zur Erweiterung und Vertiefung ihres fachlichen und didaktischen Wissens über einen von ihnen gewünschten Lernbereich ihrer erwachsenenpädagogischen Praxis.

Inhalte    

Inhalte sind demnach die Vertiefung des inhaltsspezifischen Sachwissens und eine Erweiterung des fachspezifisch-pädagogischen Wissens wie etwa ein Verständnis für die Bedeutung der Thematik und Bedeutung der Lernprozesse, Konsequenzen für den Unterricht, die Vermittlung von Forschungsergebnissen, eine kritische Reflexion und Diskussion, Material- und Literaturbeschaffung, der Austausch über die im Unterricht betreffenden Gestaltungsmöglichkeiten und Einsatz von Analogien bzw. Modellvorstellungen.

Lernziele    

Lernziele zur Stärkung des professionellen Selbstverständnisses sind der Aufbau und die Vertiefung des subjektiven Kompetenzerlebnisses für die Inhalte mit einer handlungs- und reflexionsintensiven Gestaltung der Lehr- bzw. Lernumgebung für die Einsicht in den Alltag und die Denkweise und Arbeitsgestaltung in dem entsprechenden Fachbereich.

Didaktik    

Für die Sicherung der Teilnehmerorientierung sind didaktische Prinzipien zu berücksichtigen, wie sie für eine Gestaltung von situierten Lernumgebungen formuliert werden: Problemorientierung, Authentizität, Situiertheit und ein Methodenrepertoire mit aktivem und selbstreguliertem Lernen mit Sozialaustausch (vgl. WAHL 2006).

Von Bedeutung erscheint die Orientierung an Vorstellung der Lernenden etwa bei der Rekonstruktion und Ausführung bestehender und im Lernprozess entstehender Vorstellungen, Auseinandersetzung mit alternativen Konzepten und Theorien sowie einer reflexionsintensive Diskussion und Überprüfung. Anspruch eines Fortbildungsprojekts ist es, den Teilnehmer/innen eine unterrichtsorientierte Auseinandersetzung mit Inhalten bieten zu können. Dafür wird in Anlehnung an WAHL(2006) ein Kombinationsmodell mit Lernphasen mit einer Internet-Plattform, Präsenztagen und Lernpartnerschaften bzw. Praxistandems angeboten. Damit wechselt der Lernprozess in/als Präsenzphasen, Lernpartnerschaften/Praxistandems, Selbststudium und Arbeit mit der Website. In den Präsenzterminen erhalten Unterrichtende Angebote zur Erweiterung und Vertiefung ihres fachlichen und didaktischen Wissens über einen von ihnen gewünschten Lernbereich ihrer erwachsenenpädagogischen Praxis.

Inhalte sind demnach

- die Vertiefung des inhaltsspezifischen Sachwissens und eine

- Erweiterung des fachspezifisch-pädagogischen Wissens wie etwa ein Verständnis für die Bedeutung der Thematik und Bedeutung der Lernprozesse, Konsequenzen für den Unterricht, die Vermittlung von Forschungsergebnissen, eine kritische Reflexion und Diskussion, Material- bzw. Literaturbeschaffung, der Austausch über unterrichtliche Gestaltungsmöglichkeiten und Einsatz von Analogien/Modellvorstellungen.

Lernziele zur Stärkung des professionellen Selbstverständnisses sind der Aufbau und die Vertiefung

- des subjektiven Kompetenzerlebnisses für die Inhalte mit einer handlungs- und reflexionsintensiven Gestaltung der Lehr- und Lernumgebung

- für die Einsicht in die Alltagsrelevanz und

- die Denk- und Arbeitsweise in dem zu behandelnden Fachbereich.

Teilnehmerorientierung    

Für die Sicherung der Teilnehmerorientierung sind didaktische Prinzipien zu berücksichtigen, wie sie für eine Gestaltung von situierten Lernumgebungen formuliert werden: Problemorientierung, Authenzität und Situiertheit sowie ein Methodenrepertoire mit aktivem und selbstreguliertem Lernen mit Sozialaustausch ermöglichen Reflexionsprozesse (vgl. WAHL 2006).

Von Bedeutung erscheint dabei die Orientierung an Vorstellung der Lehrenden wie etwa die Rekonstruktion und Ausführung bestehender und im Lernprozess entstehender Vorstellungen, Auseinandersetzung mit alternativen Konzepten und Theorien sowie einer reflexionsintensiven Diskussion und Überprüfung.

Diskussion    

Für einen Weiterbildungsprozess werden die verschiedensten Möglichkeiten für eigenes Handeln und intensive Diskussion von Lehr- und Lerninhalten sowie Fachdidaktik angesehen.

Eine wesentliche Bedeutung stellt die Konzeptentwicklung in Verbindung mit Lern- und Lehrinhalten dar.

Eine bewusste Auseinandersetzung in Gesprächsform, klärender Auseinandersetzung und/oder informeller Kommunikation mit eigenen (Fehl-)Vorstellungen ist für den Aufbau eines tragfähigen Fachwissens lernförderlich.

Ein ganztägiger Studientag bzw. Weiterbildungstag gilt als vorteilhafter im Vergleich zu Nachmittagsweiterbildungen, weil ausreichend Zeit und Raum für individuelle Lernprozesse zur Verfügung stehen.

Transfer-Phasen, verstanden als eine Kombination von Arbeitsphasen und Arbeit im Tandem, geben die Möglichkeit, an der Thematik zu arbeiten, Anwendungen auszuprobieren und Erfahrungen auszutauschen.

Weiterbildungsinhalte werden als hilfreich und wertvoll angesehen, wenn Handlungsrelevanz gegeben ist. Theoretische Erkenntnisse der Lehr– und Lernforschung sind dann sinnvoll, wenn sie auf antizipierte Handlungssituationen als verwendbares Wissen wahrgenommne werden.

Eine Nachbereitung des eigenen Unterrichts mit einem Coach wird als wertvoll angesehen. Besser realisierbar ist eine Expertenanalyse einer Unterrichtssituation aus einem anderen Unterricht.

Eine Verbindung zur Hochschuldidaktik wird im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen hervorgehoben. Damit ist eine Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes und einer bildungstheoretischen Grundlegung gegeben (vgl. HERAN-DÖRR/KAHLERT/WIESNER 2007, 365; zur Lehre an Hochschulen PFÄFFLI 2005; DUMMANN-JUNG-LEXA-NIEKRENZ 2007; BRAUER 2014, 104-118).

Weiterbildner/innen haben im Prozess des lebensbegleitenden Lernens eine Schlüsselposition. Ihre Aus- und Weiterbildung standen bisher wenig im Fokus. Europäische Entwicklungen wie der Europäische Qualifikationsrahmen oder/und der „Bologna-Prozess“ können hier hilfreich sein.

5.7 Qualifikation - Kompetenz – Bildung    

Qualifikationen    

Zu Beginn der siebziger Jahre wurde der Bildungsbegriff mehr und mehr durch den Qualifikationsbegriff ersetzt. In bildungsfernen Schichten hatte der Begriff wenig Anklang, zudem wurde die Erwachsenenbildung stark ökonomisch-utilitaristisch begründet, so dass „Bildung“ eher als zweckfreie Persönlichkeitsentwicklung verstanden wurde (vgl. SIEBERT 2012, 41).

Damit kam es zu einer Aufwertung der empirischen Erziehungswissenschaft und einer Curriculum - Theorie (vgl. ROBINSOHN 1972). Robinsohn sieht Bildung und Qualifizierung nicht gegensätzlich, vielmehr konkretisiert der Qualifikationsbegriff den abstrakten Bildungsbegriff (vgl. ebda., 13). Vermerkt werden muss, dass in der Folge dieser Ansatz auf eine Operationalisierung von Lernzielen und instrumentellen Lerntests verkürzt wurde. Die Erwachsenenbildung fand diesen curricularen Ansatz attraktiv, entsprach er doch den Interessen der Teilnehmenden an einem Praxisbezug und war er vergleichbar mit einer „Lebensweltorientierung“ und „situierten Kognition“ (vgl. WEINERT-MANDL 1997, 368). In der Folge wurde für die Erwachsenenbildung auf die Vorteile einer Konstruktion offener Curricula hingewiesen (vgl. SIEBERT 1974).

Der Qualifikationsbegriff wurde und wird mit einer Ökonomisierung der Erwachsenenbildung verknüpft. Die Situationsorientierung ist zunächst von Vorteil, hinzuweisen ist aber auch auf Nachteile. „Wenn Lernen zu situativ ist, ist die Übertragbarkeit und damit die Verwendbarkeit eingeschränkt. Wünschenswert ist ein Transfer der erworbenen Qualifikationen auf ähnliche Situationen. Um einen solchen Transfer bemüht sich das Konzept der Schlüsselqualifikationen“ (SIEBERT 2012, 42).

Mit dem Begriff „Schlüsselqualifikationen“ ist der Name von Dieter MERTENS (1974) verbunden (vgl. SIEBERT 1977, 99-121). Erfüllt werden sollen die Entfaltung der Persönlichkeit, eine Fundierung der beruflichen Existenz und das gesellschaftliche Verhalten. Eine Veralterung des Faktenwissens soll verhindert werden, vielmehr soll es vielseitig verwendbar sein. Unterschieden werden Basisqualifikationen (wie Lernfähigkeit, logisches Denken, kontextuelles Denken) , Horizontalqualifikationen (wie Auswahl, Verständnis, Verarbeitung von Informationen), Breitenelemente (wie verwendbare Kenntnisse) und Vintage - Faktoren (wie generationenübergreifende Lerninhalte/Ökonomie, Ökologie, IT-Kenntnisse, Gentechnik).

Martin BAETHGE (1979) weist auf die eine Bilanz der empirischen Qualifikationsforschung hin. Das Interesse richtet sich auf die „ […] Bedingungen für die Entfaltung des menschlichen Arbeitsvermögens und darüber hinaus der kulturellen Persönlichkeit durch die historischen Formen der gesellschaftlichen Arbeit“ (BAETHGE 1979, 459). Das Forschungsinteresse liegt auf Veränderungen durch den technisch-ökonomischen Wandel, Dequalifizierung bzw. Höherqualifizierung und eine Polarisierung der Qualifikationsstrukturen (vgl. ebda., 477).

Kompetenzen    

Mit der Qualifizierungsoffensive der achtziger und neunziger Jahre wurden Hoffnungen geweckt, dass Weiterbildung alle ökonomischen, arbeitsmarktpolitischen und qualitativen Probleme lösen würde. Das Modewort „employablity“ entstand (vgl. die zugespitzte Kritik von STAUDT-KRIEGESMANN 1999, 18). In der Folge wird von beiden Autoren zwischen Qualifikationen und Kompetenzen unterschieden.

Kompetenzen sind Handlungsdispositionen, die eine qualifizierte Handlungsfähigkeit, motivationale Handlungsbereitschaft und gesellschaftliche Zuständigkeit einschließen. Zur Kompetenz gehören Wissen, Werte, Erfahrungen und Handlungsfähigkeit, die Performanz, also Ausübung von Handlungen einsetzen. Das eigene Handeln muss kontrolliert und evaluiert werden (vgl. SIEBERT 2012, 45).

Mit John ERPENBECK wird die Kompetenzdiskussion mit Selbstorganisationstheorien verknüpft. Begriffe wie Komplexität, Emergenz und Intentionalität sind Schlüsselbegriffe. Selbstorganisationsfähigkeit schließt Selbstlernfähigkeit ein und wird als Basiskompetenz bezeichnet. Sie erleichtert künftige und nicht absehbare Situationen sachgerecht und überlegt bewältigen zu können. In Verbindung mit Volker HEYSE wird betont, dass solche Kompetenzen eine Wertorientierung benötigen, wobei es um normativ-ethische Einstellung wie Lebenssinn, Lebenseinstellung, Lebensqualität, Werte, Selbstcheck, Erkennen und Abbau irrationaler Einstellungen, Genuss und Zukunftsplanung geht (vgl. ERPENBECK – HEYSE 2009, 9-17). Nicht nur Problemlösungen werden ermöglicht, vielmehr sind sie zukunftsfähige Dispositionen. Sie werden als Fachkompetenz, Methodenkompetenz, personale Kompetenz und soziale Kompetenz unterschieden. Eine Vielfalt von Kompetenzen ergänzt fachspezifisch den Kanon wie etwa Selbstlernkompetenz, Interkulturelle Kompetenz und emotionale Kompetenz.

Als komplexe Persönlichkeitsmerkmale sind Kompetenzen nur bedingt in Seminaren bzw. Lehrgängen erlernbar. Sie werden unbewusst in biographischen Sozialisationsprozessen informell erworben. Implizites Wissen gehört ohne Zweifel dazu. Ohne Wissen ist Handlungskompetenz nicht denkbar. Emotionales Denken steuert jedenfalls das Handeln, beispielhaft bei der sozialen Kompetenz nicht nur das Wissen über Kommunikationsabläufe und Interaktion, ebenso die Freude an Kommunikation und Aufgeschlossenheit gegenüber dem Anderen und die Sympathie für den Gesprächspartner.

Für die Erwachsenenbildung gibt es darüber hinaus eine weitere Bedeutung. Neben der Kompetenzorientierung gibt es die Alternative der Defizitorientierung. Dem vierten Bildungssektor wurde auf Grund schulisch bedingter Defizite eine kompensatorische Funktion zugewiesen. Es hat aber ein Perspektivenwechsel stattgefunden (vgl. SIEBERT 2012, 47).

• Erwachsene gelten als kompetent.

• Es kommt darauf an, das vorhandene Erfahrungswissen („Vorwissen“) zu thematisieren, aktivieren und didaktisch zu nutzen. Gemeint ist damit, neues Wissen zu bearbeiten, zu lernen, wenn es anschlussfähig an vorhandene Kompetenzen ist („Kompetenzpotentiale“).

Auf EU-Ebene gibt es eine Qualifikations- und Kompetenzdebatte. Gesucht wird eine Balance zwischen europäischer Vereinheitlichung und nationalen Besonderheiten.

  • Relativ weit realisiert ist der „Europäische Qualifikationsrahmen (EQR)“ mit unterschiedlichen Niveaustufen, der sich im Fremdsprachenunterricht bereits durchgesetzt hat.
  • Ein internationales Großprojekt stellt das „Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC)“ der OECD dar. Stärken und Schwächen der Kompetenzen in den verschiedenen Ländern sollen erkannt werden. In der Folge sollen gemeinsame Reformprojekte und Kooperationen vereinbart werden. „Dabei spielen vor allem nationale Interessen und Eitelkeiten eine Rolle. So gehört eine Zweit- oder auch Drittsprache selbstverständlich zu den Kompetenzprofilen kleiner Staaten, aber keineswegs zu den Kompetenzschwerpunkten in Großbritannien“ (SIEBERT 2012, 47).
Bildung    

  • Bildung ist ohne Wissen, Qualifikation und Kompetenzen nicht denkbar.
  • Bildung enthält eine ethische und eine politische Dimension (vgl. zu Ethik FRANKENA 1981; vgl. die zunehmende Bedeutung von Politischer Bildung in ihrer Breite des Bildungsangebots und ihrem Stellenwert im Bildungskanon).
  • Bildung basiert auf einem humanistisch-demokratischen Menschenbild. Damit schließt Bildung neben individueller Persönlichkeitsentfaltung auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und ein entsprechendes Engagement mit ein (vgl. die Bemühungen in der Politischen Bildung/Erziehung um eine „civic education“). Selbstlernkompetenz, Selbstreflexion, Neugier, Aufgeschlossenheit und Umgang mit Nichtwissen gehören in einen Erziehungsprozess eingebunden, der in der Folge in einer Erwachsenenpädagogik weiter gepflegt gehört.
  • Theodor ADORNOs Aufsatz zur „Theorie der Halbbildung“ mit seiner Empfehlung an Bildung festzuhalten, nachdem Halbbildung zur Fassade wurde und der emanzipatorische Gehalt der Bildungsidee verloren geht, gilt heute ebenso wie 1959 (vgl. ADORNO 1959/1979, 93, 103).
5.8 Lernen als Konstruktion von Wirklichkeit    

Seit den neunziger Jahren hat das systemisch-konstruktivistische Paradigma die Diskurse in den Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaften und der Organisationsentwicklung bestimmt. Paul WATZLAWICK (1976) hat den Begriff „Konstruktivismus“ mit der Frage „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ bekannt gemacht. Als Klassiker gilt von Humberto MATURANA und Francisco VARELA 1987 „Der Baum der Erkenntnis –Die biologischen Wurzeln des menschlichen Erkennens“.

Im deutschen Sprachraum wurde der Sammelband von Siegfried SCHMIDT (1987) „Der Diskurs des Radikalen Konstruktivismus“ bekannt. Rolf ARNOLD und Horst SIEBERT publizierten ein kritisierendes Buch 1994 über „Konstruktivistische Erwachsenenbildung“.

Konstruktivismus    

Der Konstruktivismus ist eine Erkenntnistheorie. Die Existenz außersubjektiver Realitäten besteht, aber unsere Welt ist gekennzeichnet durch unsere Wahrnehmungen, Kognitionen und Emotionen. MATURANA und VARELA wiesen darauf hin: „Alles Gesagte ist von jemand gesagt“ ( ebda., 32). Die Wirklichkeit ist demnach beobachtungsabhängig. Damit verfügt niemand über eine objektive Wahrheit. Es gibt keine einzig richtige und wahre Sichtweise. Damit ergibt sich eine Perspektivenvielfalt und Toleranz. Gegenüber Dogmatismus und Fundamentalismus ist man skeptisch. „Der Konstruktivismus ist aufgeschlossen für neue Sichtweisen, für neue Möglichkeiten, für Pluralität“ (SIEBERT 2012, 53).

Der Konstruktivismus ist

(1) reflexiv (relativiert durch andere Wirklichkeiten),

(2) beobachtungsabhängig und

(3) selbstorganisiert/selbsttätig (nach MATURANA-VARELA 1987, 50 „autopoietisch“).

Menschen sind (4) autonomer Systeme, mit der Umwelt verbunden, nicht von außen gesteuert - nach SIEBERT (2012, 54) überspitzt formuliert: Erwachsene sind lernfähig, aber unbelehrbar.

Der Wahrheitsbegriff kann durch (5)Viabilität ersetzt werden, also Passung, Gangbarkeit, Nutzbarkeit bzw. Brauchbarkeit. Der Viabilitätsbegriff im Zusammenhang mit dem US-Pragmatismus beinhaltet utilitaristische Zweckmäßigkeit und eine Verständigung über sinnvolles Denken und Handeln. Alltägliches Wahrnehmen und Erkennen – sehen, hören und riechen - erfolgt nach dem Prinzip der Viabilität.

(6) Zirkularität bedeutet im Denken Kreislauf, Rekurs und Interdependenz. Der Gegenbegriff wäre das lineare, monokausale und deterministische Denken. Zirkularität verweist auf Vernetzung mit ständiger Erzeugung und damit einem selbständigen Erhalt von Denken. Damit ist er Unterschied zu einem linearen Sender-Empfänger-Modell gegeben(vgl. eine Seminargruppe mit einem zirkulären System).

Der Konstruktivismus relativiert und ergänzt Erkenntnistheorien. Die Wirklichkeit ist lebensgeschichtlich begründet. Trotz der Betonung auf Eigenwilligkeit leben Menschen in einer sozialen Welt(vgl. SIEBERT 2012, 55).

Politische Bildung    

Im Folgenden wird auf die Politische Bildung eingegangen, die vom Verfasser in der Allgemeinen Erwachsenenbildung seit 2011 praktiziert wird. Als didaktisches Problem erweist sich die Distanz zur normativen Didaktik, die Lern- bzw. Bildungsziele vorgibt, d.h. für Lernende wird entschieden, was sie zu denken und zu tun haben. Diese traditionelle Aufgabe einer Politischen Bildung wird versucht mit einem konstruktivistischen Ausweg zu umgehen. Die drei Grundprinzipien einer politischen Pädagogik – Überwältigungsverbot, Kontroversität und Interessenslage (Teilnehmerorientierung) - sind konsensfähig und gelten als Basis für den Diskurs in einer Veranstaltung (vgl. SANDER 2014, 21, 160, 189, 288 - „BEUTELSBACHER KONSENS“ 1976).

Ebenso ist die regulative Idee einer Mündigkeit anzustreben. Zu vereinbaren ist das konstruktivistische Prinzip der Multiperspektivität, also einer Mehrdeutigkeit eines Weltverständnisses und damit einer Unterschiedlichkeit des Wissens und wissenschaftlicher Aspekte. Dieser Skeptizismus hat eine lange Tradition seit der Aufklärung.

Kritisch wird an der konstruktivistischen Politikdidaktik die Vernachlässigung des Fachlichen bemängelt.

  • Politologische Fachdidaktiker betonen die Unverzichtbarkeit einer normativen Didaktik (vgl. das Gegenargument: ein antidemokratisches Denken wird nicht verhindert, indem es in der Schule ignoriert wird).
  • In die Diskussion gerät zudem der Diskurs über ein eigenes Fach oder ein Unterrichtsprinzip, der in Österreich seit Jahrzehnten läuft und noch nicht abgeschlossen ist.
  • In der Erwachsenenbildung hat Fachlichkeit weniger Bedeutung. Vorrangig sind Erfahrungswissen („Vorwissen“) und beispielhaft der Austausch von Wirklichkeitskonstruktionen, Medienwissen und der Umgang mit Ängsten. Wesentlich sind Erwartungen und Alltagsprobleme (vgl. der IT-Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Lehrgang Politische Bildung in der Erwachsenenbildung). Themen im schulischen Sinn sind in der Erwachsenenbildung nicht vorhanden, Themen entstehen im Vorgespräch von den Beteiligten bzw. im Verlauf des Kurses bzw. Seminars (vgl. SIEBERT 2012, 63). Es entsteht ein vernetztes Denken, beispielhaft etwa in der Begegnung mit anderen Kulturen (vgl. die Ziele einer Interkulturellen Kompetenz).
  • Die Breite der Themen in der Politischen Bildung ermöglicht eine Vielfalt, die den Bedürfnissen der Teilnehmenden Rechung trägt.
5.9 Lernen in Netzwerken    

Allgemein spricht man von Netzwerken in Form eines Modewortes. Mitunter wird auch in der Soziologie der Begriff „Entnetzung“ verwendet.

  • Traditionelle soziale Netzwerke erodieren bzw. verlieren an Bedeutung oder verschwinden. Dies betrifft Großfamilien, Nachbarschaften und Betriebsgemeinschaften. Betroffen sind ebenso Parteien und Kirchen.
  • Eine normative Orientierung und Wertvorstellungen im Kontext mit Weltanschauungen verlieren an Bedeutung bzw. werden allmählich von Einsichten überholt.
  • Institutionen der Erwachsenenbildung mit ihren Angeboten können hier einspringen als unverbindliche Vernetzung, als Probeteilnahme, als begrenztes Engagement bzw. zeitgemäße neue Möglichkeiten einer sozialen Vernetzung und soziokultureller Bindung (vgl. REUPOLD-STROBEL-TIPPELT 2010, 571).
  • In der Vielfalt moderner Gesellschaften ist Vernetzung ein Charakteristikum. Man lebt als Einzelperson bzw. in einer Gruppe in vielfältig kulturellen und sozialen Netzen, etwa in der Familie, in der Schule, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz und in Gemeinschaften. Man lebt miteinander und voneinander im Alltag. Vernetztes Lernen ist informelles Lernen, Trans- bzw. Interkulturalität wird damit beschleunigt. Kulturgrenzen werden aufgeweicht bzw. verschwimmen, nationale Eigenheiten verlieren an Bedeutung. Ein Lernen verlagert sich zum flexiblen Umgang mit offenen modularen Netzwerken, mit eigene Fragestellungen und Anforderungssituationen. Hypermediale Netzwerke gewinnen an Bedeutung (vgl. SIEBERT 2012, 75-76).
  • Neue Lernkulturen betreffen etwa individuelle Denkkonstruktionen, Lernen in heterogenen Gruppen, interkulturelle Kontakte, informelles und formelles Lernen, „blended learning“, Lernen in institutionellen Netzwerken und Modularisierung des Lernens (vgl. EBNER-SCHÖN 2011, 385-391).
  • In jedem Fall sollte das Bildungsangebot mit der Bildungsberatung abgestimmt werden. Keine Bildungsberatung ist in der Lage, die Vielfalt der Lernangebote zu übersehen.
  • Kommunikationsnetzwerke schaffen Ideen und Bedeutungen, die wiederum zu weiterer Kommunikation führen kann. Mitunter werden so Rückkoppelungseffekte produziert, die ein System von Anschauungen, Erklärungen und Handlungsorientierungen ergeben (vgl. CAPRA 2002, 115). Bedingungen für solche Kommunikation sind die Anschlussfähigkeit der Beiträge, Verschränkungen von Perspektiven, gegenseitige Anerkennung und Wahrnehmung von Differenzen mit Angeboten von Beiträgen. „Entscheidend ist aber – und das ist keineswegs selbstverständlich: Man lernt nur von anderen, wenn man von ihnen lernen will“ (SIEBERT 2012, 76).
  • Vernetzung ist eine Leitidee der Erwachsenenbildung. In der Erwachsenenbildung ist das Lernbedürfnis lebensweltorientiert - es besteht aus Zusammenhängen, Interdependenzen und Vernetzungen. Dieses systemische Denken schafft neue Wirklichkeiten. Es basiert auf Selbstorganisation und Emergenz. Es entstehen neue Erkenntnisse und Problemlösungen mit einer neuen Qualität der Leistungen.
  • Ein Problem der Vernetzung stellt die Trivialisierung dar. Der Paradigmenwechsel besteht aber darin, dass monokausale und lineare Schemata von Ursache und Wirkung der Komplexität solch dynamischer Systeme nicht gerecht werden (vgl. SIEBERT 2012, 78). Es zeigt sich nämlich, dass scheinbar gelöste Probleme wiederum neue Probleme schaffen, Sensibilität bei unbeabsichtigten Nebenwirkungen notwendig ist und ein Denken in Mehrdeutigkeiten mit mehreren Sichtweisen Voraussetzung ist.
Zusammenfassend kann man festhalten, dass Lernen im Erwachsenenalter lebensweltorientiert sich darstellt.

  • Kennzeichnend dafür sind Vernetzungen und Interdependenzen. Veranstaltungen der Erwachsenenbildung besitzen vernetzte Motive. Sie sind ausbaufähig.
  • Es geht nicht nur um das Wissen der Thematik, es geht auch um Themenstellungen von Folgerungen, also vernetztes Lernen – Beispiel „Gesundheitsseminar“ mit medizinischem Wissen > Themenstellungen von Folgerungen wie Behandlungsfehler, Pflegeprobleme und kritische Lebensereignisse.
5.10 Biographische Didaktik    

In der Erwachsenenbildung werden Lerninhalte in einem Prozess der Emergenz (Herausbilden neuer Eigenschaften) bei Lernenden und Lehrenden geschaffen. Biographische Erfahrungen, Vorwissen und Interessen werden mitgebracht, es entsteht ein spezielles Curriculum. Neues Wissen wird ausgewählt, anschlussfähig gemacht und angepasst, mitunter re-interpretiert. Lernen wird so zu 90 Prozent ein „innerer Monolog“ und nur zu zehn Prozent Rezeption von Inputs (vgl. SIEBERT 2012, 79).

Eine biographische Didaktik fördert daher mehr als Anpassungslernen und Bestätigungslernen, vielmehr inhaltliche Vernetzungen von Assoziationsbereichen, die zu neuen und kreativen Erkenntnissen führen. Kreativität heißt neue Zusammenhänge herstellen („querdenken“). Gefördert wird dies durch eine Betrachtung von Bekanntem und Erlebtem aus einer anderen Perspektive („reframing“), damit in einen neuen theoretischen Rahmen einordnen. Dazu bedarf es einer Aufgeschlossenheit für die Aspekte und Interpretationen anderer Teilnehmender. In diesem Verständnis ist jede Erwachsenenbildung biographisch.

Biographische Methoden sind etwa Kennenlernmethoden, Schreibwerkstätten und Erzählcafes („narrative Pädagogik“).

Drei biographiedidaktische Konzepte sollen vorgestellt werden.

  • Wilhelm MADER (1989) und Ingrid HUNDRIESER (1998) machten im deutschsprachigen Raum die „guided autobiography“ von J. E. BIRREN (USA) bekannt. Das biographische Wissen der Teilnehmenden wird dokumentiert, verglichen und mit neuem Wissen ergänzt. Es geht also um eine Verbindung von Themenbereichen und Biographie. Entgegen der Schule mit einem Fächerkanon werden hier Themen bzw. Themenbereiche durch die teilnehmenden im Kontext mit ihren Erfahrungen und Verwendungssituationen konstruiert. HUNDRIESER (1998, 115) schlägt als didaktische Schritte vor (1) im Plenum eine Einführung in die Thematik und die Methode der „guided autobiopgraphy“; (2) in einer Einzelarbeit schreiben die Teilnehmenden ihre biographischen Erfahrungen und Kenntnisse zum Thema nieder; (3) in Kleingruppen werden die Texte vorgelesen, verglichen und kommentiert. Als Variante kann auch ein gegenseitiges Interview – ohne schriftliche Berichte – durchgeführt werden. (4) Im Plenum werden Ergänzungen des biopgraphischen Wissens durch neue Erkenntnisse angebracht. Von Interesse für die Gruppe sind Veränderungen in der Thematik, Interpretation und in emotionalen Bedingungen.
  • Als anderes Konzept gelten die generativen Themen von Paulo FREIRE. Er hat in Afrika und Lateinamerika Alphabetisierungskurse im Kontext mit politischer Bewusstseinsbildung durchgeführt. Durch teilnehmende Beobachtung wurden die generativen Themen ermittelt (vgl. den Gegensatz in der Thematik von Macht und Befreiung; FREIRE 1973, 85). Generative Themen bestehen aus Schlüsselbegriffen, mit Bildern dargestellt, die in Silben zerlegt werden. Neue Wörter entstehen, man lernt in der Folge zu lesen und zu schreiben. Es folgen Diskussionen, bei denen die Teilnehmenden (in der Regel Bauern) ihre Probleme verbalisieren lernen. Es kommt zu einer didaktischen Beziehung von Bewusstsein und Wirklichkeit.
  • Im Tandemlernen sind zwei oder drei Personen, die mit unterschiedlichen Erfahrungen und Kompetenzen miteinander und voneinander lernen (vgl. generationenübergreifendes Lernen - im Alltag bei Lernhilfen, informell bei unterschiedlichen Kulturbegegnungen, im Kollegenkreis). In der Erwachsenenbildung empfiehlt sich ein „Lerncoach“ zur Begleitung von Lernprozessen (vgl. Fremdsprachentandems mit Lerncoaching zur Vereinbarung des Arbeitsplans, der Auswahl didaktischen Materials und organisatorischer Vereinbarungen).
Biographisches Lernen ist mitunter eine Bestätigung und Bereicherung, aber auch eine Verunsicherung und ein Verlust. „Wer lehrt, beglückt nicht nur, er bedroht auch“ (ZIEHE-STUBENRAUCH 1982, 175). Lernprozesse verlaufen nicht immer linear, mitunter auch zirkulär, vielschichtig und unabhängig voneinander, man denke nur an biographische Brüche bzw. Verdichtungen und zeitlichen Unterschieden mit Lernsituationen.

In Veranstaltungen der Erwachsenenbildung können durchaus Gegenwelten, ungewohnte Aspekte erlebt werden. Erst später können diese gegenüber traditionellen Deutungen durchsetzen(vgl. ebda., 179; „Sleeper-Effekt“ mit Verwendung des Lerninhalts in einer späteren Lebensphase; „Badewannen-Effekt“ mit kurzfristigem Innovationseffekt, „Bumerang-Effekt“ mit Widerstand gegen neue Themen bzw. Sichtweisen).

5.11 Lernbarrieren – Lernwiderstände – Lernstörungen    

UNESCO, OECD, EU und WELTBANK haben in den letzten Jahren in ihren Bildungsprogrammen Empfehlungen zum Lernen Erwachsener publiziert. Als Schlüsselbegriff ist lebensbegleitendes Lernen unstrittig und wird als notwendig und nützlich angesehen. In der Bildungspolitik wird darunter lebensbegleitende Weiterbildung verstanden.

Kaum erwähnt wird, dass die Mehrzahl der Erwachsenen nicht bzw. unregelmäßig an Bildungsmaßnahmen teilnimmt. Wenn eine Nichtteilnahme angesprochen wird, dann gelten solche Personen als lernresistent bzw. Verweigerer, die die Folgen ihrer Passivität selbst zu verantworten haben (vgl. SIEBERT 2012, 114). Subjektive Lernwiderstände werden erst in den letzten Jahren angesprochen (vgl. FAULSTICH-BAYER 2006). So wird Lernen oft als ambivalentes Gefühl beschrieben, zwischen Spaß und Erfolg sowie Angst, Druck, Hast, Überforderung, Fremdbestimmung und Anpassung. Ständige Appelle rufen eher Vermeidungsreaktionen hervor. Eine Lerndistanz beruht auf vielen Erfahrungen, insbesondere kommt ein Sinnlosigkeitssyndrom zum Tragen, verstanden als mangelhafte Erwartungen für eine Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen (vgl, ebda., 7).

Im Folgenden soll auf solche erfahrungsbasierte und begründete Lernwiderstände eingegangen werden.

  • Lernwiderstände äußern sich nicht nur in einer Nichtteilnahme, vielmehr auch in Verhaltensweisen in Veranstaltungen wie Blockieren, mangelhaftem Verständnis, Initiativlosigkeit, Lernvermeidungen, Ablehnungen, Ignorieren und/oder Provokationen (vgl. ebda., 21).
  • Anzusprechen sind expansive und defensive Lerngründe, also selbstbestimmtes, bedeutungsvolles und handlungsorientiertes Lernen vs. notgedrungenes, nicht als sinnvoll gewolltes und von außen veranlasstes Lernen. Defensives Lernen begünstigt Widerstände und Lernstörungen. Jedenfalls ist das Spannungsfeld zu reflektieren, wobei es sich durchaus herausstellen kann, dass es gute Gründe für ein Nichtlernen geben kann (vgl. FAULSTICH-LUDWIG 2004, 48).
  • Mitunter wird auch zwischen externen und internen Lernbarrieren unterschieden(vgl. Zeitmangel, Finanzierungsschwierigkeiten, mangelhaftes Angebot in der Nähe vs. kein Interesse, kein Nutzen). „Doch die Grenzen zwischen Barrieren und Widerständen sind fließend“ (SIEBERT 2012, 115). Gesellschaftlich akzeptierte Behauptungen haben oftmals andere Gründe. Bedeutsam werden erst solche Begründungen, wenn sie den Einzelnen betreffen.
  • In der Regel sind subjektive Lernwiderstände biographisch verwurzelt und beruhen auf (unerfreulichen) schulischen Lernprozessen. Allerdings sollte eine Verweigerung auch nicht subjektiviert werden. Oft steckt auch eine mangelnde gesellschaftliche und/oder betriebswirtschaftliche Anerkennung und Wertschätzung von Lernbemühungen dahinter (vgl. SIEBERT 2012, 115-116).
  • Für ältere Personengruppen kann die Aufforderung zum lebensbegleitenden Lernen auch eine Identitätsverunsicherung hervorrufen, weil die Befürchtung aufkommen kann, dass vorhandenes Wissen im Kontext mit Deutungsmustern entwertet ist (vgl. die Problematik beispielhaft bei Politischer Bildung, wo Deutungsmuster verloren gehen können oder/und sich gegen die Interessen der Zielgruppe(n) wenden; BOLDER 2008, 45).
Bildungsbereitschaft wächst mit dem Niveau der Schulbildung, nimmt mit dem Alter ab und ist umso ausgeprägter, je größer der Wohnort (vgl. SIEBERT 2012, 118). Die These darf hinterfragt werden, denn höhere Schulbildung bzw. Studium kann auch durch Negativerfahrungen zur Barriere werden bzw. umgekehrt Positiverfahrungen ergeben. Alter kann auch ein hohes Maß an Lernerfahrungen mit sich bringen und neue Interessenslagen schaffen.

Mit zunehmender Mobilität können durchaus Bildungsbarrieren umgangen werden. Zu bedenken sind also vermehrt soziokulturelle und individual-biographische Aspekte wie anregende Faktoren aus dem Freundeskreis, der Familie und sich verändernden Interessenslagen (vgl. SCHIERSMANN 2006, 19). Bildungsbereitschaft muss finanziell und zeitlich möglich sein. Der Begriff „berufsbegleitend“ muss stimmig sein. Nutzeffekte müssen vorhanden sein bzw. sich in der Folge ergeben.

Daraus ergeben sich didaktische Probleme. Lerninhalte müssen für die Teilnehmenden eine Beziehung zur Verwendung haben, beruflich und/oder privat (vgl. GROTLÜSCHEN 2006, 69). Leitende von Veranstaltungen bedenken oftmals zu wenig die Verwertungsinteressen der Teilnehmenden. Zu prüfen ist jedenfalls auch die Veranstaltungsdauer, ob etwa nicht kürzere Zeiten mit „blended-learning-Programmen“ pädagogisch sinnvoller sind.

In der Allgemeinen Erwachsenenbildung bzw. Evangelischen Erwachsenenbildung überwiegt der Frauenanteil. Dies betrifft Themenbereiche wie Geschichte, Literatur, Kunst, Erziehung, Gesundheit, Sprachen und Freiwilligenarbeit. Aus den Teilnahmestatistiken von Salzburger Erwachsenenbildungsinstitutionen lässt sich nicht erkennen, dass Männer generell kulturell lernresistent sind. Hier spielt die Alterstufe eine Rolle. Solange Männer und Frauen beruflich aktiv sind, erhalten berufsbezogene Themenbereiche naturgemäß eine vorrangige Rolle.


Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die offizielle Bildungspolitik des lebensbegleitenden Lernens sich von lebensweltlichen Deutungsmustern unterscheidet (vgl. KUHLENKAMP 2010, 31-33). Standardisierte Befragungen in Veranstaltungen liefern hohe Zufriedenheitswerte. Erst in qualitativen Interviews lassen sich kritische kognitive und emotionale Wahrnehmungen von Teilnehmenden erkennen. Weiterbildungswiderstände gibt es sowohl bei Erwachsenen mit höherer Schulbildung wie auch bei Erwachsenen mit niedriger Schulbildung. Die Erwachsenenpädagogik hat hier eine didaktische Herausforderung zu bestehen (vgl. SIEBERT 2012, 123).

Entgegen aller positiven Bewertung für die Erwachsenen- bzw. Weiterbildung bleibt diese Wertschätzung relativ folgenlos. Gering ist das Interesse an Politischer Bildung. Unterschiedliche Gründe sind dafür anzuführen. Man empfindet kein politisches Informationsdefizit, Hintergründe und Folgerungen sind wenig interessant, ein Nutzen wird nicht erkannt, man lehnt Belehrung und Zerreden von Problemen ab, Erwachsene fühlen sich von Massenmedien eher überinformiert und politische Eliten besitzen wenig Ansehen und Vorbildcharakter.

Leon FESTINGER (1964) hat mit seiner „Theorie der kognitiven Dissonanz“ die Diskrepanz zwischen kognitiven Argumenten und tatsächlichem Handeln erklärt. Dies betrifft auch die Fort- und Weiterbildung. Die Diskrepanz(„Dissonanz“) stört unsere Harmonie, die wir in der Folge versuchen zu verringern. Entweder man ändert seine Handlung (was eher selten vorkommt) oder seine Meinung (was eher passiert). Dissonanzminderungen erfolgen zumeist durch eine Rechtfertigung von Argumenten und erzeugen damit eine Verstärkung der Gegenargumente (vgl. FESTINGER 1964, 29).


5.12 Lernen in Milieus    

Als Lernkultur betrifft dieser Bereich die Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen, Schichten und Milieus, also gesellschaftliche Kontexte des Lernens Erwachsener. „Dies war und ist ein Thema insbesondere der Bildungssoziologie, neuerdings vor allem der Milieuforschung“ (SIEBERT 2012, 135).

Göttinger Studien    

Als Klassiker gilt in der bildungssoziologischen Erwachsenenbildungsforschung die Göttinger Studie „Bildung und gesellschaftliches Bewusstsein“ von STRZELEWICZ –SCHULENBERG - RAAPKE (1966). Als erste westdeutsche repräsentative Befragung wurde sie ergänzt durch Interviews und Gruppendiskussionen zur Beteiligung an Weiterbildung, Lernmotivation, Lernbarrieren und Bildungseinstellungen.

Zwei „Syndrome“ ergaben sich, sozial - differenziert und personal - differenziert. Befragte mit höherer Schulbildung betonen individuelle Leistungen und Kompetenzen, Befragte mit niederer Schulbildung halten akademisch Gebildete für gebildet. Bestätigt wird in der Studie nicht nur die Abhängigkeit der Weiterbildung vom Sozialstatus wie der Schulbildung, dem Beruf und Familienstand, vielmehr auch vom Bildungsbewusstsein. Mit der Studie wurde die „realistische Wende“ der westdeutschen Erwachsenenbildung beschleunigt, weshalb vermehrt von Qualifikation und Management und weniger von Bildung gesprochen wurde. Dies zeigt sich in der soziologischen Schichtforschung der siebziger und achtziger Jahre, die gesellschaftlich bedingte Privilegien und Benachteiligungen verdeutlicht. Auch die Weiterbildungsbeteiligung ist davon abhängig. Begrenzt ist allerdings der didaktische – methodische Erkenntnisgewinn. „Kein Erwachsenenbildner käme auf die Idee ein Seminar für die ‚obere Unterschicht’ oder die ‚untere Mittelschicht’ zu planen. Schon diese Terminologie ist befremdlich und vorurteilsbelastet“ (SIEBERT 2012, 137).

Soziale Milieus als Konstruktion    

Deshalb ist die Milieuforschung mit ihrer Etablierung in den neunziger Jahren in der Erwachsenenbildung ergiebiger. Soziale Milieus sind typische, durch Klassifikation und Konstruktion geordnete Muster der Lebensführung in einer Gesellschaft. Sie fassen Menschen zusammen, die sich in Lebensstil und Lebensführung sich ähneln (vgl. TIPPELT - HIPPEL 2010, 123, 802, 1007). Von Interesse ist der Begriff „Konstruktion“ in diesem Zusammenhang. Milieus sind keine objektiven Tatbestände, vielmehr Forschungskonstrukte. Ebenso interessant sind soziokulturelle und alltägliche Lebensstile wie Freizeitverhalten, Geschmack und Bildungsinteressen, also eine Vielfalt der Lebensstile in der Milieuforschung. Damit wird die Individualisierungsthese relativiert. Individualisierung und Pluralisierung ergänzen sich, der Einzelne gehört in der Regel mehreren Milieus an (vgl. auch den Begriff „Überlappungspotenziale“).

Inklusion - Exklusion    

Milieubeschreibungen sind pädagogisch und politisch eine Herausforderung (vgl. TIPPELT – HIPPEL 2010, 813). Systemtheoretisch erfüllen Milieus Funktionen der Inklusion und Exklusion.

  • Dies bedeutet bei Inklusion Zugehörigkeit, Solidarität und soziales Milieu.
  • Exklusion bedeutet dagegen Abgrenzung bzw. Ausgrenzung und Unterscheidung.
  • Das Bildungssystem der Vergangenheit hat diese Ausgrenzungen eher stabilisiert und den Integrationsfaktor vernachlässigt.
Milieu-Studien    

Erwachsenenpädagogisch interessant ist weniger die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme der unterschiedlichen Milieus an Veranstaltungen. Weder eine Nichtteilnahme lässt auf Desinteresse/Lernresistenz schließen noch eine permanente Teilnahme an hoher Lernmotivation und Bildungsaufgeschlossenheit, weshalb die Milieuforschung sich mit den Lernkulturen der unterschiedlichen Milieus eher befasst.

  • Eine solche beispielhafte Milieustudie hat 1993 die Friedrich-Ebert-Stiftung als „Lernen für Demokratie“ herausgegeben. Unterschiedliche Milieutypologien wurden dabei entwickelt. Fragen waren die Milieus bei politischen Seminaren und Erwartungen der Teilnehmenden an die Seminare. Zwei Resultate waren von Interesse. Die derzeitige Milieustruktur entspricht kaum der Arbeiterorientierung der Stiftung.
    • Nicht die konventionellen didaktischen Faktoren, vielmehr die kommunikativen Faktoren („Human Relations“) und Umfeldfaktoren wie etwa Unterhaltung, Verpflegung und Landschaft waren bedeutend. Aus diesen damals überraschenden Ergebnissen zogen die die Verantwortlichen die Konsequenz, das Selbstverständnis und Leitbild ihrer Arbeit zu revidieren.
    • Der Trend geht zu einer Erlebnisorientierung, weniger zu einer politischen Urteilsfähigkeit. Im Vordergrund steht ein „Lifestyle-Benefit“. Ganzheitlichkeit steht im Vordergrund, die „Passung“ des Milieustils und die Ästhetik der Bildungseinrichtung sind verstärkt zu beachten. Wenn die Erlebnisqualität verbessert wird, hat diese Form von Erwachsenenbildung Zukunftschancen (vgl. SIEBERT 2012, 139; hier sollte Horst Siebert genauer von parteipolitischer Erwachsenbildung sprechen und nicht den Begriff Politische Bildung verwenden).
  • In der Folge kam es zur Studie der „Arbeitsgruppe Interdisziplinäre Strukturforschung/agis“ unter Michael VESTER. Helmut BREMER (1999) hat Teilnehmende an politischen Bildungsurlaubsseminaren von „Arbeit und Leben Niedersachsen“ interviewt. Registriert werden vier Zielgruppen, die „Traditionellen“ (Facharbeitermentalität), „Bildungsfernen“ (traditionslosen Arbeitskräfte), „Selbstbestimmten“ (modernes Milieu) und „leistungsorientierten Pragmatiker“ (Verknüpfung von beruflicher Qualifizierung und persönlichem Nutzen) (vgl. BREMER 1999, 19-22).
  • Ähnlich der Friedrich-Ebert-Stiftungsstudie ergibt sich ein Wandel der Bildungserwartung. Die Lernkultur soll durch ein abwechslungsreiches Setting ergänzt werden. Kritik kommt auf bei Themen, die zerredet werden („Schwafelthemen“). Dieser Milieuwandel ist begründet im Generationswechsel.
  • Eine Krise wird durch eine Akademisierung der Lehre und ein autoritäres Lehrer-Schüler-Gefälle gesehen (vgl. ebda., 7). Die Typologie des Milieus bei agis stimmt zum größten Teil mit dem Konzept des „Sozialen Raumes“ von Pierre BOURDIEU überein.
Heiner BARZ und Rudolf TIPPELT (2004) haben die umfangreichste Studie zur Weiterbildung durchgeführt. Sie orientieren sich an einer Klassifizierung an traditionellen Werten wie Pflichterfüllung und Ordnung, Modernisierung I wie Postmaterialismus und Hedonismus und Modernisierung II wie Patchworking und Virtualisierung (vgl. BARZ-TIPPELT 2004, Bd. 1, 13). Befragt werden nicht nur Teilnehmende, vielmehr auch Nichtteilnehmende einer instutitionalisierten Erwachsenenbildung mit organisiertem Lernen und informellem Lernen. Milieumerkmale sind etwa die emotionale Nähe bzw. Distanz zur Bildungseinrichtung, die Motivation zum lebensbegleitendem Lernen, Lernwiderstände, Lernbarrieren, bevorzugte Themenbereiche, Lernmethoden, Umgangsformen, Lernorte und das Aspirationsniveau. Lehrende können aus der Vielfalt der abgefragten Aspekte und Verankerung der Lernmotive und Interessen für eine Zielgruppe sensibilisiert werden. Erkennbar sind die unterschiedlichen Kompetenzen und die Bereitschaft der Klientel zu einem selbstgesteuerten und informellen Lernen. Die unterschiedlichen Orientierungen blieben erhalten wie Wissen und Orientzierung, Mitmenschlichkeit, soziales Engagement, Schulbildung, Berufszugehörigkeit, Lebensstile und lebensbegleitendes Lernen.

Kritisch muss vermerkt werden, dass keineswegs die Pluralität der Gesellschaft damit abgedeckt wird. Pädagogisch kann man auch andere Milieus betrachten. Man denke etwa an ein kulturelles Milieu (Kulturszene, Kreativität der Menschen), ein ökologisches Milieu (Naturverbundenheit, Nachhaltigkeit) und ein interkulturelles Milieu (Pluralität der Kulturen und Weltanschauungen, Sprachenvielfalt, Kulturszenen).

Sylvia KADE (2007) untersuchte in ihrer Milieustudie das Alter. Unterschieden wird in pflichtbewusst-häusliche Alten, sicherheits- und gemeinschaftsorientierte Alten, neue Alten und resignierte Alten. Für die Erwachsenenbildung sind die „neuen Alten“ von Interesse, kommen sie doch aus einem gehobenen sozialen Milieu mit einem Bedürfnis nach Kommunikation und sozialer Teilhabe.

Beachtet werden sollte vermehrt die Stadt-Land- Differenz, weil Altern auf dem Lande sich noch deutlich vom Altern in der Stadt unterscheidet. Das Dorf altert durch den Wegzug der Jungen und Zuzug der Alten. Bäuerliche Familien sind eine Minderheit gegenüber den Zugezogenen und Pendlern (vgl. ebda., 34).

Für die Erwachsenenbildung von Interesse ist die SINUS - Studie über die Migranten – Milieus in Deutschland (vgl. SINUS Sociovision 2008). Die Grundgesamtheit sind Ausländer, Zuwanderer und Spätaussiedler sowie ihre Nachkommen. Die Studie widerlegt viele Negativ-Klischees. Personen mit einer Migrationsvorgeschichte sind eine heterogene Gruppe mit erheblichen Unterschieden im Milieu, insbesondere bei Wertvorstellungen, Lebensstilen und ästhetischen Vorlieben. Gemeinsame lebensweltliche Muster finden sich aus unterschiedlichen Herkunftskulturen (vgl. SINUS 2008, 2). In allen Milieus zeigen sich Integrationsbarrieren. Ausgeprägt sind Defizite in den Milieus der Unterschicht (ähnlich der einheimischen Bevölkerung). Die modernen Milieus verfügen über ein bikulturelles Bewusstsein. Typisch ist das geringe Interesse der deutschen Mehrheitsgesellschaft an einer Integration. Allerdings fühlt sich nur eine Minderheit ausgegrenzt (vgl. ebda., 3). Ein enger Zusammenhang besteht zwischen Bildung, Sozialstatus und Einkommen. Beträchtlich ist die Dynamik im Lebensstil, man denke an bikulturelle Ehen oder Rückwanderungen.

Eine homogene Migrationspädagogik ist daher als problematisch einzustufen.

6 Fortbildung von Lehrkräften - Erfahrung mit einem unterrichtsbezogenen Konzept    

Qualitätsmerkmale von Kursen, Blockveranstaltungen, Lehrgängen, Abendveranstaltungen und Diskussionsreihen mit gutem Unterricht und damit Lernerfolgen von Teilnehmer*innen stehen im engen Zusammenhang mit der fachdidaktischen Expertise von Lehrkräften. Entwicklung und Evaluation von theoretisch fundierten und an der Praxis orientierten Fortbildungsmaßnahmen haben daher Bedeutung in der aktuellen Bildungsforschung erlangt(vgl. TERHART 2003, LIPOWSKY 2004).

Vorgestellt wird ein Konzept, in der Phasen des fachbezogenen und fachdidaktischen Wissenserwerbs mit Phasen der Unterrichtsumsetzung abwechseln.

6.1 Aufgreifen von Teilnehmervorstellungen - Weiterentwicklung    

In der EB/WB ist Teilnehmerorientierung mit Vorwissen und (Berufs-) Alltagserfahrung Voraussetzung für eine unterrichtliche Konzeption. Erweitert werden solche pädagogischen Muster, wenn es gelingt, den Lernenden Gründe für Lehr- und Lerninhalte zu vermitteln. Daher gilt ein entsprechender Umgang mit Teilnehmerinteressen und Vorstellungen bei der Planung und Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen als eine Erfolgsbedingung für gelingenden Unterricht. Einzelmaßnahmen wie das Erzeugen eines kognitiven Konfliktes oder das Abfragen von Vorwissen oder das Bilden von Analogien reichen dafür nicht aus.

Auszugehen ist daher in der EB von einer

  • sach-, kontext- und erwachsenenpädagogischen Strukturierung der Lerninhalte,
  • Schaffung problemhaltiger und handlungsintensiver Lerninhalte und
  • einsichtiger und nachvollziehbarer Argumentation für das angestrebte Konzept mit einer praktizierbaren Erfahrbarkeit.
Aus heutigem Wissensstand über Lehrerkompetenzen bedarf dies eines komplexen Zusammenspiels von fachlichen und fachdidaktischen Kenntnissen mit motivationaler Orientierung und selbstregulativen Fähigkeiten (vgl. WAHL 2006).

6.2 Konzeption, Inhalte, Didaktik und Ablauf eines Fortbildungsprojekts    

Anspruch eines Fortbildungsprojekts ist es, den Teilnehme*innen eine unterrichtsorientierte Auseinandersetzung mit Inhalten bieten zu können. Dafür wird in Anlehnung an WAHL (2006) ein Kombinationsmodell mit Lernphasen mit einer Internet-Plattform, Präsenztagen und Lernpartnerschaften bzw. Praxistandems angeboten. Damit wechselt der Lernprozess in/ als Präsenzphasen, Lernpartnerschaften/ Praxistandems, Selbststudium und Arbeit mit der Website. In den Präsenzterminen erhalten Unterrichtende Angebote zur Erweiterung und Vertiefung ihres fachlichen und didaktischen Wissens über einen von ihnen gewünschten Lernbereich ihrer erwachsenenpädagogischen Praxis.

Inhalte sind demnach

  • die Vertiefung des inhaltsspezifischen Sachwissens und eine
  • Erweiterung des fachspezifisch-pädagogischen Wissens wie etwa ein Verständnis für die Bedeutung der Thematik und Bedeutung der Lernprozesse, Konsequenzen für den Unterricht, die Vermittlung von Forschungsergebnissen, eine kritische Reflexion und Diskussion, Material- bzw. Literaturbeschaffung, der Austausch über unterrichtliche Gestaltungsmöglichkeiten und Einsatz von Analogien/Modellvorstellungen.
Lernziele zur Stärkung des professionellen Selbstverständnisses sind der Aufbau und die Vertiefung

  • des subjektiven Kompetenzerlebnisses für die Inhalte mit einer handlungs- und reflexionsintensiven Gestaltung der Lehr- und Lernumgebung
  • für die Einsicht in die Alltagsrelevanz und
  • die Denk- und Arbeitsweise in dem zu behandelnden Fachbereich.
Für die Sicherung der Teilnehmerorientierung sind didaktische Prinzipien zu berücksichtigen, wie sie für eine Gestaltung von situierten Lernumgebungen formuliert werden: Problemorientierung, Authenzität und Situiertheit sowie ein Methodenrepertoire mit aktivem und selbstreguliertem Lernen mit Sozialaustausch ermöglichen Reflexionsprozesse (vgl. WAHL 2006).

Von Bedeutung erscheint dabei die Orientierung an Vorstellungen der Unterrichtenden wie etwa die Rekonstruktion und Ausführung bestehender und im Lernprozess entstehender Vorstellungen, Auseinandersetzung mit alternativen Konzepten und Theorien sowie einer reflexionsintensive Diskussion und Überprüfung.


Beispielhafter Ablauf eines Fortbildungstages

Der Entwurf eines Ablaufes gibt die Inhalte/Struktur von Wiederholung und Erarbeitung neuer Inhalte wieder und zeigt realisierte Lehr- und Lernmethoden.

Didaktik - ZielLerninhaltSozialform/Methode
Aktivierung-ErfahrungsaustauschKontaktaufnahme
Anknüpfen an die Arbeit
Vorstellen der Inhalte
Wechselnde Kleingruppen
Erprobung von LösungsmöglichkeitenArbeit an der Internet-PlattformPartnerarbeit am PC/Unterstützung
Aufgreifen der ArbeitsaufträgeUnterrichtskonzept - BearbeitungKleingruppendiskussion - Plenum
Weiterentwicklung des Konzepts Einzelarbeit
FachdidaktikUnterrichtsversuchUnterrichtsimpulse/Referat


6.3 Buchbesprechung    

Eberhard Schwenk - Wolfgang Klier - Jürgen Spanger

Kasuistik in der Lehrerbildung

Seminardidaktische Impulse für eine praxis-, problem- und teilnehmerorientierte Arbeit mit angehenden Lehrerinnen und Lehrern

Baltmannsweiler 2010, 142 Seiten


Kasuistik in der Lehrerbildung ist durchaus auch für Erwachsenenbildner/innen in seiner Neubearbeitung der Grundzüge einer praxisorientierten Seminardidaktik geeignet, wenn man die schulrechtlichen und schulpädagogischen Voraussetzungen von Schule wegfallen und EB/WB mit seinen Prämissen zur Geltung kommen lässt.

Die Autoren erläutern ihr Verständnis von Praxisproblemen und ordnen ihr Lehr-Lern-Format der Kasuistischen Pädagogik zu.

Die Problemanalyse einer Lehrveranstaltung benötigt eine theoretische Begründung, die ein seminardidaktisches Konzept durch Analysetipps entwickelt. Damit wird ein Konzept vorgelegt, das den Bedürfnissen der Adressaten entspricht. Eine ständig theoriegeleitete Reflexion von Praxisproblemen verknüpft Theorie und Praxis, die in der Folge in einem weiteren Schwerpunkt der vorgestellten Konzeption das selbstorganisierte Lernen und die damit verknüpfte Partizipation im Ausbildungs- und Fortbildungsprozess bearbeitet.

Begründungen und aktuelle Entwicklungen werden an den Themenbereichen Problemorientiertes Lernen und Videografie, Fallarbeit und online-Fallarchive, Portfolioarbeit, Blended Learning, Lernfelder, Lernwerkstatt und Situiertes Lernen aufgezeigt.

Der Zusammenhang der vorgelegten Konzeption mit Aspekten der Standard- und Kompetenzorientierung, Qualitätsentwicklung, Leitbildentwicklung, Feedback-Kultur und Evaluationsformen wird in der Folge beleuchtet.

Das Buch ist vorwiegend für Ausbildnerinnen und Ausbildner konzipiert und kann wertvolle Anregungen für Lehrveranstaltungen der EB/WB liefern (vgl. das ganzheitliche theoretische Konzept von WAHL mit Parallelen von Schule, Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung; WAHL 2006, 7-8, 2020, 49-172).

6.4 Diskussion    

Für den Fortbildungsprozess werden die verschiedensten Möglichkeiten für ein eigenes Handeln und eine intensive Diskussion von Lehr- und Lerninhalten und Fachdidaktik als wertvoll angesehen.

Eine wesentliche Bedeutung stellt die Konzeptentwicklung in Verbindung mit den Lern- und Lehrinhalten dar.

Eine bewusste Auseinandersetzung in Gesprächsform, klärender Auseinandersetzung und/oder informeller Kommunikation mit eigenen (Fehl-) Vorstellungen ist für den Aufbau eines tragfähigen Fachwissens lernförderlich.

Ein ganztägiger Studientag/ Fortbildungstag gilt als vorteilhafter im Vergleich zu Nachmittagsfortbildungen, weil ausreichend Zeit und Raum für individuelle Lernprozesse zur Verfügung stehen.

Transferphasen - eine Kombination von konkreten Arbeitsphasen und der Arbeit im Tandem - geben die Möglichkeit, am Fortbildungsthema zu arbeiten, Anwendungen auszuprobieren und Erfahrungen auszutauschen.

Fortbildungsinhalte werden dann als hilfreich und wertvoll angesehen, wenn Handlungsrelevanz gegeben ist. Theoretische Erkenntnisse - wie der Lehr- und Lernforschung - sind dann sinnvoll, wenn sie auf antizipierte Handlungssituationen als verwendbares Wissen wahrgenommen werden.

Eine Nachbereitung des eigenen Unterrichts mit einem Coach wird als wertvoll angesehen. Besser realisierbar ist eine Expertenanalyse einer Unterrichtssituation aus einem anderen Unterricht.

Eine Verbindung zur Universität/ Hochschuldidaktik wird im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen hervorgehoben. Damit ist eine Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes und einer seriöse bildungstheoretischen Grundlegung gegeben (vgl. HERAN-DÖRR/KAHLERT/WIESNER 2007, 365).

7 Ausblick    

Die offizielle Wertschätzung und die inoffizielle Abwertung von EB/WB entspricht dem Pluralismus der EB-Institutionen, dem Mangel an Personalressourcen und Finanzierungsmodellen.

EB ist der am geringsten öffentlich geförderte Bildungsbereich, wobei die offizielle Bewertung und Bedeutung von "lebensbegleitendem Lernen" kaum zum erwachsenenpädagogischen Ausdruck kommt (vgl. NOLDA 2008, 124).

Widersprüchlich sind die offiziellen Bekundungen von personenbezogener und beruflich zweckgebundener EB (Allgemeine vs. Berufliche EB). Es gab immer schon Mischformen, etwa in der Allgemeinen EB beruflich orientierte Angebote (etwa Sprachkurse).

Ausgehend von einer Konzeption der Durchsetzung von Schlüsselqualifikationen ("basic skills") werden heute zusätzlich die fachlichen Voraussetzungen einer Selbststeuerung im Lernprozess mit der Umsetzung des Wissens (Handlungsorientierung)als erforderlich angesehen. SCHULLER spricht daher von der Beeinflussung durch Humankapital (Wissen, erfolgreiche Umsetzung), Identitätskapital (Selbstkontrolle, Selbstbild, Denkvermögen) und Sozialkapital (vgl. SCHULLER 2005, 13; NOLDA 2008, 126).

Vergleicht man die Institutionen, erkennt man die Veränderungen der Organisation' durch

  • pädagogische (Erwachsenenpädagogik, Erwachsenenlernen),
  • betriebswirtschaftliche (Betriebswirtschaft),
  • organisationsentwicklungsbedingte (Organisationsentwicklung) und
  • bildungspolitische (Politische Bildung, öffentlicher Bildungsauftrag) Perspektiven.
7.1 Prozess der Professionalisierung    

Damit ist die Debatte einer Professionalisierung von EB/WB aktualisiert. Nach ZEUNER (2013, 83-85) kreist die Diskussion um die Begriffe

  • Profession (Berufsbezug),
  • Professionalisierung (Prozess der Beruflichung) und
  • Professionalität (Handlungskompetenz).
Eine Herausbildung von Professionenen ist mit dem Prozess einer gesellschaftlichen Modernisierung verbunden, der Spezialisierung erfordert. Das bedeutet Fachwissen, Berechtigung zur Berufsausübung, Autonomie, berufliche Identität und Gründung von Berufsverbänden.

Erwachsenenbildung bietet qualifizierte Dienstleistung für Klientengruppen an, basiert auf Fachwissen, folgt professionellem Handeln, besitzt arbeitsrechtliche Autonomie und eine anerkannte Berufsethik (vgl. PETERS 2004, 74). Im Vordergrund steht die Qualität des Handelns.

Nach REISCHMANN (2001, 83) haben auch Nicht-Mitglieder der Profession durchaus professionelle Kompetenz. Das Problem der beruflichen Vielfalt Lehrender und damit ihrer Qualifikation bzw. Kompetenz bleibt bestehen.

Die Tätigkeitsbereiche von Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildner bleiben differenziert, unterscheiden sich von organisatorischen Aufgaben bis zur Lehrtätigkeit (vgl. die Kompetenzermittlung und notwendige Weiterbildung für Bildungsmanagement und Lehre-Training-Gruppenführung der "Weiterbildungsakademie Österreich"; vgl. ZEUNER 2013, 91). Dies berührt unterschiedliche Kompetenzbereiche, die als Fachkompetenz, Methodenkompetenz, soziale Kompetenz und reflexive Kompetenz definiert werden (vgl. FAULSTICH-ZEUNER 2008, 21-23; ZEUNER 2013, 87).

ZEUNER (2013, 86) ermittelt aus der aktuellen bundesdeutschen Statistik, dass ein Drittel der in der Erwachsenenbildung Tätigen über keine pädagogische Ausbildung verfügen. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass Erwachsenenpädagogik einen anderen Wissensbezug bzw. andere Bezugswissenschaften besitzt als etwa die Schulpädagogik (vgl. die angeführte Fachliteratur). Ein eigener universitärerer Studienbereich "Erwachsenenpädagogik" erhält zunehmend Bedeutung.

In Verbindung damit steht die aktuelle Betonung von nicht-institutionellem Lernen und einer Zertifizierung informell erworbener Kompetenzen (vgl. NOLDA 2008, 128-129).

Die Forderung nach Selbststeuerung und selbstreflexiven Praktiken ("Konzept des selbstgesteuerten Lernens") betrifft Lehrende wie Lernende (vgl. HEROLD-HEROLD 2011, 249-261, 264-270). Neben der Erweiterung und Förderung des Lernbegriffs wird diese Forderung (auch) als subtile Manipulation angesehen (vgl. NOLDA 2008, 130; KLINGOVSKY 2009, 52, 59, 205; FLEIGE 2011, 43, 51; BOLDER 2011, 62-63).

Zu beachten ist jedenfalls in bildungstheoretischer Hinsicht eine (zu) starke Fokussierung auf Selbstorganisation im Sinne einer Bildungsselbst (vor-) sorge, womöglich auch mit steigender finanzieller und zeitlicher Eigeninvestition, wobei der Bildungsmarkt die Adressaten mit entsprechenden Angeboten versorgt (vgl. FLEIGE 2011, 51).

7.2 Weiterbildung    

Mit Skepsis ist die Beteiligung/Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen zu betrachten. In der Begründung für eine Pflicht zum lebensbegleitenden Lernen durch das Memorandum der Europäischen Kommission 2001 wird ein enger Zusammenhang von (Weiter-) Bildung und (Weiter-) Beschäftigung unterstellt. Dem Einzelnen wird die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für eine Kompetenzentwicklung zugeschrieben. Nach einem Jahrzehnt zeigen die Daten eine Weiterbildungsabstinenz bzw. Weiterbildungswiderstand.

"Festzuhalten bleibt zuerst, dass die Beteiligung an 'beruflicher' Weiterbildung insgesamt im Bezugszeitraum zwar zunächst kontinuierlich angestiegen ist, um dann seit der Jahrtausendwende ähnlich kontinuierlich wieder zurückzugehen. Die an die Erwerbssituation gebundene Segmentierung des Weiterbildungssektors hat währenddessen aber keineswegs abgenommen, sondern sich im Laufe der letzten Jahre eher noch verstärkt" (BOLDER 2011, 54). Als Ursachen(-bündel) gelten die Folgewirkungen der an das Sozialmilieu gebundenen schulischen Vorbildung - je schlechter die formale Vorbildung, desto geringer eine Teilnahme - und die Praxis beruflicher Weiterbildung, die diese Diskrepanz reproduziert und eher verschärft, regionale Lebens- und Arbeitswelten eine Teilnahmewahrscheinlichkeit signifikant beeinflussen (je schwächer die Infrastruktur, desto geringer die Weiterbildungsbeteiligung), eine Motivation zur Weiterbildung an Zeitstrukturen gebunden ist, Dauer und körperliche Belastung mit Arbeitssituationen verbunden ist (damit Bildungsferne wiederum abhält), weniger beruflicher Aufstieg und berufliches Fortkommen als eher eine Sicherung der eigene Qualifikation und des Arbeitsplatzes zentrales Motiv sind und letztlich keine Garantie zu einer Besserung oder Sicherung der Erwerbssituation gegeben ist (vgl. BOLDER 2011, 56-57).

"Nicht-Beteiligung an Weiterbildung hat also weniger mit pädagogisch überwindbaren Motivations- und Lernproblemen zu tun als mit dem Stellenwert beruflicher Weiterbildung im Lebenszusammenhang der Einzelnen. So erklärt sich am Ende der Lissabon-Strategie-Phase, die Europa zur lebenslang lernenden Wissensgesellschaft und auf die Basis zur führenden Wirtschaftsmacht machen wollte, warum die Verhaltensanweisung des lebenslangen Lernens im Kreise ihrer Adressaten ohne Weiteres im Sande verläuft" (BOLDER 2011, 57).

IT-Hinweis: Hälfte macht keine berufliche Weiterbildung > http://ooe.orf.at/news/stories/2566227/ (8.1.2013)

Bemühungen in Österreich um eine Verbesserung lebensbegleitenden Lernens - in Form eines Strategiepapiers von vier Ministerien - sind von Interesse(vgl. "Strategie im lebenslangen Lernen 2020"/Juli 2011; http://www.erwachsenenbildung.at/aktuell/nachrichten_details.php?nid=4747 > 1.8.2012).

Weitere Aufgaben sind

  • die Gestaltung des Lernunterstützungssystems (Netzwerke, Ausbau von Lernberatung),
  • die Professionalisierung der Mitarbeiter/innen (Fort- und Weiterbildung/Weiter- bzw. Höherqualifizierung) und
  • die Weiterentwicklung der Organisation, wobei die aktuelle Ökonomisierung - bei Rückgang bzw. Beschränkung der finanziellen Mittel - mitunter hemmend auf innovative Bemühungen wirkt.
Der interdisziplinäre Ansatz geht von einer bildungswissenschaftlichen Perspektive aus. Dies zeigt sich daran, dass Lern- und Bildungsprozesse vorrangig die Einzelbiographie betreffen, weshalb EB/WB als Disziplin mit den vielfältigen Ansätzen und Anforderungen gefordert ist.

7.3 Partizipation in der Weiterbildung    

Partizipation wird zunehmend eine zentrale (Kultur-) Aufgabe (vgl. FLEIGE 2011, 64). Dabei unterscheiden sich Lernformen, Lernorganisation, Lernstile und Inhalte von schulischen Formen.

Gestaltungsmöglichkeiten und Gestaltungsanforderungen von Lernkulturen aus nationaler und internationaler Perspektive ergeben künftige Aspekte in der EB/WB, wobei leitende Fragen sein werden.

  • In welcher Vielfalt entwickeln sich Lernkulturen?
  • Wo liegen die Gestaltungsanforderungen?
  • Welche Theoriezugänge ermöglichen einen inter- bzw. transkulturellen Blick auf Lernkulturen?
  • Wie entfalten sich die Lernkulturen in den Institutionen?
Trans- bzw. Interkulturalität versteht sich als Beitrag einer Kulturgrenzen überschreitenden Zusammenarbeit und Gestaltung von erwachsenenpädagogischen Maßnahmen. Handlungssubjekte sind demnach soziale Gruppen in transnationalen Staatenbünden,, benachbarten Regionen und differente Bevölkerungsgruppen innerhalb einer nationalstaatlichen abgegrenzten Gesellschaft.

Erwünscht werden Handlungsspielräume, die emanzipatorische Bildungskonzepte in Vielfalt und Toleranz unterstützen (vgl. FLEIGE 2009, 170). Eine kulturvergleichende Perspektive eröffnet einen globalen Blick auf verbindende Sentenzen und mögliche Differenzen, die zu beachten sind (vgl. GIESEKE-ROBAK-WU 2009; zu kritischen/skeptischen Bemerkungen der Transkulturalität als Bildungsziel MECHERIL-SEUKWA 2006, 8-13).

7.4 Verbindungen einer Erwachsenenpädagogik und Hochschuldidaktik    

Interessante Aspekte ergeben sich aus einer Verbindung von Erwachsenenpädagogik (EB/WB), Hochschuldidaktik und unterrichtswissenschaftlichen Perspektiven (vgl. WAHL 2006, 7-8).

Inwieweit Hochschulbildung zur EB gehört/zu gehören hat, wird unterschiedlich bewertet (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 51). Die Europäische Kommission versteht jedenfalls unter EB "[...]alle Formen des Lernens durch Erwachsene nach Abschluss der allgemeinen und/oder beruflichen Bildung, unabhängig von dem in diesem Prozess erreichten Niveau (d.h. einschließlich Hochschulbildung)" (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006, 2). Hier erscheint eine wenig beachtete Schnittstelle vorhanden zu sein, die neu zu bewerten sein wird (siehe auch Punkt "Vorbemerkung").

In der Fortbildung von Lehrkräften wird eine Anbindung an die Universität hervorgehoben. Damit wird neben der Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes auch eine solide bildungstheoretische Grundlegung gewährleistet(vgl. HERAN-DÖRR/KAHLERT/WIESNER 2007, 365). In diesem Zusammenhang ist die Einführung des "Universitätslehrganges EB-WB", Universität Klagenfurt/Bundesinstitut für EB in ihrer Aufgabenstellung und Zukunft von Interesse.

Im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen erscheinen die bisherigen Erfahrungen mit Universitätslehrgängen auf eine Höherqualifizierung/ Kompetenzerweiterung einer kleinen Klientel hinzuweisen, wobei Spezialkenntnisse - man denke an Bildungs-, Management-, Rechts- und Gesundheitssegmente sowie Sprachen und Ethik - bedeutungsvoll für den Nachwuchs in akademischer Lehre und Spezialisierungen in Unternehmungen, aber auch für die künftige Gestaltung von EB/WB sein sollten.

Zugangsregelungen, eine Kommerzialisierung und der zeitliche Aufwand - belastend bei berufsbegleitender Weiterbildung, ggf. mit Freistellungen bzw. betriebsinternen Urlaubsregelungen - behindern (noch) das Interesse für universitäre Weiterbildung.

Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sollten sich vermehrt in der Lehre engagieren. Am Beispiel Deutschlands, wo entsprechende Bemühungen anlaufen, sollte man in Österreich ebenso prüfen, wie diese Einrichtungen ihr Lehrangebot in der EB/WB erweitern und letztlich auch die Universitäten und Fachhochschulen entlasten könnten (vgl. dazu INFORMATIONSDIENST WISSENSCHAFT, 11. Juli 2011: http://www.che.de/newsletter/link.php?linkid=7109 > 1.8.2012)

7.5 Begrifflichkeit Erwachsenenbildung - Weiterbildung    

Festzuhalten ist, dass bei aller begrifflichen Vielfalt

  • EB sich auf Personen bezieht, die durch ein biographisches Kriterium ("erwachsen") näher bestimmt werden,
  • während WB den Bildungsweg als Kriterium aufweist.
Bei aller Verschiedenheit des Begriffsverständnisses in den einzelnen europäischen Dokumenten in ihrer Begriffs- und Ideenpluralität ist jeweils zu prüfen, ob ausschließlich berufliche Weiterbildung gemeint ist und in welchem Umfang zwischen formalem, non-formalem und informellem Lernen unterschieden wird (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD 2010, 52).

7.6 Buchbesprechung    

Kritische Erwachsenenbildung - Buchpräsentation und Podiumsdiskussion/Wien 2013

Ingolf Erler-Daniele Holzer-Christian Kloyber-Erich Ribolits (Hrsg.) (2012): Kritisch denken: für eine andere Erwachsenenbildung, Innsbruck-Wien-Bozen, 158 Seiten, Schulheft 148/2012, Titelnummer STV 5185

Die Podiumsdiskussion "Bildung im Gespräch" Ende Mai 2013 in der Wiener Hauptbücherei wies auf die "dunklen" Seiten lebensbegleitenden Lernens hin und stellte das "schulheft 'Kritisch denken: für eine andere Erwachsenenbildung" vor.

Gewisse Standardsätze über das lebensbegleitende Lernen (LLL) sollten überdacht werden(vgl. Punkt 3.3.3 und 6 dieses Beitrags). Neben der Integration von Individuen sollten auch die Gegebenheiten hinterfragt werden.

Elke GRUBERs Beitrag setzt sich mit der Kritik in und an der Erwachsenenbildung auseinander, wobei Reflexionsfähigkeit und Autonomie verbunden mit Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, notwendig seien. Das Berufsfeld leidet seit seiner Konstituierung an einem Anerkennungsdefizit auf beiden Ebenen, wobei Kompetenzen, Berufsmodi und Rahmenbedingungen ergänzungsbedürftig sind.

Oskar NEGTs Credo für eine Demokratie und die Kritikfähigkeit ist ein lebenslanger Prozess (S. 116-118). Erich RIBOLITS' Kritik an den bestehenden Verhältnissen mit der Begründung auf den Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt (S. 41-55) bedarf der Ergänzung, dass Freiräume in zeitlicher und finanzieller Hinsicht vorauszusetzen seien. Dazu könnten kürzere Arbeitszeiten und ein Grundeinkommen beitragen.

Kritische Fragen ergeben die Auseinandersetzung mit Inhalten, die Diskussion um verwertbares berufliches Wissen, politische Erwachsenenbildung und ggf. eigene Aktivitäten, die negative Konsequenzen haben könnten. Begrifflichkeiten wie Fort-, Weiter- Allgemein- und Berufsbildung sowie "Lebenslanges Lernen" (LLL) gehören geklärt( vgl. Christian KLOYBER/bifeb in der Diskussion).

Der Begriff "Bildungsferne" im Kontext mit LLL bedarf einer Analyse, denn welche Bildung ist gemeint, wer ist von welcher Bildung entfernt?

IT-Hinweis:

Initiative "Kritische Erwachsenenbildung" > http://kritische-eb.at/wordpress/?undefined (14.6.2013)

8 40 Jahre Konferenz der Erwachsenenbildung Österreich - 5 Jahre Weiterbildungsakademie, Strobl 2012    

Mit einem Festakt in Anwesenheit von EU-Kommissar Johannes Hahn, Präsident des Rings Österreichischer Bildungswerke, Claudia Schmied, Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur und Bischof Dr. Manfred Scheuer, Katholische Bischofskonferenz wurde am 1. und 2. Oktober 2012 am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung in Strobl/Wolfgangsee "40 Jahre Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs/KEBÖ" und " 5 Jahre Weiterbildungsakademie" in einem Rück- und Ausblick begangen.

Heute wird an 7 200 Standorten, mit 91 000 Mitarbeitern, in 220 000 Bildungsveranstaltungen und drei Millionen Teilnehmerinnen und Teilnehmern pro Jahr sowie eine Million Benützerinnen und Benützern in öffentlichen Bibliotheken Erwachsenenbildung in Österreich gestaltet.

8.1 Ziele - Aufgaben    

Ziele und Aufgaben der KEBÖ sind

  • die bildungspolitische Vertretung der gemeinnützigen Erwachsenenbildung und ihre Interessensvertretung im Gesamtbildungssystem,
  • Stellungnahmen zu erwachsenenbildungsrelevanten Gesetzen und Regelungen,
  • die Mitwirkung bei der Umsetzung von bildungspolitischen Schwerpunkten und an europäischen Programmen,
  • die Mitwirkung an der Trägerschaft des Kooperativen Systems am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung mit der Zusammenarbeit mit dem Ländernetzwerk,
  • der Verfassung von Statistiken, Berichten und einer Öffentlichkeitsarbeit.
So bunt die österreichische Erwachsenenpädagogik/-bildung sich darstellt, so aktiv sind Bildungshäuser, das Berufsförderungsinstitut, der Büchereiverband, das Forum Katholische Erwachsenenbildung, das Ländliche Fortbildungsinstitut, der Ring Österreichischer Bildungswerke, der Verband Gewerkschaftlicher Bildung, der Verband der Volkshochschulen, die Volkswirtschaftliche Gesellschaft und das Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammern.

Mit der Gründung der Weiterbildungsakademie Österreich/wba 2007 als Bildungsstätte für Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildner mit einem modularen Zertifizierungs- und Anerkennungsverfahren besteht eine Institution seit fünf Jahren, die Lehrenden, Bildungsmanagerinnen und Bildungsmanagern sowie Bibliothekaren ein professionelles Berufsbild vermittelt. Bisher konnten 501 Zertifikate und 127 Diplome verliehen werden (Stand 2012).

Mit Wiltrud Giesecke, Humboldt-Universität Berlin und Werner Lenz, Universität Graz, konnten zwei Experten der Erwachsenenbildung zu den Festvorträgen gewonnen werden.

Festvortrag Werner Lenz > Quelle: http://msplhs15.bon.at/~admin87/ring/Festvortrag.pdf (15.7.2013)

8.2 Entwicklungsfelder    

Bei der Jubiläumstagung "40 Jahre KEBÖ - 5 Jahre wba" am 1. und 2. Oktober 2012 wurden in einer Fachtagung zur Professionalitätsentwicklung in der Erwachsenenbildung die wesentlichen Entwicklungsfelder 2020 skizziert und in Workshops bearbeitet.

Ethische Berufshaltung

Wiltrud Giesecke/Humboldt-Universität Berlin definierte in einem kritischen Überblick über die Professionalisierungsentwicklung Professionalität als Fähigkeit, unter einer Leitaufgabe auf hohem wissenschaftlichen und theoretischen Niveau komplexe Probleme zu lösen, die sich auf den Menschen beziehen. Sie thematisierte u.a. die Bedeutung der Berufshaltung von Erwachsenenbildnern, einer gemeinsamen Sprache und eines Berufsethos. Ein positives Menschenbild, Wertschätzung und Anerkennung aller Menschen, Analyse- und Urteilsfähigkeit seien dafür wesentlich.

Verberuflichung der Erwachsenenbildung

Das Paradigma des lebenslangen Lernens/LLL beeinflusse die Schwerpunktsetzungen in der Professionalisierung des Weiterbildungspersonals, so Elke Gruber/Universität Klagenfurt. Das Berufsfeld der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung wachse und differenziere sich weiter aus. Lehrende befinden sich mehr als früher in einem Spannungsverhältnis von Erschließung, Verbreitung und Organisation von Wissen, Neue Theorie-Praxis-Arrangements, verstärkte Verbindung von Forschung und Fortbildung, differenzierte Anerkennungsmodi. Adäquate Rahmenbedingungen seien jedoch notwendig.

Interorganisationale Kooperation und Vernetzung

Die Teilnehmer der Tagung beantworteten die Frage nach ihrer Erfahrung mit Kooperation und Vernetzung mit "bereichernd" bsi "mühsam", als "Investition in die Zukunft" bis "übertünchen der Konkurrenzsituation". Wolfgang Jütte/Universität Bielefeld geht von einer Zunahme von Kooperation und Vernetzung aus, weil unter anderem der Innovationsdiskurs eng mit Netzwerkstrukturen verbunden ist und weil neue Durchlässigkeiten und Übergänge im Bildungssystem durch die Forderung nach lebenslangem Lernen gefordert werden. Die Forderung nach neuen Handlungskompetenzen - Vertrauen, Projektarbeit, bildungsbereichsübergreifende Kooperationen im System LLL - seien gefordert.

Professionalisierung der betrieblichen Personalentwicklung

Gerhard Niedermair/Universität Linz ermöglichte einen Blick in das Aufgabengebiet der Personalentwickler. Diese umfassen betriebspädagogischen Dienstleistungen durch Bildungsbedarfsanalysen und Durchführung von Schulungen, Umsetzung von Team bildenden Maßnahmen, Beratungsleistungen für alle Hierarchiebenen zur persönlichen Entwicklung, aber auch Konflikterklärung und Implementierung von Mitarbeitergesprächssystemen. Die Kompetenzanforderungen für Personalentwickler sind teilweise deckungsgleich mit den den Kompetenzanforderungen an Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildner, in wesentlichen Teilen unterscheiden sie sich aber. Als betriebswirtschaftlich-pädagogische Experten müssten sie situativ Lösungen zur Sicherung des Unternehmenserfolges finden.

Freiwilligenmanagement/ Ehrenamtlichkeit und außerinstitutionelle Erwachsenenbildung

Ehrenamtliches Engagement bietet ein breites Betätigungsfeld für die Erwachsenenbildung. Barbara Weber/Amnesty International ging von den Veränderungen des Ehrenamtes hin zu kürzeren Zeiträumen, weniger Verbindlichkeit und dem niedrigen Stellenwert des Ehrenamtes in der Gesellschaft aus. Diese stellen sowohl für die Organisation als auch für die Qualifizierung von Ehrenamtlichen besondere Herausforderungen dar. Neue Modelle des Ehrenamtes, projekt- und anlassbezogene Bildungsmaßnahmen, niedrigschwellige Angebote, Verwertbarkeit und öffentliche Anerkennung seien notwendig.

Literaturhinweis:

bifeb) 1. Quartal 2013: programm aktuell "fachtagung", 7

9 Ehrenamtlichkeit/ Freiwilligkeit in der Erwachsenenbildung - Wien 2013    

Will man die Ehrenamtlichkeit/ Freiwilligkeit in ihrem Wirkungskreis erhöhen, sollte man die Organisationsstruktur neu ausrichten. Es bedarf eines Freiwilligenmanagements in der Erwachsenenbildung, damit es zu gesellschaftlichen Aktivitäten kommen kann. Ziel ist eine lebendige Zivilgesellschaft mit Motivation und Engagement.

Der Workshop "Ehrenamt-Freiwilligkeit/Freiwilligenkoordination" der Arbeitsgemeinschaft Ehrenamt des Rings Österreichischer Bildungswerke (22.-23.4.2013/Wien) mit der Teilnahme des "Evangelischen Bildungswerks in Tirol" zeigt an, dass in Fortsetzung des "Internationalen Jahres der Freiwilligkeit" (2001), des "Jahres der Ehrenamtlichkeit" (2011/Evangelische Kirche Österreich)und des Workshop-Diskurses anlässlich des Festaktes "40 Jahre Konferenz der Erwachsenenbildung Österreich - 5 Jahre Weiterbildungsakademie"/Strobl (2012) zur Freiwilligkeit/Ehrenamtlichkeit in der Erwachsenenbildung die Diskussion und Rahmenbedingungen für eine Förderung des freiwilligen Engagements weiterhin zu führen sind (vgl. DICHATSCHEK 2012/2013, 688-692).

9.1 Notwendigkeit von besseren Förderstrukturen    

Zwar bestehen gewisse Förderstrukturen - etwa Fortbildungen, Konferenzen, Tagungen, Workshops und Publikationen - trotzdem ist die Thematik noch nicht im Mainstream angekommen (vgl. REIFENHÄUSER-HOFFMANN-KEGEL 2009). Zivilgesellschaftliches Engagement als Ausdruck von Freiwilligkeit/ Ehrenamtlichkeit ist wenig verbreitet. Zwar spricht das Zahlenmaterial von Engagement - man denke an Freiwillige Feuerwehren, Musikkapellen, Sportvereine, Büchereien, Kulturvereine und soziale Hilfsorganisationen - aber im Bereich von Bildungswerken als Organisationen und Systeme mit einem spezifischen Auftrag fehlen Ressourcen/ Interessierte (vgl. DICHATSCHEK 2005b, 126-130).

Erwachsenenbildung als kirchliche Bildungsarbeit mit der Vermittlung eines theologischen Fundaments im Kontext eines erwachsenenpädagogischen Auftrages von Alltags- und Lebensorientierung, Kulturarbeit, Politischer Bildung und zunehmender Bedeutung von Interkultureller Bildung verfügt über wenig Engagierte. Insbesondere in Diasporagebieten gibt es Nachwuchsprobleme in einem gesellschaftlich wichtigen Lern- und Handlungsfeld, das es auszubauen gilt.

Als Grundlage für Fördermaßnahmen gilt ein Freiwilligenmanagement mit entsprechenden Rahmenbedingungen, Gewinn von Fachlichkeit und Möglichkeiten der Mitgestaltung und Mitbestimmung.

IT-Hinweis: "Freiwilligenarbeit: Jeder Zweite engagiert sich" > http://oesterreich.orf.at/stories/2586070 (27.5.2013)

9.2 Freiwilligenmanagement    

Ziel ist eine nach der schulischen und erstberuflichen Ausbildung notwendige Förderung von Wissen, Fertigkeiten, Haltungen, Erfahrungen und Kompetenzen. Für ehrenamtlich Engagierte bietet sich die Chance,

  • ihren Eigeninteressen nachzugehen,
  • sich weiter zu qualifizieren,
  • Sinn und Wert in einem Engagement zu finden,
  • Interessierte kennen zu lernen und
  • sich einbringen zu können.
Damit ergeben sich Anforderungen an Ehrenamtliche/ Freiwillige wie

  • eine Abgrenzung von Freiwilligenarbeit von der Tätigkeit Haupt- und Nebenberuflicher,
  • der Kooperation zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen,
  • Unterstützungssystemen,
  • Qualifizierungsangeboten und
  • einer Anerkennungskultur.
9.3 Zielvoraussetzungen - Ziele    

In der Regel fehlt eine Ausrichtung von Zielvoraussetzungen und Zielen bei diesem Engagement. In diesem Zusammenhang erkennt man einen Strukturwandel des Ehrenamtes bzw. der Freiwilligkeit im Sinne einer Gemeinwohlorientierung (vgl. BEHER-LIEBIG-RAUSCHENBACH 2000).

Leitbilder mit notwendigen Ergänzungen, Förderung von Rahmenbedingungen, Qualitätskriterien und die Zuweisung von Aufgabengebieten zeigen an, dass freiwilliges Engagement weder umsonst noch kostenlos ist. Engagementförderung bedarf klarer Strukturierung und ist als Prozess und keinesfalls als starres System zu verstehen. Ein solcher Prozess beginnt mit einer

  • Bedarfseinschätzung,
  • Aufgabenentwicklung,
  • Gewinnung von Interessierten,
  • Gesprächen,
  • Phasen der Einarbeitung bzw. Ausbildung und
  • Begleitung mit Unterstützung.
  • Evaluation und Wertschätzung vervollständigen ein Freiwilligenengagement/Ehrenamt.
  • Anzustreben ist ein passendes System von Förderung und Aufstiegsmöglichkeiten sowie Persönlichkeitsentwicklung.
  • Anregungen, Austausch und Bewertung sind notwendige ergänzende Elemente.
  • Nationale und EU-Netzwerkbildungen sind anzustreben.
9.4 Reflexion des Workshops    

In einem Workshop arbeiten in der Regel gleichberechtigte und gleichkompetente Fachleute in einer begrenzten Zeitspanne an einer gemeinsamen Fragestellung. In diesem Workshop ging es um die gesamtgesellschaftliche Bedeutung von Freiwilligenmanagement.'''

Unabhängig von der Notwendigkeit zeigen sich Grenzen im Zeitbudget und einer Ausbildung, besonders für verantwortungsvolle Tätigkeiten. Die Notwendigkeit und Bedeutung einer internen und externen Anerkennung für freiwillige Tätigkeiten wird deutlich, weil es um öffentliche Bildungsarbeit in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext geht.

Kompliziert ist die Aus-, Fort- und ggf. Weiterbildung, weil im Regelfall nur kurzfristige Aktivitäten angenommen werden und entsprechende Bildungsangebote zeitlich und finanziell auf Schwierigkeiten stoßen.

Für die Erwachsenenpädagogik mit den Möglichkeiten an der "Weiterbildungsbildungsakademie Österreich" erscheint eine entsprechende Personal- und Finanzausstattung überlegenswert. An Beispielen einzelner Bundesländer zeigt es sich, dass kostengünstige Lehrgänge auch regional angeboten werden. Dies könnte durchaus auch für eine interne Aus- bzw. Fortbildung Ehrenamtlicher/Freiwilliger nützlich sein und anerkannt werden.

Von Interesse sind die Angebote des Bundesinstituts für Erwachsenenbildung (Strobl), verschiedene berufsbegleitende Universitätslehrgänge mit dem entsprechenden Lehrgang für Erwachsenenbildung und die Weiterbildungsakademie Österreich/wba (Wien).

Zum Freiwilligenmanagement gehören bestimmte Aufgaben.

  • Ziele müssen definiert sein, Leitbilder müssen Aussagen zur Bedeutung von freiwilligem Engagement enthalten.
  • Das Engagement sollte Entfaltungsmöglichkeiten anbieten können.
  • Dazu und zu Inhalten - deren Umsetzung und Rahmenbedingungen - bedarf es umfassender Informationen.
  • Professionelle Regelungen ergänzen ein sinnvolles Engagement.
  • Fachliche Begleitung und Unterstützung müssen entsprechen.
  • Eine Verbindung von Arbeit und Lernprozess sollte gefördert werden.
  • Qualifizierungsangebote sind eine wesentliche Form der Anerkennung.
  • Plädiert wird für qualifizierte Nachweise, die möglicherweise für ein berufliches Fortkommen genutzt werden können.
Anerkennung von Tätigkeit erkennt man - unabhängig von Zertifikaten, Urkunden, Dankschreiben und dem notwendigen Gemeinschaftserlebnis - auch an einem externen Engagement in kultureller und gesamtgesellschaftlicher Beteiligung. Diese Form einer öffentlichen Aktivität gilt als ideale Form von zivilgesellschaftlichem Engagement und einer gesamtgesellschaftlichen Anerkennung.

Regelmäßige Öffentlichkeitarbeit dokumentiert zudem ein Engagement.

Engagierten sollte ein umfassendes Handlungs- und Lernfeld angeboten werden - für persönliche Entwicklung, den Erwerb von Fachkompetenz und die Einbindung im öffentlichen Engagement (vgl. KNOLL 2003).

Eine Einführung für Interessierte und die Begleitung mit Unterstützungsmaßnahmen sollte Aufgabe eines Freiwilligenkoordinators sein.

Ein so verstandenes Freiwilligenmanagement mit gesamtgesellschaftlichem Engagement stärkt

  • Erwachsenenpädagogik/ Erwachsenenbildung,
  • die Zivilgesellschaft und
  • kann Interessierten als Vorbild für ein künftiges Engagement dienen.
IT-Hinweis: http://www.aebw.at/rueckblick/ehrenamtlichkeit-der-erwachsenenbildung

10 Tagung "Community Education in Österreich"    

10.1 Tagung 2013    

Das "Österreichische Institut für Erwachsenenbildung" (oieb) veranstaltete am 16. April 2013 mit dem "Ring Österreichischer Bildungswerke", "Forum Katholischer Erwachsenenbildung", "Verband Österreichischer Volkshochschulen", "ARGE Bildungshäuser", "Regionalmanagement" und "Lokale Agenda 21 Österreich" im Kardinal König-Haus/Wien eine Tagung zu Community Education in Österreich.

Community Education''' bzw. im deutschsprachigen Raum Gemeinwesenarbeit unterstützt Gemeinden (Communities).

Basis der konkreten Problemlagen sind

  • ein gemeinsames Handeln und
  • gemeinwesen-orientiertes Lernen.
Das Konzept ist ein hauptsächlich in England praktizierter Ansatz einer volksnahen und demokratischen Form von Erwachsenenpädagogik, die Wert auf die Bedürfnisse von Lernenden und der Gesellschaft legt, die sich aus der Nachbarschaft, gemeinsamen Interessen und sozialen Zielen ableiten lassen (vgl. FIELDHOUSE 2004, 37).

Eine vergleichbare sozialkritische Konzeption im deutschsprachigen Raum ist die dezentrale Stadtteilarbeit ( NOLDA 2008, 112). Als Prinzipien gelten Empowerment, Partizipation, Inklusion, Selbstbestimmung und Kooperation. Darin zeigt sich der große Stellenwert, den die Erwachsenenpädagogik und Gemeinwesenarbeit diesen Aspekten beimessen.

Der Ansatz von Community Education bzw. Gemeinwesenarbeit ist in Österreich in der "Strategie zum lebensbegleitenden Lernen" (LLL:2020) verankert. Bis zum Jahr 2020 soll diese Strategie umgesetzt werden. In der "Aktionslinie 6" wird explizit die Förderung von Community Education angesprochen. Der spezifische Charakter und die gewohnte Umgebung der Heimatgemeinde und Region als Lernort bieten Sicherheit und die Einbindung in das soziale Netz.

Lernen soll geographisch näher den Lernenden gebracht werden. Lernorte bzw. Lernzentren sollen dort geschaffen werden, wo die Menschen täglich zusammentreffen, etwa in Gemeindezentren, Einkaufszentren, Bibliotheken, Museen, Gesundheitszentren, Freizeitzentren, Werkskantinen, nicht nur in Schulen (vgl. KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN 2001,22-23).

Kinder, Heranwachsende und Erwachsene sollen in allen Lebensphasen unterstützt werden, ihr Leben und die Community kompetent und aktiv zu gestalten. Bildung soll auf lokaler und regionaler Ebene mit Vereinen, NGOs und dem Arbeitsmarktservice sowie den Menschen vor Ort in einem sinnstiftenden und partizipativen Prozess erlebbar gemacht werden. Damit soll neben der Vernetzung der Akteurinnen und Akteure in den unterschiedlichsten Bereichen eine Entwicklung zu weiterführenden Aktivitäten verstärkt werden.

IT-Hinweis: Tagungsnachlese > http://www.oieb.at/oieb/page.asp?id=2012 (4.6.2013)

Literaturhinweis

Erler I.-Kloyber Chr. (2013): Community Education. Konzepte und Beispiele der Gemeinwesenarbeit. Magazin erwachsenenbildung.at, Ausgabe 19/2013, Wien, ISSN 1993-6818(Online) > http://www.erwachsenenbildung.at/magazin/13-19/meb13-19.pdf

10.2 Bildungspolitische Akzente für gemeinwesenorientierte Erwachsenenbildung    

Gemeinwesen- oder Community-Orientierung in der Erwachsenenpädagogik ist gekennzeichnet durch

  • lokale Bildungsarbeit,
  • Förderung von Inklusion in Gemeinden und
  • Förderung von Partizipationsprozessen.
Ziel ist Lernen für und durch Mitgestaltung des kommunalen Lebens.

Gemeinwesenorientierte Erwachsenenbildung im Kontext von bildungspolitischen Initiativen wie "Lernen vor Ort", "Lernort Gemeinde" und "Lernende Regionen" erfuhr in den letzten Jahren verstärkte Aufmerksamkeit (vgl. den IT-Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Erwachsenenbildung in ländlichen Regionen).

Institutionalisiert ist sie in den Erwachsenenbildungsverbänden, die im Erwachsenenbildungs-Förderungsgesetz 1973 anerkannt sind.

Als Plattform gilt die 1972 begründete "Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs/KEBÖ. Engagiert sind der "Ring Österreichischer Bildungswerke" mit dem "Verband Österreichischer Volksbildungswerke", der "Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Bildungswerke/AEBW" und der "ARGE Region Kultur" sowie das "Forum Katholischer Erwachsenenbildung".

Kennzeichnend für die Struktur der Erwachsenenbildung in den Bildungswerken ist ein freiwilliges Engagement ("Ehrenamt"; vgl. DICHATSCHEK 2012/2013, 688-692).

Zwei bildungspolitische Initiativen im Kontext mit der EU-Bildungspolitik eröffnen gemeinwesenorientierte erwachsenenpädagogische Bildungsarbeit,

  • zum einen die Aktionslinie für Community-Education in der nationalen Strategie zum lebensbegleitenden Lernen ("LLL:2020"),
  • zum anderen das mit der Einführung des Nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) verknüpfte Ziel einer künftigen Anerkennung informellen Lernens.
Literaturhinweise:

Bundesministerium für Unterricht und Kunst(2011): Strategien zum lebensbegleitenden Lernen:LLL:2020, Wien > Online: http://www.esf.at/esf/wp-content/uploads/LLL-Strategiepapier_2011.pdf (Stand Oktober 2014)

Europäische Union (2012): Amtsblatt der Europäischen Union. Empfehlung des Rates vom 20. Dezember 2012 zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens, 2012/C 398/01, Brüssel > Online: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2012:398:0001:0005:DE:PDF (Stand Februar 2015)

Kellner W. (2015): Community-Education und informelles Lernen. Bildungspolitische Akzente für gemeinwesenorientierte Erwachsenenbildung, in: Schiefermair K.-Krobath Th.(Hrsg.): Leben.Lernen.Glauben. Evangelischer Bildungsbericht 2015, Wien, 130-135

https://veranstaltungen.vhs.or.at/programm/bereichsuebergreifende-angebote/kontinuitaeten-und-wandel-aspekte-einer-geschichte-der-volkshochschulen-in-oesterreich-seit-1945/

Literaturhinweise    

Angeführt sind jene Titel, die direkt zitiert werden und/oder für den Beitrag verwendet werden.

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Dichatschek G. (2017): Didaktik der Politischen Bildung. Theorie, Praxis und Handlungsfelder der Fachdidaktik der Politischen Bildung, Saarbrücken

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IT-Autorenhinweise/Auswahl    

Die IT-Beiträge verstehen sich als Ergänzung zum Beitrag.

Netzwerk gegen Gewalt

http://www.netzwerkgegengewalt.org/wiki.cgi? > Index:

Erwachsenenbildung

Lernkulturen in der Allgemeinen Erwachsenenbildung

Bildungsmanagement

Freiwilligenmanagement

Personalentwicklung

Lehrgang Politische Bildung in der Erwachsenenbildung

Lernfeld Politik

Europa als Lernfeld

Ökonomische Grundbildung in der Erwachsenenbildung

Globales Lernen

Netzbasiertes Lernen in Theorie und Praxis

Vorberufliche Bildung in Österreich

Interkulturelle Kompetenz

Migration in Österreich, Teil 1 und 2

Verhinderung von Gewalt und Fremdenfeindlichkeit

Medienarbeit

E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa/EPALE

https://ec.europa.eu/epale/de/resource-centre/content/netzwerk-gegen-gewalt

Fort- und Weiterbildung/Auswahl    

Universitätslehrgänge

Universität Salzburg

Politische Bildung (Schloss Hofen/Lochau)

Interkulturelle Kompetenz

Migrationsmanagement

Donau-Universität Krems

Bildungsmanagement

Politische Bildung

Interkulturelle Kompetenzen

Universität Klagenfurt

Global Citizenship Education

Erwachsenen- bzw. Weiterbildung

Erwachsenen- bzw. Weiterbildung

Weiterbildungsakademie Österreich/wba

Ergänzende Übersicht über laufende und kommende Universitäts- bzw. Hochschullehrgänge'' < Quelle:

http://erwachsenenbildung.at/aktuell/nachrichten_details.php?nid=6894 (17.8.2013)

Zum Autor    

APS-Lehrer / Lehramt Volks- und Hauptschule/ D-GS-GW sowie Polytechnischer Lehrgang/ D-SWZ-Bk

Lehrbeauftragter am Institut für Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft der Universität Wien/Aus- und Weiterbildung- "Vorberufliche Bildung" (1990/1991-2010/2011) und am Institut für Geschichte/ Universität Salzburg - Lehramt Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung/ Didaktik der Politischen Bildung (2015/2016 - 2017/2018)

Lehrerbildner/ Mitglied der Lehramtsprüfungskommission für die APS in Tirol (1993-2002)

stv. Leiter/Vorstandsmitglied des "Evangelischen Bildungswerks in Tirol/ EBiT" (2004-2009, 2017-2019), Mitglied der Bildungskommission der Evangelischen Kirche A. und H.B. (2000-2011), Kursleiter an den Salzburger VHSn Zell/See, Saalfelden, Stadt Salzburg (2012-2019) und Kursleiter an der VHS Tirol (2023-2024)

Absolvent des Instituts für Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985), der "Weiterbildungsakademie Österreich-wba"/ Diplome (2010), des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg bzw. Klagenfurt/ Masterabschluss (2008), des 7. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/ Diplom (2012), 6. Lehrganges für Interkulturelles Konfliktmanagement/ BM.I. - Österreichischer Integrationsfonds/ Zertifzierung (2010), des 4. Internen Lehrganges für Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg/ Zertifizierung (2015/2016), des Online-Kurses "Digitale Werkzeuge für Erwachsenenbildner_innen"/ TU Graz-CONEDU-Werde Digital.at-Bundesministerium für Bildung/ Zertifizierung (2017) und des Fernstudiums Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium - Comenius Institut Münster/ Zertifizierung (2018)

Aufnahme in die Liste der sachverständigen Personen für den Nationalen Qualifikationsrahmen/NQR, Koordinierungsstelle für den NQR/Wien (2016)

 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am 28. April 2023