Herausforderung Theologie
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= Christsein in der Moderne 11 =
= Herausforderung Religion - Glaube - Theologie =
= Aspekte einer sozio-kulturellen - religiösen Kompetenz =
Günther Dichatschek
[[Inhaltsverzeichnis]]
= Danksagung =
Zu danken habe ich für die Anregung zu einem Fernlehrgang dem Institut für Mission und Kirche/ IMK Österreich mit Pfarrer Bernhard Schröder.
Dem Fromm Verlag mit seiner Autorenbetreuung danke ich für sein Interesse an der Publikation.
Günther Dichatschek
= Vorbemerkung =
Wer sich mit der Thematik beschäftigt, benötigt vom Interesse her eine persönliche Motivation. Nach KORSCH (2020) sind die entsprechenden Faktoren der Gottesdienstbesuch, eine Gremienarbeit und das Interesse von Religiosität.
Für den Autor bilden der absolvierte 1. Lehrgang Ökumene der Kardinal König - Akademie/ Wien (2006) und die absolvierten Universitätslehrgänge Politische Bildung und Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg (2008 und 2012) eine Grundlage, der Kontext ergibt sich zu Evangelischer Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium - Comenius - Institut Münster (2018).
Die Studie gliedert sich in die sechs Teile Christentum, Ökumene, Ethik ev, Bodelschwingh - Studienstiftung, Schöpfungszeit und Kirchen in Europas Diktaturen. Persönliches Interesse dominiert in der Auswahl der Themenbereiche (Teile).
= Einleitung =
= Teil I Christentum =
= 1 Einleitung =
Kulturell - religiöse Bildungsprozesse, angestrebt in einer Politischen Bildung bzw. Interkulturellen Kompetenz/ ICC, sind gekennzeichnet in einer Erinnerungsfähigkeit unserer Gesellschaft, Überzeugungsfähigkeit, Lebensbedeutung und Lebensführung (vgl. in der Folge RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 178-182).
Es geht um das kulturell und religiöse Gedächtnis, bedeutungsvoll als Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit, Hoffnung und Solidarität. In Europa sind diese Inhalte nicht ohne eine christliche Tradition in Glaubenserfahrung zu verstehen. Diese Erfahrung und Weitergabe erweitert sich zu einer Lebenserfahrung. Vor diesem Hintergrund versteht es sich, dass sich in Bildungs- und Erziehungsprozessen in Fragen religiöser Bildung und Politischer Bildung Unterschiede ergeben müssen.
Bildungsanstrengungen ergeben sich in indirekten Erziehungswirkungen und sozialen und kulturellen Handlungsräumen im Bildungssystem mit Lernprozessen. Wesentlich sind formale Bildung und non - formale Bildungsbemühungen (eigener Lebensort) mit ethischen Resonanzräumen.
Aktualität erfährt diese Bedeutung im öffentlichen Raum durch unterschiedliche kulturelle Herkünfte, religiöse Zugehörigkeiten und Lebensformen. Damit sind Lehr-, Lern- und Bildungsprozesse notwendig, beispielhaft als Interkulturelle Bildung, Politische Bildung, Ethik und religiöses Grundwissen.
Bildungsinstitutionen sind nicht nur Orte des Wissenserwerb, durch die Bedeutung eines informellen Lernens und des Verlustes des Monopols der Wissenszugänge kommen auch andere Aufgaben dazu.
Beispielhaft ist die Politische Bildung und Interkulturelle Kompetenz mit einem Orientierungswissen und einer Handlungskompetenz. In diesem Kontext ist neben dem Unterricht auch die Vermittlung von Lebensformen zu sehen.
Dazu gehört etwa die Religionsfreiheit mit ihrem Recht auf öffentlichen Raum, freiem Zugang zur Glaubensfreiheit und Gestaltung der (inter-) kulturellen Lebensform, einem weltanschaulich neutralen und pluralistischen Staat. Damit ist der Grund für eine Unterscheidung zwischen Politik bzw. Interkulturalität und Religion und die notwendige Bedeutung der entsprechenden Bildungsbereiche gegeben.
= 2 Frühes Christentum - Bildung =
Der Bezug zum frühen Christentum und der Bildung hat einen festen Platz in der Beziehung von christlichem Glauben und Bildung (vgl. RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 17-28).
Ausgehend von der These, frühe Christen seinen kleine Leute aus der Unterschicht, sogar bildungsfern, was sich erst im Laufe des zweiten Jahrhunderts nach und nach geändert habe. Seit geraumer Zeit gibt es Untersuchungen der Soziologie, die diese Auffassung infrage stellen.
Es zeigt sich, dass die herkömmliche Zuordnung nicht so eindeutig ist (vgl. THEISSEN 1979, 267). Unter Hinweis auf 1. Kor 1, 26-28, umfassen die Gemeinden verschiedene soziale Schichten. Dieses Bild der gesellschaftlichen Wirklichkeit hinterlässt eine Analyse von Konflikten bei versteckten Wertsystemen und Verhaltensnormen (vgl. MEEKS 1993, 233-263).
In der Antike gehören wirtschaftlicher, gesellschaftlicher Einfluss und finanzieller Wohlstand sowie Zugang zur Bildung eng zusammen. Gebildete, Mächtige und Angesehene bilden eine gesellschaftliche Schicht. In der Folge kommt es zur Auseinandersetzung zwischen Christentum und antiker Philosophie, damit der Berührung des Christentums mit der Bildung der "paideia" und dem Zusammenhang von Lehren und Lernen. Im NT spielt dieser Kontext eine erhebliche Rolle (vgl. beispielhaft Mk. 10, 1; Mt 4.23; Mt 7.28; Mk. 4.23).
In der Antike wird mit "paideai" ein Lebenskonzept beschrieben, das eine prägende Größe des gesellschaftlichen Leben war. Die frühen Christen orientierten sich in ihrem privaten Leben daran. Neu war der Glaube an den auferstandenen Christus.
Im Verhältnis zur Bildung waren einige Grundlinien für das Verhältnis von Glaube und Bildung zu erkennen, die wesentlich Bedeutung haben. Nach RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT (2002, 26-28) sind sechs Aspekte von Interesse.
Menschen werden mit verschiedener sozialen Herkunft zusammengeführt und Lernchancen ergeben sich daraus. Der Alltag ist mit dem Christusglauben zu verbinden. Damit ergibt sich eine Theorie eines umfassenden Bildungsprozesses als Verbindungsprozess. Frühchristliche Bildung geht um die Jesustradition mit der eigenen Situation exemplarisch zu verbinden. Antike Gesellschaften waren fester gefügt als moderne. Das Haus galt als zentrale soziale Einheit (vgl. Mk. 10). Bildung ohne religiöse Bildung erhebt keinen Anspruch auf Allgemeinheit.
Die Theorie der Bildungsferne lässt sich nicht bestätigen, vielmehr erweist sich das frühe Christentum als Lebens- und Lerngemeinschaft mit erfahrungsorientierten Bildungsprozessen. Die Vitalität der Bildungsprozesse hat die Ordnung von Inhalten immer wieder in Frage gestellt und damit neue Lernprozesse in Gang gesetzt. Dies zeigt sich zuletzt in der Reformation, den reformatorischen Kirchen und ökumenischen Bemühungen.
= 3 Zwei Jahrtausende Christenheit - Überblick =
Im Folgenden wird skizzenhaft auf die Entwicklung des Christentums bis hin zur Weltreligion im Kontext zur Politischen Bildung eingegangen. Basis ist das "Handbuch. Die Geschichte des Christentums" (vgl. DOWLEY - BRIGGS - LINDER - WRIGHT 1979).
Auch wenn das Christentum im Anfang nur wenige Anhänger in der abgelegenen römischen Provinz Judäa hatte, ist es in letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zum Glauben ungefähr eines Drittels der Weltbevölkerung geworden. Es ist in mehr Völkern verwurzelt als irgendeine andere Religion. Die Vitalität ist bemerkenswert, weil Konkurrenz und Widerstand vorhanden war.
Bemerkenswert ist die Fähigkeit zu Erneuerung und Reform, wobei jede kirchengeschichtliche Epoche ihre Möglichkeiten und Herausforderungen hat.
Merkmale sind Lehre und Praxis der Apostel und wurden Maßstab für alle spätere Lehre und Praxis.
Einfachheit, Gemeinschaft, Evangelisation und Nächstenliebe waren die Merkmale der ersten Christenheit.
Man trennt(e) nicht nach Rasse, Nationalität, sozialem Status, Freiheit oder Geschlecht.
Christliche Gemeinschaft gibt vielen Menschen ein Gefühl der Identität und einer Zugehörigkeit zu einer Gruppe.
== 3.1 Ausbreitung =
Die Ausbreitung nach dem ersten Jahrhundert öffnete sich für viele Menschen aus allen sozialen Schichten. Damit ergaben sich in der Folge die Möglichkeiten einer Abweichung vom Glauben (vgl. Gnostizismus, Marcionismus und Montanismus). Bedeutung erhielten die "Kirchenväter". Eine Stärkung erfuhr die Christenheit durch die Abfassung und den Gebrauch des "Apostolischen Glaubensbekenntnisses".
Reichsweite Verfolgung setzte im 3. und 4. Jahrhundert ein. Kaiser Konstantin hatte 313 das Christentum in den Status einer anerkannte Religion des Reiches erhoben. 395 wurde es zur einzig offiziellen Staatsreligion. Bereits früher hatte Armenien als erstes Land das Christentum als offizielle Religion übernommen.
Das 4. Jahrhundert bildete einen großen Wendepunkt in der Kirchengeschichte mit theologischer Arbeit (Ambrosius, Augustin, Gregor I.) und einem Wachstum der institutionellen Kirche. Die Katholische Kirche des Westens und Orthodoxe Kirche im Osten wurzeln in diesem Jahrhundert. In der Folge schien die Zivilisation des Westens auf dem Rückzug zu sein. Mit dem Zerfall des Römischen Reiches wurde die Kirche die einzige dominierende Institution in der Folge im Mittelalter. Die nationalen Orthodoxen Kirchen des Ostens rückten langsam unter der Führung des Patriarchen von Konstantinopel zusammen.
In Nordafrika erlag 707 die große Kirche Nordafrikas dem Ansturm dem Islam. Dieser entstand im Nahen Osten mit der Flucht Mohammeds aus Mekka nach Medina 622. Schnell verbreitet sich die Lehre bis Nordafrika. 732 hatte sich der Islam schon bis zum südfranzösischen Tours ausgebreitet, der Franke Karl Martell bot Einhalt.
Einige Gebiete in West- und Mitteleuropa wurden von Mönchen wie Columba und Columbanus missioniert, bedeutend war Bonifatius. Nach einer Phase der Stagnation kämpfte die christliche Gemeinschaft mit weltlichen Herrschern wie Karl d.Gr. um die Herrschaft über die institutionelle Kirche.
== 3.2 Reformbewegungen - Verbreitung =
Vom 10. Jahrhundert an lief eine Welle geistlicher Erneuerung. Cluny war der Ausgangspunkt einer Reformbewegung. Im folgenden Jahrhundert konnte mit Papst Gregor VII. eine Kirchenreform erreicht werden.
Andere Mönchorden ersetzten Cluny nach dem Erlahmen des Reformeifers im 11. Jahrhundert, etwa Franziskaner und Dominikaner. Orthodoxe Missionare erreichten im 10. Jahrhundert das russische Kiew. Dies ist der Beginn der Russisch-Orthodoxen?? Kirche mit dem Anspruch der Nachfolge Roms und Konstantinopels. Die Zaren des 15. und 16. Jahrhunderts sahen Moskau als das "dritte Rom".
Innere Herausforderung stellten antihierarchische Bewegungen wie die Albigenser und Waldenser mit Unterdrückung durch die mittelalterliche Kirche und Flucht in abgelegene Alpentäler.
Christliches Denken kam im 12.und 13. Jahrhundert durch Peter Abaelard und Thomas von Aquin mit präzisen Formulierungen des Glaubens im Mittelalter.
Dem Höhepunkt unter Papst Innozenz III. folgte eine Periode des Niedergangs. Die Renaissance verzehrte Talent, Energie und Finanzen des Papsttums. Es begann in der Folge mit einer Sehnsucht zu geistlicher Stärkung und einem reformierten Katholizismus.
Mit Martin Luther und Johannes Calvin kam es zur protestantischen Reformation auf Kosten der kulturellen und religiösen Einheit Westeuropas und bis heute religiösen Vielfalt. Eine neue Periode des Wachstums legte den Grund zur Entwicklung der Religionsfreiheit und des Toleranzgedankens.
Das Werk Luthers gründete Lutherische Kirchen und ebenso Calvins Werk begründete Reformierte und Presbyterianische Kirchen in Westeuropa, Auswanderungsbewegungen nach Amerika und dem British Empire mit den Kolonien verbreiterten den Protestantismus weltweit.
Die Kirche in England wurde durch die Reformen geistlich erneuert. Mit der Trennung von Rom durch Heinrich VIII. 1532 entwickelte sich eine "Nationalkirche" ohne Papst mit einem mittleren Weg ("via media") zwischen Traditionen mittelalterlicher Kirche und neutestamentlichen Lehren. Die anglikanische Dimension einer regionalen Kirchenreform war bedeutsam, sie verlieh zudem dem englischen Nationalismus Auftrieb.
Der Puritanismus war bedeutend für seine Verbreitung im British Empire, Commonwealth und in der Auswanderung nach Nordamerika.
In der Folge verhärteten sich auf beiden Seiten die Fronten. Der Protestantismus wurde stärker institutionalisiert, die römische Inquisition und das Konzil von Trient mit seinen Beschlüssen folgten. Mit der Gründung der "Gesellschaft Jesu" 1540 von Ignatius von Loyola erneute sich die Römisch Katholische Kirche. Mit der erfolgreichen Arbeit der Mission der Jesuiten in S-Amerika?? und SO-S-Asien?? kam es zu weltweiter Verbreitung.
Protestantische Verbreitung außerhalb Europas in dieser Zeit gab es in den britischen Kolonien an der nordamerikanischen Atlantikküste durch die europäischen Auswanderungswellen.
== 3.3 Soziokulturelle - religiöse Bewegungen =
Neue Bewegungen begründeten sich in der Vorbildwirkung eines apostolischen Christentums mit der Zuwendung zur Bibel und persönlichen Glaubenserneuerung im Protestantismus. Christen und Nichtchristen wurden zur Bekehrung gerufen.
Im 18. Jahrhundert entstand als Antwort auf die Aufklärung eine Erweckungsbewegung mit Beginn in Deutschland und einer Verbreitung nach Skandinavien und der Schweiz. Als "Pietismus" waren in der Bewegung Männer wie Philipp Jakob Spener, August Hermann Francke und Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf bedeutend. Pietisten überwanden ein Klassendenken, Bekenntnisunterschiede und betonten die Einfachheit des NT und die persönliche Erfahrung mit Christus.
Die gleichen Merkmale finden sich im 18. Jahrhundert in England und Nordamerika. Bedeutend war John Wesley mit seiner Bewegung und Entwicklung der Methodistischen Kirche, in der Folge stellen sich Gründungen verschiedener Kirchengemeinschaften wie Baptisten und Kongregationalisten im angloamerikanischen Raum ein. Eingeführt wurde ein volkstümlicher Stil evangelischer Predigt und die Betonung auf fröhliches Singen geistlicher Lieder. Soziale Veränderungen wie die Abschaffung der Sklaverei und eine Gefängnisreform wurden angeregt.
In Nordamerika ist die Erweckung verbunden mit den Namen Jonathan Edwards und George Whitefield (Mitarbeiter von John Wesley) bis zu Billy Graham. Die "Evangelisten" gewannen in der Folge an Bedeutung bis heute in der Grundstruktur christlichen Lebens. 1776 erhielt die Unabhängigkeitsbewegung kräftige Unterstützung durch die wichtigsten Kirchengemeinschaften. Nur die Anglikaner hielten sich zurück. Übertragen auf den Aufbau "Vereinigter Staaten von Amerika /USA" wird ein Staat mit christlichen Werten und republikanischen Prinzipien abgestrebt. Die neue Verfassung der USA, überwiegend ein Werk von Thomas Jefferson, kennt die Trennung von Staat und Kirche(n).
Die Französische Revolution von 1789 rief eine heftige Reaktion gegen die organisierte Religion und etablierte Kirche hervor. Die Ideen der Aufklärung und die Unterstützung der Monarchie durch die Kirche benutzten die Revolutionäre, die Kirche zu verbannen. In der Folge kommt es zu einem Kampf zwischen Kirche und Staat um Fragen der Erziehung.
== 3.4 Bedeutende Entwicklungen =
Die großen Veränderungen im 19. Jahrhundert bewirkten bedeutende Entwicklungen im Christentum, etwa Missionsbewegungen, so etwa konnte William Carey die "Baptist Missionary Society" begründen. Viele Missionsgesellschaften entstanden weltweit im Protestantismus. Europäische Pietisten gründeten in Basel 1815 eine Missionsschule.
Die europäischen Revolutionen von 1830 und 1848 hatten ohne Unterstützung der etablierten Kirchen auszukommen. Mit Papst Pius IX. entstand Widerstand gegen Modernismus, Republikanismus, Liberalismus, Sozialismus und Nationalismus. Sein Papsttum ist durch das "Verzeichnis der Irrtümer" 1864 und die Einberufung des I. Vatikanischen Konzils 1869-1870 mit dem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit in Glaubenssachen und Lehre gekennzeichnet.
In England und Nordamerika arbeiteten Christen in einer Claphamgruppe für soziale Reformen für die Abschaffung der Sklaverei, im britischen Empire und mit parlamentarischen Initiativen wurde von Lord Shaftesbury eine Bergwerksreform und eine Fabriksgesetzgebung im Sinne von pietistischen Frömmigkeit geschaffen.
Mit Papst Leo XIII. beschäftigte sich das Papsttum mit der modernen Welt der Arbeitswelt und Folgerungen wie dem Marxismus.
Bedeutende Minderheiten von Christen erduldeten oftmals Unterdrückung, Verfolgung und angebliche Misshandlungen und führten bis zu europäischen Eingriffen in nichteuropäischen Ländern wie beim "Boxeraufstand" in China.
Wissenschaft und Religion setzten sich auseinander, etwa der Theorie von Charles Darwin über die Evolution und in Form des Darwinismus und evangelikalem Christentum des Schöpfungsglauben.
Der Erste Weltkrieg erschütterte die Christenheit mit dem zügellosen Nationalismus, ausbeutendem Imperialismus und massiven Militarismus.
== 3.5 20. Jahrhundert =
Der theologische Liberalismus stellte sich mit dem aktuellen Wissen, Denken und historischen Studium der Bibel. Man bediente sich wissenschaftlichen Methoden. Kritische Studien entstanden, in der Folge führt es zur "Fundamentalisten-Modernisten-Kontroverse??" in Amerika. Die Debatte ging hier hauptsächlich um die Evolution und das "soziale Evangelium" (Social Gospel) mit seinem sozialen Engagement.
In der Folge übernahm der liberale Protestantismus die Führung mit dem Bemühen um die Einheit der Kirchen. Evangelikale reagierten misstrauisch auf ökumenische Bemühungen, als 1948 der "Weltrat der Kirchen" gegründet wurde.
In den ehemaligen Kolonien wuchsen einheimische Kirchen, die Katholische Kirche reagierte mit afrikanischen und asiatischen Kardinalernennungen.
Die Zeit war nicht frei von Christenverfolgung, in der Sowjetunion durch den Staat russische Orthodoxe und Baptisten und im Sudan Christen von Moslems.
Theologische Neuanfänge im Protestantismus sind verbunden mit Karl Barth und Reinhold Niebuhr.
Mit den Veränderungen in den sechziger Jahren als Periode der Veränderungen kam die Jesusbewegung und verstärkte die charismatische Bewegung. Das neue evangelikale Engagement fand eine Verstärkung mit der Wahl Jimmy Carters zum US -Präsidenten ("Südliche Baptisten").
Bedeutende Bewegungen traten in der Römisch - Katholischen Kirche mit Papst Johannes XXIII auf. Das II. Vatikanische Konzil (1962-1965) brachte weitgehende Reformen in der Liturgie mit der Landessprache und Beziehungen zu anderen Christen.
Baptisten und besonders die Pfingstbewegung hatten ein bemerkenswertes weltweites Anwachsen.
== 3.6 Aktuelle Herausforderungen =
Tiefgreifend sind Reformen im politischen, sozialen und ökonomischen Bereich in Teilen der Welt, beispielhaft durch den Antikolonialismus, "Schwellenländer", Supranationale Zusammenschlüsse, Globalisierung und Digitalisierung. Das christliche Gewissen und die Ethik sind hier gefordert.
Institutionalisierte Kirchen sind zunehmend reformbedürftig in Kirchenmanagement, Religionspädagogik und Kommunikationsstrukturen (vgl. IT-Autorenbeiträge?? Kirchenentwicklung und Religionspädagogik).
Das Verhältnis zu Christen war und ist in der Beziehung zu Staaten zu ordnen, beispielhaft wie in Polen, der (ehemaligen) DDR, der (ehemaligen) Sowjetunion und international in China und islamischen Staaten.
Ökumene und der interreligiöse Dialog sind aktuell eine Herausforderung angesichts der Pluralität der Gesellschaft.
Letztlich stellt die Christenheit nur eine Minderheit unter der Weltbevölkerung dar. Die Welt ist durch Jesus Christus wie durch keinen anderen Menschen beeinflusst worden.
= 4 Erziehungs- und Bildungsdenken =
Die Entwicklung der Moderne erfordert eine Auseinandersetzung mit den Begriffen Erziehung und Bildung. Im Selbstverständnis des Autors folgt dies in evangelischer Perspektive. Besonders lutherisches Bestreben schärfte die Einordnung in Gottes weltliche Ordnung, man denke an die Ehe und den Staat.
Für die göttliche und weltliche Ordnung wurde der Begriff "Erziehung" vorgezogen (vgl. den alten Begriff "Zucht"). Im "Kulturprotestantismus" folgte mit dem Begriff "Bildung" auch die Auseinandersetzung mit "Kultur".
== 4.1 Bildungsbegriff =
Der vielschichtige Begriff Bildung in der deutschen pädagogischen Leitkategorie bei Herder, Goethe, Wilhelm von Humboldt und Hegel macht die Begrifflichkeit im Gegensatz zum angelsächsischen "education" nicht einfacher. Goethes Bildungsroman "Wilhelm Meisters Lehrjahre" machte Epoche, Humboldts Ideen mit der Neukonzeption der Berliner Universität, des Königsberger und Litauischen Schulplan für das Gymnasium 1809 mit wenigen Fächern und des Hegelschülers Johannes Schulze 25 Jahre später mit 14 Fächern hatte praktische Auswirkungen bis heute.
Bildung wird allgemein als Allgemeinwissen mit Breitenwirkung (Allgemeinwissen) und einer Vollständigkeit mit Bestand gesehen. In der Folge wird Bildung als andauernder Prozess verstanden wird und entwickelt sich in "Allgemeinbildung" und "Berufsbildung" im Sekundar-, tertiären und quartären Bildungsbereich (vgl. aktuell "lebensbegleitendes Lernen" und damit Bildung).
Religionsgemeinschaften denken an sich in ihrem abgeschlossenen Raum kaum pädagogisch.
Das evangelische Christentum bedient sich im historischen Wandel pädagogischer Denkfiguren, die dem eigenen Selbstverständnis dienen. Politische und gesellschaftliche Kräfte haben Rückenwind evangelischer Theologie verliehen (vgl. RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 51). Einer Affinität des Protestantismus zu Bildung und früher zur Erziehung hat schrittweise und in der Folge in einem "Evangelischen Schulwesen" liberale, emanzipatorische und (selbst-)kritische Dimensionen angenommen (vgl. RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 65-74 zum Pluralismus in kirchlichen Schulen; NIPKOW - SCHWEIZER 1994).
== 4.2 Erziehungsbegriff =
Sieht man sich den Erziehungsbegriff an, ist diese ebenfalls einem historische-gesellschaftlichen Wandel ausgesetzt. Um 1930 wurde er ordnungstheologisch und ordnungspädagogisch ausgelegt. 40 Jahre später stand die "antiautoritäre Erziehung" zur Diskussion. In der Folge gab es einen "Mut zur Erziehung", der die aktuelle "Werteerziehung" entgegengesetzt wird. Die deutschsprachige Diskussion ist nach wie vor komplex, "education" im angelsächsischen Verständnis beinhaltet Lehre und Erziehung.
Die aktuelle Terminologie beinhaltet die Verbindung Bildung und Erziehung bzw. Kompetenz, beispielhaft erkennt man dies in der Politischen Bildung/Erziehung, Interkulturellen Kompetenz/Interkulturellen Bildung, Umwelterziehung/ökologischen Bildung und kulturell-religiösen Kompetenz/Bildung (vgl. RUPP- SCJHEILKE-SCHMIDT?? 2002, 63).
== 4.3 Evangelisches Bildungsdenken =
Evangelisches Bildungsdenken geht von menschlichen Begabungen und "Kräften" als Gottes Gaben aus, die zu fördern sind, die wertvollen gegen die destruktiven.
Im Wechselverhältnis von Gesellschaft ("Kultur") und persönlichen Dispositionen ("Natur") setzt die wissenschaftliche Erziehung und Bildung an. Hier setzt Evangelisches Schulwesen an (vgl. RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 65-74; POLLITT -LEUTHOLD - PREIS 2007).
= 5 Kulturell - religiöse Bildung und Demokratie =
"Wenn man unter Demokratie mehr als ein Regelwerk des politischen Systems verstehen will, dann ist es in historischer Perspektive evident, dass sich die moderne Demokratie in vieler Hinsicht der Christentumsgeschichte verdankt" (vgl. RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 169).
Menschenwürde, Gleichheit vor dem Gesetz, Religion und Politik als Quelle aller Gewaltenteilung, alles ist christlich-religiös begründet. Dennoch ist zu bedenken, dass die christliche Religion bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein die neuzeitliche Entwicklung der Demokratie nicht gerade gefördert hat.
Man könnte vor diesem Hintergrund religiöse Bildung in die Nähe der politisch-demokratischen Bildung rücken. Der Vorwurf, der "problemorienierte Religionsunterricht" sei von Sozialkunde nicht mehr zu unterscheiden, war in der Praxis als Differenz oft nicht mehr erkennbar.
== 5.1 Religion und Politik =
Mit der Wiederentdeckung religiöser Bildungsgestalten wurde ein Beitrag zur Unterscheidung zwischen Religion und Politik geleistet.
In der Unterscheidung von Religion und Politik liegt ein Perspektivenwechsel in der Bewertung der Zwei-Regimenter-Lehre?? Luthers nahe.
Politisches Handeln sieht sich vor die Alternative gestellt, entweder als Versöhnungsimpuls ("Konsens") oder als interessensgeleitetes Agieren (machtpolitisch bezogen) ausgelegt wird.
Auffällig ist bei der Zwei - Regimenter - Lehre die Auslegung, wenn Handeln im Beruf/ Alltag und einer Regierung religiöse Autorität abgeleitet wird.
Gewissen und Glauben entfalten eine Dialektik der Freiheit des Christenmenschen mit seiner Befähigung zu Gehorsam (Selbstbindung an das Gewissen).
Darin liegt nach Luther die Grenze gegenüber dem Anspruch einer weltlichen Macht, wenn in autoritären Systemen mit Widerstandelementen dem "Volk" die Ausführungsgewalt, im Sinne christlicher Herrschaft, zugerechnet wird (vgl. die Befreiungstheologie, Willensbildungen in der "Wende").
Eigentlich geht es um die Problematik einer politisierenden Theologie und Theologisierung des Politischen.
In einer solchen Form von Konflikten werden Probleme strittig, denen sich niemand durch die allgemeinen Freiheitsrechte entziehen kann. Man denke an ökologische und ökonomische Problembereiche, wissenschaftliche und technische Möglichkeiten mit Auswirkungen auf die Zukunft und das Leben überhaupt. Man denke an die Bedeutung der Nachhaltigkeit.
== 5.2 Religiöse und politische Bildung =
Zu bedenken sind in der Folge auf dem Hintergrund der angesprochenen Unterscheidungen Gemeinsamkeiten und Unterschiede von religiöser und politischer Bildung bzw. Erziehung (vgl. RUPPE-SCHEILKE-SCHMIDT?? 2002, 178-181).
In religiösen Bildungsprozessen geht es vorrangig um kulturelle Erinnerungsfähigkeit in Überzeugungen, Lebensdeutungen und Lebensführungsmuster. Elemente sind etwa die Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit, Hoffnung und Solidarität.
Nicht ohne biblisch überlieferte Geschichten geht es um geistige Prinzipien, Erfahrungen der Menschen in der Deutung mit der Begegnung im Handeln Gottes. Die Weitergabe wird zu einer Welt- und Lebensdeutung ausgeweitet. Jenseits aller intentionaler Bildungsanstrengungen stehen die indirekten Erziehungseinwirkungen in den sozialen und (inter-)kulturellen handlungsräumen. Nicht nur institutionelle Lehre, auch eigener Lebensort als Lernorte sind zu gestalten (vgl. formale bzw. non - formale Bildung, formales bzw. informelles Lernen). Reflexion eigener religiöser Praxis und Entscheidungen in Verbindung mit Toleranz gegenüber den Anderen gehören in die religiösen Bildungsprozesse.
In der politischen Bildung bedarf es analog einer Handlungsfähigkeit, Urteilsfähigkeit, des Bezugs zu einem Grundrechtskatalog und didaktisch eines Überwältigungs- und Indoktrinationsverbots.
Der konfessionelle Religionsunterricht besitzt demnach große Ähnlichkeiten. Allerdings kennt schulische "Politische Bildung" kein Recht auf Nichtteilnahme.
Hier ist ebenso die zentrale Frage der öffentlichen Erörterung und Meinungsbildung im besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.
= 6 Perspektiven zukunftsfähiger religiöser Bildung =
Zur Orientierung für religiöse Bildung sollen in der Folge Perspektiven benannt werden (vgl. KROPAC 2009, 367-372) .
In einer pluralen Gesellschaft steht das religiöse Feld in Ambivalenzen, wobei ein Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme und persönlicher Lebensfragen wiederentdeckt wird. Aufgabe ist nicht eine Lösung, vielmehr eine kritisch - konstruktive Bearbeitung.
Religiöse Bildung befähigt Lernende zu eigenständigen Verhaltensweisen einer Weltbegegnung im Kontext anzubietender Politscher Bildung und Interkultureller Kompetenz.
Für eine Zukunftsfähigkeit ist die Unterscheidung von Religion, Religiosität und Religionskultur grundlegend. Individuelle Religiosität (Mikroprozesse/ Innenperspektive) ist neben Religion eine eigenständige Größe, Religionskultur (Makroprozesse/ Außenperspektive) beeinflusst die Voraussetzungen und die Inhalte.
Religiöse Bildung geht nicht in religiöser Kompetenz auf, hat sich im Status der Fächer im Bildungsdiskurs zu stellen. Es geht demnach um reflexive Kompetenz, moralische und religiöse Haltungen, eine Teilnehmerperspektive bzw. soziale Kompetenz und Lernkompetenz im Methodenrepertoire und einer Fachdidaktik.
Eine Forderung besteht grundlegend als "learning from/ through religion".
= 7 Literaturverzeichnis Christentum =
Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/ oder direkt zitiert werden.
Dowley T./ Briggs J.- Linder R.- Wright D. (1979): Handbuch. Die Geschichte des Christentums, Wuppertal
Fried J. (2021): Jesus oder Paulus. Der Ursprung des Christentums im Konflikt, München
Kropac U.(2009): Religion - Religiosität - Religionskultur. Ein Grundriss religiöser Bildung in der Schule, Stuttgart
Meeks W. A .(1993): Urchristentum und Stadtkultur. Die soziale Welt der paulinischen Gemeinden, Gütersloh
Nipkow K.E.- Schweizer Fr. (Hrsg.) (1994): Religionspädagogik. Texte zur evangelischen Erziehungs- und Bildungsverantwortung seit der Reformation, Bd. 2/2: 20. Jahrhundert, Gütersloh
Pollitt H.E. - Leuthold M. - Preis A. (Hrsg.) (2007): Wege und Ziele evangelischer Schulen in Österreich. Eine empirische Untersuchung, Münster - New York - München - Berlin
Rupp H. - Scheilke Chr. Th. - Schmidt H. (2002): Zukunftsfähige Bildung und Protestantismus, Stuttgart
Theißen G.(1979): Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19), Tübingen
= Teil II Ökumene =
= 8 Vorbemerkung =
"Bedenkt die gegenwärtige Zeit" (Röm 13.11) als Aufruf in der Schriftlesung weist eine Ökumenische Theologie auf einen Zeitbezug hin. Geschichtliche und kirchenpolitische Ereignisse ordnen einen zeitlichen Rahmen.
Es bedarf einer begrifflichen Orientierung des Verständnisses von Ökumene. Entstehung, Entwicklung, Themen und Ziele sind von Interesse.
Der Beitrag entstand aus der Thematik im Religionsunterricht (SI Emil Sturm, Salzburg - Tirol) und der Absolvierung des 1. Lehrganges Ökumene der Kardinal König - Akademie Wien (
Die Auseinandersetzung mit einer einführenden Fachliteratur für Nichttheologen vermittelt zusätzlich eine Basis für ökumenisches Denken im Bereich kulturell - religiöser Kompetenz (vgl. UHL 2003, KÖRTNER 2005, LIES 2005, FRIELING 2006, NÜSSEL - SATTLER 2008, POLLAK - ROSTA 2016).
Theologische Zusatzausbildung und Politische Bildung in Verbindung mit Interkultureller Kompetenz bereichern ein ökumenisches Nachdenken.
= 9 Einleitung =
Die Ökumene kann als ein Weg beschrieben werden. Der Weg ist das Ziel. Wenn Menschen gleicher Überzeugung sich vereinen, kommt es zu einer reflektierten Weggemeinschaft (vgl. in der Folge NÜSSEL - SATTLER 2008, 7-9).
Zum Tragen kommen hier nicht-theologische Faktoren, oft Zufälle und in beruflichen Zusammenhängen.
Das Miteinander und die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft ergeben Gemeinsamkeit.
Ohne eigene konfessionelle Wurzeln und Reflexion ist ökumenisches Denken und Handeln mit einer Akzeptanz des anderskonfessionellen Standorts nicht möglich.
Ökumenisches Handeln fordert
die Bereitschaft des Bekenntnisses eigenen Glaubens, einer Empathie für den anderskonfessionellen Standort und der Akzeptanz für Differenzen (vgl. Kirchenverständnis, religiöse Sozialisation und religiöses Wissen).
Wer in diesem Sinne handelt, erkennt systembezogene bzw. kirchliche Vorgaben.
Weil es immer wieder Menschen gibt, die jenseits konfessioneller Grenzen sich glaubwürdig begegnen, man denke an konfessionsverbindende Ehepaare ("Mischehen"), im Berufsleben Mitarbeiter und ganz banal an die Begegnungen im Alltag oder ein sich erweiternder Bekannten- oder Freundeskreis, geben Impulse einer "Ökumenischer Bewegung".
Die Bemühungen einer Konferenzökumene, mitunter abfällig beurteilt, leben von Begegnungen.
1964 das Treffen Paul VI. mit Athenagoras in Jerusalem,
1967 Paul VI. in Konstantinopel Treffen mit Athenagoras und Gegenbesuch im gleichen Jahr in Rom,
1981 sprach Johannes Paul II. bei gemeinsamer ökumenischer Feier den Text des dort formulierten Glaubensbekenntnisses von Nizäa -Konstantinopel ohne das "Filioque",
1999 Unterzeichnung der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" in Augsburg und
2003 1. Ökumenischer Kirchentag in Berlin mit Unterzeichnung der "Charta Oecumenica" (wechselseitige Anerkennung der Taufe).
In jüngerer Zeit gibt es eine Wiederentdeckung ökumenischer Leitfiguren mit geistlicher Tradition des Christentums (vgl. beispielhaft Elisabeth von Thüringen, Nikolaus von Smyrna, Franz von Assisi und Dietrich Bonhoeffer).
Geistliche Gemeinschaften erfahren insbesondere unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges und heute Aufmerksamkeit (vgl. Kommunität von Taize, Öffnungen von Klostergemeinschaften).
= 10 Neutestamentliche biblische Texte =
Bezugspunkte neutestamentlicher biblischer Texte sind
Joh 17, 20-21 Suche nach der Einheit der Menschen in der Nachfolge Jesu war von frühester Zeit bedeutsam für die Gemeinden
Eph 4,4-6 Gründung der Ökumene in der Einheit des trinitarischen Wesens Gottes, Taufe erlangt an Bedeutung und Bewahrung der Gemeinden in der Einheit des Glaubens
Joh 17, 21 Ökumene im Sinne des sterbenden Jesus in der Abschiedsrede
Der Teil aus dem Epheserbrief hat bereits in der Reformationszeit zentrale Bedeutung erlangt, als auf dem Augsburger Reichstag 1530 vor Karl V. man für die Anerkennung der Reformation eintrat.
Philipp Melanchthon entwarf als gemeinsames Bekenntnis der evangelischen Stände die "Confession Augustana"/ CA (vgl. Artikel VII der CA). Melanchthon belegt mit dem Verweis auf Eph 4,4-6 die Notwendigkeit in der Übereinstimmung im Evangelium und in der Sakramentsverwaltung (vgl. ein Glaube und eine Taufe; Eph 2, 11-22 Einheit der Kirche als Einheit des Leibes und des Geistes in der Einheit Gottes).
Gerechtigkeit und Güte Gottes gilt im Neuen Testament unterschiedslos allen Menschen. Das bedeutet nicht, dass in der Kirche alle Glieder unterschiedslos eins sind.
Paulus macht in 1 Kor 12, 8-11 deutlich, die Kirche lebt vielmehr von den Unterschieden der Gaben, die der Geist den einzelnen zum Nutzen schenkt. Gesprochen wird von der Weisheitsrede, Erkenntnisrede, (Wunder) Glauben, Heilungsgaben, Machttaten bzw. Wunderwirkungen, Prophetie und Deutung der Zungenreden. Für Paulus ist wichtig, dass die Gemeindeglieder diese Vielfalt in ihrer Unterschiedlichkeit und Zugehörigkeit anerkennen. Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit, wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit (1 Kor 12, 24-25).
In der neueren ökumenischen Diskussion ist dieser Text Ausgangspunkt, die Unterschiede und Vielfalt der Gnadengaben als eine Bereicherung zu sehen.
Im Nachdenken über 1 Kor 12 wird deutlich. dass Einheit nicht mit Uniformität verwechselt werden darf. Die Studie "The Nature and Mission of the Church" der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen (2005) hält fest, dass Einheit nur durch eine angemessene Koordination der Gaben Gottes möglich ist (vgl. NÜSSEL - SATTLER 2008, 16). Eine Anerkennung der Vielfalt von Aufgaben, Diensten in der Kirche und der Gestaltung der Lebenspraxis, lässt sich auch mit einem gemeinsamen Umgang der Vielfalt konfessioneller Traditionen gewinnen (vgl. Bereicherung durch Traditionen, Unterschiede stehen auch entgegen).
= 11 Konfessionelle Geschichte der Ökumene =
Konfessionell geprägte Kirchen haben ihre eigene Geschichte der Ökumene. Diese Erkenntnis wird unter 10.1 verdeutlicht. Ende des 19. Jahrhunderts beginnt eine neue Epoche, die im 20. Jahrhundert organisierte Gestalt annimmt, siehe 10.2.
Konfessionelle Eigenheiten formen sich, siehe 10.3. Aktuell richtet sich der Blick auf weltweite Verhältnisse in der christlichen Ökumene, aktuelle Herausforderungen ergeben sich, siehe 10.4.
== 11.1 Geschichte der Ökumene =
=== 11.1.1 Begrifflichkeit =
Der Begriff Ökumene wird in den gängigen Kontexten das Streben nach Überwindung der Trennung zwischen den christlichen Kirchen und Konfessionen verstanden. In der Christentumsgeschichte kam es zu Bedeutungsverschiebungen.
Zur Entstehungszeit des Christentums gehört das griechische Wort "oikumene" ( oikeo - wohnen bzw. oikia - Haus) zum gängigen Sprachgebrauch und bezeichnet die bewohnte Erde oder ganze Welt (vgl. Mt 24,14).
Die Ausbreitung des Römischen Reiches führt dazu, dass der Begriff mit dem römischen Imperium gleichgesetzt wird ( vgl. Lk 2.1).
Neben einer negativen Bedeutung (Lk 4,5 und Apk 12,9) kennt der Hebräer Brief eine positive Deutung mit der Vorstellung einer zukünftigen Welt mit christlicher Hoffnung (Hebr. 2,5).
=== 11.1.2 Ausbreitung des Christentums =
In der Folge entwickelt sich die Erfahrung der Ausbreitung des Christentums.
In der Differenzierung zwischen Kirche und Ökumene kommt es zum Sprachgebrauch im 3. und 4. Jahrhundert zur Bedeutung der Verbreitung der Kirche über den ganzen Erdkreis.
Die Anerkennung des Christentums als Staatsreligion unter Konstatin ("konstantinische Wende") bezeichnet der Begriff das christliche Imperium. Die Einheit der Kirche wird zum zentralen Anliegen im Römischen Reiches.
Zur Beilegung von Lehrstreitigkeiten werden ökumenische Konzilien einberufen.
In diesem Sinne einer Verbindlichkeit von Theologen als Lehrer der Ökumene wird im 6. Jahrhundert dem Patriarchen von Konstantinopel der Titel "ökumenischer Patriarch" zuerkennt. Nach dem Tod von Gregor dem Großen werden die Päpste als ökumenische Bischöfe bezeichnet (vgl. NÜSSEL - SATTLER 2008, 18).
Die ersten ökumenischen Konzilien in Nizäa 325 und in Konstantinopel 381 treffen trinitätstheologische Aussagen und im Glaubensbekenntnis. Es gilt bis heute den meisten Kirchen als das ökumenische Bekenntnis.
In der Folge kommt es jedoch zu neuen Auseinandersetzungen zwischen alexandrinischer und antiochenischer Tradition über die Frage, wie angesichts der vollen Gottheit des Sohnes das wahre Menschsein Jesu auszusagen sei.
Das dritte ökumenische Konzil in Ephesus 431 lehrt auf der Linie alexandrinischer Christologie, dass Maria als Gottesgebärerin (theotokos) zu gelten habe. Das vierte ökumenische Konzil von Chalcedon 451 schlichtet weitere Streitigkeiten. Es betont die wahre Menschheit Jesu Christi, damit die Einheit der Person Jesu Christi.
=== 11.1.3 Kirchenspaltung im Osten =
Die ersten beiden Konzilien wurden von der gesamten Christenheit anerkannt, dagegen stoßen die dogmatischen Entscheidungen von Ephesus und besonders von Chalcedon auf Widerstand in einer Reihe von Kirchen im Osten des Byzantinischen Reiche bzw. auch außerhalb.
Es kommt zur ersten großen Kirchenspaltung in der Geschichte des Christentums.
In der Folge bilden sich die "orientalisch - orthodoxen Kirchen" ostsyrischer und westsyrischer Liturgietradition.
Zu den Kirchen der ostsyrischen Tradition gehören die Heilige Apostolische und Katholische Assyrisch Kirche des Ostens und einige indische Kirchen.
Zur Familie mit westsyrischer Liturgie gehören die Syrisch - Orthodoxe Kirche von Antiochien ("Jakobiten"), die Malankarische Orthodoxe Syrische Kirche, die Koptische Orthodoxe Kirche, die Äthiopische Orthodoxe Tewahedo Kirche und die Armenische Apostolische Kirche.
Auch innerhalb der Reichskirche kommt es zu Auseinandersetzungen über das Verständnis der beiden Naturen Christ, die auf dem fünften und sechsten Konzil in Konstantinopel 553 und 680 ausgetragen wurden. Beim weiteren Konzil in Nizäa 787 wendet man sich der Frage der Bilderverehrung zu und erlaubt diese.
Im Laufe der Jahrhunderte wird die Diskrepanz zwischen Rom und Konstantinopel durch die die kulturellen Unterschiede mit dem Ausbau des römischen Primatanspruchs und durch einzelne Schismen vertieft wie Acacianisches Schisma 484-519 und Photianisches Schisma 867-879 (vgl. NÜSSEL-SATTLER?? 2008, 19).
Theologisch bietet sich allem die im Westen vollzogene Einfügung des "filioque" in den Text des Glaubensbekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel?? massiven theologischen Konfliktstoff.
Die aufgestauten Spannungen bilden die Grundlage für die wechselseitige Exkommunikation 1054 im Schisma zwischen Ost- und Westkirche und die Ereignisse im vierten Kreuzzug.
Vor allem von Rom aus wurden Unionsbemühungen besonders auf dem Konzil von Lyon 1274 und Konzil von Florenz 1439 unternommen.
Mit der Kirchenspaltung zwischen Ost und West und dem Zusammenbruch des Byzantinischen Reiches verliert der Begriff "Ökumene" seine reichskirchliche Dimension.
Die Orthodoxen Kirchen anerkennen nur die ersten sieben Konzilien als ökumenisch, die Römisch-Katholische?? Kirche bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil 21 ökumenische Konzilien.
=== 11.1.4 Kirchenspaltung im Westen =
Die größte ökumenische Herausforderung entsteht in der lateinischer Christenheit mit der reformatorischen Kritik Martin Luthers am Buß- und Ablasswesen, aber auch an einer großen Anzahl römischer Lehren.
Die Grundansicht ergibt sich aus der Sicht, dass im Evangelium die Rechtfertigung allein aus dem Glauben ohne alle Werke verheißen ist.
Die öffentliche Auseinandersetzung mit der römischen Kirche begann mit der Eröffnung des Inquisitionsverfahrens 1518.
In der Folge nach der Bannandrohungsbulle 1520 kam es mit der Bannbulle 1521 zur Exkommunikation Luthers.
Am Wormser Reichstag 1521 wurde die Reichsacht verhängt, angewiesen war nunmehr Luther auf den Schutz seines Landesherren Kurfürst Friedrich des Weisen.
Die Maßnahmen konnten nicht verhindern, dass in vielen Territorien des Reiches Anhänger der Reformation sich sammelten.
Zentrum der lutherischen Reformation war Wittenberg, in der Schweiz um Hudreych Zwingli Zürich und um Johanne Calvin Genf.
Der Versuch am Augsburger Reichstag 1530 mit der "Confessio Augustana"/ CA Anerkennung und Duldung der Reform zu erwirken und eine Kirchenspaltung zu verhindern scheiterte.
1529 führten bereits Differenzen in der Abendmahlsfrage zu eigenen Entwicklungen der lutherischen Reformation, die weite Teile Skandinaviens und des Baltikums erreichten.
Die von Zwingli und Calvin reformierte Gestalt der Reformation bildete sich mit Gemeinden in der Schweiz, Frankreich, Schottland und in einigen Gebieten Deutschlands.
In England bildete sich die "Anglikanische Nationalkirche".
Weitere Abspaltungen kamen durch die Gründung von Freikirchen.
1555 wurde durch das Prinzip "cuius regio eius religio" die Spaltung reichsrechtlich umgesetzt.
Im lutherischen Konkordienbuch von 1580 wurden das apostolische, nizänische und athanasianische Glaubensbekenntnis als die "tria symbola catholica oeconomica" bezeichnet.
Bestimmend war in dieser Epoche die Wahrung der Konfessionsgrenzen.
Am Ende des 17. Jahrhunderts entwickelte sich ein neues Verständnis von Ökumene im Pietismus. Das Interesse lag in der Verbreitung lebendiger Frömmigkeit über die nationalen und konfessionellen Grenzen hinweg.
In der Herrenhuter Brüdergemeinde, von Graf Zinzendorf begründet, gibt es das Verständnis in den verschiedenen Konfessionen eine Erziehungsform Gottes zu sehen.
Überkonfessionelle Ausrichtung in einer Gemeinschaft bekehrter Christen gewinnt die Erweckungsbewegung und die Missionsbewegung im 19. Jahrhundert.
1846 wird in London die "Evangelische Allianz" gegründet, die sich als ökumenischer Zusammenschluss über die konfessionellen und nationalen Grenzen versteht.
1855 mit überkonfessionellem Verständnis gründen sich der "Christliche Verein Junger Männer"/ CVJM und 1895 der "Christliche Studentenweltbund".
== 11.2 Ökumenischer Aufbruch im 19./ 20. Jahrhundert =
Aus der Missionsbewegung heraus und der Erkenntnis einer Behinderung durch die konfessionelle Spaltung entsteht das Bestreben ein gemeinschaftliches Miteinander im überkonfessionellen Einsatz anzustreben.
Nathan Söderblom verwendet erstmals den Begriff "Ökumene", mit dem er das Werk der Versöhnung und Einigung der getrennten Kirchen bezeichnet.
Als Beginn der modernen ökumenischen Bewegung wird die Weltmissionskonferenz in Edinburgh 1910 angesehen (vgl. die Bemühungen zu Frieden, sozialer Gerechtigkeit und Einheit der Kirchen).
Die erste Weltkonferenz des "Weltbundes für internationale Freundschaftsarbeit" 1925 in Stockholm befasst sich mit sozialen und friedensethischen Fragen.
Die kirchentrennenden Lehrdifferenzen sind Gegenstand der Weltkonferenz der "Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung" 1927 in Edinburgh (Teilnahme vieler protestantischer Kirchen, der Anglikanischen Kirche und Orthodoxen Kirchen, die Römisch Katholische Kirche lehnt ab).
1948 wird der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in Amsterdam gegründet. 1971 wird der "Weltrat für christliche Erziehung" als Zweig des ÖRK gegründet.
Alle sechs Jahre wird eine Vollversammlung gehalten (vgl. ausführlich NÜSSEL-SATTLER?? 2008, 22).
Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1962-1965 öffnet sich die Römische Katholische Kirche der ökumenischen Bewegung, sie entsendet Beobachter zu den Vollversammlungen des ÖRK. Ab 1968 wird sie Vollmitglied der Kommission für Glaube und Kirchenverfassung des ÖRK. Damit erhält die Ökumene erheblich an Bedeutung (vgl. Ökumenismusdekret des Konzils "Unitatis redintegratio").
Mit der Ökumene - Enzyklika von Johannes Paul II. "Ut unum sint"(1995) beteiligt sich die Römisch - Katholische Kirche an offiziellen Dialogen international und national.
Im kirchlichen Leben kommt es in der Folge zu vielen Formen eines Miteinander, ökumenischen Gottesdiensten, Begegnungen auf Katholikentagen und Evangelischen Kirchentagen (vgl. die Bemühungen um einen gemeinsamen Religionsunterricht, beispielhaft Hamburg; KEMNITZER - ROSER 2021, EZW - Texte 271/2021) .
Neben allen Bemühungen spielt der 1983 nach der ÖRK - Vollversammlung in Vancouver angestoßene konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung eine wichtige Rolle in der ökumenischen Bewegung. Damit findet auch die Stimme der Kirchen in der Politik ein Gehör.
Auf europäischer Ebene spielt die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) eine Rolle.
Wichtig sind nationale Organisationen geworden, die in Arbeitsgemeinschaften in Ortsgemeinden Träger des ökumenischen Gedankens sind.
Ziel ist im Kennenlernen und Austausch der Kirchen, theologische Erkundungen und kulturelle Prägungen in Verbindung mit Glaubensüberzeugungen als wichtige Faktoren zu reflektieren.
== 11.3 Konfessionelle Eigenarten =
Die Konfessionsgemeinschaften bilden in ihrer Geschichte konfessionelle Identitäten und sind unterschiedlich organisiert. Im ökumenischen Gespräch ist dieser Umstand besonders von Bedeutung.
Die weltweiten Konfessionen haben bereits im 19. Jahrhundert die Notwendigkeit erkannt, sich weltweit zu organisieren.
Im reformatorischen Bereich entstanden Weltbünde.
Die Orthodoxen Kirchen bereitet sich in der Folge auf der Grundlage ihrer Autokephalie auf ein panorthodoxes Konzil vor.
Die Römisch-Katholische?? Kirche hat beim Zweiten Vaticanum die Grundlage ihrer Teilnahme neu bestimmt.
=== 11.3.1 Reformatorische Kirchen =
Die reformatorischen Kirchen haben keine überregionalen Verfassungsstrukturen. Das hat mit der politischen Entstehungsgeschichte zu tun (vgl. landeskirchliche Struktur).
Erst mit den internationalen Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert erschien es sinnvoll, einen internationalen Verbund einzurichten.
1863 entstand der Weltbund der Adventisten.
1867 wurde die erste Lamberth - Konferenz der Anglikanischen Gemeinschaft einberufen.
1875 gründeten 21 presbyterianische Kirchen in Europa und Nordamerika in London den Bund der Reformierten Kirchen.
1881 wurden der Methodistische Weltrat, 1905 der Baptistische Weltbund, 1937 das Weltkomitee der Quäker und 1947 der Lutherische Weltbund gegründet.
Die Entscheidung, ob die Ergebnisse ökumenischer Dialoge angenommen werden können, liegt aber bei den Regionalkirchen. Darum müssen internationale Dokumente wie die Konvergenzerklärung von 1982 "Taufe, Eucharistie und Amt" des ÖRK oder die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" von 1999 erst einen Rezeptionsprozess in den regionalen Kirchen durchlaufen.
=== 11.3.2 Orthodoxie =
Die Orthodoxie ist in ihrer Verfassungsstruktur der Autokephalie bzw. Autonomie der einzelnen Orthodoxen Kirchen und der großen Bedeutung des panorthodoxen Konzils begründet.
Fortschritte in der Ökumene sind ohne ein panorthodoxes Konzil nicht erreichbar (vgl. ausführlich NÜSSEL - SATTLER 2008, 25).
=== 11.3.3 Römisch - Katholische Kirche =
Die Römisch - Katholische Kirche ist seit dem Zweiten Vaticanum 1962-1965 an ökumenischen Gesprächen beteiligt und arbeitet in Untergruppen des ÖRK mit.
Selbstverständlich wurden im Laufe der Zeit Initiativen der Caritas und Diakonie, ökumenische Themen auf beiden Kirchentagen, in Österreich die Zusammenarbeit im nationalen ÖRK (vgl. http://www.oekumene.at [7.7.21]).
== 11.4 Aktuelle Herausforderungen =
Die weltweiten und regionalen ökumenischen Bemühungen erfordern Anstrengungen zur Koordination (vgl. NÜSSL - SATTLER 2008, 26 - 28).
Man kann davon ausgehen, dass etwa
schwindendes religiöses Wissen und religiöse Persistenz,
geringe Möglichkeiten freiwilliger Mitarbeit mit attraktiven Angeboten von qualifizierter Fortbildung und
schwindende Finanzkraft der Kirchen in Europa
zu Reformen ermutigen müsste.
Die heutigen Kommunikationsmittel erleichtern positive Entwicklungen zu ermöglichen.
Ökumenische Erwachsenenbildung (Fernlehre),
Netzwerkarbeit zur Bildung ökumenischer Gemeindepartnerschaften, ökumenischer Kooperation im Religionsunterricht, diakonischer Ökumene und
Kommunikation mit handlungsorientierten Aktivitäten (Projektarbeit)
wären mit relativ geringem Aufwand zu organisieren.
Es gibt nach der bestehenden Fachliteratur weder in Deutschland noch in Österreich keine Institution, welche Bereiche erweiterter Formen der Ökumene koordiniert.
= 12 Reflexion =
Der Kontext zur Politischen Bildung und Interkulturellen Kompetenz, aktuell in "Globalem Lernen" und einem "Friedenslernen", verstärkt Bemühungen um eine christliche Ökumene, wie sie beispielhaft schon seit Jahrzehnten im sozial-diakonischen Bereich umgesetzt werden.
Für eine Religionspädagogik ergeben sich in der Querschnittsmaterie (Unterrichtsprinzip) einer Politischen Bildung vielfältige Möglichkeiten, die Themenbereiche Globalisierung und Multireligiosität einer Gesellschaft, aus der religiösen Basis der Lehrinhalte eines Religionsunterrichts in der Folge aufzuarbeiten.
Eine so verstandene kulturell - religiöse Bildung bereichert einen zukunftsfähigen Bildungsprozess.
Aus Autorensicht wäre ein Universitätslehrgang "Religion", ökumenisch konzipiert, eine Bereicherung einer Weiterbildung im akademischen Bereich.
= 13 Literaturverzeichnis Ökumene/ Auswahl =
Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/oder direkt zitiert werden.
Frieling R. (2006): Im Glauben eins - in Kirchen getrennt? Visionen einer realistischen Ökumene, Göttingen
Kemnitzer K. - Roser M. ( Hrsg.)( 2021): "All together now !?". Ein Schreibgespräch zum Religionsunterricht in Hamburg (RUfa 2.0), EZW - Texte 271/2021, Berlin
Körtner U. H.J. (2005): Wohin steuert die Ökumene? Vom Konsens- zum Differenzmodell, Göttingen
Lies L. (2005): Grundkurs Ökumenische Theologie. Von der Spaltung zur Versöhnung. Modelle kirchlicher Einheit, Innsbruck - Wien
Nüssel Fr.- Sattler D. (2008): Einführung in die ökumenische Theologie, Darmstadt
Pollak D.- Rosta G. (2016): Religion in der Moderne. Ein internationaler Vergleich, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1751, Bonn
Uhl H. (Hrsg.) (2003): Taschenlexikon Ökumene, Frankfurt - Paderborn
= Teil III Ethik ev =
Im Folgenden geht es um die Problemstellung evangelischer Ethik im Pluralismus, Konsequenzen und Ansätze in ihren verschiedenen Konzeptionen.
Evangelische Ethik als theologische Ethik wird versucht, auf ihre Bedeutung und Folgerungen aus der Sicht eines Lehrenden der Erziehungswissenschaft und Politischen Bildung darzustellen.
Im Folgenden werden Ansätze und der Kontext zur Gegenwart beschrieben.
= 14 Ansätze evangelischer Ethik =
Ansätze evangelischer Ethik werden im Folgenden verkürzt dargestellt, das Verhältnis zur allgemeinen Ethik bzw. von Ethik und Dogmatik soll dargelegt werden.
Zunächst wird auf Luther, Calvin und Schleiermacher eingegangen. Mit Herrmanns liberaler Ethik wendet man sich dem 20. Jahrhundert zu. Die einflussreichen Modelle von Barth und Bonhoeffer folgen. Thielecke als Vertreter eines lutherisch geprägten Ordnungsdenkens und Richs Versuch einer zeitgemäßen Sozialethik gilt ebenso das Interesse.
Die Konzeptionen von Trillhaas und Rendtorff beschließen entsprechend der gegenwärtigen Säkularität und Verbindung zur Lebenswirklichkeit im Kontext mit theologischer Intention die Ansätze.
Abschließend wird das Verhältnis von Ethik und Dogmatik beleuchtet.
= 14.1 Zwei - Regimenter - Lehre - Luther =
Bei Martin LUTHER gehen alle Gesetze auf Gott zurück (vgl. den zu begründeten Verweis auf Röm 13,1 f. oder 1 Pet 2,13 f.; MÜLLER 2001, 22-27). Die Gesetze dienen der Regelung der zwischenmenschlichen Verhältnisse und richten sich an alle Menschen. Es klingt bereits die Lehre von den zwei Regimentern an.
Im Reich der Welt geht es ein friedliches Zusammenleben und die Ausrichtung auf das Gute. Ziel ist der äußere Frieden.
Im geistlichen Reich geht es um den Heiligen Geist im Herzen. Ziel ist Rechtschaffenheit. Das Bild des guten Baumes mit guten Früchten symbolisiert das Tun des Guten und leiden am Unrecht.
Beide Regimenter beziehen sich auf die Sündhaftigkeit des Menschen, so dass sie notwendig sind.
Das Verhältnis zur weltlichen Obrigkeit ergibt sich
aus der Verantwortung im Welthandeln des Christen,
aus dem Evangelium,
seiner Eignung um ein Amt der Obrigkeit und
der Beförderung der Wohlfahrt (vgl. Luthers Ansicht in der Kontinuität des Glaubens durch Liebe bei 1 Kor 10,3 und 12,13).
Aus dem Glauben folgt die Liebe zu Gott und daraus ein Leben, in dem man dem Nächsten umsonst dient ("freier Dienst").
Dieses Handlungsverständnis im Kontext zum Glauben steht eng zum ersten Gebot als Form eines Zutrauens zu Gott.
Alles was man tut ist Gott zu gefallen, selbst der Müßiggang (vgl. 1 Kor 10,31 oder Röm 8,28).
Durch die Verschiedenheit der Menschen bedarf es einer Unterweisung im Glauben. Daraus ergibt sich ein Erziehungsauftrag.
Luthers Ethik stellt kein weltliches Regiment für ein christliches Leben auf der Welt auf. Im geistlichen Regiment hat man dem Gesetz der Liebe, dem Verzicht auf Durchsetzung eigener Rechte und Eintreten für den Nächsten zu folgen. Allein der Glaube macht den Menschen rechtschaffen, nicht die Werke. Diese biblisch begründete Ethik besitzt einen universalen Bereich auf alle Menschen und versucht damit, das Verhältnis zum Nächsten, zur Obrigkeit (Staat) und zu Gott zu sehen (vgl. die Vorausgesetztheit Gottes im Handeln).
= 14.2 tertius usus legis - Calvin =
Durch den Sündenfall besitzt nach Johannes CALVIN der Mensch keinerlei Rechtschaffenheit mehr, trotzdem soll er belehrt werden und sich nach dem Guten bemühen (vgl. CALVIN 1984, II, 2,1). Ausdrücklich schließt er sich mit seiner Ablehnung des freien Willens Augustin an, für den der freie Wille mit dem Sündenfall verloren ist, womit der Mensch aus eigener Kraft nicht mehr zur Gerechtigkeit beitragen kann (vgl. CALVIN 1984, II,9; als biblische Begründung etwa Ps 147, 10f., Jes 40,29,31). Menschliche Gerechtigkeit wird negiert.
Vernunft und Wille gehören jedoch zur Natur des Menschen, weshalb sie durch den Sündenfall nicht vollständig zerstört werden. Rudimentär verbleiben beide Bereiche, wobei nach Calvin der Mensch bei irdischen Dingen ein gewisses Erkenntnisvermögen besitzt. Vernunft wird als besondere Gottesgabe anerkannt (vgl. CALVIN 1984, II, 2, 13-14).
Vernunft ist nicht autonom gedacht, weil das Gesetz der Schöpfung alles bewegt. So können Christen Erkenntnisse von Nichtchristen als Gabe Gottes entgegennehmen, da Gott in ihnen wirkt und durch sie seine Gnade zeigt (vgl. MÜLLER 2001, 28).
Calvin beschreibt die Vernunft gegenüber den Dingen des Reiches Gottes als unfähig, Gott von sich aus zu erkennen (vgl. Joh 1.4). Nur wer Christus im Glauben annimmt, ist aus Gott geboren (vgl. Joh 1.13)(vgl. CALVIN 1984, II, 2, 18-21).
Rechte Lebensführung durch Vernunft vermerkt Calvin als ein gewisses lex naturalis (vgl. CALVIN 1984, II, 2,22; Röm 2,14).
Sündhafte Menschen streben dennoch nach Tugenden. Hier verbirgt sich ein von Gottes Vorsehung gesteuertes Verhalten, dass die Sündhaftigkeit nicht schrankenlos werden lässt (vgl. MÜLLER 2001, 29).
Um zu wirklich Gutem sich zu wenden, ist der Mensch auf Gottes vorgängigem Handeln angewiesen. Dieser neue menschliche Wille ist ein Geschehen göttlicher Gnade. Als Geschenk Gottes ist er der Verfügungsgewalt des Menschen entzogen. Diesen Gedanken von der nur von Gott vermittelten Ursprünglichkeit des Guten drückt Calvin in der Vorstellung der Erwählung aus (vgl. CALVIN 1984, II, 3,8).
Gottes Gnade wird nicht allen Menschen gegeben. Wem sie nicht gegeben wird, dem bleibt die Gnade und die Fähigkeit zum Guten nach Gottes gerechtem Urteil verwehrt. Damit wird die Bedeutung des Gedankens der Prädestination im Denken Calvins deutlich (vgl. CALVIN 1984, II, 3,14).
Im Gesetz/ Dekalog als Richtschnur gerechten Lebens wird das Volk in Erwartung Christi gehalten. Christus ist das Ende des Gesetzes. Es lehrt die vor Gott geltende Gerechtigkeit. Gott nimmt den Menschen in Gnade an. Diese kann man sich nur im Glauben schenken lassen (vgl. MÜLLER 2001, 30).
Menschen können zunächst nicht das Gesetz erfüllen. Es überführt sie im usus elenchticus/ theologicus als Sünder (vgl. MÜLLER 2001, 31).
Im usus politicus werden die Menschen aus Furcht vor Strafe zur Ordnung gehalten.
Im usus in renatis erkennen die Menschen einen Nutzen im Gesetz. Mit der Erfüllung wird das Ziel des Tuns gezeigt (vgl. Mt 5,17f.).
Der Gedanke der Erwählung in Verbindung mit dem tertius usus legis zeigt, dass der Mensch durch Reflexion auf das Gesetz und sein Handeln durch den Glauben sich des "rechten Tuns" und bei Gott der "Belohnung zu erwarten hat" (vgl. die Verwendung des syllogismus practicus, durch den die Menschen ihrer Heiligung und Erwählung sich vergewissern können). Damit erhält das Gesetz die Bedeutung, dass die Menschen sich demütig und nach den Regeln der Gerechtigkeit verhalten sollen.
Anders als bei Luther wird bei Calvins Ethik die Bedeutung der Gebote für das Verhalten in der Welt betont (vgl. die Macht Gottes, unbedingter Gehorsam). Damit kommt es zur einer geringeren Einschätzung des weltlichen Gesetzes als Erhaltung der äußeren Ordnung. Stärker als bei Luther wird das alttestamentliche Gesetz betont.
Eine Reflexion zu Nichtchristen wird nicht angestellt. Die Abstufung zur weltlichen Ordnung zeigt, dass für Calvin nur die christliche Ethik maßgeblich ist (vgl. Gesetz im tertius usus als Richtschnur).
= 14.3 Kulturbezogenheit in der Ethik - Schleiermacher =
Friedrich SCHLEIERMACHER legt theologische Ethik wissenschaftlich aus und bestimmt ihr Verhältnis zur Dogmatik und philosophischen Ethik (vgl. SCHLEIERMACHER 1999; MÜLLER 2001, 32-42).
Christliche Sittenlehre/ Ethik wird als Zusammenfassung der Regeln bestimmt, wonach sich ein Mitglied der christlichen Kirche das Leben gestalten soll.
Christliche Sittenlehre/ Ethik steht christlicher Glaubenslehre und philosophischer Ethik gegenüber (vgl. MÜLLER 2001, 32-33).
Christliche Sittenlehre/ Ethik bezieht sich als besondere Lehre nur auf Christen, während die philosophische Ethik als Gesamtlehre mit allgemeiner Gültigkeit ihr gegenübersteht.
Für Schleiermacher kann die Differenzierung nur aus der christlichen Lehre begründet werden.
Grundvoraussetzungen für eine Entwicklung christlicher Lehre liegt in Christo, in welchem ursprünglich dasjenige ist, was Menschen zu Christen macht.
Schleiermacher behandelt das Verhältnis zwischen religiöser und philosophischer "Sittenlehre"/ Ethik (vgl. MÜLLER 2001, 34).
Das Christentum geht von der Voraussetzung aus, alle Gegensätze in sich überwunden zu haben. Religiöse Ethik setzt religiöse Motivation voraus.
Philosophische Ethik besitzt universelle Tendenz, daher nimmt sie religiöse Ethik auf, während diese sich in ihrer "Besonderheit" (eher) abschließt.
Es ergibt sich nunmehr die Frage bei christlichem Selbstbewusstsein nach einer Handlungsorientierung (Impuls für Handeln). Schleiermacher spricht von Lust nach "Seligkeit" (Gemeinschaft mit Gott) und Unlust als Negation der Gemeinschaft. Je nach Alter ("Lebensstufe") geht um Momente der Annäherung oder der Negation.
Handeln wird differenziert in wirksames Handeln als Zustandsänderung (etwa Erziehung in Familie und Kirche vs. Strafe, Zucht, Buße) und
darstellendes Handeln als innere Bestimmtheit des christlichen Bewusstseins (etwa Kirche/Gottesdienst und Staat/Geselligkeit) unterteilt.
Im Gegensatz von Geist und Fleisch wird die Relation von individuellem und göttlichem Geist erfasst (vgl. SCHLEIERMACHER 1999, 60-61).
Individuelle Vernunft ist als mitwirkend mit dem universellen göttlichen Geist anzusehen.
Handeln im christlich bestimmten Selbstbewusstsein wird durch das Verhältnis zwischen Universellem und Individuellem verwirklicht. Handeln versteht sich als individuelle Verwirklichung des christlichen Selbstbewusstseins.
Evangelische Ethik setzt eine Fortentwicklung von Regeln voraus, was auf einer entsprechenden Auffassung von Kirche beruht (vgl. ein Denken als bewegliches Ganzes, als Fortschreitung und Entwicklung; SCHLEIERMACHER 1999, 72).
"Jeder Fortschritt ist ein richtiges Verstehen dessen, was in Christus gesetzt ist" (MÜLLER 2001, 38). Mit dem Kircheneintritt anerkennt man ihre Regeln und ordnet das persönliche Bewusstsein dem gemeinsame unter (vgl. SCHLEIERMACHER 1999, 74).
Theologische Ethik erhält in der Form der Pflichtenlehre eine imperative Form mit der Beschreibung der Tugend und des Reiches Gottes als Ergänzung (vgl. SCHLEIERMACHER 1999, 79).
Es bedarf einer Fertigkeit bzw. eines Habitus ("Erziehung"), die dem Prinzip christlichen Lebens entspricht, damit wirksames und darstellendes Handeln erfolgt. Dies bestätigt sich in einer Kirche mit der Zugehörigkeit seit der Geburt (vgl. SCHLEIERMACHER 1999, 84).
Biblische Lebensvorschriften beziehen sich auf damalige Verhältnisse, daher müssen sie aktuell übersetzt werden, wenn man sie richtig anwenden will (vgl. SCHLEIERMACHER 1999, 94).
Schleiermachers Ethik ist keine biblische Ethik, sie setzt christologisch ein. Vermittelt durch den Heiligen Geist sammeln sich Menschen in der Kirche, womit es zu einem ekklesiologischen Bezug des Denkens kommt.
Durch das Verhältnis von Einzelnem und Allgemeinen werden universale und individuelle Ausprägungen durchgeführt. Dies zeigt sich in verschieden Kirchentümern und differenter Sozialisation. Der theologische Ansatz setzt bei der Subjektivität an (vgl. die Bedingungen der jeweiligen Zeit und Personalität). Kulturelle Bezüge werden berücksichtigt. Durch die Religiosität aller Menschen kommt es zur angemessenen Berücksichtigung philosophischer Ethik mit Priorität religiöser Ethik im jeweiligen Kulturraum in räumlich-zeitlicher Gestalt einer christlichen Sitte (vgl. MÜLLER 2001, 42).
= 14.4 Sittlichkeit - Herrmann =
Wilhelm HERRMANN (1909) erkennt im Zusammenhang von Sittlichkeit und Religion keine besondere theologische Ethik, "[...]da dann die Sittlichkeit nur religiösen Menschen einleuchten könnte" (MÜLLER 2001, 42; vgl. HERRMANN 1909, 3).
So würde das Christentum exklusiv behaupten, zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können und den allgemeinen Begriff von Gut in Frage stellen.
Der Mensch kann nur auf dem Weg der sittlichen Erkenntnis zur Religion kommen, die mehr als Wunsch ist. Damit ist Sittlichkeit Basis der Religion.
Mit der Zurückweisung einer eigenen evangelischen Ethik verneint Herrmann keineswegs die Bedeutung der Religion im Kontext mit der Ethik, vielmehr richtet er sich gegen die Trennung von philosophischer und theologischer Ethik im Sinne Schleiermachers und lehnt den Vollzug sittlicher Ideen allein in christlichen Gemeinden ab.
Es wird deutlich, dass Herrmann diese Trennung aufheben und gleichzeitig die Bedeutung der Religion aus dem ethischen Zusammenhang erheben will. Dieser Gedankengang bringt Herrmann mit der Erkenntnis der Reformation als persönliche Befreiung des sittlichen Willens zusammen. Damit besteht das sittliche Verhalten nicht mehr in der Praxis menschlicher Natur oder im Gehorsam überlieferter Gesetze (vgl. HERRMANN 1909, 6).
Reformatorische Bedeutung für die Ethik besteht vielmehr im Grundsatz, dass Glaube als Erneuerung Impuls und Kraft zu einer neuen Tätigkeit wird (vgl. HERRMANN 1909, 3).
Christlicher Glaube wird nicht als etwas Endgültiges angesehen, vielmehr als eine ständige Überwindung von Unselbständigkeit und Schwäche verstanden (vgl. HERRMANN 1909, 8). Damit weist Herrmann darauf hin, christliche Ethik nicht auf den Glauben zu beschränken, sondern die Lebensgestaltung zu beachten.
Eigentliches Anliegen sei eine Verbindung von philosophischer Ethik und Sittlichkeit, womit eine Realisierung sittlichen Wollens das eigentliche Anliegen der Religion sei(vgl. HERRMANN 1909, 9-10). Sittlichkeit ist der Weg zur Religion.
Religion als Erfahrung wird als innere Kraft angesehen, die es ermöglicht, sich mit sittliche Gedanken auseinanderzusetzen. Der Mensch bezieht zum sittlichen Gesetz eine religiöse Stellung. Auf diese Weise erreicht der Mensch eine innere Selbständigkeit (vgl. HERRMANN 1909, 90-91).
Im Glauben empfangen die Menschen Vergebung.
Nach Herrmann war es nicht die Intention Jesu, ein neues Gesetz zu schaffen, vielmehr den Menschen durch den Bezug zu Gott zu einer besseren Gerechtigkeit zu verhelfen. Diese besteht in der Umsetzung der sittlichen Gesinnung im Handeln (vgl. das Doppelgebot von Gottes- und Nächstenliebe bzw. die Goldene Regel, womit der Gemeinschaftsbezug[verstanden als Familie, Kulturgesellschaft und Staat] dieses ethischen Ansatzes deutlich wird; vgl. HERRMANN 1909, 157-162, 172-214).
Die Ethik Herrmanns ist keine biblische Ethik. Sie beschreibt das Sittliche als kulturelle Differenz von der Natur. Alle Menschen können sie erlangen. Der religiöse Bezug ist wesentlich, weil er die Allmächtigkeit Gottes vermittelt. Wie das Doppelgebot zu realisieren ist, bleibt den Menschen selbst überlassen. Die Aufgabe der Ethik ist eine Verbesserung der Lebensumstände (vgl. HERRMANN 1909, 174).
Die Gesinnung aus dem Glauben soll in ein Handeln überführt werden. Soziale Bezüge dieser Ethik zeigen sich in der Familie bzw. der Berufstätigkeit der Frau, der Kulturgemeinschaft und im Staat (vgl. HERRMANN 1909, 193-196).
= 14.5 Gottes Gebot - autonome Ethik - Barth =
Karl BARTH vertritt eine exklusiv und dogmatisch ausgerichtete Ethik (vgl. BARTH 1973, 1978; BARTH 1991; MÜLLER 2001, 46-50).
Zurückgewiesen wird die Möglichkeit einer allgemeinen Ethik, da die ethische Frage durch die Gnade Gottes beantwortet wird. Eine allgemeine Ethik wäre der Versuch, sich der Gnade eigenmächtig zu entziehen und wäre damit Sünde.
Voraussetzung ist die Prädestinationslehre als Lehre von der Gnadenwahl, zu der als weiteres Element die Lehre von Gottes Gebot kommt. Gott ist nur in Jesus Christus erkennbar.
Die Erwählung bedeutet für den Menschen, dass Gott über ihn herrschen will und seine Bestimmung von hier zu verstehen ist (vgl. BARTH 1991, 567; Mt 5,48 als Hinweis der Gnadenwahl als Gebot).
Für Barth sind Gnadenwahl und Ethik aufeinander bezogen. Die ethische Frage nach dem Guten im Handeln wird mit der durch das Gesetz als Evangelium besonderen Aufgabe der Dogmatik beantwortet (vgl. BARTH 1991, 568). Dogmatik und Ethik sind integriert.
In diesem Ansatz bestimmt Barth das Gute nicht autonom, vielmehr sieht er die ethische Frage in der Bezeugung der Offenbarung und des Werkes der Gnade Gottes ausgedrückt. "Kurz: Die Gnade Gottes ist die Beantwortung des ethischen Problems, indem sie die Menschen unter Gottes Gebot stellt, ihrer Selbstbestimmung die Vorherbestimmung gibt, den Geboten Gottes gehorsam zu werden. Damit ist jegliche autonome Ethik zurückgewiesen" (MÜLLER 2001, 47).
In Jesus geschieht das Gute. Der Mensch wird nicht durch die eigene Wahl des Guten gut, sondern durch Gehorsam und die Aufgabe der Autonomie. Ethik kann demnach nur durch die Gnade Gottes entwickelt werden. "Autonome Ethik bedeutet, sich dieser göttlichen Gnade entziehen zu wollen" (MÜLLER 2001, 48).
Barth weist daher das Nebeneinander von philosophischer und theologischer Ethik, etwa bei Schleiermacher, zurück.
Eine theologische Ethik nach Barth achtet darauf, inwieweit menschliches Handeln der Gnade Jesu Christi entspricht und sie verherrlicht, jedoch nicht nach Gut und Böse fragt. Damit gibt es keine Selbsterkenntnis und keinen anderen Bezug außerhalb dieser Konzeption (vgl. BARTH 1991, 603).
Im Kontext des Hören des Wortes Gottes und als Hörer dem entsprechenden Handeln ergibt sich die Summe christlicher Ethik.
Göttliches Handeln geht menschlichem Handeln voran(vgl. BARTH 1991, 609). Der Mensch ist nicht Subjekt, vielmehr als Prädikat zu verstehen.
Ethik ist kein abstraktes System, vielmehr als Erkenntnisweg zu verstehen (vgl. BARTH 1984, 49-82). Im Bild von Christengemeinde und Bürgergemeinde sieht Barth die Christengemeinde als inneren Kreis, der auf den äußeren Kreis der Bürgergemeinde wirkt, womit die weltliche Gerechtigkeit analog zum kirchlich verkündeten Reich Gottes gesehen wird (vgl. BARTH 1984, 65-66).
Die Ethik Barths führt zur Exklusion aller autonomen und philosophischen Ethik, auch christlicher Versuche von christlichem Selbstbewusstsein und eines Idealbildes christlichen Lebens. Ethik ist keine eigene Entscheidung des Menschen über Gut und Böse, vielmehr die Antwort Gottes in der Person Jesus Christus.
Die Verschränkung von Dogmatik und Ethik zielt auf eine christologische Begründung menschlichen Handelns und damit bekenntnishaften Charakters.
Aus der Sicht Politischer Bildung sieht man, dass hier weitere politische und/ oder sozialwissenschaftliche Analysen nicht gestellt werden.
= 14.6 Mandatenlehre - Bonhoeffer =
Neben dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus zeichnet Dietrich BONHOEFFER eine auf Luther stützende Ethik mit anderer Gestalt als einer Ordnungstheologie aus (vgl. BONHOEFFER 1998a, 1998b; MÜLLER 2001, 51-55). Hier geht es um die Bedeutung seiner Mandatenlehre, deren Merkmale dargestellt werden.
Der christologische Ansatz der Konzeption geht vom Willen Gottes aus, wenn es um den Bezug von Ich und Welt gehen soll (vgl. BONHOEFFER 1998a, 32-33).
Die Frage nach dem Guten findet nur in Christus ihre Antwort.
Daher ist christliche Ethik nicht von der Wirklichkeit eines Ichs, der Welt oder von Normen und Werten her beschreibbar, vielmehr von der Wirklichkeit Gottes in der Offenbarung Jesu Christi.
Das Problem der Realisierung ist das eigentliche Problem einer christlichen Ethik.
Das Gute vom Menschen ist weder sozial-, gesinnungs- noch verantwortungsethisch lösbar, vielmehr christologisch in der menschlichen Teilhabe an der Wirklichkeit Gottes zu verstehen (vgl. BONHOEFFER 1998a, 33).
Mit Jesus Christus ist der Ort die Wirklichkeit der Welt gegeben. Damit widerspricht Bonhoeffer der Zwei-Reiche-Lehre??, die von zwei nebeneinander stehenden Räumen ausgeht (vgl. BONHOEFFER 1998a, 40-41).
Die Beziehung der Welt auf Christus geschieht in den vier biblisch begründeten Mandaten der Arbeit, Ehe, Obrigkeit und Kirche, durch die Gott die Menschen beauftragt. Durch die Auftragsbestimmtheit bevorzugt Bonhoeffer den Begriff der Mandate gegenüber dem der Ordnungen (vgl. BONHOEFFER 1998a, 54-55).
Arbeit, Ehe und Obrigkeit betreffen die Gestaltung menschlichen Lebens in der Welt.
Kirche betrifft die Wirklichkeit Jesu Christi in Form der Verkündigung, kirchlicher Ordnung und christlichem Leben(vgl. BONHOEFFER 1998a, 59). Betont wird hier der ausschließliche Teilhabe am Willen Gottes, was allein im Glauben an Jesus Christus geschieht (vgl. BONHOEFFER 1998a, 61).
Der Glaube wird als Rechtfertigung des Sünders aus der Gnade bestimmt. Die Rechtfertigung ist die letzte Wirklichkeit, durch die zugleich die vorletzten Dinge der Welt gerichtet werden.
Daraus ergibt sich, dass Bonhoeffer seine Ethik nicht in der Autonomie ansetzt, vielmehr in einer "Ermächtigung" (Gebot/ Erlaubnis Gottes) sieht (vgl. BONHOEFFER 1998a, 374). Aus der göttlichen Erlaubnis ergibt sich die Bejahung der Freiheit in Form eines umfassenden Mitlebens in der Welt mit den vier Mandaten (vgl. BONHOEFFER 1998a, 392-393).
Die Ethik Bonhoeffers ist christozentriert und versteht sich vom Gebot Gottes, das durch das Versöhnungshandeln Gottes dem Menschen das Gebot des Tuns eröffnet. Der Mensch nimmt die Funktion des Evangeliums wahr.
Das Handeln beruht auf der Ermächtigung durch Gott. Die Kirche überträgt diese Auffassung in der Verkündigung und im Prediger (vgl. BONHOEFFER 1998a, 400). Umgesetzt werden die Gebote/ Erlaubnis in den vier Mandaten, die autonome Ethik negieren.
10.3.7 Interimsethik - Thielecke
Helmut THIELECKE hat als Grundlage seiner Ethik den lutherischen Rechtfertigungsglauben. Modifiziert wird die Konzeption durch die Auffassung von der Notverordnungen, wobei dies als Beispiel gilt, dass eine an der Zwei-Reich-Lehre?? orientierte Ethik keineswegs eine Bejahung der Eigengesetzlichkeit des Staates bedeuten muss. Vielmehr kann dies zu einer kritischen Reflexion führen (vgl. THIELECKE 1981/1986/1987).
Mit der Taufe und Vergebung der Sünden stellt sich die Frage, wie man vom Glauben zum Handeln kommt.
Christen bleiben im alten Äon (Zeitraum), stehen also in der Kontinuität bzw. Diskontinuität der Welt.
Das simul iustus et peccator Luthers transportiert Thielecke in ein peccator in re iustus in spe, so dass die Ethik eine eschatologische Perspektive erhält.
Mit dem "gleichzeitig/ simul" wird das ethische Problem bezeichnet, denn in der christlichen Existenz der Sünder ändert sich vieles.
Für die Ethik ist der Spannungsbogen zwischen altem und neuen Äon wesentlich. Thielecke geht es um ein Verändern durch die Zeit in Form von Vergehen und Anbruch.
Ziel der Ethik ist das Aufzeigen der Spannung und ein Benennen, wie man im neuen Äon handeln könnte.
Mit und durch der Rechtfertigung(Gabe), auf die der Mensch angewiesen bleibt, drückt sich in der Folge das Handeln aus. Es bedarf einer Versöhnung mit dem Glauben. "Hier ist von einem neuen Gehorsam die Rede, da das alte Ethos durch das Christusereignis verändert ist und sich auf die zum Ereignis gewordene Gegebenheit der Rechtfertigungstatsache bezieht"(MÜLLER 2001, 56).
Thielecke löst die Frage so, dass die guten Werke, die dem Glauben folgen, nicht Produkte der Subjektivität sind, vielmehr Wirkungsweisen des Heiligen Geistes und damit einen Beginn im Glauben und nicht in einer Norm/einem Gesetz haben(vgl. THIELECKE 1981/1986/1987, 113-114).
Allerdings muss das Gesetz die Sünde offenbar machen, den Sündenfall offenbar machen und den Menschen aus der Anfechtung herausrufen(vgl. Gen 9).
Genau umgekehrt bedeutet theologische Ethik eine Kritik am Satz Kants "du kannst, denn du sollst". In der Bergpredigt zeigt sich die entgegengesetzte Erfahrung des "ich soll, aber ich kann nicht"(vgl. THIELECKE 1981/1986/1987, 290).
Die Menschlichkeit der Ordnungen ist gegensätzlich zum naturrechtlichen Denken. Mit dem ersten Gebot im Dekalog, indem Gott vorangestellt wird, wird gegen falsche Vorstellungen des Menschen protestiert. Der Dekalog setzt den Sündenfall voraus und steht im Dialog von Gott und dem Menschen. Es wird von einem positiven Menschenbild ausgegangen.
Die Schöpfungsordnung wird als "Notverordnung" in Form einer Schutzordnung angesprochen(vgl. THIELECKE 1981/1986/1987, 715). Sie erhebt keine ethische Neuordnung des Menschen, vielmehr ein Veto gegen bestimmte gesellschaftliche Strukturen(vgl. das Beispiel der Ökonomie die rücksichtlose Expansion in alle Lebensgebiete im Kapitalismus und im Kommunismus die Kollektivierung des Menschen und die daraus entstehende Entpersönlichung und Verdinglichung(vgl. MÜLLER 2001, 59).
Die Ethik Thieleckes geht theologisch von der Rechtfertigung aus und bestimmt die Menschen als Sünder.
Der Interimscharakter dieser Ethik bildet einen Gegenpol zur philosophischen Ethik, die vom Ich ausgeht und eine aus dem Naturrecht gültige Ordnung formuliert.
Thielecke kritisiert diesen Ordo-Gedanken?? und findet in dem Begriffen Notordnung bzw. Schutzordnung seinen Ausdruck. Mit der Geltung des noachitischen Bundes gibt es Ordnungen, die nur im glaubenden Gegenüber der Christen zu Gott formuliert werden können.
Im Spannungsfeld der Äonen geht es um die Glaubenstatsache, dass alles menschliche Handeln Vergebung benötigt.
Am Beispiel der Ökonomie wird das Gegenüber von Mensch und Gott aufgezeigt, wobei Unrechtsformen formuliert werden. Dieser Versuch einer theologisch-ethischen Konzeption wird in einen eschatologischen Rahmen gesetzt.
= 14.7 Sozialethik - Rich =
Arthur RICH entwirft am Beispiel der Wirtschaftsethik eine Sozialethik, die die Situation der säkularen Welt betrifft. Der theologischen Ethik kommt hierbei keine Letztbegründung des Handelns zu. Sie hat in der allgemeinen sozialethischen Diskussion ihre Anliegen zu vermitteln (vgl. RICH 1991; MÜLLER 2001, 60-65).
Mit der Zweidimensionalität der ethischen Grundfrage; die sich einerseits mit der Gewohnheit zur Norm nach dem Soll und andererseits fraglicher Konventionen mit dem Relativen auseinandersetzt, ordnet RICH das Ethos der Gewohnheiten dem Relativen und das des Sollens dem Absoluten zu (vgl. RICH 1991, 15). Beides soll nicht gegenseitig ausgespielt werden. Der gesellschaftliche Wandel unterbricht jede Letztbegründung der Ethik.
RICH grenzt die Normfrage vom Naturrecht, der Kritischen Theorie und dem Kritischen Rationalismus streng ab.
Normen können naturrechtlich nicht abgeleitet werden (Kritik an der Ableitung der Norm aus dem Sein), vielmehr müssen sie begründet werden können, daher können keine allgemein verbindlichen Werte postuliert werden.
Sehr wohl gibt es aber subjektive Grundanliegen, dies sich im Überzeugungserleben der Menschen gründen und deshalb keiner allgemeinen Begründung bedürfen (vgl. RICH 1991, 97). Dadurch wird jeder Dogmatismus bei einer Urteilsbegründung abgewehrt, aber auch jeder ethische Relativismus (vgl. RICH 1991, 97).
Ethisches hat eine sachliche und alles Sachliche eine ethische Komponente, daher kann nicht menschengerecht sein, was nicht sachgemäß ist und umgekehrt (vgl. RICH 1991, 81-82). Eine Normbildung setzt ein subjektives Grundanliegen voraus, daher kann das Menschengerechte nur auf der Ebene personenbestimmter Erfahrungen jenseits wissenschaftlicher Beurteilung bezeichnet werden (vgl. RICH 1991, 102-103). Kriterien des Menschengerechten lassen sich niemals endgültig festlegen.
Werturteile können nur aus einer Erfahrungsgewissheit formuliert werden. Für RICH sind dies Glaube, Liebe und Hoffnung, die zugleich allgemein verständlich sind. Glaube als Vertrauensakt hängt mit Hoffnung eng zusammen. Liebe ist Vertrauen und Hoffnung in einem (vgl. RICH 1991, 106).
Die Kriterien des Menschengerechten werden von RICH theologisch erklärt.
Kriterium der Geschöpflichkeit (RICH 1991, 173-179) - Mensch ist nicht Herr der Schöpfung
Kriterium der kritischen Distanz (RICH 1991, 179-181) - kritische Distanz zur Welt
Kriterium der relativen Rezeption (RICH 1991, 181-184) - Bezugnahme zu Röm 13.1-7, relative Sicht der Welt
Kriterium der Relationalität (RICH 1991, 184-192)- zeitliche Gebundenheit der Wertvorstellungen
Kriterium der Mitmenschlichkeit (RICH 1991, 192-193) - Verankerung in der Geschöpflichkeit und Partizipation an der Natur (RICH 1991, 196-200).
RICH weist auf den Zusammenhang mit der Gerechtigkeitslehre von John RAWLS hin, die er für übereinstimmend mit seinem Ansatz hält (vgl. RICH 1991, 207-221).
Er unterstellt, dass Rawls nicht nur eine formale, sondern auch eine materiale Bestimmung sozialer Gerechtigkeit in Gerechtigkeitsgrundsätzen beabsichtigt.
Übereinstimmung gibt es in der Anerkennung anderer Menschen als freie und gleiche Personen sowie im Differenzprinzip mit ökonomischen Unterschieden.
Kritik gibt es an der Vorrangregel der Freiheit, der Solidarität entgegengesetzt wird (vgl. RICH 1991, 214-217).
In der Folge kommt es bei RICH zu Überlegungen mit anschließenden Maximen, die die Normen der Kriterien mit einem rationalen Anspruch des Sachgemäßen in fünf Schritten verbinden: Problemstellung-Sichtung?? von Gestaltungskonzepten-normenkritische Klärung-Bestimmung?? der Richtpunkte-kritische Prüfung (vgl. RICH 1991, 214-217). Im Kontext mit Zwinglis Dialektik von göttlicher und menschlicher Gerechtigkeit ist diese Ethik auf das Werk des Handelns und der Gnade Gottes bezogen. Diese Dialektik macht ein Spezifikum christlicher Ethik aus (vgl. MÜLLER 2001, 63). 2
RICH ortet Wertvorstellungen in subjektiven Grundanliegen für Andere. Die Normen werden durch den Kontext von Menschengerechtem und Sachgemäßen konkret gemacht. Durch das subjektive Grundanliegen der Normbildung kann das Menschengerechte durch personenbestimmte und sinngebende Erfahrung bezeichnet werden. Bezeichnet werden sie mit den Stichworten "Glaube, Liebe und Hoffnung".
Den rationalen Anspruch des Sachgemäßen reflektiert Rich in Maximen. Damit zeigt sich eine Realitätsbezogenheit dieses Ethikkonzepts.
Die spezifische Aufgabe des ethischen Konzeption von Rich ist das zur Geltung bringen, was Gott im Kommen seines Reiches will. Es geht um Problemlösungskompetenz einer theologischen Ethik. Gefragt wird nach der strukturellen Ordnung des institutionell vermittelten Daseins in allen sozialen Gruppierungen (vgl. RICH 1991, 66).
= 14.8 Ethik und Anthropologie - Trillhaas =
Wolfgang TRILLHAAS (1970) stellt sich in seiner Ethikkonzeption den Herausforderungen eines säkularen Denkens (vgl. MÜLLER 2001, 65-70).
Sein Ansatz soll über christliches Handeln Gewissheit und einen Zugang zur Wahrheit geben. Ebenso soll sie auch außerchristlichen Erwartungen entsprechen, wobei sie christliche Praxis einem säkularen Denken einleuchtend vermittelt (vgl. TRILLHAAS 1970, 1).
== 14.8.1 Thematik der Ethik =
Die Konzeption hat Anteil an der Gesamtthematik der Ethik mit menschlichem Handeln und Verhalten, dem menschlichen Dasein und der Bewältigung von Problemen. Insofern ist der Ansatz auf die Welt bezogen (vgl. TRILLHAAS 1970, 2).
Der Ansatz ist ohne theologische Voraussetzungen verstehbar.
Grundaussage ist das Doppelgebot der Liebe nach Mt 22,34-40 in Verbindung mit Mt 7,12, Gal 5.14 oder 1 Kor 13.
Im Heidelberger Katechismus hat die Dankbarkeit gegenüber Christi satisfaktorischem Handeln den Grund zum Handeln der Menschen in der Liebe.
Die Augsburger Confession (CA) bezeichnet die guten Werke als Früchte des Glaubens (CA 6), der sich in der Tat bezeugt (Mt 5,13-16).
Aus diesem Konzept kann eine Ethik aus dem Evangelium entwickelt werden. Eine Ethik nur für Christen und ohne philosophische Ethik gäbe Sorge um eine Allgemeingültigkeit und deren Einsichten (vgl. TRILLHAAS 1970, 5).
Zwei Grundmuster kennzeichnen den Zugang zur theologischen Einsicht (vgl. TRILLHAAS 1970, 4-10).
Die bewahrende Ethik - durch Luther und das frühe Luthertum vertreten - hat eine pessimistische Anthropologie und Weltsicht aufgrund der Verderbtheit durch die Erbsünde. Das Gesetz garantiert die Schöpfung und ihre Erhaltung sowie eine allgemeine Sittlichkeit. Folglich gibt es eine Individualethik und eine unter dem Gesetz stehende soziale Wirklichkeit (vgl. die mangelhaften Vorgaben an gutem Willen und damit die mangelhaften Vorgaben für eine Demokratie).
Die eschatologische Ethik bezeichnet die Veränderung der Welt zum wesentlichen Aspekt. Aus der Christologie wird eine Ethik der Hoffnung formuliert (vgl. TRILLHAAS 1970, 7). Das Interesse der Ethik an der Welt wird formuliert, gleichzeitig auch jede philosophische Ethik zurückgewiesen.
Beide Konzepte stehen für einen universalen Anspruch evangelischer Ethik (vgl. MÜLLER 2001, 66). Trillhaas betont die Frage nach dem Verhalten und Handeln des Menschen unabhängig von Glaube oder Nichtglaube bzw. christlichem und profanem Denken und (vgl. TRILLHAAS 1970, 13-14). Damit tritt er für eine selbständige Ethik im Gegensatz zur Dogmatik ein.
Die Anthropologie stellt eine Verbindung zwischen beiden theologischen Disziplinen her, wobei die Ethik die menschliche Entwicklung/ Humanum ("Menschwerdung") betrifft (vgl. TRILLHAAS 1970, 14).
Christliche Ethik begründet die ihre Universalität schöpfungstheologisch, ohne andere Auffassungen zu dominieren.
Die Allgemeingültigkeit der Ethik schließt nicht Eigentümlichkeiten aus, etwa die Feindesliebe. Allerdings bedarf es hier der Einsicht und einer "Kommunikabilität" des Ethischen (vgl. TRILLHAAS 1970, 18).
Christliche Ethik mit wissenschaftlichem Anspruch hat eigene Verfahren zu begründen und Revisionsbereitschaft zu praktizieren.
Ethik kommt nicht ohne die Freiheit des Willens aus. Für sein Tun und die Folgen eigener Handlungen ist der Mensch verantwortlich.
Die Besonderheit des christlichen Freiheitsbegriffes besteht im Freiraum, den Gott schafft und in den Zielen, die zum freien Handeln bestimmt sind (vgl. TRILLHAAS 1970, 74).
== 14.8.2 Anthropologie und Ethik =
Der anthropologische Sinn der Ethik orientiert sich am biblischen Bild des Menschen.
Der Mensch steht im Auftrag, sich die Erde untertan zu machen (Gen 1,28) und zugleich vor einem göttlich gesetzten Verbot (Gen 2,17). Die gesetzte Probe besteht er nicht.
In der Folge kommt es zu einer pessimistischen Anthropologie. Die Verdammung der Schlange nach dem Sündenfall (Gen 3.15) wird als Vorhaben interpretiert, dass Gott noch etwas Anderes und Besseres vorhat und der Mensch leben soll (vgl. TRILLHAAS 1970, 20).
Es gibt keinen Maßstab, in welche Richtung sich das Leben entwickeln soll. Wesentlich ist, ob der Mensch das Leben bewältigt und sein Menschsein gelingt (vgl. TRILLHAAS 1970, 20). Die Ethik gilt als Halt und ist auf ein selbstverantwortliches Leben ausgerichtet (vgl. TRILLHASS 1970, 21).
Ihre Aufgaben sind
Handlungsmotive (Pflichten, Ideale und Vorbilder) und kritische Einstellung gegenüber vor-ethischen Motiven (Selbstdistanzierung),
eine Kontrolldistanz gegenüber der Lebensführung und
menschlicher Wille als Instanz des Ich des Menschen.
In der Folge geht es um ein sittliches Verhalten des Menschen im Verhältnis zu Gott und der Umwelt sowie einem gleichzeitigen Verständigen über den Bereich der Ethik (vgl. TRILLHAAS 1970. 22-24).
Menschliches Leben in seiner Ausgangslage, den Zielen, des Bedarfs, der Möglichkeiten und des Erfolgs kann nicht durch ethische Grundsätze ersetzt werden. Vielmehr beurteilt die Ethik Handlungen, also was man tun kann bzw. unterlassen muss (vgl. TRILLHAAS 1970, 25).
Die Konzeption von TRILLHAAS beginnt mit der Darlegung anthropologischer Grundbegriffe im theologischen Kontext (vgl. TRILLHAAS 1970, 32-74).
Präzisiert wird die Bestimmung des Menschen als Geschöpf Gottes, entzweit in der Sünde, mit Hilfe der Gnade Gottes zu einem neuen Leben ermöglicht.
Der Mensch steht in relativer Freiheit, das Böse abzulehnen und von Gott eröffnete Chancen des Lebens zu nützen, so dass die Gnade Gottes das letzte Wort hat(vgl. TRILLHAAS 1970, 37).
Der Dekalog und die Goldene Regel bewahren das Leben (vgl. TRILLHAAS 1970, 39).
= 14.9 Ethik und menschliche Lebensführung - Rendtorff =
Trutz RENDTORFF(1990/1991) geht einen Schritt über Trillhaas im Versuch weiter, theologische Ethik in ein Verhältnis zur allgemeinen Ethik zu bringen (vgl. MÜLLER 2001, 70-73).
Der Begriff einer ethischen Theologie zeigt dies an. Gemeint ist damit ethische Lebenswirklichkeit im Kontext mit Grundfragen der Theologie ohne dogmatische Ethik (vgl. RENDTORFF 1990, 44).
Damit ist eine Verselbständigung der Ethik gegenüber der Dogmatik erreicht, womit nicht bei der Gotteslehre, vielmehr bei der theologischen Anthropologie als Theorie der menschlichen Lebensführung angesetzt wird (vgl. RENDTORFF 1990, 48 bzw. 9).
Die ethische Konzeption erfasst den Gegenstand in drei Elementen mit
dem Gegebensein des Lebens mit Handeln, individuell du in sozialen Gruppen, Gemeinschaften und Systemen,
Leben zu geben als Wirkung des eigenen Lebensvollzuges auf andere/ "Grundsinn des Tuns des Guten" im Kontext mit dem theologischen Begriff der Liebe und der damit gebrachten Freiheit (vgl. RENDTORFF 1990, 76 bzw. 79) und folgerichtig
der Reflexivität des Lebens, die ein ethisches Bewusstsein bestimmt und bewegt (vgl. RENDTORFF 1990, 62-63). Hier wird die vermittelte Zueignung der Freiheit mit der Wirklichkeit in Beziehung gebracht. Illustriert wird dies am Gleichnis von barmherzigen Samariter mit dem Tun aus Liebe mit einer Reflexion der Handlungsfolgen für andere ("Verantwortungsethik") (Lk 10, 25-37).
Reflexiv wird
die Fülle des Lebens mit verschiedensten Handlungsweisen und religiösen Dimensionen bedacht,
die Orientierungsbedürftigkeit mit der Suche nach Vergewisserung angesprochen,
die kommunikative Transzendenz mit den Perspektiven anderer gemeint,
der Glaube als Antizipation des Gelingens des Lebens mit Gott als Letztverantwortung relevant und
die Zukunft des Guten reflektiert, theologisch die Güte Gottes im Wissen um das Gute verankert.
RENDTORFF reflektiert die Vorgangsweise der Ethik als vorgegebene Autorität in der Gebotsethik, in der eigenen Lebensführung als Verantwortungsethik und in der Rechtfertigung als Metaethik (vgl. RENDTORFF 1990, 99-155). Handeln bedeutet, die Folgen des Tuns abzuschätzen (vgl. Handeln soll der Situation gerecht und in den Folgen noch korrigierbar sein).
Bedeutungsvoll ist die Sozialität. Wesentlich ist der Lebensplan in Form einer Selbstverantwortung des Lebens, womit eine Autonomie des ethischen Subjekts angesprochen ist. Im Gewissen ist man für das eigene Leben in Verantwortung für andere verantwortlich (vgl. RENDTORFF 1990, 148).
Das Ethikkonzept ist der Versuch, die Beschreibung des Lebens in den Relationen von Gegebensein, Geben und Reflexivität ohne Absolutheitsanspruch zu benennen. Theologisch wird die Humanität begründet. In der ethischen Theologie wird von der ethischen Lebenswirklichkeit ausgegangen, ohne eine dogmatische Grundlegung zu behaupten.
= 14.10 Ethik und Dogmatik =
Ethik auch als theologisches Fach lässt erkennen, dass ein spezieller evangelischer Ansatz nicht erfordert wird (vgl. MÜLLER 2001, 77-79).
Grund ist, dass jede Ethik das Menschsein versucht zu erklären und eine Konzeption des guten Lebens vorlegt.
Daher müssen die Vorgehensweisen austauschbar sein. wenn eine universalistische Ethik angestrebt wird.
Zu fragen ist nach der speziellen Konzeption und dem Verhältnis von Ethik und Dogmatik.
Historisch entwickelte sich weder in der Theologie der Reformationszeit noch in der altprotestantischen Orthodoxie eine eigenständige Ethik. Allerdings wurden Inhalte christlicher Lehre jeweils auf den praktischen Gehalt bedacht.
Ein Ansatz einer Verselbständigung zeigte sich in der "Theologia moralis" (1634) von Georg CALIXT.
Verstärkt wurde diese Tendenz im neuzeitlichen Naturrecht und der subjektbezogenen Theologie des Pietismus und handlungsorientierten Aufklärung in ihrer Dogmenkritik.
Bis in die Gegenwart reicht diese Entwicklung, so bei TRILLHAAS in seiner Formulierung, dass Ethik als den für viele Menschen einzigen Zugang zu christlicher Wahrheit bezeichnet (vgl. TRILLHAAS 1970, VIII).
Ethik thematisiert Lebensfragen, daher wird sie schwerlich dogmatische Lehrsätze formulieren, vielmehr zu Motivation durch Glauben zum Handeln aus einem persönlichen Selbstverständnis anregen. So lässt sich Menschliches/ "Humanum" und Christliches in einer modernen Ethik vereinen. Damit gibt es auch keinen Zugang zur Vorstellung eines normativen Zugangs zu einer Ethik.
Die Dogmatik hat die Aufgabe, über die historische Vertretbarkeit des Glaubens Auskunft zu geben. Damit ist die Ethik nicht als Anwendung der Dogmatik zu verstehen (vgl. MÜLLER 2001, 78).
Ethik folgt nach dem reformatorischen Verständnis aus dem Glauben, daher kommt sie nicht ohne dogmatische Bezüge aus.
In einer pluralen Gesellschaft - im Kontext der Gegenwart und ihrer religionspädagogischen Bezugswissenschaften - hat evangelische Ethik sprach- und vermittlungsfähig zu sein. In diesem Rahmen kann Stellung zu Sachverhalten des Lebens im kulturellen und interkulturellen Kontext bezogen werden. Damit wird Identität praktiziert und sich einer eigenen Identität vergewissert.
Religion im Kontext mit christlicher Ethik ist damit ein Bestandteil der Kultur.
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= Teil IV Bodelschwingh - Studienstiftung ev =
= 15 Ansatz der Stiftung =
Es ist der Wunsch, dass das Evangelium von Jesus Christus in aller Welt und auch in unseren Kirchen und Gemeinden glaubwürdig verkündet wird und Menschen in der Beziehung zu Jesus Christus wachsen.
Darum ist das Anliegen, dass Haupt- und Ehrenamtliche in ihren Gemeinden theologisch durchdacht und biblisch begründet die verschiedenen Angebote gestalten.
So leistet man einen Beitrag zur theologischen Ausbildung im Vertrauen auf Gott und sein Wort. Dabei steht man auch im Nachdenken über Gott in Beziehung zu Gott.
Darum begleitet man Theologiestudierende, die sich auf einen Dienst in einer Landeskirche oder der Schule vorbereiten, während ihres Studiums an der Universität und bilden Ehrenamtliche in Gemeinden und Kirchen aus.
IT - Hinweis
http://www.bodelschwingh-studienstiftung.de/online-kurse (25.4.2025)
= Teil V Schöpfungszeit ev =
Schöpfungszeit bezeichnet im Kirchenjahr die Zeit zwischen dem 1. September und dem 4. Oktober. Die Kirchen sind dann dazu aufgerufen, für den Schutz der Schöpfung Gottes zu beten, sich auf ihre Verantwortung für sie zu besinnen und daraus praktische Taten folgen zu lass
Die Auswahl und Anordnung der Themen beruhen auf persönlicher beruflicher Sozialisation und stellen persönliche Schwerpunktbildungen und Interessenslagen dar.
Basis der Beiträge und des Erkenntnisstandes ist die Literatur der Erziehungswissenschaft, Organisationsentwicklung ("Organisation und Pädagogik"), Politischen Bildung, Altersbildung und Evangelischen Erwachsenenbildung/ EEB sowie interdisziplinärer Ansätze, exemplarisch vom Autor in Politischer Bildung und EEB mit eigenen Arbeiten ausgeführt.
Einrichtungen und Organisation der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung/ EB - WB müssen in einer sich ständig ändernden Gesellschaft bestehen können, um Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen durchführen zu können. Dies bedeutet eine zunehmende nationale (A) und internationale Bedeutung (EU) des quartären Bildungssektors.
Differenziert wird das Segment Weiterbildung und des Widerstandes gegen Bildung gesehen.
Die Bemühungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie sind ist eine persönliche Auseinandersetzung aus der angeführten Motivation.
= Zur Geschichte =
Die Schöpfungszeit wurde von der so genannten "Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung der Kirchen" ausgerufen, die 2007 im rumänischen Sibiu stattfand. Die Versammlung empfahl ihren Mitgliedern, den Zeitraum zwischen dem 1. September und dem 4. Oktober dem Gebet für den Schutz der Schöpfung und der Förderung eines nachhaltigen Lebensstils zu widmen, um sich auf ihre Verantwortung für Gottes Schöpfung zu besinnen. Die Initiative dazu ging von Seiten der Orthodoxie aus.
Der 1. September gilt bei den orthodoxen Kirchen als der Tag der Schöpfung und erster Tag des Kirchenjahres. Der 4. Oktober ist der Gedenktag des Franziskus von Assisi, der von vielen Christen auch als "Umwelt - Heiliger" verehrt wird.
Dieser Zeitraum der "Schöpfungszeit" solle von den Kirchen als feste Periode in den kirchlichen bzw. liturgischen Kalender aufgenommen werden, so die Empfehlung von Sibiu. Jedes Jahr würde er den Kirchen die Gelegenheit bieten, Gott den Schöpfer gemeinsam zu preisen, die Schätze ihrer Traditionen miteinander zu teilen und auf eine neue Orientierung im Leben der Gesellschaft hinzuarbeiten.
Bereits 1989 hatte der damalige orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, Dimitrios I. (1914–1991), dazu aufgerufen, den 1. September als einen „Tag der Bewahrung der natürlichen Umwelt“ zu begehen, Gott an diesem Tag für die Schöpfung zu danken und um ihren Schutz und ihr Heil zu bitten. Patriarch Dimitrios wies darauf hin: „Indem der Mensch seine Sonderstellung in der Schöpfung und Gottes Auftrag ‚über die Erde zu herrschen (Genesis 1,28)’ missbraucht, hat er die Welt an den Rand apokalyptischer Selbstzerstörung geführt, sei es durch die Verschmutzung der Natur, die alle Lebewesen gefährdet, sei es durch die Ausrottung von Tier- und Pflanzenarten oder auf mancherlei andere Weise. Wissenschaftlicher und andere Experten warnen uns vor den Gefahren und weisen auf immer neue lebensgefährdende Phänomene hin, wie zum Beispiel den so genannten Treibhauseffekt, dessen erste Anzeichen sich bereits bemerkbar machen. Angesichts dieser Situation kann die Kirche Christi nicht stumm bleiben.“
Zehn Jahre später stellte das "Europäische Christliche Umweltnetz (ECEN)" bei seiner zweiten Tagung im Jahr 1999 fest, dass das Thema "Schöpfung’" in manchen evangelischen Kirchen im Zusammenhang mit dem Erntegottesdienst und in der Römisch - Katholischen Kirche im Kontext des Gedenktages des Franz von Assisi (4. Oktober) steigende Bedeutung bekam. Da das Thema "Schöpfer und Schöpfung" allerdings bislang im Kirchenjahr keinen festen Platz hatte, weitete das Netzwerk den Vorschlag von Patriarch Dimitrios I. aus und forderte die Kirchen dazu auf, eine "Zeit für Gottes Schöpfung" vom 1. September bis zum zweiten Sonntag im Oktober einzuführen. Dieser Vorschlag wurde schließlich in Sibiu aufgegriffen.
IT - Hinweis
https://de.wikipedia.org/wiki/Schöpfungszeit (17.8.2024)
= Evangelisches Bildungswerk Salzburg - Tirol =
== Sekretariat =
Franziska S. Valenta Rev., Bürozeiten: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag von 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr, an Feiertagen geschlossen
Adresse
Evangelisches Bildungswerk Salzburg - Tirol
5020 Salzburg
Sinnhubstraße 10/1209
Tel 0699 18877870
E - mail info@ebw-salzburg.at
Homepage http://www.ebw-salzburg.at
== Leitbild =
Evangelische Erwachsenenbildung lässt sich vom Evangelium motivieren, um interessierte Erwachsene zu eigenständiger Lebensgestaltung und Verantwortung für die Mitwelt zu ermutigen und zu befähigen. Dafür bietet sie Begegnungen und Orte an, wo Einzelne und Gruppen im gemeinsamen Lernen Orientierung suchen und Handlungsmöglichkeiten entdecken können.
Ebenso wird die finanzielle Förderung sowie Beratung und Information bei der Durchführung von Bildungsveranstaltungen angestrebt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Koordination der einzelnen Bildungsangebote und Veranstaltungen innerhalb unserer Diözese.
Das Evangelische Bildungswerk Salzburg - Tirol ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Bildungswerke in Österreich und in der Arbeitsgemeinschaft Salzburger Erwachsenenbildung.
Zertifiziert nach dem Qualitätssicherungsverfahren/ Qualitätsentwicklungsverfahren S- QS und Pro Cum Cert.
== Veranstaltung Kitzbühel =
Evangelisches Bildungswerk Salzburg - Tirol
20. September 2024
Gesprächsrunde: Ökumenische Schöpfungszeit - Die Alpen im Wandel der Zeit
18 - 19:30 Uhr
Die Veranstaltung möchte sich auseinandersetzen mit dem ländlichen Raum, der Diaspora, dem Kulturraum Alpen und künftigen Veranstaltungen.
Kursleiter Dr. Günther Dichatschek
Ev. Pfarrgemeinde Kitzbühel 6370 Kitzbühel, Tirol Ölberg 6, Jugendraum Evangelische Pfarrgemeinde Kitzbühel
Die Alpen im Wandel der Zeit
Ein uralter Kulturraum, besiedelt von rund 14 Millionen Menschen, verändert sich durch Klimawandel und Tourismus.
Für Bildung bedeutet die Veränderung eines Kulturraumes eine Herausforderung, sich mit Aspekten und Entwicklungen der alpinen Region interdisziplinär auseinanderzusetzen.
Werbung, Ansichtskarten, Zeitschriften, Filme und Bildbände zeigen den Alpenraum als unberührte Landschaft, liebliche Almregion mit Hüttenromantik, Felsen und Gipfel im Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergang, schneebedeckte Pisten im Winter und eine eindrucksvolle Seilbahntechnik zur Erschließung der Bergwelt.
Die Menschen in der Alpenregion werden als gut gelaunt dargestellt und haben immer Zeit für die Gäste, die sich erholen und braungebrannt sind.
Bergwandern, Schipisten in das Tal und Training für viele Sportarten in der Berglandschaft ergänzen ein Bild, das durch Klimawandel und Tourismus gekennzeichnet ist.
Konkurrenz in der Darstellung von Urlaubsträumen gibt es nur in der Trias Sandstrand, Meer und Palmen.
Es gibt aber auch Ausschnitte, die mehr zeigen als Idylle und Informationen liefern, wie sich ein jahrtausendealter Kultur- und Lebensraum erhalten lässt.
Als eine der größten Bergketten der Welt erstreckt sich die alpine Landschaft über 1200 Kilometer von Nizza bis Wien. Die Region Tirol liegt in einem hohen Maß in einer alpinen Landschaft.
Kennzeichnend sind der Mont Blanc mit 4807 Metern als höchster Berg, ein Lebensraum von rund 14 Millionen Menschen und einem Anteil von acht Staaten an den Alpen mit Monaco, Frankreich, Italien, der Schweiz, Liechtenstein, Deutschland, Österreich und Slowenien.
Menschen haben im Laufe der Geschichte zur Lebenssicherung tiefgreifend die Landschaft ökologisch verändert und umgestaltet, kulturell beeinflusst und sozioökonomisch erschlossen.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Auseinandersetzung mit der Fachliteratur und den konkreten Veränderungen in der Alpenregion vor Ort. Interdisziplinarität ist Kennzeichen einer thematischen Auseinandersetzung mit Kulturgeographie, Volkskunde, Politischer Bildung und Kulturwissenschaften.
Literaturhinweis
Günther Dichatschek - Hans Nosko (2024): Die Alpen im Wandel der Zeit. Aspekte einer Soziokulturellen Theoriediskussion eines Kulturraumes, Akademikerverlag Saarbrücken ISBN 978-3-639-62858-6
Tourismus
Der Tourismus gehört zu den weltweit am stärksten wachsenden, aber auch zu den komplexesten Wirtschaftsbereichen. Das erfolgreiche Führen von Unternehmen der Tourismuswirtschaft ist eine große Herausforderung. Dies gilt umso mehr, als die Digitalisierung voranschreitet und sich die Geschäftsmodelle und Machtstrukturen stark verändern. Die ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Stellenwert in touristischen Entscheidungen.
Der Wandel zu einer nachhaltigen Welt erfordert ein Umdenken auf unterschiedlichen Ebenen.
Benötigt werden globale politische Vereinbarungen über eine gerechtere Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen und über die Möglichkeiten von Lebenschancen. Veränderungen beginnen schon im Alltag.
Für die Erwachsenenbildung ist das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung eine Herausforderung und Möglichkeit für einen Bildungsprozess.
Literaturhinweis
Günther Dichatschek (2024): Grundwissen Tourismus. Aspekte eines Fachbereichs im Kontext Politischer Bildung, Akademikerverlag Saarbrücken ISBN 978-3-639-63046-6
= VI Kirchen in Europas Diktaturen - Politische Bildung =
= Verhältnis Diktatur - Kirchen =
Für die Politische Bildung ist das Verhältnis von Diktaturen und Kirchen von Interesse.
Folgt man Olaf BLASCHKE (2019, 15 - 31) seiner Publikation in der Bundeszentrale für politische Bildung, entstanden autoritäre Regime zwischen 1917 und 1945 in Europa in
* katholischen romanisch (Portugal, Spanien, Italien), nicht - romanisch geprägten (Österreich, Litauen und Polen) Gesellschaften,
* im orthodoxen Griechenland unter Metaxas und der muslimischen Türkei unter Atatürk.
* nicht in stärker protestantisch geprägten Gesellschaften wie den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, Schweden, der Schweiz und Großbritannien.
* Der These einer Anfälligkeit katholischer Länder stehen Irland, Belgien und Luxemburg entgegen.
* Erklärbar sind die menschenverachtende Ideologie und totalitärer Anspruch in der Unvereinbarkeit mit kirchlichen Moralprinzipien. Die Gegenthese geht von der Gefährdung der Rechte der Kirche etwa beim Religionsunterricht aus.
* Indifferent sei man in der NS - Zeit in Deutschland gegenüber Leiden anderer und der Einschränkung zivilgesellschaftlicher Freiheiten gewesen.
Der europäische Rundblick konzentriert sich auf den radikalisierten bürgerlichen Laizismus und den Kommunismus. Die zwanziger und dreißiger Jahre weisen auf zwei Entwicklungen. Seit den Kulturkämpfen kommt es wieder zur Trennung von Staat und Kirche (vgl. Frankreich 1905, Portugal 1911 und Russland 1918).
== Russland =
Ab 1917 kommt es in der Sowjetunion zu einer Welle der Säkularisierung. Die Russisch - 0rthodoxe Kirche war mit dem Zarenreich eng verbunden und sollte durch den Sozialismus ersetzt werden (vgl. BLASCHKE 2019, 17 -19).
Nach der jahrhundertlangen Verbundenheit von Staat und Kirche hatte Zar Peter Peter der Große 1721 die Kirche einem staatskirchlichen Regiment unterworfen. 1917 befreite sie sich davon. Die landesweite Synode 1917 wählte erstmals einen Patriarchen.
Schon 1918 verfügte ein Dekret die Loslösung der Kirche vom Staat und Schule. Die Privilegien wurden abgeschafft, aus amtlichen Dokumenten wurden alle Hinweise auf Religionszugehörigkeit gelöscht. Das Vermögen religiös - kirchlicher Gesellschaften wurde "Volkseigentum". Abgeschafft wurden Klöster, die kirchliche Presse, Hochschulen und Priesterseminare. Nach dem Tod von Patriarch Tichon 1925 wurde das Amt nicht neu besetzt. Stalin verbot 1929 der Kirche jedes öffentliche Auftreten außer bei Begräbnissen.
Der Niedergang der Dorfgemeinschaften mit der Kollektivierung der Landwirtschaft und dem Verbot von Dorfkirchen wurde vollzogen. 1939 waren nur noch zehn Prozent der Priester und Kirchen vorhanden.
Der 1941 begonnene Krieg gegen den Bolschewismus wurde auch als Kreuzzug des christlichen Abendlandes ausgegeben. Nach dem Weltkrieg und den Revolutionen verschwanden zahlreiche Fürstenhäuser und drei imperiale Kaiserhäuser. Europaweit setzte sich das Modell der Demokratie durch. Allerdings folgte kurz danach die Herrschaft der großen und kleinen Führer.
== Ungarn =
Das erste Land, das als Demokratie unterging, war Ungarn. Im Vertrag von Trianon verlor man zwei Drittel des Territoriums, drei von zehn Millionen Ungarn lebten außerhalb des Landes (vgl. BLASCHKE 2019, 19 - 21). Eine nationalistische Wiederherstellungspolitik (Revisionismus) setzt ähnlich Deutschland ein.
Ungarn war der einzige Fall, in dem sich wie in der Sowjetunion ein Rätesystem durchsetzte. Entsprechend wurden Staat und Kirche getrennt. In der neuen Verfassung wurde das katholische Schulwesen und Kirchenvermögen verstaatlicht. Die Räterepublik dauerte nur 133 Tage. Miklos Horthy schlug sie mit seinen Truppen 1919 nieder. Der Admiral regierte als "Reichsverweser" (etwa Königsersatz) von 1920 bis 1944.
Eingerichtet wurde ein autoritäres Regime mit faschistischen Zügen wie dominanter Einheitspartei, einem Parlament ohne Macht. Der politische Katholizismus spielte keine Rolle zwischen christlich - sozialen und pseudodemokratischen Parteien bis zu faschistischen Pfeilkreuzlern. Der christliche Nationalismus begründete einen landesweiten Negativkonsens gegen äußere Feinde, Kapitalisten und Juden. Antisemitismus war im Militär, der Gesellschaft und Kirche verbreitet. Bereits 1920 beschränkte ein Numerus clausus die Zahl der Juden im höheren Bildungswesen und in der Bürokratie. Weitere Gesetze in den dreißiger Jahren rückten das Land an die Seite Deutschlands.
== Italien =
== Spanien =
= Literaturverzeichnis/ Auswahl =
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https://www.ev-theologie.uni-wuerzburg.de/fileadmin/06070000/Studium/Lehramt/Examen/GrundlagenlitStudevTheo.pdf (29.4.2025)
Lehrwerk Evangelische Theologie
https://www.eva-leipzig.de/de/series/lehrwerk-evangelische-theologie (29.4.2025)
= Dokumentation =
= Zum Autor =
APS - Lehrer/ Lehramt für Volks- und Hauptschule (D, GS, GW) sowie Polytechnischer Lehrgang (D, SWZ, Bk); zertifizierter Schüler- und Schulentwicklungsberater; Lehrbeauftragter am Pädagogischen Institut des Landes Tirol/ Berufsorientierung bzw. Mitglied der Lehramtsprüfungskommission für APS - Lehrer/ Landesschulrat für Tirol (1994 - 2003)
Lehrbeauftragter am Institut für Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft/ Universität Wien/ Aus- und Weiterbildung/ Vorberufliche Bildung (1990/ 1991- 2010/2011); Lehrbeauftragter am Sprachförderzentrum des Stadtschulrates Wien/Interkulturelle Kommunikation (2012); Lehrbeauftragter am Fachbereich für Geschichte/ Universität Salzburg/ Lehramt "Geschichte - Sozialkunde - Politische Bildung/ "Didaktik der Politischen Bildung" (2015/ 2016, 2017)
Mitglied der Bildungskommission der Evangelischen Kirche in Österreich A. und H.B. (2000 - 2011), stv. Leiter des Evangelischen Bildungswerks in Tirol (2004 - 2009, 2017 - 2019)
Kursleiter an den VHSn Zell/ See, Saalfelden und Stadt Salzburg - "Freude an Bildung" (2012-2019) und VHS Tirol "Der Wandel der Alpen" -
Politische Bildung (2025)
Absolvent des Instituts für Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985), des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg - Klagenfurt/ Master (2008), des 6. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/ Diplom (2012) - des 6. Lehrganges Interkulturelles Konfliktmanagement/ Bundesministerium für Inneres - Österreichischer Integrationsfonds/ Zertifizierung (2010), der Weiterbildungsakademie Österreich/ Diplome (2010), des 1. Lehrganges Ökumene/ Kardinal König - Akademie Wien/ Zertifizierung (2006) - der Personalentwicklung für Mitarbeiter der Universitäten Wien/ Bildungsmanagement/ Zertifizierungen (2008 - 2010) und Salzburg/ 4. Lehrgang für Hochschuldidaktik/ Zertifizierung (2015/2016) - des Online - Kurses "Digitale Werkzeuge für Erwachsenenbildner_innen"/ TU Graz - CONEDU - Werde Digital.at - Bundesministerium für Bildung/ Zertifizierung (2017), des Fernstudiums Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium - Comenius Institut Münster/ Zertifizierung (2018), des Fernstudiums Nachhaltige Entwicklung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium - Comenius Institut Münster/ Zertifizierung (2020)
Aufnahme in die Liste der Sachverständigen für den NQR/ Koordinierungsstelle für dem NQR, Wien (2016)
MAIL dichatschek (AT) kitz.net
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Christsein in der Moderne 11 |  |
Herausforderung Religion - Glaube - Theologie |  |
Aspekte einer sozio-kulturellen - religiösen Kompetenz |  |
Günther Dichatschek
 | Inhaltsverzeichnis dieser Seite | |
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Danksagung |  |
Zu danken habe ich für die Anregung zu einem Fernlehrgang dem Institut für Mission und Kirche/ IMK Österreich mit Pfarrer Bernhard Schröder.
Dem Fromm Verlag mit seiner Autorenbetreuung danke ich für sein Interesse an der Publikation.
Günther Dichatschek
Vorbemerkung |  |
Wer sich mit der Thematik beschäftigt, benötigt vom Interesse her eine persönliche Motivation. Nach KORSCH (2020) sind die entsprechenden Faktoren der Gottesdienstbesuch, eine Gremienarbeit und das Interesse von Religiosität.
Für den Autor bilden der absolvierte 1. Lehrgang Ökumene der Kardinal König - Akademie/ Wien (2006) und die absolvierten Universitätslehrgänge Politische Bildung und Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg (2008 und 2012) eine Grundlage, der Kontext ergibt sich zu Evangelischer Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium - Comenius - Institut Münster (2018).
Die Studie gliedert sich in die sechs Teile Christentum, Ökumene, Ethik ev, Bodelschwingh - Studienstiftung, Schöpfungszeit und Kirchen in Europas Diktaturen. Persönliches Interesse dominiert in der Auswahl der Themenbereiche (Teile).
Einleitung |  |
1 Einleitung |  |
Kulturell - religiöse Bildungsprozesse, angestrebt in einer Politischen Bildung bzw. Interkulturellen Kompetenz/ ICC, sind gekennzeichnet in einer Erinnerungsfähigkeit unserer Gesellschaft, Überzeugungsfähigkeit, Lebensbedeutung und Lebensführung (vgl. in der Folge RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 178-182).
Es geht um das kulturell und religiöse Gedächtnis, bedeutungsvoll als Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit, Hoffnung und Solidarität. In Europa sind diese Inhalte nicht ohne eine christliche Tradition in Glaubenserfahrung zu verstehen. Diese Erfahrung und Weitergabe erweitert sich zu einer Lebenserfahrung. Vor diesem Hintergrund versteht es sich, dass sich in Bildungs- und Erziehungsprozessen in Fragen religiöser Bildung und Politischer Bildung Unterschiede ergeben müssen.
Bildungsanstrengungen ergeben sich in indirekten Erziehungswirkungen und sozialen und kulturellen Handlungsräumen im Bildungssystem mit Lernprozessen. Wesentlich sind formale Bildung und non - formale Bildungsbemühungen (eigener Lebensort) mit ethischen Resonanzräumen.
Aktualität erfährt diese Bedeutung im öffentlichen Raum durch unterschiedliche kulturelle Herkünfte, religiöse Zugehörigkeiten und Lebensformen. Damit sind Lehr-, Lern- und Bildungsprozesse notwendig, beispielhaft als Interkulturelle Bildung, Politische Bildung, Ethik und religiöses Grundwissen.
Bildungsinstitutionen sind nicht nur Orte des Wissenserwerb, durch die Bedeutung eines informellen Lernens und des Verlustes des Monopols der Wissenszugänge kommen auch andere Aufgaben dazu.
Beispielhaft ist die Politische Bildung und Interkulturelle Kompetenz mit einem Orientierungswissen und einer Handlungskompetenz. In diesem Kontext ist neben dem Unterricht auch die Vermittlung von Lebensformen zu sehen.
Dazu gehört etwa die Religionsfreiheit mit ihrem Recht auf öffentlichen Raum, freiem Zugang zur Glaubensfreiheit und Gestaltung der (inter-) kulturellen Lebensform, einem weltanschaulich neutralen und pluralistischen Staat. Damit ist der Grund für eine Unterscheidung zwischen Politik bzw. Interkulturalität und Religion und die notwendige Bedeutung der entsprechenden Bildungsbereiche gegeben.
Der Bezug zum frühen Christentum und der Bildung hat einen festen Platz in der Beziehung von christlichem Glauben und Bildung (vgl. RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 17-28).
Ausgehend von der These, frühe Christen seinen kleine Leute aus der Unterschicht, sogar bildungsfern, was sich erst im Laufe des zweiten Jahrhunderts nach und nach geändert habe. Seit geraumer Zeit gibt es Untersuchungen der Soziologie, die diese Auffassung infrage stellen.
Es zeigt sich, dass die herkömmliche Zuordnung nicht so eindeutig ist (vgl. THEISSEN 1979, 267). Unter Hinweis auf 1. Kor 1, 26-28, umfassen die Gemeinden verschiedene soziale Schichten. Dieses Bild der gesellschaftlichen Wirklichkeit hinterlässt eine Analyse von Konflikten bei versteckten Wertsystemen und Verhaltensnormen (vgl. MEEKS 1993, 233-263).
In der Antike gehören wirtschaftlicher, gesellschaftlicher Einfluss und finanzieller Wohlstand sowie Zugang zur Bildung eng zusammen. Gebildete, Mächtige und Angesehene bilden eine gesellschaftliche Schicht. In der Folge kommt es zur Auseinandersetzung zwischen Christentum und antiker Philosophie, damit der Berührung des Christentums mit der Bildung der "paideia" und dem Zusammenhang von Lehren und Lernen. Im NT spielt dieser Kontext eine erhebliche Rolle (vgl. beispielhaft Mk. 10, 1; Mt 4.23; Mt 7.28; Mk. 4.23).
In der Antike wird mit "paideai" ein Lebenskonzept beschrieben, das eine prägende Größe des gesellschaftlichen Leben war. Die frühen Christen orientierten sich in ihrem privaten Leben daran. Neu war der Glaube an den auferstandenen Christus.
Im Verhältnis zur Bildung waren einige Grundlinien für das Verhältnis von Glaube und Bildung zu erkennen, die wesentlich Bedeutung haben. Nach RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT (2002, 26-28) sind sechs Aspekte von Interesse.
Menschen werden mit verschiedener sozialen Herkunft zusammengeführt und Lernchancen ergeben sich daraus. Der Alltag ist mit dem Christusglauben zu verbinden. Damit ergibt sich eine Theorie eines umfassenden Bildungsprozesses als Verbindungsprozess. Frühchristliche Bildung geht um die Jesustradition mit der eigenen Situation exemplarisch zu verbinden. Antike Gesellschaften waren fester gefügt als moderne. Das Haus galt als zentrale soziale Einheit (vgl. Mk. 10). Bildung ohne religiöse Bildung erhebt keinen Anspruch auf Allgemeinheit.
Die Theorie der Bildungsferne lässt sich nicht bestätigen, vielmehr erweist sich das frühe Christentum als Lebens- und Lerngemeinschaft mit erfahrungsorientierten Bildungsprozessen. Die Vitalität der Bildungsprozesse hat die Ordnung von Inhalten immer wieder in Frage gestellt und damit neue Lernprozesse in Gang gesetzt. Dies zeigt sich zuletzt in der Reformation, den reformatorischen Kirchen und ökumenischen Bemühungen.
3 Zwei Jahrtausende Christenheit - Überblick |  |
Im Folgenden wird skizzenhaft auf die Entwicklung des Christentums bis hin zur Weltreligion im Kontext zur Politischen Bildung eingegangen. Basis ist das "Handbuch. Die Geschichte des Christentums" (vgl. DOWLEY - BRIGGS - LINDER - WRIGHT 1979).
Auch wenn das Christentum im Anfang nur wenige Anhänger in der abgelegenen römischen Provinz Judäa hatte, ist es in letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zum Glauben ungefähr eines Drittels der Weltbevölkerung geworden. Es ist in mehr Völkern verwurzelt als irgendeine andere Religion. Die Vitalität ist bemerkenswert, weil Konkurrenz und Widerstand vorhanden war.
Bemerkenswert ist die Fähigkeit zu Erneuerung und Reform, wobei jede kirchengeschichtliche Epoche ihre Möglichkeiten und Herausforderungen hat.
Merkmale sind Lehre und Praxis der Apostel und wurden Maßstab für alle spätere Lehre und Praxis.
Einfachheit, Gemeinschaft, Evangelisation und Nächstenliebe waren die Merkmale der ersten Christenheit.
Man trennt(e) nicht nach Rasse, Nationalität, sozialem Status, Freiheit oder Geschlecht.
Christliche Gemeinschaft gibt vielen Menschen ein Gefühl der Identität und einer Zugehörigkeit zu einer Gruppe.
3.1 Ausbreitung |  |
Die Ausbreitung nach dem ersten Jahrhundert öffnete sich für viele Menschen aus allen sozialen Schichten. Damit ergaben sich in der Folge die Möglichkeiten einer Abweichung vom Glauben (vgl. Gnostizismus, Marcionismus und Montanismus). Bedeutung erhielten die "Kirchenväter". Eine Stärkung erfuhr die Christenheit durch die Abfassung und den Gebrauch des "Apostolischen Glaubensbekenntnisses".
Reichsweite Verfolgung setzte im 3. und 4. Jahrhundert ein. Kaiser Konstantin hatte 313 das Christentum in den Status einer anerkannte Religion des Reiches erhoben. 395 wurde es zur einzig offiziellen Staatsreligion. Bereits früher hatte Armenien als erstes Land das Christentum als offizielle Religion übernommen.
Das 4. Jahrhundert bildete einen großen Wendepunkt in der Kirchengeschichte mit theologischer Arbeit (Ambrosius, Augustin, Gregor I.) und einem Wachstum der institutionellen Kirche. Die Katholische Kirche des Westens und Orthodoxe Kirche im Osten wurzeln in diesem Jahrhundert. In der Folge schien die Zivilisation des Westens auf dem Rückzug zu sein. Mit dem Zerfall des Römischen Reiches wurde die Kirche die einzige dominierende Institution in der Folge im Mittelalter. Die nationalen Orthodoxen Kirchen des Ostens rückten langsam unter der Führung des Patriarchen von Konstantinopel zusammen.
In Nordafrika erlag 707 die große Kirche Nordafrikas dem Ansturm dem Islam. Dieser entstand im Nahen Osten mit der Flucht Mohammeds aus Mekka nach Medina 622. Schnell verbreitet sich die Lehre bis Nordafrika. 732 hatte sich der Islam schon bis zum südfranzösischen Tours ausgebreitet, der Franke Karl Martell bot Einhalt.
Einige Gebiete in West- und Mitteleuropa wurden von Mönchen wie Columba und Columbanus missioniert, bedeutend war Bonifatius. Nach einer Phase der Stagnation kämpfte die christliche Gemeinschaft mit weltlichen Herrschern wie Karl d.Gr. um die Herrschaft über die institutionelle Kirche.
3.2 Reformbewegungen - Verbreitung |  |
Vom 10. Jahrhundert an lief eine Welle geistlicher Erneuerung. Cluny war der Ausgangspunkt einer Reformbewegung. Im folgenden Jahrhundert konnte mit Papst Gregor VII. eine Kirchenreform erreicht werden.
Andere Mönchorden ersetzten Cluny nach dem Erlahmen des Reformeifers im 11. Jahrhundert, etwa Franziskaner und Dominikaner. Orthodoxe Missionare erreichten im 10. Jahrhundert das russische Kiew. Dies ist der Beginn der Russisch-Orthodoxen?? Kirche mit dem Anspruch der Nachfolge Roms und Konstantinopels. Die Zaren des 15. und 16. Jahrhunderts sahen Moskau als das "dritte Rom".
Innere Herausforderung stellten antihierarchische Bewegungen wie die Albigenser und Waldenser mit Unterdrückung durch die mittelalterliche Kirche und Flucht in abgelegene Alpentäler.
Christliches Denken kam im 12.und 13. Jahrhundert durch Peter Abaelard und Thomas von Aquin mit präzisen Formulierungen des Glaubens im Mittelalter.
Dem Höhepunkt unter Papst Innozenz III. folgte eine Periode des Niedergangs. Die Renaissance verzehrte Talent, Energie und Finanzen des Papsttums. Es begann in der Folge mit einer Sehnsucht zu geistlicher Stärkung und einem reformierten Katholizismus.
Mit Martin Luther und Johannes Calvin kam es zur protestantischen Reformation auf Kosten der kulturellen und religiösen Einheit Westeuropas und bis heute religiösen Vielfalt. Eine neue Periode des Wachstums legte den Grund zur Entwicklung der Religionsfreiheit und des Toleranzgedankens.
Das Werk Luthers gründete Lutherische Kirchen und ebenso Calvins Werk begründete Reformierte und Presbyterianische Kirchen in Westeuropa, Auswanderungsbewegungen nach Amerika und dem British Empire mit den Kolonien verbreiterten den Protestantismus weltweit.
Die Kirche in England wurde durch die Reformen geistlich erneuert. Mit der Trennung von Rom durch Heinrich VIII. 1532 entwickelte sich eine "Nationalkirche" ohne Papst mit einem mittleren Weg ("via media") zwischen Traditionen mittelalterlicher Kirche und neutestamentlichen Lehren. Die anglikanische Dimension einer regionalen Kirchenreform war bedeutsam, sie verlieh zudem dem englischen Nationalismus Auftrieb.
Der Puritanismus war bedeutend für seine Verbreitung im British Empire, Commonwealth und in der Auswanderung nach Nordamerika.
In der Folge verhärteten sich auf beiden Seiten die Fronten. Der Protestantismus wurde stärker institutionalisiert, die römische Inquisition und das Konzil von Trient mit seinen Beschlüssen folgten. Mit der Gründung der "Gesellschaft Jesu" 1540 von Ignatius von Loyola erneute sich die Römisch Katholische Kirche. Mit der erfolgreichen Arbeit der Mission der Jesuiten in S-Amerika?? und SO-S-Asien?? kam es zu weltweiter Verbreitung.
Protestantische Verbreitung außerhalb Europas in dieser Zeit gab es in den britischen Kolonien an der nordamerikanischen Atlantikküste durch die europäischen Auswanderungswellen.
3.3 Soziokulturelle - religiöse Bewegungen |  |
Neue Bewegungen begründeten sich in der Vorbildwirkung eines apostolischen Christentums mit der Zuwendung zur Bibel und persönlichen Glaubenserneuerung im Protestantismus. Christen und Nichtchristen wurden zur Bekehrung gerufen.
Im 18. Jahrhundert entstand als Antwort auf die Aufklärung eine Erweckungsbewegung mit Beginn in Deutschland und einer Verbreitung nach Skandinavien und der Schweiz. Als "Pietismus" waren in der Bewegung Männer wie Philipp Jakob Spener, August Hermann Francke und Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf bedeutend. Pietisten überwanden ein Klassendenken, Bekenntnisunterschiede und betonten die Einfachheit des NT und die persönliche Erfahrung mit Christus.
Die gleichen Merkmale finden sich im 18. Jahrhundert in England und Nordamerika. Bedeutend war John Wesley mit seiner Bewegung und Entwicklung der Methodistischen Kirche, in der Folge stellen sich Gründungen verschiedener Kirchengemeinschaften wie Baptisten und Kongregationalisten im angloamerikanischen Raum ein. Eingeführt wurde ein volkstümlicher Stil evangelischer Predigt und die Betonung auf fröhliches Singen geistlicher Lieder. Soziale Veränderungen wie die Abschaffung der Sklaverei und eine Gefängnisreform wurden angeregt.
In Nordamerika ist die Erweckung verbunden mit den Namen Jonathan Edwards und George Whitefield (Mitarbeiter von John Wesley) bis zu Billy Graham. Die "Evangelisten" gewannen in der Folge an Bedeutung bis heute in der Grundstruktur christlichen Lebens. 1776 erhielt die Unabhängigkeitsbewegung kräftige Unterstützung durch die wichtigsten Kirchengemeinschaften. Nur die Anglikaner hielten sich zurück. Übertragen auf den Aufbau "Vereinigter Staaten von Amerika /USA" wird ein Staat mit christlichen Werten und republikanischen Prinzipien abgestrebt. Die neue Verfassung der USA, überwiegend ein Werk von Thomas Jefferson, kennt die Trennung von Staat und Kirche(n).
Die Französische Revolution von 1789 rief eine heftige Reaktion gegen die organisierte Religion und etablierte Kirche hervor. Die Ideen der Aufklärung und die Unterstützung der Monarchie durch die Kirche benutzten die Revolutionäre, die Kirche zu verbannen. In der Folge kommt es zu einem Kampf zwischen Kirche und Staat um Fragen der Erziehung.
3.4 Bedeutende Entwicklungen |  |
Die großen Veränderungen im 19. Jahrhundert bewirkten bedeutende Entwicklungen im Christentum, etwa Missionsbewegungen, so etwa konnte William Carey die "Baptist Missionary Society" begründen. Viele Missionsgesellschaften entstanden weltweit im Protestantismus. Europäische Pietisten gründeten in Basel 1815 eine Missionsschule.
Die europäischen Revolutionen von 1830 und 1848 hatten ohne Unterstützung der etablierten Kirchen auszukommen. Mit Papst Pius IX. entstand Widerstand gegen Modernismus, Republikanismus, Liberalismus, Sozialismus und Nationalismus. Sein Papsttum ist durch das "Verzeichnis der Irrtümer" 1864 und die Einberufung des I. Vatikanischen Konzils 1869-1870 mit dem Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit in Glaubenssachen und Lehre gekennzeichnet.
In England und Nordamerika arbeiteten Christen in einer Claphamgruppe für soziale Reformen für die Abschaffung der Sklaverei, im britischen Empire und mit parlamentarischen Initiativen wurde von Lord Shaftesbury eine Bergwerksreform und eine Fabriksgesetzgebung im Sinne von pietistischen Frömmigkeit geschaffen.
Mit Papst Leo XIII. beschäftigte sich das Papsttum mit der modernen Welt der Arbeitswelt und Folgerungen wie dem Marxismus.
Bedeutende Minderheiten von Christen erduldeten oftmals Unterdrückung, Verfolgung und angebliche Misshandlungen und führten bis zu europäischen Eingriffen in nichteuropäischen Ländern wie beim "Boxeraufstand" in China.
Wissenschaft und Religion setzten sich auseinander, etwa der Theorie von Charles Darwin über die Evolution und in Form des Darwinismus und evangelikalem Christentum des Schöpfungsglauben.
Der Erste Weltkrieg erschütterte die Christenheit mit dem zügellosen Nationalismus, ausbeutendem Imperialismus und massiven Militarismus.
3.5 20. Jahrhundert |  |
Der theologische Liberalismus stellte sich mit dem aktuellen Wissen, Denken und historischen Studium der Bibel. Man bediente sich wissenschaftlichen Methoden. Kritische Studien entstanden, in der Folge führt es zur "Fundamentalisten-Modernisten-Kontroverse??" in Amerika. Die Debatte ging hier hauptsächlich um die Evolution und das "soziale Evangelium" (Social Gospel) mit seinem sozialen Engagement.
In der Folge übernahm der liberale Protestantismus die Führung mit dem Bemühen um die Einheit der Kirchen. Evangelikale reagierten misstrauisch auf ökumenische Bemühungen, als 1948 der "Weltrat der Kirchen" gegründet wurde.
In den ehemaligen Kolonien wuchsen einheimische Kirchen, die Katholische Kirche reagierte mit afrikanischen und asiatischen Kardinalernennungen.
Die Zeit war nicht frei von Christenverfolgung, in der Sowjetunion durch den Staat russische Orthodoxe und Baptisten und im Sudan Christen von Moslems.
Theologische Neuanfänge im Protestantismus sind verbunden mit Karl Barth und Reinhold Niebuhr.
Mit den Veränderungen in den sechziger Jahren als Periode der Veränderungen kam die Jesusbewegung und verstärkte die charismatische Bewegung. Das neue evangelikale Engagement fand eine Verstärkung mit der Wahl Jimmy Carters zum US -Präsidenten ("Südliche Baptisten").
Bedeutende Bewegungen traten in der Römisch - Katholischen Kirche mit Papst Johannes XXIII auf. Das II. Vatikanische Konzil (1962-1965) brachte weitgehende Reformen in der Liturgie mit der Landessprache und Beziehungen zu anderen Christen.
Baptisten und besonders die Pfingstbewegung hatten ein bemerkenswertes weltweites Anwachsen.
3.6 Aktuelle Herausforderungen |  |
Tiefgreifend sind Reformen im politischen, sozialen und ökonomischen Bereich in Teilen der Welt, beispielhaft durch den Antikolonialismus, "Schwellenländer", Supranationale Zusammenschlüsse, Globalisierung und Digitalisierung. Das christliche Gewissen und die Ethik sind hier gefordert.
Institutionalisierte Kirchen sind zunehmend reformbedürftig in Kirchenmanagement, Religionspädagogik und Kommunikationsstrukturen (vgl. IT-Autorenbeiträge?? Kirchenentwicklung und Religionspädagogik).
Das Verhältnis zu Christen war und ist in der Beziehung zu Staaten zu ordnen, beispielhaft wie in Polen, der (ehemaligen) DDR, der (ehemaligen) Sowjetunion und international in China und islamischen Staaten.
Ökumene und der interreligiöse Dialog sind aktuell eine Herausforderung angesichts der Pluralität der Gesellschaft.
Letztlich stellt die Christenheit nur eine Minderheit unter der Weltbevölkerung dar. Die Welt ist durch Jesus Christus wie durch keinen anderen Menschen beeinflusst worden.
4 Erziehungs- und Bildungsdenken |  |
Die Entwicklung der Moderne erfordert eine Auseinandersetzung mit den Begriffen Erziehung und Bildung. Im Selbstverständnis des Autors folgt dies in evangelischer Perspektive. Besonders lutherisches Bestreben schärfte die Einordnung in Gottes weltliche Ordnung, man denke an die Ehe und den Staat.
Für die göttliche und weltliche Ordnung wurde der Begriff "Erziehung" vorgezogen (vgl. den alten Begriff "Zucht"). Im "Kulturprotestantismus" folgte mit dem Begriff "Bildung" auch die Auseinandersetzung mit "Kultur".
4.1 Bildungsbegriff |  |
Der vielschichtige Begriff Bildung in der deutschen pädagogischen Leitkategorie bei Herder, Goethe, Wilhelm von Humboldt und Hegel macht die Begrifflichkeit im Gegensatz zum angelsächsischen "education" nicht einfacher. Goethes Bildungsroman "Wilhelm Meisters Lehrjahre" machte Epoche, Humboldts Ideen mit der Neukonzeption der Berliner Universität, des Königsberger und Litauischen Schulplan für das Gymnasium 1809 mit wenigen Fächern und des Hegelschülers Johannes Schulze 25 Jahre später mit 14 Fächern hatte praktische Auswirkungen bis heute.
Bildung wird allgemein als Allgemeinwissen mit Breitenwirkung (Allgemeinwissen) und einer Vollständigkeit mit Bestand gesehen. In der Folge wird Bildung als andauernder Prozess verstanden wird und entwickelt sich in "Allgemeinbildung" und "Berufsbildung" im Sekundar-, tertiären und quartären Bildungsbereich (vgl. aktuell "lebensbegleitendes Lernen" und damit Bildung).
Religionsgemeinschaften denken an sich in ihrem abgeschlossenen Raum kaum pädagogisch.
Das evangelische Christentum bedient sich im historischen Wandel pädagogischer Denkfiguren, die dem eigenen Selbstverständnis dienen. Politische und gesellschaftliche Kräfte haben Rückenwind evangelischer Theologie verliehen (vgl. RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 51). Einer Affinität des Protestantismus zu Bildung und früher zur Erziehung hat schrittweise und in der Folge in einem "Evangelischen Schulwesen" liberale, emanzipatorische und (selbst-)kritische Dimensionen angenommen (vgl. RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 65-74 zum Pluralismus in kirchlichen Schulen; NIPKOW - SCHWEIZER 1994).
4.2 Erziehungsbegriff |  |
Sieht man sich den Erziehungsbegriff an, ist diese ebenfalls einem historische-gesellschaftlichen Wandel ausgesetzt. Um 1930 wurde er ordnungstheologisch und ordnungspädagogisch ausgelegt. 40 Jahre später stand die "antiautoritäre Erziehung" zur Diskussion. In der Folge gab es einen "Mut zur Erziehung", der die aktuelle "Werteerziehung" entgegengesetzt wird. Die deutschsprachige Diskussion ist nach wie vor komplex, "education" im angelsächsischen Verständnis beinhaltet Lehre und Erziehung.
Die aktuelle Terminologie beinhaltet die Verbindung Bildung und Erziehung bzw. Kompetenz, beispielhaft erkennt man dies in der Politischen Bildung/Erziehung, Interkulturellen Kompetenz/Interkulturellen Bildung, Umwelterziehung/ökologischen Bildung und kulturell-religiösen Kompetenz/Bildung (vgl. RUPP- SCJHEILKE-SCHMIDT?? 2002, 63).
4.3 Evangelisches Bildungsdenken |  |
Evangelisches Bildungsdenken geht von menschlichen Begabungen und "Kräften" als Gottes Gaben aus, die zu fördern sind, die wertvollen gegen die destruktiven.
Im Wechselverhältnis von Gesellschaft ("Kultur") und persönlichen Dispositionen ("Natur") setzt die wissenschaftliche Erziehung und Bildung an. Hier setzt Evangelisches Schulwesen an (vgl. RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 65-74; POLLITT -LEUTHOLD - PREIS 2007).
"Wenn man unter Demokratie mehr als ein Regelwerk des politischen Systems verstehen will, dann ist es in historischer Perspektive evident, dass sich die moderne Demokratie in vieler Hinsicht der Christentumsgeschichte verdankt" (vgl. RUPP - SCHEILKE - SCHMIDT 2002, 169).
Menschenwürde, Gleichheit vor dem Gesetz, Religion und Politik als Quelle aller Gewaltenteilung, alles ist christlich-religiös begründet. Dennoch ist zu bedenken, dass die christliche Religion bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein die neuzeitliche Entwicklung der Demokratie nicht gerade gefördert hat.
Man könnte vor diesem Hintergrund religiöse Bildung in die Nähe der politisch-demokratischen Bildung rücken. Der Vorwurf, der "problemorienierte Religionsunterricht" sei von Sozialkunde nicht mehr zu unterscheiden, war in der Praxis als Differenz oft nicht mehr erkennbar.
Mit der Wiederentdeckung religiöser Bildungsgestalten wurde ein Beitrag zur Unterscheidung zwischen Religion und Politik geleistet.
In der Unterscheidung von Religion und Politik liegt ein Perspektivenwechsel in der Bewertung der Zwei-Regimenter-Lehre?? Luthers nahe.
Politisches Handeln sieht sich vor die Alternative gestellt, entweder als Versöhnungsimpuls ("Konsens") oder als interessensgeleitetes Agieren (machtpolitisch bezogen) ausgelegt wird.
Auffällig ist bei der Zwei - Regimenter - Lehre die Auslegung, wenn Handeln im Beruf/ Alltag und einer Regierung religiöse Autorität abgeleitet wird.
Gewissen und Glauben entfalten eine Dialektik der Freiheit des Christenmenschen mit seiner Befähigung zu Gehorsam (Selbstbindung an das Gewissen).
Darin liegt nach Luther die Grenze gegenüber dem Anspruch einer weltlichen Macht, wenn in autoritären Systemen mit Widerstandelementen dem "Volk" die Ausführungsgewalt, im Sinne christlicher Herrschaft, zugerechnet wird (vgl. die Befreiungstheologie, Willensbildungen in der "Wende").
Eigentlich geht es um die Problematik einer politisierenden Theologie und Theologisierung des Politischen.
In einer solchen Form von Konflikten werden Probleme strittig, denen sich niemand durch die allgemeinen Freiheitsrechte entziehen kann. Man denke an ökologische und ökonomische Problembereiche, wissenschaftliche und technische Möglichkeiten mit Auswirkungen auf die Zukunft und das Leben überhaupt. Man denke an die Bedeutung der Nachhaltigkeit.
5.2 Religiöse und politische Bildung |  |
Zu bedenken sind in der Folge auf dem Hintergrund der angesprochenen Unterscheidungen Gemeinsamkeiten und Unterschiede von religiöser und politischer Bildung bzw. Erziehung (vgl. RUPPE-SCHEILKE-SCHMIDT?? 2002, 178-181).
In religiösen Bildungsprozessen geht es vorrangig um kulturelle Erinnerungsfähigkeit in Überzeugungen, Lebensdeutungen und Lebensführungsmuster. Elemente sind etwa die Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit, Hoffnung und Solidarität.
Nicht ohne biblisch überlieferte Geschichten geht es um geistige Prinzipien, Erfahrungen der Menschen in der Deutung mit der Begegnung im Handeln Gottes. Die Weitergabe wird zu einer Welt- und Lebensdeutung ausgeweitet. Jenseits aller intentionaler Bildungsanstrengungen stehen die indirekten Erziehungseinwirkungen in den sozialen und (inter-)kulturellen handlungsräumen. Nicht nur institutionelle Lehre, auch eigener Lebensort als Lernorte sind zu gestalten (vgl. formale bzw. non - formale Bildung, formales bzw. informelles Lernen). Reflexion eigener religiöser Praxis und Entscheidungen in Verbindung mit Toleranz gegenüber den Anderen gehören in die religiösen Bildungsprozesse.
In der politischen Bildung bedarf es analog einer Handlungsfähigkeit, Urteilsfähigkeit, des Bezugs zu einem Grundrechtskatalog und didaktisch eines Überwältigungs- und Indoktrinationsverbots.
Der konfessionelle Religionsunterricht besitzt demnach große Ähnlichkeiten. Allerdings kennt schulische "Politische Bildung" kein Recht auf Nichtteilnahme.
Hier ist ebenso die zentrale Frage der öffentlichen Erörterung und Meinungsbildung im besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.
6 Perspektiven zukunftsfähiger religiöser Bildung |  |
Zur Orientierung für religiöse Bildung sollen in der Folge Perspektiven benannt werden (vgl. KROPAC 2009, 367-372) .
In einer pluralen Gesellschaft steht das religiöse Feld in Ambivalenzen, wobei ein Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme und persönlicher Lebensfragen wiederentdeckt wird. Aufgabe ist nicht eine Lösung, vielmehr eine kritisch - konstruktive Bearbeitung.
Religiöse Bildung befähigt Lernende zu eigenständigen Verhaltensweisen einer Weltbegegnung im Kontext anzubietender Politscher Bildung und Interkultureller Kompetenz.
Für eine Zukunftsfähigkeit ist die Unterscheidung von Religion, Religiosität und Religionskultur grundlegend. Individuelle Religiosität (Mikroprozesse/ Innenperspektive) ist neben Religion eine eigenständige Größe, Religionskultur (Makroprozesse/ Außenperspektive) beeinflusst die Voraussetzungen und die Inhalte.
Religiöse Bildung geht nicht in religiöser Kompetenz auf, hat sich im Status der Fächer im Bildungsdiskurs zu stellen. Es geht demnach um reflexive Kompetenz, moralische und religiöse Haltungen, eine Teilnehmerperspektive bzw. soziale Kompetenz und Lernkompetenz im Methodenrepertoire und einer Fachdidaktik.
Eine Forderung besteht grundlegend als "learning from/ through religion".
Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/ oder direkt zitiert werden.
Dowley T./ Briggs J.- Linder R.- Wright D. (1979): Handbuch. Die Geschichte des Christentums, Wuppertal
Fried J. (2021): Jesus oder Paulus. Der Ursprung des Christentums im Konflikt, München
Kropac U.(2009): Religion - Religiosität - Religionskultur. Ein Grundriss religiöser Bildung in der Schule, Stuttgart
Meeks W. A .(1993): Urchristentum und Stadtkultur. Die soziale Welt der paulinischen Gemeinden, Gütersloh
Nipkow K.E.- Schweizer Fr. (Hrsg.) (1994): Religionspädagogik. Texte zur evangelischen Erziehungs- und Bildungsverantwortung seit der Reformation, Bd. 2/2: 20. Jahrhundert, Gütersloh
Pollitt H.E. - Leuthold M. - Preis A. (Hrsg.) (2007): Wege und Ziele evangelischer Schulen in Österreich. Eine empirische Untersuchung, Münster - New York - München - Berlin
Rupp H. - Scheilke Chr. Th. - Schmidt H. (2002): Zukunftsfähige Bildung und Protestantismus, Stuttgart
Theißen G.(1979): Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19), Tübingen
Teil II Ökumene |  |
8 Vorbemerkung |  |
"Bedenkt die gegenwärtige Zeit" (Röm 13.11) als Aufruf in der Schriftlesung weist eine Ökumenische Theologie auf einen Zeitbezug hin. Geschichtliche und kirchenpolitische Ereignisse ordnen einen zeitlichen Rahmen.
Es bedarf einer begrifflichen Orientierung des Verständnisses von Ökumene. Entstehung, Entwicklung, Themen und Ziele sind von Interesse.
Der Beitrag entstand aus der Thematik im Religionsunterricht (SI Emil Sturm, Salzburg - Tirol) und der Absolvierung des 1. Lehrganges Ökumene der Kardinal König - Akademie Wien (
Die Auseinandersetzung mit einer einführenden Fachliteratur für Nichttheologen vermittelt zusätzlich eine Basis für ökumenisches Denken im Bereich kulturell - religiöser Kompetenz (vgl. UHL 2003, KÖRTNER 2005, LIES 2005, FRIELING 2006, NÜSSEL - SATTLER 2008, POLLAK - ROSTA 2016).
Theologische Zusatzausbildung und Politische Bildung in Verbindung mit Interkultureller Kompetenz bereichern ein ökumenisches Nachdenken.
9 Einleitung |  |
Die Ökumene kann als ein Weg beschrieben werden. Der Weg ist das Ziel. Wenn Menschen gleicher Überzeugung sich vereinen, kommt es zu einer reflektierten Weggemeinschaft (vgl. in der Folge NÜSSEL - SATTLER 2008, 7-9).
Zum Tragen kommen hier nicht-theologische Faktoren, oft Zufälle und in beruflichen Zusammenhängen.
Das Miteinander und die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft ergeben Gemeinsamkeit.
Ohne eigene konfessionelle Wurzeln und Reflexion ist ökumenisches Denken und Handeln mit einer Akzeptanz des anderskonfessionellen Standorts nicht möglich.
Ökumenisches Handeln fordert
die Bereitschaft des Bekenntnisses eigenen Glaubens, einer Empathie für den anderskonfessionellen Standort und der Akzeptanz für Differenzen (vgl. Kirchenverständnis, religiöse Sozialisation und religiöses Wissen).
Wer in diesem Sinne handelt, erkennt systembezogene bzw. kirchliche Vorgaben.
Weil es immer wieder Menschen gibt, die jenseits konfessioneller Grenzen sich glaubwürdig begegnen, man denke an konfessionsverbindende Ehepaare ("Mischehen"), im Berufsleben Mitarbeiter und ganz banal an die Begegnungen im Alltag oder ein sich erweiternder Bekannten- oder Freundeskreis, geben Impulse einer "Ökumenischer Bewegung".
Die Bemühungen einer Konferenzökumene, mitunter abfällig beurteilt, leben von Begegnungen.
1964 das Treffen Paul VI. mit Athenagoras in Jerusalem,
1967 Paul VI. in Konstantinopel Treffen mit Athenagoras und Gegenbesuch im gleichen Jahr in Rom,
1981 sprach Johannes Paul II. bei gemeinsamer ökumenischer Feier den Text des dort formulierten Glaubensbekenntnisses von Nizäa -Konstantinopel ohne das "Filioque",
1999 Unterzeichnung der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" in Augsburg und
2003 1. Ökumenischer Kirchentag in Berlin mit Unterzeichnung der "Charta Oecumenica" (wechselseitige Anerkennung der Taufe).
In jüngerer Zeit gibt es eine Wiederentdeckung ökumenischer Leitfiguren mit geistlicher Tradition des Christentums (vgl. beispielhaft Elisabeth von Thüringen, Nikolaus von Smyrna, Franz von Assisi und Dietrich Bonhoeffer).
Geistliche Gemeinschaften erfahren insbesondere unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges und heute Aufmerksamkeit (vgl. Kommunität von Taize, Öffnungen von Klostergemeinschaften).
10 Neutestamentliche biblische Texte |  |
Bezugspunkte neutestamentlicher biblischer Texte sind
Joh 17, 20-21 Suche nach der Einheit der Menschen in der Nachfolge Jesu war von frühester Zeit bedeutsam für die Gemeinden
Eph 4,4-6 Gründung der Ökumene in der Einheit des trinitarischen Wesens Gottes, Taufe erlangt an Bedeutung und Bewahrung der Gemeinden in der Einheit des Glaubens
Joh 17, 21 Ökumene im Sinne des sterbenden Jesus in der Abschiedsrede
Der Teil aus dem Epheserbrief hat bereits in der Reformationszeit zentrale Bedeutung erlangt, als auf dem Augsburger Reichstag 1530 vor Karl V. man für die Anerkennung der Reformation eintrat.
Philipp Melanchthon entwarf als gemeinsames Bekenntnis der evangelischen Stände die "Confession Augustana"/ CA (vgl. Artikel VII der CA). Melanchthon belegt mit dem Verweis auf Eph 4,4-6 die Notwendigkeit in der Übereinstimmung im Evangelium und in der Sakramentsverwaltung (vgl. ein Glaube und eine Taufe; Eph 2, 11-22 Einheit der Kirche als Einheit des Leibes und des Geistes in der Einheit Gottes).
Gerechtigkeit und Güte Gottes gilt im Neuen Testament unterschiedslos allen Menschen. Das bedeutet nicht, dass in der Kirche alle Glieder unterschiedslos eins sind.
Paulus macht in 1 Kor 12, 8-11 deutlich, die Kirche lebt vielmehr von den Unterschieden der Gaben, die der Geist den einzelnen zum Nutzen schenkt. Gesprochen wird von der Weisheitsrede, Erkenntnisrede, (Wunder) Glauben, Heilungsgaben, Machttaten bzw. Wunderwirkungen, Prophetie und Deutung der Zungenreden. Für Paulus ist wichtig, dass die Gemeindeglieder diese Vielfalt in ihrer Unterschiedlichkeit und Zugehörigkeit anerkennen. Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit, wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit (1 Kor 12, 24-25).
In der neueren ökumenischen Diskussion ist dieser Text Ausgangspunkt, die Unterschiede und Vielfalt der Gnadengaben als eine Bereicherung zu sehen.
Im Nachdenken über 1 Kor 12 wird deutlich. dass Einheit nicht mit Uniformität verwechselt werden darf. Die Studie "The Nature and Mission of the Church" der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen (2005) hält fest, dass Einheit nur durch eine angemessene Koordination der Gaben Gottes möglich ist (vgl. NÜSSEL - SATTLER 2008, 16). Eine Anerkennung der Vielfalt von Aufgaben, Diensten in der Kirche und der Gestaltung der Lebenspraxis, lässt sich auch mit einem gemeinsamen Umgang der Vielfalt konfessioneller Traditionen gewinnen (vgl. Bereicherung durch Traditionen, Unterschiede stehen auch entgegen).
11 Konfessionelle Geschichte der Ökumene |  |
Konfessionell geprägte Kirchen haben ihre eigene Geschichte der Ökumene. Diese Erkenntnis wird unter 10.1 verdeutlicht. Ende des 19. Jahrhunderts beginnt eine neue Epoche, die im 20. Jahrhundert organisierte Gestalt annimmt, siehe 10.2.
Konfessionelle Eigenheiten formen sich, siehe 10.3. Aktuell richtet sich der Blick auf weltweite Verhältnisse in der christlichen Ökumene, aktuelle Herausforderungen ergeben sich, siehe 10.4.
11.1 Geschichte der Ökumene |  |
11.1.1 Begrifflichkeit |  |
Der Begriff Ökumene wird in den gängigen Kontexten das Streben nach Überwindung der Trennung zwischen den christlichen Kirchen und Konfessionen verstanden. In der Christentumsgeschichte kam es zu Bedeutungsverschiebungen.
Zur Entstehungszeit des Christentums gehört das griechische Wort "oikumene" ( oikeo - wohnen bzw. oikia - Haus) zum gängigen Sprachgebrauch und bezeichnet die bewohnte Erde oder ganze Welt (vgl. Mt 24,14).
Die Ausbreitung des Römischen Reiches führt dazu, dass der Begriff mit dem römischen Imperium gleichgesetzt wird ( vgl. Lk 2.1).
Neben einer negativen Bedeutung (Lk 4,5 und Apk 12,9) kennt der Hebräer Brief eine positive Deutung mit der Vorstellung einer zukünftigen Welt mit christlicher Hoffnung (Hebr. 2,5).
11.1.2 Ausbreitung des Christentums |  |
In der Folge entwickelt sich die Erfahrung der Ausbreitung des Christentums.
In der Differenzierung zwischen Kirche und Ökumene kommt es zum Sprachgebrauch im 3. und 4. Jahrhundert zur Bedeutung der Verbreitung der Kirche über den ganzen Erdkreis.
Die Anerkennung des Christentums als Staatsreligion unter Konstatin ("konstantinische Wende") bezeichnet der Begriff das christliche Imperium. Die Einheit der Kirche wird zum zentralen Anliegen im Römischen Reiches.
Zur Beilegung von Lehrstreitigkeiten werden ökumenische Konzilien einberufen.
In diesem Sinne einer Verbindlichkeit von Theologen als Lehrer der Ökumene wird im 6. Jahrhundert dem Patriarchen von Konstantinopel der Titel "ökumenischer Patriarch" zuerkennt. Nach dem Tod von Gregor dem Großen werden die Päpste als ökumenische Bischöfe bezeichnet (vgl. NÜSSEL - SATTLER 2008, 18).
Die ersten ökumenischen Konzilien in Nizäa 325 und in Konstantinopel 381 treffen trinitätstheologische Aussagen und im Glaubensbekenntnis. Es gilt bis heute den meisten Kirchen als das ökumenische Bekenntnis.
In der Folge kommt es jedoch zu neuen Auseinandersetzungen zwischen alexandrinischer und antiochenischer Tradition über die Frage, wie angesichts der vollen Gottheit des Sohnes das wahre Menschsein Jesu auszusagen sei.
Das dritte ökumenische Konzil in Ephesus 431 lehrt auf der Linie alexandrinischer Christologie, dass Maria als Gottesgebärerin (theotokos) zu gelten habe. Das vierte ökumenische Konzil von Chalcedon 451 schlichtet weitere Streitigkeiten. Es betont die wahre Menschheit Jesu Christi, damit die Einheit der Person Jesu Christi.
11.1.3 Kirchenspaltung im Osten |  |
Die ersten beiden Konzilien wurden von der gesamten Christenheit anerkannt, dagegen stoßen die dogmatischen Entscheidungen von Ephesus und besonders von Chalcedon auf Widerstand in einer Reihe von Kirchen im Osten des Byzantinischen Reiche bzw. auch außerhalb.
Es kommt zur ersten großen Kirchenspaltung in der Geschichte des Christentums.
In der Folge bilden sich die "orientalisch - orthodoxen Kirchen" ostsyrischer und westsyrischer Liturgietradition.
Zu den Kirchen der ostsyrischen Tradition gehören die Heilige Apostolische und Katholische Assyrisch Kirche des Ostens und einige indische Kirchen.
Zur Familie mit westsyrischer Liturgie gehören die Syrisch - Orthodoxe Kirche von Antiochien ("Jakobiten"), die Malankarische Orthodoxe Syrische Kirche, die Koptische Orthodoxe Kirche, die Äthiopische Orthodoxe Tewahedo Kirche und die Armenische Apostolische Kirche.
Auch innerhalb der Reichskirche kommt es zu Auseinandersetzungen über das Verständnis der beiden Naturen Christ, die auf dem fünften und sechsten Konzil in Konstantinopel 553 und 680 ausgetragen wurden. Beim weiteren Konzil in Nizäa 787 wendet man sich der Frage der Bilderverehrung zu und erlaubt diese.
Im Laufe der Jahrhunderte wird die Diskrepanz zwischen Rom und Konstantinopel durch die die kulturellen Unterschiede mit dem Ausbau des römischen Primatanspruchs und durch einzelne Schismen vertieft wie Acacianisches Schisma 484-519 und Photianisches Schisma 867-879 (vgl. NÜSSEL-SATTLER?? 2008, 19).
Theologisch bietet sich allem die im Westen vollzogene Einfügung des "filioque" in den Text des Glaubensbekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel?? massiven theologischen Konfliktstoff.
Die aufgestauten Spannungen bilden die Grundlage für die wechselseitige Exkommunikation 1054 im Schisma zwischen Ost- und Westkirche und die Ereignisse im vierten Kreuzzug.
Vor allem von Rom aus wurden Unionsbemühungen besonders auf dem Konzil von Lyon 1274 und Konzil von Florenz 1439 unternommen.
Mit der Kirchenspaltung zwischen Ost und West und dem Zusammenbruch des Byzantinischen Reiches verliert der Begriff "Ökumene" seine reichskirchliche Dimension.
Die Orthodoxen Kirchen anerkennen nur die ersten sieben Konzilien als ökumenisch, die Römisch-Katholische?? Kirche bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil 21 ökumenische Konzilien.
11.1.4 Kirchenspaltung im Westen |  |
Die größte ökumenische Herausforderung entsteht in der lateinischer Christenheit mit der reformatorischen Kritik Martin Luthers am Buß- und Ablasswesen, aber auch an einer großen Anzahl römischer Lehren.
Die Grundansicht ergibt sich aus der Sicht, dass im Evangelium die Rechtfertigung allein aus dem Glauben ohne alle Werke verheißen ist.
Die öffentliche Auseinandersetzung mit der römischen Kirche begann mit der Eröffnung des Inquisitionsverfahrens 1518.
In der Folge nach der Bannandrohungsbulle 1520 kam es mit der Bannbulle 1521 zur Exkommunikation Luthers.
Am Wormser Reichstag 1521 wurde die Reichsacht verhängt, angewiesen war nunmehr Luther auf den Schutz seines Landesherren Kurfürst Friedrich des Weisen.
Die Maßnahmen konnten nicht verhindern, dass in vielen Territorien des Reiches Anhänger der Reformation sich sammelten.
Zentrum der lutherischen Reformation war Wittenberg, in der Schweiz um Hudreych Zwingli Zürich und um Johanne Calvin Genf.
Der Versuch am Augsburger Reichstag 1530 mit der "Confessio Augustana"/ CA Anerkennung und Duldung der Reform zu erwirken und eine Kirchenspaltung zu verhindern scheiterte.
1529 führten bereits Differenzen in der Abendmahlsfrage zu eigenen Entwicklungen der lutherischen Reformation, die weite Teile Skandinaviens und des Baltikums erreichten.
Die von Zwingli und Calvin reformierte Gestalt der Reformation bildete sich mit Gemeinden in der Schweiz, Frankreich, Schottland und in einigen Gebieten Deutschlands.
In England bildete sich die "Anglikanische Nationalkirche".
Weitere Abspaltungen kamen durch die Gründung von Freikirchen.
1555 wurde durch das Prinzip "cuius regio eius religio" die Spaltung reichsrechtlich umgesetzt.
Im lutherischen Konkordienbuch von 1580 wurden das apostolische, nizänische und athanasianische Glaubensbekenntnis als die "tria symbola catholica oeconomica" bezeichnet.
Bestimmend war in dieser Epoche die Wahrung der Konfessionsgrenzen.
Am Ende des 17. Jahrhunderts entwickelte sich ein neues Verständnis von Ökumene im Pietismus. Das Interesse lag in der Verbreitung lebendiger Frömmigkeit über die nationalen und konfessionellen Grenzen hinweg.
In der Herrenhuter Brüdergemeinde, von Graf Zinzendorf begründet, gibt es das Verständnis in den verschiedenen Konfessionen eine Erziehungsform Gottes zu sehen.
Überkonfessionelle Ausrichtung in einer Gemeinschaft bekehrter Christen gewinnt die Erweckungsbewegung und die Missionsbewegung im 19. Jahrhundert.
1846 wird in London die "Evangelische Allianz" gegründet, die sich als ökumenischer Zusammenschluss über die konfessionellen und nationalen Grenzen versteht.
1855 mit überkonfessionellem Verständnis gründen sich der "Christliche Verein Junger Männer"/ CVJM und 1895 der "Christliche Studentenweltbund".
11.2 Ökumenischer Aufbruch im 19./ 20. Jahrhundert |  |
Aus der Missionsbewegung heraus und der Erkenntnis einer Behinderung durch die konfessionelle Spaltung entsteht das Bestreben ein gemeinschaftliches Miteinander im überkonfessionellen Einsatz anzustreben.
Nathan Söderblom verwendet erstmals den Begriff "Ökumene", mit dem er das Werk der Versöhnung und Einigung der getrennten Kirchen bezeichnet.
Als Beginn der modernen ökumenischen Bewegung wird die Weltmissionskonferenz in Edinburgh 1910 angesehen (vgl. die Bemühungen zu Frieden, sozialer Gerechtigkeit und Einheit der Kirchen).
Die erste Weltkonferenz des "Weltbundes für internationale Freundschaftsarbeit" 1925 in Stockholm befasst sich mit sozialen und friedensethischen Fragen.
Die kirchentrennenden Lehrdifferenzen sind Gegenstand der Weltkonferenz der "Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung" 1927 in Edinburgh (Teilnahme vieler protestantischer Kirchen, der Anglikanischen Kirche und Orthodoxen Kirchen, die Römisch Katholische Kirche lehnt ab).
1948 wird der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in Amsterdam gegründet. 1971 wird der "Weltrat für christliche Erziehung" als Zweig des ÖRK gegründet.
Alle sechs Jahre wird eine Vollversammlung gehalten (vgl. ausführlich NÜSSEL-SATTLER?? 2008, 22).
Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1962-1965 öffnet sich die Römische Katholische Kirche der ökumenischen Bewegung, sie entsendet Beobachter zu den Vollversammlungen des ÖRK. Ab 1968 wird sie Vollmitglied der Kommission für Glaube und Kirchenverfassung des ÖRK. Damit erhält die Ökumene erheblich an Bedeutung (vgl. Ökumenismusdekret des Konzils "Unitatis redintegratio").
Mit der Ökumene - Enzyklika von Johannes Paul II. "Ut unum sint"(1995) beteiligt sich die Römisch - Katholische Kirche an offiziellen Dialogen international und national.
Im kirchlichen Leben kommt es in der Folge zu vielen Formen eines Miteinander, ökumenischen Gottesdiensten, Begegnungen auf Katholikentagen und Evangelischen Kirchentagen (vgl. die Bemühungen um einen gemeinsamen Religionsunterricht, beispielhaft Hamburg; KEMNITZER - ROSER 2021, EZW - Texte 271/2021) .
Neben allen Bemühungen spielt der 1983 nach der ÖRK - Vollversammlung in Vancouver angestoßene konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung eine wichtige Rolle in der ökumenischen Bewegung. Damit findet auch die Stimme der Kirchen in der Politik ein Gehör.
Auf europäischer Ebene spielt die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) eine Rolle.
Wichtig sind nationale Organisationen geworden, die in Arbeitsgemeinschaften in Ortsgemeinden Träger des ökumenischen Gedankens sind.
Ziel ist im Kennenlernen und Austausch der Kirchen, theologische Erkundungen und kulturelle Prägungen in Verbindung mit Glaubensüberzeugungen als wichtige Faktoren zu reflektieren.
11.3 Konfessionelle Eigenarten |  |
Die Konfessionsgemeinschaften bilden in ihrer Geschichte konfessionelle Identitäten und sind unterschiedlich organisiert. Im ökumenischen Gespräch ist dieser Umstand besonders von Bedeutung.
Die weltweiten Konfessionen haben bereits im 19. Jahrhundert die Notwendigkeit erkannt, sich weltweit zu organisieren.
Im reformatorischen Bereich entstanden Weltbünde.
Die Orthodoxen Kirchen bereitet sich in der Folge auf der Grundlage ihrer Autokephalie auf ein panorthodoxes Konzil vor.
Die Römisch-Katholische?? Kirche hat beim Zweiten Vaticanum die Grundlage ihrer Teilnahme neu bestimmt.
11.3.1 Reformatorische Kirchen |  |
Die reformatorischen Kirchen haben keine überregionalen Verfassungsstrukturen. Das hat mit der politischen Entstehungsgeschichte zu tun (vgl. landeskirchliche Struktur).
Erst mit den internationalen Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert erschien es sinnvoll, einen internationalen Verbund einzurichten.
1863 entstand der Weltbund der Adventisten.
1867 wurde die erste Lamberth - Konferenz der Anglikanischen Gemeinschaft einberufen.
1875 gründeten 21 presbyterianische Kirchen in Europa und Nordamerika in London den Bund der Reformierten Kirchen.
1881 wurden der Methodistische Weltrat, 1905 der Baptistische Weltbund, 1937 das Weltkomitee der Quäker und 1947 der Lutherische Weltbund gegründet.
Die Entscheidung, ob die Ergebnisse ökumenischer Dialoge angenommen werden können, liegt aber bei den Regionalkirchen. Darum müssen internationale Dokumente wie die Konvergenzerklärung von 1982 "Taufe, Eucharistie und Amt" des ÖRK oder die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" von 1999 erst einen Rezeptionsprozess in den regionalen Kirchen durchlaufen.
11.3.2 Orthodoxie |  |
Die Orthodoxie ist in ihrer Verfassungsstruktur der Autokephalie bzw. Autonomie der einzelnen Orthodoxen Kirchen und der großen Bedeutung des panorthodoxen Konzils begründet.
Fortschritte in der Ökumene sind ohne ein panorthodoxes Konzil nicht erreichbar (vgl. ausführlich NÜSSEL - SATTLER 2008, 25).
11.3.3 Römisch - Katholische Kirche |  |
Die Römisch - Katholische Kirche ist seit dem Zweiten Vaticanum 1962-1965 an ökumenischen Gesprächen beteiligt und arbeitet in Untergruppen des ÖRK mit.
Selbstverständlich wurden im Laufe der Zeit Initiativen der Caritas und Diakonie, ökumenische Themen auf beiden Kirchentagen, in Österreich die Zusammenarbeit im nationalen ÖRK (vgl. http://www.oekumene.at [7.7.21]).
11.4 Aktuelle Herausforderungen |  |
Die weltweiten und regionalen ökumenischen Bemühungen erfordern Anstrengungen zur Koordination (vgl. NÜSSL - SATTLER 2008, 26 - 28).
Man kann davon ausgehen, dass etwa
schwindendes religiöses Wissen und religiöse Persistenz,
geringe Möglichkeiten freiwilliger Mitarbeit mit attraktiven Angeboten von qualifizierter Fortbildung und
schwindende Finanzkraft der Kirchen in Europa
zu Reformen ermutigen müsste.
Die heutigen Kommunikationsmittel erleichtern positive Entwicklungen zu ermöglichen.
Ökumenische Erwachsenenbildung (Fernlehre),
Netzwerkarbeit zur Bildung ökumenischer Gemeindepartnerschaften, ökumenischer Kooperation im Religionsunterricht, diakonischer Ökumene und
Kommunikation mit handlungsorientierten Aktivitäten (Projektarbeit)
wären mit relativ geringem Aufwand zu organisieren.
Es gibt nach der bestehenden Fachliteratur weder in Deutschland noch in Österreich keine Institution, welche Bereiche erweiterter Formen der Ökumene koordiniert.
12 Reflexion |  |
Der Kontext zur Politischen Bildung und Interkulturellen Kompetenz, aktuell in "Globalem Lernen" und einem "Friedenslernen", verstärkt Bemühungen um eine christliche Ökumene, wie sie beispielhaft schon seit Jahrzehnten im sozial-diakonischen Bereich umgesetzt werden.
Für eine Religionspädagogik ergeben sich in der Querschnittsmaterie (Unterrichtsprinzip) einer Politischen Bildung vielfältige Möglichkeiten, die Themenbereiche Globalisierung und Multireligiosität einer Gesellschaft, aus der religiösen Basis der Lehrinhalte eines Religionsunterrichts in der Folge aufzuarbeiten.
Eine so verstandene kulturell - religiöse Bildung bereichert einen zukunftsfähigen Bildungsprozess.
Aus Autorensicht wäre ein Universitätslehrgang "Religion", ökumenisch konzipiert, eine Bereicherung einer Weiterbildung im akademischen Bereich.
13 Literaturverzeichnis Ökumene/ Auswahl |  |
Angeführt sind jene Titel, die für den Beitrag verwendet und/oder direkt zitiert werden.
Frieling R. (2006): Im Glauben eins - in Kirchen getrennt? Visionen einer realistischen Ökumene, Göttingen
Kemnitzer K. - Roser M. ( Hrsg.)( 2021): "All together now !?". Ein Schreibgespräch zum Religionsunterricht in Hamburg (RUfa 2.0), EZW - Texte 271/2021, Berlin
Körtner U. H.J. (2005): Wohin steuert die Ökumene? Vom Konsens- zum Differenzmodell, Göttingen
Lies L. (2005): Grundkurs Ökumenische Theologie. Von der Spaltung zur Versöhnung. Modelle kirchlicher Einheit, Innsbruck - Wien
Nüssel Fr.- Sattler D. (2008): Einführung in die ökumenische Theologie, Darmstadt
Pollak D.- Rosta G. (2016): Religion in der Moderne. Ein internationaler Vergleich, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 1751, Bonn
Uhl H. (Hrsg.) (2003): Taschenlexikon Ökumene, Frankfurt - Paderborn
Teil III Ethik ev |  |
Im Folgenden geht es um die Problemstellung evangelischer Ethik im Pluralismus, Konsequenzen und Ansätze in ihren verschiedenen Konzeptionen.
Evangelische Ethik als theologische Ethik wird versucht, auf ihre Bedeutung und Folgerungen aus der Sicht eines Lehrenden der Erziehungswissenschaft und Politischen Bildung darzustellen.
Im Folgenden werden Ansätze und der Kontext zur Gegenwart beschrieben.
14 Ansätze evangelischer Ethik |  |
Ansätze evangelischer Ethik werden im Folgenden verkürzt dargestellt, das Verhältnis zur allgemeinen Ethik bzw. von Ethik und Dogmatik soll dargelegt werden.
Zunächst wird auf Luther, Calvin und Schleiermacher eingegangen. Mit Herrmanns liberaler Ethik wendet man sich dem 20. Jahrhundert zu. Die einflussreichen Modelle von Barth und Bonhoeffer folgen. Thielecke als Vertreter eines lutherisch geprägten Ordnungsdenkens und Richs Versuch einer zeitgemäßen Sozialethik gilt ebenso das Interesse.
Die Konzeptionen von Trillhaas und Rendtorff beschließen entsprechend der gegenwärtigen Säkularität und Verbindung zur Lebenswirklichkeit im Kontext mit theologischer Intention die Ansätze.
Abschließend wird das Verhältnis von Ethik und Dogmatik beleuchtet.
14.1 Zwei - Regimenter - Lehre - Luther |  |
Bei Martin LUTHER gehen alle Gesetze auf Gott zurück (vgl. den zu begründeten Verweis auf Röm 13,1 f. oder 1 Pet 2,13 f.; MÜLLER 2001, 22-27). Die Gesetze dienen der Regelung der zwischenmenschlichen Verhältnisse und richten sich an alle Menschen. Es klingt bereits die Lehre von den zwei Regimentern an.
Im Reich der Welt geht es ein friedliches Zusammenleben und die Ausrichtung auf das Gute. Ziel ist der äußere Frieden.
Im geistlichen Reich geht es um den Heiligen Geist im Herzen. Ziel ist Rechtschaffenheit. Das Bild des guten Baumes mit guten Früchten symbolisiert das Tun des Guten und leiden am Unrecht.
Beide Regimenter beziehen sich auf die Sündhaftigkeit des Menschen, so dass sie notwendig sind.
Das Verhältnis zur weltlichen Obrigkeit ergibt sich
aus der Verantwortung im Welthandeln des Christen,
aus dem Evangelium,
seiner Eignung um ein Amt der Obrigkeit und
der Beförderung der Wohlfahrt (vgl. Luthers Ansicht in der Kontinuität des Glaubens durch Liebe bei 1 Kor 10,3 und 12,13).
Aus dem Glauben folgt die Liebe zu Gott und daraus ein Leben, in dem man dem Nächsten umsonst dient ("freier Dienst").
Dieses Handlungsverständnis im Kontext zum Glauben steht eng zum ersten Gebot als Form eines Zutrauens zu Gott.
Alles was man tut ist Gott zu gefallen, selbst der Müßiggang (vgl. 1 Kor 10,31 oder Röm 8,28).
Durch die Verschiedenheit der Menschen bedarf es einer Unterweisung im Glauben. Daraus ergibt sich ein Erziehungsauftrag.
Luthers Ethik stellt kein weltliches Regiment für ein christliches Leben auf der Welt auf. Im geistlichen Regiment hat man dem Gesetz der Liebe, dem Verzicht auf Durchsetzung eigener Rechte und Eintreten für den Nächsten zu folgen. Allein der Glaube macht den Menschen rechtschaffen, nicht die Werke. Diese biblisch begründete Ethik besitzt einen universalen Bereich auf alle Menschen und versucht damit, das Verhältnis zum Nächsten, zur Obrigkeit (Staat) und zu Gott zu sehen (vgl. die Vorausgesetztheit Gottes im Handeln).
14.2 tertius usus legis - Calvin |  |
Durch den Sündenfall besitzt nach Johannes CALVIN der Mensch keinerlei Rechtschaffenheit mehr, trotzdem soll er belehrt werden und sich nach dem Guten bemühen (vgl. CALVIN 1984, II, 2,1). Ausdrücklich schließt er sich mit seiner Ablehnung des freien Willens Augustin an, für den der freie Wille mit dem Sündenfall verloren ist, womit der Mensch aus eigener Kraft nicht mehr zur Gerechtigkeit beitragen kann (vgl. CALVIN 1984, II,9; als biblische Begründung etwa Ps 147, 10f., Jes 40,29,31). Menschliche Gerechtigkeit wird negiert.
Vernunft und Wille gehören jedoch zur Natur des Menschen, weshalb sie durch den Sündenfall nicht vollständig zerstört werden. Rudimentär verbleiben beide Bereiche, wobei nach Calvin der Mensch bei irdischen Dingen ein gewisses Erkenntnisvermögen besitzt. Vernunft wird als besondere Gottesgabe anerkannt (vgl. CALVIN 1984, II, 2, 13-14).
Vernunft ist nicht autonom gedacht, weil das Gesetz der Schöpfung alles bewegt. So können Christen Erkenntnisse von Nichtchristen als Gabe Gottes entgegennehmen, da Gott in ihnen wirkt und durch sie seine Gnade zeigt (vgl. MÜLLER 2001, 28).
Calvin beschreibt die Vernunft gegenüber den Dingen des Reiches Gottes als unfähig, Gott von sich aus zu erkennen (vgl. Joh 1.4). Nur wer Christus im Glauben annimmt, ist aus Gott geboren (vgl. Joh 1.13)(vgl. CALVIN 1984, II, 2, 18-21).
Rechte Lebensführung durch Vernunft vermerkt Calvin als ein gewisses lex naturalis (vgl. CALVIN 1984, II, 2,22; Röm 2,14).
Sündhafte Menschen streben dennoch nach Tugenden. Hier verbirgt sich ein von Gottes Vorsehung gesteuertes Verhalten, dass die Sündhaftigkeit nicht schrankenlos werden lässt (vgl. MÜLLER 2001, 29).
Um zu wirklich Gutem sich zu wenden, ist der Mensch auf Gottes vorgängigem Handeln angewiesen. Dieser neue menschliche Wille ist ein Geschehen göttlicher Gnade. Als Geschenk Gottes ist er der Verfügungsgewalt des Menschen entzogen. Diesen Gedanken von der nur von Gott vermittelten Ursprünglichkeit des Guten drückt Calvin in der Vorstellung der Erwählung aus (vgl. CALVIN 1984, II, 3,8).
Gottes Gnade wird nicht allen Menschen gegeben. Wem sie nicht gegeben wird, dem bleibt die Gnade und die Fähigkeit zum Guten nach Gottes gerechtem Urteil verwehrt. Damit wird die Bedeutung des Gedankens der Prädestination im Denken Calvins deutlich (vgl. CALVIN 1984, II, 3,14).
Im Gesetz/ Dekalog als Richtschnur gerechten Lebens wird das Volk in Erwartung Christi gehalten. Christus ist das Ende des Gesetzes. Es lehrt die vor Gott geltende Gerechtigkeit. Gott nimmt den Menschen in Gnade an. Diese kann man sich nur im Glauben schenken lassen (vgl. MÜLLER 2001, 30).
Menschen können zunächst nicht das Gesetz erfüllen. Es überführt sie im usus elenchticus/ theologicus als Sünder (vgl. MÜLLER 2001, 31).
Im usus politicus werden die Menschen aus Furcht vor Strafe zur Ordnung gehalten.
Im usus in renatis erkennen die Menschen einen Nutzen im Gesetz. Mit der Erfüllung wird das Ziel des Tuns gezeigt (vgl. Mt 5,17f.).
Der Gedanke der Erwählung in Verbindung mit dem tertius usus legis zeigt, dass der Mensch durch Reflexion auf das Gesetz und sein Handeln durch den Glauben sich des "rechten Tuns" und bei Gott der "Belohnung zu erwarten hat" (vgl. die Verwendung des syllogismus practicus, durch den die Menschen ihrer Heiligung und Erwählung sich vergewissern können). Damit erhält das Gesetz die Bedeutung, dass die Menschen sich demütig und nach den Regeln der Gerechtigkeit verhalten sollen.
Anders als bei Luther wird bei Calvins Ethik die Bedeutung der Gebote für das Verhalten in der Welt betont (vgl. die Macht Gottes, unbedingter Gehorsam). Damit kommt es zur einer geringeren Einschätzung des weltlichen Gesetzes als Erhaltung der äußeren Ordnung. Stärker als bei Luther wird das alttestamentliche Gesetz betont.
Eine Reflexion zu Nichtchristen wird nicht angestellt. Die Abstufung zur weltlichen Ordnung zeigt, dass für Calvin nur die christliche Ethik maßgeblich ist (vgl. Gesetz im tertius usus als Richtschnur).
14.3 Kulturbezogenheit in der Ethik - Schleiermacher |  |
Friedrich SCHLEIERMACHER legt theologische Ethik wissenschaftlich aus und bestimmt ihr Verhältnis zur Dogmatik und philosophischen Ethik (vgl. SCHLEIERMACHER 1999; MÜLLER 2001, 32-42).
Christliche Sittenlehre/ Ethik wird als Zusammenfassung der Regeln bestimmt, wonach sich ein Mitglied der christlichen Kirche das Leben gestalten soll.
Christliche Sittenlehre/ Ethik steht christlicher Glaubenslehre und philosophischer Ethik gegenüber (vgl. MÜLLER 2001, 32-33).
Christliche Sittenlehre/ Ethik bezieht sich als besondere Lehre nur auf Christen, während die philosophische Ethik als Gesamtlehre mit allgemeiner Gültigkeit ihr gegenübersteht.
Für Schleiermacher kann die Differenzierung nur aus der christlichen Lehre begründet werden.
Grundvoraussetzungen für eine Entwicklung christlicher Lehre liegt in Christo, in welchem ursprünglich dasjenige ist, was Menschen zu Christen macht.
Schleiermacher behandelt das Verhältnis zwischen religiöser und philosophischer "Sittenlehre"/ Ethik (vgl. MÜLLER 2001, 34).
Das Christentum geht von der Voraussetzung aus, alle Gegensätze in sich überwunden zu haben. Religiöse Ethik setzt religiöse Motivation voraus.
Philosophische Ethik besitzt universelle Tendenz, daher nimmt sie religiöse Ethik auf, während diese sich in ihrer "Besonderheit" (eher) abschließt.
Es ergibt sich nunmehr die Frage bei christlichem Selbstbewusstsein nach einer Handlungsorientierung (Impuls für Handeln). Schleiermacher spricht von Lust nach "Seligkeit" (Gemeinschaft mit Gott) und Unlust als Negation der Gemeinschaft. Je nach Alter ("Lebensstufe") geht um Momente der Annäherung oder der Negation.
Handeln wird differenziert in wirksames Handeln als Zustandsänderung (etwa Erziehung in Familie und Kirche vs. Strafe, Zucht, Buße) und
darstellendes Handeln als innere Bestimmtheit des christlichen Bewusstseins (etwa Kirche/Gottesdienst und Staat/Geselligkeit) unterteilt.
Im Gegensatz von Geist und Fleisch wird die Relation von individuellem und göttlichem Geist erfasst (vgl. SCHLEIERMACHER 1999, 60-61).
Individuelle Vernunft ist als mitwirkend mit dem universellen göttlichen Geist anzusehen.
Handeln im christlich bestimmten Selbstbewusstsein wird durch das Verhältnis zwischen Universellem und Individuellem verwirklicht. Handeln versteht sich als individuelle Verwirklichung des christlichen Selbstbewusstseins.
Evangelische Ethik setzt eine Fortentwicklung von Regeln voraus, was auf einer entsprechenden Auffassung von Kirche beruht (vgl. ein Denken als bewegliches Ganzes, als Fortschreitung und Entwicklung; SCHLEIERMACHER 1999, 72).
"Jeder Fortschritt ist ein richtiges Verstehen dessen, was in Christus gesetzt ist" (MÜLLER 2001, 38). Mit dem Kircheneintritt anerkennt man ihre Regeln und ordnet das persönliche Bewusstsein dem gemeinsame unter (vgl. SCHLEIERMACHER 1999, 74).
Theologische Ethik erhält in der Form der Pflichtenlehre eine imperative Form mit der Beschreibung der Tugend und des Reiches Gottes als Ergänzung (vgl. SCHLEIERMACHER 1999, 79).
Es bedarf einer Fertigkeit bzw. eines Habitus ("Erziehung"), die dem Prinzip christlichen Lebens entspricht, damit wirksames und darstellendes Handeln erfolgt. Dies bestätigt sich in einer Kirche mit der Zugehörigkeit seit der Geburt (vgl. SCHLEIERMACHER 1999, 84).
Biblische Lebensvorschriften beziehen sich auf damalige Verhältnisse, daher müssen sie aktuell übersetzt werden, wenn man sie richtig anwenden will (vgl. SCHLEIERMACHER 1999, 94).
Schleiermachers Ethik ist keine biblische Ethik, sie setzt christologisch ein. Vermittelt durch den Heiligen Geist sammeln sich Menschen in der Kirche, womit es zu einem ekklesiologischen Bezug des Denkens kommt.
Durch das Verhältnis von Einzelnem und Allgemeinen werden universale und individuelle Ausprägungen durchgeführt. Dies zeigt sich in verschieden Kirchentümern und differenter Sozialisation. Der theologische Ansatz setzt bei der Subjektivität an (vgl. die Bedingungen der jeweiligen Zeit und Personalität). Kulturelle Bezüge werden berücksichtigt. Durch die Religiosität aller Menschen kommt es zur angemessenen Berücksichtigung philosophischer Ethik mit Priorität religiöser Ethik im jeweiligen Kulturraum in räumlich-zeitlicher Gestalt einer christlichen Sitte (vgl. MÜLLER 2001, 42).
14.4 Sittlichkeit - Herrmann |  |
Wilhelm HERRMANN (1909) erkennt im Zusammenhang von Sittlichkeit und Religion keine besondere theologische Ethik, "[...]da dann die Sittlichkeit nur religiösen Menschen einleuchten könnte" (MÜLLER 2001, 42; vgl. HERRMANN 1909, 3).
So würde das Christentum exklusiv behaupten, zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können und den allgemeinen Begriff von Gut in Frage stellen.
Der Mensch kann nur auf dem Weg der sittlichen Erkenntnis zur Religion kommen, die mehr als Wunsch ist. Damit ist Sittlichkeit Basis der Religion.
Mit der Zurückweisung einer eigenen evangelischen Ethik verneint Herrmann keineswegs die Bedeutung der Religion im Kontext mit der Ethik, vielmehr richtet er sich gegen die Trennung von philosophischer und theologischer Ethik im Sinne Schleiermachers und lehnt den Vollzug sittlicher Ideen allein in christlichen Gemeinden ab.
Es wird deutlich, dass Herrmann diese Trennung aufheben und gleichzeitig die Bedeutung der Religion aus dem ethischen Zusammenhang erheben will. Dieser Gedankengang bringt Herrmann mit der Erkenntnis der Reformation als persönliche Befreiung des sittlichen Willens zusammen. Damit besteht das sittliche Verhalten nicht mehr in der Praxis menschlicher Natur oder im Gehorsam überlieferter Gesetze (vgl. HERRMANN 1909, 6).
Reformatorische Bedeutung für die Ethik besteht vielmehr im Grundsatz, dass Glaube als Erneuerung Impuls und Kraft zu einer neuen Tätigkeit wird (vgl. HERRMANN 1909, 3).
Christlicher Glaube wird nicht als etwas Endgültiges angesehen, vielmehr als eine ständige Überwindung von Unselbständigkeit und Schwäche verstanden (vgl. HERRMANN 1909, 8). Damit weist Herrmann darauf hin, christliche Ethik nicht auf den Glauben zu beschränken, sondern die Lebensgestaltung zu beachten.
Eigentliches Anliegen sei eine Verbindung von philosophischer Ethik und Sittlichkeit, womit eine Realisierung sittlichen Wollens das eigentliche Anliegen der Religion sei(vgl. HERRMANN 1909, 9-10). Sittlichkeit ist der Weg zur Religion.
Religion als Erfahrung wird als innere Kraft angesehen, die es ermöglicht, sich mit sittliche Gedanken auseinanderzusetzen. Der Mensch bezieht zum sittlichen Gesetz eine religiöse Stellung. Auf diese Weise erreicht der Mensch eine innere Selbständigkeit (vgl. HERRMANN 1909, 90-91).
Im Glauben empfangen die Menschen Vergebung.
Nach Herrmann war es nicht die Intention Jesu, ein neues Gesetz zu schaffen, vielmehr den Menschen durch den Bezug zu Gott zu einer besseren Gerechtigkeit zu verhelfen. Diese besteht in der Umsetzung der sittlichen Gesinnung im Handeln (vgl. das Doppelgebot von Gottes- und Nächstenliebe bzw. die Goldene Regel, womit der Gemeinschaftsbezug[verstanden als Familie, Kulturgesellschaft und Staat] dieses ethischen Ansatzes deutlich wird; vgl. HERRMANN 1909, 157-162, 172-214).
Die Ethik Herrmanns ist keine biblische Ethik. Sie beschreibt das Sittliche als kulturelle Differenz von der Natur. Alle Menschen können sie erlangen. Der religiöse Bezug ist wesentlich, weil er die Allmächtigkeit Gottes vermittelt. Wie das Doppelgebot zu realisieren ist, bleibt den Menschen selbst überlassen. Die Aufgabe der Ethik ist eine Verbesserung der Lebensumstände (vgl. HERRMANN 1909, 174).
Die Gesinnung aus dem Glauben soll in ein Handeln überführt werden. Soziale Bezüge dieser Ethik zeigen sich in der Familie bzw. der Berufstätigkeit der Frau, der Kulturgemeinschaft und im Staat (vgl. HERRMANN 1909, 193-196).
14.5 Gottes Gebot - autonome Ethik - Barth |  |
Karl BARTH vertritt eine exklusiv und dogmatisch ausgerichtete Ethik (vgl. BARTH 1973, 1978; BARTH 1991; MÜLLER 2001, 46-50).
Zurückgewiesen wird die Möglichkeit einer allgemeinen Ethik, da die ethische Frage durch die Gnade Gottes beantwortet wird. Eine allgemeine Ethik wäre der Versuch, sich der Gnade eigenmächtig zu entziehen und wäre damit Sünde.
Voraussetzung ist die Prädestinationslehre als Lehre von der Gnadenwahl, zu der als weiteres Element die Lehre von Gottes Gebot kommt. Gott ist nur in Jesus Christus erkennbar.
Die Erwählung bedeutet für den Menschen, dass Gott über ihn herrschen will und seine Bestimmung von hier zu verstehen ist (vgl. BARTH 1991, 567; Mt 5,48 als Hinweis der Gnadenwahl als Gebot).
Für Barth sind Gnadenwahl und Ethik aufeinander bezogen. Die ethische Frage nach dem Guten im Handeln wird mit der durch das Gesetz als Evangelium besonderen Aufgabe der Dogmatik beantwortet (vgl. BARTH 1991, 568). Dogmatik und Ethik sind integriert.
In diesem Ansatz bestimmt Barth das Gute nicht autonom, vielmehr sieht er die ethische Frage in der Bezeugung der Offenbarung und des Werkes der Gnade Gottes ausgedrückt. "Kurz: Die Gnade Gottes ist die Beantwortung des ethischen Problems, indem sie die Menschen unter Gottes Gebot stellt, ihrer Selbstbestimmung die Vorherbestimmung gibt, den Geboten Gottes gehorsam zu werden. Damit ist jegliche autonome Ethik zurückgewiesen" (MÜLLER 2001, 47).
In Jesus geschieht das Gute. Der Mensch wird nicht durch die eigene Wahl des Guten gut, sondern durch Gehorsam und die Aufgabe der Autonomie. Ethik kann demnach nur durch die Gnade Gottes entwickelt werden. "Autonome Ethik bedeutet, sich dieser göttlichen Gnade entziehen zu wollen" (MÜLLER 2001, 48).
Barth weist daher das Nebeneinander von philosophischer und theologischer Ethik, etwa bei Schleiermacher, zurück.
Eine theologische Ethik nach Barth achtet darauf, inwieweit menschliches Handeln der Gnade Jesu Christi entspricht und sie verherrlicht, jedoch nicht nach Gut und Böse fragt. Damit gibt es keine Selbsterkenntnis und keinen anderen Bezug außerhalb dieser Konzeption (vgl. BARTH 1991, 603).
Im Kontext des Hören des Wortes Gottes und als Hörer dem entsprechenden Handeln ergibt sich die Summe christlicher Ethik.
Göttliches Handeln geht menschlichem Handeln voran(vgl. BARTH 1991, 609). Der Mensch ist nicht Subjekt, vielmehr als Prädikat zu verstehen.
Ethik ist kein abstraktes System, vielmehr als Erkenntnisweg zu verstehen (vgl. BARTH 1984, 49-82). Im Bild von Christengemeinde und Bürgergemeinde sieht Barth die Christengemeinde als inneren Kreis, der auf den äußeren Kreis der Bürgergemeinde wirkt, womit die weltliche Gerechtigkeit analog zum kirchlich verkündeten Reich Gottes gesehen wird (vgl. BARTH 1984, 65-66).
Die Ethik Barths führt zur Exklusion aller autonomen und philosophischen Ethik, auch christlicher Versuche von christlichem Selbstbewusstsein und eines Idealbildes christlichen Lebens. Ethik ist keine eigene Entscheidung des Menschen über Gut und Böse, vielmehr die Antwort Gottes in der Person Jesus Christus.
Die Verschränkung von Dogmatik und Ethik zielt auf eine christologische Begründung menschlichen Handelns und damit bekenntnishaften Charakters.
Aus der Sicht Politischer Bildung sieht man, dass hier weitere politische und/ oder sozialwissenschaftliche Analysen nicht gestellt werden.
14.6 Mandatenlehre - Bonhoeffer |  |
Neben dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus zeichnet Dietrich BONHOEFFER eine auf Luther stützende Ethik mit anderer Gestalt als einer Ordnungstheologie aus (vgl. BONHOEFFER 1998a, 1998b; MÜLLER 2001, 51-55). Hier geht es um die Bedeutung seiner Mandatenlehre, deren Merkmale dargestellt werden.
Der christologische Ansatz der Konzeption geht vom Willen Gottes aus, wenn es um den Bezug von Ich und Welt gehen soll (vgl. BONHOEFFER 1998a, 32-33).
Die Frage nach dem Guten findet nur in Christus ihre Antwort.
Daher ist christliche Ethik nicht von der Wirklichkeit eines Ichs, der Welt oder von Normen und Werten her beschreibbar, vielmehr von der Wirklichkeit Gottes in der Offenbarung Jesu Christi.
Das Problem der Realisierung ist das eigentliche Problem einer christlichen Ethik.
Das Gute vom Menschen ist weder sozial-, gesinnungs- noch verantwortungsethisch lösbar, vielmehr christologisch in der menschlichen Teilhabe an der Wirklichkeit Gottes zu verstehen (vgl. BONHOEFFER 1998a, 33).
Mit Jesus Christus ist der Ort die Wirklichkeit der Welt gegeben. Damit widerspricht Bonhoeffer der Zwei-Reiche-Lehre??, die von zwei nebeneinander stehenden Räumen ausgeht (vgl. BONHOEFFER 1998a, 40-41).
Die Beziehung der Welt auf Christus geschieht in den vier biblisch begründeten Mandaten der Arbeit, Ehe, Obrigkeit und Kirche, durch die Gott die Menschen beauftragt. Durch die Auftragsbestimmtheit bevorzugt Bonhoeffer den Begriff der Mandate gegenüber dem der Ordnungen (vgl. BONHOEFFER 1998a, 54-55).
Arbeit, Ehe und Obrigkeit betreffen die Gestaltung menschlichen Lebens in der Welt.
Kirche betrifft die Wirklichkeit Jesu Christi in Form der Verkündigung, kirchlicher Ordnung und christlichem Leben(vgl. BONHOEFFER 1998a, 59). Betont wird hier der ausschließliche Teilhabe am Willen Gottes, was allein im Glauben an Jesus Christus geschieht (vgl. BONHOEFFER 1998a, 61).
Der Glaube wird als Rechtfertigung des Sünders aus der Gnade bestimmt. Die Rechtfertigung ist die letzte Wirklichkeit, durch die zugleich die vorletzten Dinge der Welt gerichtet werden.
Daraus ergibt sich, dass Bonhoeffer seine Ethik nicht in der Autonomie ansetzt, vielmehr in einer "Ermächtigung" (Gebot/ Erlaubnis Gottes) sieht (vgl. BONHOEFFER 1998a, 374). Aus der göttlichen Erlaubnis ergibt sich die Bejahung der Freiheit in Form eines umfassenden Mitlebens in der Welt mit den vier Mandaten (vgl. BONHOEFFER 1998a, 392-393).
Die Ethik Bonhoeffers ist christozentriert und versteht sich vom Gebot Gottes, das durch das Versöhnungshandeln Gottes dem Menschen das Gebot des Tuns eröffnet. Der Mensch nimmt die Funktion des Evangeliums wahr.
Das Handeln beruht auf der Ermächtigung durch Gott. Die Kirche überträgt diese Auffassung in der Verkündigung und im Prediger (vgl. BONHOEFFER 1998a, 400). Umgesetzt werden die Gebote/ Erlaubnis in den vier Mandaten, die autonome Ethik negieren.
10.3.7 Interimsethik - Thielecke
Helmut THIELECKE hat als Grundlage seiner Ethik den lutherischen Rechtfertigungsglauben. Modifiziert wird die Konzeption durch die Auffassung von der Notverordnungen, wobei dies als Beispiel gilt, dass eine an der Zwei-Reich-Lehre?? orientierte Ethik keineswegs eine Bejahung der Eigengesetzlichkeit des Staates bedeuten muss. Vielmehr kann dies zu einer kritischen Reflexion führen (vgl. THIELECKE 1981/1986/1987).
Mit der Taufe und Vergebung der Sünden stellt sich die Frage, wie man vom Glauben zum Handeln kommt.
Christen bleiben im alten Äon (Zeitraum), stehen also in der Kontinuität bzw. Diskontinuität der Welt.
Das simul iustus et peccator Luthers transportiert Thielecke in ein peccator in re iustus in spe, so dass die Ethik eine eschatologische Perspektive erhält.
Mit dem "gleichzeitig/ simul" wird das ethische Problem bezeichnet, denn in der christlichen Existenz der Sünder ändert sich vieles.
Für die Ethik ist der Spannungsbogen zwischen altem und neuen Äon wesentlich. Thielecke geht es um ein Verändern durch die Zeit in Form von Vergehen und Anbruch.
Ziel der Ethik ist das Aufzeigen der Spannung und ein Benennen, wie man im neuen Äon handeln könnte.
Mit und durch der Rechtfertigung(Gabe), auf die der Mensch angewiesen bleibt, drückt sich in der Folge das Handeln aus. Es bedarf einer Versöhnung mit dem Glauben. "Hier ist von einem neuen Gehorsam die Rede, da das alte Ethos durch das Christusereignis verändert ist und sich auf die zum Ereignis gewordene Gegebenheit der Rechtfertigungstatsache bezieht"(MÜLLER 2001, 56).
Thielecke löst die Frage so, dass die guten Werke, die dem Glauben folgen, nicht Produkte der Subjektivität sind, vielmehr Wirkungsweisen des Heiligen Geistes und damit einen Beginn im Glauben und nicht in einer Norm/einem Gesetz haben(vgl. THIELECKE 1981/1986/1987, 113-114).
Allerdings muss das Gesetz die Sünde offenbar machen, den Sündenfall offenbar machen und den Menschen aus der Anfechtung herausrufen(vgl. Gen 9).
Genau umgekehrt bedeutet theologische Ethik eine Kritik am Satz Kants "du kannst, denn du sollst". In der Bergpredigt zeigt sich die entgegengesetzte Erfahrung des "ich soll, aber ich kann nicht"(vgl. THIELECKE 1981/1986/1987, 290).
Die Menschlichkeit der Ordnungen ist gegensätzlich zum naturrechtlichen Denken. Mit dem ersten Gebot im Dekalog, indem Gott vorangestellt wird, wird gegen falsche Vorstellungen des Menschen protestiert. Der Dekalog setzt den Sündenfall voraus und steht im Dialog von Gott und dem Menschen. Es wird von einem positiven Menschenbild ausgegangen.
Die Schöpfungsordnung wird als "Notverordnung" in Form einer Schutzordnung angesprochen(vgl. THIELECKE 1981/1986/1987, 715). Sie erhebt keine ethische Neuordnung des Menschen, vielmehr ein Veto gegen bestimmte gesellschaftliche Strukturen(vgl. das Beispiel der Ökonomie die rücksichtlose Expansion in alle Lebensgebiete im Kapitalismus und im Kommunismus die Kollektivierung des Menschen und die daraus entstehende Entpersönlichung und Verdinglichung(vgl. MÜLLER 2001, 59).
Die Ethik Thieleckes geht theologisch von der Rechtfertigung aus und bestimmt die Menschen als Sünder.
Der Interimscharakter dieser Ethik bildet einen Gegenpol zur philosophischen Ethik, die vom Ich ausgeht und eine aus dem Naturrecht gültige Ordnung formuliert.
Thielecke kritisiert diesen Ordo-Gedanken?? und findet in dem Begriffen Notordnung bzw. Schutzordnung seinen Ausdruck. Mit der Geltung des noachitischen Bundes gibt es Ordnungen, die nur im glaubenden Gegenüber der Christen zu Gott formuliert werden können.
Im Spannungsfeld der Äonen geht es um die Glaubenstatsache, dass alles menschliche Handeln Vergebung benötigt.
Am Beispiel der Ökonomie wird das Gegenüber von Mensch und Gott aufgezeigt, wobei Unrechtsformen formuliert werden. Dieser Versuch einer theologisch-ethischen Konzeption wird in einen eschatologischen Rahmen gesetzt.
14.7 Sozialethik - Rich |  |
Arthur RICH entwirft am Beispiel der Wirtschaftsethik eine Sozialethik, die die Situation der säkularen Welt betrifft. Der theologischen Ethik kommt hierbei keine Letztbegründung des Handelns zu. Sie hat in der allgemeinen sozialethischen Diskussion ihre Anliegen zu vermitteln (vgl. RICH 1991; MÜLLER 2001, 60-65).
Mit der Zweidimensionalität der ethischen Grundfrage; die sich einerseits mit der Gewohnheit zur Norm nach dem Soll und andererseits fraglicher Konventionen mit dem Relativen auseinandersetzt, ordnet RICH das Ethos der Gewohnheiten dem Relativen und das des Sollens dem Absoluten zu (vgl. RICH 1991, 15). Beides soll nicht gegenseitig ausgespielt werden. Der gesellschaftliche Wandel unterbricht jede Letztbegründung der Ethik.
RICH grenzt die Normfrage vom Naturrecht, der Kritischen Theorie und dem Kritischen Rationalismus streng ab.
Normen können naturrechtlich nicht abgeleitet werden (Kritik an der Ableitung der Norm aus dem Sein), vielmehr müssen sie begründet werden können, daher können keine allgemein verbindlichen Werte postuliert werden.
Sehr wohl gibt es aber subjektive Grundanliegen, dies sich im Überzeugungserleben der Menschen gründen und deshalb keiner allgemeinen Begründung bedürfen (vgl. RICH 1991, 97). Dadurch wird jeder Dogmatismus bei einer Urteilsbegründung abgewehrt, aber auch jeder ethische Relativismus (vgl. RICH 1991, 97).
Ethisches hat eine sachliche und alles Sachliche eine ethische Komponente, daher kann nicht menschengerecht sein, was nicht sachgemäß ist und umgekehrt (vgl. RICH 1991, 81-82). Eine Normbildung setzt ein subjektives Grundanliegen voraus, daher kann das Menschengerechte nur auf der Ebene personenbestimmter Erfahrungen jenseits wissenschaftlicher Beurteilung bezeichnet werden (vgl. RICH 1991, 102-103). Kriterien des Menschengerechten lassen sich niemals endgültig festlegen.
Werturteile können nur aus einer Erfahrungsgewissheit formuliert werden. Für RICH sind dies Glaube, Liebe und Hoffnung, die zugleich allgemein verständlich sind. Glaube als Vertrauensakt hängt mit Hoffnung eng zusammen. Liebe ist Vertrauen und Hoffnung in einem (vgl. RICH 1991, 106).
Die Kriterien des Menschengerechten werden von RICH theologisch erklärt.
Kriterium der Geschöpflichkeit (RICH 1991, 173-179) - Mensch ist nicht Herr der Schöpfung
Kriterium der kritischen Distanz (RICH 1991, 179-181) - kritische Distanz zur Welt
Kriterium der relativen Rezeption (RICH 1991, 181-184) - Bezugnahme zu Röm 13.1-7, relative Sicht der Welt
Kriterium der Relationalität (RICH 1991, 184-192)- zeitliche Gebundenheit der Wertvorstellungen
Kriterium der Mitmenschlichkeit (RICH 1991, 192-193) - Verankerung in der Geschöpflichkeit und Partizipation an der Natur (RICH 1991, 196-200).
RICH weist auf den Zusammenhang mit der Gerechtigkeitslehre von John RAWLS hin, die er für übereinstimmend mit seinem Ansatz hält (vgl. RICH 1991, 207-221).
Er unterstellt, dass Rawls nicht nur eine formale, sondern auch eine materiale Bestimmung sozialer Gerechtigkeit in Gerechtigkeitsgrundsätzen beabsichtigt.
Übereinstimmung gibt es in der Anerkennung anderer Menschen als freie und gleiche Personen sowie im Differenzprinzip mit ökonomischen Unterschieden.
Kritik gibt es an der Vorrangregel der Freiheit, der Solidarität entgegengesetzt wird (vgl. RICH 1991, 214-217).
In der Folge kommt es bei RICH zu Überlegungen mit anschließenden Maximen, die die Normen der Kriterien mit einem rationalen Anspruch des Sachgemäßen in fünf Schritten verbinden: Problemstellung-Sichtung?? von Gestaltungskonzepten-normenkritische Klärung-Bestimmung?? der Richtpunkte-kritische Prüfung (vgl. RICH 1991, 214-217). Im Kontext mit Zwinglis Dialektik von göttlicher und menschlicher Gerechtigkeit ist diese Ethik auf das Werk des Handelns und der Gnade Gottes bezogen. Diese Dialektik macht ein Spezifikum christlicher Ethik aus (vgl. MÜLLER 2001, 63). 2
RICH ortet Wertvorstellungen in subjektiven Grundanliegen für Andere. Die Normen werden durch den Kontext von Menschengerechtem und Sachgemäßen konkret gemacht. Durch das subjektive Grundanliegen der Normbildung kann das Menschengerechte durch personenbestimmte und sinngebende Erfahrung bezeichnet werden. Bezeichnet werden sie mit den Stichworten "Glaube, Liebe und Hoffnung".
Den rationalen Anspruch des Sachgemäßen reflektiert Rich in Maximen. Damit zeigt sich eine Realitätsbezogenheit dieses Ethikkonzepts.
Die spezifische Aufgabe des ethischen Konzeption von Rich ist das zur Geltung bringen, was Gott im Kommen seines Reiches will. Es geht um Problemlösungskompetenz einer theologischen Ethik. Gefragt wird nach der strukturellen Ordnung des institutionell vermittelten Daseins in allen sozialen Gruppierungen (vgl. RICH 1991, 66).
Wolfgang TRILLHAAS (1970) stellt sich in seiner Ethikkonzeption den Herausforderungen eines säkularen Denkens (vgl. MÜLLER 2001, 65-70).
Sein Ansatz soll über christliches Handeln Gewissheit und einen Zugang zur Wahrheit geben. Ebenso soll sie auch außerchristlichen Erwartungen entsprechen, wobei sie christliche Praxis einem säkularen Denken einleuchtend vermittelt (vgl. TRILLHAAS 1970, 1).
14.8.1 Thematik der Ethik |  |
Die Konzeption hat Anteil an der Gesamtthematik der Ethik mit menschlichem Handeln und Verhalten, dem menschlichen Dasein und der Bewältigung von Problemen. Insofern ist der Ansatz auf die Welt bezogen (vgl. TRILLHAAS 1970, 2).
Der Ansatz ist ohne theologische Voraussetzungen verstehbar.
Grundaussage ist das Doppelgebot der Liebe nach Mt 22,34-40 in Verbindung mit Mt 7,12, Gal 5.14 oder 1 Kor 13.
Im Heidelberger Katechismus hat die Dankbarkeit gegenüber Christi satisfaktorischem Handeln den Grund zum Handeln der Menschen in der Liebe.
Die Augsburger Confession (CA) bezeichnet die guten Werke als Früchte des Glaubens (CA 6), der sich in der Tat bezeugt (Mt 5,13-16).
Aus diesem Konzept kann eine Ethik aus dem Evangelium entwickelt werden. Eine Ethik nur für Christen und ohne philosophische Ethik gäbe Sorge um eine Allgemeingültigkeit und deren Einsichten (vgl. TRILLHAAS 1970, 5).
Zwei Grundmuster kennzeichnen den Zugang zur theologischen Einsicht (vgl. TRILLHAAS 1970, 4-10).
Die bewahrende Ethik - durch Luther und das frühe Luthertum vertreten - hat eine pessimistische Anthropologie und Weltsicht aufgrund der Verderbtheit durch die Erbsünde. Das Gesetz garantiert die Schöpfung und ihre Erhaltung sowie eine allgemeine Sittlichkeit. Folglich gibt es eine Individualethik und eine unter dem Gesetz stehende soziale Wirklichkeit (vgl. die mangelhaften Vorgaben an gutem Willen und damit die mangelhaften Vorgaben für eine Demokratie).
Die eschatologische Ethik bezeichnet die Veränderung der Welt zum wesentlichen Aspekt. Aus der Christologie wird eine Ethik der Hoffnung formuliert (vgl. TRILLHAAS 1970, 7). Das Interesse der Ethik an der Welt wird formuliert, gleichzeitig auch jede philosophische Ethik zurückgewiesen.
Beide Konzepte stehen für einen universalen Anspruch evangelischer Ethik (vgl. MÜLLER 2001, 66). Trillhaas betont die Frage nach dem Verhalten und Handeln des Menschen unabhängig von Glaube oder Nichtglaube bzw. christlichem und profanem Denken und (vgl. TRILLHAAS 1970, 13-14). Damit tritt er für eine selbständige Ethik im Gegensatz zur Dogmatik ein.
Die Anthropologie stellt eine Verbindung zwischen beiden theologischen Disziplinen her, wobei die Ethik die menschliche Entwicklung/ Humanum ("Menschwerdung") betrifft (vgl. TRILLHAAS 1970, 14).
Christliche Ethik begründet die ihre Universalität schöpfungstheologisch, ohne andere Auffassungen zu dominieren.
Die Allgemeingültigkeit der Ethik schließt nicht Eigentümlichkeiten aus, etwa die Feindesliebe. Allerdings bedarf es hier der Einsicht und einer "Kommunikabilität" des Ethischen (vgl. TRILLHAAS 1970, 18).
Christliche Ethik mit wissenschaftlichem Anspruch hat eigene Verfahren zu begründen und Revisionsbereitschaft zu praktizieren.
Ethik kommt nicht ohne die Freiheit des Willens aus. Für sein Tun und die Folgen eigener Handlungen ist der Mensch verantwortlich.
Die Besonderheit des christlichen Freiheitsbegriffes besteht im Freiraum, den Gott schafft und in den Zielen, die zum freien Handeln bestimmt sind (vgl. TRILLHAAS 1970, 74).
Der anthropologische Sinn der Ethik orientiert sich am biblischen Bild des Menschen.
Der Mensch steht im Auftrag, sich die Erde untertan zu machen (Gen 1,28) und zugleich vor einem göttlich gesetzten Verbot (Gen 2,17). Die gesetzte Probe besteht er nicht.
In der Folge kommt es zu einer pessimistischen Anthropologie. Die Verdammung der Schlange nach dem Sündenfall (Gen 3.15) wird als Vorhaben interpretiert, dass Gott noch etwas Anderes und Besseres vorhat und der Mensch leben soll (vgl. TRILLHAAS 1970, 20).
Es gibt keinen Maßstab, in welche Richtung sich das Leben entwickeln soll. Wesentlich ist, ob der Mensch das Leben bewältigt und sein Menschsein gelingt (vgl. TRILLHAAS 1970, 20). Die Ethik gilt als Halt und ist auf ein selbstverantwortliches Leben ausgerichtet (vgl. TRILLHASS 1970, 21).
Ihre Aufgaben sind
Handlungsmotive (Pflichten, Ideale und Vorbilder) und kritische Einstellung gegenüber vor-ethischen Motiven (Selbstdistanzierung),
eine Kontrolldistanz gegenüber der Lebensführung und
menschlicher Wille als Instanz des Ich des Menschen.
In der Folge geht es um ein sittliches Verhalten des Menschen im Verhältnis zu Gott und der Umwelt sowie einem gleichzeitigen Verständigen über den Bereich der Ethik (vgl. TRILLHAAS 1970. 22-24).
Menschliches Leben in seiner Ausgangslage, den Zielen, des Bedarfs, der Möglichkeiten und des Erfolgs kann nicht durch ethische Grundsätze ersetzt werden. Vielmehr beurteilt die Ethik Handlungen, also was man tun kann bzw. unterlassen muss (vgl. TRILLHAAS 1970, 25).
Die Konzeption von TRILLHAAS beginnt mit der Darlegung anthropologischer Grundbegriffe im theologischen Kontext (vgl. TRILLHAAS 1970, 32-74).
Präzisiert wird die Bestimmung des Menschen als Geschöpf Gottes, entzweit in der Sünde, mit Hilfe der Gnade Gottes zu einem neuen Leben ermöglicht.
Der Mensch steht in relativer Freiheit, das Böse abzulehnen und von Gott eröffnete Chancen des Lebens zu nützen, so dass die Gnade Gottes das letzte Wort hat(vgl. TRILLHAAS 1970, 37).
Der Dekalog und die Goldene Regel bewahren das Leben (vgl. TRILLHAAS 1970, 39).
14.9 Ethik und menschliche Lebensführung - Rendtorff |  |
Trutz RENDTORFF(1990/1991) geht einen Schritt über Trillhaas im Versuch weiter, theologische Ethik in ein Verhältnis zur allgemeinen Ethik zu bringen (vgl. MÜLLER 2001, 70-73).
Der Begriff einer ethischen Theologie zeigt dies an. Gemeint ist damit ethische Lebenswirklichkeit im Kontext mit Grundfragen der Theologie ohne dogmatische Ethik (vgl. RENDTORFF 1990, 44).
Damit ist eine Verselbständigung der Ethik gegenüber der Dogmatik erreicht, womit nicht bei der Gotteslehre, vielmehr bei der theologischen Anthropologie als Theorie der menschlichen Lebensführung angesetzt wird (vgl. RENDTORFF 1990, 48 bzw. 9).
Die ethische Konzeption erfasst den Gegenstand in drei Elementen mit
dem Gegebensein des Lebens mit Handeln, individuell du in sozialen Gruppen, Gemeinschaften und Systemen,
Leben zu geben als Wirkung des eigenen Lebensvollzuges auf andere/ "Grundsinn des Tuns des Guten" im Kontext mit dem theologischen Begriff der Liebe und der damit gebrachten Freiheit (vgl. RENDTORFF 1990, 76 bzw. 79) und folgerichtig
der Reflexivität des Lebens, die ein ethisches Bewusstsein bestimmt und bewegt (vgl. RENDTORFF 1990, 62-63). Hier wird die vermittelte Zueignung der Freiheit mit der Wirklichkeit in Beziehung gebracht. Illustriert wird dies am Gleichnis von barmherzigen Samariter mit dem Tun aus Liebe mit einer Reflexion der Handlungsfolgen für andere ("Verantwortungsethik") (Lk 10, 25-37).
Reflexiv wird
die Fülle des Lebens mit verschiedensten Handlungsweisen und religiösen Dimensionen bedacht,
die Orientierungsbedürftigkeit mit der Suche nach Vergewisserung angesprochen,
die kommunikative Transzendenz mit den Perspektiven anderer gemeint,
der Glaube als Antizipation des Gelingens des Lebens mit Gott als Letztverantwortung relevant und
die Zukunft des Guten reflektiert, theologisch die Güte Gottes im Wissen um das Gute verankert.
RENDTORFF reflektiert die Vorgangsweise der Ethik als vorgegebene Autorität in der Gebotsethik, in der eigenen Lebensführung als Verantwortungsethik und in der Rechtfertigung als Metaethik (vgl. RENDTORFF 1990, 99-155). Handeln bedeutet, die Folgen des Tuns abzuschätzen (vgl. Handeln soll der Situation gerecht und in den Folgen noch korrigierbar sein).
Bedeutungsvoll ist die Sozialität. Wesentlich ist der Lebensplan in Form einer Selbstverantwortung des Lebens, womit eine Autonomie des ethischen Subjekts angesprochen ist. Im Gewissen ist man für das eigene Leben in Verantwortung für andere verantwortlich (vgl. RENDTORFF 1990, 148).
Das Ethikkonzept ist der Versuch, die Beschreibung des Lebens in den Relationen von Gegebensein, Geben und Reflexivität ohne Absolutheitsanspruch zu benennen. Theologisch wird die Humanität begründet. In der ethischen Theologie wird von der ethischen Lebenswirklichkeit ausgegangen, ohne eine dogmatische Grundlegung zu behaupten.
14.10 Ethik und Dogmatik |  |
Ethik auch als theologisches Fach lässt erkennen, dass ein spezieller evangelischer Ansatz nicht erfordert wird (vgl. MÜLLER 2001, 77-79).
Grund ist, dass jede Ethik das Menschsein versucht zu erklären und eine Konzeption des guten Lebens vorlegt.
Daher müssen die Vorgehensweisen austauschbar sein. wenn eine universalistische Ethik angestrebt wird.
Zu fragen ist nach der speziellen Konzeption und dem Verhältnis von Ethik und Dogmatik.
Historisch entwickelte sich weder in der Theologie der Reformationszeit noch in der altprotestantischen Orthodoxie eine eigenständige Ethik. Allerdings wurden Inhalte christlicher Lehre jeweils auf den praktischen Gehalt bedacht.
Ein Ansatz einer Verselbständigung zeigte sich in der "Theologia moralis" (1634) von Georg CALIXT.
Verstärkt wurde diese Tendenz im neuzeitlichen Naturrecht und der subjektbezogenen Theologie des Pietismus und handlungsorientierten Aufklärung in ihrer Dogmenkritik.
Bis in die Gegenwart reicht diese Entwicklung, so bei TRILLHAAS in seiner Formulierung, dass Ethik als den für viele Menschen einzigen Zugang zu christlicher Wahrheit bezeichnet (vgl. TRILLHAAS 1970, VIII).
Ethik thematisiert Lebensfragen, daher wird sie schwerlich dogmatische Lehrsätze formulieren, vielmehr zu Motivation durch Glauben zum Handeln aus einem persönlichen Selbstverständnis anregen. So lässt sich Menschliches/ "Humanum" und Christliches in einer modernen Ethik vereinen. Damit gibt es auch keinen Zugang zur Vorstellung eines normativen Zugangs zu einer Ethik.
Die Dogmatik hat die Aufgabe, über die historische Vertretbarkeit des Glaubens Auskunft zu geben. Damit ist die Ethik nicht als Anwendung der Dogmatik zu verstehen (vgl. MÜLLER 2001, 78).
Ethik folgt nach dem reformatorischen Verständnis aus dem Glauben, daher kommt sie nicht ohne dogmatische Bezüge aus.
In einer pluralen Gesellschaft - im Kontext der Gegenwart und ihrer religionspädagogischen Bezugswissenschaften - hat evangelische Ethik sprach- und vermittlungsfähig zu sein. In diesem Rahmen kann Stellung zu Sachverhalten des Lebens im kulturellen und interkulturellen Kontext bezogen werden. Damit wird Identität praktiziert und sich einer eigenen Identität vergewissert.
Religion im Kontext mit christlicher Ethik ist damit ein Bestandteil der Kultur.
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Teil IV Bodelschwingh - Studienstiftung ev |  |
15 Ansatz der Stiftung |  |
Es ist der Wunsch, dass das Evangelium von Jesus Christus in aller Welt und auch in unseren Kirchen und Gemeinden glaubwürdig verkündet wird und Menschen in der Beziehung zu Jesus Christus wachsen.
Darum ist das Anliegen, dass Haupt- und Ehrenamtliche in ihren Gemeinden theologisch durchdacht und biblisch begründet die verschiedenen Angebote gestalten.
So leistet man einen Beitrag zur theologischen Ausbildung im Vertrauen auf Gott und sein Wort. Dabei steht man auch im Nachdenken über Gott in Beziehung zu Gott.
Darum begleitet man Theologiestudierende, die sich auf einen Dienst in einer Landeskirche oder der Schule vorbereiten, während ihres Studiums an der Universität und bilden Ehrenamtliche in Gemeinden und Kirchen aus.
IT - Hinweis
http://www.bodelschwingh-studienstiftung.de/online-kurse (25.4.2025)
Schöpfungszeit bezeichnet im Kirchenjahr die Zeit zwischen dem 1. September und dem 4. Oktober. Die Kirchen sind dann dazu aufgerufen, für den Schutz der Schöpfung Gottes zu beten, sich auf ihre Verantwortung für sie zu besinnen und daraus praktische Taten folgen zu lass
Die Auswahl und Anordnung der Themen beruhen auf persönlicher beruflicher Sozialisation und stellen persönliche Schwerpunktbildungen und Interessenslagen dar.
Basis der Beiträge und des Erkenntnisstandes ist die Literatur der Erziehungswissenschaft, Organisationsentwicklung ("Organisation und Pädagogik"), Politischen Bildung, Altersbildung und Evangelischen Erwachsenenbildung/ EEB sowie interdisziplinärer Ansätze, exemplarisch vom Autor in Politischer Bildung und EEB mit eigenen Arbeiten ausgeführt.
Einrichtungen und Organisation der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung/ EB - WB müssen in einer sich ständig ändernden Gesellschaft bestehen können, um Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen durchführen zu können. Dies bedeutet eine zunehmende nationale (A) und internationale Bedeutung (EU) des quartären Bildungssektors.
Differenziert wird das Segment Weiterbildung und des Widerstandes gegen Bildung gesehen.
Die Bemühungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie sind ist eine persönliche Auseinandersetzung aus der angeführten Motivation.
Zur Geschichte |  |
Die Schöpfungszeit wurde von der so genannten "Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung der Kirchen" ausgerufen, die 2007 im rumänischen Sibiu stattfand. Die Versammlung empfahl ihren Mitgliedern, den Zeitraum zwischen dem 1. September und dem 4. Oktober dem Gebet für den Schutz der Schöpfung und der Förderung eines nachhaltigen Lebensstils zu widmen, um sich auf ihre Verantwortung für Gottes Schöpfung zu besinnen. Die Initiative dazu ging von Seiten der Orthodoxie aus.
Der 1. September gilt bei den orthodoxen Kirchen als der Tag der Schöpfung und erster Tag des Kirchenjahres. Der 4. Oktober ist der Gedenktag des Franziskus von Assisi, der von vielen Christen auch als "Umwelt - Heiliger" verehrt wird.
Dieser Zeitraum der "Schöpfungszeit" solle von den Kirchen als feste Periode in den kirchlichen bzw. liturgischen Kalender aufgenommen werden, so die Empfehlung von Sibiu. Jedes Jahr würde er den Kirchen die Gelegenheit bieten, Gott den Schöpfer gemeinsam zu preisen, die Schätze ihrer Traditionen miteinander zu teilen und auf eine neue Orientierung im Leben der Gesellschaft hinzuarbeiten.
Bereits 1989 hatte der damalige orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, Dimitrios I. (1914–1991), dazu aufgerufen, den 1. September als einen „Tag der Bewahrung der natürlichen Umwelt“ zu begehen, Gott an diesem Tag für die Schöpfung zu danken und um ihren Schutz und ihr Heil zu bitten. Patriarch Dimitrios wies darauf hin: „Indem der Mensch seine Sonderstellung in der Schöpfung und Gottes Auftrag ‚über die Erde zu herrschen (Genesis 1,28)’ missbraucht, hat er die Welt an den Rand apokalyptischer Selbstzerstörung geführt, sei es durch die Verschmutzung der Natur, die alle Lebewesen gefährdet, sei es durch die Ausrottung von Tier- und Pflanzenarten oder auf mancherlei andere Weise. Wissenschaftlicher und andere Experten warnen uns vor den Gefahren und weisen auf immer neue lebensgefährdende Phänomene hin, wie zum Beispiel den so genannten Treibhauseffekt, dessen erste Anzeichen sich bereits bemerkbar machen. Angesichts dieser Situation kann die Kirche Christi nicht stumm bleiben.“
Zehn Jahre später stellte das "Europäische Christliche Umweltnetz (ECEN)" bei seiner zweiten Tagung im Jahr 1999 fest, dass das Thema "Schöpfung’" in manchen evangelischen Kirchen im Zusammenhang mit dem Erntegottesdienst und in der Römisch - Katholischen Kirche im Kontext des Gedenktages des Franz von Assisi (4. Oktober) steigende Bedeutung bekam. Da das Thema "Schöpfer und Schöpfung" allerdings bislang im Kirchenjahr keinen festen Platz hatte, weitete das Netzwerk den Vorschlag von Patriarch Dimitrios I. aus und forderte die Kirchen dazu auf, eine "Zeit für Gottes Schöpfung" vom 1. September bis zum zweiten Sonntag im Oktober einzuführen. Dieser Vorschlag wurde schließlich in Sibiu aufgegriffen.
IT - Hinweis
https://de.wikipedia.org/wiki/Schöpfungszeit (17.8.2024)
Evangelisches Bildungswerk Salzburg - Tirol |  |
Sekretariat |  |
Franziska S. Valenta Rev., Bürozeiten: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag von 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr, an Feiertagen geschlossen
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Homepage http://www.ebw-salzburg.at
Leitbild |  |
Evangelische Erwachsenenbildung lässt sich vom Evangelium motivieren, um interessierte Erwachsene zu eigenständiger Lebensgestaltung und Verantwortung für die Mitwelt zu ermutigen und zu befähigen. Dafür bietet sie Begegnungen und Orte an, wo Einzelne und Gruppen im gemeinsamen Lernen Orientierung suchen und Handlungsmöglichkeiten entdecken können.
Ebenso wird die finanzielle Förderung sowie Beratung und Information bei der Durchführung von Bildungsveranstaltungen angestrebt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Koordination der einzelnen Bildungsangebote und Veranstaltungen innerhalb unserer Diözese.
Das Evangelische Bildungswerk Salzburg - Tirol ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Bildungswerke in Österreich und in der Arbeitsgemeinschaft Salzburger Erwachsenenbildung.
Zertifiziert nach dem Qualitätssicherungsverfahren/ Qualitätsentwicklungsverfahren S- QS und Pro Cum Cert.
Veranstaltung Kitzbühel |  |
Evangelisches Bildungswerk Salzburg - Tirol
20. September 2024
Gesprächsrunde: Ökumenische Schöpfungszeit - Die Alpen im Wandel der Zeit
18 - 19:30 Uhr
Die Veranstaltung möchte sich auseinandersetzen mit dem ländlichen Raum, der Diaspora, dem Kulturraum Alpen und künftigen Veranstaltungen.
Kursleiter Dr. Günther Dichatschek
Ev. Pfarrgemeinde Kitzbühel 6370 Kitzbühel, Tirol Ölberg 6, Jugendraum Evangelische Pfarrgemeinde Kitzbühel
Die Alpen im Wandel der Zeit
Ein uralter Kulturraum, besiedelt von rund 14 Millionen Menschen, verändert sich durch Klimawandel und Tourismus.
Für Bildung bedeutet die Veränderung eines Kulturraumes eine Herausforderung, sich mit Aspekten und Entwicklungen der alpinen Region interdisziplinär auseinanderzusetzen.
Werbung, Ansichtskarten, Zeitschriften, Filme und Bildbände zeigen den Alpenraum als unberührte Landschaft, liebliche Almregion mit Hüttenromantik, Felsen und Gipfel im Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergang, schneebedeckte Pisten im Winter und eine eindrucksvolle Seilbahntechnik zur Erschließung der Bergwelt.
Die Menschen in der Alpenregion werden als gut gelaunt dargestellt und haben immer Zeit für die Gäste, die sich erholen und braungebrannt sind.
Bergwandern, Schipisten in das Tal und Training für viele Sportarten in der Berglandschaft ergänzen ein Bild, das durch Klimawandel und Tourismus gekennzeichnet ist.
Konkurrenz in der Darstellung von Urlaubsträumen gibt es nur in der Trias Sandstrand, Meer und Palmen.
Es gibt aber auch Ausschnitte, die mehr zeigen als Idylle und Informationen liefern, wie sich ein jahrtausendealter Kultur- und Lebensraum erhalten lässt.
Als eine der größten Bergketten der Welt erstreckt sich die alpine Landschaft über 1200 Kilometer von Nizza bis Wien. Die Region Tirol liegt in einem hohen Maß in einer alpinen Landschaft.
Kennzeichnend sind der Mont Blanc mit 4807 Metern als höchster Berg, ein Lebensraum von rund 14 Millionen Menschen und einem Anteil von acht Staaten an den Alpen mit Monaco, Frankreich, Italien, der Schweiz, Liechtenstein, Deutschland, Österreich und Slowenien.
Menschen haben im Laufe der Geschichte zur Lebenssicherung tiefgreifend die Landschaft ökologisch verändert und umgestaltet, kulturell beeinflusst und sozioökonomisch erschlossen.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Auseinandersetzung mit der Fachliteratur und den konkreten Veränderungen in der Alpenregion vor Ort. Interdisziplinarität ist Kennzeichen einer thematischen Auseinandersetzung mit Kulturgeographie, Volkskunde, Politischer Bildung und Kulturwissenschaften.
Literaturhinweis
Günther Dichatschek - Hans Nosko (2024): Die Alpen im Wandel der Zeit. Aspekte einer Soziokulturellen Theoriediskussion eines Kulturraumes, Akademikerverlag Saarbrücken ISBN 978-3-639-62858-6
Tourismus
Der Tourismus gehört zu den weltweit am stärksten wachsenden, aber auch zu den komplexesten Wirtschaftsbereichen. Das erfolgreiche Führen von Unternehmen der Tourismuswirtschaft ist eine große Herausforderung. Dies gilt umso mehr, als die Digitalisierung voranschreitet und sich die Geschäftsmodelle und Machtstrukturen stark verändern. Die ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Stellenwert in touristischen Entscheidungen.
Der Wandel zu einer nachhaltigen Welt erfordert ein Umdenken auf unterschiedlichen Ebenen.
Benötigt werden globale politische Vereinbarungen über eine gerechtere Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen und über die Möglichkeiten von Lebenschancen. Veränderungen beginnen schon im Alltag.
Für die Erwachsenenbildung ist das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung eine Herausforderung und Möglichkeit für einen Bildungsprozess.
Literaturhinweis
Günther Dichatschek (2024): Grundwissen Tourismus. Aspekte eines Fachbereichs im Kontext Politischer Bildung, Akademikerverlag Saarbrücken ISBN 978-3-639-63046-6
VI Kirchen in Europas Diktaturen - Politische Bildung |  |
Verhältnis Diktatur - Kirchen |  |
Für die Politische Bildung ist das Verhältnis von Diktaturen und Kirchen von Interesse.
Folgt man Olaf BLASCHKE (2019, 15 - 31) seiner Publikation in der Bundeszentrale für politische Bildung, entstanden autoritäre Regime zwischen 1917 und 1945 in Europa in
- katholischen romanisch (Portugal, Spanien, Italien), nicht - romanisch geprägten (Österreich, Litauen und Polen) Gesellschaften,
- im orthodoxen Griechenland unter Metaxas und der muslimischen Türkei unter Atatürk.
- nicht in stärker protestantisch geprägten Gesellschaften wie den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, Schweden, der Schweiz und Großbritannien.
- Der These einer Anfälligkeit katholischer Länder stehen Irland, Belgien und Luxemburg entgegen.
- Erklärbar sind die menschenverachtende Ideologie und totalitärer Anspruch in der Unvereinbarkeit mit kirchlichen Moralprinzipien. Die Gegenthese geht von der Gefährdung der Rechte der Kirche etwa beim Religionsunterricht aus.
- Indifferent sei man in der NS - Zeit in Deutschland gegenüber Leiden anderer und der Einschränkung zivilgesellschaftlicher Freiheiten gewesen.
Der europäische Rundblick konzentriert sich auf den radikalisierten bürgerlichen Laizismus und den Kommunismus. Die zwanziger und dreißiger Jahre weisen auf zwei Entwicklungen. Seit den Kulturkämpfen kommt es wieder zur Trennung von Staat und Kirche (vgl. Frankreich 1905, Portugal 1911 und Russland 1918).
Russland |  |
Ab 1917 kommt es in der Sowjetunion zu einer Welle der Säkularisierung. Die Russisch - 0rthodoxe Kirche war mit dem Zarenreich eng verbunden und sollte durch den Sozialismus ersetzt werden (vgl. BLASCHKE 2019, 17 -19).
Nach der jahrhundertlangen Verbundenheit von Staat und Kirche hatte Zar Peter Peter der Große 1721 die Kirche einem staatskirchlichen Regiment unterworfen. 1917 befreite sie sich davon. Die landesweite Synode 1917 wählte erstmals einen Patriarchen.
Schon 1918 verfügte ein Dekret die Loslösung der Kirche vom Staat und Schule. Die Privilegien wurden abgeschafft, aus amtlichen Dokumenten wurden alle Hinweise auf Religionszugehörigkeit gelöscht. Das Vermögen religiös - kirchlicher Gesellschaften wurde "Volkseigentum". Abgeschafft wurden Klöster, die kirchliche Presse, Hochschulen und Priesterseminare. Nach dem Tod von Patriarch Tichon 1925 wurde das Amt nicht neu besetzt. Stalin verbot 1929 der Kirche jedes öffentliche Auftreten außer bei Begräbnissen.
Der Niedergang der Dorfgemeinschaften mit der Kollektivierung der Landwirtschaft und dem Verbot von Dorfkirchen wurde vollzogen. 1939 waren nur noch zehn Prozent der Priester und Kirchen vorhanden.
Der 1941 begonnene Krieg gegen den Bolschewismus wurde auch als Kreuzzug des christlichen Abendlandes ausgegeben. Nach dem Weltkrieg und den Revolutionen verschwanden zahlreiche Fürstenhäuser und drei imperiale Kaiserhäuser. Europaweit setzte sich das Modell der Demokratie durch. Allerdings folgte kurz danach die Herrschaft der großen und kleinen Führer.
Ungarn |  |
Das erste Land, das als Demokratie unterging, war Ungarn. Im Vertrag von Trianon verlor man zwei Drittel des Territoriums, drei von zehn Millionen Ungarn lebten außerhalb des Landes (vgl. BLASCHKE 2019, 19 - 21). Eine nationalistische Wiederherstellungspolitik (Revisionismus) setzt ähnlich Deutschland ein.
Ungarn war der einzige Fall, in dem sich wie in der Sowjetunion ein Rätesystem durchsetzte. Entsprechend wurden Staat und Kirche getrennt. In der neuen Verfassung wurde das katholische Schulwesen und Kirchenvermögen verstaatlicht. Die Räterepublik dauerte nur 133 Tage. Miklos Horthy schlug sie mit seinen Truppen 1919 nieder. Der Admiral regierte als "Reichsverweser" (etwa Königsersatz) von 1920 bis 1944.
Eingerichtet wurde ein autoritäres Regime mit faschistischen Zügen wie dominanter Einheitspartei, einem Parlament ohne Macht. Der politische Katholizismus spielte keine Rolle zwischen christlich - sozialen und pseudodemokratischen Parteien bis zu faschistischen Pfeilkreuzlern. Der christliche Nationalismus begründete einen landesweiten Negativkonsens gegen äußere Feinde, Kapitalisten und Juden. Antisemitismus war im Militär, der Gesellschaft und Kirche verbreitet. Bereits 1920 beschränkte ein Numerus clausus die Zahl der Juden im höheren Bildungswesen und in der Bürokratie. Weitere Gesetze in den dreißiger Jahren rückten das Land an die Seite Deutschlands.
Italien |  |
Spanien |  |
Literaturverzeichnis/ Auswahl |  |
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Grundlagenliteratur ev Universität Würzburg
https://www.ev-theologie.uni-wuerzburg.de/fileadmin/06070000/Studium/Lehramt/Examen/GrundlagenlitStudevTheo.pdf (29.4.2025)
Lehrwerk Evangelische Theologie
https://www.eva-leipzig.de/de/series/lehrwerk-evangelische-theologie (29.4.2025)
Dokumentation |  |
Zum Autor |  |
APS - Lehrer/ Lehramt für Volks- und Hauptschule (D, GS, GW) sowie Polytechnischer Lehrgang (D, SWZ, Bk); zertifizierter Schüler- und Schulentwicklungsberater; Lehrbeauftragter am Pädagogischen Institut des Landes Tirol/ Berufsorientierung bzw. Mitglied der Lehramtsprüfungskommission für APS - Lehrer/ Landesschulrat für Tirol (1994 - 2003)
Lehrbeauftragter am Institut für Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft/ Universität Wien/ Aus- und Weiterbildung/ Vorberufliche Bildung (1990/ 1991- 2010/2011); Lehrbeauftragter am Sprachförderzentrum des Stadtschulrates Wien/Interkulturelle Kommunikation (2012); Lehrbeauftragter am Fachbereich für Geschichte/ Universität Salzburg/ Lehramt "Geschichte - Sozialkunde - Politische Bildung/ "Didaktik der Politischen Bildung" (2015/ 2016, 2017)
Mitglied der Bildungskommission der Evangelischen Kirche in Österreich A. und H.B. (2000 - 2011), stv. Leiter des Evangelischen Bildungswerks in Tirol (2004 - 2009, 2017 - 2019)
Kursleiter an den VHSn Zell/ See, Saalfelden und Stadt Salzburg - "Freude an Bildung" (2012-2019) und VHS Tirol "Der Wandel der Alpen" -
Politische Bildung (2025)
Absolvent des Instituts für Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985), des 10. Universitätslehrganges Politische Bildung/ Universität Salzburg - Klagenfurt/ Master (2008), des 6. Universitätslehrganges Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/ Diplom (2012) - des 6. Lehrganges Interkulturelles Konfliktmanagement/ Bundesministerium für Inneres - Österreichischer Integrationsfonds/ Zertifizierung (2010), der Weiterbildungsakademie Österreich/ Diplome (2010), des 1. Lehrganges Ökumene/ Kardinal König - Akademie Wien/ Zertifizierung (2006) - der Personalentwicklung für Mitarbeiter der Universitäten Wien/ Bildungsmanagement/ Zertifizierungen (2008 - 2010) und Salzburg/ 4. Lehrgang für Hochschuldidaktik/ Zertifizierung (2015/2016) - des Online - Kurses "Digitale Werkzeuge für Erwachsenenbildner_innen"/ TU Graz - CONEDU - Werde Digital.at - Bundesministerium für Bildung/ Zertifizierung (2017), des Fernstudiums Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium - Comenius Institut Münster/ Zertifizierung (2018), des Fernstudiums Nachhaltige Entwicklung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium - Comenius Institut Münster/ Zertifizierung (2020)
Aufnahme in die Liste der Sachverständigen für den NQR/ Koordinierungsstelle für dem NQR, Wien (2016)
MAIL dichatschek (AT) kitz.net
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