Sammelband-2
Rahmenbedingungen, Praxis und Bildungspolitik |  |
Günther Dichatschek
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Vorbemerkung |  |
"Wer lernt, dazulernt und nicht stehen bleibt, wirkt auf andere jung - egal, ob er zwanzig oder achtzig Jahre alt ist" (Elke GRUBER 2007, 27).
"Ausbildung ohne Bildung führt zu Wissen ohne Gewissen" (Daniel GOEUDEVERT 2001, 5).
Die Auswahl und Anordnung der Themen beruhen auf persönlicher beruflicher Sozialisation und stellen persönliche Schwerpunktbildungen und Interessenslagen dar.
Basis der Beiträge und des Erkenntnisstandes ist die Literatur der Erziehungswissenschaft, Organisationsentwicklung ("Organisation und Pädagogik"), Politischen Bildung, Vorberuflichen Bildung und Altersbildung sowie interdisziplinärer Ansätze, exemplarisch vom Autor in Vorberuflicher-und Politischer Bildung mit eigenen Arbeiten ausgeführt.
Die Auseinandersetzung mit der Basisliteratur vervollständigt erwachsenenpädagogische Herausforderungen (vgl. beispielhaft LENZ 1998, SEIVERTH 2002, SCHRÖER 2004, PFÄFFLI 2005, RAITHEL - DOLLINGER - HÖRMANN 2005, 219 - 227; WAHL 2006, WITTPOTH 2006, SANDER 2007, GRUBER - KASTNER - BRÜNNER - HUSS - KÖLBL 2007, SCHEMMANN 2007, NOLDA 2008, DÖRING 2008, ZUMBACH - ASTLEITNER 2016, TIPPELT - HIPPEL 2009, NUISSL - LATTKE - PÄTZOLD 2010, FLEIGE 2011, KRÄMER - KUNZEW -KUYERS 2013, BRAUER 2014, SCHEIDIG 2016; DICHATSCHEK 2005ab, 2007, 2008abc 2017; ARNOLD - NUISSL - ROHS 2017, WALZER 2019).
Einrichtungen und Organisation der Erwachsenen- bzw. Weiterbildung/ EB- WB müssen in einer sich ständig ändernden Gesellschaft bestehen können, um Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen durchführen zu können. Dies bedeutet eine zunehmende nationale (A) und internationale Bedeutung (EU) des quartären Bildungssektors (vgl. WITTPOTH 2006, 107-173).
Der Autor bezieht sich in seinen Ausführungen auf seine postgraduale Ausbildung im 10. Universitätslehrgang "Politische Bildung" / Universität Salzburg bzw. Klagenfurt/ Modul 6 "Die EU und Österreich" - 8 "Normen, Werte, geistige und weltanschauliche Grundlagen der Demokratie"/ Masterstudium (vgl. DICHATSCHEK 2008a, 133-136; FLEIGE 2011, 70), den 6. Universitätslehrgang "Interkulturelle Kompetenz" / Universität Salzburg/ Diplom mit einer Abschlussarbeit zur "Interkulturellen Erwachsenenbildung in der Vorberuflichen Bildung" sowie seine Qualifizierung in der "Weiterbildungsakademie Österreich/ wba" und im Comenius - Institut/ Fernstudium Erwachsenenbildung/ EKD, in Verbindung mit Bildungsmaßnahmen der Personalentwicklung der Universität Wien in "Change Management", "Führung und Management" und "Didaktischen Kompetenzen" und die Absolvierung des 4. Internen Lehrgangs für Hochschuldidaktik der Universität Salzburg/ Zertifizierung.
Ebenso konnte der jahrelange Tätigkeits- bzw. Erfahrungsbereich im Bildungsmanagement als Mitglied der Bildungskommission der Generalsynode der Evangelischen Kirche A. und H.B. (2000-2011) und stv. Leiter des "Evangelischen Bildungswerks in Tirol" (2004-2009, 2017-2019) bzw. als Bildungsbeirat (2011-2017) und als Lehrbeauftragter der Universitäten Wien und Salzburg, Lehrerbildner/ PI Tirol und Kursleiter an Salzburger Volkshochschulen eingebracht werden.
Elemente erwachsenenpädagogischer Lehre werden auch im universitären Bereich von Lehrenden verwendet (vgl. WAHL 2006, 6-7). Die Diskussion - insbesondere unter der Prämisse eines "lebensbegleitenden Lernens" - wird hochschuldidaktisch unterschiedlich geführt.
Differenziert wird das Segment Weiterbildung und des Widerstandes gegen Bildung gesehen (vgl. AXMACHER 1990, 20; HOLZER 2017, 191-289).
Unterschiedlich wird die Thematik von Parallelstrukturen in der Didaktik von Schule, Hochschule und EB/ WB behandelt (vgl. NOLDA 2008, 15; PFÄFFLI 2005; DUMMANN - JUNG - LEXA - NIEKRENZ 2007; FLEIGE 2011, 53; BOLDER 2011, 53-66; GRUNDSTUDIUM ERWACHSENENBILDUNG/ EKD - COMENIUS INSTITUT, STUDIENBRIEF 3, 2014).
Die Dokumentation ist eine persönliche Auseinandersetzung aus der angeführten Motivation.
1 Einleitende Bemerkungen |  |
EB/ WB stellt Theorie und Praxis vor besondere und andere Herausforderungen.
1 Die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden/ Studierenden ist eine Beziehung zwischen Mündigen (vgl. FLEIGE 2011, 65; KRÄMER - KUNZE - KUYPERS 2013, 195-203). Es gibt keine Erziehung, die Adressaten/innen sind Teilnehmer/innen (vgl. SCHRÖER 2004, 9).
2 Zudem gibt es den Unterschied zur schulischen Bildung in der Teilnehmerorientierung im Lehren und Lernen, Erwerb von Wissen ohne Belehrung und der Programmplanung, um das Bildungssystem und die Landeskultur (vgl. MEUELER 2009, 985-986; FLEIGE 2011, 11-12, 64).
3 Es geht um Bildung, Qualifikationen und Erwerb von Kompetenzen. Zu bedenken ist neben einer nationalen auch die internationale (EU-) Perspektive der EB (vgl. LENZ 1998, 329-342; NUISSL - LATTKE - PÄTZOLD 2010, ARNOLD - NUISSL -ROHS 2017).
4 Die Organisation von EB/ WB ist pluralistisch, es geht um ein Bestehen auf dem Bildungsmarkt (vgl. SCHRÖER 2004, 23). Den gesetzlichen Rahmen regelt der Staat (vgl. dazu die Überlegungen zur Weiterbildung als "gouvernementale Machtpraktik" bei NOLDA 2008, 64-66).
Konfessionsgebundene EB/WB hat eine andere Aufgabenstellung (vgl. DICHATSCHEK 2005, 126; SCHRÖDER 2012, 503-505):
1 Theologie erfordert Verkündigung/ Mission,
2 Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft fordert Mündigkeit und
3 Organisationsentwicklung fordert Konkurrenz.
In dem interdisziplinären Fachbereich des Bildungsmanagements von Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft (EB) und Betriebswirtschaft/ Organisationsentwicklung bzw. Theologie bei konfessioneller EB geht es um
1 Herausforderungen der jeweiligen Situation (Situationsanalyse),
2 die Darstellung veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen (Gesellschaftsanalyse),
3 den sich ändernden Wirtschaftsrahmen (Wirtschaftsanalyse) und
4 um Ziele und Zielkonflikte im angesprochenen Verhältnis der Fachbereiche (Lernzielanalyse).
Gefordert ist demnach
1 eine theoretische Abklärung der klassischen und modernen Theorien der Organisation und der Veränderungen auf ihre Brauchbarkeit hin,
2 die Besonderheit einer Bildungsorganisation im quartären Bereich mit ihren spezifischen Merkmalen und
3 Ergebnisse, die zu pragmatischen Entwicklungsperspektiven führen.
In Lehre - Gruppenführung - Training geht es um Bereiche der EB/ WB in der Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft (Lehren und Trainieren in der Fort- und Weiterbildung) im Rahmen des von der EU geforderten "lebensbegleitenden Lernens" in Form der Allgemeinen, Beruflichen EB und Betrieblichen Weiterbildung (vgl. NOLDA 2008, 56, 104; ARNOLD -NUISSL - ROHS 2017, 120-121). Damit sind komplexe Fragen im quartären Bildungssektor für Lehrende und Lernende gestellt.
Im Studium geht es im tertiären Bildungsbereich um eine Hinführung und in der Folge Spezialisierung wissenschaftlichen Denkens mit einer ausgesuchten Zielgruppe mit gesetzlicher Studienberechtigung nach einem intern - kodifizierten Studienplan, hochschuldidaktischen und fachdidaktischen Grundsätzen. Zentral ist die Förderung des Verständnisses für wissenschaftliche Forschungsarbeit. Ausgangspunkt ist die Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis des Studiengegenstandes (VO, SE, PS und Praktikum). Ziel ist ein akademischer Studienabschluss mit einem Vorrat an Wissensbeständen und einer Stärkung wissenschaftlicher Weiterbildung (vgl. KRÄMER - KUNZE - KUYPERS 2013, 202-203; WAHL 2020, 173-197).
2 Ziele und Zielkonflikte |  |
Aus dem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang ergibt sich eine Begründung für eine EB/ WB.
1 Schulen haben eine selbstverständliche gesamtgesellschaftliche Legitimation für die Vermittlung von Allgemein- und beruflicher Bildung vorrangig im Rahmen von Schulpädagogik und Lehrerbildung (mit Vergabe eines Lehramtes).
2 In der EB ist die Zielsetzung und Orientierung vorrangig an gesellschaftspolitische und bildungspraktische Belangen ausgerichtet.
3 WB orientiert sich an den weiteren Bildungswegen der Klientel, also an Höherqualifizierung.
Fort- und Weiterbildung sind die Kernaufgabe einer EB/ WB, insbesondere unter EU-Bildungsaspekten? geworden (LISSABON 2001).
Bezugswissenschaften sind vorrangig die Erwachsenenpädagogik/-psychologie (Erwachsenenbildungswissenschaft), Soziologie, Geschichte, Berufspädagogik und Politische Bildung sowie Ökonomie (vgl. WITTPOTH 2006, 36-39; ZEUNER 2010, 55). In der konfessionellen EB spielt die Theologie/ Religionspädagogik eine Rolle.
Betriebswirtschaftliche Überlegungen spielen seit der zunehmenden Ökonomisierung und Kommerzialisierung in den neunziger Jahren eine Rolle. Entsprechend kommen verstärkt Aspekte wie Professionalisierungsstrategien, Organisationsentwicklung und Bildungsmarketing zur Geltung.
3 Kernauftrag |  |
Kernauftrag - Konsequenzen einer EB/ WB
Trotz der Reichhaltigkeit des inhaltlichen Angebots und ihrer Breite - Individuum, Beruf und Gesellschaft - gibt es einen Kernauftrag.
1 Basis ist die Fortsetzung der Elementarbildung/ Basisqualifikationen mit dem pädagogischen Auftrag einer (besseren) Bewältigung des Lebens- und Berufsalltags und
2 der Hinführung zu Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, wobei EU - bildungspolitisch berufliche Bildungsmaßnahmen verstärkt werden sollen.
Demnach sind drei pragmatische Konsequenzen zu ziehen.
1 EB/ WB versteht sich als Zugang zu einer fort- und weiterbildungswilligen Klientel, wobei Bildung auch außerhalb tradierter Formen traditioneller Bildungsinstitutionen stattfindet (vgl. den von FLEIGE eingeführten Begriff "Angebote beigeordneter Bildung"/ FLEIGE 2011, 55; die Bemühungen der EU um einen offenen Fernunterricht, formale, non - formale und informelle Bildung; WITTPOTH 2006, 110; NOLDA 2008, 105-106; NUISSL - LATTKE - PÄTZOLD 2010, 21, 55-57; ARNOLD -NUISSL - ROHS 2017, 113-167).
2 Andere Methoden und Konzepte bilden eine Herausforderung (Methodenvielfalt).
3 Themen einer EB sind dem Lernmilieu der Klientel entsprechend aufzuarbeiten.
4 Fragen zur Weiterbildung |  |
Persönliche Fragen zur Weiterbildung ergeben sich.
1 Soll ich mich weiterbilden? - Wer eine Höherqualifizierung anstrebt, erweitert sein Wissen und seine Kompetenzen. Weiterbildung bereichert persönlich, das Unternehmen, den Wirtschaftsstandort und die Gesellschaft.
2 Was brauche ich? - Als Folgefrage stellt sich die Brauchbarkeit bzw. Nützlichkeit. Neben der beruflichen Notwendigkeit muss der Umfang, die Intensität und die Breite dieses Lernumfanges bzw. der Lernprozesse hinterfragt werden. Vom kostenlosen Wochenend- bzw. Abendkurs bis zum universitären Masterlehrgang über vier Semester mit entsprechender Teilnehmergebühr und Aufenthaltskosten bedarf es einer persönlichen Analyse und des potentiellen Nutzens. Fragen des Warum, der Ziele, des Fehlens von Wissen bzw. Kompetenzen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der Finanzierung sind zu beantworten.
3 Beratung und Hilfestellung? - Wenn der Bedarf und das Ziel festgelegt sind, sollte man den Bildungsmarkt beobachten. Um eine Übersichtlichkeit zu erhalten, sind Einrichtungen wie Berufsinformationszentren(BIZ/ AMS), der Erwachsenenbildung und der Netzwerke von Bildungsberatung hilfreich. Universitäre bzw. hochschulmäßige Einrichtungen sollten über das Internet abgerufen werden. Die Sozialpartner verfügen über eine Bildungsberatung.
4 Welches Angebot ist für mich geeignet? - Die Qualität der Anbieter kann variieren, weshalb zusätzliche Fragen nach dem Ruf, dem Bekanntheitsgrad und den Erfahrungen auftreten können. Das Medienecho und ein Gütesiegel sind ebenso von Bedeutung. Erfahrungsgemäß ist eine persönliche Erkundung wünschenswert.
5 Welches Angebot ist richtig für mich? - Voraussetzungen, das Umfeld und die Kenntnis eigener Stärken bzw. Schwächen sind wichtig. Fragen treten immer noch auf: Welche Faktoren sind für mich wichtig? Stimmt das Preis -Leistungsverhältnis? Wie nahe ist das Angebot an meinem Wohn- bzw. Arbeitsort? Wie ist das Zeitmanagement (abends, Wochenende, Block; Module)? Wie werden die Lerninhalte vermittelt?
5 Institution, Organisation und Organisationswandel in der EB/ WB |  |
"Der neue betriebswirtschaftliche Blick auf Institutionen der Erwachsenenbildung sieht diese als Organisationen, d.h. als soziale Systeme, die das Verhalten ihrer Mitglieder etwa durch Arbeitsteilung und Hierarchien auf das Verfolgen bestimmter Ziele ausrichten" (NOLDA 2008, 107).
Organisationen der EB sehen sich demnach verändernden Bedingungen ausgesetzt.
Dazu gehören etwa
1 die Faktoren der Umwelt (Infrastruktur, Gebäude),
2 Werte/ Normen (Kundenorientierung),
3 gesetzliche Vorschriften (Subventionen),
4 andere soziale Systeme (Universitäten, Fachhochschulen),
5 Finanzierungsmodelle (Budgetkürzungen),
6 demographische Entwicklungen/Gesellschaftsstrukturen und
7 die Adressaten (veränderte Ansprüche).
Institutionen der EB/ WB stehen unter starkem Veränderungsdruck, dies betrifft etwa
- eine mögliche oder/ und notwendige Änderung der Rechtsform,
- Fusionierung mit Bildungs- und Kultureinrichtung,
- einer Neupositionierung auf dem Bildungsmarkt oder/ und
- einem Zusammenschluss in Netzwerken (vgl. das Angebot von EPALE; KÜCHLER 2007, 7-29).
Mit der Einführung des Qualitätsmanagements entwickeln sich inzwischen Qualitätskonzepte auf dem Prinzip einer Selbstevaluation oder einer externen Kontrolle.
- Von Bedeutung ist das EFQM ("European Foundation for Quality Management")- Modell als Orientierungslinie oder sogar als handlungsanleitende Vorgabe geworden;
- ebenso auch die lernorientierte Qualitätstestierung (LQT) mit den Bereichen des Leitbilds, der Bedarfsanalyse, Evaluation der Bildungsprozesse, Qualität des Lehrens und der Lerninfrastruktur, der Führung/ Leitung/ Entscheidung, Personalentwicklung, Controlling, den Geschäftsbedingungen und Kundenkommunikation, der Angebotsinformation und den strategischen Entwicklungszielen.
Das Modell dient weniger einer Lernkontrolle, vielmehr der Organisationsentwicklung, also Lernprozesse selbstgesteuert zu vollziehen (vgl. EHSES/ HEINEN - TENRICH/ ZECH 2001, 32; ZECH 2003; NOLDA 2008, 108).
6 Persönliche Arbeiten/ Veranstaltungen in der EB/ WB |  |
Im Folgenden wird beispielhaft auf Arbeiten für Abschlüsse/ Diplome der Weiterbildungsakademie Österreich/ wba, Vortragstätigkeit und als Kursleiter an Salzburger VHSn eingegangen.
6.1 Weiterbildungsakademie |  |
Führung von ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen in der Arbeit des "Evangelischen Bildungswerks in Tirol"(Diplom "Bildungsmanagement"/wba) - Kurzzusammenfassung der schriftlichen Hausarbeit
Im Jahre 2004 wurde der Autor anlässlich der Reaktivierung des Bildungswerks in den Vorstand gewählt und nahm seit diesem Zeitpunkt bis 2009 (2017 -2019) die stellvertretende Leitung eines kirchlichen Bildungswerks ein, welches das Bundesland Tirol mit sieben Evangelischen Pfarrgemeinden umfasst und ausschließlich auf Ehrenamtlichkeit (Freiwilligkeit) beruht.
Der 10. Universitätslehrgang Politische Bildung der Universität Salzburg in Verbindung mit den Zusatzseminaren der Universität Klagenfurt/ Masterabschluss (2006-2008), der 1. Lehrgang Ökumene der Kardinal König - Akademie Wien (2006-2007) und die Auseinandersetzung mit Aus- und Weiterbildung im Rahmen des Lehrauftrages "Vorberufliche Bildung" am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien sowie die Angebote der Personalentwicklung der Universität Wien (Change Management - Führung und Management) waren Anlass, sich mit einer ehrenamtlichen Berufsrolle intensiv auseinanderzusetzen.
Ziel der Fallstudie ist es, die persönliche Führungsrolle und den Führungsstil im Vorstand zu hinterfragen. Von Interesse ist die Ehrenamtlichkeit, die im Unterschied zum universitären Lehrauftrag in unterschiedlicher Art und Weise in der EB eines kirchlichen Bildungswerks den Autor beschäftigt.
Die Fallstudie zeigt in verschiedenen Schritten auf, welche Bedürfnisse ehrenamtliche Mitarbeiter/innen haben und wie diese durch Leistungs-, Struktur- und Organisationsmaßnahmen in einem kleinen Bildungswerk mit geringen materiellen Ressourcen angemessen abgedeckt werden sollen.
Die reflexive Auseinandersetzung, insbesondere bezogen auf die eigene Rollengestaltung, bildet den wesentlichen Bestandteil der Fallstudie, wobei die Durchführung und Auswertung von Mitarbeiter/innen-Gesprächen Hinweise auf die professionelle Gestaltung der Führungsrolle von Bildungsmanagern gibt.
Literaturhinweise/ Auswahl:
Beher K. - Liebig R. - Rauschenbach Th. (2000): Strukturwandel des Ehrenamts. Gemeinwohlorientierung im Modernisierungsprozess, Weinheim - München
Breit - Keßler S./ Vorländer M. (2008): Ehrenamtliche in der Kirche. Wiederentdeckung - Zusammenarbeit - Begleitung, in: AMT und GEMEINDE, Heft 11/12 2008, 227-237
Dichatschek G. (2005a): Evangelisches Bildungswerk neu organisiert, in: SAAT Nr. 2, 20. Februar 2005, 6
Dichatschek G. (2005b): Theorie und Praxis evangelischer Erwachsenenbildung, in: AMT und GEMEINDE, Heft 7/8 2005, 126-130
Höher F. - Höher P. (1999): Handbuch Führungspraxis Kirche. Entwickeln-Leiten-Moderieren? in zukunftsorientierten Gemeinden, Gütersloh
Müller U. - Schweizer G. - Wippermann S. (Hrsg.) (2008): Visionen entwickeln. Bildungsprozesse wirksam steuern. Führung professionell gestalten - Dokumentation zum Masterstudiengang Bildungsmanagement der Landesstiftung Baden -Württemberg, Bielefeld
Studie: Schlechter Umgang mit Personal wird toleriert
Das Thema Personalführung wird von deutschen Chefs klar unterschätzt. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der Hochschule Osnabrück. Das Thema Führung gleicht häufig einem bloßen Lippenbekenntnis. Nicht selten wird schlechtes Führungsverhalten der oberen Führungskräfte sogar wissentlich von der Leitung geduldet, sofern das operative Ergebnis stimmt (vgl. STEINERT - HALSTRUP 2011, 38 - 41).
Nach Carsten STEINERT/ Dominik HALSTRUP ist der Stellenwert der Personalführung gering. Eine Folge seien "innere Kündigungen" von Mitarbeitern/ innen, was für Unternehmen mit hohen Kosten verbunden sei.
Zwischen Oktober und November 2010 hatten STEINERT und HALSTRUP Entscheidungsträger von 118 deutschen Unternehmen mit mehr als 400 Mitarbeitern befragt. In der Studie sind Dienstleister (32 Prozent) ebenso wie Unternehmen aus den Bereichen Finanzen und Beratung (17 Prozent), Industrie und produzierendes Gewerbe (41 Prozent) und Handel (8 Prozent) berücksichtigt.
Internethinweis:'' http://www.orf.at/stories/2073795 (13.8.2011)
Literaturhinweis: Steinert C.-Halstrup D. (2011): Schlechte Führung wird toleriert, wenn die Zahlen stimmen. Stellenwert der Personalführung in deutschen Unternehmen, in: Personalführung - Das Fachmagazin für Personalverantwortliche, Ausgabe 07/2011, 38-41
Studie: Frauen in Führungspositionen
Führen Frauen schlechter oder besser? Ist die Akzeptanz gegeben, wie geht man in Führungsetagen damit um? Diese und andere Fragen, mit denen sich die Wissenschaft umfassend befasst hat, zeigen an, dass es keine einfachen Antworten darauf gibt. Das Haupthindernis für Frauen auf ihrem Weg in Führungspositionen liegt nach MÖLDERS/ VAN QUAQUEBEKE (2011) vor allem in den Köpfen aller Beteiligten, denn der mentale Prototyp der Führungskraft ist nach wie vor der Mann.
Literaturhinweis: Mölders Chr. - Van Quaquebeke N. (2011): Frauen in Führungspositionen. Prototypen von Führung hinterfragen, in: Personalführung - Das Fachmagazin für Personalverantwortliche, Ausgabe 07/2011, 42-47
Vorberufliche Bildung in der Evangelischen Erwachsenenbildung/ Diplom "Lehren - Gruppenleitung - Training"/ wba - Kurzzusammenfassung der schriftlichen Hausarbeit
Der Schwerpunkt der Arbeit sind didaktische und methodische Aspekte der Vorberuflichen Bildung in der EB in Verbindung mit berufswahltheoretischen Überlegungen.
Vorberufliche Bildung - definiert als Orientierung über berufliche Bildung und die Arbeits- und Berufswelt ( Berufswahltheorien; Schul-, Studien- und Berufswahl/ Unterricht - Realbegegnungen - Beratung; Einführung in die Arbeitswelt; Randgruppen, Migration; Arbeitslosigkeit) - ist als Teil der Berufspädagogik und Politischen Bildung der EB verpflichtet. Angelpunkt aller (berufs-) pädagogischen Bemühungen sind die Orientierungslosigkeit Heranwachsender und Eltern, Umzuschulender und Arbeitsloser und die notwendigen Hilfestellungen, in Verbindung mit Kooperationsmodellen des AMS und der Sozialpartner in Form eines regionalen Netzwerkes.
Der Kurs/ Lehrgang ist variabel gestaltet. Die Teilnehmer/innen werden ständig in aktive Rollen versetzt, teils allein, teils in Gruppen, teils mit Hilfestellungen und/oder Medien. Hauptaufgabe ist das Einbringen einer regionalen Bezogenheit.
EB hat nach heutigem Verständnis die von der EU eingeforderte zusätzliche Berufsorientierung in Form "lebensbegleitendem Lernen" zu praktizieren. Die Themen werden mit den Klienten festgelegt. Entsprechend ist ihre Aktualität, Hilfestellung und Realisierung auf die Adressaten abgestimmt.
Die drei Elemente "Berufswahl/ Berufsfeld", "Berufliche Grundbildung/ Berufskunde (Grundbegriffe, Realbegegnungen)" und "Vorberufliche Sozialisation (Elternhaus, Familie, Freundes-/ Kollegenkreis; Unterricht - Beratung)" verlangen eine situationsspezifische Handhabung. Dazu dient das didaktisch - methodische Repertoire vorberuflicher Bildung.
Ohne eine Kooperation mit dem AMS und den Sozialpartnern sowie den Bildungsinstitutionen der Sekundarstufe II (BS; BMS, BHS) ist der Kurs nicht durchführbar.
Das Leistungs- und Förderprinzip ergänzen in der Vorberuflichen Bildung einander. Damit wird auch dem diakonischen Prinzip evangelischer EB Rechnung getragen.
Literaturhinweis/Auswahl:
Beinke L. (2006): Berufswahl und ihre Rahmenbedingungen. Entscheidungen im Netzwerk der Interessen, Frankfurt/M.-Berlin-Bern-Bruxelles-New York-Oxford-Wien?
Decker F. (1981): Berufswahl, Berufsvorbereitung und Berufsberatung im Unterricht. Ein Handbuch zur Didaktik der vorberuflichen Bildung und beruflichen Grundbildung, Braunschweig
Dichatschek G. (2008a): Aspekte der vorberuflichen Bildung in Schule und Hochschule, in: Erziehung und Unterricht 5 -6/2008, 445-451
Dichatschek G. (2008b): Geschichte und Theorieansätze der politischen Bildung/Erziehung in Österreich - unter besonderer Berücksichtigung vorberuflicher Bildung/Erziehung. Master Thesis: Universitätslehrgang Master of Science - Politische Bildung, Universität Klagenfurt/Fakultät für Kulturwissenschaft
Döring K.W. (2008): Handbuch Lehren und Trainieren in der Weiterbildung, Weinheim-Basel?
Klippert H. (1991): Berufswahlunterricht. Handlungsorientierte Methoden und Arbeitshilfen für Lehrer und Berufsberater, Weinheim-Basel?
Ostendorf H. (2005): Steuerung des Geschlechterverhältnisses durch eine politische Institution. Die Mädchenpolitik der Berufsberatung, Opladen
Politische Bildung - Migration/ Vortrag bzw. Gespräch Evangelische Hochschulgemeinde Klagenfurt (2009)- VHS Zell/See "Freude am Lernen"(2011-2013)- Zusammenfassung
6.2 Politische Bildung - Lehre - Kurs |  |
Ausgehend von der Ausgangssituation der Politischen Bildung/ Erziehung in Österreich erkennt man ein Defizit im pädagogischen Standort.
Politische Bildung/ Erziehung hat keine historischen Wurzeln. Im Gegensatz zu Deutschland wurden nach 1945 keine Maßnahmen für eine "re-education" gesetzt. Dies spielt eine Rolle für die späte Implementierung der Politikwissenschaft. Es fehlt auch eine Parallele zur "Bundeszentrale für politische Bildung" mit den Landeszentralen.
Als eigenständiger Fachbereich mit einer Zwischenstellung von Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft, Kulturwissenschaften, Kultur- und Sozialanthropologie/ anthropologische Migrationsforschung, Ethnologie, Ökonomie, Ökologie, Medienkunde und Politikwissenschaft wird Politische Bildung - nur bedingt - für eine Stärkung der Demokratie angesehen.
Entsprechend haben in Österreich die politischen Parteien ihre beherrschende Rolle in der politischen Sozialisation übernommen. Eine solche Politische Bildung gerät in den Verdacht der Ideologisierung oder (gar) Indoktrination.
Im Gegensatz dazu gibt es in Deutschland den "Beutelsbacher Konsens" (1976) mit den drei Grundsätzen
- des "Überwältigungsverbotes" (kein Zwang der Meinung durch den/ die Lehrenden)
- des "Kontroversitätsgebotes" (kontroverse Sachverhalte müssen kontrovers diskutiert werden können) und
- der "Schülerorientierung" (bzw. Teilnehmer-) "(altersstufengemäß, eigene Interessenslage) (vgl. SANDER 2007, 18, 128; SCHERB 2010, 31-39).
In Österreich gibt es ab 1978/ 1994 einen Grundsatzerlass zur Politischen Bildung als Unterrichtsprinzip in allen Schulformen (Erlass des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 11.4.1978, Zl.33.464/6-19a/197; vgl. WOLF 1998, 45-48).
Politische Bildung hat sich mit Besonderheiten des Fachbereichs zu beschäftigen.
- Differenzierung von politischem Alltagswissen und politischen Begriffen/ Inhalten
- Politische Sozialisation findet etwa in Familie, Schule, peer groups und Medien sowie sozialen Gruppierungen statt. Der Staat besitzt das Machtmonopol.
- Neben dem Monopol der Macht gibt es Konflikte, Mangel an Gütern und Phänomene von Knappheit.
Der Teilbereich Politikwissenschaft hat sich mit den folgenden Dimensionen zu beschäftigen:
- Policy: Inhalte, Wünsche, Bedürfnisse/ Gestaltung - Ziele, Programme und Maßnahmen/ einzelne Politiken (Gesundheit, Soziales, Verkehr, Landwirtschaft..)
- Politics: Beschreibung der politischen Prozesse, Prozeduren, Willensbildungen und Entscheidungsprozesse - Arten der Konfliktanstrengungen - Konsensbildungen, Kampf um Macht; Schlüsselfrage: Welche Akteure stehen im Mittelpunkt? Welche Mitwirkungschancen, Konfliktlinien und Interessenslagen sind vorhanden?
- Polity: beschreibt die formale Dimension (Verfassung und Institutionen sowie Normen und Werte); Schlüsselfrage: Welche Gesetze und Institutionen mit welchen Kompetenzen spielen eine Rolle?
Fallen von Politischer Bildung sind in der Schule die Kombination des Fachbereiches mit anderen Fächern (etwa Geschichte - Sozialkunde und Geographie - Wirtschaftskunde/ Schulautonomie) sowie die Stellung als Unterrichtsprinzip.
Nur in der Polytechnischen Schule/ APS und Berufsschule/ BBS ist Politische Bildung ein eigenständiges Fach (ohne Lehramt).
An der Universität Wien gab es ein Department für Politische Bildung (bis 2012) sowie ein Didaktikzentrum, in der Unterrichtsverwaltung im Unterrichtsministerium gibt es eine Abteilung und das zentrum polis mit der Aufgabe der Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien.
In der Erwachsenenpädagogik wird Politische Bildung als Lehraufgabe benannt, aber unverbindlich praktiziert.
In der Didaktik gibt es die
- Wissensfalle mit der Vermittlung von reinem Wissen, womit der Problemgehalt von Politik verschwindet.
- Moralfalle mit Politischer Bildung als "Schwafelfach", wobei die Gefahr einer moralische Sichtweise mit dem Hang zu Personalisierung und Skandalisierung sowie einem Trend zur Empörung statt Analyse gegeben ist.
- Kontextfalle mit dem Verschwinden des Problemgehaltes. Vorrangig ist eine Beurteilung durch Fachwissen und die
- Parallelisierungsfalle mit Erfahrungen und Deutungen aus dem Alltag und dem Mangel an der Möglichkeit des Hinterfragens.
Kompetenzen der Lehrenden wären demnach eine Urteils- und Handlungsfähigkeit mit Kenntnis von fachspezifischer Methodik/Didaktik sowie der Fach-, Personal-, Sozial-, Handlungs- und Urteilskompetenz.
Fachwissen und Fachdidaktik bedingen sich gegenseitig und benötigen fachwissenschaftliche Elemente, etwa aus der Politikwissenschaft, Medienwissenschaft, Zeitgeschichte, Ökonomie, Umweltkunde, Gesundheitswissenschaft und Bildungswissenschaft (Methodik - Didaktik).
Lehrende müssen ihr Wissen interdisziplinär verbinden können, auf aktuelle Fragestellungen und Problemlagen anwenden können, damit die konkrete Lebensrealität der Lernenden angesprochen werden kann (vgl. SANDER 2007).
Demokratie braucht Politische Bildung. Demokraten werden nicht geboren. Demokratie lebt von Mitbestimmung und Mitverantwortung.
Politische Bildung hat die Aufgabe, entsprechende Kompetenzen zu vermitteln: kognitiv das Fachwissen, affektiv Einstellungen und Einsichten und pragmatisch Verhaltensweisen zu erziehen ("civic education"/ EU), um zu einem verantwortungsvollen Handeln zu führen. Ziel ist der/die mündige Bürger/in, pragmatisch wird man wohl von politischem Interesse sprechen müssen.
Literaturhinweis/ Auswahl:
Esterl U. - Wintersteiner W. (Hrsg.) (2008): Politische Bildung, Heft 4/2008, 32. Jahrgang, Innsbruck - Wien - Bozen
Sander W. (Hrsg.) (2007): Handbuch politische Bildung, Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Bd. 476, Bonn
Wolf A. (Hrsg.) (1998): Der lange Anfang. 20 Jahre "Politische Bildung an den Schulen", Wien
7 Bildungspolitische Aspekte für eine EB/ WB in der EU |  |
Grundsätzliche bildungspolitische Aktivitäten der EU finden sich
1 im Weißbuch "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung - Herausforderungen der Gegenwart und Wege in das 21. Jahrhundert" (1993) mit der Bezeichnung der Probleme eines Mangels an wissenschaftlichen Qualifikationen, der hohen Zahl junger Menschen ohne Grundbildung, einem unzureichendem Ausbau der Weiterbildung und Zugangs zu der Weiterbildung sowie einem mangelhaften Angebot offenen Unterrichts und der Fernlehre.
2 Im Weißbuch "Lehren und Lernen - auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft" (1995) geht man von den angeführten Problembereichen aus und empfiehlt eine Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit ("employability") als zentrales Anliegen einer Bildungs- und Berufsbildungspolitik durch (Weiter-)Bildung zu machen. Stichworte sind hier Schlüsselkompetenzen und Mobilität in der Ausbildung.
1996 kommt es zur Ausrufung des "Europäischen Jahres des lebensbegleitenden Lernens". Auf Grund der bisherigen Analysen und künftigen Zielsetzungen werden Schlussfolgerungen in Form von Entwicklungsfeldern benannt, die Positionen für ein lebensbegleitendes Lernen definieren (allgemeines Schulwesen, wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Relevanz von Bildung, allgemeine und berufliche Fort- und Weiterbildung, Übergänge/Verbindungen zwischen allgemeiner und beruflicher (Aus-) Bildung, Zugang zu Bildung, Anrechenbarkeit von Kompetenzen und Weiterbildung von Lehrenden).
3 als Höhepunkt einer diskursiven EU - Bildungspolitik im "Memorandum über Lebenslanges Lernen" (2000) mit der Benennung potenzieller Partner wie dem Bund, den Bundesländern und Gemeinden, den Betrieben, den Sozialpartnern, Bildungseinrichtungen mit ihren Zusammenschlüssen, den Parteien und Einzelpersonen (vgl. NUISSL -LATTKE - PÄTZOLD 2010, 27-29). Ziel ist, Europa zum leistungsfähigsten Wissensraum im globalen Wettbewerb zu machen. Im Memorandum heißt es zudem, dass Bildung im w.S. der Schlüssel sei, um lernen und begreifen zu können, wie mit der kulturellen, ethnischen und sprachlichen Vielfalt umzugehen ist und wie das Individuum den hohen und komplexen Anforderungen des politischen und sozialen Umfelds begegnen kann (vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2000, 6).
Ebenso werden als "gleichermaßen wichtige Ziele" des lebensbegleitenden Lernens die Förderung der aktiven Staatsbürgerschaft("active citizenship") und die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit benannt (vgl. dazu die Ziele der Politischen Bildung). Als zentrale Bildungsfragen gelten demnach ein umfassender und ständiger Zugang zum Lernen als Teilhabe an der "Wissensgesellschaft", eine Erhöhung der Investitionen in Humanressourcen, die Entwicklung effektiver Lehr- und Lernmethoden und Lernkontexte für ein lebensbegleitendes Lernen, bessere Methoden zur Bewertung von Lernbeteiligung und Lernerfolg (vor allem bei non-formalem und informellen Lernen), die Gewährleistung eines besseren Zugangs zu hochwertigem Informations- und Beratungsangebot über Lernmöglichkeiten und eine Schaffung von Möglichkeiten für lebensbegleitendes Lernen in unmittelbarer Nähe mit Nutzung der neuen Techniken (vgl. NUISSL-LATTKE-PÄTZOLD? 2010, 31-32).
Es versteht sich von selbst, dass es hier um mehr als Erwachsenen- und Weiterbildung geht, erkennt man doch das von der EU eingeforderte formale, non - formale und informelle Lernen und berufliche, allgemeine, politische und kulturelle Elemente.
Unter der Maßgabe der Freiwilligkeit und der Unterschiedlichkeit der Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten ("Methode der offenen Koordinierung"/EU 2000) kommt es zu einer eigenen Dynamik in der EU (Nord- und Westeuropa vs. Osteuropa).
7.1 Nachfolgestrategie 2020 |  |
Die bis 2020 reichende Nachfolgestrategie "Europa 2020" mit dem Ziel, die Wirtschafts- und Finanzkrise zu überwinden, besitzt auch einen bildungspolitischen Rahmen. Die vier strategischen Ziele mit breiten Handlungsmöglichkeiten und Maßnahmen mit der Kurzbezeichnung "ET 2020" ("education and training") bilden das inhaltliche Gerüst einer künftigen EU-Bildungspolitik?.
1 Verwirklichung des lebensbegleitenden Lernens (Schaffung-Umsetzung?, Europäischer Qualifikationsrahmen, flexible Lernwege und Übergänge zwischen den Bildungsbereichen, Anerkennung von Lernergebnissen, Förderung der EB/WB und der Beratungssysteme, bessere Gestaltung des Lernens und Ausweitung der Mobilität der Akteure)
2 Verbesserung von Qualität und Effizienz der Allgemeinen und Beruflichen Bildung (Verbesserung der Schlüsselkompetenzen, Sprachkompetenz und Unterrichtsqualität sowie Verwaltung und Leitung von Bildungseinrichtungen, angemessene Grund- und Fortbildung für Lehrkräfte, Steigerung der Attraktivität von Lehrberufen, wirksame Qualitätssicherungssysteme und Förderung der Methodenvielfalt)
3 Förderung der Gerechtigkeit, des sozialen Zusammenhalts und aktiven Bürgersinns (Erwerb von Kenntnissen und Kompetenzen, gezielte Maßnahmen für Personen mit Benachteiligungen und Migrationshintergrund, Bildungsangebote für Kleinkinder und Förderung von integrativer Bildung, interkultureller Kompetenzerwerb, Achtung der Grundwerte - Umwelt - demokratische Werte/ Normen und Bekämpfung von Diskriminierung)
4 Förderung von Innovation und Kreativität sowie unternehmerischem Denken (Erwerb von bereichsübergreifenden Schlüsselkompetenzen/ IT, Lernkompetenz, Kulturbewusstsein; Funktion des Wissensdreieck/ Trias Bildung - Forschung -Innovation/ Partnerschaften, Ausrichtung des Lernens auf arbeitsmarktförderliche Kompetenzen und Qualifikationen und Erzeugung eines Klimas für bessere berufliche Anforderungen-soziale Bedürfnisse - persönlichem Wohl des Einzelnen/ Lerngemeinschaften mit Interessensgruppierungen).
7.2 Kritische Reflexion |  |
Kritisch vermerkt wird von pädagogischer Seite die starke Ausrichtung der bildungspolitischen Inhalte und Ziele an Wirtschafts- und Arbeitsmarktinteressen. Beklagt wird die Betonung von (Weiter-) Bildung und lebensbegleitendem Lernen mit Blick auf die Entwicklung von "employability", die ökonomische Ausrichtung in Verbindung mit globaler Bildung und der Vernachlässigung anderer Ziele aus gesellschaftlicher und individueller Sicht wie die Ermöglichung von sozialer Teilhabe und persönlicher Entfaltung (vgl. u.a. soziale -, politische - und kulturelle Kompetenz; SCHEMMANN 2007, 159, 226, 233-240).
Allerdings betont fast jedes EU - Dokument auch den sozialen Zusammenhalt, demokratische Werte, allgemeine Bildungsmöglichkeiten/ -ziele und den interkulturellen Dialog sowie "active citizen" (vgl. NUISSL - LATTKE - PÄTZOLD 2010, 39-40).
Seit dem Jahr 2000 prägt das Paradigma des "Lebenslangen Lernens" die EU-Bildungspolitik?. Die Kommission versteht darunter "[....]alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, bürgergesellschaftlichen, sozialen bzw. beschäftigungsbezogenen Perspektive erfolgt" (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2001, 9).
Erscheint der Paradigmenwechsel zunächst für die EB/ WB günstig, so haben dennoch die bildungspolitischen Aktivitäten der EU für Schule, Hochschule/ Universität und berufliche Bildung einen höheren Stellenwert als die EB.
Mit der Kommissionsmitteilung "Erwachsenenbildung: Man lernt nie aus" (2006, 2007) werden Handlungsbereiche definiert wie Auswirkungen anderer Bildungsbereiche auf die EB, Qualitätsverbesserung des Angebots, Erreichen eines nächsthöheren Qualifikationsniveaus für Erwachsene, Anerkennung/Bewertung non-formalen und informellen Lernens und eine Verbesserung der Überwachung des Sektors EB (vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006; 2007, 8).
Zunehmend gewinnt daher die EB/ WB seit einigen Jahren politische Aufmerksamkeit (vgl. BECHTEL - LATTKE - NUISSL 2005, SCHEMMANN 2007).
Die EU weist in der Mitteilung "Erwachsenenbildung: Man lernt nie aus" darauf hin, dass unter EB bzw. Weiterbildung nicht immer und überall in der EU dasselbe verstanden wird (vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006, 2).
Geht man vom Alter aus, so schlägt die UNESCO vor, als Erwachsene jene anzusehen, die "zu Hause" als solche gelten (vgl. verschiedene Volljährigkeit in der EU; UNESCO 2010, 2).
Als Bildungsabschnitt im Verhältnis zu vorausgehenden Bildungsphasen ist allgemein die abgeschlossene Schulbildung zu verstehen. Nachgeholte Schulabschlüsse gehören in der Regel nicht zur EB, auch wenn die Absolventen mitunter Erwachsene sind. Ob die Hochschulbildung zur EB gehört, wird unterschiedlich bewertet. "Der Trend geht dabei in die Richtung, sie einzubeziehen" (NUISSL - LATTKE - PÄTZOLD 2010, 51; vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006, 2).
Im förderpolitischen Kontext zum "Lebenslangen Lernen" wird EB explizit als nicht - beruflich definiert und steht damit der beruflichen (Aus- und Weiter-) Bildung gegenüber, was wiederum dem Trend der Programme und allgemein ausgerichteter Dokumente der EU - Bildungspolitik entspricht.
8 Lernfähigkeit - Lerntechniken |  |
Gegen ein frühes Nachlassen der Lernfähigkeit spricht
1 in zahlreichen Studien die Sinnhaftigkeit einer geistigen Beanspruchbarkeit älterer Mitarbeiter/ innen, allerdings gibt es eine Reihe scheinbarer Defizite, die sich ausgleichen und/oder verhindern lassen - beispielhaft das Lernen im Ganzen als leichteres Lernen in Teilen, zu schnell dargebotener Lernstoff als Behinderung Älterer (daher Bedeutung des Zeitfaktors), Einsetzen von bestimmten Lerntechniken ("Eselsbrücken"/ Einsetzen von Codierungstechniken), Übersichtlichkeit des Stoffes, der besonderen Bedeutung eigenständiger Lernaktivität (Selbsterarbeitung) und dem Vermeiden von Unsicherheiten (Lerntraining/ Präsentationstechniken) (vgl. LEHR 2005, 23);
2 die "Generali Altersstudie 2013" mit ihren empirischen Ergebnissen zum Denken, Engagement und Lebensstil bzw. Lebensansprüchen Älterer, die eine wesentliche Herausforderung für die Erwachsenenpädagogik - Erwachsenen- bzw. Weiterbildung - darstellen (vgl. KÖCHER - BRUTTEL 2013; vgl. den IT - Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Altersbildung).
In der EB/ WB geht es vor allem um didaktische Überlegungen, zu denen das Prinzip der Teilnehmerorientierung und das Konzept des Lehrenden als facilitator (Unterstützer des Lernens/ "Lerncoachs") gehören. Im Bereich der Personalentwicklung werden diese Prinzipien verwendet (vgl. KNOWLES - HOLTON - SWANSON 2007, 149-165; zu Maßnahmen der betrieblichen Weiterbildung KASPER - MAYERHOFER 2002, 502-505).
ILLERIS Modell des "Lerndreiecks" spiegelt die Spannung interner (Kognition/ Lerninhalte) und externer (Emotionen/ Gefühle - Motivationen) Lernprozesse wider. Soziale Lernprozesse dienen der Teilnahme, Kommunikation und Kooperation (vgl. ILLERIS 2006, 29-41; NOLDA 2008, 85-86).
In der subjektwissenschaftlichen Lerntheorie von HOLZKAMP wird aus der subjektiven Perspektive der Lernenden und seiner individuellen Lernbegründungen ein Prozess der Aneignung und Orientierung in Gang gesetzt.
1 Aus einer Handlungsproblematik wird eine Lernproblematik, die mit einer "Lernschleife" eingebaut wird. Ein solches Lernen mit Hilfe einer Lerntechnik mit Lebensnähe und unter Einbeziehung von Erfahrungen wird als expansives Lernen bezeichnet. Die Lernbegründung findet der Einzelne für sich.
2 Der Lerngegenstand hat gesellschaftliche Bedeutung und wird vom Einzelnen subjektiv realisiert. Angesichts von Lernwiderständen bei Erwachsenen aus schulischer Erfahrung werden Chancen expansives Lernens in der Politischen Bildung, in virtuellem Lernen und in betrieblichen Projekten eingesetzt (vgl. NOLDA 2008, 87-88; FAULSTICH - ZEUNER 2006, 31). "So wird beispielsweise vermutet, dass die sinkende Teilnehmerzahlen in der politischen Erwachsenenbildung mit Lernbedingungen zu erklären sind, die denen der Schule nicht unähnlich sind" (NOLDA 2008, 88).
3 In den siebziger Jahren wurde der Erfahrungsbezug eng mit der Idee von Emanzipation verbunden. NEGT hat für die gewerkschaftliche Bildungsarbeit das Konzept des exemplarischen Lernens entwickelt. Fälle einer Situation am Arbeitsplatz werden in Verbindung mit Widersprüchen als Beispiele (exemplarisch) behandelt (vgl. NEGT 1971, 30; NOLDA 2008, 89). In der beruflichen EB wird dieses erfahrungsorientiertes Lernen etwa bei "Lerninseln/ Inselbildungen" eingesetzt, wobei Erfahrungslernen mit organisiertem Lernen als fallorientiertes Vorgehen didaktisiert wird (vgl. DÖRING 2008, 173-174).
Die Bedeutung selbständigen Lernens weist auf den Umstand hin, dass Erwachsene nur bedingt durch Bildungsinstitutionen geprägt werden und sich Lernen und Bildung in diesem Alter überwiegend außerhalb von Institutionen abspielt.
Der kanadische Bericht über "Lernprojekte Erwachsener" (1979) zeigt, dass so gut wie jeder Befragter ein bis zwei Lernanstrengungen im Jahr unternommen hat, ungefähr 70 Prozent aller Projekte von Lernenden selbst geplant wurden. Folgeuntersuchungen haben die Tendenz der Aussagen für Kanada bestätigt. Selbständiges und informelles Lernen haben inzwischen in der beruflichen EB/ WB Bedeutung erlangt(vgl. NOLDA 2008, 90; DIETRICH 2001, 22).
"Die Raffinesse der Selbstlernparole besteht darin, dass sie dem Selbstbewusstsein schmeichelt, negative Assoziationen, die Erinnerungen an schlechte Schulerfahrungen auslösen können, nicht aufkommen lässt und dazu die öffentliche Hände entlastet" (TIETGENS 1997, 161). "Wenngleich eine Selbststeuerungseuphorie zu verzeichnen ist, gibt es diesbezüglich auch kritische Stimmen: Mit der soziologischen Figur des 'Arbeitskraftunternehmers', der seine Erwerbsarbeit und seine Kompetenzentwicklung selbst organisiert, sich in den Dienst politischer Forderungen stellt und sich selbst vermarktet, wird an der fortschreitenden Forderung nach Selbststeuerung Kritik geäußert - wenngleich die unbestrittene Zunahme an Autonomie als Begleiterscheinung gewürdigt wird (vgl. BAETHE 1999; PONGRATZ/ VOSS 2003; FORNECK/WRANA 2005; FORNECK 2009)" (FLEIGE 2011, 43).
Eine zu starke Fokussierung auf Selbstorganisation ist in politischer, ethischer und bildungstheoretischer Hinsicht, möglicherweise mit steigenden individuellen finanziellen und zeitlichen Eigenleistungen, zurückzuweisen (vgl. FLEIGE 2011, 51). KLINGOVSKY kommt in seiner Analyse, ausgehend von einem machttheoretischen und poststrukturalistischen Theoriehorizont, zu der Einschätzung, dass diese neue Lerntheorie zwar eine Subjektivierung von Lernen ermögliche, aber nicht machtfrei sei. Das Subjekt werde ähnlich der klassischen Lernkultur in einer bestimmten Hinsicht konzipiert. Arbeitskraft- und Lernkraftunternehmertum kann daher nicht im Interesse pädagogisch - didaktisch gestalteter Lernkultur und ihrer theoretischen und empirischen Betrachtung sein (vgl. KLINGOVSKY 2009, 52, 59, 205; FLEIGE 2011, 51). Nach dieser Betrachtung leiste eine "Entgrenzung" des Lernens von der institutionalisierten EB einer De - Institutionalisierung Vorschub. "So wie der Diskurs um 'neue Lernkulturen' geführt wurden ist, hat er zumindest der öffentlichen EB vielleicht eher geschadet als genützt" (FLEIGE 2011, 51).
8.2 Lernformen |  |
Die Dokumente europäischer Bildungspolitik unterscheiden als Lernformen formal, non-formal und informal learning, also bezeichnen die Lernformen je nach Ausbildung und Bildungsinstitution (Einrichtung - Arbeitsplatz/ Freizeit-Alltag?, Familie; Strukturierung nach Lernzielen und Lernzeiten; Zertifizierung; vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION 2001). Damit wird verborgenes Lernen angesprochen und erworbene Kompetenzen - etwa für "Ehrenamtlichkeit"/ Freiwilligkeitsmanagement und Anerkennungen bei Bewerbungsverfahren - sichtbar gemacht.
Neue Medien und Netzwerke scheinen eine Lernhaltung zu bevorzugen, die zur Bereitschaft zum Lernen führt. Dies führt weniger zu einem "Lernen auf Vorrat", vielmehr zu einem "Lernen just in time".
Neben flüchtigem und vielfältigem Wissen wird mitlaufendes Lernen - losgelöst von Orts- und Zeitgrenzen - zur Selbstverständlichkeit (vgl. NOLDA 2004, 29-42; NOLDA 2008, 93; SCHUBERT 2008, 179-187; ARNOLD - NUISSL - ROHS 2017, 229-236).
9 Fortbildung von Lehrenden - Erfahrungen eines unterrichtsbezogenen Konzepts |  |
Qualitätsmerkmale von Kursen, Blockveranstaltungen, Lehrgängen, Abendveranstaltungen und Diskussionsreihen mit gutem Unterricht und damit Lernerfolgen von Teilnehmer/innen stehen im engen Zusammenhang mit der fachdidaktischen Expertise von Lehrkräften.
Entwicklung und Evaluation von theoretisch fundierten und an der Praxis orientierten Fortbildungsmaßnahmen haben daher Bedeutung in der aktuellen Bildungsforschung erlangt (vgl. TERHART 2003, LIPOWSKY 2004).
Vorgestellt wird ein Konzept, in der Phasen des fachbezogenen und fachdidaktischen Wissenserwerbs mit Phasen der Unterrichtsumsetzung abwechseln.
9.1 Aufgreifen von Teilnehmervorstellungen - Weiterentwicklung |  |
In der EB/ WB ist Teilnehmerorientierung mit Vorwissen und (Berufs-) Alltagserfahrung Voraussetzung für eine unterrichtliche Konzeption. Erweitert werden solche pädagogischen Muster, wenn es gelingt, den Lernenden Gründe für Lehr- und Lerninhalte zu vermitteln.
Daher gilt ein entsprechender Umgang mit Teilnehmerinteressen und Vorstellungen bei der Planung und Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen als eine Erfolgsbedingung für gelingenden Unterricht/ Lehre. Einzelmaßnahmen wie das Erzeugen eines kognitiven Konfliktes oder das Abfragen von Vorwissen oder das Bilden von Analogien reichen dafür nicht aus.
Auszugehen ist daher in der EB von einer
1 sach-, kontext- und erwachsenenpädagogischen Strukturierung der Lerninhalte,
2 Schaffung problemhaltiger und handlungsintensiver Lerninhalte und
3 einsichtiger und nachvollziehbarer Argumentation für das angestrebte Konzept mit einer praktizierbaren Erfahrbarkeit.
Aus heutigem Wissensstand über Lehrerkompetenzen bedarf dies eines komplexen Zusammenspiels von fachlichen und fachdidaktischen Kenntnissen mit motivationaler Orientierung und selbstregulativen Fähigkeiten (vgl. WAHL 2006).
9.2 Konzeption, Inhalte, Didaktik und Ablauf eines Fortbildungsprojekts |  |
Anspruch eines Fortbildungsprojekts ist es, den Teilnehmer/ innen eine unterrichtsorientierte Auseinandersetzung mit Inhalten bieten zu können.
Dafür wird in Anlehnung an WAHL (2006) ein Kombinationsmodell mit Lernphasen mit einer Internet - Plattform, Präsenztagen und Lernpartnerschaften bzw. Praxistandems angeboten. Damit wechselt der Lernprozess in/ als Präsenzphasen, Lernpartnerschaften/ Praxistandems, Selbststudium und Arbeit mit der Website. In den Präsenzterminen erhalten Unterrichtende Angebote zur Erweiterung und Vertiefung ihres fachlichen und didaktischen Wissens über einen von ihnen gewünschten Lernbereich ihrer erwachsenenpädagogischen Praxis.
Inhalte sind demnach
1 die Vertiefung des inhaltsspezifischen Sachwissens und eine
2 Erweiterung des fachspezifisch - pädagogischen Wissens wie etwa ein Verständnis für die Bedeutung der Thematik und Bedeutung der Lernprozesse, Konsequenzen für den Unterricht, die Vermittlung von Forschungsergebnissen, eine kritische Reflexion und Diskussion, Material- bzw. Literaturbeschaffung, der Austausch über unterrichtliche Gestaltungsmöglichkeiten und Einsatz von Analogien/ Modellvorstellungen.
Lernziele zur Stärkung des professionellen Selbstverständnisses sind der Aufbau und die Vertiefung
1 des subjektiven Kompetenzerlebnisses für die Inhalte mit einer handlungs- und reflexionsintensiven Gestaltung der Lehr- und Lernumgebung,
2 für die Einsicht in die Alltagsrelevanz und
3 die Denk- und Arbeitsweise in dem zu behandelnden Fachbereich.
Für die Sicherung der Teilnehmerorientierung sind didaktische Prinzipien zu berücksichtigen, wie sie für eine Gestaltung von situierten Lernumgebungen formuliert werden: Problemorientierung, Authenzität und Situiertheit sowie ein Methodenrepertoire mit aktivem und selbstreguliertem Lernen mit Sozialaustausch ermöglichen Reflexionsprozesse (vgl. WAHL 2006).
Von Bedeutung erscheint dabei die Orientierung an Vorstellungen der Unterrichtenden wie etwa die Rekonstruktion und Ausführung bestehender und im Lernprozess entstehender Vorstellungen, Auseinandersetzung mit alternativen Konzepten und Theorien sowie einer reflexionsintensive Diskussion und Überprüfung.
Beispielhafter Ablauf eines Fortbildungstages
Der Entwurf eines Ablaufes gibt die Inhalte/ Struktur von Wiederholung und Erarbeitung neuer Inhalte wieder und zeigt realisierte Lehr- und Lernmethoden.
 | Didaktik - Ziel | Lerninhalt | Sozialform/Methode |
Aktivierung - Erfahrungsaustausch | Kontaktaufnahme Anknüpfen an die Arbeit Vorstellen der Inhalte | Wechselnde Kleingruppen |
Erprobung von Lösungsmöglichkeiten | Arbeit an der Internet - Plattform | Partnerarbeit am PC/ Unterstützung |
Aufgreifen der Arbeitsaufträge | Unterrichtskonzept - Bearbeitung | Kleingruppendiskussion - Plenum |
Weiterentwicklung des Konzepts | | Einzelarbeit |
Fachdidaktik | Unterrichtsversuch | Unterrichtsimpulse/Referat |
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9.3 Buchbesprechung |  |
Eberhard Schwenk - Wolfgang Klier - Jürgen Spanger
Kasuistik in der Lehrerbildung - Seminardidaktische Impulse für eine praxis-, problem- und teilnehmerorientierte Arbeit mit angehenden Lehrerinnen und Lehrern, Baltmannsweiler 2010, 142 Seiten
Kasuistik in der Lehrerbildung ist durchaus auch für Erwachsenenbildner/ innen in seiner Neubearbeitung der Grundzüge einer praxisorientierten Seminardidaktik geeignet, wenn man die schulrechtlichen und schulpädagogischen Voraussetzungen von Schule wegfallen und EB/ WB mit seinen Prämissen zur Geltung kommen lässt.
Die Autoren erläutern ihr Verständnis von Praxisproblemen und ordnen ihr Lehr - Lern - Format der Kasuistischen Pädagogik zu.
Die Problemanalyse einer Lehrveranstaltung benötigt eine theoretische Begründung, die ein seminardidaktisches Konzept durch Analysetipps entwickelt. Damit wird ein Konzept vorgelegt, das den Bedürfnissen der Adressaten entspricht. Eine ständig theoriegeleitete Reflexion von Praxisproblemen verknüpft Theorie und Praxis, die in der Folge in einem weiteren Schwerpunkt der vorgestellten Konzeption das selbstorganisierte Lernen und die damit verknüpfte Partizipation im Ausbildungs- und Fortbildungsprozess bearbeitet.
Begründungen und aktuelle Entwicklungen werden an den Themenbereichen Problemorientiertes Lernen und Videografie, Fallarbeit und online-Fallarchive, Portfolioarbeit, Blended Learning, Lernfelder, Lernwerkstatt und Situiertes Lernen aufgezeigt.
Der Zusammenhang der vorgelegten Konzeption mit Aspekten der Standard- und Kompetenzorientierung, Qualitätsentwicklung, Leitbildentwicklung, Feedback - Kultur und Evaluationsformen wird in der Folge beleuchtet.
Das Buch ist vorwiegend für Ausbildnerinnen und Ausbildner konzipiert und kann wertvolle Anregungen für Lehrveranstaltungen der EB/ WB liefern (vgl. das ganzheitliche theoretische Konzept von WAHL mit Parallelen von Schule, Hochschuldidaktik und EB; WAHL 2006, 7-8).
9.4 Diskussion |  |
Für den Fortbildungsprozess werden die verschiedensten Möglichkeiten für ein eigenes Handeln und eine intensive Diskussion von Lehr- und Lerninhalten und Fachdidaktik als wertvoll angesehen.
Eine wesentliche Bedeutung stellt die Konzeptentwicklung in Verbindung mit den Lern- und Lehrinhalten dar.
Eine bewusste Auseinandersetzung in Gesprächsform, klärender Auseinandersetzung und/ oder informeller Kommunikation mit eigenen (Fehl-) Vorstellungen ist für den Aufbau eines tragfähigen Fachwissens lernförderlich.
Ein ganztägiger Studientag/ Fortbildungs- gilt als vorteilhafter im Vergleich zu Nachmittagsfortbildungen, weil ausreichend Zeit und Raum für individuelle Lernprozesse zur Verfügung stehen.
Transferphasen - eine Kombination von konkreten Arbeitsphasen und der Arbeit im Tandem - geben die Möglichkeit, am Fortbildungsthema zu arbeiten, Anwendungen auszuprobieren und Erfahrungen auszutauschen.
Fortbildungsinhalte werden dann als hilfreich und wertvoll angesehen, wenn Handlungsrelevanz gegeben ist. Theoretische Erkenntnisse - wie der Lehr- und Lernforschung - sind dann sinnvoll, wenn sie auf antizipierte Handlungssituationen als verwendbares Wissen wahrgenommen werden.
Eine Nachbereitung des eigenen Unterrichts mit einem Coach wird als wertvoll angesehen. Besser realisierbar ist eine Expertenanalyse einer Unterrichtssituation aus einem anderen Unterricht.
Eine Verbindung zur Universität/ Hochschuldidaktik wird im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen hervorgehoben. Damit ist eine Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes und einer seriöse bildungstheoretischen Grundlegung gegeben (vgl. HERAN - DÖRR/ KAHLERT/ WIESNER 2007, 365).
10 Folgerungen |  |
Im Folgenden wird auf den Prozess der Professionalisierung, die Weiterbildung im Kontext mit der Personalentwicklung, Thesen zur Weiterbildung und Lerntheorien, Partizipation, Erwachsenenpädagogik und Hochschuldidaktik sowie politische Erwachsenenbildung und eine Buchbesprechung hingewiesen.
10.1 Professionalisierung |  |
Die offizielle Wertschätzung und die inoffizielle Abwertung von EB/ WB entspricht dem Pluralismus der EB -Institutionen, dem Mangel an Personalressourcen und Finanzierungsmodellen.
EB ist der am geringsten öffentlich geförderte Bildungsbereich, wobei die offizielle Bewertung und Bedeutung von "lebensbegleitendem Lernen" kaum im erwachsenenpädagogischen Ausdruck vorkommt (vgl. NOLDA 2008, 124).
In der EEB als konfessionelle Erwachsenenbildung ist zu bemerken, dass innerhalb der Grauzone zwischen Vereinswesen und kirchlicher Institution erwachsenenpädagogische Aktivitäten im Rahmen des Bildungs- und Kirchenmanagements unterschiedlich bewertet werden und so der religiöse Bildungsprozess mit Taufe (Elternbildung), Religionsunterricht (schulischer Bildung), Konfirmation (kirchlicher Bildung) und EEB (EB/ WB) kein einheitliches Kontinuum (mehr) darstellt(vgl. zu Kirchenmanagement THOMÉ 1998, HÖHER - HÖHER 1999).
Widersprüchlich sind die offiziellen Bekundungen von personenbezogener und beruflich zweckgebundener EB (Allgemeine vs. Berufliche EB). Es gab immer schon Mischformen, etwa in der Allgemeinen EB beruflich orientierte Angebote (etwa Sprachkurse).
Ausgehend von einer Konzeption der Durchsetzung von Schlüsselqualifikationen ("basic skills") werden heute zusätzlich die fachlichen Voraussetzungen einer Selbststeuerung im Lernprozess mit der Umsetzung des Wissens als erforderlich angesehen.
SCHULLER spricht daher von der Beeinflussung durch Humankapital (Wissen, erfolgreiche Umsetzung), Identitätskapital (Selbstkontrolle, Selbstbild, Denkvermögen) und Sozialkapital (vgl. SCHULLER 2005, 13; NOLDA 2008, 126).
Vergleicht man die Institutionen der EB/ WB, erkennt man die Veränderungen der Organisation durch
- pädagogische (Erwachsenenpädagogik, Erwachsenenlernen),
- betriebswirtschaftliche (Betriebswirtschaft),
- organisationsentwicklungsbedingte (Organisationsentwicklung) und
- bildungspolitische (Politische Bildung, öffentlicher Bildungsauftrag) Perspektiven.
10.2 Weiterbildung |  |
Mit Skepsis ist die Beteiligung/ Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen zu betrachten. In der Begründung für eine Pflicht zum lebensbegleitenden Lernen durch das Memorandum der Europäischen Kommission 2001 wird ein enger Zusammenhang von (Weiter-) Bildung und (Weiter-) Beschäftigung unterstellt. Dem Einzelnen wird die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für eine Kompetenzentwicklung zugeschrieben (vgl. kritisch zur Erwachsenen- bzw. Weiterbildung ERLER 2014, 49-60).
Nach einem Jahrzehnt zeigen die Daten eine Weiterbildungsabstinenz bzw. Weiterbildungswiderstand (vgl. HOLZER 2017).
"Festzuhalten bleibt zuerst, dass die Beteiligung an 'beruflicher' Weiterbildung insgesamt im Bezugszeitraum zwar zunächst kontinuierlich angestiegen ist, um dann seit der Jahrtausendwende ähnlich kontinuierlich wieder zurückzugehen. Die an die Erwerbssituation gebundene Segmentierung des Weiterbildungssektors hat währenddessen aber keineswegs abgenommen, sondern sich im Laufe der letzten Jahre eher noch verstärkt" (BOLDER 2011, 54).
1 Als Ursachen (-bündel) gelten die Folgewirkungen der an das Sozialmilieu gebundenen schulischen Vorbildung- je schlechter die formale Vorbildung, desto geringer eine Teilnahme - und die Praxis beruflicher Weiterbildung, die diese Diskrepanz reproduziert und eher verschärft, regionale Lebens- und Arbeitswelten eine Teilnahmewahrscheinlichkeit signifikant beeinflussen (je schwächer die Infrastruktur, desto geringer die Weiterbildungsbeteiligung), eine Motivation zur Weiterbildung an Zeitstrukturen gebunden ist, Dauer und körperliche Belastung mit Arbeitssituationen verbunden ist (damit Bildungsferne wiederum abhält), weniger beruflicher Aufstieg und berufliches Fortkommen als eher eine Sicherung der eigene Qualifikation und des Arbeitsplatzes zentrales Motiv sind und letztlich keine Garantie zu einer Besserung oder Sicherung der Erwerbssituation gegeben ist (vgl. BOLDER 2011, 56-57).
2 "Nicht - Beteiligung an Weiterbildung hat also weniger mit pädagogisch überwindbaren Motivations- und Lernproblemen zu tun als mit dem Stellenwert beruflicher Weiterbildung im Lebenszusammenhang der Einzelnen[...]So erklärt sich am Ende der Lissabon - Strategie - Phase, die Europa zur lebenslang lernenden Wissensgesellschaft und auf die Basis zur führenden Wirtschaftsmacht machen wollte, warum die Verhaltensanweisung des lebenslangen Lernens im Kreise ihrer Adressaten ohne Weiteres im Sande verläuft" (BOLDER 2011, 57).
IT - Hinweis: Hälfte macht keine berufliche Weiterbildung > http://ooe.orf.at/news/stories/2566227/ (8.1.2013)
Bemühungen in Österreich um eine Verbesserung lebensbegleitenden Lernens - in Form eines Strategiepapiers von vier Ministerien - sind von Interesse (vgl. "Strategie im lebenslangen Lernen 2020"/Juli 2011; http://www.erwachsenenbildung.at/aktuell/nachrichten_details.php?nid=4747 > 1.8.2012).
Weitere Aufgaben sind
- die Gestaltung des Lernunterstützungssystems (Netzwerke, Ausbau von Lernberatung),
- die Professionalisierung der Mitarbeiter/innen (Fort- und Weiterbildung/Weiter- bzw. Höherqualifizierung) und
- die Weiterentwicklung der Organisation, wobei die aktuelle Ökonomisierung - bei Rückgang bzw. Beschränkung der finanziellen Mittel - mitunter hemmend auf innovative Bemühungen wirkt.
Der interdisziplinäre Ansatz geht von einer bildungswissenschaftlichen Perspektive aus. Dies zeigt sich daran, dass Lern- und Bildungsprozesse vorrangig die Einzelbiographie betreffen, weshalb EB/ WB als Disziplin mit den vielfältigen Ansätzen und Anforderungen gefordert ist.
Personalentwicklung
"Unabhängig von konjunkturellen Gegebenheiten, kritischen Stimmen zur Wirksamkeit und Nachhaltigkeit steigen die Ausgaben im Weiterbildungsbereich kontinuierlich an" (KAUFFELD 2016, V). Unbestritten ist das Weiterlernen nach einer beruflichen Erstausbildung (vgl. die Notwendigkeit der Erhaltung eines beruflichen Standards, der Innovationsfähigkeit und Beschäftigungsfähigkeit sowie die Erhaltung von Wissen und Können).
Fort- und Weiterbildung, in Unternehmen, Organisationen und Betrieben - gemeinhin auch als "Personalentwicklung" bezeichnet - findet nicht nur in Lehr- und Lernsituationen, sondern auch informell in der beruflichen Tätigkeit und selbstorganisierten Lernprozessen statt (vgl. die IT - Autorenbeiträge http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Personalentwicklung; Lehre an der Hochschule, Kap. 9).
Zur Begrifflichkeit gehören die Kompetenzentwicklungsmaßnahmen, die die Unterschiedlichkeiten aufzeigen.
1 Die Berufsausbildung dient der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit in der sich verändernden Arbeitswelt mit der Vermittlung grundlegender Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem methodisch-didaktisch konzipierten Ausbildungsgang (vgl. die Möglichkeiten eines Lehrganges und eines Seminars der Beruflichen bzw. Betrieblichen Erwachsenenbildung, des Unterrichts in Berufsschulen/mittleren und höheren berufsbildenden Schulen, der Hochschullehre an Fachhochschulen bzw. Universitäten mit ihren Spezialisierungen von Theorie und Praxis).
2 Weiterbildung umfasst Maßnahmen der Fortsetzung und Vertiefung der beruflichen Ausbildung. Es geht um den Erhalt bzw. Anpassung beruflicher Grundbildung in Form von qualifizierter Fortbildung, die Erweiterung und damit die Möglichkeit eines beruflichen Aufstieges (Weiterbildung), aber auch um berufliche Umschulungen. Selbstverständlich gibt es die Kombination von Allgemeinbildung und Berufsbildung, etwa bei der Erweiterung von Sprachkenntnissen, interkultureller Kompetenz und Politischer Bildung.
3 Trainings dienen der verbesserten Leistung in anderer Umgebung mit der systematischen Aneignung von Fähigkeiten, Konzepten und/oder Einstellungen (vgl. GOLDSTEIN - FORD 2002).
4 Ein Seminar wird von Lehrenden mit Sprache und medialer Unterstützung für in einer Gruppe Lernender vermittelt. Die Transformation von Wissen und Fertigkeiten findet effizient zeitgebunden für Teilnehmende statt.
5 Weiterbildung kann ein- bis mehrtägig, mehrere Wochen und nebenberuflich mehrsemestrig als Studium stattfinden.
6 Lehr- und Lernformen können in Präsenzform, Fernlehre/Fernstudium, als IT-gestütztes Lernen, selbstgesteuertes Lernen oder in kombinierter Form angeboten werden.
Thesen zur Weiterbildung
Die folgenden Thesen sollen die Problembereiche und Möglichkeiten skizzenhaft aufzeigen.
1 Trotz Zweifel der Wirksamkeit gewisser Weiterbildungsangebote in Form von Seminaren und Trainings spielen Lernformen im deutschsprachigen Raum eine große Rolle.
2 Je größer ein Unternehmen, desto höher die Aktivität in der Weiterbildung.
3 Es wird davon ausgegangen, dass der Bedarf und die Kosten für Weiterbildung künftig steigen, die Angebote individualisiert bzw. spezialisiert und auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten werden (vgl. WERNER 2006, 1-19; BECKER - GRACHT 2014).
4 Technologische Veränderungen machen einen Anstieg der Anforderungen notwendig.
5 Human Resources in Form der einzelnen Mitarbeiterkompetenz dienen der Sicherung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmungen/ Betriebe.
6 Kompetenzen der Unternehmungen und Mitarbeiter umfassen mehr als das fachliche Wissen ("know how"), so etwa auch die Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und überfachliche Qualifizierungen sowie das Angebot der Mitarbeiter-Kompetenz?, damit das interne und externe Image der Unternehmungen mit den Aktivitäten der Personalentwicklung, des Kompetenz- und Qualitätsmanagements.
7 Die Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit steigt mit dem Angebot einer betrieblichen internen und externen Weiterbildung.
8 Die demographische Entwicklung bzw. ihr Wandel bedeutet sinkendes Angebot nachrückender junger Nachwuchskräfte. Das Rentenalter wird weiter angehoben, damit ältere Arbeitskräfte in der Erwerbstätigenquote erhöht. Dies hat Folgen für die Berufsmöglichkeiten des Einzelnen und der Betriebe.
Lerntheorien
Im Folgenden werden lerntheoretische Ansätze dargelegt, die Lernprozesse beschreiben und erklären (vgl. KAUFFELD 2016, 40-70).
Lernen kann als dauerhafte Änderung eines Verhaltens durch Interaktion einer Person mit ihrer Umwelt verstanden werden. Dies zeigt sich in neuen Anwendungsbereichen. Lernen kann als Voraussetzung für den Transfer von Trainingsinhalten definiert werden.
Zu den bekanntesten Lerntheorien zählen behavioristische, kognitivistische, motivationstheoretische, handlungsorientierte, konstruktivistische, selbst - organisationstheoretische, neurobiologische und erwachsenenpädagogische Ansätze.
1 Behavioristische Ansätze
Hier geht es ausschließlich um das sichtbare Verhalten. Kognitive Vorgänge werden ausgeblendet (vgl. SKINNER 1982). Bedeutsam ist die Verstärkertheorie, wobei die Folgen eines früheren Verhaltens dazu beitragen, Personen zu motivieren, das Verhalten erneut zu zeigen bzw. künftig zu unterlassen. Verhaltenspresse sind die positive Verstärkung, negative Verstärkung, direkte Bestrafung, Bestrafung durch Verlust und primäre sowie sekundäre Verstärker.
Tokens werden nach Abschluss eines Lernprozesses gegen positive Handlungen eingetauscht (vgl. KAUFFELD 2016, 40-42).
Von Interesse ist die Verstärkungstheorie beim E-Learning?, wobei das Erreichen einer höheren Lernebene verstärkt, das Zurückfallen bestraft.
2 Kognitivistische Ansätze
Soziales Lernen beinhaltet ein Lernen am Modell (vgl. WOOD - BANDURA 1989). Die Beobachtung wird durch kognitive Prozesse verarbeitet, wo bei sich ein kognitives Konzept für das eigene Verhalten ergibt (Film, Modellperson; vgl. BANDURA 1977). Merkmale von Lernprozessen sind die Aufmerksamkeit, das Gedächtnis, die Reproduktion und Motivation mit der Selbstwirksamkeitserwartung (verbale Überzeugung, Beobachtung eines Modells/ Demonstration, bisherige Leistung, Behaltenshilfen/ Gedächtnisstützen, Modelllernen, soziale Verstärkung und Anwendung)
Die Zielsetzungstheorie beinhaltet die Entstehung das Verhaltens aus bewussten Zielen und Absichten eines Menschen (vgl. LOCKE - LATHAM 1990). Bei höherer Selbstwirksamkeit kommt es zu höheren Zielen und stärkerem Engagement (vgl. WOOD - BANDURA 1989, 361-384). Neue Herausforderungen bringen ein höheres Leistungsniveau und umgekehrt.
Die Erwartungs - Mal - Wert -Theorie beinhaltet Motivation als Produkt von Erwartung (unmittelbare Ergebnisse), Instrumentalität (mittelbare Folgen) und Valenz (Bewertung der Handlungsfolgen).
Die Informationsverarbeitungstheorie beinhaltet die ablaufenden Prozesse beim Lernen im Gehirn (Erfahrungen, Einstellungen, Erinnerungen > eigene Bewertung, Feedback, Umwelt - Sinnesorgane - Kurzzeitgedächtnis - Langzeitgedächtnis) (vgl. NOE 2003).
3 Motivationstheoretische Ansätze
Sie beinhalten die Beweggründe für ein Verhalten. Das Wissen von Motiven hilft Lernprozesse und ihre Anwendungen zu verstehen. Die beiden Ansätze der Bedürfnispyramide und das Rubikon-Modell? werden im Folgenden dargestellt.
- Die Bedürfnistheorie beinhaltet die Annahme, dass jeder Mensch bestimmte Bedürfnisse besitzt. Wird ein Mangel festgestellt, wird er motiviert, diesen abzustellen. MASLOW (1960) stellt ein Vorrang einiger Bedürfnisse fest, die die Handlungsmotivation des Einzelnen beeinflussen.
Diese Hierarchie wird in der Bedürfnispyramide in fünf Ebenen gegliedert: Ebene I - physiologische Bedürfnisse (Essen, Trinken, Schlaf, Kleidung, Haus), Ebene II - Sicherheitsbedürfnis (Geborgenheit), Ebene III - soziale Bedürfnisse (Zugehörigkeit), Ebene IV - Ich - Bedürfnisse (Status, Macht), Ebene V - Selbstverwirklichung.
Es ist selbstverständlich, dass bei der Anwendung dieses Theorieansatzes die Bedürfnisse der Teilnehmenden sich durchaus als unterschiedlich herausstellen können.
- Das Rubikon - Modell (HECKHAUSEN - GOLLWITZER 1986, 1071-1082) beinhaltet vier Handlungsphasen im Motivationsprozess, die von einem Wunsch bis zur Realisierung von Zielen verlaufen.
Prädezisionale Phase > Intensionsbildung > Wählen von Alternativen
Präaktionale Phase > Intensionsinitiierung > Planen
Aktionale Phase > Intensionsrealisierung > Handeln
Postaktionale Phase > Intensionsdeaktivierung > Bewerten
4 Handlungsorientierte Ansätze
Sie beinhalten das Handeln des Einzelnen.
- Merkmal ist der wiederkehrende Soll - Ist - Vergleich (Soll > Veränderung > Ist > Rückmeldung > Soll).
- Handlungsorientiertes Lernen wird als bewusster Lernprozess von Lernenden gesteuert (vgl. KAUFFELD 2016, 55-56).
- Die Handlungsregulationstheorie beinhaltet die psychische Struktur des Handelns in zwei Dimensionen. Die sequenziellen Handlungsweisen betrachten die zeitliche Abfolge (Planen > Ausführten > Kontrolle). Hierarchische Handlungsweisen beinhalten das Verhältnis der Über- und Unterordnung von Tätigkeiten mit ihre Einheiten in zeitlicher Ausdehnung und ihrem Umfang. Die Regulation findet sensomotorisch, perzeptiv-begrifflich und intellektuell statt (vgl. HACKER 1986).
- Das Handlungslernen beinhaltet Learning by Doing, Lernen durch Reflexion (Beteiligung), direktives Handlungslernen (Thematisierung der Entwicklungsrichtungen) und metaphorisches Handlungslernen(Verhaltensänderung vor bzw. während der Aktivität) (vgl. KAUFFELD 2016, 58-60).
5 Konstruktivistische Ansätze
Diese Lernansätze beinhalten als Mittelpunkt den aktiv Lernenden. Ansatz ist der Mensch die Realität durch aktiver Verarbeitung in ihrer Wahrnehmung selbst konstruieren. Damit bedarf es in jedem Lernprozess einer aktiven Konstruktion von Wissen (vgl. KAUFFELD 2016, 61-65).
- Wissen muss selbst erzeugt und nicht passiv nur aufgenommen werden. Ein direkter Transfer von Wissen von Lehrenden zu Lernenden ist unmöglich. Situatives bzw. situiertes Lernen ist an konkrete Situationen gebunden(vgl. Theorie -Praxis - Problem).
- Damit bedarf es realitätsnaher Aufgaben- und Problemstellungen mit komplexen und problemhaltigen Anforderungen. Dieser Lernanspruch, weniger als Methode gedacht, erfordert eine entsprechende Umgebung. Wichtige Faktoren sind Lerngruppen und Arbeiten mit Experten mit der Gestaltung der Lernumgebung, wobei das Gelernte selbst artikuliert und reflektiert werden soll.
- Mit der Abstraktion des Wissens sollen in der Folge andere Probleme angegangen werden können. Damit wird das Wissen selbst abstrahiert(vgl. die Elemente in Form von konkretem Erfahren > Reflexion-Beobachtung? > Abstraktion-Konzeptualisierung? > Überprüfen an der Wirklichkeit). Selbstgesteuertes Lernen ergibt sich damit.
- In der Folge wird dieser Ansatz bei der Aus- und Fortbildung, im Studium und der Erwachsenenbildung eingesetzt.
- Ein Ansatz ist das "Problem - based Learning", weniger eine Methode als eine Situation, bei der Lernende mit einem Problem konfrontiert werden und eine Lösung finden sollen (als Einzel- oder Gruppenarbeit).
- Kognitive Lehre ("Cognitive Apprenticeship") als Methode versucht als weitere Methode die Vorteile einer praktischen Lehre für die theoretische Ausbildung zu nutzen (vgl. die Nutzung bei arbeitsorientiertem Lernen mit dem instruktionspädagogischen Ansatz in der Dualen Ausbildung, im praktischen Fachunterricht bzw. eines Praktikums). Angestrebt wird in diesem Absatz weniger die manuelle Fertigkeit, vielmehr strategisches Wissen, wobei das Wissensniveau der Lernenden berücksichtigt werden muss.
- Konkrete Methoden sind die gestufte Hilfe, Artikulation > Lernende sprechen über ihr Wissen, Denk- und Urteilsprozesse) und Reflexion und Exploration > Selbständigkeit in der Arbeit.
6 Selbstorganisationstheorie
Dieser Lernansatz (Synergetik) beinhaltet die Lehre vom Zusammenwirken von Elementen innerhalb eines komplexen Systems und deren Wechselwirkungen.
- Ausgangspunkt des Lernens ist das Chaos, woraus sich der Vorgang der Selbstorganisation ergibt. Diese zeigt sich in effizienten Verhaltensweisen, Strukturen sowie auch Regeln und Werten (vgl. KAUFFELD 2016, 66).
- Kompetenzen sollen als "Ordner" dienen, die den Anforderungen des Einzelnen gerecht werden sollen.
7 Neurobiologischer Ansatz
Das Gehirn speichert nicht Informationen wie eine PC - Festplatte, aber erzeugt Wissen durch die Vernetzung und Anwendung. Je öfter eine Verbindung verwendet wird, desto automatisierter wird sie genutzt und umso sicherer und abrufbarer ist sie. Wiederholung ist daher ein wesentliches Kriterium für den Aufbau neuronaler Netze (vgl. HERMANN 2012, 9-17; KAUFFELD 2016, 66-68).
Verknüpfungen festigen zu Bekanntem/ Vorwissen das Neue, wobei eine Vielzahl von Verbindungen zu einem Thema Lernprozesse begünstigt. Lernende sollten daher die Möglichkeit haben, mehrkanalig zu lernen.
Lernimpulse entstehen über Eindrücke, die wiederum Gefühle erzeugen. Wer entspannt und mit Freude lernt, denkt eher kreativ. Mit Angst hält man sich eher an Bekanntem und versucht so, aus der Angstquelle zu entkommen. Angst kann natürlich den Lernprozess hemmen, womit in der Folge Misserfolge sich einstellen.
"Multitasking" wirkt sich auf das Langzeitgedächtnis negativ aus (vgl. SAJIKUMAR - MORRIS - KORTE 2014).
Freude beim Lernen bedeutet nicht unbedingt ein Vergnügen, Herausforderungen können anstrengend sein und trotzdem Freude bereiten.
Die Beziehung zur Lernsituation spielt eine wesentliche Rolle, etwa motivierend oder erleichternd bzw. umgekehrt (vgl. HERMANN 2012, 9-17; KAUFFELD 2016, 68).
Erfolg fördert Erfolg (vgl. das Prinzip der Selbstverstärkung mit Erfolg > Optimismus (positive Lernhaltung) > Selbstbewusstsein > Motivation bzw. umgekehrt.
Die Abspeicherung von Informationen erfolgt durch hirninterne Belohnungsmechanismen, durch Ausschüttung von Dopamin. Der Lerneffekt ist dann groß, wenn trotz großer Hürden und Anstrengung ein Erfolg sich ergibt.
Frustration ergibt sich, wenn Lernanforderungen ständig nicht erreicht werden. Daher sind grundsätzlich bewältigbare Herausforderungen bzw. Lernprozesse didaktisch anzustreben.
8 Erwachsenenpädagogische Ansätze
Lernen hört nicht mit dem Ende der Schulzeit bzw. Hochschule und dem Arbeitsbeginn auf.
Problemzentrierte Ansätze in "lebensbegleitendes Lernen" sind notwendig geworden, der Erkenntnisstand der jeweiligen Einzeldisziplin erfordert Fort- und Weiterbildung. Das Gehirn nimmt immer Informationen auf, es lernt immer (vgl. SPITZER 2006).
Aspekte einer Erwachsenenpädagogik sind demnach
- die Begründung für den Lerninhalt gegeben,
- selbstgesteuertes Lernen ermöglichen,
- Vorwissen berücksichtigen und in das Arbeitsfeld integrieren,
- problemzentrierte Lernansätze einbringen und
- intrinsische und extrinsische Motivation berücksichtigen.
10.3 Partizipation |  |
Partizipation in der EB/ WB wird zunehmend eine zentrale (Kultur-) Aufgabe (vgl. FLEIGE 2011, 64). Dabei unterscheiden sich Lernformen, Lernorganisation, Lernstile und Inhalte von schulischen Formen.
Gestaltungsmöglichkeiten und Gestaltungsanforderungen von Lernkulturen aus nationaler und internationaler Perspektive ergeben künftige Aspekte in der EB/WB, wobei leitende Fragen sein werden:
- In welcher Vielfalt entwickeln sich Lernkulturen?
- Wo liegen die Gestaltungsanforderungen?
- Welche Theoriezugänge ermöglichen einen inter- bzw. transkulturellen Blick auf Lernkulturen?
- Wie entfalten sich die Lernkulturen in den Institutionen?
Trans- bzw. Interkulturalität versteht sich als Beitrag einer Kulturgrenzen überschreitenden Zusammenarbeit und Gestaltung von erwachsenenpädagogischen Maßnahmen. Handlungssubjekte sind demnach soziale Gruppen in transnationalen Staatenbünden, benachbarten Regionen und differente Bevölkerungsgruppen innerhalb einer nationalstaatlichen abgegrenzten Gesellschaft.
Erwünscht werden Handlungsspielräume, die emanzipatorische Bildungskonzepte in Vielfalt und Toleranz unterstützen (vgl. FLEIGE 2009, 170). Eine kulturvergleichende Perspektive eröffnet einen globalen Blick auf verbindende Sentenzen und mögliche Differenzen, die zu beachten sind (vgl. GIESEKE - ROBAK - WU 2009; zu kritischen/ skeptischen Bemerkungen der Transkulturalität als Bildungsziel MECHERIL - SEUKWA 2006, 8-13).
Interessante Aspekte ergeben sich aus einer Verbindung von Erwachsenenpädagogik (EB/ WB), Hochschuldidaktik und unterrichtswissenschaftlichen Perspektiven (vgl. WAHL 2006, 7-8).
Inwieweit Hochschulbildung zur EB gehört/ zu gehören hat, wird unterschiedlich bewertet (vgl. NUISSL - LATTKE - PÄTZOLD 2010, 51).
1 Die Europäische Kommission versteht jedenfalls unter EB "[...]alle Formen des Lernens durch Erwachsene nach Abschluss der allgemeinen und/ oder beruflichen Bildung, unabhängig von dem in diesem Prozess erreichten Niveau (d.h. einschließlich Hochschulbildung)" (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2006, 2).
2 Hier erscheint eine wenig beachtete Schnittstelle vorhanden zu sein, die neu zu bewerten sein wird.
In der Fortbildung von Lehrkräften wird eine Anbindung an die Universität hervorgehoben. Damit wird neben der Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes auch eine solide bildungstheoretische Grundlegung gewährleistet (vgl. HERAN - DÖRR/ KAHLERT/ WIESNER 2007, 365). In diesem Zusammenhang ist die Einführung des "Universitätslehrganges EB - WB", Universität Klagenfurt/ Bundesinstitut für EB in ihrer Aufgabenstellung künftig von Interesse (leider 2022 beendet) (vgl. den IT-Autorenbeitrag? zur Hochschuldidaktik > http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Lehre an der Hochschule).
Im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen erscheinen die bisherigen Erfahrungen mit Universitätslehrgängen auf eine Höherqualifizierung/ Kompetenzerweiterung einer kleinen Klientel hinzuweisen, wobei Spezialkenntnisse - man denke an Bildungs-, Management-, Rechts- und Gesundheitssegmente sowie Sprachen und Ethik - bedeutungsvoll für den Nachwuchs in akademischer Lehre und Spezialisierungen in Unternehmungen, aber auch für die künftige Gestaltung von EB/ WB sein sollten. Zugangsregelungen, eine Kommerzialisierung und der zeitliche Aufwand - belastend bei berufsbegleitender Weiterbildung, ggf. mit Freistellungen bzw. betriebsinternen Urlaubsregelungen - behindern (noch) das Interesse für universitäre Weiterbildung.
Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sollten sich vermehrt in der Lehre engagieren. Am Beispiel Deutschlands, wo entsprechende Bemühungen anlaufen, sollte man in Österreich ebenso prüfen, wie diese Einrichtungen ihr Lehrangebot in der EB/ WB erweitern und letztlich auch die Universitäten und Fachhochschulen entlasten könnten (vgl. dazu INFORMATIONSDIENST WISSENSCHAFT, 11. Juli 2011: http://www.che.de/newsletter/link.php?linkid=7109 > 1.8.2012)
Festzuhalten ist, dass bei aller begrifflichen Vielfalt
1 EB sich auf Personen bezieht, die durch ein biographisches Kriterium ("erwachsen") näher bestimmt werden,
2 während WB den Bildungsweg als Kriterium aufweist.
Bei aller Verschiedenheit des Begriffsverständnisses in den einzelnen europäischen Dokumenten in ihrer Begriffs- und Ideenpluralität ist jeweils zu prüfen, ob ausschließlich berufliche Weiterbildung gemeint ist und in welchem Umfang zwischen formalem, non - formalem und informellem Lernen unterschieden wird (vgl. NUISSL - LATTKE - PÄTZOLD 2010, 52).
10.5 Buchbesprechung |  |
Kritische Erwachsenenbildung - Buchpräsentation und Podiumsdiskussion/ Wien 2013
Ingolf Erler - Daniele Holzer - Christian Kloyber - Erich Ribolits (Hrsg.) (2012): Kritisch denken: für eine andere Erwachsenenbildung, Innsbruck - Wien - Bozen, 158 Seiten, Schulheft 148/2012, Titelnummer STV 5185
Die Podiumsdiskussion "Bildung im Gespräch" Ende Mai 2013 in der Wiener Hauptbücherei wies auf die "dunklen" Seiten lebensbegleitenden Lernens hin und stellte das "schulheft Kritisch denken: für eine andere Erwachsenenbildung" vor.
Gewisse Standardsätze über das lebensbegleitende Lernen (LLL) sollten überdacht werden. Neben der Integration von Individuen sollten auch die Gegebenheiten hinterfragt werden.
Elke GRUBERs Beitrag setzt sich mit der Kritik in und an der Erwachsenenbildung auseinander, wobei Reflexionsfähigkeit und Autonomie verbunden mit Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, notwendig seien.
Das Berufsfeld leidet seit seiner Konstituierung an einem Anerkennungsdefizit auf beiden Ebenen, wobei Kompetenzen, Berufsmodi und Rahmenbedingungen ergänzungsbedürftig sind.
Oskar NEGTs Credo für eine Demokratie und die Kritikfähigkeit ist ein lebenslanger Prozess (S. 116-118).
Erich RIBOLITS Kritik an den bestehenden Verhältnissen mit der Begründung auf den Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt (S. 41-55) bedarf der Ergänzung, dass Freiräume in zeitlicher und finanzieller Hinsicht vorauszusetzen seien. Dazu könnten kürzere Arbeitszeiten und ein Grundeinkommen beitragen.
Kritische Fragen ergeben die Auseinandersetzung mit Inhalten, die Diskussion um verwertbares berufliches Wissen, politische Erwachsenenbildung und ggf. eigene Aktivitäten, die negative Konsequenzen haben könnten. Begrifflichkeiten wie Fort-, Weiter- Allgemein- und Berufsbildung sowie "Lebenslanges Lernen" (LLL) gehören geklärt (vgl. Christian KLOYBER/ bifeb in der Diskussion).
Der Begriff "Bildungsferne" im Kontext mit LLL bedarf einer Analyse, denn welche Bildung ist gemeint, wer ist von welcher Bildung entfernt?
IT-Hinweis?:
Initiative "Kritische Erwachsenenbildung" > http://kritische-eb.at/wordpress/?undefined (14.6.2013)
10.6 Weiterbildungswiderstand |  |
Den neuesten Erkenntnisstand in einer Verweigerung von Weiterbildung beinhaltet das umfassende Werk von Daniela HOLZER (2017) "Weiterbildungswiderstand. Eine kritische Theorie der Verweigerung", das ausgehend vom Defizit einer umfassenden und komplexen Theorie für einen Weiterbildungswiderstand, bislang ausständig ist (vgl. HOLZER 2017, 15-17; man beachte als Basiswerk AXMACHER 1990).
Erkundet wird eine negativ - dialektische, kritische Theorie von Weiterbildungswiderstand und nicht eine Theorie kritischen Weiterbildungswiderstands. Wenn letzteres nur untersucht würde, wäre dies eine Verkürzung auf einen Teilaspekt und käme einer kritischen Überhöhung von Gegen-Handeln? gleich.
Daniela HOLZER betrachtet zunächst als "Ankerpunkt" die Kritische Theorie und kritische Bildungswissenschaft (vgl. HOLZER 2017, 21-54).
Für wesentlich wird zunächst gehalten, dass historische, wissenschaftstheoretische und inhaltliche Ausgangspunkte umrissen werden. Kritische Theorie blickt auf Theoriegeschichte zurück und stellt damit eine Vielfalt an Verständnissen, Schwerpunktsetzungen und Ausrichtungen fest. Bezeichnend sind Differenzen mit Revisionen, Änderungen und Weiterentwicklungen. Diese Unterschiede und Neubelebungen erfolgen auf Grund gesellschaftlicher Ausgangslagen.
- Entfaltet werden in der Kritischen Theorie unterschiedliche Phasen, etwa 1924 die Gründung des Instituts für Sozialforschung/ Universität Frankfurt mit Carl Grünberg, 1930 mit Max Horkheimer. In der Folge bearbeiten die Linien der Theorieentwicklung u.a. noch Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse, Friedrich Pollock, Leo Löwenthal, Walter Benjamin und Henryk Grossmann. Bezugspunkt ist die kritische Reflexion der Arbeiten von Karl Marx als dritte Stufe von Kant, Marx und nunmehr als Selbstreflexion als neues Paradigma einer Erkenntnis- und Gesellschaftskritik.
- Festzuhalten ist ein Betreiben von Wissenschaft als kritische Grundhaltung etwa im Sinne einer Reflexion von Grundlagenproblemen und/oder herrschaftsfreien Bedingungen für eigene Aktivitäten in Verbindung mit Selbstkritik, Selbstreflexion und emanzipatorischem Potenzial sowie Eintreten für soziale Gerechtigkeit (vgl. DETEL 2007, 190).
- STEINERT (2007, 10-12, 24-26) kritisiert die zeitliche Abfolge von "alt" und "neu" und beanstandet eine anekdotische und eher gerüchteartige Wiedergabe in der Darstellung von prägenden Figuren (vgl. die Analogie zur Form eines Familienromans). Gefordert wird die theoretische Verarbeitung gesellschaftlicher Erfahrungen in der jeweiligen Zeit auf die Theorieproduktion.
- Kritische Theorie ist nicht frei von Interessen und Zielen, vielmehr beinhaltet sie Gesellschafts- und Ideologiekritik im Kontext mit Wissen, Denkweisen und Analysen. Damit sollte Veränderung machbar sein.
Will man die Ehrenamtlichkeit/ Freiwilligkeit in ihrem Wirkungskreis erhöhen, sollte man die Organisationsstruktur neu ausrichten. Es bedarf eines Freiwilligenmanagements in der Erwachsenenbildung, damit es zu gesellschaftlichen Aktivitäten kommen kann. Ziel ist eine lebendige Zivilgesellschaft mit Motivation und Engagement.
Der Workshop "Ehrenamt - Freiwilligkeit/ Freiwilligenkoordination" der Arbeitsgemeinschaft Ehrenamt des Rings Österreichischer Bildungswerke (22.-23.4.2013/ Wien) mit der Teilnahme des "Evangelischen Bildungswerks in Tirol" zeigt an, dass in Fortsetzung des "Internationalen Jahres der Freiwilligkeit" (2001), des "Jahres der Ehrenamtlichkeit"(2011/ Evangelische Kirche Österreich) und des Workshop - Diskurses anlässlich des Festaktes "40 Jahre Konferenz der Erwachsenenbildung Österreich - 5 Jahre Weiterbildungsakademie"/Strobl (2012) zur Freiwilligkeit/ Ehrenamtlichkeit in der Erwachsenenbildung die Diskussion und Rahmenbedingungen für eine Förderung des freiwilligen Engagements weiterhin zu führen sind (vgl. DICHATSCHEK 2012/2013, 688-692).
11.1 Notwendigkeit von besseren Förderstrukturen |  |
Zwar bestehen gewisse Förderstrukturen - etwa Fortbildungen, Konferenzen, Tagungen, Workshops und Publikationen - trotzdem ist die Thematik noch nicht im Mainstream angekommen (vgl. REIFENHÄUSER - HOFFMANN - KEGEL 2009).
Zivilgesellschaftliches Engagement als Ausdruck von Freiwilligkeit/ Ehrenamtlichkeit ist wenig verbreitet. Zwar spricht das Zahlenmaterial von Engagement - man denke an Freiwillige Feuerwehren, Musikkapellen, Sportvereine, Büchereien, Kulturvereine und soziale Hilfsorganisationen - aber im Bereich von Bildungswerken als Organisationen und Systeme mit einem spezifischen Auftrag fehlen Ressourcen/ Interessierte (vgl. DICHATSCHEK 2005b, 126-130).
Erwachsenenbildung als kirchliche Bildungsarbeit mit der Vermittlung eines theologischen Fundaments im Kontext eines erwachsenenpädagogischen Auftrages von Alltags- und Lebensorientierung, Kulturarbeit, Politischer Bildung und zunehmender Bedeutung von Interkultureller Bildung verfügt über wenig Engagierte.
Insbesondere in Diasporagebieten gibt es Nachwuchsprobleme in einem gesellschaftlich wichtigen Lern- und Handlungsfeld, das es auszubauen gilt (vgl. die Tätigkeit von Ehrenamtlichenakademien in der EKD).
Als Grundlage für Fördermaßnahmen gilt ein Freiwilligenmanagement mit entsprechenden Rahmenbedingungen, Gewinn von Fachlichkeit und Möglichkeiten der Mitgestaltung und Mitbestimmung.
IT - Hinweis: "Freiwilligenarbeit: Jeder Zweite engagiert sich" > http://oesterreich.orf.at/stories/2586070 (27.5.2013)
Freiwilligenmanagement ist Planung, Organisation, Koordination, Kooperation, Evaluation und Vernetzung von freiwilligem Engagement.
In Bildungswerken als Institutionen einer "Evangelischen Erwachsenenbildung/ EEB" findet dies in organisierter Form statt, auf Grund des staatlichen Vereinsgesetzes, kirchlicher Ordnung und einer gesamtösterreichischen erwachsenenpädagogischen Vernetzung. Zu vermerken ist die Verbindung von staatlichem Vereinsgesetz und kirchlicher Ordnung, weil hier zwei rechtliche Zuständigkeiten mit erhöhtem verwaltungstechnischen Aufwand auftreten.
Ziel ist eine nach der schulischen und erstberuflichen Ausbildung notwendige Förderung von Wissen, Fertigkeiten, Haltungen, Erfahrungen und Kompetenzen. Für ehrenamtlich Engagierte bietet sich die Chance,
- ihren Eigeninteressen nachzugehen,
- sich weiter zu qualifizieren,
- Sinn und Wert in einem Engagement zu finden,
- Interessierte kennen zu lernen und
- sich einbringen zu können.
Damit ergeben sich Anforderungen an Ehrenamtliche/Freiwillige wie
- eine Abgrenzung von Freiwilligenarbeit von der Tätigkeit Haupt- und Nebenberuflicher,
- der Kooperation zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen,
- Unterstützungssystemen,
- Qualifizierungsangeboten und
- einer Anerkennungskultur.
All dies ist ausbaufähig, wie dies das Beispiel von Evangelischen Bildungswerken in Verbindung mit der "Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Bildungswerke in Österreich" zeigt. Als gesamtösterreichische Dachorganisation mit der Mitgliedschaft im "Ring Österreichischer Bildungswerke" ist eine zeitgemäße Struktur mit Präsenz und Mitarbeit in der Allgemeinen Erwachsenenbildung, Freiwilligenmanagement, Mitarbeiterfort-/-Weiterbildung, Öffentlichkeitsarbeit und eine entsprechende Positionierung in der Evangelischen Kirche (vermehrt) anzustreben.
11.3 Zielvoraussetzungen - Ziele |  |
In der Regel fehlt eine Ausrichtung von Zielvoraussetzungen und Zielen bei diesem Engagement. In diesem Zusammenhang erkennt man einen Strukturwandel des Ehrenamtes bzw. der Freiwilligkeit im Sinne einer Gemeinwohlorientierung (vgl. BEHER - LIEBIG - RAUSCHENBACH 2000).
Leitbilder mit notwendigen Ergänzungen, Förderung von Rahmenbedingungen, Qualitätskriterien und die Zuweisung von Aufgabengebieten zeigen an, dass freiwilliges Engagement weder umsonst noch kostenlos ist.
Engagementförderung bedarf klarer Strukturierung und ist als Prozess und keinesfalls als starres System zu verstehen.
Ein solcher Prozess beginnt mit einer
- Bedarfseinschätzung,
- Aufgabenentwicklung,
- Gewinnung von Interessierten,
- Gesprächen,
- Phasen der Einarbeitung bzw. Ausbildung und
- Begleitung mit Unterstützung.
- Evaluation und Wertschätzung vervollständigen ein Freiwilligenengagement/ Ehrenamt.
- Anzustreben ist ein passendes System von Förderung und Aufstiegsmöglichkeiten sowie Persönlichkeitsentwicklung.
- Anregungen, Austausch und Bewertung sind notwendige ergänzende Elemente.
Nationale und EU - Netzwerkbildungen sind anzustreben.
Gemeinwesen- oder Community - Orientierung in der Erwachsenenpädagogik ist gekennzeichnet durch
- lokale Bildungsarbeit,
- Förderung von Inklusion in Gemeinden und
- Förderung von Partizipationsprozessen.
Ziel ist Lernen für und durch Mitgestaltung des kommunalen Lebens.
Gemeinwesenorientierte Erwachsenenbildung im Kontext von bildungspolitischen Initiativen wie "Lernen vor Ort", "Lernort Gemeinde" und "Lernende Regionen" erfuhr in den letzten Jahren verstärkte Aufmerksamkeit (vgl. den IT -Autorenbeitrag http://www.netzwerkgegengewalt.org > Erwachsenenbildung in ländlichen Regionen).
Institutionalisiert ist sie in den Erwachsenenbildungsverbänden, die im Erwachsenenbildungs - Förderungsgesetz 1973 anerkannt sind.
Als Plattform gilt die 1972 begründete "Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs/KEBÖ". Engagiert sind der "Ring Österreichischer Bildungswerke" mit dem "Verband Österreichischer Volksbildungswerke", der "Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Bildungswerke/AEBW" und der "ARGE Region Kultur" sowie das "Forum Katholischer Erwachsenenbildung".
Kennzeichnend für die Struktur der Erwachsenenbildung in den Bildungswerken ist ein freiwilliges Engagement ("Ehrenamt"; vgl. DICHATSCHEK 2012/2013, 688-692).
Zwei bildungspolitische Initiativen im Kontext mit der EU-Bildungspolitik? eröffnen gemeinwesenorientierte erwachsenenpädagogische Bildungsarbeit,
- zum einen die Aktionslinie für Community - Education in der nationalen Strategie zum lebensbegleitenden Lernen ("LLL:2020"),
- zum anderen das mit der Einführung des Nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) verknüpfte Ziel einer künftigen Anerkennung informellen Lernens.
Literaturhinweise
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12 Literaturhinweise |  |
Angeführt sind jene Titel, die direkt zitiert werden und/oder für den Beitrag verwendet werden.
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Zum Autor |  |
APS - Lehramt (VS - HS - PL 1970, 1975, 1976), zertifizierter Schülerberater (1975) und Schulentwicklungsberater (1999), Mitglied der Lehramtsprüfungskommission für die APS beim Landesschulrat für Tirol (1993-2002)
Absolvent Höhere Bundeslehranstalt für alpenländische Landwirtschaft Ursprung - Klessheim/ Reifeprüfung, Maturantenlehrgang der Lehrerbildungsanstalt Innsbruck/ Reifeprüfung - Studium Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985), 1. Lehrgang Ökumene - Kardinal König Akademie/ Wien/ Zertifizierung (2006); 10. Universitätslehrgang Politische Bildung/ Universität Salzburg - Klagenfurt/ MSc (2008), Weiterbildungsakademie Österreich/ Wien/ Diplome (2010), 6. Universitätslehrgang Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/ Diplom (2012), 4. Interner Lehrgang Hochschuldidaktik/ Universität Salzburg/ Zertifizierung (2016) - Fernstudium Grundkurs Erwachsenenbildung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium, Comenius - Institut Münster/ Zertifizierung (2018), Fernstudium Nachhaltige Entwicklung/ Evangelische Arbeitsstelle Fernstudium, Comenius - Institut Münster/ Zertifizierung (2020)
Lehrbeauftragter Institut für Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft/ Universität Wien/ Berufspädagogik - Vorberufliche Bildung VO - SE (1990-2011), Fachbereich Geschichte/ Universität Salzburg/ Lehramt Geschichte - Sozialkunde - Politische Bildung - SE Didaktik der Politischen Bildung (2016-2017)
Mitglied der Bildungskommission der Evangelischen Kirche Österreich (2000-2011), stv. Leiter des Evangelischen Bildungswerks Tirol (2004 - 2009, 2017 - 2019) - Kursleiter der VHSn Salzburg Zell/ See, Saalfelden und Stadt Salzburg/ "Freude an Bildung" - Politische Bildung (2012 - 2019) und VHS Tirol/ Grundkurs Politische Bildung (2024)
MAIL dichatschek (AT) kitz.net
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