Gesellschaftstheorien-9
Veränderung (letzte Änderung)
(Autor, Normalansicht)
Verändert: 745c745
Schmidt-Lauber? B. (Hrsg.) (2007): Ethnizität und Migration. Einführung in Wissenschaft und Arbeitsfelder, Berlin
|
Schmidt - Lauber B. (Hrsg.) (2007): Ethnizität und Migration. Einführung in Wissenschaft und Arbeitsfelder, Berlin
|
Herbert Jenewein
Günther Dichatschek
 | Inhaltsverzeichnis dieser Seite | |
|
|
Vorbemerkung |  |
Der rasche Wandel der Gesellschaft, fortlaufende Veränderungen und eine stärkere Dynamik und Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und die Notwendigkeit einer soziokulturellen Kompetenz machen die Kenntnis von Aspekten eines sozialen Wandels notwendig.
Eine Verbesserung des Verhaltens des Einzelnen, von Gruppierungen und Organisationen sowie der Lösungsmöglichkeiten bedarf einer ausführlichen Analyse in Theorie und Praxis.
Ausgangspunkt der Studie ist die
Absolvierung der Universitätsstudien Volkskunde/ Ethnologie und Erziehungswissenschaft der Autoren sowie die
Auseinandersetzung mit der Fachliteratur/ Auswahl.
Ein Impuls für die Thematik entstand in der Kolumne " DEN RISS HEILEN" der "Salzburger Nachrichten" 18. 11. 2021, 1.
Donnerstag
18. November 2021
19:45 Uhr
DEN RISS HEILEN
GÜNTER DICHATSCHEK
Respekt vor dem Anderen
Österreich als Land vielfältiger Kulturen erlebt Veränderungen in den Gesellschaftsschichten. Die Chancen, einander im Gespräch zu verstehen, zu respektieren und wertzuschätzen, gehören erlernt. Trotz der Unterschiede im Verständnis von Erkenntnissen, freiem Diskurs und aller Sprachprobleme bleibt es gemeinsame Verantwortung, Anknüpfungspunkte zu benennen und Anstrengungen in sozialen Beziehungen oder im Kulturellen zu unternehmen.
Zu beachten ist die Gleichwertigkeit von Menschen, die Identität in ihrer Veränderung, die eigenen Standpunkte zu hinterfragen und sich auf Neues einzulassen. Beim Konflikt kommt es auf Inhalt, Beziehung und Kommunikationsstil an. Wer ist mein Gegenüber, wie sind Stimmung und Verhalten, was sind Inhalte, Auffassungen und Gründe? Geht es um Interessensunterschiede, Zusammenhänge einer Gruppe und Abhängigkeiten oder Überzeugungen? Konflikte sollen als Chance betrachtet werden.
Die Studie beruht auf dem persönlichen Interesse der Autoren.
Die Studie gliedert sich in die Begrifflichkeit "Aspekte einer Soziokulturellen Theoriediskussion" Ethnologie, Religiöse Volkskunde und Alpen.
1 Einleitung |  |
Die Studie entstand in Kooperation aus der Auseinandersetzung mit den Themenbereichen der klassischen Volkskunde und der Interkulturellen Kompetenz bzw. Politischen Bildung, die für die Autoren ein Einstieg in kulturvergleichende Theorien, Konzepte und Arbeitsbereiche/ Handlungsfelder war.
Damit ist eine Perspektive der eigenen Gesellschaft verbunden. Zunehmend sind kulturwissenschaftliche Zugänge von Interesse.
Ausgehend von einem Überblick über das Fach als wissenschaftliche Disziplin, Kulturkonzepte und Methoden wird übersichtlich auf die Fachgeschichte, Teildiszipline der Volkskunde/ Ethnologie und neue Ansätze des Faches eingegangen.
Zu beachten sind der interdisziplinäre Ansatz bzw. die Verflechtungen des Fachgebietes bzw. der Fachgebiete.
Ausgangspunkt von Überlegungen der Autoren ist die Absolvierung
Die Auseinandersetzung mit grundlegender Fachliteratur vervollständigt Überlegungen zum Fachgebiet (vgl. KÖNIG 1997; BHABHA 2000; KOKOT - HENGARTNER - WILDNER 2000; BREDNICH 2001, SCHLEHE 2001; WEBER - KELLERMANN/ BIMMER/BECKER 2003, DÜRR 2004; BEER 2008; SCHIFFAUER 2008; SCHMIDT 2008; BEER - FISCHER 2009; LANG 2010; SCHMIDT - LAUBER 2007/2010; HEIDEMANN 2011; BIERSCHENK - KRINGS - LENTZ 2013; GREIFELD 2013; MISCHUNG 2013; BEER - FISCHER 2009/2013; RÖSSLER 2013; ZNOJ 2013; ILLIUS 2013; FRIESE 2014).
Die Studie beruht auf persönlichen Interessen und einer Kooperation.
2 Realsituationen der Nachkriegssituation |  |
Eine geradezu befreiende Wirkung in der deutschsprachigen Volkskunde wirkte 1946 die Veröffentlichung von Richard WEISS seiner "Volkskunde der Schweiz". Die umfangreiche Publikation war mehr als landschaftliche Beschreibung, vielmehr ein Standortbestimmung der Volkskunde im Rahmen der Geisteswissenschaften. Mit dem Leitbegriff "Gemeinschaft" unter Einbeziehung von Gegenwartsbegriffen kommen sozialwissenschaftlich - orientierte Untersuchungen in die Volkskunde.
In Anlehnung an die schwedische Volkskunde verbreitet sich in der Folge eine Betrachtung, in der sich vor allem die Brauchs- und Glaubenserscheinungen in einen Kontext mit wirtschaftlichen und sozialen Realsituationen gesetzt werden. Die "Volkslebensforschung" nach Sigurd ERIXON (1946) findet durch die monographischen Arbeiten als bedeutende Richtung Anerkennung.
3 "Falkensteiner Resolution" 1970 |  |
Es dauerte bis in die siebziger Jahre, bis sich eine Namensänderung durchsetzen konnte. in der "Falkensteiner Resolution" 1970 stimmten die Teilnehmer für eine Namensänderung. Vorschläge waren etwa Kulturanthropologie, Kultursoziologie oder Europäische Ethnologie und Vergleichende Volkskunde.
Im europäischen Ausland setzte sich die Begrifflichkeit "Ethnologie" durch.
Mit der Studentenbewegung 1968 und in der Folge einer Universitätsreform kam es zu nachhaltigen Umstrukturierungen, die auch die Volkskunde der bisherigen Philosophischen Fakultäten in der neuen Geisteswissenschaft betraf.
Der große Umbruch kam mit den Fachveröffentlichungen zu den Aufgaben der Volkskunde in der Gegenwart. Hermann BAUINGER (1961) begann mit seiner "Volkskultur in der technischen Welt", Tübingen und Marburg führten in der öffentlichen Diskussion. Die Auseinandersetzung mit der Volksunde in der NS - Zeit fand statt (vgl. EMMERICH 1971).
4 Realistische Wende - Paradigmenwechsel |  |
Mit der "realistischen Wende" stiegen die Bildungschancen und Studierendenzahlen. Die Berufschancen in Museen, Medien und der Kulturarbeit stiegen. Viele Neugründungen der Institute für Volkskunde im deutschsprachigen Raum brachten eine Integration in die akademischen Fächer.
In Deutschland brachte das Fach in den Pädagogischen Hochschulen eine Lehramtsausbildung für den schulischen Fächerkanon (Sachunterricht/ Heimatkunde, Landeskunde/ Geographie und Politische Bildung).
Das Selbstverständnis des Faches drückt sich in der Positionierung des Faches in der Wissenschaft aus (vgl. BREDNICH 2001). Hier zeigen sich die Fragestellungen in der Weiterentwicklung zur Europäischen Ethnologie und damit über den bisherigen volkskundlichen Kanon.
Der Paradigmenwechsel in den fünfziger Jahren wird durch die Realienforschung eingeleitet, etwa Arbeitswelt, Sachkulturforschung, Probleme der Industrialisierung, Brauchtum - Familie - Gender, Erzähl- und Kommunikationsforschung, museale Ausstellungspraxis/ Volkskunst, Dorf-, Gemeinde- und Stadtforschung, Sprachinselforschung - Interethik.
Ethnologie bezeichnet eine Wissenschaft als Fach an der Universität.
Wissenschaft bezeichnet eine intersubjektiv überprüfbare Untersuchung von Tatbeständen und ihre systematische Beschreibung und mögliche Erklärung der untersuchten Tatbestände (vgl. KÖRNER 1980, 726-737).
Sie wird auch als Erkenntnis bezeichnet, die in Form von Aussagen vorliegt, die Validität, Reliabilität und Objektivität als Methoden bzw. Grundlagen besitzen.
Wissenschaftliche Arbeitsweisen in der Ethnologie sind Protokollieren, Exzerpieren, Belegen, Zitieren, Literaturumgang, Erheben und Ordnen des Materials, Vortragen und Dokumentieren bzw. Publizieren (vgl. BEER - FISCHER 2009).
Um 1970 entstand aus einer Hilfswissenschaft der Geschichtswissenschaft, der Erdkunde bzw. Geographie als deren Teilgebiet die Völkerkunde oder Ethnographie, in der Folge bezeichnet als "Ethnologie". Geographie und Ethnologie verselbständigten sich und bildeten Sub - Diszipline (Teildiszipline).
Interessen für eine Ethnologie waren zunächst die Entdeckungen von Völkern, Forschungsreisen, Kontakte mit neuen Ländern und Menschen. Später kamen koloniale Eroberungen, ihre Rechtfertigungen, Handelsbeziehungen, Mission, nationales Interesse, Immigration und Minderheiten dazu. Ethnologie verfestigt sich als Fachdisziplin in der Gründung von Vereinigungen, einer Zeitschrift und schließlich in Museen und der Etablierung an Universitäten (vgl. FISCHER 2013, 15).
Kriterien für eine wissenschaftliche Disziplin (Ethnologie) sind der Forschungsgegenstand (Forschungsobjekt), Forschungsprobleme (Fragestellungen) und die Forschungsmethoden.
"Eine Alleinstellung im Kanon der Kultur-, Geistes- und Sozialwissenschaften erhält die Ethnologie als diejenige Wissenschaft, die in ihre Reflexion die kleinen und nichtstaatlich organisierten Gesellschaften einbezieht und somit eine Perspektive auf das Eigene aus einer extremen Ferne richtet" (HEIDEMANN 2011, 13). Betont wird das Kulturelle in und am Menschen.
7 Spezialgebiete |  |
Ein Wissenschaftsgebiet mit der Thematik der Völker der Erde und deren Kultur bedarf notwendigerweise Teilgebieten (Subdisziplinen) (vgl. HEIDEMANN 2011, 15-18; FISCHER 2013, 18-20). Im Studium wird durch Wahlmöglichkeiten und einem Zweitfach dem in der Regel entsprochen.
Allgemein wird Ethnologie in ihrer Spezialisierung durch Regionalität differenziert.
- Einmal gliedert man das Fach in geographische Teilgebiete nach Kontinenten bzw. Teilkontinente.
- Andere Spezialisierungen umfassen historische Räume wir den Mittelmeerraum (vgl. die Überschneidungen in Studienrichtungen bei Afrikanistik, Tibetologie, Japanologie und Amerikanistik). Unlogisch in diesem Zusammenhang ist die Bezeichnung "Europäische Ethnologie".
- Zu beachten sind bei Spezialgebieten die entsprechenden Verkehrssprachkenntnisse für den jeweiligen Kulturraum(etwa Lateinamerika mit Spanisch und Portugiesisch, Suaheli für Ostafrika, Pidgin für Melanesien, Tagalog für die Philippinen).
- In der Forschungsrealität beschränkt sich für die Ethnologie das Fachgebiet auf noch kleinere Gebiete.
Das zweite Spezialgebiet bezieht sich auf kulturelle Teilbereiche. Hier sind die Bezeichnungen klar wie etwa Wirtschaftsethnologie, Religionsethnologie, Kunstethnologie, Sozialethnologie, Ethnologische Geschlechterforschung, Politikethnologie, Medizinethnologie, Tanzethnologie und Rechtsethnologie.
- Gewisse Bereiche haben eine andere Bezeichnung wie Ethnolinguistik, Ethnozoologie und Ethnobotanik.
- Nach den Forschungsansätzen werden etwa Ethnohistorie, Museumsethnologie, Ethnopoetik und Ethnopädagogik bezeichnet.
8 Forschungsgegenstand |  |
Ethnologie lässt sich aus Völkerkunde ableiten, also im Gegensatz zu Volkskunde im Plural aus "Völker". Zusätzlich aus dem Verständnis von Griechisch "ethnos" kommt noch der Bezug zu fremden Völkern (vgl. BEER 2013, 53-73).
Ethnologie beschäftigt sich im Gegensatz zu Geschichtswissenschaften nicht mit Herrschaften, Reichen und Staaten, vielmehr mit fremden Völkern im Kontext mit neuen und unbekannten Bereichen.
Der Aspekt des "Fremden", der Fremdheit und des Fremdverstehens spielt daher eine große Rolle, wobei sich hier der Kontext zur jungen Wissenschaft der "Interkulturellen Kompetenz"/ ICC ergibt.
Interdisziplinär als vergleichende Disziplin ergeben sich Studienrichtungen wie Germanistik, Kunstgeschichte, Musikwissenschaft, Politikwissenschaft bzw. Politische Bildung, Soziologie, Volkskunde und Kultur- bzw. Sozialanthropologie. Damit ergibt sich für die Ethnologie der Bereich der Völker im außereuropäischen Raum und kleineren Einheiten.
Ethnologie entwickelte sich in der wissenschaftlichen Erkenntnis nach dem Schema Naturvölker > fremde Völker > alle Völker und Kulturen > Kultur - Fremdheit - Ethnizität.
Interkulturalität und Globalisierung weiteten im 20. Jahrhundert das Forschungsgebiet aus. Kennzeichnend sind
- Prozesse des Kulturwandels und der Akkulturation,
- der Urbanisierung und Gangs,
- Industrie und Institutionen sowie
- gesellschaftliche Entwicklungen.
Neben Volk besteht der Begriff "Kultur" als zweiter zentraler Begriff der Ethnologie. Auf ihn wird in der Folge einzugehen sein.
9 Kulturkonzepte |  |
Im Folgenden wird auf Kultur im allgemeinen, die Kulturbegriffe, deren Kritik, die globale Kulturkonzeption und Ebenen von Kultur eingegangen. Der Kontext zum Transnationalismus und zur Trans- bzw. Interkulturalität ist gegeben.
Der Begriff "Kultur" ist in der Ethnologie ein wichtiger Themenbereich. Unterschiedlich bewertet wird die Frage, ob Gegenstand, Erklärung oder beides Kultur ist.
- Kultur als Kunst (Musik, Theater, Literatur, Architektur und bildende Kunst) verstanden ermöglichte die Auffassung im 19. Jahrhundert, bestimmte Völker und soziale Gruppen hätten keine Kultur.
- Kultur als unveränderliches Merkmal wird mitunter als Begriff gebraucht, um Migrantinnen und Migranten als nicht integrierbar anzusehen.
- Kulturen (im Plural) werden auch als Gemeinschaften mit Merkmalen verwendet.
Kultur ist ein wissenschaftliches Konzept in der Ethnologie, auf das eingegangen wird.
Nach KROEBER und KLUCKHOHN (1952, 357) als Arbeitsdefinition ist Kultur überliefertes Wissen und Verhalten eines sozialen Kollektivs. Kultur besteht aus Verhaltensmustern, erworben und weitergegeben durch Symbole einschließlich ihrer Verkörperung in Artefakten, die ein besondere menschliche Leistung darstellen. Den Kern der Kultur stellen traditionelle Ideen im Kontext mit Werten dar.
Über die Verwendung des Begriffs sind sich nicht alle Ethnologen einig (vgl. BEER 2013, 55).
Gemeinsame Grundannahmen sind (vgl. BEER 2013, 55-57)
- die Erlernbarkeit kulturellen Verhaltens und Wissens (vgl. GEERTZ 1973, 4);
- die Teilbarkeit von Kultur von mehreren Menschen. Die nachfolgende Genration wird "enkulturiert". Kultur wirkt subtil, ohne expliziten Regeln zu folgen(vgl. den Genuss von Pferdefleisch);
- die verschiedene Bezeichnung von Kultur in den theoretischen Richtungen wie Ordnung, Struktur, Muster ("pattern"), System oder Bedeutungsgewebe. Weil Überschneidungen bei Merkmalen vorkommen, gibt es eine Unschärfe an den Kulturrändern;
- die fehlende Einheitlichkeit von Kultur. Abweichungen und Unterteilungen (Subkulturen) unterscheiden sich (vgl. städtische und ländliche Kultur, Jugendkultur, Pop - Kultur);
- die Möglichkeit, Kultur zu entwickeln.
Definitionen von Kultur, wie KROEBER und KLUCKHOHN (1952) nachweisen, gehen zunächst vom Begriff "Kulturgeschichte" aus als allseitige Entwicklung der Menschheit. In der Folge wird der Begriff "Kultur" im englischen und französischen Sprachgebrauch verwendet. Erste Definitionen kommen aus der Ethnologie und werden von anderen Wissenschaften übernommen. Es entstehen verschiedene Definitions-"Typen", die KROEBER und KLUCKHOHN zusammenfassen (vgl. BEER 2013, 57-59):
- Aufzählende und beschreibende Definitionen beschreiben nicht das Wesentliche und können nie vollständig sein, allerdings beschreiben sie Kultur als erlernt und weiterzugeben.
- Die historische Definition stellt die Überlieferung (Tradierung) als soziales Erbe in den Mittelpunkt. Allgemeine(universale, tradierte) und spezielle Kultur (für Ethnien, Regionen, Nationen oder historische Prozesse) wird unterschieden. Die Ethnologie bezieht sich auf die Frage, wie Gemeinsamkeiten und Unterschiede menschliche Lebensweisen erklären.
- Strukturelle Definitionen stellen Verbindungen zwischen den einzelnen Aspekten dar. Kultur wird als System bzw. organisatorisches Prinzip beschrieben. Betont wird das konzeptionelle Modell der Kultur mit beobachtbarem Verhalten(Zusammenschluss von Menschen, Existenz von Ideen, Nutzung von Symbolen, Sprache).
Sprache gilt als am stärksten automatisierter und unbewusster Anteil von Kultur.
Von Interesse ist das Verhältnis von Gesellschaft und Kultur. Gesellschaft betont die sozialen Beziehungen, Kulturkonzepte die erlernten Muster des Verhaltens.
Wesentlich ist die Unterscheidung von "Kultur" und "Sozialstruktur" sowie "Idealismus" und "Materialismus", die die Diskussion bis in das 20. Jahrhundert in den Geistes- und Sozialwissenschaften beschäftigte (vgl. den Paradigmenwechsel in der Bildungsdiskussion von der geisteswissenschaftlichen zur naturwissenschaftlichen bis heute zur sozialwissenschaftlichen Erweiterung des Fächerkanons bzw. der Studienrichtungen).
Evolutionistische Konzepte sehen Kultur als adaptives System, der jeweiligen Umwelt angepasst. Richtungen wie Neo-Evolutionismus?, Kulturmaterialismus und Kulturökologie werden in der Regel zusammengefasst (vgl. KEESING 1974). Gemeinsam sind ihnen die Beobachtung der Verhaltensweisen im Kontext von Gesellschaft (Gemeinschaft) und Umwelt. Ein Kulturwandel ist demnach ein Prozess der Anpassung (Gleichgewicht von Kultursystem und Lebensraum).
Ideationale bzw. mentalistische Konzepte (interpretative Richtung) nach KEESING (1974) sind solche, denen Symbole ein großer Stellenwert eingeräumt wird (etwa GEERTZ, DUMONT) bzw. die universalen Symbolsysteme (LEVI-STRAUSS?) und kulturelles Wissen betone (GOODENOUGH). Von Interesse ist besonders GEERTZ (1973). Er sieht Kultur als "Bedeutungsgewebe", das aus Systemen geordneter Symbole besteht (Ordnung - Sinn - Verhaltensteuerung-Erfahrungsinterpretation?).
Ethnologen interpretieren die Symbolsysteme etwa in Form von Mythen, Ritualen und gesellschaftlichen Ereignissen ohne Bezug zu sozioökonomischen Bedingungen (hermeneutischer Kulturbegriff/ Deutung - Verstehen.
Materialistische Kulturkonzepte betonen die Verbindung von Kultur und Gesellschaft, etwa die englische "Social Anthropology" (vgl. KUPER 1999). Als Funktion einer Kultur wird hier die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse angesehen (vgl. MALINOWSKI 1964).
Ein Kulturwandel lässt sich erst dann erklären, wenn Ideen und Verhalten als Kombination mentalistischer und materialistischer Ansätze erklärt werden.
10 Forschungsfragen - Methoden |  |
Für die Ethnologie ist die Verschiedenheit der Ausgangspunkt aller Fragestellungen (vgl. FISCHER 2013, 24-26).
- Erklärungsansätze sind zeitgebunden, sie drücken sich in der Bezeichnung des jeweiligen Forschungsgegenstandes aus.
- Die Ethnologie geht von gleichen Anlagen (gemeinsamer Abstammung) aller Menschen aus. Eine Verschiedenheit erklärt sich aus den Folgen der Umwelt.
- Grundannahmen von Erklärungsthesen sind die Veränderlichkeit und Wandel sowie der Erhalt und die Tradierung von Lebensweisen.
- Übereinstimmungen von entfernten Kulturen und gleiche Erscheinungen in entfernten Räumen sind zu erklären.
Im Evolutionismus des 19. Jahrhunderts wurden die Unterschiede als Stadien einer Entwicklung aller Völker angesehen, die in Richtung einer europäischen Zivilisation führe.
Bis zum Ende des 19.Jahrhunderts blieb es bei einer vergleichenden Ethnologie, etwa in Form von Reiseberichten und Forschungsberichten anderer Diszipline (Ethnographie).
Die Kulturkreis - Lehre in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war an der Geschichte schriftloser Gesellschaften interessiert. Für die britische "social anthropology" ging es um die Funktion von Institutionen zum Erhalt von Gesellschaft.
Die historischen Schulen des 20. Jahrhunderts schlossen von geographischen Verbreitungen auf Geschichte. Interkulturelle Vergleiche ("cross-cultural studies") suchen nach statistischen Gesetzmäßigkeiten.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde de Ethnologie zur empirischen Disziplin. Bronislaw MALINOWSKI und Franz BOAS sind als Vertreter zu nennen. Man untersuchte selbst fremde Völker. In der Folge wurde die Feldforschung in der Ausprägung der "Teilnehmenden Beobachtung" die bis heute wesentliche ethnologische Methode (vgl. FISCHER 2002).
Der Ethnologie geht es heute grundsätzlich um das Verständnis der Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen menschlicher Kultur(Lebensweisen). Es geht (auch) um Menschen in Gemeinschaften, Verständnis und Verstehen des Fremden und Relativieren der eigenen Lebensweise.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Ethnologie von einer Museums- zu einer empirischen Sozialwissenschaft. Gründe waren die aktuellen Kolonialfragen mit dem Wissen über Sozialstrukturen, Wirtschaftspraktiken und durch die Missionsaktivitäten über Religion. Studierende in England, den USA, Frankreich und den Niederlanden zeigten zunehmendes Interesse.
Wesentliche Theorien erklärten in der Folge Zusammenhänge, die für die Ethnologie von Interesse sind (vgl. ZNOJ 2013, 44-46).
- Die französische Soziologie und Anthropologie mit DURKHEIM und MAUSS,
- in der Folge der britische Strukturfunktionalismus mit RADCLIFFE - BROWN und EVANS PRITCHARD,
- der Funktionalismus mit MALINOWSKI und FIRTH sowie
- die "Culture & Personality-Schule?" (BENEDICT, MEAD, DU BOIS).
MALINOWSKI (1922) geht von einer Handlungstheorie aus, in der die Gesellschaft bzw. Kultur von individuellem Handeln zur Bedürfnisbefriedigung abgeleitet wird. Kulturelle Institutionen dienen zur Befriedigung individueller Bedürfnisse (vgl. HEIDEMANN 2011, 80-87).
RADCLIFFE - BROWN (1906 - 1908) geht davon aus, dass das Individuum eine untergeordnete Rolle als sozialer Rollenträger spielt. Weil die Strukturen nach dieser Theorie vorgegeben sind, Individuen nicht anders handeln können, ist das Interesse der Ethnologie hier groß (vgl. HEIDEMANN 2011, 88-93).
BENEDICT (1989) und MEAD (1935) sehen im Zusammenhang zwischen Individuum und Gesellschaft ein psycho - kulturelles Kontinuum. Ausgehend von Herder und Locke mit der kulturrelativistischen Annahme ist hier der Mensch ein kulturell geprägtes Wesen. Kultur prägt demnach im Denken, Fühlen und der Wahrnehmung, die durch Sozialisation verschiedene Muster ergibt. Damit entsteht kulturelle Verschiedenartigkeit.
- BENEDICT lehnt einen Kulturvergleich mit einem universalen Bezugsrahmen ab (Funktionalismus, Evolutionismus, Diffusionismus), vielmehr geht er von unterschiedlichen Konfigurationen bzw. Wahrnehmungen aus (Gestalt, Gesicht, Persönlichkeit). In "Patterns of Culture" werden so verschiedene Kulturen beschrieben.
- MEAD geht von einer tradierten Kultur in einer Gruppe aus (also nicht Anlagen), wobei das Geschlechterverhältnis und seine Verschiedenartigkeit im Kulturvergleich von Interesse ist.
Von Interesse ist der Beitrag des "Rhodes - Livingston - Instituts" unter Max GLUCKMANN zum "Sambischen Kupfergürtel" mit der Aufarbeitung sozialer Transformationen infolge des Kolonialismus und der Industrialisierung.
Gründe für eine auffallende Ausblendung kolonialer Auswirkungen auf lokale Gesellschaften waren das Interesse für die einheimischen Vorstellungswelten und sozialen Strukturen, in Anlehnung an die Theorieansätze von MALINOWSKI (1922). Die damalige koloniale Gesellschaft und Kultur wurde als "authentisch" angesehen.
Im Nationalsozialismus wurde die Ethnologie politisch instrumentalisiert. Die Rassentheorie wurde eingesetzt, Vertreter der Ethnologie waren Richard Thurnwald, Wilhelm Mühlmann und Hermann Baumann. Thematisiert wurde die "Umvolkung" der Ostgebiete und Juden, Roma und Sinti.
Erst die Ethnologen - Generation nach den sechziger Jahren findet Anschluss an die internationale Ethnologie.
Mit dem Ende des Kolonialismus nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu neuen Entwicklungen, Fragestellungen, einem neuen Gegenstandsverständnis, Methoden und damit einer Legitimation des Faches.
Diese Diversität wird mit den "peasant studies", der "Interpreativen Anthropologie" und der "writing culture - Debatte" bzw. "Orientalismus-Debatte?" angesprochen (vgl. ZNOJ 2013, 47-50).
Von Interesse sind Verbindungen zu den Bereichen "Interkulturelle Kompetenz/ ICC", "Globales Lernen" und der "Politische Bildung". Hier zeigen sich Kontexte, die in den angesprochenen Bereichen wesentlich und zum Verständnis hilfreich sind (vgl. HEIDEMANN 2011, 136-138; die IT-Autorenbeiträge? http://www.netzwerkgegengewalt.org > Index: Interkulturelle Kompetenz, Theorieansätze der Politischen Bildung).
14 Politische Dimension |  |
Jede wissenschaftliche Arbeit über die Erforschung des Fremden hat eine politische Dimension mit Themen wie zu Herrschaft bzw. Macht, Normen, Sitten, Ökonomie, Ökologie, Gesundheit, Sprache, Globalisierung, Frieden, Medien und Religion.
In diesem Zusammenhang sind die Intentionen der Politischen Bildung im Kontext mit Interkultureller Kompetenz zu sehen (vgl. SANDER 2014, 351-358).
15 Feldforschung |  |
Ethnologen sollen systematische Überlegungen theoretisch begründen können und Stellung beziehen zu den Problemen der Disziplin (vgl. FISCHER 1998, 73). Dazu gehören die Erfassung und Darstellung der sozialen Wirklichkeit, die kulturelle Distanz und das Verständnis.
Feldforschung ist als "teilnehmende Beobachtung" und direkte Datengewinnung ein zentrales Paradigma der Ethnologie (vgl. HEIDEMANN 2011, 32-47; ILLIUS 2013, 75-100; man beachte die langsam verschwindenden Grenzen zur Soziologie, Empirischen Kulturwissenschaft oder Volkskunde).
Als Begründer gilt Bronislaw MALINOWSKI (1922). Er lebte in der zu erforschenden Gesellschaft, nur wenige Themen wurden bearbeitet und an Ort und Stelle überprüft, wer erlernte die Umgangssprache zur Erforschung der Mentalität (Gedanken, Gefühle) und er bemühte sich um direkte Beobachtung des einheimischen (indigenen) Alltags und der Institutionen. Diese Methode wurde/ wird als "Teilnehmende Beobachtung" bezeichnet (vgl. TELBAN 2001; HEIDEMANN 2011, 33-36).
Im Folgenden werden die
- Politikethnologie,
- Wirtschaftsethnologie und
- Religionsethnologie angesprochen.
Neue Ansätze in der Ethnologie sollen ebenfalls diskutiert werden. Das Interesse bezieht sich auf
- die Ethnologische Geschlechterforschung,
- Migrationsforschung,
- Stadtethnologie,
- Medienethnologie und
- Medizinethnologie.
17 Teilbereich Politikethnologie |  |
Franz BOAS (1940) und seine Schüler schenkten als Vertreter der traditionellen Ethnologie politischen Aspekten kaum Beachtung. Mit dem britischen Funktionalismus entstand eine Blütezeit der Politikethnologie.
Neben Klassifikationsversuchen kam es zu Aspekten von Handlungskontexten. Mit dem Ende der Kolonialzeit und in der Folge des Vietnamkrieges (1965 - 1973)mit dem Aufkommen von postmodernen Entwürfen entstanden zahlreiche Entwürfe einer Politikethnologie (vgl. HEIDEMANN 2011, 199; HEIDEMANN 2013, 173-194). Ohne eine Einbettung in ein Machtgefüge existiert kaum ein ethnologisches Forschungsfeld (vgl. HERZFELD 2001, 132).
MORGANs (1851) Monographie über die soziale Organisation der Irokesen sollte die politische Institution als Teil eines Ganzen veranschaulichen. Bis in das 20. Jahrhundert wurde diese Dimension einer verwandtschaftlich und religiös verbundenen Welt ohne ökonomische und politische Institutionen so gesehen. Nach HEIDEMANN (2011, 200) werden bis heute Fragen des politischen Systems und deren Folgen mit Auswirkungen auf die Autorität und Rechtsprechung sowie Theorien der Staatsentstehung wenig diskutiert.
Als Basis für eine Politikethnologie gilt der Sammelband von FORTES MEYER und EVANS - PRITCHARD (1940) über das afrikanische politische System. Hier wird erstmals die politische Dimension außereuropäischer Gesellschaften untersucht. Feldforschungen im Auftrag der Regierung des anglo-ägyptischen Sudan ergaben Ergebnisse ökonomischer, emotionaler und stammespolitsicher Bindungen und Konfliktsituationen. Beide Ethnologen erkannten Unterscheidungen von Stammesgesellschaften mit und ohne zentralistischer Lenkung. Auf politische Prozesse und Institutionen wurden ein Augenmerk gelegt(ebd., 1940, 4).
Kritik kam aus der Sichtweise einer statischen Gesellschaft mit eigener normativer Ordnung und Staatlichkeit und dem Fehlen, fremde Gesellschaften nach eigenen Kategorien zu beschreiben (vgl. HEIDEMANN 2011, 201-202).
Ab den fünfziger und sechziger Jahren wurden soziologische Handlungstheorien in die Politikethnologie aufgenommen, das Prozesshafte wurde nunmehr beachtet. Nicht Normen und Regeln, vielmehr ihre Manipulation und ihr Umgang fanden das Interesse. Identität wurde als Prozess angesehen, ethnische Grenzen erscheinen als durchlässig und verhandelbar. Das Individuum und der politische Prozess rückten in den Vordergrund(vgl. dies als Folgen der De - Kolonisation).
Beide Aspekte sind im Basiswerk von Georges BALANDIER (1972) "Politische Anthropologie" bespielhaft beachtet. "Systematisch tastet er die Verbindung von Politik mit Verwandtschaft, Territorium und Religion ab und beschreibt die Übergänge zu Formen der Staatlichkeit" (HEIDEMANN 2011, 202). Als Politik betrachtet er die Tendenz, dass politische Prozesse immer Ungleichheiten hervorbringen. Von Interesse war die Analyse der afrikanischen Transformationsprozesse, der Vergleich der unterprivilegierten Völker mit dem "Dritten Stand" in der Französischen Revolution und der Schaffung des Begriffs "Dritte Welt" (zusammen mit Alfred SAUVY).
Mit dem Typus des "big man" im Gegensatz zum Häuptling wurde ein "self made man" mit der Autorität durch Taten, Anbahnen von Heiratsallianzen, Konfliktlösungsbemühungen, Redebegabung und Organisationstalent für die Politikethnologie interessant. Dieser Führertypus regte zum Kulturvergleich an (Melanesien, USA) (vgl. WEATHERFORD 1985; HEIDEMANN 2011, 203). Neben dem Kulturvergleich ist natürlich die Einordnung in das jeweilige Sozialsystem mit dem gesellschaftlichen Kontext für die Ethnologie wesentlich.
In den siebziger Jahren kamen Fragen zur Umwelt- und Entwicklungspolitik sowie dem Feminismus zur Sprache. In der Ethnologie wurden die ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsformen in staatenlosen Gesellschaften und die Programmatik der Aktionsethnologie sowie die Folgen einer durch Männer dominierten Feldforschung diskutiert. Gemeinsam war das politische Bewusstsein, die Verknüpfung von Politik und Erkenntnis (vgl. HEIDEMANN 2011, 205). Nicht wenige Ethnologen gingen weiter. Sie verbanden Forschung mit moralischem Auftrag, also Politik als Einwirken auf ein Gemeinwesen und Moral als Grundlage aller Wertenscheidungen.
- Einmal untersuchte man politische Systeme auf Ungleichheiten und Unterdrückung. Macht sollte durchschaubar sein und sozialer Widerstand unterstützt werden.
- Zum anderen ist der Widerstand auf die Handlungsmacht gerichtet. James SCOTT (1985) hat dazu Fallbeispiele aufgezeigt (vgl. etwa in Malaysia den Widerstand der Taglöhner gegen Arbeitsbedingungen).
Von Interesse ist das Machtverständnis von Michel FOUCAULT (1978). Hier ist Macht weder positiv noch negativ besetzt, Macht ist nicht an Personen gebunden, vielmehr durch Dispositive vorstrukturiert (man beachte das Verständnis FOUCAULTs für Dispositive als Gesamtheit bestimmter Vorentscheidungen mit Diskursen und sozialen Interaktionen in der Gesellschaft). Ethnologen haben diese Offenheit für subtile kulturelle Codes und die soziale Praxis aufgegriffen. In der Folge wurden so gut wie alle Bereiche untersucht und interpretiert (vgl. die Erziehung von Kindern, der Umgang mit der Zeit, die Strukturen des Raumes, Speisefolgen, Wahl von Fortbewegungsmöglichkeiten).
Politische Botschaften werden auch durch Zeichen- und Symbolsysteme vermittelt. Ethnologen gehen davon aus, dass wesentliche Größen wie Staat, Nation, Macht und Autorität durch Formen der Symbolik kommuniziert werden. Deren Bedeutung wird kaum hinterfragt, wie die Geschichte an Beispielen es zeigt (etwa Aufrufe zur Kriegsteilnahme, Ermordung von Minderheiten, Massenversammlungen) (vgl. HEIDEMANN 2011, 208).
Jede Form der Erniedrigung und Verletzung hat symbolische Dimension. Ethnologische Arbeiten zeigen, dass Gewalt in einer kulturellen Form ausgedrückt und kulturell interpretiert wird. In der Ethnologie wurde nachgewiesen, dass Vertreibungen, Bürgerkriege und Völkermord - vor allem in Afrika - auf einer ökonomischen Theorie von kollektiver Gewalt im rechtsfreien Raum beruhen. Die symbolische Ebene wird als sekundär betrachtet, eher oftmals instrumentalisiert (vgl. ELWERT 1997, 86-102).
Eine Ethnologie der Gewalt beschäftigt sich mit den Folgen und der Verarbeitung von langjährigen Konflikten (etwa dem Tod einer ganzen Generation junger Männer, Folgen von Vergewaltigungen, Vertreibungen, Nachbarschaftsplünderungen). Man beachte die Politik der Wiedergutmachung in Südafrika durch öffentliche Vernehmungen (vgl. HAHNE 2002).
Pierre BOURDIEU (1987)sieht die Symbolik von Kapital, Macht und Gewalt als Abgrenzung sozialer Gruppen untereinander. Sie bilden ihre eigenen sozialen und symbolischen Systeme(Distinktionsmerkmale), die eine ungleiche Machtverteilung ergeben. Die Ethnologie hat in der Beschreibung kultureller Formen von Gewalt in ihrer Geschichtlichkeit, empirischen Interpretation und dem Kulturvergleich eine Aufgabe (vgl. HEIDEMANN 2011, 210).
18 Teilbereich Wirtschaftsethnologie |  |
Themen der Wirtschaftsethnologie sind Leistungen und Güter mit ihrer Produktion, Verteilung und ihrem Verbrauch. Die Ethnologie sieht in den ökonomischen Prozessen das Resultat kultureller Annahmen, also kulturspezifische Bedürfnisse. Der "homo oeconomicus" wird als Produkt einer historischen Entwicklung gesehen.
Untersucht werden alle Wirtschaftsformen, bevorzugt fremdkulturelle aus eigener Sicht (vgl. RÖSSLER 2005; HEIDEMANN 2011, 167-182; RÖSSLER 2013, 103-125).
Am Beginn der Fachgeschichte wurde die Wirtschaftsgeschichte in Wildbeuter als Schweifgruppen, Sammler, Jäger, Fischer mit Vorratshaltung und Siedlungsbildung, in der Folge in Feldbauern und Intensivbauern sowie Hirten und Viehzüchter eingeteilt.
Gemeinsam sind allen Gesellschaftsformen kulturelle Normen, die die Produktion und den Verbrauch regelten. Geschlecht, Alter, Initiationsstufe und/ oder Statusgruppe normierten die wirtschaftliche Tätigkeit nach lokalen Regeln und Verpflichtungen.
19 Teilbereich Religionsethnologie |  |
Frühe Untersuchungsgebiete der Religionsethnologie waren mythologische Grundlagen der Gesellschaft, der Glaube an übernatürliche Kräfte und auf das religiös - letztgültig Bezogene als Regeln, Normen und Rituale.
Heute werden Weltreligionen in ihren übereinstimmenden Formen, Revitalisierungsbewegungen, religiöse Formen des Widerstandes und Neo - Schamanismus untersucht (vgl. MISCHUNG 2007, 187-220; SCHMIDT 2008; MISCHUNG 2013, 213-236).
Clifford GEERTZ (1983, 48) definiert Religion als ein Symbolsystem mit starken und dauerhaften Stimmungen und Motivationen, Vorstellungen einer allgemeinen Seinsordnung, die der Wirklichkeit zu entsprechen scheinen. Damit ist die Dichotomie von religiös-säkular und heilig-profan fortgesetzt.
Für die Ethnologie ergibt sich als Folgerung, keine neue Definition vorzuschlagen, vielmehr die Bestimmungen des Religiösen für den jeweiligen Kontext zu klären. Ging TYLOR (1871)davon aus, dass jede Kultur eine Vorstellung von einer Seele hat. Damit wurden religiöse Konzepte bei "heiligen" Objekten interessant. In der Folge mündete dieser Glaube nach Erfindung der Schrift in differenzierte Glaubenssysteme (vgl. HEIDEMANN 2011, 186).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es durch Emile DURKHEIM (1912/2005) und Max WEBER (1904/05-2006) zu neuen Ansätzen in der Religionssoziologie, die Wirkung auf die Ethnologie hatten.
- DURKHEIM sah in religiösen Formen den Ausdruck gesellschaftlicher Ideen und das Studium der Religion als Erkenntnis der Grundwerte einer Gesellschaft.
- WEBER verband Ökonomie (als wirtschaftliche Entwicklung) und Religion (als religiöse Norm) und beschreibt als weltanschauliche Grundannahme die Werte des Calvinismus als Grundlage eines wirtschaftlichen Handelns mit der Mündung in den Kapitalismus. Historisch werden Modelle als Idealtypen von Personen und Institutionen beschrieben (etwa der religiöse Charismatiker) (vgl. HEIDEMANN 2011, 187-188).
Im 20. Jahrhundert verwendet die Religionsethnologie fünf unterschiedliche Ansätze mit klarer Abgrenzung.
- Religionen erfüllen eine Funktion. MALINOWSKI (1979) hat schon auf die affekt - stabilisierende Wirkung hingewiesen. Rituale vermitteln Zuversicht. Ökologisch - biologische Gründe etwa mit dem Verbot des Schweinefleischkonsums (Islam) und Rindfleischkonsums (Hinduismus) regulieren gesamtgesellschaftliche Funktionen (vgl. HARRIS 1974).
- Kognitive und strukturalistische Ethnologen analysieren Mythen und erklären die Entstehung und Ordnung der Welt sowie moralische Grundlinien (vgl. LEVI - STRAUSS 1967).
- Symbolische und performative Ansätze haben ihre Bedeutung in der Flexibilität der Bedeutungszuschreibung (vgl. HEIDEMANN 2011, 189). Man denke an die verschiedenen Bedeutungen von Farben und Gaben im religiösen Bereich, aber auch die Vielzahl von Bedeutungen je nach Status oder Position im Ritus (vgl. SAX 2002).
Legt man den Schwerpunkt auf Rituale, so sind von Interesse die Übergangsrituale.
- Trennungsriten und Integrationsrituale weisen auf eine Transformation der gesellschaftlichen Ordnung hin.
- Umwandlungsrituale zeigen die Notwendigkeit einer sozialen Klassifikation auf (vgl. den Übergang von einer gesellschaftlichen Situation in die andere[etwa Sponsion/ Promotion > Student - Akademiker; Novize > Jüngling - Mann]) (vgl. TURNER 1969).
Religionsethnologen legen Wert auf religiöse Symbolik, religiöse Bilder und Darstellungen sowie den Erfahrungshorizont der Gläubigen (vgl. die theologische Deutung von Texten, Bildern und Objekten in Kirchen und die religiöse Praxis bzw. Hinwendung der Kirchgänger zu den gleichen Texten und Artefakten in ihrer Unterschiedlichkeit). Gläubige werden durch sinnliche Erfahrungen geleitet, weniger durch Texte, mehr im Ritual und religiöse Praktiken. Diese hängen eng mit kulturellen Prägungen zusammen (vgl. die Bedeutung religiösen Volkstums) (vgl. HEIDEMANN 2011, 190-191).
Von Interesse sind Feldforschungsergebnisse von Indonesien, wie schnell sich Glaubensinhalte verändern können und der Widerstand autochthoner Religionen sich weist (vgl. KOHL 1988, 259-262, 266). Aufgezeigt wird, wie biblische Motive nach der Missionierung in traditionelle Mythen aufgenommen werden, womit die Veränderbarkeit und Anpassungsfähigkeit in lokalen Religionsformen verdeutlicht wird.
Treffen nun Weltreligionen und lokale Glaubenssysteme zusammen, kommt es zu synkretischen Formen (vgl. LAUSER - WEISSKÖPPEL 2008, 7-32). Arjun APPADURAI (1991/1996) spricht in diesem Zusammenhang von "scapes" (in Anlehnung an "landscapes"), um das Zusammenspiel von globalen Strömen und lokaler Rezeption aufzuzeigen.
Lokaltraditionen erweisen sich aber als widerstandsfähig. Man denke nur an die Verschiedenheit von Christen in Südindien und Lateinamerika, in Europa an Christen in Skandinavien und Italien. Eine Weltreligion als monolithischen Glauben anzusehen, wird ad absurdum geführt. Ethnologen betonen daher die Einbettung eingeführter Religionen in lokale Sinnzusammenhänge.
Mit der Einbeziehung der Globalisierung und kulturellen Pluralität kommt ein fremdkultureller Blick in die Ethnologie als Forschungsaufgabe (vgl. die Verknüpfung zum Konzept der "Interkulturellen Kompetenz").
20 Ethnologische Geschlechterforschung |  |
Die Geschlechterforschung, die aus der Frauenforschung entstand, untersucht die Bereiche und Fragen von Geschlecht, Geschlechtsidentität und Veränderungen.
Ethnologische Geschlechterforschung ist gekennzeichnet durch Interkultural mit der Relativierung eurozentrischer Positionen. Gender - Forschung gehört inzwischen in jede Kulturwissenschaft. Globalisierung, Migrationsströme und Diaspora - Bildungen ergeben soziale und politische Aus- und Einschlüsse, Netzwerkbildungen und neue Machtbeziehungen (vgl. LUIG 2013, 159; KLINGENBIEL - RANDERIA 1998).
Bis in die siebziger Jahre gab es keine systematische Frauenforschung in der Ethnologie (vgl. BEER 2007).
21 Migrationsforschung |  |
Die Ethnologie hat sich erst spät mit Migrantinnen und Migranten (Zuwanderern) beschäftigt. Zunächst ging man von ortsgebundenen Kulturen aus (vgl. HEIDEMANN 2011, 220-224).
- Im Diffusionismus war die Verteilung von Gütern und Ideen mit ihren Trägern wesentlich, wenig Interesse hatte man mit einer Integration am neuen Ort.
- Im Funktionalismus forscht man lokal.
- Im Strukturalismus waren die Akteure unwesentlich.
- Der Stand - Land - Gegensatz mit migrierten Personen zeigte dörfliche Strukturen auf, die im urbanen Bereich gepflegt weiterhin wurden (vgl. die traditionelle Lebensweise und familiäre Netzwerke).
Im Konzept der Sozialwissenschaften der sechziger Jahre der USA ging man von der Urbanisierung und Industrialisierung aus und ging von einer Vernachlässigung der Migrationsvorgeschichte aus - mit einer Vermischung zu einer neuen Einheit, begrifflich als "melting pot" (Schmelztiegel) umschrieben. In der Folge bezeichnete man auf Grund empirischer Studien das Zusammenleben der einzelnen Bevölkerungsgruppen als "Salatschüssel" ("salat bowl").
Jede Bevölkerungsgruppe behält ihre kulturelle Identität (wie der Salat seinen Eigengeschmack) und wird dennoch ein Teil einer stimmigen Gesellschaft. US- Forschungen bezogen sich auf die "street corner society", in Afrika bezog man sich auf den rhodesischen Kupfergürtel und in Europa erst in den achtziger Jahren auf die Arbeitsmigration aus dem Mittelmeer - Raum.
Integration wurde lange aus einer eurozentrischen Perspektive gesehen, was zu wenig treffenden Begrifflichkeiten führte, etwa der "Parallelgesellschaft".
Kulturwissenschaftliche Konzepte (wie auch sozialwissenschaftliche) weisen auf die Möglichkeiten gesellschaftlicher Solidarität unter Beibehaltung der kulturellen Differenz hin (vgl. SCHIFFAUER 2008, 18). Das aktuell favorisierte Integrationskonzept setzt auf eine ökonomische Eingliederung und politische Teilhabe am Gemeinwesen. Voraussetzung ist eine intakte Familie mit Traditionspflege.
Als ethnologischer Perspektive ist die Binnensicht mit dem Eigenen zu hinterfragen. Der Prozess der Migration, beginnend am Zielort mit dem Aufbau von sozialen Netzwerken, Identifikationsprozesse, Fremd- und Selbstwahrnehmung und die Veränderungen zwischen Ursprungs- und Zielort bilden das zentrale Interesse. Damit kommt es zu einer Basis der Ethnologie einer eigenen Gesellschaft. James CLIFFORD (1997) spricht von Kultur, die "rooted" und "routed" sich darstellt (vor Ort verwurzelt und unterwegs ist).
Migration und mit ihr die Kulturen verändern sich entlang von Routen. Als altes Phänomen stellt Migration keine Bedrohung dar, vielmehr hat sie zu kultureller Dynamik und Vielfalt beigetragen. Die Ethnologie hat lange diese Aspekte übersehen (vgl. Untersuchungen über afrikanische Flüchtlinge bzw. Asylanten von Kristin KASTNER [2007, 251-273] und die Bootsflüchtlinge von Lampedusa als europäische Frage von Heidrun FRIESE [2014]).
In den Aufnahmeländern entstehen neue Infrastrukturen ("place making"). Dazu gehören Veränderungen in der Siedlungsstruktur, den Märkten und am Arbeitsmarkt. Es entstehen soziale und religiöse Institutionen. Aufnahmegesellschaften und Vorstellungen von Zuwanderern verändern sich. Kulturell - religiöse Regeln werden oftmals stärker betrachtet, ein Wert - Konservatismus wird öfter gepflegt. "place making" vollzieht sich im Zusammenspiel von Migration und neuer Umgebung (vgl. die mediale Diskussion um den Bau bzw. das Bauverbot von Minaretten und Gemeindezentren).
22 Stadtethnologie |  |
Städte und Metropolen sind Orte kultureller Produktion.
Weil die Hälfte der Menschheit in urbanen Zentren lebt, drei Viertel in ihnen arbeitet, verändern sich Kulturen hier rasant. Urbanität bzw. Megacities erwecken das Interesse der Kulturwissenschaften (Kultursoziologie, Kulturgeographie, Kulturgeschichte).
Die Ethnologie betont in ihrem wissenschaftlichen Interesse Veränderungsprozesse. Dazu gehören die Beziehungen zwischen den Einwohnern und dem Staat, Einheimischen und Zugewanderten, den Generationen, Geschlechtern und der Tradition und Modernität. Es entwickeln sich spezifische Kommunikationsformen und neue Normen und Werte (vgl. LINDNER 2004; SCHMIDT - LAUBER 2010; HEIDEMANN 2011, 227; ANTWEILER 2013, 357-370).
Urbane Zentren sind nicht nur Orte der kulturellen Produktion, sie sind auch kulturelle Produkte.
Kriterien einer Urbanität sind
- die Größe des Siedlungsraumes,
- die Siedlungsdichte,
- die künstliche Umwelt,
- die Verschiedenartigkeit der kulturellen Milieus und
- die sozioökonomische Fragmentierung mit der Kenntnis nur einzelner Teile der Stadt bzw. Nachbarschaft und Umgebung (vgl. ANTWEILER 2004, 285-307).
- Man lebt im Bewusstsein, nicht in einer traditionsbestimmten ländlichen Region zu leben, wenngleich der Drang in die Natur mitunter gegeben ist.
Die Ethnologie interessiert sich für kulturelle Äußerungen mit Kulturorten bzw. Zonen und Entwicklungsprozessen mit ökonomischen Schwerpunkten, Lebensstilen, Moden, Sprachformen und Umweltproblemen (vgl. DÜRR 2004, 135-146; DÜRR - JAFFE 2010).
Diskurse über kulturelle Inhalte und die Deutungshoheit entstehen. Untersucht werden Ausgrenzungen und Unterdrückung.
BHABHA (1994) betont den Ideenreichtum und neue Kulturformen. In "dritten Orten" entsteht eine enorme Kreativität, die die Zweigliederung des Eigenen und Fremden überbrückt (vgl. die Rede von Barack Obama am 4. Juni 2009 in Kairo an die arabische Welt mit dem deutlichen Hinweis auf transnationales Denken und ein hybrides Kulturverständnis; vgl. HEIDEMANN 2011, 228).
23 Medienethnologie |  |
Kulturelle Prozesse werden zunehmend medial beeinflusst. Medieninhalte sind Ausdruck kultureller Produktion. Medienethnologie untersucht daher die Produktion und Rezeption sowie der Deutungsangebote aus kulturvergleichender Sicht von Print- und Elektronikmedien. Interesse besteht in/an der Schaffung von ethnischen und nationalen Identitäten.
Die Methoden orientieren sich an der Feldforschung, der kulturellen Binnensicht und der Teilnahme der Akteure (vgl. HEIDEMANN 2011, 251-253).
Von Interesse ist die Verschiedenartigkeit der kulturellen Deutung von elektronischen Medien (vgl. HEIDEMANN 2011, 252-253). Während Videoprojekte im nördlichen Kanada vergessene Traditionen wiederbeleben, stärken sie in Brasilien im Regenwald den Kampf um Landrechte und in Australien in Gebieten der Aborigines Einstellungen zu heiligen Orten und Landschaften.
APPADURAI (1991) betont die Raumungebundenheit von Kulturen und spricht in diesem Zusammenhang von "media scapes" (raumungebundenen Medienlandschaften). Weltweit werden etwa Filmprodukte gleichzeitig angeboten, gezeigt und in Print - und elektronischen Medien rezipiert. Allerdings wirklich raumlos sind sie nicht, sie äußern sich auch lokal, wenn auch die neue Räume jedenfalls vernetzt sind (vgl. HEIDEMANN 2011, 254).
Es entstehen in der Folge neue Handlungsfelder. Datenübertragungen, ortsungebundene Verfügbarkeiten in Ökonomie, Politik, Kultur und Bildung sowie Möglichkeiten einer Visualisierung ergeben Entwicklungsprozesse in der Diaspora und in nationalen Räumen. Eine mediale Globalisierung ist Realität.
Zur Diskussion stehen als Forschungsfelder die Vielfalt von Internet - Foren, (sozialen) Netzwerken, Homepages und You - Tube. Die Bemühungen um Vernetzung zu Themenbereichen eröffnen neue Möglichkeiten.
24 Medizinethnologie |  |
Medizinethnologie untersucht die sozialen und kulturellen Dimensionen von Krankheit ("disease") und Heilung/ Kranksein ("illness") aus einer kulturvergleichenden Perspektive. Annahme ist, dass in jeder Gesellschaft Krankheit und Heilung in einer spezifische Art wahrgenommen wird, Ursachen benannt und Heilverfahren angewandt werden. Zudem werden rituelle körperliche Eingriffe im kulturellen Kontext thematisiert (vgl. HEIDEMANN 2011, 234-236; GREIFELD 2013; DILGER - HADOLT 2010, 11-29 bzw. 2013, 309-329).
Der Ansatz der Ethnomedizin geht vom gesicherten biomedizinischen Wissen und Heilpraktiken aus.
Ethnologische Forschungsfelder beschäftigen sich folgerichtig mit unterschiedlichsten Fragestellungen etwa zu Heilungen in Trance, dem Schamanismus, gesichertem biomedizinischen Wissen, fremden Heilpraktiken und rituellen Eingriffen (vgl. die heutige Zuordnung zur Ethnologie und die Abkehr von Religion) .
Bezeichnend ist nach heutigem Erkenntnisstand der Kontext von Krankheit und Gesundheit (medizinisch, auch sozialem Wohlbefinden), wobei die Unterscheidungen nicht mehr aufrecht zu erhalten sind (vgl. HAUSCHILD 2010, 431-439). Soziales Wohlbefinden hängt mit der Wechselwirkung von Mensch und Umwelt zusammen.
Der Bereich der Gesundheitspolitik ("public health") mit einer Basisgesundheitsversorgung und Krankheitsprävention gewinnt an Bedeutung.
Mit der Abkehr der Vorstellungen von homogenen Kulturen in den siebziger und achtziger Jahren erfuhr in der Medizinethnologie die gesellschaftliche Praxis im Umgang mit Krankheiten, Behandlungen Bedeutung. Die Verschiedenartigkeit von Medizin und der Heilsysteme fand auch in Europa Interesse.
Krankheit und Kranksein (Heilverfahren, Behandlungsformen) fanden in ihrer Unterscheidung in ethnologischen Untersuchungen zu AIDS Beachtung. Erklärungsmodelle gingen von Verschwörungstheorien bis zur Leugnung der Krankheit mit Einbindung von lokal-religiösen Formen. Damit erreichten Hilfsprojekte Grenzen ihrer Wirksamkeit (vgl. DILGER 2005; vgl. aktuell die Dimension von Ebola 2014 in Afrika).
Im Kontext der Globalisierung und internationalen Gesundheitspolitik (WHO) werden von der "critical medical anthropology" Krankheiten und Gesundheit weltweit untersucht. Postkoloniale Aspekte wie die Verfügbarkeit von Medikamenten und das Wissen über Medizin spielen eine Rolle.
Mit der Gesundheitspolitik wird aus der Medizinethnologie eine Sozial- und Kulturanthropologie der Medizin (vgl. DILGER - HADOLT 2010, 11-29). Auszugehen ist von einem weit gefassten Medizinbegriff, der auch politische Dimensionen betrifft (vgl: vgl. die Intention der Politischen Bildung).
25 Reflexion |  |
Ethnologie als Teil von Kulturwissenschaften erweckt das Interesse,
- wenn Grundlagen kulturwissenschaftlichen Denkens gegeben sind und
- unter diesem Aspekt die Auseinandersetzung mit Interkulturalität und politischen Bedingungen ("Interkultureller Kompetenz" und "Politischer Bildung") gegeben ist.
Bedeutungsvoll ist die Fachgeschichte. Aus einer Ethnographie mit deskriptiver Arbeitsweise wurde ein (interdisziplinär) empirisch angelegter Forschungsansatz mit eigener Wissenschaftlichkeit.
Entsprechend ist die Basisliteratur von Interesse. Sich mit ihr auseinanderzusetzen gehört zum wesentlichen Anteil von Kenntnissen der Ethnologie.
Die Autoren haben sich exemplarisch mit dem Fachgebiet beschäftigt.
Sie verdanken ihr Interesse dem schulischen Freifach "Volkskunde" (berufsbildende höhere Schule), in der Folge dem berufsbegleitenden Universitätslehrgang "Interkulturelle Kompetenz/ ICC" als Einführung in kulturwissenschaftliches Denken und Handeln sowie dem Universitätslehrgang "Politische Bildung" als Einführung in politische Dimensionen.
Die Auseinandersetzung mit Teilbereichen bzw. Handlungsfeldern beruht auf persönlichem Interesse, insbesondere mit der Thematik der Politik- und Wirtschaftsethnologie. Neue Ansätze in der Ethnologie sind interdisziplinär von Interesse.
Zunehmende Bedeutung gewinnt die Religionsethnologie im Kontext mit Ethnizität und Migration.
Im Rahmen des Paradigmenwechsels erhält die Kulturwissenschaft zunehmende Bedeutung und damit sind Fächer wie Ethnologie von besonderem Interesse geworden.
Acheson J. (Hrsg.) (1994): Anthropology and Institutional Economics, Lanham
Antweiler Chr. (2004): Urbanität und Ethnologie: aktuelle Theorietrends und die Methodik ethnologischer Stadtforschung, in: Zeitschrift für Ethnologie 129/2004, 285-307
Antweiler Chr.(2007): Was ist den Menschen gemeinsam? Über Kultur und Kulturen, Darmstadt
Antweiler Chr.(2013): Stadtethnologie, in: Beer B. - Fischer H. (Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 357-370
Appadurai A. (Hrsg.) (1986): The Social Life of Things, Cambridge
Appadurai A. (1991): Global ethnoscapes, in: Fox R. (Hrsg.): Recapturing Anthropology, Santa Fe, 191-210
Appadurai A. (1996): Modernity at Large. Cultural Dimensions of Globalization, University, Minneapolis
Balandier G. (1972): Politische Anthropologie, München
Bayerdörfer H.-P./ Hellmuth E. (Hrsg.) (2004): Exotica. Konsum und Inszenierung des Fremden im 19. Jahrhundert, Münster
Beer B. (2007): Frauen in der deutschsprachigen Ethnologie. Ein Handbuch, Wien
Beer B. (Hrsg.) (2008): Methoden ethnologischer Feldforschung, Berlin
Beer B. (2013): Kultur und Ethnizität, in: Beer B. - Fischer H. (Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 53-73
Beer B. - Fischer H. (2009): Wissenschaftliche Arbeitstechniken in der Ethnologie, Berlin
Beer B. - Fischer H. (Hrsg.) (2013): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin
Bender C. - Zillinger M. (Hrsg.) (2014): Handbuch der Medienethnographie, Berlin
Bhabha H.-K. (1994): The Location of Culture, London
Bhabha H.-K. (2000): Die Verortung der Kultur, Tübingen
Bierschenk Th. - Krings M. - Lentz C. (Hrsg.) (2013): Ethnologie im 21. Jahrhundert, Berlin
Boas F. (1940): Race, Language, and Culture, New York
Bohannan P. - Dalton G. (Hrsg.) (1962): Markets in Africa, Evanston
Brednich R. W. (2001): Grundriß der Volkskunde, Berlin
Brumann Chr. (1999): Writing for Culture. Why a successful Concept should not be discarded, in: Current Anthropology 40/1999, 1-2
Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (Hrsg.) (2014): Forschung im Queerformat, Bielefeld
Butler J. (1991): Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt/ M.
Clifford J. (1997): Routes. Travel and Translation in the late twentieth century, Cambridge
Clifford J. - Marcus G.E. (1986): Writing Culture: The Poetics and Politics of Ethnography: A School of American Research Advanced Seminar 1986, Berkley - Los Angeles - London
Darieva T. (2007): Migrationsforschung in der Ethnologie, in: Schmidt - Lauber B.(Hrsg.): Ethnizität und Migration. Einführung in Wissenschaft und Arbeitsfelder, Berlin, 69-93
Dilger H. (2005): Leben mit Aids. Krankheit, Tod und soziale Beziehungen in Afrika, Frankfurt/ M.
Dilger H. - Hadolt B. (2010): Medizin im Kontext. Überlegungen zu einer Sozial- und Kulturanthropologie der Medizin(en) in einer vernetzten Welt, in: Dilger H. -Hadolt B. (Hrsg.): Medizin im Kontext, Frankfurt/ M., 11-29
Dilger H. - Hadolt B. (2013): Medizinethnologie, in: Beer B.-Fischer H. (Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 309-329
Durkheim E. (2005): Die elementaren Formen des religiösen Lebens, Frankfurt/M.
Dürr E. (2004): Diversität und Transformation städtischer Lebenswelten: Ethnologische Perspektiven, in: Zeitschrift für Ethnologie 129/2004, 135-146
Dürr E. - Jaffe R. (Hrsg.) (2010): Urban Pollution. Cultural Meanings, Social Practices, New York
Elwert G. (1997): Gewaltmärkte, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft: Soziologie der Gewalt, 86-102
Emling S. - Rakow K. (2014): Moderne religiöse Erlebniswelten in den USA, Berlin
Emmerich W. (1971): Zur Kritik der Volkstumsideologie, Frankfurt/M.
Erdheim M. (1990): Anthropologische Modelle des 16. Jahrhunderts, in: Marschall W. (Hrsg.): Klassiker der Kulturanthropologie, München, 19-50
Fabian J. (1983): Time and the Other. How Anthropology makes its Objekts, New York
Feest Chr. (Hrsg.) (2000): Das Ding. Die Ethnologie und ihr Gegenstand, Wien
Firth R. (1939): Primitive Polynesian Economy, London
Fischer H. (1998): Feldforschung, in: Fischer H. (Hrsg.): Ethnologie, Berlin, 73-92
Fischer H. (Hrsg.) (2002): Feldforschungen. Erfahrungsberichte zur Einführung, Berlin
Fischer H. (2013): Ethnologie als wissenschaftliche Disziplin, in: Beer B.-Fischer H. (Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 13-31
Fortes Meyer/ Evans - Pritchard E.E. (Hrsg.) (1940): African Political Systems, Oxford
Foucault M. (1978): Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Macht, Berlin
Friese H. (2014): Grenzen der Gastfreundschaft. Die Bootsflüchtlinge von Lampedusa und die europäische Frage, Bielefeld
Geertz C. (1973): The Interpretation of Cultures. Selected Essays, New York
Geertz C. (1983): Dichte Beschreibung, Frankfurt/ M.
Göttsch S. - Lehmann A. (2007): Methoden der Volkskunde, Berlin
Greifeld K. (Hrsg.) (2013): Medizinethnologie. Eine Einführung, Berlin
Hahne K. (2002): Affirmative Action im neuen Südafrika. Ein Diskurs über Verteilung von Ressourcen, München
Harris M. (1974): Cows, Pigs, Wars und Witches, New York
Hauschild Th. (2010): Ethnomedizin, medizinische Ethnologie, Medizinanthropologie. Erfolge, Misserfolge, Grenzen, in: Dilger H.-Hadolt B. (Hrsg.): Medizin im Kontext. Krankheit und Gesundheit in einer vernetzten Welt, Berlin, 431-439
Heidemann F. (2011): Ethnologie. Eine Einführung, Göttingen
Heidemann F. (2013): Politikethnologie, in: Beer B.-Fischer H. (Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 173-194
Herzfeld M. (2001): Anthropology. Theoretical Practice in Culture and Society, Oxford
Hindrichs P. - Rötti M. - Seifert M. (Hrsg.) (2021): Perspektiven der Europäischen Ethnologie, Berlin
Illius Br. (2013): Feldforschung, in: Beer B. - Fischer H.(Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 75-100
Kastner K. (2007): My Baby ist my Paper. Familiäre Bindungen nigerianischer Migrantinnen auf dem Weg nach Europa, in: African Spectrum 42/2007, 251-273
Keesing R. (1974): Theories of Culture, in: Annual Review of Anthropology 3/1974, 73-97
Klass M. (1995): Ordered Universes: Approaches to the Anthropology of Religion, San Francisco-Oxford?
Klingenbiel R.-Randeria Sh. (Hrsg.) (1998): Globalisierung aus Frauensicht, Bonn
Kohl K.- H. (1988): Ein verlorener Gegenstand? Zur Widerstandsfähigkeit autochthoner Religionen gegenüber dem Vordringen der Weltreligionen, in: Zinser H. (Hrsg.): Religionswissenschaft. Eine Einführung, Berlin, 252-273
König O. (1997): Geschlechterdiskurs und Kulturkritik, in: Völger G. (Hrsg.): Sie und Er. Frauenmacht und Männerherrschaft im Kulturvergleich, Köln, 63-68
Körner St. (1980): Wissenschaft, in: Speck J. (Hrsg.): Handbuch wissenschaftstheoretischer Begriffe, Bd. 1-3, Göttingen, 726-737
Kramer D. (2007): Ethnologen und interkulturelle Handlungsfelder in Staat und Kommunen, in: Schmidt - Lauber B. (Hrsg.): Ethnizität und Migration. Einführung in Wissenschaft und Arbeitsfelder, Berlin, 285-292
Kroeber A. - Kluckhohn C. (1952): Culture. A Critical Review of Concepts and Definitions. Harvard University, Bd. 47, New York
Kokot W.-Hengartner Th.-Wildner K. (Hrsg.)(2000): Kulturwissenschaftliche Stadtforschung. Eine Bestandsaufnahme, Berlin
Kokot W. - ATölölyan Kh. - Alfonso C. (Hrsg.)(2004): Diaspora, Identity and Religion, London
Kuper A. (1999): Culture. The Anthropologists Account, Cambridge - London
Kühne Th. (Hrsg.) (1996): Männergeschichten - Geschlechtergeschichte. Männlichkeit im Wandel der Moderne, Frankfurt/ M.
Lang H. (2010): Systeme der Wirtschaftsethnologie. Eine Einführung, Berlin
Lauser A. - Weissköppel C. (Hrsg.) (2008): Migration und religiöse Dynamik. Ethnologische Religionsforschung im transnationalen Kontext, Bielefeld
Lenz I. - Luig U. (Hrsg.) (1990): Frauenmacht ohne Herrschaft. Geschlechterverhältnisse in nicht-patriarchalischen Gesellschaften, Berlin
Levi - Strauss C. (1967): Strukturale Anthropologie, Frankfurt/ M.
Lindner R. (2004): Walks on the Wild Side. Eine Geschichte der Stadtforschung, Frankfurt/M.
Lueger M. (2010): Interpretative Sozialforschung. Die Methoden, Wien
Luig U. (1997): Verlorene Gewissheiten. Prozesse der Differenzierung des Begriffs Geschlecht und neue Formen der Repräsentation, in: Völger G. (Hrsg.): Sie und Er. Frauenmacht und Männerherrschaft im Kulturvergleich, Köln, 69-76
Luig U. (2013): Ethnologische Geschlechterforschung, in: Beer B.-Fischer H.-(Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 159-172
Malinowski B. (1964): A Scientific Theory of Culture and other Essays, New York
Malinowski B. (1979): Argonauten des Westlichen Pazifiks, Frankfurt/M.
Miller D. (1995): Consumption and Commodities, in: Annual Review of Anthropology 24/1995, 141-161
Mischung R. (2007): Religionsethnologie, in: Fischer H. - Beer B. (Hrsg.): Ethnologie, Berlin, 187-220
Mischung R.(2013): Religionsethnologie, in: Beer B. - Fischer H. (Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 213-236
Moore H.L. (1993): The Differences Within and the Differences Between, in: del Valle T. (Hrsg): Gendered Anthropology, London, 193-204
Moore H.L. (1994): A Passion für Differences, Cambridge
Müller K.E. (1997): Geschichte der antiken Ethnologie, Hamburg
Oppitz M. (1975): Notwendige Beziehungen. Abriß der strukturalen Anthropologie, Frankfurt/ M.
Opitz M. (1981): Schamanen, Hexen, Ethnographen, in: Duerr P.(Hrsg.): Der Wissenschaftler und das Irrationale, Frankfurt/ M., 37-59
Pelto P.J. - Pelto G.H. (1978): Anthropological Research, Cambridge
Polanyi K. (1944): The Great Transformation, New York
Reiter R. (Hrsg.) (1975): Towards an Anthropology of Women, New York - London
Robertson R. (1996): Globalization: Social Theory and Global Culture, London
Rosaldo M. - Lamphere L. (Hrsg.) (1974): Woman, Culture and Society, Palo Alto
Rössler M. (2005): Wirtschaftsethnologie. Eine Einführung, Berlin
Rössler M. (2013): Wirtschaftsethnologie, in: Beer B. - Fischer H.(Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 103-125
Rubin G. (1975): The Traffic in Women. Notes of the Political Economy of Sex, in: Reiter R. (Hrsg.): Towards an Anthropology of Women, New York - London, 157-210
Sahlins M. (1972): Stone Age Economics, Chicago
Said E.W. (1978): Orientalism, New York
Sander W. (2014): Handbuch politische Bildung, Schwalbach/ Ts.
Sax W.S. (2002): Dancing the Self. Personhood and Performance in the Pandav Lila of Garhwal, Oxford
Schiffauer W. (2008): Parallelgesellschaften. Wie viel Wertekonsens braucht unsere Gesellschaft?, Bielefeld
Schlee G. (2007): Interethnische Beziehungen, in: Beer B. - Fischer H. (Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 275-390
Schlehe J. (Hrsg.) (2001): Interkulturelle Geschlechterforschung. Identitäten - Imaginationen - Repräsentationen, Frankfurt/ M. - New York
Schmidt B.E. (2002): Karibische Diaspora in New York,. Vom "Wilden Denken" zur "Polyphonen Kultur", Berlin
Schmidt B.E. (2008): Einführung in die Religionsethnologie. Ideen und Konzepte, Berlin
Schmidt - Lauber B. (Hrsg.) (2007): Ethnizität und Migration. Einführung in Wissenschaft und Arbeitsfelder, Berlin
Schmidt-Lauber? B. (Hrsg.) (2010): Mittelstadt. Urbanes Leben jenseits der Metropole, Frankfurt/M.-New York
Scott J. (1985): Weapons of the Weak, New Haven/Yale University Press
Spivak G. (1994): Can the Subaltern speak?, in: Williams P. - Chrisman L. (Hrsg.): Colonial Discourse and Post -Colonial Theory, New York/ Columbia University, New York, 66-111
Spradley J.P. (1979): The ethnographic interview, New York
Spülbeck S. (1997): Biographie - Forschung in der Ethnologie, Hamburg
Telban B. (2001): Bibliography of Fieldwork, Research methods and ethnography in sociocultural anthropolgy, Australian National University > http://coombs.anu.edu.au/Biblio/biblio_fieldwork1.html > Research (5.9.2014)
Tietmeyer E. (1985): Frauen Heiraten Frauen: Eine vergleichende Studie zur Gynaegamie in Afrika, Hohenschäftlarn bei München
Turner V. (1969): The Ritual Process, New York
Tylor E.B. (1871): Primitive Culture, London
Weatherford J.M. (1985): Tribes on the Hioll: The United States Congress. Rituals and Realities, Westport - London
Weber M. (2006): Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, München
Weber - Kellermann I./ Bimmer A. C./ Becker S. (2003): Einführung in die Volkskunde/ Europäische Ethnologie, Weimar
Weiss R. (1946): Volksunde in der Schweiz, Erlenbach/ Zürich
White L. (1959): The Evolution of Culture, New York
Wolf W. R. (1957): Closed Corporate Peasant Communities in Mesoamerica and Central Java, in: Southwestern Journal of Anthropology 13/1957, 1-18
Zinser H. (Hrsg.) (1988): Religionswissenschaft. Eine Einführung, Berlin
Znoj H. (2013): Geschichte der Ethnologie, in: Beer B. - Fischer H. (Hrsg.): Ethnologie. Einführung und Überblick, Berlin, 33-52
27 Begründung einer wissenschaftlichen Disziplin |  |
Es bedarf grundlegender Ausführungen zur wissenschaftlichen Disziplin. Forschung mit Schwerpunktbildung kultureller Äußerungen und Beschreibung durch einen ethnozentrischen Blick prägen die seit langem die Gegenüberstellung von Kultur als "Eigenem" und dem "Fremden".
Als grober Überblick folgen erste Ansätze einer Disziplin (vgl. WEBER - KELLERMANN/ BIMMER/ BECKER 2003, 2-12).
- Die Antike kannte bereits mit Herodot (ca. 485-425 v. Chr.) eine Art von Völkerkunde. In der Folge beschrieb Tacitus (50-116) frühgeschichtliches Leben aus seiner Sicht aus einem kulturpädagogischen Blick.
- In der nächsten Epoche im Mittelalter wächst das Interesse durch die Kreuzritter für fremde Länder und die Kultur ihrer Bewohner. Erschütterung der Herrschaftsverhältnisse und Standesordnungen wurden erkennbar. Neidhart von Reuenthal bringt in seinen Tanzliedern süddeutscher - österreichischer Prägung eine Zwiesprache zwischen Adel und Dorfleuten eine neue Dichtung. Bei Walther von der Vogelweide (um 1170-1230) findet sich der Gedanke an ein verbindendes Reich.
- Am Beginn der Neuzeit mit dem Wesen der Wissenschaft in Italien/ Renaissance kommt es zum Interesse für ethnische und nationale Wissensbereiche. Das kulturelle Interesse an der Volkskultur nahm in der Reformation mit Johann Fischart (um 1546-1590) zu und im Humanismus.
- Straßburg als Wirkungsort war das Kulturzentrum Europas mit Druckereien und Kunsthandwerk sowie ein Refugium für Hugenotten und Anhänger Luthers. Die Bauernkriege 1525 fanden erst mit der kritischen Sozialgeschichte ab 1970 das volkskundliche Interesse in den Elementen bäuerlicher Widerstand, Besserung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse und soziale und politische Beteiligung. Mit der Herausbildung eines Selbstbildes kommt es auch langsam zu literarischen Vorbildern.
- Beispielhaft hat dies mit Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1622-1676) mit "Abentheuerlichem Simlipicissisimus Teutsch" (1669) den unteren Stand mit poetischem Ausdruck bearbeitet.
- Die höheren Stände entfernten sich im 17. Jahrhundert in barocker Haltung hin zu einer geistigen Exklusivität. Die Fürstenhöfe dienten zur Kulisse und zum Kostüm von volkskünstlerischen Leistungen und Kuriositäten.
- In Italien und Frankreich entwickelte sich in der erzählenden Unterhaltungsliteratur die Grundlage für die Märchenliteratur des 19. Jahrhunderts. Neben Giovan Francesco Straparola in Italien und Charles Perrault in Frankreich zu nennen. Ständische Zwänge, Kleidervorschriften und Etiketten sorgten für Abgrenzung der gesellschaftlichen Gruppen.
- In der Wissenschaft brachte das 18. Jahrhundert eine Wendung, als Giambattista Vico (1668-1744) mit seinem Werk "Prinzipien einer neuen Wissenschaft über die allgemeine Natur der Völker" (1725) in der Geschichtsbetrachtung nach neuen Inhalten suchte. Er entwickelte in der Geschichte der Menschheit drei Zeitalter, das Zeitalter der Götter (Priesterherrschaft), das Zeitalter der Heroen (aristokratische Herrschaft) und das Zeitalter mit volksfreien Republiken und humanen Monarchien. Der "Volksgeist" (kollektiver Menschengeist) habe den Gesetzen und Völkerpersönlichkeiten ihre Gesinnung geliefert. Die geschichtliche Entwicklungslehre des philosophischen Revolutionärs integriert die kulturtragende Bevölkerung in die politische und staatsrechtliche Gesellschaftsauffassung, die sich in einer politischen und staatsrechtlichen Gesellschaftsauffassung im Absolutismus entfaltete.
28 Religiöse Volkskunde: Mittelalterliche Wallfahrtslegenden und Mirakelbücher in Tirol |  |
28.1 Religiöses Leben im Spätmittelalter |  |
Im Spätmittelalter ist die Angst der Menschen vor dem jähen Tod mit ungesühnten Sünden vorherrschend. Der Hl. Christophorus gilt als Schutzpatron gegen den jähen Tod. Das Fegefeuer wird als dritter Ort zwischen Himmel und Hölle dargestellt (vgl. MENARDI, Religiöses Leben im 13. u. 14. Jahrhundert, in: Tiroler Landesausstellung 1995: Eines Fürsten Traum. Meinhard II. Das Werden Tirols, 1995, 475-477).
Die Heiligenlegenden dienen der Erbauung. Den Menschen wird ihr vorbildliches Leben und ihr beispielhafter Tod bildhaft vor Augen geführt. Die Heiligen werden als Vorbilder und Helfer in Notsituationen verstanden. (ebd., 1995, 477).
Ab dem 13. Jahrhundert breitet sich in Tirol der Marienkult aus. Wegen ihrer Wohltätigkeit gegenüber den Armen wurde besonders die Hl. Nothburga verehrt. In der Volksfrömmigkeit wird auf die Bedeutung der Armen hingewiesen (ebd., 1995, 478).
Anstelle von Reliquien wurden im Altarraum der Kirchen auch geweihte Hostien verborgen. Weiters wurde über außergewöhnliche Erscheinungen an geweihten Hostien und an geweihtem Wein berichtet. Sie gehören zum Gemeingut der mittelalterlichen Erzählliteratur. Dazu zählen auch die Hostien- und Blutlegenden in St. Georgenberg und Seefeld, sowie die Heilig-Blut-Reliquie? im Stift Stams. In diesen Legenden macht vor allem die Hochachtung vor der Eucharistie deutlich, dass sie vor allem in diesem Zusammenhang zu sehen sind. In besonderer Weise zeigt sich dies auch mit der Einführung des Fronleichnamsfestes. In Ablassbriefen aus den Jahren 1289 und 1300 wird die feierliche Begehung dieses Festes in Tirol belegt (ebd. 1995, 479).
28.2 Die christliche Wallfahrt im Spätmittelalter |  |
Bereits im 13. Jahrhundert gibt es in Tirol Nachrichten über Wallfahrtsgründungen. Seit dem 14. Jahrhundert gibt es genauere Angaben über Art und Zeitpunkt der Entstehung, denn damals begann man wunderbare Ereignisse, die zu einer Klostergründung führten, niederzuschreiben (vgl. TSCHIDERER: Wallfahrten in Tirol, in: Tiroler Landesausstellung: HEILTUM - WALLFAHRT 1988, 13)
Wesentlich für eine mittelalterliche Wallfahrt war nicht nur das Kultobjekt und irgendeine Form der Verehrung, sondern auch Prozessionen zu einer Kirche. Diese stellen das dynamische Element in der Geschichte der mittelalterlichen Volksfrömmigkeit dar.
Trotz der großen Unterschiede zwischen den verschiedenen Religionen der Erde ist die Wallfahrt in den großen Weltreligionen und einer Vielzahl kleinerer Religionen ein fixer Bestandteil der Frömmigkeitspraxis. Zu den sichtbaren Äußerungen der Volksfrömmigkeit zählen Kultobjekt, Votivgaben und Wallfahrtsbrauchtum (vgl. ASSMANN, in: Volkskunde -Atlas 1979,5).
Unter Wallfahrt versteht man das Aufsuchen einer bestimmten Kultstätte mit der ein Kultobjekt im Sinne
eines religiösen Aktes oder eines frommen Verlöbnisses verbunden ist. Wallfahrt setzt die Vorstellung voraus,
dass an bestimmten Orten Gott mit seinen Licht- und Gnadenkräften dem hilfesuchenden Menschen
besonders nahe steht (vgl. LEXIKON für THEOLOGIE u. KIRCHE, 1965, Sp.941).
Die Legende leitet sich ab von lat. legenda = zu lesende (vorzulesende) Texte. Diese Texte bezogen sich
ursprünglich auf Stücke für die liturgische Lesung. Ab dem 7. Jahrhundert ist damit auch ein Bezug auf das
Leben der christlichen Heiligen gegeben. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ist Legende als
deutsches Lehnwort nachgewiesen. Ab dem 15. Jahrhundert wird unter Legende ein freier Bericht, eine
Erzählung verstanden. Im Zeitalter der Reformation bezeichnet Legende einen unbeglaubigten Bericht, eine
sagenhafte bzw. unglaubwürdige Geschichte. Im 20. Jahrhundert versteht man unter einer Legende eine
unglaubliche (Lebens-) Geschichte (vgl. BREDNICH - WILHELM u.a., 1996, Sp. 855-856).
Während es im Märchen um das Schicksal oder die außermenschliche Welt geht, ist es in der Legende
ausschließlich die Heiligenmacht, die alle Möglichkeiten meistert.
Die Gnadenstättenlegende hat durchwegs eine typische Bauart, die sich von selbst aus der Sachlage
ergibt. Der Ursprung vieler Wallfahrtsorte geht auf einen wunderbaren Fundbericht zurück. Diesem schließen sich Erzählungen über auffallende Wunderheilungen an. Schließlich kommt es zum Bau einer Kapelle und in weiterer Folge wird eine Kirche errichtet (vgl. TSCHIDERER „Wallfahrten in TIROL“, in: HEILTUM - WALLFAHRT, 1988,13).
28.3 Mittelalterliche Tiroler Wallfahrtslegenden |  |
Bereits im 13. Jahrhundert gibt es in Tirol Nachrichten über Wallfahrtsgründungen. Seit diesem Jahrhundert wurden genauere Angaben über Art und Zeitpunkt der Entstehung gemacht, denn damals begann man wunderbare Ereignisse, die zu einer Klostergründung führten, niederzuschreiben.
Es ist klar, dass es sich bei diesen Legenden nur um Geschichten handelt, die keinen Wahrheitsgehalt haben. Dennoch enthalten viele Legenden auch einen historischen Hintergrund (vgl. ROSSMANN 1997, 9 -12). Das Besondere eines Gnadenortes musste durch wunderbare Erscheinungen und Weisungen bereits bei seiner Entstehung hervorgehoben werden.
28.4 Gründungslegenden |  |
Zu den Prototypen spätmittelalterlicher Entstehungs- und Gründungslegenden gehören Rastsagen,
Stromsagen, Gespannwunder, Legenden von wandernden Gnadenbildern, Hostienwunder und Loreto-
Wunder.
28.4.1 Rastsagen |  |
Der hl. Wolfgang ist ein beliebter Rastheiliger in Österreich und Süddeutschland. Der Erdenweg eines Heiligen oder auch eines Gnadenbildes wird in der Rastsage mit dem Kult magischer Orte verbunden, insbesondere Quellen, Felsen und künstliche wie natürliche Vertiefungen in Felsen, also Durchkriechstellen und sogenannte Schalensteine (vgl. HÖLLHUBER, 1987, 206).
In Klobenstein an der Grenze zwischen Bayern und Tirol ging einst nach einer Legende eine Frau von Kössen nach Marquartstein in Bayern. Da löste sich vom Achberg ein großer Felsblock und fiel auf den Weg. Die überraschte Frau bekam Todesängste und sie bat die Muttergottes um Hilfe. Da spaltete sich plötzlich der Stein und die Frau konnte in der Mitte durchgehen. Das Durchgehen durch eine Felsspalte bedeutete in alter Zeit eine Wiedergeburt an Leib und Seele. Eigentlich handelt es sich in Klobenstein um zwei Kapellen, die später durch einen Gang miteinander verbunden waren (vgl. JANTSCH, 1995, 64 f.).
28.4.2 Stromsagen |  |
Schon lange vor der Einführung des Christentums wurde das Wasser bei vielen Völkern als etwas Geheimnisvolles, etwas „Göttliches“ angesehen (WOPFNER, Wallfahrt u. Volkskunde, in: Tiroler Heimat 9(1927), 6).
Dieser Legendentypus wurde seit dem Spätmittelalter gerne verwendet. Das Gnadenbild wird auf einem fließenden Gewässer, zumeist im magischen Sinne gegen dessen Strömung, zum Gnadenort transportiert. Dabei handelt es sich um numinose Momente, indem sich die göttliche Macht des Wassers bedient, um damit den ausgewählten Ort für eine besondere Verehrung zu markieren (HÖLLHUBER, a.a.O.194).
28.4.3 Gespannwunder |  |
Eine magische Fixierung findet statt, wenn ein Gespann ab einer bestimmten Stelle nicht mehr bewegungsfähig ist. Ein weisendes Tier fand in diesem Legendentypus seine Aufgabe als Werkzeug der himmlischen Willensäußerung zur Bestimmung von Heiligengräbern und als Führer in der Not (vgl. GÜNTER 1949, 184). Meist verbindet sich das Gespannwunder mit lokal verehrten Heiligen.
28.4.4 Legenden von wandernden Gnadenbildern |  |
Wandernde Gnadenbilder sind recht häufig zu finden. Diese Legenden sind Teil eines magischen Weltbildes, dem überirdische Bedeutung beigemessen wird. Von magischer Fixierung wird gesprochen, wenn ein Gnadenbild unbeweglich ist oder immer wieder an seinen ursprünglichen Standort zurückkehrt.
Im Spätmittelalter werden Gnadenbilder als chtonische (erdbezogene) Gottheiten gesehen. Diese Gottheiten der einfachen Menschen stellen ins Göttliche gehobene Verkörperungen bestimmter ausgewiesener Plätze in der Natur dar. Meist stellen Felsen (wie in Mariastein), Quellen, Bäume oder Berggipfel solche Plätze dar. Diesen wird im magischen Weltbild überirdische Bedeutung zugeschrieben. Wenn also ein Gnadenbild ständig an einen bestimmten Ort zurückkehrt, wenn es von einem Ort zum anderen wandert, dann sucht eine chtonische Gottheit den ihr zukommenden Standort in einer magischen Welt voll standortbezogener Einflüsse auf das Leben des Menschen (vgl. HÖLLHUBER, 1987, 194).
28.4.5 Die Blut- und Hostienwunder |  |
Im Mittelalter erfreute sich die Eucharistie beim Volk einer besonderen Hochschätzung. Die Legenden um „Hostienfrevel“ oder „Blutwunder“ haben im 14. und 15. Jahrhundert in Tirol die Wallfahrtsorte St. Georgenberg, Seefeld und Stams entstehen lassen. Heiligblut - Reliquien begründeten auch die Wallfahrt nach Heiligenblut am Großglockner (vgl. ASSMANN a.a.O., 1979, 36).
28.5 Mirakelbücher |  |
28.5.1 Zum Begriff Mirakel |  |
Der Begriff "Mirakel" leitet sich ab von lat. miraculum = Wunder, Wunderwerk. Gemeint ist damit jenes Wunder, welches der Wirkungsmacht Gottes sowie seinen Mittlern Maria und allen Heiligen zugeschrieben wird. Seit dem Mittelalter wird der Begriff Mirakel auch für Prophetien und wunderbare Geistesbegabungen durch Gott verwendet. Daneben bezeichnet Mirakel auch Monströses, Exotisches und Unerklärliches (vgl. BREDNICH, 1999, Sp. 683).
28.5.2 Inhalt der Mirakelbücher |  |
Grundsätzlich lässt sich die Tradition der Mirakelbücher wie das gesamte Wallfahrtswesen bis in die vorchristliche Zeit zurückverfolgen. Schon in ägyptischen Tempeln waren Schreiber eigens damit beschäftigt, die Wundererlebnisse der Betenden für die Nachwelt festzuhalten. Gleiches war im griechischen Heiligtum von Epidauros zu finden, wo es Steintafeln gab, auf denen die Mirakel nachzulesen waren. Mirakelerzählungen berichten meistens über die wunderbare Errettung eines Menschen aus allen seelischen und körperlichen Nöten und Gefahren. Ihre Begründung liegt im Wirken göttlicher Mächte.
Im Christentum setzt sich diese Tradition fort. Aus dem 5. Jahrhundert stammen die acht Mirakelbücher des Gregor von Tours „Octo miraculorum libri“. Gregors Eintragungsschema wird zum Vorbild für alle künftigen Eintragungen: Namen, Herkunft, Ursache des Gelöbnisses, Beschreibung der Erhörung und Dank sind in allen Mirakelberichten zu finden. Das älteste Mirakelbuch Österreichs ist das „liber miraculorum“ aus Stams im Oberinntal (vgl. INGENHAEFF - BERENKAMP 1986, 49ff.).
Die Mirakelberichte wurden zunächst handschriftlich fixiert, indem sich die Wallfahrer an den Priester wenden, der den Bericht dann aufnimmt – in manchen Fällen sind dem Zeugnis des Ortsgeistlichen noch Urkunden, Zeugnisse von Bekannten und Verwandten sowie ärztliche Atteste beigelegt, die den Wahrheitsgehalt des Mirakels unterstreichen sollen. Zudem sind bei den Berichten die Dankesopfer vermerkt, die zum Wallfahrtsort gebracht wurden (vgl. BRAUNECK 1978,19ff.).
Das Mirakelbuch war öffentlich aufgelegt und für alle einzusehen. Zusätzlich wurden die neuesten Mirakel auch im Rahmen der Predigt von der Kanzel verkündet – für die des Lesens Unkundigen gab es neben den Mirakelbüchern auch noch Mirakelbildserien, die chronikartig die lokalen Wundergeschichten dokumentierten. Seit der Erfindung des Buchdrucks werden Mirakelbücher auch in Druck gelegt. Diese Bücher hatten Propagandafunktion für den Wallfahrtsort. Besonders im 17. und 18. Jahrhundert geben viele Wallfahrtsorte Mirakelbücher in Druck – dabei werden die eindrucksvollsten Fälle herausgegeben.
28.6 Kritik am Wallfahrtswesen |  |
Seit dem 4. Jahrhundert gibt es Kritik an der Wallfahrtspraxis. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass „jede Wallfahrt nur Ausdruck der inneren christlichen Überzeugung und Hingabe sein darf, nicht aber Ersatz dafür“ (zit. nach KÖTTING, 1965 in: HÖFER/ RAHNER (Hrsg.) Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 10, 1965, 943 ff).
Bis zum Beginn der Neuzeit bahnte sich eine immer schärfer werdende Kritik an den Wallfahrten ihren Weg. So wurde den Männern vorgeworfen, dass „sie ihre Berufs-, Ehe- und Erziehungspflichten vernachlässigen. Frauen begaben sich auf einer Pilgerreise in Gefahr vergewaltigt, und Kinder versklavt zu werden. Man sah die Gefahren für Leib und Gut in keinem Verhältnis zum Gewinn. Den großen finanziellen Aufwand, der mit einer Wallfahrt meistens verbunden war, sollte man lieber karitativen Institutionen zukommen lassen (vgl. OHLER, 1994, 171).
Erschwerend kam hinzu, dass auch zunehmende Missstände auftraten. Auch an den Wallfahrten in entferntere Gegenden kritisierte man, dass dadurch wertvolle Arbeitszeit vergeudet würde. In der Folge beauftragte Papst Nikolaus V. den Brixner Bischof und Kardinal Nikolaus von Cues (Cusanus 1401 – 1464), die Klöster und den Weltklerus zu reformieren und das kirchliche Leben zu erneuern (vgl. NAUPP 1988, 94f.).
Da Kardinal Cusanus bei den Reformen mit aller Härte vorging – er verhängte die höchsten kirchlichen Strafen wie den Kirchenbann und verlor bald alle Sympathien. Weiters hatte der Kardinal auch kein Verständnis für eine ungeregelte Volksfrömmigkeit. Sein strenges Vorgehen ist aus den Missbräuchen seiner Zeit erklärbar. Er verlangte, dass kein Laie ohne die Zustimmung seines Seelsorgers oder Bischofs eine Wallfahrt unternehmen dürfe. Erlaubt waren nur die Wallfahrten nach Rom, Santiago, Brixen, Aachen und Aquilea. Andere Wallfahrtsorte kamen in seiner Aufstellung nicht vor, obwohl es im damaligen Alttirol bereits einige bekannte Gnadenorte wie St. Georgenberg, Stams und Wilten gegeben hat (vgl. GRASS, Veröffentlichungen der Universität Innsbruck, Bd. 25, 1972, 72 f.).
„Einen viel erfolgreicheren Nachfolger fand Cusanus in Martin Luther, der „peregrinandi spiritu“ empfahl – im Geiste zu wallfahrten( vgl. ROSSMANN, Dipl.A. 1997, 104).
Achammer, Angelika: Die Wallfahrtsorte N - Tirols, Lage, Entstehungslegende, Kultgegenstand, Entwicklung Bd. 1 (Institut für Soziologie, Forschungsbericht 43, Innsbruck 1993
Assmann, Dietmar: Die bedeutendsten Wallfahrtsorte Österreichs und Südtirols. In: Volkskunde - Atlas. 6. Lieferung / 2. Teil. Wien 1979
Beissel, Stephan: Wallfahrten zu unserer lieben Frau in Legende und Geschichte. Freiburg 1913
Brauneck, Manfred: Religiöse Volkskunst. Votivgaben, Andachtsbilder. Köln 1978
Brednich, Rolf Wilhelm u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie des Märchens: Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Band 8. Berlin, New York 1996
Brednich, Rolf Wilhelm u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie des Märchens: Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Band 9. Berlin; New York 1999
Falger, J. Anton: Der Pilger durch Tirol. Innsbruck 1846
Grass, Nikolaus: Cusanus in: Veröffentlichungen der Universität Innsbruck, 1972
Günter, Heinrich: Psychologie der Legende. Freiburg 1949
Höllhuber, Dietrich: Wallfahrt und Volksfrömmigkeit in Bayern, Nürnberg 1987
Ingenhaeff - Berenkamp, Wolfgang: Wallfahrt St. Georgenberg. Über Gebetserhörungen, Mirakelgeschichten und Gnadenerweise. Schwaz 1986
Jantsch, Franz: Kultplätze im Land, Band V., Unterweitersdorf 1995
Kötting, B.: Reliquien, in: Höfer/Rahner (Hrsg.), Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 10, Neubearbeitung (Freiburg im Br. 1965), S. 941-946
Lexikon für Theologie und Kirche. Band 10. Freiburg i. Br. 1965 (zitiert nach Assman, Dietmar: Die bedeutendsten Wallfahrtsorte Österreichs und Südtirols. In: Volkskunde - Atlas. 6. Lieferung / 2. Teil. Wien 1979) Die schönsten Tiroler Sagen. Innsbruck, 2007
Naupp, Thomas: Zur Geschichte der Wallfahrt nach St. Georgenberg, in: Heiltum - Wallfahrt, Tiroler Innsbruck 1988
Ohler, Norbert: Pilgerreisen im Mittelalter. Zwischen Andacht und Abenteuer, Freiburg-Basel-Wien? 1994
Paulin, Karl: Die schönsten Tiroler Sagen. Unveränderter Nachdruck, Innsbruck 2007
Rossmann, Alexandra: Die Anfänge des Wallfahrtswesens in Tirol, Diplomarbeit Innsbruck 1997
Tschiderer, Hermann: Wallfahrten in Tirol. In: Heiltum - Wallfahrt. Wilten und St. Georgenberg - Fiecht, Innsbruck, 1988
Schuh, Barbara: Jenseitigkeit in diesseitigen Formen. Graz 1989
Weger, Siegfried / Hölzl, Reinhard: Geheimnisvolles Tirol. Mythisches, Magisches und Mysteriöses. Innsbruck, Bozen 2007
Weidl, Reinhard: Mariastein Tirol. Christliche Kunststätten Österreichs. Nr. 40, Salzburg 1995
Weißenbacher, Peter: Wallfahrt und Mirakelbücher im barocken Österreich. Ein Überblick über die Wallfahrtsvolkskunde mit der Auswertung dreier gedruckter Mirakelbücher des 18. Jahrhunderts. Diplomarbeit. Wien 1998
Wiegele, Monika: Der Loreto - Kult im Habsburgerreich. Dissertation, Wien 2000
TEIL 3 Interdisziplinäre Themenbereiche |  |
29.1 Einleitung |  |
Ein uralter Kulturraum, besiedelt von rund 14 Millionen Menschen, verändert sich durch Klimawandel und Tourismus (vgl. KASTLER 2018, 19)
Für die Politische Bildung bedeutet die Veränderung eines Kulturraumes eine Herausforderung, sich mit Aspekten und Entwicklungen der alpinen Region interdisziplinär auseinanderzusetzen (vgl. DICHATSCHEK 2018).
Werbung, Ansichtskarten, Zeitschriften, Filme und Bildbände zeigen den Alpenraum als unberührte Landschaft, liebliche Almregion mit Hüttenromantik, Felsen und Gipfel im Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergang, schneebedeckte Pisten im Winter und eine eindrucksvolle Seilbahntechnik zur Erschließung der Bergwelt.
Die Menschen in der Alpenregion werden als gut gelaunt dargestellt und haben immer Zeit für die Gäste, die sich erholen und braungebrannt sind.
Bergwandern, Schipisten in das Tal und Training für viele Sportarten in der Berglandschaft ergänzen ein Bild, das durch Klimawandel und Tourismus gekennzeichnet ist.
Konkurrenz in der Darstellung von Urlaubsträumen gibt es nur in der Trias Sandstrand, Meer und Palmen.
Es gibt aber auch Ausschnitte, die mehr zeigen als Idylle und Informationen liefern, wie sich ein jahrtausendealter Kultur- und Lebensraum erhalten lässt (vgl. BÄTZING 2018).
Als eine der größten Bergketten der Welt erstreckt sich die alpine Landschaft über 1200 Kilometer von Nizza bis Wien. Die Region Tirol liegt in einem hohen Maß in einer alpinen Landschaft.
Kennzeichnend sind der Mont Blanc mit 4807 Metern als höchster Berg, ein Lebensraum von rund 14 Millionen Menschen und einem Anteil von acht Staaten an den Alpen mit Monaco, Frankreich, Italien, der Schweiz, Liechtenstein, Deutschland, Österreich und Slowenien.
Menschen haben im Laufe der Geschichte zur Lebenssicherung tiefgreifend die Landschaft ökologisch verändert und umgestaltet, kulturell beeinflusst und sozioökonomisch erschlossen.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Auseinandersetzung mit der Fachliteratur und den konkreten Veränderungen in der Alpenregion vor Ort. Interdisziplinarität ist Kennzeichen einer thematischen Auseinandersetzung mit Kulturgeographie, Volkskunde, Politischer Bildung und Kulturwissenschaften (vgl. HAID 2005/2008, BÄTZING 2015/2018, LUGER - REST 2018, MATHIEU 2018, DICHATSCHEK 2018).
Der Beitrag gliedert sich in fünf Themenbereiche. Alpine Erdgeschichte, Besiedelung und Nutzung, Massentourismus, Alpenkonvention und der Sagenwelt mit Mythen.
Die Studie beschäftigt sich auch mit Zukunftsfragen.
29.2 Alpine Erdgeschichte |  |
Der Alpenraum erzeugt in seiner geographischen Unterschiedlichkeit der Landschaften, Räume bzw. Regionen und kulturellen Vielfalt jene Sehnsüchte, die in der Werbung angesprochen und in der Nutzung von Freizeit, wirtschaftlicher Nutzung und persönlichem Lebensraum sich ergeben.
Bevor auf die kulturgeographischen Gegebenheiten näher eingegangen wird, sollen einleitend der Alpenraum erd- und siedlungsgeschichtlich betrachtet werden.
Die Alpen sind erdgeschichtlich ein junges Gebirge (vgl. BÄTZING 2018, 32-35). Entstanden sind sie durch das Zusammenprallen von Afrika und Europa vor etwa 25 Millionen Jahren.
- Die Adriatische Platte - heute Teile Italiens, des Balkans, des Alpenraumes und der Adria - war noch ein Teil Afrikas und wurde in Jahrmillionen wie ein Keil in die europäische Südküste getrieben.
- Durch den Zusammenprall falteten sich die Ränder der Afrikanischen und Europäischen Platte dort auf, wo heute die Alpen sich befinden. Die Gesteinsmassen türmten sich übereinander, sie wachsen heute noch.
- Die Afrikanische Platte bewegt sich heute mit fünf Zentimeter pro Jahr nach Norden.
- Die Alpen wachsen daher jedes Jahr um einige Millimeter.
- Schnee, Wasser, Wind und Eis tragen die die Gebirgskette wieder ab und formen sie um.
29.3 Besiedelung und Nutzung des alpinen Raumes |  |
Durch die Besiedelung kam es zu kulturellen und wirtschaftlichen Veränderungen, die zum Zwecke der Lebensraumgestaltung und Lebenssicherung tiefgreifende ökologische und sozioökonomische Veränderungen und Umgestaltungen ergaben.
- Rodungen und Bannwälder ergaben kleinräumige Siedlungen und Wirtschaftsräume mit bäuerlichen Familienstrukturen, die in Generationen dachten und planten (vgl. die Landwirtschaft im Alpenraum BÄTZING 2018, 140-145).
- Heute wird ein solches Denken und Handeln gegen die Zerstörung wertvoller Lebensräume empfohlen.
- Oft übersehen wird das Gewerbe und die Industrie, wobei der Übergang europaweit und im gesamten Alpenraum zur Dienstleistungsgesellschaft geht (vgl. BÄTZING 2018, 146-149).
29.4 Erschließung des alpinen Raumes |  |
Die Erschließung des alpinen Raumes war die Grundlage für einen Massentourismus, der zu Beginn des von vorigen Jahrhunderts sich entwickelte (vgl. BÄTZING 2018, 150-159).
In vielen Tälern war der Tourismus die Grundlage für eine Besiedelung und einen wirtschaftlichen Nutzen.
Alpine urbane Zentren und Tourismuszentren wurden bzw. werden in diesem Entwicklungsstadium intensiv genützt (vgl. BÄTZING 2018, 160-163).
Problembereiche gibt es, wenn der Tourismus in Gebiete vorstößt, die für keine Besiedelung geeignet sind.
Fragen treten bei der Gestaltung des Tourismus mit Millionen Gästen auf, wenn Erlebnislandschaften in einem sensiblen Raum verlangt und geplant werden.
Der Nutzen für einen Großteil der Bevölkerung ist fraglich (vgl. überdimensionale Infrastrukturen, hoher Strom- und Wasserverbrauch, hohe Müllkapazitäten, teure Baugründe, Verkehrschaos)
Gefordert sind Steuerungsmechanismen, um Raumordnungspläne und regionale Entwicklungen abstimmen zu können.
29.5 Almwirtschaft |  |
Der alpine Raum gilt als ideale Fläche für die Almwirtschaft (vgl. MAIR 2019, 5; Klimawandel wirkt sich auf Almen aus > https://tirol.orf.at/news/stories/2976847 [20.4.20019], "Dokumentation am Feiertag" Kuh, Schaf, Wolf & Klima > https://tirol.orf.at/tv/stories/3168228/ 13.8. 2022]).
Die unterschiedliche Nutzung von Nieder-, Mittel- und Hochalmen ist für die bergbäuerliche Bewirtschaftung wesentlich.
Ebenso bedeutend sind die unterschiedlichen Formen von Rinder-, Stier-, Pferde-, Schaf- und Ziegenalmen.
Wesentlich sind die Besitzverhältnisse wie Privat-, Genossenschafts-, Servituts- und Gemeindealmen.
Die Bauweisen unterscheiden Almhütten als Stein- und Holzbauten.
Für das Almpersonal ist "Kost" (Ernährung), Kleidung, Tracht, Entlohnung und Almleben wesentlich.
Die Almen gelten seit ihrer wirtschaftlichen Nutzung auch als Kulturraum (vgl. Feste, Lieder und Almsagen - Erholungsraum).
Die Universität Innsbruck erforscht im Projekt Stella hydrologische Verhältnisse im Tiroler Brixental im Almbereich (vgl. https://www.uibk.ac.at/geographie/stella/stella-executive-summary.pdf > Version 2/6.11.2017 [21.12.2018]).
Unterschiedliche Aspekte bei Nutzung ergeben aus dem Interessenskonflikt von Ökonomie und Ökologie.
Für den europäischen Kulturkreis bilden bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Kategorien Aussaat und Ernte, Geburt, Hochzeit und Tod die wichtigsten Interessendominanten der Agrarkultur.
Grundsätzlich lässt sich die Erzählüberlieferung und Motivik alpiner Provenienz in zwei Gruppen einteilen.
Zur ersten Gruppe gehören Erzählungen, die primär aus dem Denken und Leben der Alpenbewohner entstanden sind. Hierzu gehören die Sagen, wie die von der „Sennenpuppe“, vom „Wintersenn“, dem „Alperer“ und den „Saligen“.
Die zweite, wesentlich größere Gruppe umfasst Sagen, die das spezifische Milieu wiedergeben, deren Protagonisten jedoch nur modifizierte Gestalten aus Sagentypen allgemeiner Verbreitung sind. Das bedeutet, dass es sich um Motive und dramatis personae handelt, die oikotypisch sich dem Milieu der Almsagen anverwandelt haben. Hierzu gehören Sagen von der „Todesbotschaft“, vom „Aasgeschenk des Wilden Jägers“ u.a., die in den meisten Regionen Mitteleuropas verbreitet sind, weiters die Sagen von betrügerischen Hirten und Sennen , die nach dem Tod umgehen müssen (Wiedergänger), von Grenzfrevlern, die den Grenzstein zu ihren Gunsten versetzen. Sie sind überall dort verbreitet, wo fruchtbares Land knapp ist, so auch auf den Almen.
Quelle: L. Petzoldt, in: G. Hirschfelder u.a. (Hg.): Kulturen – Sprachen – Übergänge, Weimar 2000, S. 277-290.
29.5.2 Steiermark |  |
Das Kasmandl und der Steirerkäse
Die Grafenbergalm wurde von ein paar tüchtigen Sennerinnen mustergültig bewirtschaftet. Gab es länger keinen Regen, mussten sie zu einer Quelle absteigen, um Wasser zu holen.
Eines Tages war eine Sennerin bei der Quelle und bemerkte ein kleines, grau gekleidetes Männchen. Als sie auch noch das faltige Gesicht sah, wusste sie, dass es ein Kasmandl war. Sie schlich sich an, packte es und obwohl es sich mit Leibeskräften wehrte, trug sie es zur Almhütte hinauf. Als sie mit dem kleinen Mandl bei der Almhütte angekommen war, kamen die anderen Sennerinnen herbei. Da das Männchen so zierlich und liebenswert aussah, wollten es die Frauen unbedingt behalten und steckten es in eine leere Milchkanne.
Das Kasmandl aber flehte um seine Freiheit und sagte: "Wenn ihr mir meine Freiheit wiedergebt, beschenke ich euch. Ich zeige euch, wie man aus Milch einen besonderen Käse machen kann!" Die drei Sennerinnen waren von diesem Vorschlag begeistert und bald wussten sie, wie man den Steirerkäse machen kann. Das Kasmandl bekam seine Freiheit und lief davon. Doch eine der Sennerinnen meinte: "Wie wär´s, wenn wir das Mandl noch einmal einfangen, damit es uns noch ein anderes Geheimnis verrät?"
Sie liefen rasch zur Wasserquelle hinunter und erwischten gerade noch das Kasmandl, bevor es es verschwinden wollte. Sie hielten es fest und ließen es nicht mehr los. Da flehte das Kasmadl: "Bitte, lasst mich aus! Ich verrate euch dafür ein weiteres Geheimnis!" Die Sennerinnen waren einverstanden und gingen auf den Vorschlag ein. Jetzt erfuhren sie vom Kasmandl, wie man aus Buttermilch einen bröseligen Topfen (Schotten) machen kann. Damit waren die Frauen zufrieden und ließen das Mandl aus, das sicherlich noch einige Geheimnisse gewusst hätte.
Quelle: Sagen aus der Steiermark/ Hrsg. Peter Stelzl, S. 112
Anmerkung: „Kasmandl - Sagen“ geben auf einer symbolischen Ebene Nachricht von Ängsten und Nöten sowie Wertvorstellungen der früheren bäuerlichen Gesellschaft. Als Verbindungsglieder zwischen kontrollierbarer Kultur und unberechenbarer Natur dienen sie dazu, plötzliche Unglücksfälle oder nicht vorhersehbare Ereignisse zu erklären. Das Kasmandl ist ein koboldartiger Dämon, der nach dem Abzug der Senner auf Almhütten haust. Oft tragen diese Dämonen die Züge von Sennern, die zu Lebzeiten schuldhaft Nahrung, Tiere und Geräte verkommen ließen. Damit müssen sie so lange auf den Almen ihr Unwesen treiben, bis sie durch bewusste oder unbewusste Hilfe die erhoffte Erlösung finden.
29.5.3 Vorarlberg |  |
Die schwarze Kuh
Ein Hirt hatte einmal im Herbst bei der Abfahrt von der Alpe Latonz eine schwarze Kuh vergessen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als noch einmal auf die Alm zu gehen, um sie zu suchen. Er fand die Kuh richtig am "Stafel" liegen. Da aber bereits die Dämmerung einsetzte, stellte er dieselbe in die Alphütte. Er selbst legte sich dort auf die Pritsche, um oberhalb der Küche über Nacht zu schlafen.
Es mochte so um Mitternacht gewesen sein, als er durch einen großen Lärm aus seinem Schlummer geweckt wurde. Da sah er unter ihm im "Deihja - G`mach (Deihsa, Sennhütte) einen Haufen fremder Leute, die eifrig mit Kochen, Sieden und Braten beschäftigt waren. Der Hirt schaute ihnen eine Weile zu, aber es war ihm ganz unheimlich zumute.
Auf einmal rief einer der Leute: "Los, du da oben auf der Pritsche, magst du kein Fleisch?" Der Hirt antwortete: "Ja, ich mag", und darauf musste er herab von seiner Lagerstätte, um mit den Unbekannten mitzuhalten. Das Fleisch war gut, aber auf einmal merkte der Hirt, dass seine schwarze Kuh im Stall draußen ein ungeheures Loch in ihrem Leibe hatte. Er dachte sich, "die Kerle haben das Fleisch meiner Kuh aus dem Leibe geschnitten, und bis es morgen wird, fressen sie dieselbe ganz auf". Trotzdem machte er wohlweislich vor den fremden Gästen seinem Ärger nicht Luft.
Nachgerade fingen die Leute an zu musizieren und zu tanzen, dass die Alphütte fast aus den Fugen geriet.
Der Hirt schaute stillschweigend zu, bis ihn einer der Fremden fragte: "Willst du nicht unsere Musik lernen?" "Ja, gerne", sagte er, "besonders flöten. Da gab man ihm eine Flöte in die Hand mit der Weisung, nun tüchtig zu blasen. Er tat wie man ihm sagte. Und siehe da, er konnte die Flöte so zierlich und lieblich blasen, als ob er es jahrelang eingeübt hätte. Er selbst musste sich eingestehen: "Habe ich doch nie gewusst, dass ich ein so guter Musikus bin".
In seiner Freude über die so plötzlich errungene Kunstfertigkeit vergaß er im Stall draußen ganz und gar auf die schwarze Kuh.
Bei des Tages Grauen machten sich die Fremden alle auf den Weg. Der Hirt schaute ihnen noch nach. Doch danach sah er in der Dämmerung an der Tür der Alphütte eine Haut ausgespannt, die er fast als die seiner schwarzen Kuh zu erkennen vermeinte. Als es vollends Tag geworden war, konnte er die Kuhhaut an der Tür plötzlich nicht mehr entdecken. Der Hirt sah seine Kuh unversehrt in der Alphütte stehen. Die Flöte, die er die Nacht über so trefflich geblasen hatte, war ihm geblieben. Er machte sich mit der Flöte und der schwarzen Kuh auf den Rückweg ins Tal.
Quelle: Die Sagen Vorarlbergs, herausgegeben von Richard Beitl, Feldkirch 1950, S. 142
Anmerkung: In den Sagen ist Putz ein Name für Dämonen. Man versteht darunter ein kleines, verunstaltetes Geisterwesen, das sich durch undeutliche Geräusche offenbart. Jacob Grimm bezeichnet Pütze in seiner Deutschen Mythologie als eine "gesonderte Gesellschaft". Diese fasst er in "Wichte und Elbe" zusammen.
Den Pützen wird in den Sagen Vorarlbergs meist ein gutmütiges Wesen zugeschrieben. Während des Sommers hausen sie im Inneren der Berge. In den Herbst- und Wintermonaten wohnen sie in verlassenen Alphütten. Über ihre Tagesarbeit ist wenig überliefert, doch ist ihnen etwas Übermenschliches beigemischt. Meistens können sie sich auch unsichtbar machen. Weiters besitzen sie einerseits die Kraft einem Menschen zu schaden, andererseits können sie einem in Not geratenen Menschen auch helfen. Die rund 2OO Jahre alte Sage, die in ähnlichen Fassungen heute noch im Montafon lebt, gehört in die Überlieferung vom schmausenden und danach abziehenden Nachtvolk.
29.5.4 Oberösterreich |  |
Der tote Schnee
Noch heute wird im Gebiet um den Dachstein von „verwunschenen“ oder „verschniebenen“ Almen erzählt. Die Namen dieser ehemaligen Almen heißen „Gosau - Gletscher“, „Karls - Eisfeld“ und „Der tote Schnee“.
Die zuletzt genannte Alm zeichnete sich durch gesunde Kräuter und fette Milch aus. Kaum irgendwo sah man so stattliches Weidevieh wie auf dieser Alm. Doch wegen der großen Arbeitsbelastung konnte die Brentlerin die Alm nicht mehr allein betreiben. Sie stellte daher mehrere arbeitsame junge Dirnen in den Dienst. Nun konnte man Unmengen von Schmalz, Butter, Käse und Schotten herstellen. Schließlich wusste die Brentlerin aber nicht mehr, wohin mit dem Ganzen? Es kam dazu, dass sie übermütig wurde.
Eines Tages wurde die Alm von einem schweren Unwetter, das sich über dem mächtigen Dachstein zusammenbraute, heimgesucht. Riesige Wassermassen ließen die Wildbäche anschwellen und über die Ufer treten. Mit unheimlicher Gewalt wurden große Bäume, Brücken und Stege mitgerissen. Am nächsten Tag erkundigten sich die Dirnen bei der Brentlerin, ob man nicht Holzknechte holen sollte, um die zerstörten Brücken wieder herstellen zu können? Doch sie wollte davon nichts wissen und meinte: “Ich pfeife auf die Holzknechte, denn wir bauen die neuen Brücken aus Butter und Käse“.
So wurden nun die Teile der Brücken und Stege aus dem besten Almkäse hergestellt und mit wertvoller Almbutter verleimt. Kaum waren die Dirnen mit der Arbeit fertig, kam für die Frevlerinnen die gerechte Strafe. Plötzlich versank die weitum bekannteste und beste Alm. Von der Hütte blieb nur mehr ein vereister Schneehaufen übrig. Seither ist der einst so fruchtbare Boden vergletschert. Sowohl die Brentlerin mit ihren Dirnen als auch das Almvieh erstarrten zu Eis.
Quelle: Sagen aus Oberösterreich/ Hrsg. L. Petzoldt, München 1993, S. 39
Anmerkung: Von „verschniebenen“ und „verwunschenen“ Almen ist im gesamten Alpenraum die Rede. Ob in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels mit dem Abschmelzen von Gletschern jene untergegangenen blühenden Almen, von denen diese Sagen zu berichten wissen, wieder ans Tageslicht kommen, bleibt vorerst dahingestellt. Erwiesen ist jedoch, dass die Alpen seit ihrem Bestehen von größeren und kleineren Eiszeiten heimgesucht wurden. So gab es zum Beispiel ab 1550 eine „Kleine Eiszeit“.
29.5.5 Salzburg |  |
Die Melkerlöcher
Auf der „Häuslalm“ im Kapruner Tal war ein Melker, der samt den Hütern nichts als prasste, spielte und fluchte. Eines Tages als der Melker gerade nach alter Tradition ein Vollmilchbad nahm, kam ein riesiger Teufel in die Almhütte und trug dem Melker das „Hosenrecken“ an. So heißt im Salzburger Pinzgau der ortsübliche Ringkampf. Dabei versuchen die jungen Burschen den Gegner aufzuheben und auf den Boden zu werfen.
Der Melker war nicht faul, stieg aus dem Bad und fing mit dem Teufel den Kampf an. Mit aller Wucht warf er den Gehörnten gegen die Wand, sodass er sich dabei sein linkes Horn abbrach. Es dauerte nicht lange, bis ein zweiter, viel kleinerer Höllenbewohner bei der Tür herein schaute. Der Melker machte mit ihm kurzen Prozess und tauchte ihn tief in den “Schargkast" (Mistbehälter)ein, sodass er vom Kuhmist ganz grün wurde.
Bald nachdem der Überwundene das Weite gesucht hatte, kam ein ganz kleines Teufelchen , das dem Melker als Gegner viel zu schwach erschien, um mit ihm das „Hosenrecken“ zu beginnen. Da geriet der Melker aber an den Falschen, denn dieser erfasste die Wanne samt dem Melker und fuhr damit auf und davon. Man sieht heute noch sieben „Melkerlöcher“ an den Felswänden der Leoganger Steinberge, durch die seine Fahrt zur Hölle ging. Am Birnhorn bei Saalfelden ist eines davon.
Quelle: Sagen aus Salzburg/ Hrsg. L. Petzoldt, München, 1993, S. 169
Anmerkung: Der Teufel steht in vielen Sagen als große Straf- und Sanktionsfigur hinter allem, was verboten und tabuisiert ist und erzeugt somit bei Übertretungen ein schlechtes Gewissen.
29.5.6 Kärnten |  |
Der Teufel als Liebhaber
Es ist schon lange her, dass das Lesachtal eine einzige Alpe war. Diese wurde nur von einer Handvoll Hirten bewohnt. Mehrmals kam zur Tochter eines der Hirten ein fremder Mann mit einem grünen Rock und einem grünem Hut mit einer Spielhahnfeder darauf. Der Fremde hatte es auf die Tochter eines Hirten abgesehen. Ihr erzählte er immer wieder vom Heiraten. Einmal kam der Jägersmann gar mitten in der Nacht zu ihr. Er versuchte mit allen Mitteln das gute Kind auf die abiche Seite (verkehrte, schlechte Seite) zu bringen. Da bemerkte das Mädchen erst, dass der fremde Jägersmann einen hohlen Rücken ohne Rückgrat hatte.
Dies ging dem Mädchen so durch den Kopf, dass sie am nächsten Tag den Pfarrer von St. Daniel im Gailtal aufsuchte, um ihm die ganze schaurige Geschichte zu erzählen. Der Pfarrer erkannte gleich, dass es sich beim fremden Mann um das „Ganggerle“ handeln musste! Darauf erklärte er dem um Rat bittenden Mädchen: „Man kann nicht sagen, dass der Teufel hinterlistig ist, sondern er ist einfach dumm. Sollte er aber wieder zu dir kommen, so gibst du dich besonders freundlich. Frage ihn einfach, wovor er sich am meisten fürchtet? Die Hirtentochter bewahrte diesen Rat für sich.
Beim nächsten Besuch befragte sie nun den Teufel, wovor er sich am meisten fürchtet? Wie vom Blitz getroffen erwiderte er:"Hobrat (arabratum), Widertot und Speik sind gut fürs 'Alpenreiten'". Einen Tag später begab sich das Mädchen wieder zum Pfarrer. Dieser weihte die Kräuter und band sie dem gläubigen Mädchen um den Hals. In der folgenden Nacht erschien der Teufel unter einem furchtbaren Lärm beim Mädchen. Doch plötzlich ergriff er unter Feuer und Flammen die Flucht. Seitdem ist es bei den Bauern im Lesachtal üblich, alle Jahre einen Buschen Alpenkräuter in der Kirche weihen zu lassen. Die Kräuter Hobrat, Widertot und Speik bilden dabei drei wichtige Bestandteile.
Quelle: Sagen aus Kärnten/ Hrsg. L. Petzoldt, München 1993, S. 47
Anmerkung: Fraglos ist der Teufel eine der häufigsten und wichtigsten Figuren der Volksüberlieferung. In Sagen aus Kärnten und Tirol tritt der Teufel auch als Liebhaber auf.
29.5.7 Niederösterreich |  |
Eine Kröte melkt eine Kuh
In Luden im südöstlichen Waldviertel erzählte einmal ein alter Bauer namens Schmid dem Ziering, der damals Wirt war, folgende Geschichte: In Fratting (gehört heute zu Tschechien) im benachbarten Deutsch - Mähren beschwerte sich eine Bäuerin beim Halter: „Meine Kuh gibt seit vier Wochen zu wenig Milch. Entweder spielt da eine Hexe mit und diese zapft Milch von meiner Kuh ab oder du bist ein Spitzbub und holst dir von meiner Kuh die Milch!“ Der Halter wies jeden Verdacht energisch von sich. Er erklärte der Bäuerin: „Ich werde auf deine Kuh besonders achtgeben. Mir ist aber bereits aufgefallen, dass deine Kuh auf dem Heimweg immer neben einer Mauer halt macht und dort längere Zeit herum steht.
Am nächsten Tag ging die Kuh, wie sonst auch, dem anderen Vieh voraus. Im Bereich der Mauer blieb die sie aber wieder stehen. Der Halter ging zur Kuh und erblickte eine große Kröte, die an einer Zitze der Kuh saugte. Er reagierte schnell und versetzte der Kröte mit seinem Stock zwei Schläge. Darauf ließ sie von der Zitze los, sodass sie auf den Boden fiel. Kurz darauf setzte sich der Viehtrieb wieder in Bewegung. Bald darauf erreichte der Halter mit dem Vieh das Dorf. Die Leute erzählten ihm, dass man gerade ein altes Weiblein, das schon seit längerem der Hexerei bezichtigt wurde, halb erschlagen in ihrer Kammer aufgefunden habe. Für den Halter war damit das Rätsel gelöst, denn er wusste nun, wer die Kröte war. Der Bäuerin verriet er aber nichts. Erst Jahre später, als schon längst niemand mehr an die Geschichte dachte, machte die Frau des Halters diese wieder publik.
Quelle: Sagen aus Niederösterreich/ Hrsg. L. Petzoldt, München 1993, S. 197
Anmerkung; Die Hexen sind als große Kröten in die Kuhställe gegangen und haben, wenn die Kühe am Boden gelegen sind, aus dem Euter der Kühe die Milch
ausgesoffen. Kröten und Frösche sind oft ehemalige Menschen, die wegen begangener Sünden verwünscht wurden. Meist können sie aber mit Hilfe der Menschen wieder erlöst werden. Andererseits sind sie aber auch mit dem Bösen verknüpft.
Der Almgeist und die Eierschalen
In der Gegend von Ellmau am Wilden Kaiser war früher eine der größten Almen des Tiroler Unterlandes. An die Alm grenzte ein mythischer Wald, den man den Awald nannte. Auf der Awaldalm geisterte es aber auch. Der Geist arbeitete nur während der Nachtstunden „umeinander“. Am nächsten Morgen war dann einiges in der Hütte anders aufgestellt als am Abend des Vortages. Um den Geist wieder los zu werden, holte man den Rat eines Kapuziner Paters ein. Dieser meinte, man sollte die ganzen Hafelen, Schalen und Eierschalen zur Abwehr des Almgeistes auf den Herd legen. Danach vergingen die Jahre , ohne dass man den Rat des Paters umgesetzt hätte.
Endlich kam eine neugierige und mutige Sennerin auf die Awaldalm. Sie hatte keine Ängste vor einem Geist, sondern wollte den Dingen, die nicht ganz geheuer waren, auf den Grund gehen. Bald sollte sich eine Gelegenheit dazu ergeben. An einem Sonntag im Juli erreichte eine Gruppe von Männern und Frauen die Alm. Die Sennerin packte die Gelegenheit beim Schopf und kochte ihnen einen großen Topf vollk Eier. Nach dem Essen sammelte sie die Eierschalen ein. Doch damit hatte sie noch nicht genug. Die Sennerin holte zusätzlich auch von den anderen Hütten die übriggebliebenen Eierschalen.
Danach legte sie die Eierschalen auf den Boden, auf die Bänke sowie auf den Herd. Sie war voller Erwartung, dass der Geist bestimmt auf eine Eierschale treten müsste. Nachher machte es sich die Sennerin im Schlafkasten der Nebenkammer gemütlich und wartete. Bald danach vernahm die Sennerin eine wehmütig klingende Stimme: “Ich bin schon alt und weiß den Awald neunmal Wiese und neunmal Wald, aber so viele „Hafelen“ und „Hiefelen“ wie heut, hab ich überhaupt noch nie gesehen!“ Danach suchte der Geist das Weite und ließ sich nie mehr auf der Awaldalm blicken.
Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol/ Hrsg. Johann A. Heyl, Brixen 1897, S. 67
Die wilden Fräulein von der Baumgartner Feldalm (Kitzbüheler Alpen)
Es ist schon lange her, als auf der Baumgartner Feldalm eine Gruppe wilder Fräulein lebte. Die Alm gehörte einem reichen Bauern, der seine Kühe zu Sommerbeginn auf die Feldalm trieb. Damals war diese Alm reich an saftigen Gräsern und Kräutern. Die Kühe gaben doppelt so viel Milch als auf anderen Almen.
Etwas oberhalb der Alm lebten die wilden Freil (= Fräulein). Oft baten sie den Senner um Butter und Milch. Gerne erfüllte dieser ihre Wünsche, weil er dadurch für die Alm viel Segen bekam. Nachdem ein neuer Senner die Geschicke der Alm lenkte, war es aber mit dem übergroßen Segen vorbei.
Die Almleute wurden übermütig, hart und gottlos. Sie lebten in Saus und Braus und spielten mit den Butterknollen Kegel.
Diesen übermütigen Frevel konnten die wilden Freil nicht ertragen und weinten viel über diese Zustände. Sie beklagten sich beim Senner, dass sie nun dem Hungertode ausgeliefert seien. Durch die Luft hörte man die Worte "Pero, Pero"
(= bergab) - wir sehen uns nimmermehr!" Seitdem wurden die Erträgnisse, die auf der Feldalm erwirtschaftet wurden, immer schlechter.
29.5.9 Sagenwelt Südtirol |  |
Der "Kuinzen"
Im „Thole“ (Tal) - so heißt in der Gegend von Bruneck das Ahrntal – erzählt man folgende Geschichte: „Endern“ Gebirge, auf Zillertaler Boden, lag eine Almhütte, welche die „Kuinzenhütte“ genannt wurde. Die Alma (Almleute) haben mit der Gottesgabe öfters Schindluder getrieben. Einer der Knechte schnitzte eine hölzerne Puppe, die den Almputz darstellen sollte. Nachher setzten sie der Puppe einen Hut auf und nannten sie den „Kuinzen“.
Sie strichen ihm mit einem Löffel Mus ein. Da er sich noch immer nicht rührte, versuchten die Alma dem „Kuinzen“ Schnaps einzugeben. Auf einmal ist der kohlrabenschwarze Putz aber lebendig geworden. Er hat alles wie ein Mensch zu sich genommen. Die Alma fürchteten sich immer mehr vor dem Putz.
In ihrer Not fiel ihnen ein Kapuziner Pater ein. Sie befragten den Pater, wie sie den Putz wieder loswerden könnten. Der Pater verlangte von ihnen, dass sie ein schwarzes Stierkalb sieben Jahre lang mit Milch aufziehen und zügeln müssten.
Als die Zeit um war, sind sie dann mit dem schwarzen Stier an der Spitze gegen Alm gefahren. Dieser ist dabei auch in die „Rachhütten“, hinein gekommen. Es ist dies der erste Stall im Sondergrund. Dabei hatte der Stier plötzlich angefangen ganz wild zu brüllen. Als der Stier dann zur „Kuinzenhütte“ gekommen ist, da hat er den Lotter (Mann) mit voller Wucht niedergestoßen und getötet.
Erzähler: Johann Kottersteeger, vulgo Waldner, 75 Jahre, Senner; Ort: Prettau/ Ahrntal
Quelle: Sagen aus Südtirol/ Hrsg. von M. Direder - Mai und L. Petzoldt, München 1993, S. 112
29.5.10 Sagenwelt Bayern |  |
Der Unnütz
Zwischen Achenkirch und Steinberg am Rofan (Grenzgebiet Tirol - Bayern) gibt ein schroffer und kahler Bergrücken den Blick sowohl ins bayerische obere Isartal frei als auch zum in Tirol liegenden Achensee. Vor langer Zeit war dies aber ganz anders. Damals bestand der größte Teil des Berges aus grasreichen Almböden mit vielen gesunden Kräutern und bunten Blumen.
Dort lag die ertragreichste Alm des ganzen Grenzgebietes. Das Almvieh konnte ohne abzustürzen auf seinen Hängen grasen. Die Kühe wurden ob der guten Futter-Situation? dreimal am Tage gemolken. Dicke Käselaibe und feine Almbutter füllten die Speicher. Dadurch wurden die Almleute immer reicher. Sie errichteten in einer Senke sogar eine Kegelbahn. Die Butter benutzten sie zur Herstellung der Kegel. Aus den aromatischen Käselaiben formten sie die Kugeln.
Als die Sonne bereits etwas tiefer stand , beschäftigte sich eine lustige Gesellschaft wieder einmal mit dem Kegelscheiben. Währenddessen braute sich langsam ein Gewitter zusammen. Immer mehr schwarze Wolken türmten sich auf und verdunkelten die Gegend. Plötzlich entlud sich unter heftigem Donnern und Blitzen ein schweres Unwetter. Die Wassermassen schwemmten den kostbaren Almboden hinweg und verwandelten kleine Bäche in reißende Wildbäche. Anstelle der Alm ragte nur mehr ein unfruchtbarer, kahler Berg in den Himmel.
Quelle: Günther Kapfhammer: Bayerische Sagen, Düsseldorf - Köln, 1971, S. 39
Anmerkung: Die nachlassende Fruchtbarkeit der Almböden sowie der sinkende Futterwert der Almgräser wurde früher als Strafe des Himmels angesehen.
Eine der scheinbar genuin dieser Landschaft zugehörigen Sage ist die vom Grenzverlauf, deren bekannteste Version, der Grenzstreit zwischen den Kantonen Uri und Glarus in der Schweiz, bei den Brüdern Grimm zu finden ist (nach Wyss).
Es ist eine ätiologische Sage, die eine strittige Grenzziehung auf die Weise festlegt, dass, wie es im Sagentext heißt, „Zur Tag- und Nachtgleiche (….) von jedem Teil (Ort) frühmorgens, sobald der Hahn krähte, ein rüstiger, kundiger Felsgänger ausgemacht werden und jedweder nach dem jenseitigen Gebiet zulaufen solle und da, wo sich die beiden Männer begegneten, die Grenzscheide festgesetzt bleiben“ solle.
Beide Parteien versuchen das Schicksal zu manipulieren, indem sie nach einem Hahn suchen, der möglichst früh krähe. Die Urner geben ihm – im Gegensatz zu den Glarnern – nur wenig zu essen und trinken und der schmachtende Hahn kräht zuerst, so dass der Urner Läufer einen groß en Vorsprung hat. Als der Glarner zu spät auf ihn stößt, bittet er den Urner, ihm noch ein Stück des Weidelandes zuzugestehen. Schließlich lässt sich der Urner erweichen und sagt: „So viel will ich dir noch gewähren als du, mich an deinem Hals tragend, bergan läufst.“ Der Glarner Senn läuft nun mit dem Urner auf dem Rücken bergan bis er tot zusammenbricht: „Und noch heutigentags wird das Grenzbächlein gezeigt, bis zu welchem der einsinkende Glarner den siegreichen Urner getragen habe.“
Anmerkung: Ohne auf die Geschichte dieser Sage näher einzugehen, sie reicht bis in die Antike zurück und ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie Sagenstoffe wandern und sich in dem Milieu festsetzen, dem ihre inhaltliche und logische Struktur am besten entspricht.
Die Klaridensage (Schächental im Kanton Uri/ Zentralschweiz)
Vor langer Zeit bestand eine große Fläche des Clariden, einem über 3200 Meter hohen Gebirgsstock im Kanton Uri, aus fetten Alpweiden. Damals lebte ein Senn auf der Claridenalp, der eine leichtfertige Dirn namens Kathry bei sich aufnahm. Die Kühe wurden dreimal am Tag gemolken. Für den Senn und seine Dirn war die beste Kost gerade gut genug. Damit sich die Dirn rund um die Alphütte nicht dreckig machte, pflasterte der Senn mit vielen Käselaiben den Vorplatz sowie den Weg von der Sennhütte zum Käsgaden (Käsespeicher). Die Zwischenräume verfugte er fein säuberlich mit Almbutter. Sobald die Käselaibe verschmutzt waren, wischte er diese mit frisch gemolkener Milch wieder sauber. Die Füße von Senner und Dirn sollten dadurch immer sauber bleiben. Beide verbrachten den Almsommer in Saus und Braus.
Für ein paar Wochen blieb auch die Mutter des Senners auf der Alp. Während für sie zuhause Schmalhans Küchenmeister war, wollte sie auf der Alp ihren ausgehungerten Magen mit Süffi verwöhnen. Aber ihr undankbarer Sohn hatte sich für die Mutter eine besondere Speise ausgedacht. Er vermischte die Milchspeisen mit Pferdeharn. Die Mutter fühlte sich von ihrem eigenen Sohn schwer geschädigt und verließ unter heftigem Fluchen die Alp. Während des Abstieges von der Alp ins Tal verwünschte sie ihren undankbaren Sohn und erbat sich von Gott eine gerechte Bestrafung ihres gottlosen Sohnes.
Bald braute sich über dem Gebirgsstock des mächtigen Clariden ein noch nie dagewesenes Unwetter zusammen. Die Begleitmusik dazu lieferte ein extrem lautes Donnern und Krachen. Plötzlich fing der Boden der Alp zu beben an. Innerhalb weniger Minuten stürzten vom Clariden riesige Fels- und Eisbrocken auf die Alp. Gleichzeitig taten sich im Alpboden große Spalten auf, in denen sowohl die gealpten Tiere als auch der Senner mit seiner Dirn versanken. Gegen Abend fing es plötzlich zu schneien an. Der heftige Schneefall hielt zwei Tage lang an. Dadurch verwandelte sich der einst fruchtbare Boden der Alp in eine riesige Schnee- und Eisfläche. Damit war es mit der grasreichen Claridenalp endgültig vorbei.
Quelle: Müller Josef: Sagen aus dem Kanton Uri, Basel, 1. – 3. Bd. (Neudruck 1969)
Anmerkung: In der Klaridensage tritt das Motiv des Speisen - Vergeudens zutage. Das im christlichen Bereich so wesentliche Moment der Vergebung einer Sünde ist dieser Sagengruppe fremd. Deshalb ist der Kern dieser Sage tiefer und breiter verwurzelt. Auffallend ist, dass der früher verbreitete Glaube vorherrschte, wonach die Almweiden einst viel ertragreicher gewesen seien.
29.6 Alpenraum als Rohstoffquellen |  |
Der alpine Raum war schon früh ein Gebiet für begehrte Rohstoffquellen, etwa Gold, Silber, Kupfer, Eisen und Salz (vgl. BÄTZING 2015).
Die Bergbaugebiete wurden zu Handelsknotenpunkten und entwickelten sich in der Folge zu Märkten und Städten (vgl. BÄTZING 2018, 116-123).
Mit der zunehmenden Besiedelung kam es zu Entwicklungen von Wanderbewegungen notwendiger Arbeitskräfte und kulturell und religiöser Vielfalt (man denke an die Reformationszeit mit der Verbreitung des reformatorischen Glaubens durch Zuwanderung in den Bergbauregionen/ Beispiel Schwaz; vgl. BÄTZING 2018, 124-127).
Wirtschaftliche Konzentration und in der Folge damit verbunden politische Macht ergaben sich aus den Gewinnen der Nutzung der Bergbauproduktion.
29.7 Industrielle Revolution |  |
Mit Beginn der industriellen Revolution begannen die Städte das Land bzw. den alpinen Raum zu beherrschen.
Kleinbetriebe verloren an Bedeutung.
Es begann die Nutzung der große Alpentäler.
Das Auto, der Lastkraftwagen und die neuen Eisenbahnlinien, mit Tunnelbauten im Gebirge, gewannen in der Folge an Bedeutung und wurden zunehmend notwendig.
Heute führen die großen Transversalen von Nord nach Süd durch den Alpenraum und verursachen ökologische Probleme, deren Folgen den Lebensraum und die Lebensbedingungen der Bevölkerung belasten (vgl. die Verkehrserschließung des alpinen Raumes BÄTZING 2018, 132-139).
29.8 Freizeitverhalten |  |
In diesem Zusammenhang ist etwa das zunehmende Freizeitverhalten der Bevölkerung im alpinen Raum zu sehen (vgl. BÄTZING 2018, 24-27).
Der Drang, die alpine Landschaft zu genießen, bringt für das Wild - man denke allein in Tirol gibt es rund einen Bestand von 200 000 Tieren - in Unruhe, damit können die notwendigen Abschusszahlen jährlich nicht erfüllt werden.
Es bedarf funktionierender Steuerungsmachanismen zwischen der Jägerschaft und den Tourismusverbänden (vgl. https://tirol.orf.at/news/stories/2953841/ [18.12.2018]).
Im Wintertourismus steigt der Druck durch den Klimawandel.
Gebiete sollen erschlossen werden, die bis jetzt Rückzugsräume waren (vgl. Freizeitparks im Hochgebirge BÄTZING 2018, 194-205).
Heute bildet der alpine Raum das Ziel von rund 120 Millionen Gästen.
Zu beachten sind Bemühungen um einen Naturschutz als Erhaltung der Realität im alpinen Raum (vgl. BÄTZING 2018, 168-169).
Die Erhaltung und Förderung von Nationalparks und Schutzzonen mit Naturbeobachtungen, Vermehrung des biologischen Wissens und einer Erhaltung von geschützten Großräumen verdient vermehrt Beachtung.
29.9 Alpenkonvention 1989 |  |
Die völkerrechtlich verbindliche Konvention - geschlossen 1989 in Berchtesgaden von den Umweltministern von Deutschland, Frankreich, Italien, Slowenien, Liechtenstein, Österreich, der Schweiz und Europäischen Gemeinschaft - umfasst eine Präambel und 14 Artikel zum Schutz und einer Erhaltung des alpinen Raumes als Kulturraum.
Artikel 1 umfasst den Anwendungsbereich.
Artikel 2 betrifft die allgemeinen Verpflichtungen wie die Achtung, Erhaltung und Förderung der Bevölkerung und Kultur, die Raumplanung, Luftreinhaltung, der Bodenschutz, Wasserhaushalt, Naturschutz und die Landschaftspflege, Berglandwirtschaft, der Bergwald, der Einklang von Tourismus und Freizeitaktivitäten, die Belastung von Verkehr, die Erzeugung von Energie und Abfallvermeidung.
Artikel 3 beschreibt die Forschungsaktivitäten und systematische Beobachtung der in Artikel 2 genannten Gebiete.
Artikel 4 dokumentiert die Zusammenarbeit im rechtlichen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Bereich.
Artikel 5 umfasst die Organisation der Konferenz der Vertragsparteien (Alpenkonferenz).
Artikel 6 umfasst den Aufgabenbereich der Alpenkonferenz.
Artikel 7 behandelt die Beschlussfassung in der Alpenkonferenz.
Artikel 8 bezieht sich auf die Bestimmungen des Artikel 7 mit den Aufgaben des Ständigen Ausschusses.
Artikel 9 bezieht sich auf das Sekretariat der Alpenkonferenz.
Artikel 10 betrifft Änderungen des Übereinkommens.
Artikel 11 bezieht sich auf Protokolle und ihre Änderung.
Artikel 12 regelt die Unterzeichnung und Ratifizierung des Übereinkommens.
Artikel 13 regelt eine Kündigung des Vertragswerkes.
Artikel 14 regelt die Notifikationen.
IT - Hinweis
Geltende Fassung 2021 > http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010876 (22.9.21)
29.10 Zukunft des alpinen Raumes |  |
Für die Politische Bildung ist die Frage nach der Zukunft des alpinen Raumes eine wesentliche Fragestellung.
"Wenn die Entwicklung der Alpen so weitergeht wie bisher, dann werden die letzten noch erhaltenden Kulturlandschaften in absehbarer Zeit allmählich verschwinden und die Alpen werden ausschließlich aus verwaldeten und verstädterten Regionen bestehen" (BÄTZING 2018, 210).
Zielsetzungen wären in Anlehnung an HAID (2005) und BÄTZING (2018)
1 eine Aufwertung als dezentraler Lebens- und Wirtschaftsraum,
2 in Anbindung an eine Modernisierung Europas die Erhaltung des alpinen Raumes als Freiraums mit eigenständiger Entwicklung,
3 dies bedeutet die Nutzung der wertvollen Ressourcen (etwa regionstypischer Qualitätsprodukte/ Viehwirtschaft, Acker- und Obstbau, Holz, Energienutzung),
4 einen Umbau des Tourismus zur Nutzung der Regionalwirtschaft (vgl. Alpintourismus/ Bewertung und Wandel > http://m.bpb.de/apuz/25886/alpentourismus-bewertung-und-wandel?p=all [2.2.2019]),
5 schnelleres Internet mit dezentralen Arbeitsplätzen,
6 neue Kulturlandschaften mit Schutz des Lebensraumes. Dazu bedarf es einer spezifischen Infrastruktur und Stützung, Betreuung und Beratung von Gemeinwesenprojekten,
7 den Ausbau von schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen,
8 Versorgung mit Medizineinrichtungen und Krankenbetreuung,
9 Sozialbetreuung für Jugend und Senioren,
10 ausreichender Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr und einen tauglichen Verkehrsverbund,
11 ausreichende Verwaltungseinheiten,
12 Möglichkeiten von Arbeitsräumen,
13 Stützung und Förderung Berglandwirtschaft,
14 Schaffung von Freizeiträumen und
15 die vermehrte Beachtung der Bedeutung der Alpenkonvention zur Wahrung europäischer Interessen an den Alpen ist einzumahnen(vgl. Transitverkehr, Wassernutzung, Erholungsraum/Schutzräume - Naturschutz - Nationalparks).
29.11 Aufgabenfelder einer Politische Bildung |  |
Als Aufgabenfelder stellen sich
1 eine Agrarpolitik mit dem Aspekt der Erhaltung einer Berglandwirtschaft - ökonomisch, ökologisch, sozial und kulturell,
2 der Klimawandel und Klimaschutz als komplexes Anliegen einer Umweltpolitik und
3 der vermehrten Beachtung des sensiblen alpinen Raumes, im Rahmen globaler Überlegungen bzw. Globalen Lernens.
Ein Interessenskonflikt ergibt sich aus der Bipolarität von Ökonomie und Ökologie.
Politische Bildung zeigt die Kontroverse auf und sucht nach konsensualen Lösungswegen im Einzelfall.
Vermehrt sollte die Schönheit der alpinen Landschaft und ihre Einmaligkeit - schulisch und außerschulisch - im Kontext Politischer Bildung in
- Projekten,
- Exkursionen,
- Erkundungen,
- Bildmaterial und
- praktischen Erfahrungen anschaulich demonstriert werden (vgl. als Impuls die Dissertation zur Kultur des Bergführerberufs [Schweiz]von HUNGERBÜHLER 2014).
Zunehmend sind zu beobachten die Folgen eines Klimawandels mit einer
1 Erwärmung im Hochgebirge (vgl. Ansteigen der Schneegrenze, Gletscherschmelze, geringere Wasserabflüsse, Permafrostschmelze, Unwetter- und Naturgefahren [Starkregen, Murenabgang und Steinlawinen] sowie zunehmender Dürreflächen),
2 Verschieben der Pflanzen- und Tierwelt sowie
3 Auftreten neuer Schädlinge.
Alpenkonvention (2013): Nachhaltiger Tourismus in den Alpen, 4. Alpenzustandsbericht, Innsbruck
Bätzing W. (2015): Die Alpen - Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, München
Bätzing W. (2018): Die Alpen. Das Verschwinden einer Kulturlandschaft, Darmstadt
Dichatschek G. (2018): Didaktik der Politischen Bildung. Theorie, Praxis und Handlungsfelder der Fachdidaktik der Politischen Bildung, Saarbrücken
Haid H. (1986): Vom alten Leben. Vergehende Existenz-und Arbeitsformen im Alpenbereich, Rosenheim
Haid H. (2005): Neues Leben in den Alpen. Initiativen, Modelle und Projekte der Bio - Landwirtschaft, Wien - Köln -Weimar
Heinich - Böll - Stiftung/ Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland/ Le Monde Diplomatique (2019): Agrar - Atlas 2019. Daten und Fakten zur EU - Landwirtschaft, Berlin
Hungerbühler A. (2014): Könige der Alpen. Zur Kultur des Bergführerberufs, Bielefeld
Kastler U. (2018): In den Alpen gibt es keine heile Welt, in: Salzburger Nachrichten, 13. Dezember 2018, 19
Luger K. - Rest Fr. (Hrsg.) (2018): Alpenreisen. Erlebnis, Raumtransformation, Imigation, Innsbruck - Wien -Bozen
Mair B. (2019): Zwischen Heimat und Erholung, in: Tiroler Tageszeitung, 15. 4.2019, 5
Mathieu J. (2015): Die Alpen. Raum - Kultur - Geschichte, Stuttgart
Pfeiffenberger A. (2019): Das Risiko auf dem Berg wird unterschätzt, in: Salzburger Nachrichten, 8. Jänner 2019, 1
Vitek E. (o.J.): Die Pflanzenwelt der österreichischen Alpen, Naturhistorisches Museum, Wien
Dieses Kapitel ist von Hans Nosko als langjähriger Bergführer und Heeresbergführer verfasst. Die Autoren danken für seine Bereitschaft einer Mitarbeit.
30.1 Bergsport |  |
Im gesamten Bereich des Bergsportes sind es Prinzipien, die das menschliche Verhalten regeln.
Der ethische Grundgedanke setzt auf ein Verhalten, das
• den Wert des menschlichen Lebens schützt,
• andere Menschen durch das eigene Verhalten nicht gefährdet,
• Hilfe leistet und
• mit der Natur sorgsam umgeht.
Es fördert das Verständnis für einen natur- und umweltverträglichen Bergsport, den Vorrang von öffentlichen Verkehrsmitteln bei alpinen Aktivitäten und freier Zugang zur Bergwelt als Grundlage des Berg- und Naturerlebnisses.
Menschen jedes Alters sollen im alpinen Raum willkommen sein und entsprechend ihrem Leistungsvermögen tätig sein können. Der Sport soll von allen Gruppen verantwortungsbewusst ausgeübt werden.
Aus – und Weiterbildung soll auf breiter Ebene erfolgen und an die einzelnen Zielgruppen speziell angepasst werden.
30.2 Alpentourismus |  |
Derzeit sind keine genauen ethischen Richtlinien vorhanden.
Ein Ansatz ist die protestantische (puritanische) Ethik, die den Tourismus ab- und verurteilt. Genießen und Vergnügen gelten als negative Handlung, weder ernsthaft noch leistungsbezogen (vgl. Henning 1997, Antitourismus. Zur Geschichte des Antitourismus, 31-41).
Zahlen: 11 - 13 Mio Alpenbewohner
180 000 Quadratkilometer
120 Millionen Gäste
500 Millionen Nächtigungen
5 Millionen Gästebetten
• Nur 7 % der österreichischen Landschaft sind unerschlossen und naturbelassen.
• 3/5 der alpinen Freiräume sind von großtechnischen Erschließungen nicht geschützt.
• 2/3 der alpinen Freiräume befinden sich in höchsten Gebirgsregionen.
• 40 % der alpinen Höhenstufen werden in irgendeiner Art erschlossen oder genutzt.
IT - Hinweis
https://www.wwf.at/de/wo-liegen-die-letzten-naturbelassenen-landschaftsraeume/ (bereits abgelaufen)
Es bleiben also nur allgemeine ethische Richtlinien.
Der globale Ethikkodex bezeichnet ethischen Tourismus als eine Art des Tourismus, der Rücksicht auf die Kultur und Gepflogenheit des Reiseortes genommen hat.
Schwerpunkte sind Toleranz, Gleichberechtigung und Respekt.
• Gegenseitiges tolerieren
• Recht der Menschen auf Tourismus
• Verständnis der Menschen zwischen den Völkern verbessern
• Grundrechte der Beschäftigten garantieren
• Bewegungsfreiheit gemäß nationalem Recht garantieren
Das gastgebende Land soll durch neue Arbeitsplätze vom sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung profitieren.
Derzeit haben nur zwölf Staaten die Aufnahme in die "Ethical Traveller - Liste " geschafft:
Tuvalu, Mikronesien, Dominica, Kap Verde, Mongolei, Tonga, Uruguay, Grenada, Samoa und Panama
IT - Hinweis
https://de.wikipedia.org/wiki/Ethischer_Tourismus (16.6.2024)
Ausführung eines naturnahen Tourismus: BMFWFJ
Erhalt beschränkter Ressourcen , sowenig Abfall wie möglich produzieren
Förderung von Natur- und Ökotourismus
Beschränkung touristischer Aktivitäten durch Anpassung der Infrastruktur in sensiblen Schutzgebieten
Zeitliche Staffelung der Touristenströme durch Lenkungsmodelle
IT - Hinweis
https://www.bmnt.gv.at/tourismus/tourismuspolitische-themen/nachhaltige-entwicklung/ethik-im-tourismus.html (16.6.2024)
Die Diskussion bewegt sich hier zwischen kultureller Bereicherung und Idenditätsstärkung der Region auf der einen Seite bzw. Entfremdung/ Überfremdung auf der anderen Seite.
Der Alpintourismus kann durch seine Auswüchse die einheimischen Bewohner zum Abwandern zwingen bzw. ihnen ein alpines Disneyland zum Leben biete, falls sie sich das überhaupt leisten können > https://utopia.de/orte-tourismus-zerstoert-28777/ (16.6.2024)
Es stellt sich die Frage, ob Sölden, Venedig oder Barcelona, wer möchte dort noch im Zentrum leben? In manchen Bereichen wird die Ethik zweitrangig, wenn der Umsatz stimmt (siehe Ischgl).
30.3 Bergsport und Alpinstil |  |
Generell setzt offensichtlich der Leistungsalpinismus auf Selbstregulation und moralische Werte.
Genaue Prinzipien, die das menschliche Verhalten am Berg regeln, sind eher freiwillig, sollten sich aber mit den anfänglich genannten ethischen und moralischen Grundsätzen übereinstimmen.
Erste Hilfe leisten bei Unfällen ist ethisch gut und richtig, einen Verunfallten im Stich lassen ist immer inhuman.
• Auslösen alpiner Gefahren wie Steinschlag, Lawinen vermeiden
• Faires Verhalten gegenüber anderen Bergsteigern einhalten
• Was darf man, was darf man nicht
30.4 Regeln am Berg |  |
Die Regeln am Berg sind allerdings nicht festgeschrieben, sie erfolgen in der Regel freiwillig.
Das Verhalten in Notsituationen muss zumutbar sein (Rechtsprechung)
Im Spitzenalpinismus herrscht Anarchie. Es gibt drei Arten von Extremalpinismus:
1. Kommerzieller 8000er Alpinismus +7 Summit - Alpinismus
kaum erste Hilfe, Doping, Bergung nur in der eigenen Gruppe
2. Versportelter Spitzenalpinismus, Sponsorenabhängig - Rekordabhängig - Beweisabhängig
( Foto, GPS, Zeuge) Akteure kontrollieren sich selbst, eigene Ethikregeln sind dann Charaktersache.
3. Echter Spitzenalpinismus abseits des Mainstreams (Südpol solo, K2 Winter ). Eigene Regulatorien und Regeln am Berg. Externe Ethikregeln nehmen die Freiheit am Berg (Messner).
Und so verlieren sich die Bergsportler in selbstauferlegten Regeln. Bohrhaken, ja oder nein, 8000er mit oder ohne Sauerstoff, was zählt? Es ist auch nicht wichtig, da es nur für einen kleinen Kreis von Interesse ist und bestenfalls die alpine Szene interessiert.
Die selbst auferlegten Regeln hemmen allerdings die Weiterentwicklung des Bergsportes, ändern aber nichts an der moralischen Verpflichtung, meinen Partnern bzw. anderen Menschen in Not beizustehen, egal wo ich mich gerade befinde.
30.5 Alpine Infrastruktur |  |
Hier hat der Schweizer Alpenclub/ SAC Regeln formuliert, die Hütten, Wege, Aufstiegshilfen, neue Sportarten/ Trends und das Bergführerwesen/ Wanderführer im Einklang Ökonomie und Ökologie betreffen.
IT - Hinweis
http://www.netzwerkgegengewalt.org/wiki.cgi?Alpinethik (16.6.2024)
Antonietti, Thomas: Bauern, Bergführer, Hoteliers: Fremdenverkehr und Bauernkultur, Zermatt und Aletsch 1850–1950, Baden 2000
Bätzing, Werner: Bildatlas Alpen: Eine Kulturlandschaft im Portrait, Darmstadt 2005
Bahrdt, Hans Paul: Schlüsselbegriffe der Soziologie: Eine Einführung mit Lehrbeispielen, München 1984
Bausinger, Hermann: Tradition und Modernisierung, in: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 87 (1991), S. 5–14. URL: http://dx.doi.org/10.5169/seals-117759 [2020-08-05]
Bernard, Paul: Rush to the Alps: The Evolution of Vacationing in Switzerland, Boulder u.a. 1978
Bonington, Chris: Triumph in Fels und Eis: Die Geschichte des Alpinismus, Stuttgart 1995
Bourdieu, Pierre: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, in: Reinhard Kreckel (Hrsg.): Soziale Ungleichheiten, Göttingen 1983 (Soziale Welt, Sonderband 2), S. 183–198
Burke, Peter: Kultureller Austausch, in: Peter Burke: Kultureller Austausch, Frankfurt am Main 2000, S. 9–40
Burke, Peter: Kulturtransfer: Karneval in zwei oder drei Welten, in: Peter Burke: Eleganz und Haltung: Die Vielfalt der Kulturgeschichte, Berlin 1998, S. 201–218
Cunningham, Carus D.: The Pioneers of the Alps, London 1887. URL: https://archive.org/details/pioneersofalps1859cunn/ (2. Aufl. 1888) [2020-08-05]
Durstmüller, Anton: Der Anteil britischer Bergsteiger an der Erschließung der Ostalpen, in: Otto Hietsch (Hrsg.): Österreich und die angelsächsische Welt: Kulturbegegnungen und Vergleiche, Wien u.a. 1961, S. 559–601
Dwertmann, Hubert / Rigauer, Bero: Das Maß der Bewegung: Zum Verhältnis von Technik, Bewegungskultur, Sport, in: Niels Beckenbach u.a. (Hrsg.): Umbrüche gesellschaftlicher Arbeit, Göttingen 1994 (Soziale Welt, Sonderband 9), S. 475–493
Eisenberg, Christiane: Kulturtransfer als historischer Prozess: Ein Beitrag zur Komparatistik, in: Hartmut Kaelble Hartmut u.a. (Hrsg.): Vergleich und Transfer: Komparatistik in den Sozial-, Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt am Main u.a. 2003, S. 399–417
Elkar, Rainer S.: Reisen bildet: Überlegungen zur Sozial- und Bildungsgeschichte des Reisens während des 18. und 19. Jahrhunderts, in: Boris I. Krasnobaev u.a. (Hsg.): Reisen und Reisebeschreibungen im 18. und 19. Jahrhundert als Quellen der Kulturbeziehungsforschung, Berlin 1980 (Studien zur Geschichte der Kulturbeziehungen in Mittel- und Osteuropa 6), S. 51–82
Frison - Roche, Roger / Jouty, Sylvain: A History of Mountain Climbing, Paris u.a. 1996
Gidl, Anneliese: Alpenverein: Die Städter entdecken die Alpen, Wien u.a. 2007. URL: http://library.oapen.org/handle/20.500.12657/34434 [2020-08-05]
Grupp, Peter: Faszination Berg: Die Geschichte des Alpinismus, Köln u.a. 2008. URL: https://doi.org/10.7788/boehlau.9783412332655 [2020-08-05]
Hackl, Wolfgang: Eingeborene im Paradies: Die literarische Wahrnehmung des alpinen Tourismus im 19. und 20. Jahrhundert, Tübingen 2004 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 100)
Hahn, Hans Peter: Materielle Kultur: Eine Einführung, Berlin 2005
Hansen, Peter H.: Albert Smith, the Alpine Club, and the Invention of Mountaineering in Mid-Victorian? Britain, in: Journal of British Studies 34 (1995), S. 300–324. URL: https://doi.org/10.1086/386080 / URL: https://www.jstor.org/stable/175982 [2020-08-05]
Henning Chr.: Touristenbeschimpfung. Zur Geschichte des Antitourismus, in: Zeitschrift für Volkskunde 93/1997, 31 - 41
Im Hof, Ulrich: Das gesellige Jahrhundert: Gesellschaft und Gesellschaften im Zeitalter der Aufklärung, München 1982
Knoll, Gabriele M.: Kulturgeschichte des Reisens: Von der Pilgerfahrt zum Badeurlaub, Darmstadt 2006
Kramer, Dieter: Der sanfte Tourismus: Umwelt- und sozialverträglicher Tourismus in den Alpen, Wien 1983
Kröner, Arlinde: Grindelwald: Die Entwicklung eines Bergbauerndorfes zu einem internationalen Touristenzentrum: Ein Beitrag zum Problem des kulturgeographischen Wandels alpiner Siedlungen, Stuttgart 1968 (Stuttgarter Geographische Studien 74)
Langreiter, Nikola: Einstellungssache: Alltagsstrategien und -praktiken von Tiroler Gastwirtinnen, Wien 2004.
Lauterbach, Burkhart: Alpentourismus im 19. Jahrhundert als Thema der Europäischen Ethnologie, in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 2006, S. 115–122.
Lauterbach, Burkhart: "Als der Berg die Viktorianer rief": Alpentourismus im 19. Jahrhundert als Handlungsfeld kulturellen Transfers, in: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 101 (2005), S. 49–66. URL: http://dx.doi.org/10.5169/seals-118180 [2020-08-05]
Lindner, Rolf: Zur kognitiven Identität der Volkskunde, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 90 (1987), S. 1–19. URL: https://www.volkskundemuseum.at/publikationen/publikation?publikation_id=1524345942644 [2020-08-05]
Lipp, Wolfgang: Alpenregion und Fremdenverkehr: Zur Geschichte und Soziologie kultureller Begegnung in Europa, besonders am Beispiel des Salzkammerguts, in: Zeitschrift für Volkskunde 89 (1993), S. 49–62. URL: https://www.digi-hub.de/viewer/image/DE-11-001938299/61/ / URL: https://digi.evifa.de/viewer/image/DE-11-001938299/61/ [2020-08-05]
Luger, Kurt / Rest, Franz: Der Alpentourismus: Konturen einer kulturell konstruierten Sehnsuchtslandschaft, in: Kurt Luger et al. (Hg.): Der Alpentourismus: Entwicklungspotenziale im Spannungsfeld von Kultur, Ökonomie und Ökologie, Innsbruck u.a. 2002 (Tourismus: transkulturell & transdisziplinär 5), S. 11–46
Lunn, Arnold: A Century of Mountaineering 1857–1957, London 1957
Mathieu, Jon u.a. (Hg.): Die Alpen! Les Alpes!: Zur europäischen Wahrnehmungsgeschichte seit der Renaissance: Pour une histoire de la perception européenne depuis la Renaissance, Bern u.a. 2005 (Studies on Alpine History 2)
Mathieu, Jon: Geschichte der Alpen 1500–1900: Umwelt, Entwicklung, Gesellschaft, 2. Aufl., Wien u.a. 2001. URL: https://doi.org/10.7767/boehlau.9783205128311 [2020-08-05]
Mauro, Tullio de: Il dizionario della lingua italiana, Mailand 2000
Meinherz, Paul: Alpinismus, in: Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz (Hrsg.): Historisches Lexikon der Schweiz, Basel 2002, vol. 1, S. 244–246. URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16338.php [2010-04-08]
Messinger, Heinz: Langenscheidts Handwörterbuch Englisch: Teil Englisch-Deutsch?, 3. Aufl., Berlin u.a. 1998
Peskoller, Helga: Berg Denken: Eine Kulturgeschichte der Höhe: 2 Studien, Wien 1997
Ring, Jim: How the English Made the Alps, London 2000
Reznicek, Felizitas von: Vierhundert Jahre Bergsteigerinnen, in: Jahrbuch des Deutschen Alpenvereins 92 (1967), S. 137–145. URL: http://www.dav-bibliothek.de/webOPAC/DAV-Publikationen/AV-Jahrbuch/ [2020-08-05]
Roth, Klaus: Zwischen Volkskunde und Völkerkunde: Europäische Ethnologie und Interkulturelle Kommunikation, in: Christian Giordano u.a. (Hg.): Europäische Ethnologie – Ethnologie Europas: Ethnologie européenne – Ethnologie de l'Europe, Freiburg/Fribourg 1999 (Studia Ethnographica Friburgensia 22), S. 31–44
Scharfe, Martin: Berg - Sucht: Eine Kulturgeschichte des frühen Alpinismus, Wien u.a. 2007. URL: https://doi.org/10.7767/boehlau.9783205117506 [2020-08-05]
Seifert, Manfred: Kulturen im Prozess weltweiter Vernetzung: Zur Spezifik kultureller Globalisierungsabläufe, in: Rainer Alsheimer u.a. (Hg.): Lokale Kulturen in einer globalisierenden Welt: Perspektiven auf interkulturelle Spannungsfelder, Münster u.a. 2000 (Münchener Beiträge zur Interkulturellen Kommunikation 9), S. 33–54
Tschofen, Bernhard: Berg, Kultur, Moderne: Volkskundliches aus den Alpen, Wien 1999
Unsworth, Walt: Encyclopaedia of Mountaineering, London u.a. 1992
Vester, Heinz - Günter: Kompendium der Soziologie I: Grundbegriffe, Wiesbaden 2009. URL: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91345-2 [2020-08-05]
Warneken, Bernd Jürgen / Wittel, Andreas: Die neue Angst vor dem Feld: Ethnographisches research up am Beispiel der Unternehmensforschung, in: Zeitschrift für Volkskunde 93 (1997), S. 1–16. URL: https://www.digi-hub.de/viewer/image/DE-11-001938303/13/ / URL: https://digi.evifa.de/viewer/image/DE-11-001938303/13/ [2020-08-05]
Welsch, Wolfgang: Transkulturalität: Zur veränderten Verfaßtheit heutiger Kulturen, in: Zeitschrift für Kulturaustausch 45 (1995), S. 39–44
Wiegelmann, Günter: "Materielle" und "geistige" Volkskultur: Zu den Gliederungsprinzipien der Volkskunde, in: Ethnologia Europaea 4 (1970), S. 187–193
Williams, Cicely: A Church in the Alps: A Century of Zermatt and the English, 5. Aufl., Warwick 1999
Zebhauser, Helmuth (Hg.): Handbuch Alpingeschichte im Museum: Katalog der Säle 2–7 des Alpinmuseums Kempten, München 1991
Zu den Autoren |  |
Herbert Jenewein
APS - Lehramt VS - HS -PL (1970 - 1975 - 1976)
Absolvent des Studiums Volkskunde und Europäische Ethnologie/ Universität Innsbruck/ Mag. phil. (2005)
Publikationen:
"Wandern zu Sagen und Mythen im Wilden Kaiser", Tyrolia Verlag 2002
"Volkskundliche Aspekte. Kulturwissenschaftlich - volkskundliche Beiträge aus Tirol", Akademiker Verlag 2022
Almsagen in den Regionen Tirol, Südtirol, Vorarlberg, Salzburg, Kärnten, Oberösterreich, Steiermark, Bayern und die Schweiz, in: Fachzeitschrift Der Alm- und Bergbauer 1-2/2020 und 1-2/2021
Günther Dichatschek
APS - Lehramt VS -HS - PL (1970 - 1975 - 1976)
Absolvent des Studiums Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985)
Universitätslehrgang Politische Bildung/ Universität Salzburg - Klagenfurt/ MSc (2008)
Universitätslehrgang Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg/ Diplom (2012)
Fernlehrgang Nachhaltige Entwicklung/ Comenius - Institut Münster/ Zertifizierung (2020)
Publikationen:
"Reihe Grundwissen" Akademiker Verlag
|