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Museumskunde

Volkskundliche Aspekte in der Museumskunde    

Inhaltsverzeichnis dieser Seite
Volkskundliche Aspekte in der Museumskunde   
Einleitung - Impuls   
1 Begriffsbildung Museum   
2 Funktionen   
2.1 Sammeln   
2.2 Forschen   
2.3 Bewahren   
2.4 Präsentieren - Vermitteln   
2.5 Objekte   
3 Die Heimat im Museum   
3.1 Vorbemerkung   
3.2 Heimat und Museum - Begriffsgeschichte   
3.3 Heimat- und Freilichtmuseen und ihre Bedeutung   
3.3.1 Heimat   
3.3.2 Stellenwert Heimatmuseum   
3.3.3 Das sogenannte "gute Alte"   
3.3.4 Freilichtmuseen   
4 Landesmuseen   
4.1 Aufgaben   
4.2 Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum   
4.3 Darstellung des Raumes im Ferdinandeum   
5 Heimatmuseum Ellmau   
5.1 Vom "Knappenhäusl" zum Heimatmuseum   
5.2 Verein "Heimatmuseum Ellmau"   
5.3 Ein Gang durch das Museum   
6 Lernen im Museum   
6.1 Einführung   
6.2 Theoretischer Rahmen   
6.2.1 Persönlicher Kontext   
6.2.2 Soziokultureller Kontext   
6.2.3 Gegenständlicher Kontext   
Literaturverzeichnis II/ Auswahl   
Zu den Autoren   

Einleitung - Impuls    

Museumskunde/ Museologie ist als Teilbereich kultureller Bildung ein unverzichtbarer Bestandteil des Bildungssystems und in der Folge damit der Volkskunde.

Nach Artikel 22 der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" durch die UNESCO ist sie "für die Würde des Menschen und für die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich".

Aufbewahrt werden Objekte von kulturellem Wert in einem Museum. Ausgestellt werden sie zur Freude und Bildung öffentlich. Erforscht werden sie können auf verschiedenste Art.

Museumskunde befasst sich mit Museumspädagogik, die mit besucherorientierten Methoden, zielgerichtet nach Besuchergruppen, Vermittlungsangebote entwickelt. Die Ausstellungsgegenstände sollen erschlossen werden können. Ein Museum stellt sich damit den Fragen der Kommunikation, Kulturvermittlung und Bildungsarbeit, damit sind Museen Bildungs- und Erlebnisorte. Eine Verbindung von Nützlichkeit (Bildung) und Vergnügen (Unterhaltung) ist idealerweise zu finden.

Museumskunde hilft bei der Ausstellungskonzeption, Führungskonzeption und Begleitmaterialien zur Betreuung der Besuchergruppen. So wird die Bedeutung von Gegenständen und den Inhalten ermittelt, kulturelle Teilhabe und Teilnahme ermöglicht.

Das Museum wird ein Lernort. Als solcher soll er einen bestimmten Zweck erfüllen, idealerweise bedarf es einer Vorbereitung mittels einer Einführungsphase (Einbettung in einen aktuellen Sach- bzw. Interessensbereich), geschulter Führung (konkreter Frage- und Beobachtungsmöglichkeiten), Bereitstellung von Begleitmaterial und letztlich einer Auswertung.

Die Studie gliedert sich in die Begriffsbildung Museum, Funktionen, Konzeption der Heimat im Museum, Landesmuseen und Heimatmuseum Ellmau und Lernen im Museum.

Grundlage sind die absolvierten Lehrveranstaltungen zur Museumskunde am Institut für Volkskunde und Europäischer Ethnologie der Universität Innsbruck im Jahre 2000 und eine Fachliteratur.

1 Begriffsbildung Museum    

Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen sind die Forschungsergebnisse des Internationalen Museumsrates (ICOM/ UNSESCO) und des "International Commitee for Museology"/ ICOFOM (vgl. VIEREGG 2006, 15-26).

  • In der Antike war "mouseion" Ort der Tempel der Musen, der Schule oder Akademien.
  • Im Mittelalter hatten die kirchlichen Schatzkammern eher musealen Charakter.
  • Kunst- und Wunderkammern an Fürstenhöfen in der Renaissance waren jeweils Sammlungen als Kunstkammern, Kammergalerien, Kabinetten oder Münzsammlungen angelegt.
  • In der Folge mit mehr Öffentlichkeit und Besuchsmöglichkeiten schon im 18. Jahrhundert entwickelten sich soziale und gesellschaftliche Aspekte bzw. Aufgabenstellungen, die auch heute ein Museum betreffen. Es kommt zu Bezeichnungen wie Schatzkammern, Kunstkammern, Naturalienkammern, Raritätenkammern oder Gallerien.
Der Begriff Museum als Ort von Besuchern ist in der Enzyklopädie von KRÜNITZ 1805 nachweisbar (vgl. KRÜNITZ 1805).

1946 definierte erstmals der "International Council of Museums (ICOM/ UNESCO)" in seinen Statuten im Artikel 2 und in der Folge den Rahmen für alle Bereiche und Kernfragen des Museums als "Professional Code of Ethics" als "Ein Museum ist eine nicht auf Gewinn ausgerichtete, dauernde Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, offen für das Publikum, die sammelt, bewahrt, forscht, kommuniziert und präsentiert, zu Zwecken des Studiums, der Bildung und des Vergnügens, der materiellen Grundlagen der Menschen und ihrer Umwelt" (vgl. VIEREGG 2006, 16).

IT-Hinweis?

https://icom.museum/en/publications/ (13.4.23)

Vorrangige Funktionen bilden die Ausstellungstätigkeit, Kommunikation und Bildung eines Museumskonzepts. Bei der Jahrestagung in Calgary 2005 einigte man sich auf die aktuellste Definition des Museums mit neuen Paradigmata, so dem materiellen und ideellen kulturellen Erbe der Menschheit.

Es entstand damit die Frage nach dem "virtuellen Museum" (vgl. https://www.amuseum.de (13.4.23). Viele Begriffe werden verwendet, es gilt jedenfalls die Begrifflichkeit des Internationalen Museumsrates (ICOM/ UNRSC), beispielsweise Computermuseum, Web - Museum und Virtuelles Museum.

Ein bekanntes Beispiel wurde vom Frauenhofer Institut für Software- und Systemtechnik (ISSDT) mit dem Deutschen Historischen Museum in Berlin und dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn eingerichtet.

Virtuelle Vitrinen ermöglichen fehlende Teile zu ergänzen. Die Informatik ermöglicht Vernetzungen, Verlinkungen, Vergleichsbeispiele und Aktivierungen des Publikums mit Interaktionsmöglichkeiten sowie inhaltlichen Erschließungen.

Als Museum im klassischen Sinne ist es nicht zu verstehen, vielmehr als Technologie für Nutzer zur Hilfestellung unabhängig von Ort und Zeit (vgl. als Bildungsleistung etwa "Virtuelles bzw. Digitales Lernen" und/ oder Online-Seminare?).

2 Funktionen    

Im Folgenden wird auf die Bedeutung der Grundfunktion Sammeln, das Forschen, Bewahren, Präsentieren und Vermitteln sowie der Objekte bzw. Exponate eingegangen.

2.1 Sammeln    

Die Sammeltätigkeit bildet die Grundlage für eine Museumsarbeit. Die verschiedenen Arten von Museen sind Beispiele für Sammlungen. Im 18. und 19. Jahrhundert änderten sich die Sammeltätigkeiten, fürstliche Kunstkammern verloren an Bedeutung. Ein Übergang zu bürgerlichen Museen erfolgte. Privatsammler gründeten Kunstmuseen wie in Hamburg 1804 Peter Friedrich Röding (vgl. im Folgenden VIEREGG 2006, 27-33).

Mit der Museumsentwicklung ist bis heute Sammeln und durch gezielten Erwerb, Schenkungen und Ausgrabungen eine Vermehrung von Objekten/ Exponaten und verschiedensten Ausstellungsgegenständen möglich.

Bei natur- und kunstwissenschaftlichen Museen hatten Reisen und Expeditionen Bedeutung für Museen und Forschung. Schenkungen und Vermächtnisse spielen bis heute eine Rolle. Sonderausstellungen verdeutlichen dies auf besondere Weise. Privatsammlungen haben einen besonderen Stellenwert für die Attraktivität von Museen.

Bei der Zusammenstellung von Sammlungen spielen Stücksammlungen und Reihensammlungen eine Rolle. Es geht vorrangig um die Funktionen der Objekte und die Zielsetzung der Sammlungen.

Auf die Bedeutung von Lehrsammlungen für eine Volksbildung als Brückenfunktion in einer Erwachsenenbildung, von Interesse für die Volkskunde, ist hinzuweisen (vgl. WULFF 1919, 121-147; VIEREGG 2006, 28).

Forschungsmuseen erfüllen einen besonderen Auftrag mit wissenschaftlichen Spezialaufgaben.

Historische Museen bzw. zeitgeschichtliche Sammlungen verbinden ihren Auftrag auch als Beitrag zur Sicherung eines kulturellen Gedächtnisses. Es geht nicht um das Prinzip der Vollständigkeit wie in einem Archiv, vielmehr um Information und einen unterschätzten Alltagsbezug.

2.2 Forschen    

In der Regel werden die Objekte in Museen wissenschaftlich betreut, bevor sie ausgewertet werden. Betrieben wird Objekt- und Faktenforschung, die eine zentrale Aufgabe aller Museen darstellt. Man kann davon ausgehen, dass je nach Art, Intensität und Zielsetzung die jeweiligen Institutionen sich unterscheiden.

Basis ist die bestehende rechtliche, ethische und akademische Praxis in Verbindung mit der nationalen und internationalen Urheberrechtsgesetzgebung. Darin inbegriffen sind die Verpflichtungen zur Nennung aller geistigen Quellen und zur Veröffentlichung von Forschungsergebnissen (vgl. VIEREGG 2006, 33; International Council of Museums/ ICOM 2003).

2.3 Bewahren    

Der Bereich gehört zu den selbstverständlichen Bereichen und Pflichtaufgaben von Museen. Sicherheit, Konservierung und Restaurierung sind die Bereiche. Ziel ist den Wert der Objekte zu erhalten. Wichtig ist die Dokumentation und Pflege der im Museum aufgenommenen Objekte (vgl. VIEREGG 2006, 36-38).

  • Die Sicherheit benötigt besondere Aufmerksamkeit. Schutz vor Umwelteinflüssen und Katastrophen, Diebstahl und Beschädigung sind zu gewährleisten. Betroffen sind Schauräume, Studiensammlungen, Depots und Ateliers.
  • Konservierung bezieht sich auf einzelne Objekte. Im Mittelpunkt steht die Sicherung und Bewahrung des Zustandes eines Objekts.
  • Restaurierung strebt die Herstellung eines ursprünglichen Zustandes, der allerdings nie bestanden hatte durch Veränderungen am Objekt. Beeinflusst wurde die Auffassung durch die Meinung, Konservierung mache eine Restaurierung überflüssig. Aktuell gilt, Objekte in ihrer materiellen Substanz zu erhalten.
2.4 Präsentieren - Vermitteln    

In der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit ist das kulturelle Erbe Besuchern näher zu bringen. Ziel ist das "kulturelle Gedächtnis" kennen lernen und historische Erkenntnisse für einen persönlichen Bildungsgewinn zu nützen. Für die Museumsverantwortlichen gilt, publikumswirksame und bildungsintensive Präsentationen zu konzipieren. Die ICOM-Statuten? betonen den Dienst der Museen als "soziale Mission" im Dienst der Gesellschaft, aktuell auch eine Funktion der Nachhaltigkeit (vgl. im Folgenden VIEREGG 2006, 39-43; GARTHE 2022).

Angeboten werden die Leistungen der Museen vorrangig in ständigen Ausstellungen, Sonderausstellungen, Wanderausstellungen, auch in Studiensammlungen und Schau-Depots?. Wesentlich sind die Berücksichtigung der Besucherinteressen/ Zielorientierung mit thematischer Ausrichtung für das Publikum. Ausstellungen dienen der Dokumentation aktueller Anlässe, auch Forschungsergebnisse zu präsentieren und bei vorhandener Räumlichkeit als Studiensammlung/ Lehrmuseum Möglichkeiten einer intensiven museumspädagogischen Auseinandersetzung anzubieten.

Ach die Tendenz zur Vermittlung von Bildungsinhalten, etwa in Geschichte, Natur- und Kunstwissenschaften, Technik und Spezialbereichen, beinhaltet die Aufgabe von Museen als Bildungsstätten. Museumspädagogik beschäftigt sich inhaltlich und mit Lehrenden/ "Museumspädagogen" dem Aufgaben-und Bildungsbereich.

Auch der Freizeitbereich gewinnt an Bedeutung. Museen können Aktivitäten, bei räumlicher Voraussetzung, gesellschaftlicher Freizeitmöglichkeiten unterstützen (vgl. Ausstellungen zum Freiwilligkeitsengagement mit Kursangeboten - Krippenmuseen, Ausstellungen zu Vereinsjubiläen).

2.5 Objekte    

Objekte/ Exponate unterscheidet man aus museologischer Sicht in Originale, Repliken und Kopien. Im Folgenden wird näher zum besseren Verständnis auf die vier unterschiedlichen Objektformen eingegangen (vgl. VIEREGG 2006, 44-47).

  • Unter Originale versteht man echte Exemplare, Sachfunde und Befunde, die vom Urheber stammen bzw. Erstfassungen bei Kunstwerken bzw. ursprünglichen Gegenständen. Für die Beziehung zum Besucher ist das Original Ausgangspunkt der Darstellung, Information und Interpretation.
    • Ausgewählt werden Objekte nach historischen, ästhetischen, handwerklichen und künstlerischen Gesichtspunkten. Auch sollen verschiedene Wahrnehmungsebenen die Besucher ansprechen. Die Möglichkeiten der Präsentation von Objekten spielen für eine Gewichtung eine Rolle (vgl. Einzelaufstellung bzw. Objektgruppe - Räumlichkeit, Beleuchtung, Beschreibungsart).
    • Wichtig sind für die Erschließung eines Objekts die Betrachtung aus unterschiedlichen Perspektiven, der Beschreibung der Erscheinungsform, das Sehenlernen, das emotionale Erleben des Objekts, die Einordnung in den historischen, sozio-kulturellen, politischen und ökonomischen Kontext und die Einschätzung der Leistung der Gestaltung und Intention.
  • Als Replik bezeichnet man eine vom Künstler hergestellte Wiederholung seines Werkes.
  • Replikate sind originale Nachbildungen eines Kunstwerks.
  • Kopien sind von anderer Hand angefertigte Nachbildungen, die in den wesentlichen Merkmalen mit dem Original übereinstimmen.
3 Die Heimat im Museum    

3.1 Vorbemerkung    

"Das Museum ist jener Ort, an dem ein Kunstobjekt die Rolle des Zeigen einer bestimmten Zeit einnimmt und folglich zum ständigen Ausdruck einer kulturellen Botschaft wird" (MAYOR 1989).

Die Einrichtung Museum versteht sich als ein fester Bestandteil des kulturellen Angebots. Selbst in den kleinsten Orten findet man ein Gebäude oder einen Raum, in dem Gegenstände und Sammlungen verwahrt und gezeigt werden. Museen sind eine alte, weit in die historische Zeit hineinreichende Einrichtung unserer Kultur. Sie sind dazu da, um unsere Geschichte zu bewahren und zugleich lebendig zu machen.

In Zeiten gesellschaftlicher Veränderung steht die Frage nach kultureller Identität und Orientierung im Mittelpunkt, somit erhalten Geschichte, Kultur und Kunst eine wachsende Bedeutung.

Wenn heute von ethnischer, regionaler, dörflicher oder bäuerlicher Kultur und Kulturlandschaft die Rede ist, dann zumeist im Zusammenhang mit dem, was bedroht oder verschwunden ist. Das Bedrohte zu bewahren und aufrecht zu erhalten, es entsprechend den konkreten Bedingungen zu handhaben und durch neue Ideen zu vervollkommnen, muss stets Grundsatz der Museen sein. Es geht schließlich um etwas, das als lebenswert und lebensnotwendig erscheint, um eine individuelle und kollektive Identität zu erhalten.

Heimatmuseen bieten ein breites Spektrum an Themenkreisen, aus denen sich die Möglichkeit ergibt, sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen und die Entwicklungen nachzuvollziehen.

3.2 Heimat und Museum - Begriffsgeschichte    

Das Wort "Heimat" wurde vom gemeingermanischen Wort "Heim" abgeleitet, das ursprünglich einen Ort, wo man sich niederlässt (Lager), bezeichnet. "Heimat" als Ableitung von Heim ist im Althochdeutschen "heimuoti", im Mittelhochdeutschen als "hemode" belegt. Dies bedeutet Land und Ort, in dem man geboren und aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zuhause fühlt. Im 18. Jahrhundert wurde von Heimat "heimatlich" abgeleitet, fas das in der Heimat Befindliche, zu ihr Gehörende bezeichnet (vgl. DUDEN 1997, 276-277).

Der Begriff Museum ist als Fremdwort aus dem Lateinischen entlehnt und bezeichnet einen Ort für gelehrte Beschäftigung, eine Bibliothek der Akademie. Ursprünglich ist das Wort abgeleitet vom Griechischen "mousa" (Muse, Kumst, Wissenschaft). In der deutschen Sprache ist das Wort Museum erst seit dem 16. Jahrhundert bezeugt und bedeutet zunächst Studierzimmer. Im 17. Jahrhundert erscheint es dann in den Bedeutungen Kunstsammlung und Altertumssammlungen.

Unter dem Begriff "Heimatmuseum" wird das Museum mit naturkundlichen und kultur-geschichtlichen Sammlungen in der engeren Heimat verstanden (vgl. DUDEN 1997, 680).

3.3 Heimat- und Freilichtmuseen und ihre Bedeutung    

3.3.1 Heimat    

Heimatmuseen, Freilichtmuseen und Denkmalhöfe sind beliebt, besonders für Familienausflüge und Freizeitgestaltungen. Wie alle Museen hat hier jedes einzelne eine Entstehungsgeschichte. Das Heimatmuseum ist ein Ort, wo es um Identität und Identifikation geht, wo Wurzeln gesucht und manchmal auch gefunden werden. Seine Strukturen und Wesensmerkmale liegen in den kulturellen Aspekten einer bestimmten Region, schließen Brauchtum, Tradition sowie Alltagsgeschehen der Menschen von früher ein. Alle diese Merkmale sprechen Lebensbereiche an, die dem Thema Heimat sehr nahe liegen. Eine Assoziationskette aus zusammengesetzten Begriffen, wie Heimatpflege, Heimatlied, Heimatverbundenheit, Heimatvertriebene, hat als gemeinsamen assoziativen Kern das Thema menschlicher Zusammengehörigkeit.

Der Begriff Heimat ist ein vielseitiger und kaum jemand nimmt das Wort unbefangen in den Mund. Grund und Boden als die Heimat zu beschreiben, gilt heute nur mehr eingeschränkt, zu viel politischer Missbrauch hängt einem solchen Heimatbegriff an. Auch das im Tiroler Volksmund bezeichnete "Hoamatl" scheint mit dem Heimatbegriff nicht mehr das zu sein, was es einmal war.

Anton Draxl, der sich mit der Heimat in den Tiroler Bergen befasst, schreibt. "Heute besteht nach politischem Missbrauch, Scheu, von Heimat zu sprechen. Kommerz hat dieses Wort verächtlich gemacht (Heimatabend). Erst die Gefährdung von Heimat und Umwelt, die heutige Krise des Humanen insgesamt bringt eine Wiedergeburt des Begriffes" (DRAXL 1998, 7).

Mit Heimat verbinde ich Bekanntes, wohl aber auch Unbekanntes, je nachdem, wo ich mich befinde, wo ich mich zugehörig fühle und wo ich selbst gestalte. Diesen Lebensort kann ich nun in irgendeiner Weise verlieren. Heimatverlust hat es immer schon gegeben. Was sich aber heute mehr und mehr ausbreitet, so der Philosoph Waldenfels, ist ein zunehmender Heimatschwund, wodurch Heimat und Aufenthaltsort sich einander annähern. "Der Unterschied von Vertrautem und Fremdem, ohne den so etwas wie Heimat nicht zu denken ist, wird mehr und mehr eingeebnet" (WALDENFELS 1985, 203). Der Begriff Heimat, "das Zuhausesein", hat auch in der Philosophie immer wieder eine große Rolle gespielt. Auch Bloch sieht sie als den geographischen Ort von bodenständigem Heimatgefühl, wohl aber auch als den Gegenbegriff zur Entfremdung, revolutionäre Entfremdung, die auswendig geworden ist, und zugleich Auswendigkeit, die wie das Inwendige aussieht (vgl. BLOCH 1985 220). Das wäre Heimat.

So heißt es in einer Ausstellung, die vom 2.7. bis 31.10.1998 in der Kunsthalle Tirol - Salzlager Hall zu sehen war: "Heimat ist Aufforderung, sich zu bewegen." (ARGE SALZLAGER HALL/ KUNSTHALLE TIROL Broschüre 1998 - Titelblatt).

In einer groß angelegten Werbekampagne in den Medien wurde der Titel "Sehnsucht Heimat" angekündigt. Blaue Schilder mit weißen Pfeilen wurden an den verschiedensten Orten in der Stadt Innsbruck und in den Umlandgemeinden angebracht, um aufzurufen, "sich zu bewegen".

In der Ausstellung selbst verweist "Heimat" auf die Gemeinschaft derer, die "dazugehören" und auf den Umgang mit Freunden und Heimatlosen (in einem Spannungsfeld von Gemeinschaft und Selektion, von Nostalgie und Utopie). All dieses "heimatlich Heimelige" sollte zum Nachdenken anregen, Vertiefung, Verständnis und Eindrücke erwecken.

Reaktionen zur Ausstellung "Sehnsucht Heimat" fanden sich im Leserforum der Tiroler Tageszeitung. In der Symbolik der Tischgemeinschaft (dargestellt als monumentale Skulptur des Chinesen Chen Zhen "Round Table -side by side") sieht ein deutscher Tourist ein Zeichen für den Aufbruch in eine gemeinsame Zukunft, die ihn ermutigt:"... Heimat ist mehr als das Beharren auf der eigenen Tradition. Vielmehr ist der Gewinn des Fremden, die Sichtweise des anderen, eine Hoffnung für alle..." (GROSSE-LOHHEIDE? 1998, 21). Im Anhang finden sich weitere Leserbriefe zu dieser Ausstellung sowie zum Thema Heimat. Meinungen, Äußerungen und Kritik wurde in diesen Briefen offengelegt. Das sind Zeichen einer Auseinandersetzung mit dem Heimatbegriff, die Anklang, aber auch Betroffenheit ausgelöst haben (vgl. die Bedeutung der Bildungsbereiche Politische Bildung, Interkulturelle Kompetenz und Medienkompetenz).

In der offiziellen Broschüre zur Ausstellung stand Folgendes: " Sehnsucht Heimat weist über das Hier und Jetzt hinaus, denn Heimat ist, was man nicht (mehr) hat. Heimat ist eine Sache des Glaubens, und die Sehnsucht zielt allemal auf Geborgenheit, auf Gültigkeit im Verhältnis zu Menschen, Dingen und Orten" (ARGE SALZLAGER HALL/ KUNSTHALLE TIROL, Broschüre 1998, 3).

Würde die Heimat sich uns so präsentieren, müssten viele Heimatlose und Verriebene nicht so viel Leid ertragen. Äußerungen wie verwurzelt, Heimatgefühl, Zusammengehörigkeit oder Gemeinschaftsgefühl, mögen positiv klingen. Das Thema kann nicht allein objektiv betrachtet werden.

Da gibt es noch eine persönlich-subjektive Seite. Da gibt es auch Unklares, Undurchsichtiges, da gibt es auch Schatten, über die viele Menschen nichts wissen oder über die nicht gesprochen wird. Auch Missbrauch und Ausbeutung des Heimatbegriffs sind zu notieren. Kommerz und Nostalgie verschleiern gleichfalls den Begriff. Symbolisch ließen sich, so glaube ich, gerade hier diese Richtungspfeile ansetzen, für eine sorgsame, kritische Haltung gegenüber dem, was Heimat meint und dem, was mit "Heimat" geschehen ist.

Eine eindringliche Auseinandersetzung mit der Heimat erfordert einen Prozess des Hineindenkens und Hineinfühlens, des Schichtenabtragens und des Leerstellenfühlens. Behutsam damit umzugehen, ist eine Herausforderung.

Eine allgemein gültige Darstellung von Heimat gestaltet sich schwierig, da jeder selbst eine Vorstellung davon hat. Bernhard Waldenfels gibt hu bedenken."Heimat ist worin noch niemand war, wo auch niemand sein wird, denn eine heimische Welt, die alle Fremdheit abstreifen würde, wäre keine Lebenswelt mehr, sondern ein Mausoleum" (WALDENFELS 1985, 210).

3.3.2 Stellenwert Heimatmuseum    

Der Philosoph Bernhard Waldenfels bezeichnet Heimat. "Da alles Heimischwerden von einer Vorgeschichte abhängig bleibt, ist dieser Prozess nie vollendbar, nie in einen festen Besitz zu überführen. Wir haben immer noch Heimat vor uns." (WALDENFELS 1985, 201).

In einem Statement zur Museumspädagogik 1990 in Salzburg sagt Johann Marte zum Thema Museum. "Museum ist ein Ort zur Bewältigung individuellen und kollektiven Leids. Es ist die Erinnerung an die alternativen Lebensentwürfe der Generationen und die Auseinandersetzung mit ihnen. Das Museum erinnert uns, dass die Welt nicht mit uns beginnt. So stiftet es Identität und Sinn und hilft dem Menschen, zu sich zu kommen. Museum hört nie auf, denn es ist nach vorne offen" (MARTE 1990, 12). Heimat und Museum als Einzelbegriffe haben die Gemeinsamkeit, nie abgeschlossen zu sein. Zusammengesetzt zu "Heimatmuseum" zeigen die beiden Begriffe in der Bedeutung ihre Berechtigung.

Der Versuch, den Stellenwert des manchmal in Frage gestellten Heimatmuseums auch aus der Perspektive des Heimatbegriffs zu betrachten, lässt es in einem neuen Kontext erscheinen. Verfolgt man die Geschichte, so zeigt es sich, wie berechtigt seine Bezeichnung - trotz aller kritischen Ansätze - ist. Die Geschichte des Heimatmuseums ist als "Ergebnis" kultureller Entwicklung des Bürgertums zu sehen. Die Gründung von Geschichts- und Altertumsvereinen zeigt, wie die Pflege der Kultur an Bedeutung gewann.

Kulturgeschichtliche Sammlungen ließen Einblick in die engere Heimat gewähren. Diese Bestände wurden aber nicht systematisch eingerichtet, sondern eher durch "Zufallsgaben" (oder sie wurden durch testamentarisch verfügte Nachlässe bereichert). Heimatmuseen haben im Selbstverständnis regionalen Charakter (vgl. VIEREGG 1994, 194). Sie widmen sich der Kultur der Vergangenheit, wobei die Alltagskultur deutlich im Vordergrund steht.

Sammlungen heimischer Gegenstände stellen die frühere Arbeits- und Lebensweis der Menschen dar. Gerätschaften wie Webstühle und Spinnräder, erinnern an das Handwerk, und manches Sammelstück kann man als ein Juwel bezeichnen. Die heutigen Museen zeigen sich zum Vergleich zu früher offener und publikumsorientierter. Sie haben sich zu einem Schwerpunkt der lokalen Kulturszene herausgebildet.

Es ist deshalb keine Frage, dass ein Museum sich aktuell um seine Besucher, die es umwirbt, auch kümmern muss. Ein Heimatmuseum soll es in besonderer Weise tun, weil hier von ethnischer, regionaler, dörflicher oder bäuerlicher Kultur und Kulturlandschaft - allesamt vom Verschwinden bedroht - die Rede ist. Man will das, was bedroht ist, bewahren.

Es geht schließlich um etwas, das lebenswert und lebensnotwendig erscheint, das für unsere individuelle und kollektive Identität erhalten werden sollte. Es geht hier - nicht widerspruchsfrei - als um das Verschwinden und zugleich um das Aufrechterhalten der als wertvoll empfundenen Lebens- formen und der kulturellen Traditionen.

Sehen wir uns die (scheinbar) paradoxe Situation näher an. Werden nun gerade Heimatmuseen als "Staub oder Zündstoff" angesehen, die den Kulturbegriff nur als Folklore, Flucht, Nostalgie oder gar als Ideologie für kommerzielle Vermarktung darstellen?

Die Begriffe sind mehrdeutig. Staub überdeckt einiges, unter ihm liegen oftmals wahre Schätze. "Zündstoff sein" und "Zündstoff bieten" meint allemal etwas Anderes (BOCKHORN 1993, 4). Olaf Bockhorn sieht in den Heimatmuseen nicht nur den unerfreulichen Anblick verkommener Flohmärkte, er sieht in ihnen auch Zündstoff. Die in einem Museum üblichen "Schwarzen Küchen", die bemalten Truhen, unleserlichen Urkunden, Dreschflegel, alles Gegenstände, die man überall findet, sind austauschbar und verlagerbar. Er sieht die Probleme gerade eben in den Objekten, weil sie nicht für sich sprechen, weil sie stumm sind.

Im Heimatmuseum geht es nicht um Objekte, sondern um Probleme, die einer Auseinandersetzung wert wären. Was Bockhorn fordert sind Heimatmuseen primär für die Betroffenen (die der Region verbunden sind) als Orte der Erinnerung, der Besinnung, der Begegnung und der Zukunft, in denen die ""Schwarze Küche" nicht Romantik des offenen Herdfeuers, gute alte Zeit gar meint, sondern tränende Augen (auch und besonders der Frau, ungesunde Ernährung, geringe Lebenserwartung und hohe Kinderzahl. So habe Volkskultur auch etwas mit Widerstand, mit eigener Lebenswelt, mit Nachhaltigkeit und mit Aktivitäten für eine lebenswerte Umwelt zu tun, mit "Heimat" also (BOCKHORN 1993, 4).

3.3.3 Das sogenannte "gute Alte"    

Das sogenannte "gute Alte" ist oft der Ausdruck eines rückwärtsgewandten Denkens (hin zu einem starren Festhalten und Bewahren einer heilen, natürlichen Vergangenheit, in der sich so manches romantisch Verklärte in die Erinnerung eingeschlichen hat).

Da es um das Aufspüren der eigenen sozialen und kulturellen Herkunft in einem Lebensraum bzw. Lebenszusammenhang geht, um Widerstand, wie Olaf Bockhorn sagt, fand etwas resigniert Hans Gschnitzer (1993) zu dieser Problematik tatsächlich einiges an dem erwähnten "Staub". Auch mit einem großzügig konzipierten Museum, wie etwa dem der "Arbeitswelt in Steyr", habe man keinen Revoluzzer hinter dem Ofen hervorlocken können.

Zündstoff entstünde dort, so Hans Gschnitzer, wo Heimatmuseen zur Auseinandersetzung mit der Region anregten und wo Heimatmuseen - allen wirtschaftspolitischen Bestrebungen zu machen zum Trotz - einen wesentlichen Beitrag einer Veränderungspraxis leisten, etwa zum Bekenntnis "small is beautiful" (vgl. GSCHNITZER 1993, 5).

Bei Johannes Trojer (1985) findet man das Wesentliche und Konkrete und damit den Blick auf das Dahinterliegende. "Gibt es so etwas, wie eine 'fröhliche Armut' trotz einer objektiv herben Kindheit, wenn sie subjektiv als nicht hart empfunden wurde und vom Erinnerungsträger selbst nach Verlauf eines halben Jahrhunderts und mehr noch eben so empfunden wird? Ist es eine Verklärung der eigenen Person und der Vergangenheit allgemein, mit Täuschung und Selbsttäuschung? War die ökologisch gesunde Welt der Jahrhundertwende auch eine psychologisch und sozial "heile" Einrichtung, waren Gerechtigkeit, Menschenwürde von Wert und Werte des Lebens damals höher im Kurs?" (TROJER 1985, 14).

Offenkundig breitet sich ein neues kritisches Bewusstsein und Bedürfnis in unserer Gesellschaft aus, das sich auf Bleibendes besinnt, und ein Wertbewusstsein, das man versucht zu erhalten, um es vor einer herannahender Verarmung zu schützen.

Gottfried Korff (1995, 22) geht davon aus, dass wir Einzelheiten nur von einem mehr oder weniger Ganzen begreifen, wobei das Bruchstückhafte zur Erklärung und Deutung, zu jeweils neuen und aktuellen Aneignung herausfordert. In einer gezielten informativen Vermittlung müsse das Museum sich um eine zusammenhängende Sicht der fragmentarischen Objekte bemühen, die durch Leistungen in der Rekonstruktion und Redimensionierung den geschichtlichen Zusammenhang leichter erklären und begreifen lassen. Gerade deshalb wird in der Museumsarbeit verstärkt die Forderung nach kontextualisierenden Vermittlungsleistungen (Begleittexte oder Legenden zu den ausgestellten Objekten) erhoben.

Der Versuch, Geschichte und historische Identität sichtbar, vermittelbar und begreifbar zu machen, wird zum musealen Auftrag und zur aktiven Produktionsform von Bewusstsein und damit zu einer erheblichen pädagogischen Relevanz

Geschichtsbewusstsein darf nicht der Idealisierung einer nie so gewesenen Vergangenheit dienen. Erwünscht ist aus museumspädagogischer Sicht die Auseinandersetzung mit einer verdrängten, tabuisierten sozialen und kulturellen Erfahrung und deren Aufarbeitung. Gemeint ist ein Erfahrungsraum, der durch die angemessene Kontextualisierung vielfältige Anregungen bietet, die sich nicht zwangsläufig nur auf das historische Umfeld beziehen. Wichtig ist dabei, dass Anregungen und Verständnishilfen Anlass zu einer Reflexion werden, um damit Problemverständnis, Urteilsfähigkeit und Handlungsfähigkeit zu gewinnen.

Es mag sein, dass man im Heimatmuseum das Alte und Verstaubte sieht, aber vielleicht gelingt es, dieser "erinnerten Überlieferung", also der Vergangenheit, so gegenüberzutreten, dass man den "Staub" sorgfältig beseitigt und den "Zündstoff" artgerecht behandelt, um eine etwaige "Explosion" zu verhindern.

3.3.4 Freilichtmuseen    

Grundlage für die folgenden Erläuterungen ist das "Handbuch der europäischen Freilichtmuseen" von Abelhart Zippelius (1974).

Laut einer Definition nach ICOM von 1975 ergibt sich folgende Erkenntnis.

Das Freilichtmuseum kann definiert werden als eine Sammlung von Baudenkmalen,

  • die öffentlich zugänglich sind,
  • die großteils einer volkstümlichen oder vorindustriellen Architektur angehören:
Wohngebäude von Bauern, Handwerkern sowie Neben- und Wirtschaftsgebäuden (Scheune, Ställe....) und ganz allgemein alle Bestandteile der ländlichen oder städtischen, der profanen oder religiösen, der privaten oder öffentlichen Architektur dieser Art.

Eine andere Definition des Verbandes der europäischen Freilichtmuseen lautet. "Unter Freilichtmuseen werden wissenschaftlich geführte oder unter wissenschaftlicher Aufsicht stehende Sammlungen ganzheitlich dargestellter Siedlungs-, Bau-, Wohn-, und Wirtschaftsformen im freien Gelände verstanden."

Die Vielfalt der europäischen Erscheinungsformen lässt sich in einer einfachen Gliederung darstellen.

Nach dem Einzugsbereich

  • zentrale Freilichtmuseen (zentrale Sammelstelle für ein ganzes Land)
  • regionale Freilichtmuseen (innerhalb gewisser historisch - landschaftlicher oder historisch - geografischer Regionen)
  • lokale Freilichtmuseen (Bauernhausmuseen, Denkmalhöfe, Denkmal "in situ")
Nach den Aufbauprinzipien

  • Freilichtmuseen "in situ" (am ursprünglichen Ort)
  • Freilichtmuseen mit translozierten Baudenkmälern (überschaubar, ökonomische Vorteile bessere Betreuung)
  • Freilichtmuseen mit rekonstruierten Bauten (zur Ergänzung)
Nach den Darstellungsprinzipien

Sie betrifft die Verteilung und Gruppierung der in das Museumsgelände translozierten Baudenkmäler. Man unterscheidet hierbei

  • die "Park"-Museen (Museen mit parkartigem Charakter)
  • die "Dorf"-Museen (Museen mit dorfartigem Charakter)
Freilichtmuseen sind eine besondere Attraktion, sie gestalten sich lebendig. Die Idee, dass diese Museumsform im besonderen Maße aus ihrem Inhalt heraus befähigt ist, mit Leben erfüllt zu werden, hat sich durch die fast hundertjährige Geschichte dieser Museumsgattung bis heute erhalten, gegenwärtig anscheinend sogar noch verstärkt.

Der schwedische Volkskundler Artur Hazelius gründete 1873 in Stockholm die "Skandinavisch-Ethnographische? Sammlung", die die Bezeichnung "Nordisa Museet" trägt. Den Grundstock dafür bildete ein Bauernhaus aus Östnor aus dem Beginn des 18. Jahrhunderts. Am 11. Oktober 1891 wurde dieses Freilichtmuseum auf Skansen offiziell eröffnet (vgl. BÖTH 1995, 249). Nach dieser ersten großen Gründerzeit folgten im 19. Jahrhundert viele weitere Freilichtmuseen in ganz Europa, vorwiegend aber in den skandinavischen Städten.

Zur Gruppe der Freilichtmuseen zählen auch themenorientierte Rundgänge sowie historische und geologische Lehrpfade. Diese eingerichteten Routen im Freigelände vermitteln den Besuchern Geschichte, Geographie, Kunst, Religion und Kulturgeschichte aus verschiedensten Perspektiven. Lehrpfade sind ständige Einrichtungen, die in der Regel nicht an Öffnungs- und Führungszeiten gebunden sind. Vermittlungsmedien (Schilder, Informationstafeln, Begleitbroschüren, Videos) stellen ein offenes Informations- und Lernangebot dar. Gerade die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung, die Lehrpfade bieten, werden verstärkt zu Ausflügen und Freizeitgestaltungen genützt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gewinnt die Form des Dorfmuseums an Bedeutung. Typische Bauten einer Landschaft werden zu ganzen Dorfanlagen (mit Gärten, Zäunen, Wiesen, Feldern und Hecken) zusammengeschlossen. Manche von ihnen werden nach historischer Form bewirtschaftet, oft werden auch Tiere darin gehalten.

Freilichtmuseen zumeist in Skandinavien sind zusätzlich noch mit Werkstätten ausgestattet. Handwerker stellen Produkte nach alten, traditionellen Werkprozessen her. Besucher werden dabei in historischen Tätigkeiten einbezogen. Hier wird zumindest der Versuch gemacht, Sammlungen von Siedlungs-, Bau-, Wohn- und Wirtschaftsformen von früher in ihrem ursprünglichen Kontext oder in einem Rahmen, der diesem weitgehend entspricht, zu zeigen. Ziel ist es, das alltägliche Milieu in ihren Exponaten anschaulich zu machen, ihre ursprüngliche Form und ihren Beitrag zur Lebensgestaltung darzustellen.

Die bürgernahe Präsentation und Vermittlung sowie die Einbettung in die freie Natur lassen einen damit verbundenen Freizeit- und Erholungswert besonders attraktiv erscheinen. Der Besucher hat die Möglichkeit, sich in der Betrachtung vergangener Alltagswelten vom eigenen Alltag zu erholen.

Sind nun Freilichtmuseen Orte, so die Frage, die durch Erfahrbarmachung historischer Wirklichkeit die Beurteilung heutiger und eigener Lebensverhältnisse erleichtern? Die hohen Besucherzahlen bestätigen, Freilichtmuseen sind "weder verstaubte und elitäre Musentempel für eine bildungsbeflissene Minorität, noch sind sie verschulte Sammelstätten, die sich aufgrund schriftlicher Informationsüberfrachtung und dabei kaum mehr begreifbarer Abstrahierung der Exponate vom einstigen räumlichen funktionalen und gesellschaftlichen Kontext einer breiten Öffentlichkeit verschließen" (FABER 1990, 164).

Befürchtet wird allerdings ein didaktisches Problem, da das Ausstellungsgut nur kurz angesehen wird und daher nicht bzw. kaum unter Rückgriff auf Informationen hinterfragt und interpretiert wird (vgl. FABER 1990, 165).

Die meisten Freilichtmuseen befassen sich mit der Darstellung einer möglichst breiten historischen Alltagskultur. Hier sieht Michael Faber die Schuld am Aufklärungsdefizit einer vermeintlichen "Ganzheitlichkeit", die von musealer Seite oft mit dem Begriff "Vollständigkeit" verwechselt wird. "Die ungeheure visuelle Reizüberflutung, die von der Ganzheitlichkeit ausgeht, hält den Besucher davon ab, anhand der irgendwo dezent angebotenen Texttafeln und Printmedien Hintergrundinformationen einzuholen, die bei der Einordnung des Gezeigten in sozialhistorische Zusammenhänge behilflich sein können" (FABER 1990, 165).

Freilichtmuseen gehören zur Gruppe der Regional-, Heimat- und Kulturgeschichtemuseen. Sie sind populär, hohe Besucherzahlen bestätigen dies. Es wird verstärkt auf Ganzheitlichkeit geachtet. Jedoch kann keine Wirklichkeit ohne Lücken, wie in allen Museen, präsentiert werden.

4 Landesmuseen    

4.1 Aufgaben    

Nach Erwin Auer sollen Landesmuseen "ein Heim der Heimat sein und diese in allen Zweigen und vor allem in ihrer Eigenart zur Darstellung bringen" (AUER 1963, 5).

Diese Gesamtdarstellung des Werdens der heimischen Landschaft und der ihr eigenen Kultur drohte in der jüngeren Vergangenheit an manchen Landesmuseen durch Auflösungstendenzen aufgrund von angestrebten selbständigen Spezialsammlungen verloren zu gehen. Solchen Tendenzen wird künftig eine stärkere Berücksichtigung der kulturhistorischen Methoden in der musealen Forschungsarbeit entgegenwirken können.

4.2 Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum    

Das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck hat seit seiner Gründung 1823 den Auftrag, alle Bereiche der landeskundlichen und kulturellen Situation Tirols zu dokumentieren. In den Sammlungen der Ur- und Frühgeschichte, der Kunst von der Romantik bis zur Gegenwart, der Geschichte und Kulturgeschichte sowie der Naturwissenschaften ist die Entwicklung des Landes dargestellt. Die Bibliothek des Ferdinandeums ist mit seinem Katalog eine zentrale Stätte der wissenschftlichen Forschung in und über Tirol.

Seinen Namen führt das Ferdinandeum nach dem Erzherzog-Thronfolger?, dem späteren Kaiser Ferdinand I., der das Protektorat über die neue Einrichtung übernommen hatte. Ihm und seinen Nachfolgern verdankt das Haus namhafte Zuwendungen. Von Anfang an erfreute sich das Ferdinandeum zudem des Wohlwollens des Tiroler Landtages und zahlreicher privater Gönner.

4.3 Darstellung des Raumes im Ferdinandeum    

Gespräch mit dem ehemaligen Direktor des Ferdinandeums Ao. Univ. Prof. Dr. Gert Amann

Das Ferdinandeum besteht heute als privater gemeinnütziger Verein, dessen Sammlungen und gesamtes Vermögen sich im Eigentum derzeit etwa 3 700 Mitglieder befinden.

Die für das Funktionieren der Einrichtung erforderlichen Mittel stammen zum größten Teil vom Land Tirol, das dankenswerterweise durch regelmäßige, sehr beträchtliche Zuwendungen das vielfältige Wirken des Hauses erst ermöglicht und zugleich honoriert.

Das Landesmuseum präsentiert sich heute als Einrichtung mit ca. 100 Mitarbeitern. An die 100 000 Besucher erfreuen sich jedes Jahr an den Zeugnissen der Kunst, Kultur und Wissenschaft, der Wirtschaft und Technik Alttirols von der Urzeit bis zur Gegenwart - im Hauptgebäude in der Museumstraße, im ehemaligen Zeughaus Kaiser Maximilians I. an der Sill und in dem jüngst im Herzen der Innsbrucker Altstadt eingerichteten Maximilianeum-Goldenes? Dachl.

Im Vordergrund der Museumsarbeit steht, den Museumsbestand um für die Dokumentation des Landes Tirol gültigen Positionen zu erweitern, die wissenschaftliche Erforschung zu vertiefen und damit die Kenntnis über das Land Tirol zu verstärken. Im Landesmuseum wird der eigene Raum phasenweise durch Ausstellungen, Dokumentationen und Forschungsprojekte dargestellt. Die Schausammlungen sind Kontext mit der gesamten Darstellung zu sehen.

In der Bibliothek des Landesmuseums wird der Tiroler Raum speziell dokumentiert.

5 Heimatmuseum Ellmau    

5.1 Vom "Knappenhäusl" zum Heimatmuseum    

Das Haus, in dem das Heimatmuseum untergebracht ist, reicht in seinen Ursprüngen bis in die Zeit des Tiroler Bergbaues im 16. Jahrhundert zurück. Ellmau gehörte damals zum Bergrevier Kitzbühel. Mut der durch die Sage "Der Silbertraum" ausgeschmückten Entdeckung der Erzlager am Röhrerbühel (ca. 6 km von Ellmau entfernt) erlebte der Silber- und Kupferbergbau im Gebiet um Kitzbühel einen ungeahnten Aufschwung (vgl. PAULIN 1951, 68). Der Sage nach entdeckten im Jahre 1539 drei Bauern, die sich abends auf dem Heimweg vom Kirchweihfest befanden, die Erzlager. da sie bereits müde waren, legten sie sich unter einen Kirchbaum und schliefen ein. Jeder träumte, auf einem großen Schatz zu liegen. Als sie wieder aufwachten, fingen sie an zu graben und entdeckten das Erz. Innerhalb kürzester Zeit verbreitete sich die Nachricht von diesem Glücksfund.

Das Bergwerk am Röhrerbühel lieferte zur damaligen Zeit nach dem Schwazer Silberbergwerk die ergiebigste Erzausbeute in ganz Tirol. Da wegen des nur leicht hügeligen Geländes ein Stollenbau im herkömmlichen Sinne am Röhrerbühel nicht möglich war, wurden Schächte entlang der Erzgänge vertikal in das Erdinnere getrieben. Für den Bergwerksbetrieb waren große Aufzugsmaschinen notwendig, die mit Wasserkraft angetrieben wurden. Zu diesem Zwecke wurde das Wasser der Weissache von Ellmau durch den sogenannten "Gablgraben" zum St. Georgenschacht im Edertal geleitet. Der Hl. Geistschacht galt damals mit 800 m als der tiefste Schacht der Welt.

Die Ausläufer des Kitzbüheler Bergbaugebietes reichten bis Going und Ellmau. So gab es im Gemeindegebiet von Ellmau etliche Silber- und Kupfergruben und eine Schmelzhütte. Da der Bedarf an Knappen sehr groß war, durften in Ellmau auf Weisung des Landesfürsten Knappen oder andere im Bergwergwerk Beschäftigte um Verleihung eines Grundstückes im "freien Achengrund" (noch nicht verteilter Grund des Tiroler Landesfürsten) entlang der Weissache ansuchen. Dieser Grund wurde dann gerodet und darauf einfache Häuser, so genannte "Söllhäuser" errichtet. So entstand dann auch das malerische "Knappenhäusl".

Infolge der von den Knappen gehaltenen Tieren und der damit zusammenhängenden Weide ergaben sich Probleme mit den Nachbarn. Daraufhin wurde ihnen vom Landesfürsten "Für die tägliche Notdurft der Familien mit Kindern wurde diesen erlaubt 'ein Vichl' auf die gemeinsame Weide zu treiben und das notwendige Holz zu schlagen genehmigt" (SCHELLHORN 2000, 1). Diese Sonderrechte wurden vom Bergrichter überwacht. Sein Vertreter vor Ort war der Berggerichtsanwalt. Er sorgte für Recht und Ordnung und hatte seinen Sitz beim Steinernen Tisch in unmittelbarer Nachbarschaft des "Knappenhäusl". Heute erinnert noch der Hausname "Beim Anwalt" für das Haus Gurtner daran. Unmittelbar vor diesem Haus ist noch der gut erhalten gebliebene "Steinerne Tisch" des Ellmauer Berggerichtsanwaltes zu sehen. Nach ihm ist auch der das Museum umgebende Ortsteil "Steinerne Tisch" benannt.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts kam der Bergbau wegen geringer Ertragslage zum Erliegen. Die meisten Knappen zogen von Ellmau weg. Im ehemaligen "Knappenhäusl" ließ sich ein Wagner nieder. So wurde daraus ein "Wagnerhäusl". 1778 erbte das Haus ein Webermeister und das Haus wurde dann "Weberhäusl" genannt. Da das Haus direkt an der alten Reichsstraße lag, kaufte es 1869 ein Wegmacher, wodurch es ab diesem Zeitpunkt den Beinamen "Wegmacherhäusl" bekam.

1911 kauften die Großeltern des Autors das "Gütl". Die Familie Zösmair bewohnte das Haus acht Jahre lang, ehe es 1919 an Irma Sander, Lehrerin in Innsbruck, und an deren Bruder Dr. Bruno Sander aus Innsbruck verkauft wurde.

Dr. Sander war später Professor für Mineralogie und Geologie an der Universität Innsbruck. Mit dem Ankauf des Hauses in Ellmau am Wilden Kaiser begründeten Irma und Dr. Bruno Sander zu einer Zeit, als von Massentourismus in Tirol noch keine Rede war, den ersten "Freizeit-Wohnsitz?" in Ellmau. Alljährlich verbrachten sie in diesem Haus die Sommermonate. Nach dem Tode von Prof. Sander seine Tochter, Frau Dr. Elisabeth Kastler, geb. Sander, das Haus. Schließlich verkaufte Frau Dr. Kastler das "Gütl" 1991 an die Gemeinde Ellmau.

5.2 Verein "Heimatmuseum Ellmau"    

Vor der Vereinsgründung bestanden in Ellmau bereits mehrere kulturelle Vereine: Bürgermusikkapelle Ellmau, Kirchenchor Ellmau, Jugendchor Ellmau, Trachtenverein Ellmau und die Volksbühne Ellmau.

Auf Initiative von Jakob Schellhorn findet am 10. August 1994 die Gründungsbesprechung des Proponenten-Kommitees? statt. Der Ortschronist erläutert die Absicht, einen Museumverein zu gründen. Dieser solle Kulturgüter sammeln und aufbewahren. Man beschließt auf Grundlage der erarbeiteten Statuten, die Bildung des Vereins "Heimatmuseum Ellmau" bei der Sicherheitsdirektion für Tirol anzuzeigen. Die vorgefertigte Eingabe wird hierauf von den Proponenten unterschrieben.

Am 14. Dezember 1994 kommt es zur Gründungsversammlung des Vereins im Seminarraum der Raiffeisenkasse Ellmau. Die Versammlung regt an, das "Wegmacherhäusl" von der Gemeinde um einen Schillig pro Jahr zu pachten. Pachtzweck ist die Errichtung und Erhaltung eines Heimatmuseums durch den Verein. In der Folge erläutert Jakob Schellhorn die genehmigten Statuten, die die Zustimmung der Versammlung erhalten. Am 11. März 1995 wird der Pachtvertrag auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 12. Jänner 1995 zwischen der Gemeinde Ellmau und dem Verein "Heimatmuseum Ellmau" abgeschlossen.

Der gemeinnützige Verein setzt sich die folgenden Ziele. Die Wurzeln der örtlichen Kultur sollen aufgezeigt werden. Kulturgüter in der Gemeinde sollen erhalten und allen Interessierten zugänglich gemacht werden. Weiters soll im Rahmen der geistigen Dorferneuerung verstärkt auf die Entstehung unserer Kulturlandschaft hingewiesen werden. Dadurch sollen Einheimische und Gäste unsere Heimat mehr schätzen und sich mit der Heimat verbunden fühlen. Mit der Erwerbung des "Wegmacherhäusls" durch Gemeinde Ellmau wird die Erhaltung eines der interessanten Objekte des gesamten Söll-Landls? gesichert.

Für die kleinbäuerliche Wirtschaft und das Handwerk wird die Errichtung eines Museums ermöglicht. Nach jahrelangen Umbau- und Vorarbeiten wurde das Heimatmuseum schließlich am 6. Juli 2003 feierlich eröffnet.

5.3 Ein Gang durch das Museum    

Im Folgenden wird auf die räumliche Gestaltung des Heimatmuseums Ellmau eingegangen (vgl. JENEWEIN 2005, 154-156).

Vom Eingang gelangt man in den Hausgang des zweigeschossigen Blockbaues. Von dort kommt man an der linken Seite durch eine Tür in die getäfelte Wohnstube aus der Zeit um 1900. Typisch sind der runde Esstisch im Herrgottswinkel, ein Kachelofen mit einer Ofenbank und eine für die Hühner vom Freien aus zugängliche Hühnersteige.

Anschließend befindet sich auf derselben Seite die Küche. Ein sogenanntes "Zeitfenster" dokumentiert hier die ehemalige Rauchküche mit offener Feuerstelle. Erst nach der Jahrhundertwende wurde ein Sparherd mit "Grandl" und Backrohr aufgestellt. Gezeigt werden alte Kupfer- und Eisenpfannen, eine Anrichte und ein Tellerbord. Gegenüber der Küche befindet sich die Speisekammer mit Milchwirtschaftsgeräten (Milcheimer, Käsereifen, Zentrifuge, Rührkübel). Weiters sind eine Traubenpresse, ein Krauthobel, ein Riffel, eine Wäscherumpel und andere Geräte der Hauswirtschaft ausgestellt.

Gegenüber der Küche sind in einem kleinen Raum Arbeitsgeräte für Handwerker ausgestellt. Es handelt sich dabei um Schuster, Binder, Schneider und Weber. Durch eine Tür erreicht man den Bereich der Tenne, in der Kuh- und Pferdegeschirre und einige Kuhglocken gezeigt werden. Weiters befinden sich dort eine kleine Werkstätte und eine WC-Anlage?. Von her gelangt man durch eine weitere Türe in den kleinen Stall. Eine Holzstiege stellt im Hausgang die Verbindung in den ersten Stock her. Über der Stube befindet sich das Elternschlafzimmer mit bemalten Betten, einem Kasten und einer Truhe. Weiters ist ein Paar in Lebensgröße und mit der ortsüblichen Ellmauer Tracht und dem "Kasettl" zu sehen.

In einer Kammer sind neben alten Uniformen und Fahnen der Ellmauer Traditionsvereine auch alte Instrumente der Musikkapelle und Instrumente für die Hausmusik ausgestellt. Eine weitere Kammer ist als Schulzimmer zur Zeit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingerichtet. Neben alten Lehrmitteln und Schulbüchern findet man auch ein Rechenbuch der ehemaligen Lehrerin und Hausbesitzerin Irma Sander aus Innsbruck.

Durch eine Tür gelangt man in die "Remise". Hier sind Arbeitsgeräte für den Ackerbau, die Getreidebewirtschaftung, die Heuwirtschaft und die Jagd- und Forstwirtschaft ausgestellt. Gezeigt werden heimische Vögel und Jagdtrophäen. Ein alter Vorderlader und ein Vogelkäfig sind ebenfalls ausgestellt. Für Sitzungen des Museumsvereins und für Feiern können hier auch Tische und Bänke aufgestellt werden. Seitlich gelangt man in einen in den Dreißigerjahren erfolgten kleinen Anbau, der von Professor Dr. Sander als Arbeitszimmer genutzt wurde. Heute dient dieser Raum als Büroraum für Heimatmuseum und Dorfchronik.

Über eine Treppe gelangt man in den Dachboden. In diesem sind die Bereiche Entwicklung elektrischer Geräte sowie aus dem Bereich der Fotographie (von der "Agfa-Box?" bis zur Digitalkamera) sowie einige Wintersportgeräte untergebracht.

Da das "Wegmacher-Häusl?" ursprünglich ein "Knappenhäusl" war, ist eine Koje dem Ellmauer Bergbau vergangener Jahrhunderte sowie einem Klassen- bzw. Schulprojekt des Autors über den "Notburga-Barbara-Stollen?" (Suchstollen am Tiefenbach) gewidmet Eine Mineraliensammlung von Leo Exenberger und verschiedene "Bergbau-Utensilien?" vervollständigen diesen Teil. In einem weiteren Raum wird das Feuerwehrwesen der Gemeinde Ellmau mit einer Fahne, einer alten Motorspritze und alten Löschgeräten dokumentiert.

Im Bereich des Dachbodens wird unter anderem durch Fundstücke an die Zeit des regionalen Bergbaues vor einigen Jahrhunderten erinnert.

In jüngster Zeit wurde das Museum durch eine Dreschtenne vom Miterbachhof/ Gemeinde Scheffau und dem kleinbäuerlichen Ried-Haus?/ Gemeinde Ellmau erweitert. Ein kleiner Bauerngarten, ein Bienenhaus und ein Wagenschuppen runden das Museum ab.

6 Lernen im Museum    

6.1 Einführung    

Lernen wird als ein Prozess über die die gesamte Lebensspanne gesehen. Nicht nur formales Lernen findet in Schulen, ersten Berufsinstitutionen, Erwachsenenbildungsinstitutionen und Hochschulen/ Universitäten statt, auch informelle Bildungseinrichtungen wie etwa Museen fördern einen historischen und aktuellen Wissenserwerb und eine Verständnisentwicklung.

Zu unterscheiden ist allerdings das Lernen im Museum durch den Grad an Wahlmöglichkeiten und einer Selbststeuerung. Zudem bieten Museen durch die Präsentation originaler Objekte oder durch Modelle andere Möglichkeiten als formale Bildungsinstitutionen (vgl. HARMS-KROMBASS? 2008, 150).

Damit bilden Lernprozesse eine andere theoretische Grundlage. Die empirische Forschung, ausgehend vom US-Bildungsbereich?, ist vergleichsweise relativ jung (vgl. HEIN 1998; DECI-RYAN? 2002; ANDERSON-LUCAS-GINNS? 2003, 177-199).

Zu beachten ist das Lernen aktuell mit Medien (vgl. SCHMITZ 2007, 16-17).

6.2 Theoretischer Rahmen    

Von Interesse ist in den vielen Ansätzen das "Contextual Model of Learning" als soziokulturelles Modell, das die kognitive und kulturelle Weiterentwicklung durch Interaktion in der Gruppe fördert (vgl. HARMS-KROMBASS? 2008, 152-155).

Das Lernmodell bezieht sich im Kontext auf die persönlichen Ausgangsbedingungen des Lernenden, die Lernprozesse in informellen Bildungseinrichtungen wie Museen, das soziale und kulturelle Lernumfeld sowie die gegenständliche Umgebung.

Zentral ist der Aspekt, dass Lernen im Museum häufig im Erkundungsverfahren in Gemeinschaft stattfindet. Die Präsentation von Objekten soll einen Bezug zum Alltag ermöglichen. Neues Wissen mit konkreter Erfahrung wird als wichtig und anknüpfend an das Besucherinteresse gesehen.

Diese drei Kontexte werden als gleichwertig angewendet und in acht Faktoren als Schlüsselfaktoren differenziert.

Schlüsselfaktoren für einen Lernprozess im Museum

Persönlicher Kontext

  • Motivation und Erwartungen
  • Vorwissen, Interessen und Überzeugungen
  • Wahlmöglichkeiten und Steuerung
Soziokultureller Kontext

  • Vermittlung innerhalb der sozialen Gruppe
  • Vermittlung durch Außenstehende
Gegenständlicher Kontext

  • Hilfestellungen zur Museumsstruktur und Orientierung
  • Museumsgestaltung
  • Ereignisse und Erfahrungen außerhalb des Museums
Quelle:

Harms-Krombaß? 2008, 153

6.2.1 Persönlicher Kontext    

Intrinsische Motivation gilt für alle Museumsbesucher als wesentlich. Lernende organisiert bedürfen der Motivation durch die Lehrenden.

Extrinsische Motivation sollte eher in den Hintergrund rücken.

Erwartungen an den Museumsbesuch werden unterschiedlich sein wie etwa Zeitvertreib, anspruchsvolle Unterhaltung oder spezifisches Interesse oder für einen Sachverhalt und Zusammenhang bzw. ein Objekt.

Alltagsvorstellungen und Vorwissen gelten als Voraussetzung für ein Lernen grundsätzlich und bedürfen einer Berücksichtigung. Bekanntes gehört mit neuem Wissen verknüpft, da ansonsten auch gut präsentiertes Material nutzlos sein wird.

Wahl- und Steuerungsmöglichkeiten zu beachten sind wesentlich, weil der Lernende im informellen Lernen autonom über den Zeitfaktor und die Inhaltswahl entscheidet ("free-choice-learning"). Man beachte bei einem selbstgesteuerten Lernen, wie in der Fernlehre oder einem Online-Lernen?, die Lernenden nicht eingeschränkt oder kontrolliert im Lernprozess sich fühlen sollen.

6.2.2 Soziokultureller Kontext    

Im Museum findet unter Besuchern eine Interaktion statt, wie in einer Familie, in Schulklassen und Besuchergruppen. Neben diesen sozialen Aktivitäten kommt es zu persönlicher kultureller und historischer Wertschätzung.

Darüber hinaus werden Museumsinhalte durch Museumspädagogen oder Lehrende vermittelt.

6.2.3 Gegenständlicher Kontext    

Hier werden die Objekte/ Exponate zunächst mittels Orientierungs- und Strukturhilfen dem Museumsbesucher angeboten.

Gezielt sollen bestimmte Gegenstände mittels gezeigten Pfade in einer sinnvollen Reihenfolge erschlossen. Die Museumsbesucher werden in einem sicheren Lernprozess in der Ausstellung geführt.

Die Gestaltung der Ausstellung beeinflusst die Museumsgäste maßgeblich, sich mit den Objekten zu befassen und auseinander zu setzen. Die Gestaltung der Museumsräume und die Architektur des Gebäudes sind bedeutend.

Der Lernerfolg wird durch Ereignisse und Erfahrungen anschließend an den Museumsbesuch beeinflusst.

Positiv verstärken Vernetzungen und fachspezifische Literatur die Nachbereitungsphasen, in der ein Integrationsprozess des Lernens erst nach Tagen und Wochen oder gar Monaten abgeschlossen ist.

Literaturverzeichnis II/ Auswahl    

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Zu den Autoren    

Herbert Jenewein

APS - Lehramt (1970, 1975/ 1976) - APS - Lehrer, Studium Volkskunde/ Institut für Volkskunde-Europäische? Ethnologie/ Universität Innsbruck/ Mag. phil. (2005)

Buchautor

"Wandern zu Sagen und Mythen im Wilden Kaiser" (Innsbruck 2002), "Volkskundliche Aspekte" Teil 1 (2022) und Teil 2 (2023), Akademiker Verlag

Verschiedene Publikationen u.a. "Die Jenischen, Karrner/" in Tirol, Südtirol und der Schweiz, "Die Manharter" im Brixental (am Übergang vom 18. in das 19. Jhdt.)

"Almsagen aus den Almregionen Österreichs, Südtirols, Bayerns und der Schweiz", in: Fachzeitschrift für den mitteleuropäischen bergbäuerlichen Raum/ Innsbruck 2020-2021

Günther Dichatschek

APS - Lehramt (1970, 1975/ 1976) - APS - Lehrer, Studium Erziehungswissenschaft/ Institut für Erziehungswissenschaft/ Universität Innsbruck/ Doktorat (1985)

Absolvent der Universitätslehrgänge Politische Bildung und Interkulturelle Kompetenz/ Universität Salzburg (2008, 2012)

Lehrbeauftragter - Erwachsenenbildner

Buchautor

 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am 18. Dezember 2023