Netzwerk Gegen Gewalt - Ein Offenes WikiWeb - Jeder kann sich beteiligen!

Brigitte Hipfl

Ao. Univ.-Prof Dr. Brigitte Hipfl, geb. 1954 in Klagenfurt. Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Klagenfurt.

Exzerpt des Beitrages in Gewalt im TV

Die Debatte um mediale Gewalt als "moral panic".

Geschichte

Zunächst wird eine Abriss einer Geschichte der Kritik an den Medien (...schon Platon hat vor Dichtung gewarnt, die die Schrecken der Unterwelt darstellt...) gegeben.

Situation der Kinder

Die gegenwärtige Debatte wird vom Argument "Schutz der Kinder vor schädlichen Einflüssen" bestimmt, dem sich niemand ernsthaft entgegenstellen wird. Allerdings kommt dabei ein nostalgisches Bild von Kindheit ("natürliche Unschuld") zum tragen, das nicht mehr der Realität entspricht. Medien wie das Fernsehen geben die Geheimnisse der Erwachsenenwelt (Sexualität, Probleme der Erwachsenenwelt) preis, von denen Eltern und Lehrer glaubten, sie hätten sie den Kindern schrittweise und zum richtigen Zeitpunkt nahegebracht...

"Was in diesem Zugang zur Thematik der Kinder und Medien ... fehlt, ist eine ernsthafte Auseinandersetzung damit, welche Rolle ... den Medien im Leben von Kindern zukommt, welche Kompetenzen sich Kinder im Umgang mit ihnen aneignen, wie Medien zur Arbeit an ihrer Identität genutzt werden und in welcher Weise dabei Hilfestellungen seitens der Erwachsenen nötig sind, um die Handlungsfähigkeit der Kinder zu erweitern."

Medienwirkung

Hier wird ein Abriss über die Entwicklung der Wirkungsforschung gegeben. Die teilweise komplexen Modelle haben nicht Eingang in den öffentlichen Diskurs gefunden, der sich immer noch an einfachen Kausalzusammenhängen orientiert.

Moderne theoretische Entwicklungen beschäftigen sich damit, was Menschen aus den Medien machen, wie sie sie interpretieren, wie weit MedienRezeption nicht immer auch "IdentitätsArbeit" ist, also Auseinandersetzung damit, was oder wer ich eigentlich bin.

Beispiele

In einer Studie beschreibt Valerie Walkerdyne (1986) einen Mann, der von dem Boxerfilm "Rocky II" fasziniert ist. Für ihn zeigt der Film, wie man sich trotz leidvoller Erfahrungen nicht unterkriegen lässt. Der Mann sieht sich als Kämpfertyp, der sich im Alltag auch ständig wehren muss. Er versucht auch seinen Kindern zu vermitteln, sich nicht unterkriegen zu lassen und zu kämpfen.

Ein 9-jähriger Bub schockiert seine Mutter durch seine plötzliche Begeisterung für Saddam Hussein. Er findet es toll, dass dieser sich so gut gegen die riesige und übermöchtige USA behaupten kann. Darin stecken David-gegen-Goliath-Phantasien und auch der Versuch, sich gegen seine Mutter zu behaupten.

Eltern und mediale Gewalt

Für die Eltern ist das Auftreten gegen Gewalt auch eine Präsentation als "besorgte Eltern" in sozial akzeptierter Form. Dies häufig gar nicht gestützt durch Erfahrungen mit eigenen Kindern.

Genre-Erwartungen

Die Wirkungen von Medien hängen stark von den Erwartungen der Nutzer ab. Diese haben gelernt, dass es Genres wie Krimis, Actionfilme, Soaps, Talk-shops, Horrorfilme, Science-Fiction gibt und dass diese nach bestimmten Mustern gemacht sind. Sie wissen, dass das Verbrechen, mit dem der Kriminalfilm beginnt, am Ende aufgeklärt wird. Fans einzelner Genres beziehen einen Teil ihrer Faszination aus diesen Regeln. Es geht dann darum, wie gut der Film diesen Genre-Regeln entspricht oder Elemente anderer Genres einarbeitet.

Es ergibt sich eine Kluft zwischen Fans und Gelegenheitsbenutzern, die besonders bei Horrorfilmen deutlich wird. Was für den einen angstauslösend und aufwühlend wirkt, muss dies noch lange nicht bei einem anderen Nutzer bewirken.

Aus psychoanalytischer Sicht könnte die Faszination für Horrorfilme ein Versuch sein, sich mit dem Realen, was wir als bedrohlich, unfassbar und unkontrollierbar erleben (z. B. plötzliche Krankheit und Tod) auseinanderzusetzen.

Auch Gewalt wird kann von Erwachsenen und Kindern und von den Geschlechtern ganz unterschiedlich wahrgenommen werden. Bei Mädchen werden mehr Ohnmachtsphantasien, bei Jungen mehr Allmachtsphantasien hervorgerufen.

Patriarchale Strukturen

Es wurde auch der Vorschlag gemacht, unterschiedliche Formen der Gewalt mit den sozio-kulturellen Dimensionen (ElisabethGrosz?) der Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern zusammenzudenken.

Nach JohannGaltung? lässt sich DirekteGewalt, StrukturelleGewalt und KulturelleGewalt unterscheiden. Galtungs strukturelle gewalt kommt in der patriarchalischen Struktur zum Tragen, die Männlichkeit in positiven, Weiblichkeit in negativen Termini wertet und in Modi der Sozialorganisation, die Männer und Frauen unterschiedlich positioniert. Selbst gleiches Verhalten kann unterschiedlich bewertet werden: Was bei Männern als Zeichen von Stärke gilt, würde bei Frauen als Aggressivität betrachtet.

Ausdruck kultureller Gewalt sind Systeme, die der Rechtfertigung von Sexismus und Patriarchalismus dienen. Diese fassen Repräsentationen der beiden Geschlechter in ein einziges Modell zusammen, das 'human' genannt wird, jedoch nur mit dem Maskulinen kongruent ist.


OrdnerWissenschaftler
 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am October 31, 2003