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Erziehung Gegen Gewalt

Beobachtungen eines Lehrers

Seit 1970 bin ich Lehrer, zuerst an einer Grundschule im Stuttgarter "roten" Arbeiterviertel "Hallschlag", seit 1974 an einer Grund- und Hauptschule in einer Gemeinde nahe Stuttgart, die sich in der Zeit vom Dorf zur Stadt entwickelt hat.

Über meine Erfahrungen und Bepbachtungen möchte ich hier berichten und sie immer wieder ergänzen. Vielleicht wird dann etwas deutlicher, warum Gewaltdarstellungen immer mehr die Zeit der Kindheit bestimmen können.


Veränderungen des Umfelds

Auffallend ist die fortschreitende Einengung des aushausigen Freiraumes für Kinder und die damit verbundene Einschränkung, schöpferische Abenteuer zu erleben.

Beispiel:

1971 war es noch möglich, dass sich Kinder in ihrem Großstadtviertel aus alten Brettern (von einer Baustelle mit Erlaubnis des Poliers geholt) und großen Kartons eine Burg zusammennagelten, auf öffentlicher Grünfläche. Klar, auch die Ritterspiele oder Cowboy-Indianerspiele waren dann Kampf, aber unter Freunden. Es ging nicht ums Verletzen, sondern um das Messen der Kräfte. Verletzte sich ein Kind, wurde es von "Freund" und "Feind" getröstet, irgendjemand organisierte ein Pflaster, und das Spiel ging weiter. Es war wirklich noch Spiel, Einmischung von Erwachsenen wurde von Burgverteidigern und Angreifern als Spielstörung empfunden. (Kinder aus meiner damaligen 2. Klasse waren dabei)

2000: Es gibt jetzt an der Stelle einen norm- und versicherungsgerechten Spielplatz, der wenigstens Bewegung zulässt, aber außer Sandkasten keine Kreativmöglichkeiten bietet. Zudem wird der Platz von Müttern bewacht, die sich in jede kindliche Auseinandersetzung einmischen.

Der Freiraum, in dem Kinder ihre eigene Welt nach eigenen Vorstellungen gestalten können, wird immer mehr eingeschränkt durch die auf Konsum und Gewinn orientierte Welt der Erwachsenen. Soziale Lernprozesse werden dadurch behindert oder sogar unterbunden.


Veränderungen in den Familien

Die Beschäftigung der Eltern mit den Kindern hat sich gravierend gewandelt: Ausstattung mit Statussymbolen (Markenartikel, Handy, ...) statt Fertigkeiten, Ruhigstellung mit Anspruchsbefriedigung statt Zeit, Überbehütung statt "Regel deine Streitigkeiten mal selber, ich kann dir nur raten".

(mehr folgt noch)


Veränderungen im Schulalltag

Die Unterstützung der Eltern für schulische Erziehungsmaßnahmen hat sehr stark nachgelassen. Statt gemeinsam mit den LehrerInnen einen Weg zu finden, ihrem Kind gemeinschaftliches Verhalten nahezubringen, beschwert man sich beim Schulleiter über "Straf"-Arbeiten und Nachsitzen oder schaltet gleich das Staatliche Schulamt (Schulrat) oder gar das Oberschulamt wegen ungerechter Behandlung ein. Nicht selten ist dabei die Drohung mit dem Rechtsanwalt.

Damit wird nicht nur die Autorität der LehrerInnen und der Schule untergraben, sondern den Kindern auch jede Möglichkeit genommen, ein Unrechtsbewusstsein und damit Gewalthemmungen zu entwickeln.

(mehr folgt noch)


Dies vorerst mal nur so als Ankündigung.

Es ist der 3.1.2003 und ich muss heute Abend noch einiges abarbeiten.

GerhardSiegwart


 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am April 9, 2004