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Helma Leitner / Gedanken zu Fernsehen und Gewalt

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Salzburg, November 2002
Helma Leitner, Salzburg, November 2002


Viele Menschen in unserem Land sind von Sorge erfüllt um die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder; und das nicht nur der wirtschaftlichen Lage wegen, sondern weil sich ein moralischer Niedergang abzeichnet, der leider allzudeutlich die Warnungen vor einem drohenden Untergang des Abendlandes in Erinnerung ruft.

Noch gibt es bei uns Menschen, die spontan ihre Hilfe anbieten, wenn Notsituationen entstehen, viele Menschen gibt es noch, die fast ihre gesamte Freizeit darangeben, um anderen beizustehen. Das erfüllt mit Dankbarkeit.

Wird es aber in Zukunft auch noch so sein, werden unsere Kinder und Enkel Hilfe erhalten, wenn sie ihrer bedürfen, werden sie selbst noch bereit sein, Güte auszuteilen? Das ist leider zu bezweifeln, das Denken ändert sich. Die Gebote werden vielfach mißachtet. Grobheit, Gewalt, Untreue, Obszönität und Schlimmeres werden zur Normalität erhoben und durch billige Fernsehfilme auch unseren Kindern und Jugendlichen, die noch unfertig und leicht zu beeinflussen sind, nahegebracht.

Nach dem furchtbaren Geschehen in Erfurt hat der deutsche Bundeskanzler die Leiter der Fernsehstationen aufgefordert, die Gewaltsendungen einzuschränken. Er hat damit deutlich gemacht, wo eine Ursache für die erschreckende Entwicklung auf dem moralischen Sektor zu suchen ist. Eine Änderung erfolgte leider nicht.

Ungehemmte Profitgier scheint letzten Endes dahinter zu stehen. Man fragt sich, ob die Leiter und Gestalter des Fernsehens nicht auch Kinder haben, deren Zukunft ihnen am Herzen liegen müßte.

Viele Fragen drängen sich auf. In unserem Volk gab es doch zu allen Zeiten große Begabungen auf allen Ebenen, auch auf künstlerischem und kulturellem Gebiet. Wo sind diese Begabungen nun, von denen man sowohl interessante, spannende und zugleich wertvolle Filme erwarten könnte? Oder sind sie etwa da und ihre guten Filme sind nicht gefragt, weil die Fernsehdirektoren die billigen Filme mit niedrigstem Niveau bevorzugen? Denken diese Direktoren nicht an ihre Verantwortung? Wie können sie denn noch Schlaf finden, wenn sie die von ihnen verursachte Lawine an Elend und seelischer Not vor Augen haben?

Etwas so Unbegreifliches wie in Erfurt bleibt hoffentlich alleinstehend, aber man hört da und dort und nicht selten vom Peinigen, dem Drangsalieren Schwächerer, irgendwie Behinderter; es gibt das Mobbing in Schule und Beruf; immer mehr Kinder müssen ohne die nötige gute Atmosphäre eines friedlichen Elternhauses aufwachsen und es ist leicht vorherzusehen, daß es immer weniger gute Elternhäuser geben wird. Die Spirale dreht sich nach unten, wenn niemand eingreift.

Wir versuchen unsere Umwelt sauber zu halten und sammeln und trennen äußerst brav alle die Abfälle. Was aber geschieht gegen diese enorme geistig-seelische Innenweltverschmutzung?

Die Eltern werden vielfach verantwortlich gemacht, aber was sollen sie tun, wenn beide im Beruf stehen?

Wer schädliche Drogen verfügbar macht, wird gottlob noch bestraft. Aber es ist noch erlaubt, unsere Kinder und Jugendlichen mit gedanklichem Unrat zu überschütten. Es erhebt sich die Frage, ob nicht die Gesetzgeber hier ein Wort mitzureden hätten.

Fragen über Fragen kommen an uns heran und stellen uns vor die dringende Notwendigkeit, Auswege zu suchen. Positiver Gedankenaustausch könnte zu zielführenden Entschlüssen führen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, zu sehr liegen mir meine Enkelkinder am Herzen, und nicht nur meine!

Helma Leitner, Salzburg, November 2002

 
© die jeweiligen Autoren zuletzt geändert am 30. November 2002