Universitäten und Zukunftsfragen
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Parlamentskorrespondenz Nr. 999 vom 23.10.2024
Österreichs Universitäten stellen sich Zukunftsfragen Nachhaltigkeit und Digitalisierung
Universitätsbericht 2023 bietet Überblick über Entwicklungen im Hochschulraum 2021 - 2023
Wien (PK) – Gegen Ende der Legislaturperiode hat der scheidende Wissenschaftsminister Martin Polaschek entsprechend dem gesetzlichen Auftrag an sein Ressort den alle drei Jahre fälligen Bericht über die Entwicklung der österreichischen Universitäten vorgelegt. Der aktuelle Universitätsbericht des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) für den Zeitraum 2021–2023 (III-1238 d. B.) rückt insbesondere die Themen Nachhaltigkeit und nachhaltiges Handeln in den Mittelpunkt. "In den vergangenen Jahren haben österreichische Universitäten eine beeindruckende Vorreiterrolle bei der Einbindung von Nachhaltigkeit in ihre Bildungs- und Forschungsprogramme übernommen", führt Bundesminister Polaschek im Vorwort zum Universitätsbericht dazu aus.
Der Bericht biete in diesem Sinne "einen pointierten Überblick über die Fortschritte und Handlungsnotwendigkeiten". Eine der wesentlichen Fragen sei, wie der österreichische Universitätssektor künftig seine Innovationsfähigkeit weiter stärken und damit seine Rolle als wichtiger Akteur in einer Gesellschaft, die zunehmend von Bildungstechnologien und Künstlicher Intelligenz geprägt sei, festigen können.
Zu den Herausforderungen der letzten Jahre zählt der Bericht auch die globalen Krisen und ihre Folgen, wie die COVID - 19 - Pandemie. Aus ihr hätten die hochschulischen Einrichtungen eine Reihe von Lehren für die Zukunft gezogen, heißt es dazu. Die Universitäten hätten bewiesen, dass sie ihre Aufgaben auch unter schwierigsten Bedingungen erfüllen können. Sie stellten innerhalb kürzester Zeit auf digitale Lehr- und Lernformen um und leisteten mit ihrer Forschung einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie.
Auf den Krieg in der Ukraine habe der gesamte Hochschulbereich mit Beweisen der Solidarität reagiert. In der Inflationskrise sei zusätzliches Budget zur Bewältigung der Teuerung bereitgestellt worden. Im Umgang mit dem Klimawandel käme den Universitäten eine Schlüsselfunktion zu, stellt der Universitätsbericht fest. Gleiches gelte auch für die Stärkung des Vertrauens in Wissenschaft und Demokratie.
Unter der Überschrift "Herausforderungen und Entwicklungen" befasst sich der Bericht unter anderem mit der Frage der Steuerung des Universitätssektors, die institutionelle Autonomie, gesellschaftliche Anforderungen und Entwicklungsnotwendigkeiten in ein ausgewogenes Verhältnis zu setzen habe. "In einer sich rasch wandelnden Welt müssen Universitäten sowohl unabhängig als auch responsiv sein, um Wissenschaft und Forschung zukunftsorientiert zu gestalten", heißt es dazu. Die Universitäten seien gefordert, ihre Bildungsangebote so steuern, dass sie nicht nur auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes reagieren, sondern auch aktiv zur gesellschaftlichen Nachhaltigkeit beitragen.
Der Bericht geht dabei in einem eigenen Kapitel auf die grundlegenden Strategien und Steuerungsinstrumente des BMBWF ein, die den Handlungsraum der öffentlichen Universitäten in Österreich prägen und somit die universitären Rahmenbedingungen definieren. Die Instrumente der Planung sind der Hochschulplan (HoP?), der Gesamtösterreichische Universitätsentwicklungsplan (GUEP), die Entwicklungsplanungen der Universitäten und die Leistungsvereinbarungen (LV). Zu den wesentlichen Strategien gehören die Strategie für Forschung, Technologie und Innovation (FTI - Strategie 2030), die Artificial Intelligence Mission Austria 2030 (AIM AT 2030), der Österreichische Aktionsplan für den Europäischen Forschungsraum (ERA - NAP), die Nationale Strategie zur sozialen Dimension und die Hochschulmobilitäts- und Internationalisierungsstrategie (HMIS2030). Viele davon seien Dachstrategien, bei denen die konkreten Ziele und Maßnahmen in den spezifischen Einzelstrategien in den jeweiligen Universitäten umgesetzt würden, heißt es dazu im Bericht.
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat 2015 die Agenda 2030 mit 17 Zielen und 169 Unterzielen für eine nachhaltige Entwicklung, die Sustainable Development Goals (SDGs) mit entsprechenden Aktionsfeldern beschlossen. Die drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales werden dabei als das Fundament einer friedlichen, gerechten und inklusiven Welt verstanden. Auch die Universitäten sollen auf allen Ebenen grundlegende Nachhaltigkeitsaspekte umsetzen. Der Universitätsbericht geht daher detailliert auf Bestrebungen und Initiativen der österreichischen Universitäten im Berichtszeitraum ein sowie auf Initiativen des BMBWF zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele im eigenen Ressort, wie die Teilnahme an der interministeriellen Arbeitsgruppe zur Agenda 2030. Die Strategien bzw. Steuerungsinstrumente des BMBWF wie der HoP?, der GUEP und die LV greifen nachhaltige Entwicklung in den Universitäten auf. Einige österreichischen Universitäten, wie die Universität für Bodenkultur (BOKU) und die KFU Graz haben bereits Forschungsschwerpunkte entwickelt, die sich mit allen Dimensionen der transformativen Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Der FTI - Pakt 2024–2026 der Bundesregierung und der österreichische Aktionsplan für den Europäischen Forschungsraum (ERA-NAP?) 2022–2025 nennen das explizite Ziel, die digitale, grüne und nachhaltige Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft voranzutreiben, ist dem Universitätsbericht zu entnehmen.
Im Laufe des letzten Jahrzehnts wurden die Universitätsbudgets in allen Leistungsvereinbarungs - Perioden deutlich erhöht. In der LV - Periode 2019–2021 stieg das Universitätsbudget z.B. um 1,3 Mrd. € auf insgesamt 11 Mrd. €. In der LV-Periode? 2019–2021 kam erstmals die Universitätsfinanzierung NEU zum Einsatz. Mit dieser wird ein Großteil des Budgets auf Basis der prüfungsaktiven Studien und des wissenschaftlichen Personals verteilt. Die neue Finanzierung wurde zudem an Qualitätssicherungsmaßnahmen in der Lehre und an die soziale Dimension gekoppelt. Im Oktober 2020 wurde die Gesamtsumme für die LV - Periode 2022–2024 mit 12,3 Mrd. € festgelegt, was einer Steigerung gegenüber der vorangegangenen LV - Periode um 1,3 Mrd. € entsprach.
Wegen der durch den Krieg in der Ukraine stark gestiegenen Preise, insbesondere für Energie, und den damit verbundenen Lohn- und Gehaltssteigerungen erhöhte die Bundesregierung das Budget für die LV - Periode nochmals auf insgesamt ca. 13,2 Mrd. €. Die Steigerung gegenüber der vorangegangenen LV-Periode? war mit 2,2 Mrd. € die bis zu dem Zeitpunkt höchste seit Inkrafttreten des Universitätsgesetzes 2002 und betrug 20 %. Für die LV - Periode 2025–2027 wurde von der Bundesregierung bereits eine weitere deutliche Erhöhung der Mittel für den Universitätsbereich auf rund 16 Mrd. € vorgesehen. Mit diesem Betrag könne "die hohe Qualität und Attraktivität von Lehre und Forschung an den Universitäten gesichert, ein reibungsloser Betrieb trotz hoher Inflation ermöglicht und die Weiterentwicklung der Wissenschafts-, Forschungs- und Hochschullandschaft mit so wichtigen Themen wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung vorangetrieben werden", heißt es dazu im Bericht.
Die Universitäten würden vor der Herausforderung stehen, eine effiziente, mit den vorhandenen Mitteln finanzierbare und geschlechtergerechte Personalstruktur zu verwirklichen, stellt der Universitätsbericht fest. Gleichzeitig müsse diese Personalstruktur generationengerecht sein, um dem wissenschaftlichen Nachwuchs eine faire Chance auf attraktive, durchgängige Karrieremöglichkeiten zu bieten. Mit der Novelle des Universitätsgesetzes 2021 sei daher auch eine Neuregelung der befristeten Anstellungsverhältnisse und eine Lösung der Kettenvertrags unternommen worden. In der LV-Periode? 2019-2021 seien auf Basis der Unifinanzierung NEU 360 neue Professuren geschaffen worden.
Zum Personalstand der 22 österreichischen Universitäten ist dem Universitätsbericht zu entnehmen, dass mit dem Stichtag 31.12.2022 an den Universitäten rund 64.300 Personen beschäftigt waren. Mit einem Frauenanteil von 50 % sei das Geschlechterverhältnis des Gesamtpersonals exakt ausgeglichen gewesen. Der Personalstand ist laut dem Bericht von Ende 2019 bis Ende 2022 um 3.667 Personen (6 %) angestiegen, wobei der prozentuelle Zuwachs bei den Frauen mit 9,3 % etwa dreimal so hoch war wie bei den Männern (3 %). Beim wissenschaftlichen und künstlerischen Personal habe der Zuwachs 3.180 Personen (7,6 %) betragen, beim allgemeinen Personal 492 Personen (2,5 %). Der Frauenanteil habe sich beim wissenschaftlichen und künstlerischen Personal um knapp zwei Prozentpunkte von 42 % auf 43,9 % erhöht, beim allgemeinen Personal sei er auf 64,2 % gestiegen, ein Zuwachs von 1,3 % gegenüber 2019.
Im Rahmen der Strategie für Forschung, Technologie und Innovation (FTI - Strategie) konnte laut dem Bericht eine deutliche Steigerung der Forschungsquote erzielt und der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E -Ausgaben) am Bruttoinlandsprodukt erhöht werden. Lagen die F&E-Ausgaben? im Jahr 2008 bei insgesamt 7,5 Mrd. € (Forschungsquote: 2,57 %), waren es 2018 bereits 12,1 Mrd. € (Forschungsquote: 3,14 %). Mit der 2020 beschlossenen FTI - Strategie 2030 soll die Attraktivität Österreichs als Forschungs-, Technologie- und Innovationsstandort abzusichern und kontinuierlich ausgebaut werden. Bis 2030 will man zum internationalen Spitzenfeld aufschließen, den FTI-Standort? Österreich stärken, auf Wirksamkeit und Exzellenz fokussieren und dabei auf Wissen, Talente und Fertigkeiten setzen.
An der österreichischen Forschungslandschaft beteiligen sich 22 öffentliche Universitäten, 21 Fachhochschulen, 14 Pädagogische Hochschulen (PH) und 17 Privatuniversitäten mit insgesamt 1.327 forschungsdurchführenden Einheiten sowie 3.872 forschende Unternehmen. 23,1 % der gesamten Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Österreich entfallen auf den Hochschulsektor, 77 % davon auf die öffentlichen Universitäten.
Eine wichtige Rolle spielen auch die vielfältigen Einrichtungen der außeruniversitären Forschung, wie etwa das Austrian Institute of Technology Austria (AIT), die ÖAW, die Christian Doppler Labors (CD - Labors), die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) oder das Institute of Science and Technology (ISTA). Künftig solle dazu auch das Institute of Digital Sciences Austria in Linz kommen, das sich der digitalen Transformation von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft widmen wird.
Im Wintersemester 2022/23 gab es rund 359.000 ordentliche Studierende im österreichischen Hochschulbereich. Zu beobachten ist dabei eine Verlagerung von den Universitäten hin zu den anderen Hochschultypen, insbesondere den Fachhochschulen. Der Anteil der ordentlichen Studierenden an Universitäten ging seit dem WS 2016/17 von 75,9 % auf 73,4 % zurück, der Anteil der FH stieg von 15,8 % auf 16,4 %. Der Anteil der PH hingegen wuchs von 4,7 % auf 5,8 %, der Anteil der Privathochschulen erhöhte sich von 3,5 % auf 4,5 %.
Den höchsten Frauenanteil gemessen an den ordentlichen und außerordentlichen Studierenden verzeichneten die PH mit 76,1 % sowie die Privathochschulen mit 61,1 %. Mit 54,2 % waren mehr als die Hälfte der Studierenden an Universitäten im Berichtszeitraum weiblich. Die meisten ausländischen Studierenden im Hochschulbereich besuchten im Berichtszeitraum eine Universität (79,1 %). Ausländische Staatsangehörige machten dort 32 % der ordentlichen Studierenden aus (84.146 Personen). Einen sehr hohen Anteil ausländischer Studierender wiesen mit 53 % die Privathochschulen auf (8.419 Personen). An den FH lag der Anteil nicht - österreichischer Staatsangehöriger bei 21 % bzw. 12.200 Personen. Die PH besuchten 1.599 ausländische Staatsangehörige, das waren 8 % der Studierenden.
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